Mörderische Ausbildung

Bisher hat keiner bewertet.

von OG nefer-pa-isis (RUM)
Online seit 06. 01. 2003
PDF-Version

Nefer wurde befördert und lernt nun, wie ein richtiger R.U.M.-Püschologe arbeitet.

Dafür vergebene Note: 11

WARNUNG! Ich bitte um Verständnis angesichts des Falls Tretinis. Personen mit schwachen Magen sowie auch solchen Nerven mögen diese Singlemission bitte nicht lesen! Ich habe mit Absicht einen solchen Fall gewählt um aufzuzeigen, wie ein potentieller unlizenzierte Mörder in der Scheibenwelt wüten könnte. Weiters möchte ich noch anmerken, dass dieser Fall eine Anlehnung an einen realen Fall ist, folglich nicht ich solch grausige Phantasie habe, sondern die wahren Mörder unserer Zeit.
Anmerkung des Korrektors und RUM-Abteilungsleiters: Ich entwarn mal hier geflissentlich, es gab schon weit schlimmere Darstellungen in der Wache. Das hier ist Kinderkram dagegen. ;-)


Wer mit Ungeheuern kämpft, mag zusehen, dass er nicht dabei zum Ungeheuer wird. Und wenn du lange in einen Abgrund blickst, blickt auch der Abgrund in dich hinein.

Friedrich Nietzsche
Jenseits von Gut und Böse
Aphorismus 146




Die Gefreite nefer-pa-isis saß in ihrem ehemaligen Büro neben dem Taubenschlag im Wachehaus Kröselstraße. Vor ihr standen einige abgenutzt aussehende Pappkisten, in denen die Mumie ihre Sachen verstaut hatte. Traurig sah sie sich in dem Büro um - irgendwie war es in den vergangenen vier Monaten ihre Heimat geworden.
Die Tür öffnete sich mit dem üblichen Knarren, das Holztüren so an sich haben, und ihr ehemaliger Bürokollege und mittlerweile guter Freund Robin Picardo trat ein. Ihm folgte ihr untoter Hund Getier auf dem Fuße.
"Neferchen, du sitzt da wie ein Häufchen Elend. Hey, wir sind gestern befördert worden, hast du das vergessen?", fragte der Mensch seine Wächterkollegin mit besorgter Miene, als er ihren traurigen Blick auffing.
Die Mumie seufzte schwer.
"Weißt du Robin, du wirst mir fehlen. Und Getier wird dich sicher auch vermissen."
Robin kam zu seiner Kollegin und nahm sie in den Arm. "Nef, wir sind ja trotzdem noch Freunde!"
Nefer versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nur halbherzig. "Danke! Aber mir wird das Büro und dieses triste Wachhaus auch fehlen. Und Leo wird mir fehlen, der ist ja noch einige Zeit Rekrut."
Robin grinste, als er an den schreckhaften Vampir dachte. "Aber Leo wird auch bald nachkommen!"
Der Gefreite wollte noch weiterreden, als es an der Tür klopfte.
"Ja, bitte?", antwortete die Mumie und drehte sich zur Tür um.
Ein kleiner Zwerg steckte den Kopf herein. "Ich suche Miss nefer."
"Ja, was kann ich für dich tun?", fragte diese lächelnd.
"Ich bin der Karrenfahrer, den Sie bestellt haben, Miss!", begann der Zwerg mit einem breiten Grinsen auf den Lippen.
"Ach, ja. Hier, diese Kisten sind zum Verladen.", entgegnete die Gefreite.
Der Zwerg trat in den Raum und packte eine der Kisten, wobei ihm ein leises "Uff" entkam.
Nefer drehte sich zu Robin um und lächelte ihren ehemaligen Bürokollegen tapfer an. "Also, wir sehen uns?", fragte sie schüchtern.
"Aber sicher!", grinste der Gefreite.
Nefer drehte sich um, nahm eine der Kisten und pfiff gellend durch ihre Zähne. Ihr kleiner Hund erhob sich träge von seinem Platz vor dem Kamin und tapste seinem Frauchen nach.

***


Am nächsten Morgen suchte die Gefreite das neue Wachehaus am Pseudopolis Platz auf.
Zielstrebig ging sie auf einen der Wächter am Tresen zu.
"Entschuldige, kannst du mir bitte sagen, wo ich die aktuellen Stellenangebote finde?", fragte die Mumie höflich.
"Ja, kleinen Moment!" Der Tresendienst begann unterm Tresen zu wühlen und förderte einige Zettel zu tage, die er nefer reichte.
"Danke!", lächelte diese ihn an und ging mit den Zetteln in die Kantine.

Dort saß auch ihr ehemaliger Bürokollege. Nefer ging auf seinen Tisch zu.
"Ist hier noch frei?", grinste sie.
"Morgen nef, klar, setz dich!", schob Robin einen Stuhl einladend vom Tisch weg.
Die Mumie nahm Platz und holte die Zettel hervor, die sie vorhin am Tresen erhalten hatte.
"Ach, du suchst auch?", fragte Robin sie neugierig.
"Ja, aber frag mich nicht, ob ich was finden werde.", entgegnete die Mumie lesend. Dabei gab sie ein seltsames Bild ab, nef war nämlich stark weitsichtig [1], aber zu stolz, um eine Brille zu tragen. Folglich klebte ihre Nase fast an dem vors Gesicht gehaltenen Papier, wobei die Mumie tunlichst vermied, dass sie dabei jemand sah. Ihre Schwachsichtigkeit war ihr nämlich ungeheuer peinlich!

