Verlockende Falle

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von G Tibor Khäinen (SEALS)
Online seit 01. 08. 2004
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Sie Habigen Die Stadt Nicht Gesehen Ohne Mindästäns Ein Mhal Überfalligt Worden Zu Sein

Dafür vergebene Note: 12

"Nacht wird's über Ankh-Morpork, schlafet, schlafet, dudumdudum!", sang ein verrückter Barde.
"Bald wird's wieder Tage, so wachet, wachet, dudumdudum!", hätte er noch singen wollen, doch er wurde ausgeraubt und schlich dann mit der Quittung nach Hause.
Die Schatten wurden länger und in den Schatten wurde es lauter. Vor allem voller. Zur dunklen Stunde gab es fast mehr finstere Gestalten als finstere Ecken. Doch die Altstadt von Anhk-Morpork war bekannt für ihren hinterhältigen Charakter. Oder wie es einer der unzähligen Stadtführer beschrieb:

In Denne Schatten Der Altstadt Vonne Ankhe-Moreporke
Khönnen Sie Dän Pulzschlag Erläben
Sie Habigen Die Stadt Nicht Gesehen
Ohne Mindästäns Ein Mhal Überfalligt Worden Zu Sein


1 Überfall pluhs 1 Würstchen mit Sose - 2 AM$ (und damite treibige iche miche selbstig in dän Ruhin).


Alle wissen, dass Stadtführer nicht unbedingt das verheissen, was sie versprechen.[1]

Eine Gestalt huschte durch die Gassen und Strassen. Sie trug einen Rucksack, was sehr praktisch war, weil man dann die Hände frei hatte.
"He, hübsche Dame. Ganz alleine unterwegs?"
Drei heruntergekommene Typen hielten die Gestalt auf.
"Was wollt ihr?", fragte sie gereizt.
"Na, was wollän wiör woll? Die Fragö leutät, was trägste dü da in le Ruckesacke und vor allöm, wannä wirsd dü üns dön Inhalte übörgäben, Madmosäll?"
Pierre de Bienhau, seines Zeichens 'värwegönär 'alunke', aber auch Romantiker sprach mit einem komischen Dialekt. Vom dem er dachte, dass er den Damen gefällt.
"Und wann ziehst du diese hässliche braune Kutte aus, Weib!"
Heinz Hitzig, der schlaue Grobian der drei Gangster, hatte es nicht so mit der Romantik, er kam gleich auf den Punkt und während er anzüglich lächelte, blitzte sein Goldzahn auf.
"Danke", sagte die Frau und verpasste ihm eins mitten in die Fresse, "dass du mir gezeigt hast, wo ich hinschlagen muss."
Der Goldzahn flog einen weiten Bogen durch die Luft und Hitzig ging zu Boden. Bevor die anderen beiden reagieren konnten, trat sie einem dahin, wo kein Mann fest getreten werden möchte und hielt dabei dem Dritten ein Messer an den Hals.
"Nicht bewegen, du Ausgeburt des Ankhschlamms", zischte sie ihm zu. "Wo geht's hier zur Teekuchenstrasse?"
"...dü gehst äh, sie gähen übär die Ponsbrückä ünd danne übärquerön sieä dön Pseudopolisäplatzä. Von da übärr diä neue Brück' und danne links übärr diä söntimental' Brück', gradeous und sieä sinde da."
Mit einer kurzen Drehung stand sie hinter ihm und stieß Pierre in einen Haufen Pferdedreck.
"Zwei Minuten verloren wegen euch Trottel! Ach ja, danke für die Auskunft."
Mit dieser Bemerkung war sie auch schon um die nächste Ecke verschwunden.
"Verdammt! Daf Diebefgefäft wird auch immer flimmer", lispelte Heinz uns suchte seinen Goldzahn.
Pierre de Bienhau spuckte den Teil eines Pferdeapfels aus dem Mund.
"Ahtä uns ebän einä Frouä fertisch gemascht?", fragte er ungläubig, während er versuchte den Rest des Kots los zu werden.
"Fiehft du waf fie mit Ftefano Narbengeficht angeftellt hat?"
Heinz betrachtete dabei Stefano Narbengesicht[2], wie er sich am Boden krümmte und dabei leise winselte.
"Common, Stefano. Steh auf, wiär gehän in dieä Trommäl, was trinschen. 'Attä keine Sinnä mehr 'eute Abendä."
Damit sprach Pierre de Bienhau allen aus der Seele.

