Ophelia spricht mir aus dem Herzen: der Ruf nach dem Multi-Leiter ist meines Erachtens zu einfach.
Ich bin mir allerdings nicht so sicher wie sie, ob es der Job des Multi-Leiters ist, die Leute zu motivieren (in der Anleitung stand nichts davon), und falls dem so ist, bin ich kein guter Leiter, weil ich kein guter Motivator bin (war ich noch nie). Bei Problemen kreativer Art ("Ich würde gerne schrieben, aber ich weiß nicht, was") und handwerklicher Art ("Ich habe eine Idee, aber wie stelle ich es am besten dar?") helfe ich gern, so gut ich kann; Zusammenfassungen zu schreiben (bei denen ich übrigens der Meinung bin, dass sie der Übersicht dienen, und nicht dazu da sind, Teilnehmern das Nachlesen zu ersparen) und den Plot voranzutreiben, sollte auch der Leiter übernehmen - sofern niemand anderes es macht. Aber auf eine Keine-Lust-Mentalität habe ich keine Antwort.
Bei meiner aktuellen Multi waren mir viele der angesprochenen Punkte bewusst, als ich die Regeln aufstellte. Insbesondere forderte ich, dass nur plotrelevante Szenen geschrieben werden und dass ich diejenigen, die gerne
lange Beiträge schreiben, nicht gebrauchen kann. Das alles sollte dazu dienen, dass es den Teilnehmern nach eventuellen "Hängern" leichter fallen sollte, die Geschichte später nachzulesen. Genützt hat es nicht viel: inzwischen ist die Multi auch wieder bei einem Punkt angelangt, wo im Pinzip nur noch die Hälfte der Teilnhemer aktiv dabei sind. Ich habe viel über das Multi-Leiten gelernt (es ist meine erste Multi), aber eine Patentlösung für den idealen Multi-Ablauf habe ich nicht.
Generell sehe auch ich das Ausufern der Handlung als ein Problem. Es ist halt einfacher, einen neuen Handlungsstrang aufzumachen, als einen bestehenden fortzuführen oder zu beenden. Es ist einfacher, einen neuen Charakter einzuführen, als mit den bestehenden zu arbeiten (wobei es genau diese Schwierigkeiten sind, die meines Erachtens den Reiz einer Multi ausmachen). Vielleicht haben die Multis zu viele Teilnehmer? Wenn man bei einer Multi mit 8 Teilnehmern erst 7 Beiträge lesen muss (Erwartungswert), bevor man einen neuen Beitrag schreiben kann, ist das natürlich nicht motivierend, wenn man in einer Ich-hab-jetzt-Zeit-ich-will-was-schreiben-Laune ist.
Von Quick-Multis, die nach einer bestimmten Zeit beendet werden, halte ich nichts, denn dadurch entstehen keine schönen Geschichten (ich weiß, dass das bei Multis ohnehin selten der Fall ist, aber ich bin da Idealist). Auch würde ich als Leiter keine Multi abbrechen, nur weil die Geschichte nicht voran geht oder weil niemand mehr schreibt. Eher würde ich einfachere Vorlagen wählen, wo der Umfang der Multi möglichst schon zu Beginn abgesteckt wird.
Ich weiß auch nicht, was ich mit Leuten tun soll, die sich kaum an der Multi beteiligen und nach kurzer Zeit gar nichts mehr schreiben. Vielleicht sollte ich am Ende der Multi ein Quiz machen über die entscheidenden Punkte des Plots (damit sie zumindest ein bisschen nachlesen), und wer durchfällt, der wird wie-auch-immer bestraft. Ich persönlich finde es seltsam, wenn jemand als Co-Autor einer Geschichte gilt und dieser Jemand gar nicht weiß, was in der Geschichte passiert.
Abschließend noch in Kürze meine Antworten zu Bregs' ursprünglichen Fragen:
Zitat:
Sind langsam alle möglichen Plots für Multis ausgereizt?
- Nein, ich glaube, es gibt noch viele schöne Multi-Plots. Vielleicht muss man nur mal ein bisschen über den Tellerrand schauen und was Neues ausprobieren.
Zitat:
Sind die Ansprüche an Multis so gewachsen, dass sich Wächter kaum noch trauen, auch mal Handlungsstränge anderer Ermittlergruppen weiterzuschreiben, in denen ihr Charakter nicht unterwegs ist?
- Möglich (wobei mir nicht ganz klar ist, was mit "Ansprüchen" gemeint ist). Daher sollten die Teilnehmer stets ermutigt werden, auch Handlungsstränge weiterzuschreiben, in denen der eigene Charakter nicht vorkommt. Und man sollte auch nicht so eitel sein, jemand anderen zurechtzuweisen, wenn der den eigenen Charakter nicht 100%ig perfekt dargestellt hat.
Zitat:
Trauen sich Manche vielleicht auch nicht, auch mal größere Plotwendungen zu schreiben, und bleiben deshalb lieber auf der sicheren Seite mit Beiträgen, in denen nicht viel passiert
- Solchen Leuten sage ich (frei nach Kant): Narrare aude!
Zitat:
Liegt das Problem vielleicht darin, dass sich manche Wächter mit ihren eigenen Stamm-NSCs in ihren eigenen Nebenplots selbst verwirklichen und der Rest kaum etwas dazu zu schreiben hat?
In Einzelfällen mag das der Fall sein, aber ich denke nicht, dass das böse Absicht ist, sondern dass dies für den Autor einfacher zu schreiben ist. Auf jeden Fall sollte der Leiter solche Tendenzen versuchen zu unterbinden.
Soweit von mir zum Thema. Bin gespannt über den Fortgang der Diskussion!
Liebe Grüße
Silly