Einige Zeit später jubelte Robin auf. "Das ist es! DAS ist eine Stelle für mich! Nefer, hörst du mich?"
"Ja, du hast was gefunden.", kommentierte diese ungerührt. "Ich hab auch was gefunden!"
"Was denn?", fragte ihr Kollege gespannt.
"PÜSCHOLOGE bei R.U.M.!", grinste die Mumie mit einem seltsamen Glitzern in den Augen.
"DU?", staunte der Gefreite mit offenem Mund.
"Ja, was auszusetzen dran?", keifte nef in an, als sie sich Robs Meinung zu dieser Sorte von Wesen entsann.
"Nein, alles okay, mach nur...", winkte dieser ab.
"Und was hast du entdeckt?", fragte nun nefer neugierig und einlenkend.
"Ich werd mich um die Stelle als Gildenexperte für die Alchimistengilde bewerben!", freute sich der Gefreite.
Nefer verzog spöttisch das Gesicht. "Du meinst, du willst dich in die Luft sprengen lassen?"
"Nef!", stöhnte Robin entnervt auf...

***


Einige Tage später hatte nefer ihr Vorstellungsgespräch bei Oberleutnant Humph MeckDwarf, dem Schäff von R.U.M..
Nach einer geschlagenen Stunde Gespräch unter anderem über nefs chronische akademische Viertelstunde (die sich die Mumie abgewöhnen musste), ihre Eignung für diesen Tschob sowie 'Warum Adelige arbeiten'[2] durfte die Mumie endlich ihr neues Abzeichen entgegennehmen.
MeckDwarf entließ sie mit den Worten "Morgen früh meldest du dich bei mir, verstanden?".

Nefer strahlte übers ganze Gesicht, als sie das Büro verließ.
'Hach, ich hätt mir nicht gedacht, dass er mich nimmt, was die anderen von seinen Bewerbungsgesprächen so erzählt haben, wie der da die Leute auf die Folter gespannt haben soll...', überlegte die Mumie stirnrunzelnd.
Aber eigentlich war das ja jetzt alles egal, sie hatte den Tschob ja!

***


Am nächsten Morgen erschien nefer pünktlich (!!!), wenn auch gehörig verschlafen aussehend, zu Dienstbeginn im Wachehaus.
Als erstes machte sie sich auf die Suche nach D-N-T Vinni, schließlich hatte MeckDwarf gesagt, er solle ihr ihre neue Uniform geben. Als nef Vinni endlich gefunden hatte, schleppte sie dieser in die Uniformkammer des Wachehauses.
Die Uniformkammer war ein steinerner Raum in den Kellergewölben der Wache. Es roch modrig und feucht, zwischendurch hörte man das leise Trippeln von kleinen Pfoten und hin und wieder erklang von oben das metallene Scheppern von Kochtöpfen. Die Uniformkammer lag nämlich direkt unter der Küche.
Vinni steuerte zielstrebig auf das Regal mit den roten Uniformen zu. Er sah nefer von oben bis unten an und griff in ein Fach.
"Hier, probier mal, dein Kettenhemd schaut schon recht sich auflösend aus!", grinste er.
Nefer sah ihn groß an. "Und wo soll ich mich bitteschön umziehen?"
"Ich dreh mich eh schon um!", entgegnete ihr Vinni schmunzelnd.
Die Untote sah ihn skeptisch an, begann dann aber ihren ledernen Harnisch aufzuschnüren. Als sie sich dessen entledigt hatte, beschloss sie aber, sich doch lieber hinter eines der Regale zu stellen.
"Vinni, das Kettenhemd sitzt super. Kannst du mir bitte die restlichen Teile der Uniform reichen?", meinte nefer nach einiger Zeit, in der außer gelegentlichem Klimpern von nefs Kleidung nicht viel zu hören war.
Vinnis Hand kam um die Ecke und hielt ihr ein rotes Hemd entgegen. Nefer zog das Kettenhemd scheppernd wieder aus und das rote Ding über.
"Vinni, haben wir das eine Nummer kleiner?", fragte die Mumie vorsichtig.
"Wieso nefer?", rief Vinni hinter dem Regal hervor.
"Schau doch einfach mal nach!", war nefers einziger Kommentar in leicht saurer Stimmlage.
Vinni lugte um die Ecke und begann zu kichern. "Steht dir doch ausgezeichnet!"
Die Mumie stand in ihren Schnürstiefeln da und das Hemd ging ihr bis zu den Knien. Die Schnürung des Kragens wiederum endete irgendwo auf der Höhe des Bauchnabels!
"Vinni, ich will keinen Kommentar hören, bitte!", sah die Gefreite den Stellvertreter des R.U.M.-Schäffs wütend an und drehte sich beleidigt um, als sie erkannte, dass er ihr mit voller Absicht ein zu großes Hemd gegeben hatte.
Vinni zog etwas hinter seinem Rücken hervor und grinste. "Nefer, sieh doch mal her!"
Die Untote drehte sich um und klick, schon hatte Vinni den Ikonographen betätigt.
"DU, DU...", wollte nef schon losdonnern, als sie sich entsann, dass Vinni doch um einiges ranghöher war als sie selbst. Also schluckte sie sauer die Worte hinunter und bat Vinni nochmals um ein nun doch bitte passendes Hemd...