***


Ein wenig später an der Teekuchenstrasse.
Die Frau kletterte gerade an einem Baum empor. Inzwischen hatte sie sich umgezogen. Das hätte Heinz Hitzig gefallen. Anstatt des braunen Mantels trug sie jetzt einen hautengen schwarzen Overall, der sich vorteilhaft an ihren straffen Körper schmiegte. Nachdem sie fast die Baumkrone erreicht hatte, schoss sie einen komisch aussehenden Bolzen - er erinnerte an einen Anker an dem ein Seil befestigt war - auf das Dach gegenüber. Sie hatte gut gezielt, der Bolzen schwang sich um den Schornstein und verankerte sich dort. Danach verknotete sie das Seil am Baum, hängte einen Hacken daran und befestige am Hacken einen speziellen Gurt, den sie um den Bauch trug.
So konnte sie mühelos auf die andere Seite gelangen, über den Zaun, den schlafenden Wachhund und unbemerkt am Pförtner vorbei oder hinweg. Aber als sie auf dem anderen Dach landete, löste sich ein Dachziegel. Sie fluchte leise. Ein Hund kam bellend angerannt, doch ein zweiter Ziegel liess ihn verstummen.
Der Troll im Wachhäuschen hörte das Bellen. Es war seine erste Nacht, als Pförtner.
Hund das immer machen, dachte er sich, die nur kläffen den ganzen Tag und dafür Futter kriegen. Das einfach sein.
Als nach einem Jaulen wieder Ruhe einkehrte, lehnte sich der Troll gemütlich zurück und dachte nach, was für Kühe in einem 'Muhseum' gezeigt würden.
Die Einbrecherin auf dem Dach hatte noch immer ihren Rucksack dabei. Aus dem nahm sie jetzt ein weiteres Seil hervor und befestigte auch dieses am Schornstein. Dann ließ sie es an der Wand hinab. Mit einem komplizierten Knoten, verband sie nun dieses Seil mit ihrem Gürtel und konnte sich so locker, langsam und leise die Hauswand hinab gleiten lassen. Bei einem Fenster im dritten Stock zog sie den Knoten fester, damit sie an Ort und Stelle hängen blieb.
Aus ihrem Rucksack entnahm sie ein komisches Gerät. Es bestand hauptsächlich aus Leder und hatte eine ähnliche Form wie ein Tintenfisch. Sie presste den Saugnapf auf die Glasscheibe und pumpte mit dem oberen Teil, bis ein Vakuum entstand. Danach schnitt sie mit einem speziellen Messer um den Saugnapf herum eine kreisförmige Kerbe und zog daran. Das kleine runde Scheibenstück, das sich dabei löste, verstaute sie in ihrem Rucksack. Jetzt konnte sie einfach durch das Loch greifen, an den Riegel gelangen und das Fenster öffnen. Im Raum war es dunkel, man konnte nicht viel sehen. Doch das Mondlicht reichte ihr, um die Vitrine vor der sie stand, zu erkennen. Darin lag auf einem Samtkissen eine goldene Maske aus dem achaten Reich. Das Gold alleine faszinierte noch nicht, aber weil Augen, Nase, Mund und Schattierungen mit verschiedenen Edelsteinen kreiert waren, hatte die Maske einen unschätzbaren Wert.
Sie kümmerte sich nicht um die Schätzung des Schatzes, sondern wusste genau, dass es ihr 800 Ankh-Morpork Dollar einbringen würde. Sie überprüfte die Rückseite der Vitrine und fand die Schnur. Falls man an der Maske zog oder sie auch nur irgendwie bewegte, würde die Schnur dafür sorgen, dass im Wachraum ein Glöckchen klingeln würde und innerhalb weniger Sekunden wäre der Raum voller bewaffneter Männer.
Sie verfolgte den Verlauf der Schnur und sah, wo sie in einem kleinen Loch in der Wand verschwand. Sie nahm eine Tube speziellen, schnell trocknenden Leim aus ihrem Rucksack und verklebte damit das Loch. Erst jetzt fiel ihr auf, dass es ziemlich streng roch in dem Raum. Als würde etwas Verfaultes oder Modriges herumliegen. Doch ihr war das egal, sie öffnete die Vitrine und wollte gerade nach der Maske greifen.
"Na, wenn haben wir den da?", fragte plötzlich jemand hinter ihr.
Sie drehte sich um und da stand ein Mitglied der Stadtwache.
"Was zum T...", Teufel wollte sie gerade sagen, als Tibor Khäinen Szenenkenner der SEALS sie unterbrach.
"Virginia Schnappschnell, so ein Zufall, was machst du um diese Zeit an einem solch langweiligen Ort wie einem Museum?"
"Ich betrachte die ausgefallenen Schätze des achaten Reiches. Willst du mich deswegen verhaften?" Dabei zückte sie unauffällig ein kleines Messer hinter ihrem Rücken.
"Das liegt ganz bei ihnen Madame Schnappschnell, ich hätte da einen besseren Vorschlag."
"Und der wäre?"
"Naja, zuerst einmal müsstest du uns verraten, wo des Kalifen Silberling hingekommen ist, der letzte Woche aus der klatschianischen Botschaft geklaut wurde und dann brauchen wir deine Hilfe um Robby MacDougal zu schnappen."
Robby Mac Dougal war einer der besten Kunstschatzdiebe der Scheibe, wenn nicht gar der Beste. Sie atmete hörbar ein, als er den Name aussprach.
"Und wenn ich euch nicht helfe?"
"Dann bleibt mir nichts anders übrig, als dich zu verhaften."
"Aber dieses Haus hat gar keine Plakette, hier darf man einbrechen."
"Wenn du in der Diebesgilde wärst, würdest du wissen, dass dieses Museum Frau Boggis gehört. Ich denke, dass Herr Boggis, übrigens Chef der Diebesgilde, nicht gerade erfreut wäre, wenn die eigenen Leute hier einbrechen würden. Aber da du ja nicht in der Diebesgilde bist, könnte ich jetzt einfach laut schreien und die Gilde würde für den Rest sorgen", erklärte Tibor.
Sie wollte gerade das Messer auf ihn werfen, als der Gestank intensiver wurde, jemand ihr Handgelenk packte und auf den Rücken drehte.
"Au! Das ist Polizeibrutalität!", rief sie empört.
"Stimmt genau! Und die ist bei weitem angenehmer als Gildenbrutalität, nicht wahr Schätzchen?!", sagte Korporal Ikari Gernetod, nachdem er sie gepackt hatte und ihr Handfesseln verpasste. Sie führten die Diebin ins Wachhaus am Pseudopolisplatz, doch Ikaris Mundgeruch blieb noch ein Weilchen im Museum und schaute sich die rosa Phase von Paul Bigasso an.

***


In Ateras Büro morgens um sieben.
"Was wollt ihr?!"
Atera starrte ungläubig auf Ikari Gernetod und Tibor Khäinen, den beiden Szenenkenner bei SEALS.
"Wenn Madame Schnappschnell Tibor ausbildet, dann könnte er sich bei MacDougal einschleichen und so versuchen an ihn ranzukommen", erklärte Lance-Korporal Gernetod.
MacDougal war der beste Kunstschatzdieb, weil man ihm nichts nachweisen konnte. Er wohnte ganz offiziell auf der guten Seite des Ankhs. In Saus und Braus natürlich. Woher sein Geld kam interessierte keinen. Außer die Wache. Aber ohne Beweise, waren ihnen die Hände gebunden.
"Also, ihr wollt diese Diebin, äh Madame Schnappschnell wieder freilassen und darauf vertrauen, dass sie euch hilft diesen MacDougal, der ebenfalls ein Dieb ist, zu überführen. Wieso sollte sie so was tun?", fragte die Abteilungsleiterin skeptisch.
"Nun, wenn ich das erklären dürfte. In den Kreisen der Kunstschatzdiebe muss man höllisch auf seinen Ruf achten. Wir haben ihr gedroht, das Gerücht in die Welt zu setzten, sie arbeite mit der Wache zusammen. Wenn das erst mal die Runde gemacht hat, bekommt sie keine Aufträge mehr und vor allem erhält sie kein Häitech-Werkzeug, das sie für ihre Einbrüche benötigt", erzählte Tibor.
"Unterbrecht mich, falls ich etwas falsch verstanden habe. Wenn sie euch hilft, erfährt keiner, dass sie euch hilft und falls sie euch nicht hilft, erfahren alle, dass sie euch hilft, was sie aber dann ja nicht täte. Und darum hilft sie euch. Ist das soweit richtig?"
"Genau", antworteten Ikari und Tibor gleichzeitig.
"So, so. Ein Versuch ist's wert. Was ist, wenn ihr MacDougal nicht fasst, nachdem sie euch geholfen hat?"
"In diesem Falle brauchen wir nicht lange, um sie erneut zu fassen", meinte der Zombie sicher.
Atera unterschrieb die Entlassungspapiere und überreichte sie den beiden Szenenkennern, die danach das Büro verließen.
"In diesem Falle brauchen wir nicht lange, um sie zu fassen", wiederholte Tibor Ikaris Aussage. "Wenn wir MacDougal nicht fassen, wird sie sofort das Weite suchen."
"Naja, sonst hätten wir unseren Plan gleich aufgeben können. Die Schäffin will Sicherheiten und die habe ich ihr geboten", meinte Ikari lächelnd, "und wenn ich sie richtig einschätze, ich meine Schnappschnell, dann wird sie in der Stadt bleiben. Sie kennt sich nur in Ankh-Morpork aus, in einer anderen Stadt wäre sie verloren."
"Hoffentlich ist das so."

***


Einen Tag später.
Tyriel Para schlurfte durch den Zellentrakt, blieb vor Nummer fünf stehen und schloss auf.
"Sie können die Zelle verlassen", erklärte er der Insassin trocken.
"Danke, Wächter", sagte Virginia Schnappschnell abschätzend, als er ihre Sachen zurückgab.
Sie trat auf die Straße ins Sonnenlicht und blinzelte. Zwei Männer standen vor ihr. Einer der Beiden war ziemlich gross, roch ziemlich streng und war allem Anschein nach ein Zombie. Der andere war klein, hatte das Gesicht voller Narben und trug schreckliche, braune Kleidung.
"Ah, die zwei Wächter vom Museum", meinte sie lächelnd.
"Pst, wir sind ikog... ikigonito, ich meine wir ermitteln verdeckt", klärte sie Tibor auf.
"Danke übrigens für den Tipp wegen des Kalifen Silberling. Das klatschianische Reich dankt ganz herzlich", erzählte Ikari.
"Das freut mich. Hatte eh keinen Wert, das hässliche Ding. Und was jetzt?", fragte Virginia.
"Nun, wie abgemacht, wirst du Tibor alles beibringen was du weißt und kannst", antwortete der Zombie.
"Dann sollten wir als erstes zum Mietstall bei den Ochsenpferchen gehen. In der Satteltasche meines Pferdes befinden sich wichtige Ausrüstungsgegenstände, die wir benötigen."
Die Wächter in Zivil und die Diebin machten sich auf den Weg.
"Also, es gibt da beim mittwärtigen Tor ein altes baufälliges Haus, wo man herrlich das Erklettern und Aufbrechen von Häusern üben kann", erklärte ihnen Virginia, nachdem sie das Pferd abgeholt hatten.
"Das liegt am anderen Ende der Stadt!" Tibor schien die Idee nicht so zu begeistern.
"Ich könnte ja schon mal hinreiten und alles vorbereiten", schlug Madame Schnappschnell vor.
"Ja, bestimmt", erwiderte Ikari misstrauisch, "wir laufen, haben ja genug Zeit und niemand reitet davon, dass das klar ist."
Zwei Stunden später waren sie, nach einem ermüdenden Marsch beim mittwärtigen Tor angekommen.
"Hier steht ja wirklich ein baufälliges Haus", staunte Ikari.
"Natürlich. Vertraut ihr mir etwa nicht?", fragte die Diebin.
"Kein bisschen und du weisst was dir blüht, wenn du irgendwelche faulen Tricks versuchst", drohte ihr der Zombie.
"Ja, ich weiss. Ihr erzählt, ich würde mit euch zusammen arbeiten. Das wäre mein geschäftlicher Ruin. Übrigens, äh, Tibor oder? Da du schon die Zügel meines Pferdes hältst, könntest du es da drüben anbinden, hier ist das Gras zu welk."
Tibor führte das Pferd zu besagter Stelle. Danach versammelten sie sich vor dem Gebäude.
"Also, ich mache es vor und du folgst mir, Tibor. Alles klar?", fragte Virginia.
Tibor schaute die Mauer hoch und schluckte.
"Sind nur drei Stockwerke und es hat viele Ritzen im Gemäuer", meinte sie.
"Nur drei Stockwerke", murmelte Tibor.
Die Diebin begann mit der Kletterei. War nach einer Minute schon im ersten Stockwerk angekommen und fand Ritzen wo gar keine waren. Fünf Minuten später schaute sie bereits von ganz oben nach unten.
"Na, was ist? Folge mir", forderte sie Tibor auf.
Bis zum ersten Stock war es einfach, fand Gefreiter Khäinen und versuchte Halt in einer kleinen Ritze zu finden, um sich weiter nach oben zu ziehen. Plötzlich rutschte ein Fuss ab und er fiel. Direkt in die Arme von Ikari Gernetod. Der Gefreite fragte sich, ob es nicht angenehmer gewesen wäre, auf dem Boden zu landen, als ihm das gesamte Geruchsspektrum des Zombies die Schleimhäute verätze.
"Danke Ikari", brachte er hervor.
Oben auf dem Dach schüttelte sich Virginia vor Lachen. Dann stieg sie wieder hinunter.
"Naja, das müssen wir noch ein bisschen üben. Ich zeige euch jetzt die verschiedenen Knoten, die man so braucht, um sich abzuseilen oder von einem Gebäude auf das andere zu gelangen."
Sie führte ein paar Knoten vor. Ikari und Tibor versuchten es nachzumachen. Sie zeigte ihnen immer mehr Knoten und wirbelte mal da mal hier mit dem Seil. Sie zog an einem Ende und knotete am Anderen.
Die beiden Szenenkenner beobachteten das Spiel fasziniert. Vor allem da Virginia ihnen tiefe Einblicke in ihr Dekolletee erlaubte.
"Bemerkt ihr beiden eigentlich nichts?", fragte Virginia Schnappschnell, als sie fertig war.
Sie hatte die zwei Wächter unbemerkt gefesselt. Keiner konnte sich mehr richtig rühren.
"Was soll das? Binde uns los!", befahl der Zombie, während er versuchte frei zu kommen.
"Ha. Euch freilassen", spottete sie, holte dann ihr Pferd und stieg auf.
"Hast du vergessen, was dir blüht, wenn du nicht mit uns zusammen arbeitest?", erinnerte sie Ikari.
"Natürlich. Aber ich bleibe ja auch nicht hier in Ankh-Morpork. Wisst ihr, was sich in der Satteltasche befindet? 15.000 Ankh-Morpork Dollar, die ich für meine letzten Aufträge erhalten habe. Damit kann ich gut überleben. Also auf nimmer Wiedersehen, ihr Trottel."
Und sie ritt, so schnell sie konnte durch das mittwärtige Tor davon.
Nach einer Weile des Schweigens.
"Sie ist in einer anderen Stadt verloren", äffte Tibor Ikari's Aussage vom letzten Tag nach und fuhr damit fort, "so wie ich sie einschätze bleibt sie hier. Ha! Das haben wir jetzt davon."
"Hör mal zu, das Ganze war auch deine Idee. Sie hat uns beide getäuscht", verteidigte sich Ikari.
"Verdammt, wie kommen wir nur frei?"
"Die Knoten sitzen ziemlich fest."
"Oh Mann, Atera wird aber wütend sein", befürchtete Tibor.