Einige Zeit später stand die Gefreite nun im R.U.M.-roten Hemd, darüber ein Kettenhemd, darüber ihren Lederharnisch und dazu einen ebenfalls R.U.M.-roten Rock vor MeckDwarfs Büro. Zögerlich klopfte die Mumie an die Tür des R.U.M.-Schäffs.
"Herein!", erklang es duster aus dem Raum. Nefer betrat das Büro und salutierte.
"Sir, ich melde mich zum Dienst!"
MeckDwarf blickte skeptisch auf seinen Uhrdämon. "Nun, du warst bereits bei Vinni, sehe ich. Also musst du tatsächlich pünktlich hier im Wachhaus gewesen sein.", staunte er.
"Ja, Sir. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich mich ändern kann, wenn es erforderlich ist.", murmelte die Mumie verlegen und blickte wie ertappt zu Boden.
MeckDwarf seufzte. "Das da ist wohl dein Hund, wie?", fragte er mit einem äußerst skeptischen Blick auf dieses offensichtlich zusammen geflickte 'Tier' zu nefers Füßen. Irgendwie beunruhigten Humph die violetten Augen Getiers.
Nefer blickte stolz auf den Kleinen. "Ja, das ist Getier. Ist er nicht süß?"
'Frauen und das Wort SÜSS', schoss es dem Abteilungsleiter durch den Kopf.
"Ja, er ist... ähm... nett?", rang sich MeckDwarf mühsam ab. "Aber nun zu deinem Erscheinen hier...", begann der Mensch und setzte sich seine Brille auf.
Nefer stand verunsichert mitten im Büro und fühlte sich sichtlich unwohl dabei.
"Nun, dann komm mal mit!", erhob sich ihr Schäff und klemmte sich ein Bündel Mappen sowie ein schwer aussehendes Buch unter den Arm.
Nefer folgte ihm durch den Gang entlang die hintere Treppe hinunter.
'Dieses Wachhaus ist irgendwie hell. Mir fehlt die düstere Stimmung der Kröselstraße.', dachte die Mumie ein wenig wehmütig, während sie hinter MeckDwarf nachtrottete.
Vor einer kleinen Tür gleich vor der hinteren Treppe im Parterre blieb der Oberleutnant abrupt stehen. Nef krachte fast in ihn, so sehr war sie in Gedanken versunken gewesen. MeckDwarf öffnete die Tür und betrat den kleinen nahezu quadratischen Raum.
"Das ist dein Büro!", verkündete er stolz.
Die Mumie sah sich um. Links und rechts von der Tür waren zwei Regale aus dem typischen dunklen Holz, das überall in den Wachhäusern zu finden war. Das Linke bestand zur Hälfte aus einer versperrbaren Schranktür. Davor stand ein für den Raum etwas wuchtiger Schreibtisch, ebenfalls aus demselben alters glänzenden dunklen Holz. Hinter dem Schreibtisch war ein Holzdrehsessel mit abgewetzt wirkenden weinroten Samtbezug. Hinter dem Schreibtisch waren einige Regalbretter an der Backsteinwand befestigt. Gegenüber vom Tisch stand ein kleines schwarzes Wärme spendender Eisenöfchen. Daneben stand noch ein einladender grüner Sessel für eventuelle Patienten bei Sitzungen.
Nefer lächelte - dieses Büro war ausbaufähig! In Gedanken überlegte sie schon, was wo am besten zur Geltung käme und vor allem wo sie ihren geliebten Kerzenhalter in Form einer abgehackten Hand befestigen konnte.
"Nefer!", holte sie der Oberleutnant rüde aus ihren Tagträumen.
"Ja, Sir!" Automatisch stand nef wieder stramm und hob die linke Hand zum Salutieren.
MeckDwarf schritt auf den Tisch zu und 'legte' die mitgebrachten Unterlagen geräuschvoll ab.
"Also, hier ist ein Buch, das ich dir von Bregs geben soll und ein, zwei alte Fälle zum Üben. Weiters eine Liste von Büchern, die du dir zulegen solltest!", zählte der Wächter auf.
"Sir?" Nefer sah ihren Schäff verwirrt an.
"Ich erwarte, dass du dich eingehend mit Mördern beschäftigst und ordentliche und brauchbare Täterprofile erstellst. Du kannst dir im Archiv jederzeit neue alte Fälle holen. Der Kommandeur hält diese Methode des eigenständigen Lernens für am Effektivsten, also machen wir das auch so! In drei Wochen will ich einen Bericht auf meinem Schreibtisch finden, über all das, was du bis dahin gelernt hast! Dann werden wir sehen, ob ich dich auf echte Fälle loslassen kann. Verstanden?", fragte der Oberleutnant mit einem Stirnrunzeln nach.
Die Mumie blickte leicht irritiert drein, nickte aber.
"Ich höre dich so schlecht!", hackte MeckDwarf nach.
Nefers Hand schoss zum Salutieren nach oben, sie stand steif wie ein Brett und ließ ein lautes "Jawohl, Sir!" verlauten.
Humph schmunzelte. "Dann alles Gute, Gefreite!"