"Wütend ist wohl ein wenig zu mild ausgedrückt. Sie wird uns zerfetzen. Was bei mir einiges einfacher und schneller gehen wird als bei dir, wenn sie erst fertig mit mir ist, kann man mich als Bettvorleger benutzten", meinte Ikari bedrückt.
"Naja, ich weiss nicht, ob jemand Interesse an einem modrigen Bettvorleger hätte, aber du hast schon recht, fällst ja fast auseinander, wenn man dich nur scharf anblickt." Tibor lächelte dabei ein wenig.
"Weisst du noch letzte Woche, am Hier-gibt's-alles-Platz? Hast deine Hand verloren und es nicht mal bemerkt. Wir mussten sie zwei Stunden lang suchen", fügte er hinzu.
Jetzt lachte auch Ikari ein wenig.
"Genau und vor einem Monat verlor ich... HE! Ich hab's! Tibor, du musst mir meinen Arm abreissen, dann kann ich mich vielleicht befreien."
"Und wie bitte soll ich das anstellen? Meine Arme und Beine sind gefesselt."
"Aber dein Mund nicht, du musst meinen Arm irgendwie abbeissen."
"Abbeissen! Bist du wahnsinnig. Ich kann dir den Arm doch nicht abbeissen."
Vor allem will ich gar nicht daran denken, wie du schmeckst, fügte er ihn Gedanken hinzu.
"Willst du etwa hier sitzen bleiben und nach Hilfe schreien?"
"Wäre eine gute Möglichkeit. HILFE!!"
"Pssst. Tibor, halt die Klappe. Wenn uns hier jemand findet, raubt derjenige uns aus oder noch schlimmer, er verständigt die Wache. Wir wären das Gespött in allen Abteilungen."
Beim Offler, das wird übel, dachte sich Tibor und robbte zu seinem Vorgesetzten hinüber. Mit sichtlicher Abscheu schnappte er nach Ikaris Hand und zerrte daran. Nähte rissen, doch statt dem ganzen Arm löste sich dabei nur die Hand. Das reichte dem Zombie, um sich zu befreien. Danach band er Tibor los, der angewidert einen Finger ausspuckte.
"Und jetzt?"
"Naja, wir sollten MacDougal erwischen, ohne dass uns Virginia Schnappschnell hilft", erwiderte Ikari.
"Das wird schwierig."
Sie entfernten sich schweigend von dem baufälligen Haus.
"Was liegt dort im Gras?" Ikari hatte etwas entdeckt.
"Och, das ist nur die Satteltasche von Virginia. Ich habe sie dem Pferd abgenommen, weil sie so schwer war und das Pferd so müde aussah", erklärte Tibor.
Ikari gab ihm einen Klaps auf den Hinterkopf.
"Au!"
"Das hättest du auch früher sagen können. Hast du ihr nicht zugehört?"
"Sicher doch, sie ist mit 15.000 abgehauen und macht sich ein schönes Leben, während wir ganz schön in der Tinte sitzen. Ist noch lange kein Grund mich zu schlagen."
"Aha, u n d w o h a t s i e d a s G e l d?" Ikari sprach ganz langsam.
Tibor runzelte die Stirn, dann errötete er.
"Ah..., hehe, in der Satteltasche."
"Sehr gut, Gefreiter, anscheinend helfen Schläge auf den Hinterkopf doch. Jetzt haben wir sie wieder."
"Allerdings haben wir auch eine Satteltasche mit 15.000 Dollar. Ziemlich viel Geld."
"Denk nicht mal dran."
"Schon gut. Ich bin auf der richtigen Seite des Gesetzes", sagte Tibor und dann leiser, "meistens zumindest."
"Naja, als erstes wirst du mir helfen, die Hand wieder anzunähen und dann müssen wir nur auf sie warten. Diesmal bin ich mir ganz sicher, dass sie zurückkommt."
"Dann hatten wir ja Glück. Gehen wir noch auf ein Bierchen im Eimer?", schlug Tibor vor.
"Sicher."
Erleichtert machte sich das Duo auf den Weg.
"Übrigens Tibor, als du da an der Mauer rauf geklettert bist, habe ich deine bunten Ringelsocken bemerkt. Hast du die selber gekauft?", wunderte sich Ikari.
"Nein, die hat mir Laiza geschenkt. Sind doch hübsch oder?"
"Sicher doch. Aber wieso haben die unterschiedliche Farben?"
"Äh, nach dem Waschen verschwindet immer ein Teil eines Paars. Ich frage mich manchmal, wohin die Socken gehen. Verschwinden die einfach oder gibt es wirklich den Sockenvertilger? Vielleicht sind die Socken auch unbekannte Lebewesen und eines Tages werden sie zurückkehren und die Weltherrschaft an sich reissen und uns versklaven. Wir werden gezwungen sein, bis ans Lebensende Löcher zu stopfen. Was meinst du?" Tibor kam in Fahrt.
"Oh, wusste gar nicht, dass du ein Verschwörungstheoretiker bist. Ich habe eher das Gefühl, du wäschst die Socken zu heiss."
"Ne, ich wasche sie überhaupt nicht. Das macht Frau Geifer, die Vermieterin für mich. Sie bügelt sogar meine Unterhosen."
"Du überlässt deine Unterhosen fremden Personen?"
"Themenwechsel. Wie konnte sie uns so an der Nase herumführen?"
"Naja... Tibor, du hast doch gesehen was sie trug. Oder besser gesagt, an welchen Stellen sie nichts trug."
Ikari der alte Schwerenöter pfiff leise.
"Übrigens Tibor, nochmals wegen den Socken. Ist Laiza deine Freundin oder so?"
"Ehm... nein, aber...." Er errötete ein wenig. Es war Tibor immer ein wenig peinlich, über solche Sachen zu sprechen.
"Aber...? Läuft da was?"
"Äh, ja...nein... ich weiss nicht. Themenwechsel."
Ikari lachte.
"Das ist die Kleine aus dem Labor?"
"T h e m e n wechsel!"
"Schon gut Kleiner. Weisst du, ich hatte schon tausende Frauen. Ich könnte dir da so manche Geschichte erzählen."
"Hast du sie mit deinem Gestank ohnmächtig gemacht?"
"Du bist ganz schön frech. Das ist Spezismus."
"Oh, entschuldige der Herr."
So ging die Unterhaltung weiter, bis sie den Eimer erreicht hatten, wo sie sich zufrieden ein paar Biere gönnten.

***


Am nächsten Morgen.
"Ikari! Ich habe die Bilder." Tibor stürmte ins Büro des Szenenkenners.
"Gut, ist sie darauf zu sehen?"
"Ja. Schau hier."
Ikari schaute sich die Bilder an. Virginia Schnappschnell war sehr gut darauf zu erkennen.
"Von welchem Ikonograph stammen die?", fragte er.
"Naja, zuerst von dem am mittwärtigem Tor... das war gestern so um fünfzehn Uhr. Das Zweite ist von der Kreuzung Oberer breiter Weg und Straße der schlauen Kunsthandwerker. Sie hatte es ziemlich eilig. Das Dritte Bild ist vom unteren breiten Weg, kurz vor dem Pseudopolisplatz. Jetzt kommt das Beste, das vierte Bild wurde bei den Ochsenpferchen angefertigt, obwohl der Apparat bei den Mietställen jedem bekannt ist", zählte Tibor auf.
"Will die uns eigentlich für dumm verkaufen? Sie reitet den gleichen Weg zurück, auf dem sie abgehauen ist und stellt ihr Pferd wieder in den gleichen Mietstall, den wir kennen!"
"Tja, ist ihr nicht zu verdenken. Immerhin haben wir uns nicht gerade sehr gut verkauft."
"Ja, und jetzt? Will sie etwa wieder die Maske klauen oder noch besser sie spaziert hier in unsere Büro und versucht die 15.000 zurück zu holen?!"
"Äh, Ikari?"
"Ja?"
"Bist du Hellseher?"
"Wieso?"
"Schau mal hinter dich."
Ikari drehte sich um.
"Hallo Jungs. Wie geht's?" Virginia Schnappschnell lehnte bequem am Fensterrahmen.
"Wie kannst du es wagen...", begann der Zombie, während er das Dienstschwert zog.
"Sachte, sachte, Wächter. Ich bin eine Diebin. Was habt ihr erwartet?"
Ikari steckte das Schwert wieder ein.
"Und? Wie soll's jetzt weiter gehen?"
"Ich helfe euch MacDougal zu schnappen. Für die fünfzehntausend Dollar natürlich." Sie betrat das Büro und hängte ihren Mantel über den Stuhl. Jetzt konnten die beiden Wächter sehen, dass Virginia noch immer ihren offenherzigen Trainingsanzug trug. Die beiden zeigten das typische Verhalten von Männern, die einer attraktiven Frau gegenüber standen. Sie wurden milde gestimmt und verziehen jeden Fehler. Ikari versuchte noch einen Rest von Würde zu bewahren.
"Das Geld bekommst du aber erst, wenn MacDougal in der Zelle schmort. Am besten wir beginnen gleich wieder mit der Ausbildung."
"Das glaube ich nicht, Ikari", meinte die Diebin, "ich habe über drei Jahre geübt und in meiner fünf jährigen Karriere so manches dazugelernt. Das kann man nicht in ein paar Tagen lernen. Ich habe da eine bessere Idee."

***


Musik hallte durch einen grossen Saal in einem der Herrenhäuser auf der guten Seite des Ankhs. Männer, Pinguinen gleich mit Frack und Fliege, standen in kleinen Gruppen umher und diskutierten die letzten Kohlpreisentwicklungen und Goldfördermengen der Überwaldminen. Ihre Frauen in zu enge Korsetts gezwängt, schwatzten über den neusten Klatsch und versuchten nicht in Ohnmacht zu fallen. Es war Ballnacht und die oberen Zehntausend von Ankh-Morpork gaben ihr Stelldichein auf Robert MacDougals Sommernachtsfest. Eine junge Frau in einem atemberaubenden Kleid steuerte auf Robert zu. Er erklärte Lord Knausrig und Sir Scheffel gerade, wieso man den neusten Fettfördermengen besser misstraute, als ihn die junge Dame ansprach.
"Robert MacDougal?"
Die beiden anderen Männer zogen sich respektvoll zurück.
"Wertes Fräulein, ich hatte leider noch nicht das Vergnügen, Sie kennen zu lernen."
Virginia Schnappschnell hätte ihm am liebsten eins verpasst, für das Fräulein.
"Ich bin Virginia Schnappschnell."
"Kann mich gar nicht daran erinnern, sie eingeladen zu haben. Doch das war ein Fehler, wie mir scheint. Sie können mich übrigens Robby nennen."
"Danke. Ich habe mich selbst eingeladen, durch ein Fenster im dritten Stock. Die sollten sie mal besser verschliessen lassen. Ansonsten ist ihr Haus sehr sicher."
MacDougal zog eine Augenbraue hoch. Er betrachte Virginia genauer, erst jetzt fiel ihm auf, dass sie kein Korsett trug wie die anderen Damen und er vermutete, dass auch der Rest vom Kleid nicht der neusten Damenkollektion der Stadt entspracht. Es liess zu viel Bewegungsfreiheit zu.
"Nun, die meisten Diebe von Ankh-Morpork halten sich nur mit den ersten beiden Stockwerken auf. Der Rest ist ihnen zu hoch oder die nötigen Leitern zu schwer. Aber wieso sollte eine junge Dame, wie sie, durch mein Fenster einsteigen? Kaum um auf dieses langweilige Fest zu kommen."
"Ich bin eine Bewunderin von seltenen Kunstgegenständen. Zum Beispiel das Bild Sonnenblumen von Vinny van Koch, es stand lange im Museum für teure Kunst. Seit einiger Zeit wird es jedoch vermisst."
"Jammerschade nicht wahr."
"Auch das letzte Abendmahl Om's des Malers Leonardo da Quirm finde ich sehr schön."
"Das hängt allerdings noch im Hochsicherheitstrackt des Museums, wo es, zum Glück wie ich betonen möchte, nicht entwendet werden kann."
"Nicht von einem einzelnen Dieb", sagte Virginia in einem verschwörerischen Tonfall.
"Hm, mir scheint diese Art von Unterhaltung sollte zu einer anderen Zeit weitergeführt werden. Dieses Fest endet um Mitternacht. Danach können wir weiter sprechen."
Er verabschiedete sich galant und kehrte zu den übrigen Gästen zurück.