Die Tür fiel knarrend ins Schloss und nef ließ sich in den Sessel sinken, wobei der Bezug nahezu staubig 'aufhustete'.
"Na wundervoll, so hatte ich mir das nicht wirklich vorgestellt", seufzte die Mumie schicksalsergebend.
Getier schnupperte derweil im ganzen Raum herum, rollte sich schlussendlich vor dem kleinen bereits eingeheizten Öfchen[3] zusammen und kurz darauf schnarchte der Kleine auch schon.
Nefer überlegte, womit sie anfangen sollte. Nach reiflichem Denken zog sie den Stapel Akten zu sich heran und begutachtete alles sorgfältig - wie üblich mit der Nase am Papier klebend.
MeckDwarf hatte ihr neben der Bücherliste und Bregs geborgtem Buch noch zwei Akten gegeben - ein Fall über einen gewissen Ricardo Tretini und den Igor-Fall, an dem sie selbst mit Robin und Leo zusammen beteiligt gewesen war.
Nef legte die Akten zur Seite und widmete sich dieser ominösen Bücherliste. Auf dem Pergament fanden sich die Namen von vier Büchern, wobei nefer eines als das von Bregs Geborgte entziffern konnte. Die Mumie seufzte, als sie an die astronomischen Bücherpreise der Stadt dachte, aber was sollte sie tun - sie brauchte das Zeug.
Nefer erhob sich und steckte die Liste in ihre Uniform.
"Getier, du Schlafmütze! Komm, wir gehen!", rief sie dem kleinen Hund zu und steckte den Schlüssel ins Schloss. Sorgfältig sperrte sie ab und stieg die Treppe hoch zu MeckDwarfs Büro.

"Herein!", kam es dumpf durch die Tür, nachdem nefer zaghaft geklopft hatte.
"Sir?" Die Mumie steckte den Kopf durch den Türspalt.
"Ja, Gefreite nefer. Was gibt's?", fragte der R.U.M.-Schäff ohne von seinen Unterlagen aufzublicken.
"Ich wollte fragen, ob ich in die Stadt gehen darf, die Bücher besorgen, Sir.", erwiderte die Mumie schüchtern.
"Geh einfach. Du brauchst dich nicht ab- und anzumelden, du bist kein Rekrut mehr, Gefreite!", entgegnete der Oberleutnant in seine Akten vertieft. "Und nerv mich nicht mehr mit so dämlichen Fragen, verstanden?"
"Ja Sir. Danke.", antwortete nefer und schloss die Tür hinter sich.
Sie holte noch in der Umkleide ihren Umhang sowie den 3-Meter-Schal und machte sich auf den Weg.

***


"Wo bekomme ich bloß diese Bücher?", überlegte die Mumie laut, während sie die Götterinsel verließ.
Ziellos schlenderte sie durch die verschneiten Straßen von Ankh Morpork und hielt immer wieder Ausschau nach einem Geschäft, das unter anderem auch Bücher führte. Das war gar nicht so einfach, wenn man bedachte, dass der Großteil der Scheibenwelt-Bewohner Analphabeten waren.