***


"Oh, Mann es ist echt eng hier drinnen. Und schwarz und stickig."
Tibor stand unbequem im Dunkeln und wurde sich sehr der unmittelbaren Nähe von Ikari bewusst. Vor allem seine Geruchsnerven meldeten ständige Überlastung.
"Pst, sei leise, wir müssen das Überraschungsmomu... äh... mentum... naja wir müssen sie halt überraschen."
"Du meinst ihn überraschen, sie wird ja kaum überrascht sein oder?"
"Ruhe jetzt, ich höre was!"
Tibor unterdrückte ein Husten.

***


"Hat der Sarkophag eben gehustet?" Robby MacDougal schaute ungläubig zur Statue.
"Äh, nein... das war ich. Hust, hust", versuchte Virginia ihn abzulenken.
MacDougal runzelte die Stirn.
"Ich könnte schwören, es kam vom Sarkophag", flüsterte er und schlich dann weiter.
Vor zehn Minuten hatten sich der Meisterdieb und die Meisterdiebin durch das Dachfenster in den grossen Saal des Museums für teure Kunst abgeseilt.
"Ist eigentlich ziemlich einfach, wenn man die Dienstpläne des Wachpersonals kennt", meinte Robby, "wie bist du an die rangekommen?"
Madame Schnappschnell versteifte sich ein wenig. Sie konnte ihm kaum erzählen, dass alles nur arrangiert war, um ihn zu überführen und die zwei dämlichen Szenenkenner in der Statue saßen.
"Nun, es sind alles Männer, die gehen auch mal was trinken und da muss Frau nur ein wenig mit ihren Reizen spielen und alles kommt ans Licht."
"Oh, ich verstehe." Dabei genoss MacDougal die Aussicht, die er von Hinten hatte. Sie erreichten die Panzertüre des Hochsicherheitstraktes.
"Voila, jetzt sind Sie an der Reihe, Herr Meisterdieb."
"Ich würde noch immer zu gerne wissen, wie du herausgefunden hast, dass ich weiss, wie man diese Türe aufbringt."
"Nun, ich bin eine Frau und muss nur..."
"Ja, ja schon klar", unterbrach sie MacDougal, "wie dir wahrscheinlich klar sein sollte, ist die Türe mit vier Schlössern gesichert und vier verschiedene Personen haben die vier verschiedenen Schlüssel. Ausserdem ist das Ganze noch zusätzlich mit einem achtziffrigen Zahlenschloss versehen. Und wiederum kennen acht verschiedene Leute je eine Zahl. Es braucht also insgesamt zwölf Typen um diese Tür zu öffnen. Das macht es unmöglich, unbemerkt an die Schlüssel und Zahlen zu kommen. Aber es ist alles nur Theater. Denn beim Einbau wurde ein entscheidender Fehler gemacht."
"Und der wäre?"
"Sie haben die Türe verkehrt herum montiert. Die Scharniere sind hier Aussen und nicht drinnen."
Virginia Schnappschnell fiel das erst jetzt auf. Sie war sicher schon zehn Mal an dieser Türe gestanden und hatte sich den Kopf zerbrochen, wie man das verdammte Ding aufbringt. Dass es so einfach sein würde hätte sie nie gedacht.
"Diese Idioten!", stellte sie fest.
"Tja, die Türe ist das Einfache. Was es wirklich schwierig macht, hier rein zukommen, sind die Wachen und ihre eigentlich unbekannten Patrouillengänge. Jedenfalls, müssen wir jetzt nur die Kissen aufblasen, die Scharniere abschrauben und dann die Türe zur Seite zu schieben."
"Und die Kissen sind da, damit der Aufprall leise vonstatten geht."
"Hundert Punkte für die Kandidatin."
Die beiden machten sich ans Werk. Sie hatten genau eine halbe Stunde Zeit, bis die nächste Patrouille vorbeikommen würde.
"Aus was sind diese Kissen?", fragte Virginia.
"Aus Ochsenmägen."
Angewidert nahm sie eins der Kissen und pustete Luft durch ein schmales Ventil. Als das Kissen voll war, steckte sie einen Zapfen in das Endstück.
"Wieso müssen wir eigentlich diese Zapfen da rein stecken, ein Knoten würde doch reichen?", fragte Virginia weiter.
"Überleg dir mal, wie schwer die Türe ist. Wären die Kissen verknotet, würde sie unter dem Gewicht platzen. Doch so drückt es den Zapfen hinaus und die Luft kann dann entweichen."
Während dessen schraubte MacDougal an den Scharnieren. Als beides erledigt war, schoben sie die Türe auf die Seite und ließen sie auf die Polsterungen fallen. Ein leises Pfffffff ertönte, als die Luft aus den Kissen entwich. Robby MacDougal zündete eine kleine Kerze an, denn in dem Hochsicherheitsraum war es zappenduster. Sie schlichen leise an den verschiedenen Bildern vorbei und blieben dann vor einem besonders großen Gemälde stehen.
"Das letzte Abendmahl Om's", hauchte Madame Schnappschnell beeindruckt.
"Los jetzt, wir müssen schnell handeln, in zehn Minuten kommt die Wache wieder." Der Meisterdieb wollte gerade den Rahmen knacken.
"Halt, mach den Rahmen nicht kaputt. Ich hatte gestern eine Idee."
"Was?"
Virginia zog aus einer Pappröhre, die sie bei sich trug ein identisches Bild hervor.
"Wir machen einen kleinen Tausch. Das hier ist eine Fälschung. Zwar wird der Einbruch bemerkt werden, allerdings werden sie lange brauchen bis sie herausfinden was geklaut worden ist."
"Meinetwegen, aber mach schnell."
Sie hängten das Bild samt Rahmen ab und wechselten die Bilder aus. Virginia verpackte das Original in die Transportröhre, als ein lauter Krach ertönte.