Es war beinahe schon Mittag, als nefer in einer kleinen Seitengasse doch tatsächlich ein Buchladen auffiel.
'Einen Versuch ist es allemal wert!', versuchte sich die Mumie nach den etlichen Fehlschlägen selbst aufzubauen und pfiff nach Getier.
Auf dem Glas der Eingangstür stand in eingeschliffenen Buchstaben "Theos Bücherkiste". Nefer drückte die abgewetzte Messingklinke nach unten und trat ein. Ein kleines Glöckchen erklang silberhell, als die Tür es berührte und von irgendwoher rief jemand "Komm gleich!".
"Sie brauchen sich nicht zu eilen, ich habe Zeit!", antwortete die Mumie und begann sich im Laden umzusehen.
Bis zur Decke war alles mit Lesestoff vollgestopft. Ledergebundene, neue, alte, versperrbare Bücher sowie dutzende Pergamentrollen und Manuskripte stapelten sich in den polierten kirschhölzernen Regalen. Im Schein der grünbeschirmten Petroleumlampen auf ihren Messingständern flirrte kaum merkbar der Staub durch die Luft. Ein steinerner Kamin verbreitete eine wohlige Wärme in dem kleinen Laden. Davor standen zwei große samtene Ohrensessel mit einem zierlichen kunstvoll geschnitzten Tischchen in Form eines Elefanten dazwischen.
Nefer fühlte sich auf Anhieb wohl.
Nach einiger Zeit erschien ein kleiner vom Alter gebeugten Mann hinter einem der Regale.
Er trug schwarze Samthosen, ein weißes gestärktes Hemd mit Stehkragen und darüber ein smaragdgrünes ärmelloses Jäckchen. Auf seinem Kopf saß leicht schief eine weinrote Kappe, von der eine gedrehte schwarze Kordel mit Quaste hinab baumelte. Der Mann hatte schlohweißes Haar und einen über Jahre hinweg gepflegten und gehegten silbernen Rauschebart. Hinter den dicken Nickelbrillen blitzten zwei lustige Augen auf.
Lächelnd kam er auf nefer zu, streckte ihr die Hand entgegen und stellte sich vor.
"Ich bin Theo Trödel, Inhaber dieses Lädchens. Wie darf einer so entzückenden Mumie wie Ihnen behilflich sein?", fragte Herr Trödel mit der weichen samtigen Stimme eines alten geübten Märchenerzählers.
Nefer lächelte geschmeichelt. "Mein Name ist nefer-pa-isis, und ich bin auf der Suche nach einigen ganz bestimmten Büchern!"
"Setzen Sie sich doch, meine Liebe. Ich bin mir sicher, wir finden, was Sie suchen!", entgegnete Herr Trödel und wies mit der Hand auf die beiden grünen Ohrensessel. "Nein, ihr Hund ist aber süß!", rief Herr Trödel entzückt aus, als er Getier sah. "Na du, bist ein lieber, gell?" Er tätschelte Getiers Köpfchen, worauf sich der Kleine an sein Bein schmiegte und diese zusätzlichen Streicheleinheiten genoss.
Nef hatte derweil Platz genommen und staunte nach wie vor über diese Mengen an Büchern. Herr Trödel setzte sich zu ihr und lächelte die Gefreite an.
"Nun, welche Bücher suchen Sie denn?", fragte er interessiert.
"Ich habe hier", nefer kramte in ihren Uniformtaschen, "eine Liste. Wo ist sie denn?"
Hektisch tastete die Mumie an sich hinab, bis sie strahlend einen Zettel aus ihrem glänzenden Lederharnisch zog und diesen Herrn Trödel reichte. Dieser rückte seine Brille zurecht und besah sich die mittlerweile sehr zerknitterte Liste.
"Das ist aber schwere Lektüre für eine wahrscheinlich zart besaitete Person wie Sie.", bemerkte er schmunzelnd und sah nef über den oberen Rand seiner Brille hinweg an.
"Sie müssen wissen, Herr Trödel, dass ich zurzeit in Ausbildung zur Wachepüschologin bei der Abteilung für Raub und unlizenzierten Mord bin. Mein Schäff sagt, ich soll diese Bücher zum Lernen heranziehen.", lächelte die Mumie.
"Na dann schauen wir mal..."
Herr Trödel erhob sich und verschwand hinter einem der raumhohen Regale. Einige Zeit war nichts als das Rascheln von Papier und das wohlige Knacken des Holzes im Kamin sowie gelegentlich ein leises Röcheln von dem schlafenden Getier zu vernehmen. Dann tauchte Herr Trödel mit einigen Büchern auf dem Arm wieder auf.
Nef strahlte bis über beide Ohren - dieser schrullige Alte hatte doch tatsächlich die Bücher!
"Also, hier haben wir erstmal 'Das irre Wesen eines Mörders' von Professor Albus Wirrkopf. Ein wundervolles Buch, Miss nefer, und gut erhalten. Sie müssen wissen, diese Bücher werden nicht mehr gedruckt. Ihr Schäff hat Ihnen eine sehr alte Liste gegeben." Verliebt sah Herr Trödel das alte Buch an und strich zärtlich mit der Hand über den offensichtlich abgenutzten grauen Leineneinband der fetten Schwarte. Er legte es auf den kleinen Tisch und griff zu einem anderen. "Hier haben wir 'Täterprofile leicht gemacht - Ein Anfangswärg für Theorie und Praxis' von Sir Nicolas Bleich. Auch ein relativ gut erhaltenes Exemplar, wenn man von diesen Blutflecken am Einband absieht. Weiters ist hier noch 'Püschologie, ein Lexikon'. Leider konnte ich die 'Phänomenomenologie des Geistes' nicht finden.", endete Herr Trödel leicht betrübt.
"Das ist nicht so schlimm, ein Kollege borgt es mir für die erste Zeit.", winkte die Mumie ab. "Aber ist es überhaupt noch erhältlich?"
"Nein, eigentlich nicht, aber ich habe noch irgendwo in meinem Fundus ein Exemplar, ich suche es Ihnen, ja?" schlug Herr Trödel vor.
Nefer nickte und nahm eines der Bücher vom Tisch. Auf dem Einband war ein Werwolf mitten in seiner Metamorphose abgebildet. Sie schlug den Band auf und ließ die zarten Pergamentseiten durch ihre Finger rieseln.
"Gefällt es Ihnen?", fragte Herr Trödel.
"Ja, sehr sogar. Welches ist das?", wollte die stark weitsichtige Mumie wissen.
"Das ist 'Der Schlitzer von Überwald'. Es geht um einen Werwolf, der in geistiger Umnachtung blutjunge Frauen anfiel und ihnen die Kehle zerfetzte. Er ging elend zu Grunde im Hungerturm von Überwald.", erzählte Herr Trödel, der nun offensichtlich in seinem Element war.
"Ist das ein authentischer Bericht?", fragte nefer neugierig und mit einem eigenartigen Blitzen in den Augen nach.
"Aber natürlich!", lächelte Herr Trödel.
"Dann nehm ich das bitte auch mit, es klingt einfach herrlich!", freute sich die Mumie und sah sich schon am Kamin sitzen und in das Buch vertieft.
Herr Trödel erhob sich schwerfällig aus dem gemütlichen Sessel und trug die Bücher zum Tresen, wo er diese in braunes Papier wickelte. Nefer folgte ihm. Der Ladenbesitzer drehte auf seinem Rechenschieber herum und nickte dann, als er mit dem Preis zufrieden schien.
"Das wären dann 26,-- AM$, Miss nefer.", teilte er ihr mit.
Die Mumie zückte ihre Geldbörse und zahlte den Preis anstandslos, denn das war wirklich nicht zu viel für diese wundervollen Bücher. "Nur eine Frage, Herr Trödel, wenn ich das Geistesbuch auch noch dazu nehme, was macht das dann mehr?"
"Das wären dann noch mal 4,-- AM$, Miss!"
Nefer lächelte und legte noch 5 Dollar auf den Tisch.
"Das ist zuviel, Miss!", sagte der Ladeninhaber beim genauen Hinsehen.
"Nein, das passt schon!", lächelte die Mumie. "Sie waren so hilfsbereit, und dafür möchte ich mich erkenntlich zeigen."
Die Augen von Herrn Trödel leuchteten auf. "Ich bringe Ihnen das Buch auf die Wache, sobald ich es gefunden habe, gut?"
"Danke!", entgegnete die Mumie und klemmte sich die eingewickelten Bücher unter dem Arm und piff Getier aus seinem Schlaf.
Herr Trödel reichte ihr noch ein kleines rechteckiges Päckchen mit den Worten "Sie werden es sicher brauchen". Nef steckte es in eine der unzähligen kleinen Taschen ihres Umhangs, verabschiedete sich und verließ zusammen mit Getier den Laden. Sie würde sicher wieder kommen, denn ein solch wundervolles Geschäft fand man nicht alle Tage.