***


"Urck, hast du gefurzt?"
"Ich? Nein, wieso? Riechst du was."
"Dann stinkst du einfach so so streng."
"Hör mal dein Spezismus geht mir allmählich auf die Nerven!"
"Das hat nichts mit Spezismus zu tun, ich krieg keine Luft. Wir müssen hier schnellstens raus. Mach dieses verdammte Ding auf!"
Eine Weile war es still.
"Was ist?", fragte Tibor.
"Ich krieg's nicht auf."
"Mist. Versuchs noch mal."
"Hab ich schon, es geht nicht."
"Beim Offler, öffne sofort den Sakro... den Sapho... den Sakograph oder ich ziehe mein Schwert und schneide uns hier raus!"
"Dein Offler kann dir hierbei nicht helfen. Wir müssen versuchen den Sarkophag zum Schaukeln zu bringen. Vielleicht fällt er um und wir können raus."
Die beiden Szenenkenner fingen an zu schaukeln. Die Statue schaukelte leicht mit, dann stärker und schließlich fiel sie um und zerbarst laut in mehrere Stücke.
"Ah, Luft." Tibor lag auf dem Boden, bedeckt von Staub und Tonstücken.
"Schnell! Wir müssen ihn schnappen!" Ikari stand auf und stürmte los. Direkt in das Messer von MacDougal.

***


"Was war das?" MacDougal zog sein Messer.
"Keine Ahnung, wir müssen hier raus", meinte Virginia.
Er packte rasch die Werkzeuge zusammen und rannte los. Direkt in Ikari Gernetod hinein. Der Wächter fiel nach hinten, das Messer immer noch im Bauch steckend. Robby MacDougal schaute entsetzt auf den Zombie.
"Oh Gott, das wollte ich nicht..."
"Auf den Boden!", befahl Tibor. Doch der Meisterdieb stand noch immer fassungslos an Ort und Stelle.
"Auf den Boden oder ich mache hiervon gebrauch!" Tibor fuchtelte ein wenig mit dem Dienstschwert.
Erst jetzt bemerkte MacDougal den zweiten Wächter und wie in Trance ließ er sich zu Boden fallen. Virginia beugte sich über ihn und stupste ihn mit ihrem Fuß an.
"Der ist hinüber."
Szenenkenner Khäinen prüfte den Puls des Diebes.
"Ist in Ordnung, der Puls. Ich glaube, er ist ohnmächtig."
Ikari stand ebenfalls auf.
"Ist wohl ein wenig zartbesaitet", meinte er.
Tibor und Virginia schauten den Zombie ein wenig angewidert an.
"Äh, Ikari", begann Tibor.
"Ja?"
"Könntest du vielleicht das Messer aus deinem Bauch ziehen."
"Wieso?"
"Weil es eklig ausschaut. Nimm's schon heraus."
"Ok, ok, schon gut." Der Zombie entfernte das Messer.
"Ist doch ganz gut gelaufen, oder?", stellte Tibor fest.
"Eins würde mich noch interessieren. Wieso wusstet ihr, dass ich in das Museum von Frau Boggis einbrechen würde?", fragte Virginia Schnappschnell.
"Wenn junge hübsche Frauen in Bars rumhängen und mit Museumswärtern flirten, spricht sich das rum. Die Wärter erleben so was nicht oft und prahlen dementsprechend damit", klärte sie Ikari auf, "und aufmerksame Wächter, die hören, dass sich jemand, der im Eimer verkehrt sehr für wertvolle Kunstgegenstände interessiert, machen sich dann so ihre Gedanken", klärte sie der Zombie auf.
Dann hörten sie Schritte von den heranstürmenden Wächtern.
"Virginia du verschwindest jetzt besser. Wir treffen uns dann in zwei Tagen, wie abgemacht."
"In Ordnung." Mit ein paar schnellen Schritten erreichte Madame Schnappschnell das Seil und kletterte daran empor. Ikari und Tibor schauten ihr gebannt nach, bis Atera mit den Museumswächtern im Schlepptau sie erreichten.
"Und? Wie ist es gelaufen?", fragte die Abteilungsleiterin.
Die beiden Szenenkenner zeigten auf den am Boden liegenden MacDougal.
"Was habt ihr mit ihm gemacht?"
"Erstmal danke, uns geht es gut. Ich habe ein Messer in den Bauch gekriegt und Tibor ist in dem Sarkophag fast erstickt. Zweitens, wir haben eigentlich nichts mit ihm gemacht. Er stieß seine Waffe in mich hinein und ist anschließend ohnmächtig zusammen gesunken."
"Und das Bild?"
"Hängt immer noch, wie du sehen kannst", Ikari bemerkte den scharfen Blick, den ihm Atera zu warf und fügte noch rasch hinzu, "Mäm!"
Schließlich waren sie ja in der Öffentlichkeit und die Museumsangestellten sollten nicht denken, dass die Wache lasch organisiert sei.
"Nun dann, verfrachtet den Typ ins Wachhaus und lasst ihn ein wenig in der Zelle schmoren", befahl Atera.
"Und was ist mit dem ganzen anderen Kram hier... Mäm?"
"Den sammelst du auf und wirst ihn als Beweisstücke zur Aufbewahrung beschreiben und nummerieren, Wächter Khäinen."
Er hätte besser nicht gefragt. Schreibarbeiten waren nicht gerade Tibors Lieblingsbeschäftigung.
"Sicher... Mäm!" Der Szenenkenner salutierte zackig und machte sich dann ans Aufräumen.