***


Am nächsten Morgen erschien nefer gefolgt von Getier und dem netten Zwerg, der wieder ihre Kisten, die sie derweil bei sich zuhause gelagert gehabt hatte, ins neue Büro schleppte - gegen ein saftiges Trinkgeld versteht sich - im Wachehaus am Pseudopolis Platz.

Als alle Pappkartons heil im Büro angekommen waren, begann nefer sich ein wenig häuslich einzurichten.
Als erstes kamen Getiers Weidenkörbchen mit dem blauen Kissen drinnen sowie sein Fress-Wasser-Napf in die linke Ecke neben den Öfchen. Der kleine Hund nutzte das auch gleich und begab sich wieder einmal zur Ruhe, während sein Frauchen weiter 'einrichtete'.
Zwischen Öfchen und Schreibtisch kam nefers oliv-weinroter ovaler Teppich zu liegen. Ihr Krimskrams von Schreibuntensilien und kleinen Pergamentfetzen für Notizen fanden am Schreibtisch ihren Platz. An der Wand, an der der Schreibtisch stand, 'thronte' nefs geliebter Kerzenhalter (und die Mumie war nach einer unschönen Finger quetschenden Begegnung mit dem Hammer wieder einmal froh, dass ihre Finger soundso bandagiert waren und damit sich nicht selbstständig machen konnten). Auf den beiden Hängeregalen hinter dem Schreibtisch stapelten sich diverse Bücher, eine vertrocknete Topfpflanze, die die Mumie nur noch aus reiner Sentimentalität behielt, sowie einige Packungen Zigaretten [4] nebst einem blauen Glasaschenbecher. In die Regale neben der Tür räumte die Gefreite ebenfalls diverse Bücher (ja, nefer hatte verdammt viele Bücher) sowie allerlei kitschigen Plunder, wie z.B. eine Schneekugel mit einem Miniaturmodel der Scheibenwelt (in wundervollen Violett gehalten). Im versperrbaren Teil des eines Regalschranks fanden nefs Ersatzkleidung und die Reservepackungen Kerzen und Zigaretten Platz. Ihren Umhang sowie den 3-Meter-Schal hängte sie an einen Nagel, der in der Wand daneben war. Als letztes hängte nef die gerahmte Ikonographie von Robs, Leo und sich selbst (aufgenommen bei nefers Geburtstagsfeier zu recht früher und folglich nüchterner Stunde) über das kleine Öfchen. Die Mumie begutachtete ihr Werk, aber irgendetwas fehlte - nur was? Plötzlich fiel ihr Blick auf die mit Holz verstärkte Korkwand, die an den Schreibtisch gelehnt worden war. Ihre Pinnwand - das war's!
Nachdem nef auch diese an die Wand gehängt hatte, ließ sie sich im Sessel nieder und seufzte. Es fehlte noch immer etwas, aber das gab es in diesem Büro nicht mehr - leider!
Dieses Etwas war Robins Lachen. Auch fehlte Leos 'AAAAAIIIIIHHHHAAAIIHHH', das sonst mehrmals pro Tag vom Büro gegenüber zu hören gewesen war. Es fehlten eben einfach die Freunde!
Nefer schluckte und wischte sich verstohlen eine ölige Träne aus dem Augenwinkel.
"Das Leben geht weiter.", versuchte sie sich selbst Mut zuzusprechen und griff hinter sich, wo die Bücher aus Herr Trödels Laden standen.
"Womit fang ich an?", rätselte die Mumie. "Hmm, vielleicht doch erstmal mit Tee!"
Nef stand auf und ging in die Kantine Tee holen.

Als sie den dampfenden Pott mit Wildkirschenmischung[5] auf ihren Schreibtisch abstellte, fiel ihr Blick auf den Umhang.
"Da war doch noch dieses Päckchen von Herrn Trödel...", entsann sich die Gefreite und begann sich durch die Taschen zu wühlen.
Kurz darauf setzte sie sich mit einem kleinen rechteckigen in Papier gewickelten Ding in der Hand wieder an den Schreibtisch. Nefer nippte an ihrem Pott (es war wirklich etwas mit Kirsche!) und schaute das Packpapierding an. Zögerlich riss sie die Verpackung ab und hielt eine BRILLE in der Hand.
"Iiiiiihhhh!", entfuhr es ihr. "So etwas trage ich nicht, könnte mich ja wer sehen damit!" Sie verfrachtete das verhasste Nasengerüst in eine Schublade des Schreibtischs.