***



Drei Tage später.
"Wieso kommt sie nicht?", wunderte sich Tibor.
"Keine Ahnung. Wenn ich fünfzehntausend in Aussicht hätte, würde ich auf jeden Fall erscheinen."
"Wir könnten ihr das Geld sowieso nicht geben oder?"
"Nein, das ist nicht erlaubt. Es ist im übertragenen Sinne ja geraubtes Geld. Und wir mussten es abgeben."
Atera betrat das Büro der beiden Szenenkenner.
"Sofort mitkommen!", befahl sie ein wenig gereizt.
Ikari und Tibor schauten sich an, zuckten mit der Schulter und folgten der Abteilungsleiterin in ihr Büro.
"Setzen!"
Sie nahmen Platz.
"Meine Herren. Als erstes, MacDougal kommt morgen wieder frei. Herr Schräg von der Anwaltsgilde hat bei Lord Vetinari ein Gnadengesuch gestellt."
"Was!?", riefen die beiden Szenenkenner gleichzeitig.
"MacDougal muss für ein paar Wochen ins, hier steht's, ins Sanatorium für Kläpthomenischä Gentlemens. Zweitens, wo ist Virginia Schnappschnell?"
"Sie ist nicht aufgetaucht, trotz der fünfzehntausend Dollar", berichtete Ikari.
"Drittens. Zum Glück habe ich euch nicht ganz alleine den Fall lösen lassen. Bevor die beiden Diebe im Museum einbrachen, habe ich mich mit dem Besitzer unterhalten. Er hat daraufhin eine Kopie des Gemäldes aufgehängt. Gestern wollte er es wieder mit dem Original austauschen und was musste er feststellen? Die Kopie war mit einer anderen Kopie vertauscht worden. Viertens. Eine kleine Statue wird vermisst, sie hat anscheinend keinen materiellen Wert, aber sie soll von religiös-geschichtlicher Bedeutung sein", sie las auf einem Zettel, "genau hier ist es, eine zehn Zentimeter hohe Offlerstatue aus Holz. Wisst ihr etwas darüber?"
Ikari verneinte ehrlich, Tibor verneinte auch.
"Nun, von euren kleinen Missgeschicken mal abgesehen, ist die ganze Sache ziemlich gut verlaufen. Zwar hat Lord Vetinari, nachdem er den Bericht von euch gelesen hat, die fünfzehntausend Dollar eingefordert, aber nach einer längeren Diskussion ist er nun bereit, einen Teil davon der Wache zu spenden. Für dringend nötige Reparaturen und eine neue Übungsscheibe für den Schießstand."
"Aber dann hat unsere ganze Mühe eigentlich nichts gebracht! Schnappschnell ist auf und davon, MacDougal wird bald auf freiem Fuß sein. Hatte das ganze überhaupt einen Sinn?" Tibor verstand die Welt nicht mehr.
"Natürlich hatte das ganze einen Sinn. Ihr habt MacDougal erwischt. Das ist die Aufgabe der Wache. Was die Gerichte und Gesetzte nachher mit den Verhafteten anstellen, ist nicht mehr unsere Sache. Außerdem habt ihr beide und besonders du Tibor wichtige Erfahrungen gesammelt, die ihr in künftigen Fällen gut anwenden könnt. Die Sicherheit im Museum wurde gesteigert. Naja, die Türe wurde jetzt richtig montiert und der Museumsdirektor dankt ganz herzlich. Zudem ist bei der ganzen Sache ja auch was für die Wache herausgesprungen."
Tibor schien noch nicht ganz überzeugt. Ikari und er saßen stumm auf ihren Stühlen, nach einer Weile räusperte sich Atera.
"Habt ihr nichts zu tun? Hopp, hopp, an die Arbeit!", befahl sie. Die beiden Wächter gingen zurück in ihr Büro und brachten die verschiedenen Karteien auf den neusten Stand.
"Ikari?"
"Ja?"
"Kann ich heute ein wenig früher gehen?"
"Wieso, ist doch ein grosser Spaß, das Karteipuzzle", meinte der Zombie ironisch.
"Ja, bestimmt. Ich habe heute noch mit... naja... ich gehe heute auswärts Essen."
Ikari zog eine Augenbraue hoch.
"Essen? Mit wem?"
"Äh, mit Laiza. Ich habe es ihr versprochen. Weil sie uns bei diesem Älesthe-Fall geholfen hatte. Kannst du dich noch erinnern?" [3]
"Die Kleine aus dem Labor." Dabei pfiff der Zombie wieder mal anzüglich.
"Sie heisst L a i z a. Nicht die Kleine aus dem Labor."
"Ganz ruhig, Tibor. Und wann ist es soweit."
"Wann ist was soweit?"
"Du weisst schon." Wieder ein Pfiff.
"Ich gehe nur mit ihr Essen. Als Belohnung, dass sie uns so schnell geholfen hatte."
"Sicher."
"Ja, sicher."
Der Zombie lächelte dreckig, doch Tibor gab darauf keine Antwort mehr.
"Also, was machst du noch hier. Geh schon, Gefreiter."
"Danke."
Tibor schnappte sich seine braune Kutte und verschwand aus dem Wachhaus.

***


Nervös wie eine ungepaarte Eintagsfliege bei Stunde dreiundzwanzig wartete Tibor vor dem Felscafe. Es war ein neuer Schuppen in dem Musik mit Steinen drin gespielt wurde und man konnte da auch ganz gut essen. Er zupfte ein wenig an seinem Jackett. Er trug sonst nur die Uniform der Wache oder seinen braune unauffällige Kutte. Für heute Abend hatte er sich auf die Schnelle noch einen Anzug geliehen. Schwarz mit weißem Hemd.
"Es ist ja nur ein Essen. Es hat überhaupt nichts zu bedeuten. Wieso bin ich dann so aufgeregt? Etwa wegen... es ist nur ein Essen", versuchte er sich gedanklich zu beruhigen.
In einem exotischen Blumenladen hatte er eine Pflanze für Laiza gekauft. Auf so was stehen die Frauen, hatte ihm Ikari verraten. Nun die Blume, die er erstanden hatte, sah ziemlich komisch aus und wie er Zuhause festgestellt hatte, schnappte sie hie und da nach einer Fliege. Wieso Frauen so was schön fanden, konnte er sich wirklich nicht erklären. Aber Ikari war da ja viel erfahrener. Schliesslich tauchte Laiza Harmonie auf. Tibor schluckte hart. Sie hatte sich ebenfalls fein angezogen.
"Hallo Tibor." Sie lächelte ihn dabei an.
"Oh...hallo Laiza, du siehst... äh gut.. äh hier..."
Ein wenig unbeholfen wollte er ihr seinen Arm anzubieten, das hatte ihm Ikari ebenfalls geraten, während er ihr zugleich auch die Blume übergeben wollte.
Doch das ist eine andere Geschichte und soll ein anderes Mal erzählt werden.

Zur gleichen Zeit an einem anderem Ort, um ungenau zu sein weit in der Sto Ebene.
"Mist und verflucht." Virginia Schnappschnell zerfetzte die Kopie des Abendmahls und wendete ihr Pferd. Sie würde nach Ankh-Morpork zurückkehren und nach ein paar weniger oder mehr lukrativen Einbrüchen ein Geschäft für Gebäudesicherheit eröffnen, zusammen mit MacDougal, doch auch dies ist eine andere Geschichte und wird ihr Ende zu einem späteren Zeitpunkt finden.

[1] Ausser die ahnungslosen Touristen natürlich.

[2] Sein Gesicht ziert keine einzige Narbe, er trägt den Namen, weil alle anderen, die mit ihm zu tun haben, früher oder später ein vernarbtes Gesicht haben.

[3] aus der Single-Mission: Älsthe oder ein Filz geht durch die Stadt

Zählt als Patch-Mission.



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