Zwei Stunden später, in denen sich die Mumie nur erhoben hatte, um Holz im Kamin nachzulegen und Getier in den Hof zu lassen, rieb sich nef die brennenden Augen. Die Buchstaben im 'Der Schlitzer von Überwald' verschwammen immer wieder vor ihren Augen.
"Vielleicht sollt ich dieses scheußliche Ding doch mal probieren, weil so kann ich nicht weiterlernen, da komm ich ja gar nicht weiter. Nicht Getier?", fragte die Gefreite ihren Hund. Das war jedoch eine rein rethorische Frage, denn mehr als ein leises "Schnorch" antwortete der Kleine soundso nicht.
Nefer zog die Schublade auf und entnahm ihr dieses schrecklichen Brillending, setzte es auf und blinzelte.
"Ach, die Regale haben Holzschnitzereien?", wunderte sich die Untote, denn plötzlich taten sich ihr völlig neue 'Sichtweisen' auf.
Sie beugte sich wieder über das Buch und las weiter, nachdem das nun ein Leichtes war...

***


In den folgenden beiden Wochen vergrub sich nefer immer mehr hinter Büchern in ihrem Büro. Der Schreibtisch und die beiden Wandkonsolen dahinter waren mittlerweile mit Zetteln ihrer Mitschriften bedeckt. Die Gefreite hatte sich durch den Schlitzer und das Lexikon gebüffelt und war nun mit den Täterprofilen beschäftigt.
Jeden Morgen holte sie sich neue Fälle aus dem riesigen Wachearchiv, um damit zu üben. Dazu suchte sie sich die Berichte der verschiedenen Abteilungen heraus und versuchte anhand derer, ein Profil des möglichen Täters zu erstellen. Dieses verglich sie dann mit der wahren Lösung, dem Abschlussbericht. Langsam aber sicher trafen ihre 'Berechnungen' immer mehr zu, und nefer hatte immer mehr Freude an ihrem Tschob.
Nebenher las sie abends zuhause noch das Geistesbuch, das ihr Herr Trödel gebracht hatte. Sie hatte nun endlich Bregs sein Exemplar zurückgeben können. Auch mit dem 'Das irre Wesen einer Mörders' war sie in der Zwischenzeit durch, es war nun gespickt mit kleinen Pergamentfetzen, die sie lose in die Bücher gesteckt hatte. Eigentlich sahen alle Bücher bis auf den Schlitzer mittlerweile so aus.
Robin und Leo hatte sie in den vergangenen Tagen nicht gesehen - eigentlich hatte sie keinen anderen Wächter in den letzten beiden Wochen gesehen (wenn man vom Tresendienst absah), denn sie holte auch keinen Tee mehr in der Kantine, sonder brühte ihn selber auf dem kleinem für solche Zwecke praktischen Öfchen auf.
Auch hatte nefer die Post nur immer wieder überflogen, aber nicht darauf reagiert, es waren nur drei Schreiben gewesen - einmal von ihren Priestern, wieso sie nicht mehr käme; eines vom Wachehaus selber, das sie aber als unwichtig abgetan und ungeöffnet auf irgendeinen Stapel Notizen geworfen hatte, nachdem es keinen besonderen Stempel trug; und eines mit einer Karte von ihren ehemaligen Grundkollegen mit Glückwünschen zu ihrer Beförderung, die aber, soweit nefer wusste, bereits drei Wochen zurück lag. Sie wunderte sich lediglich, warum sie ihr jetzt noch mal gratulierten, wo sie das doch schon bei ihrer Abschiedsfeier getan hatten.
Und über die Rostpostdämonen war nur einmal die Woche eine Nachricht von ihrem Schäff Oberleutnant MeckDwarf gekommen, wie es ihr denn beim Lernen ginge. Darauf hatte sie geantwortet, aber nur in kurzen knappen Worten zwischen zwei Zigaretten.

So saß nefer auch an diesem Abend wieder mal länger als geplant im Büro und zündete gerade ihre x-te Zigarette an, als es plötzlich klopfte.
"Ja, bitte?", antwortete die Mumie, während sie nicht einmal von ihrem Buch aufblickte und sich nebenher Notizen machte.
Die Tür flog auf und krachte an den Schrank. Nefer schreckte hoch.
"Hey neferchen!", strahlte Robin und hinter ihm steckte auch Leo seinen bleichen Kopf herein.
"Ja, hallo. Und nenn mich nicht so, du weißt genau, ich mag das nicht sonderlich.", entgegnete nefer ungerührt. "Und macht die Tür zu, Jungs, es zieht!"
Robin und Leo traten ein und sahen sich verwundert an, so desinteressiert an ihnen hatten sie nef noch nicht erlebt.
"Hallo Bandagierte! Deine Freunde sind hier, um dich zum Feiern zu entführen!", meldete sich Leo verwirrt zu Wort.
Nefer sah von ihrem Buch auf. "Feiern?", fragte sie verwundert. "Leo, bist du befördert worden?"
Robin und Leo sahen sich noch erstaunter als zuvor an und zuckten die Schultern.
"Nefer, hast du deine Post nicht gelesen?", fragte Robin mit einem Stirnrunzeln.
"Nein, nur überflogen. Wieso?", erwiderte diese und dämpfte die Zigarette im absolut überfüllten Ascher ab.
"Du meinst, du weißt es noch gar nicht?", sah Leo sie groß an.
"WAS wissen?", schaute ihn die Mumie nicht minder groß an.
Leo musterte seine Kollegin, irgendwas war anders an der Untoten, nur was, darauf kam er nicht.
"Nefer, du musst einen Brief von der Wache erhalten haben. Hast du den nicht geöffnet?", staunte Robin, der sich neben dem schlafenden Getier niedergelassen hatte, um es zu streicheln.
"Nein, hab ich nicht. Hätte ich sollen?", wunderte sich die Gefreite.
Leo begann ganz zappelig zu werden. "Mach ihn auf, schnell! Mach ihn auf!"
Nef kramte sich durch die diversen Notizen auf ihrem Schreitisch und hielt kurz darauf den Seitengroßen Umschlag in der Hand. Sie nahm ihren Dolch und schlitzte den Brief auf und zog ein Pergament mit offiziellem Siegel heraus. Sie besah sich das Pergament und ihre Augen weiteten sich.
"Das kann nicht sein, oder Jungs?", sah sie Leo und Robin an.
Robin sah sie noch immer groß an, und Leo kam endlich drauf, was an der Mumie anders war.
"Nef, seit wann hast du eine Brille?", fragte sie der Vampir erstaunt.
Wenn es der Untoten möglich gewesen wäre, hätte sich in diesem Moment ihre Gesichtfarbe so sehr ins Rote verändert, dass es durch die Bandagen hindurch geschimmert hätte. Hastig zog sie das Nasengestell ab und steckte es unter einen Stapel Notizen.
"Lass sie, die steht dir!", rief Robin.
"Nein, mit der darf mich keiner sehen!", kreischte die Mumie auf und schrumpfte beschämt in ihrem Sessel zusammen. "Nein, auch ihr beiden nicht!"
Leo schüttelte den Kopf. "Was soll an einer Brille so schlimmes sein? Zumal sie dir wirklich steht!"
"Meint ihr das ehrlich?", schaute die Mumie ihre beiden Kollegen ungläubig an.
"Doch, nef, wirklich. Setz sie auf, ohne die bist du ja fast so blind wie ein Maulwurf!", grinste Robin.
"Das hast du mitgekommen?", staunte die Untote ungläubig. Zögerlich zog die Wächterin die Brille unter dem Stapel Zettel hervor und setzte sie wieder auf die Nase. Skeptisch sah sie ihre beiden Freunde an.
Die beiden grinsten und nickten zustimmend.
"Aber was anderes, Jungs. Stimmt das echt, was da in dem Brief steht?", versuchte nefer abzulenken.
"Ja, neferchen, es stimmt!", lachte Robin auf.
Der Untoten wurde warm ums Herz[6], als sie das Lachen hörte. Ihr fiel erst jetzt auf, wie sehr sie ihre Freunde vermisst hatte. Dann überzog ein überbreites Grinsen ihr Gesicht.
"Ihr wollt mir echt sagen, dass ich Obergefreite bin?"
Die beiden jungen Männer nickten eifrig.
"JUPPIE!", entfuhr es der Mumie in einem sehr sehr hohen Ton, der ihre beiden Freunde dazu brachte, sich die Ohren zu reiben. Nefer sprang auf und umarmte zuerst Robin und dann Leo stürmisch und drückte beiden einen fetten Schmatz auf die Wange. Dabei fiel ihr Blick auf Robins Rangstreifen auf der Schulter seiner Uniform.
"Hey, du bist auch befördert worden!", grinste die Untote ihren Kollegen an.
Robins Grinsen wurde breit und er reckte stolz die Brust heraus, was angesichts seines kleinen Bäuchleins etwas seltsam aussah. Nefer griff nach ihrem Umhang, wickelte sich ihren Schal um und pfiff gellend nach Getier.
"Jungs, warum stehen wir dann hier noch rum? Lasst uns feiern gehen!", lachte die Untote und hakte sich bei ihren beiden Freunden unter.

***


"Also, nun erzähl mal, wo hast du in den letzten beiden Wochen gesteckt?", fragte Robin, während er einen Schluck von seinem Bier nahm.
"Ich?", schaute ihn die Untote erstaunt an.
"Ja, Leo werde ich sicher nicht meinen, den habe ich oft getroffen! Nur von dir kam kein Pieps!", empörte sich der Obergefreite.
"Stimmt, wir hatten schon gedacht, du hättest uns vergessen.", ereiferte sich auch Leo.
Nefer zog beschämt den Kopf ein. "Tut mir leid, ihr beiden. Ich hab schon an euch gedacht, immer wenn ich auf unser Bild geschaut habe. Aber irgendwie bin ich vor lauter Arbeit nicht zu irgendwas gekommen.", versuchte die Mumie zu erklären.
"Wie läuft eigentlich deine Ausbildung?", fragte Robin interessiert nach.
"Nun, MeckDwarf meint, ich solle eigenständig lernen. In einer Woche muss ich meinen Bericht fertig haben.", erwiderte nef, die in Gedanken schon wieder zu ihren Notizen abschweifte.
"Bericht?", staunte Leo, während er geräuschvoll an seinem Hasenblut - stilvoll in einem Glaskelch - schlürfte.
"Ja, ein Bericht", nickte die Obergefreite. "Er will einen Bericht über das, was ich gelernt habe. So richtig mit Täterprofilen über die Fälle, an denen ich gearbeitet habe und so."
"Du arbeitest an Fällen?", fragten Robin und Leo zugleich.
"Na ja, ich darf mir alte Fälle aus dem Archiv holen, anhand der Berichte, die da drinnen sind, erstelle ich dann die Profile. So langsam hab ich den Dreh raus, sie treffen immer mehr zu!", lächelte nefer.
"Ist ja genial!", freute sich Leo.
"Sag mal, Robs, wie weit bist du mit deiner Ausbildung?", wollte nun nef wissen.
"Ach, ich häng mitten in einem Fall, aber irgendwie komm ich im Moment nicht weiter.", seufzte der Mensch.
"Und du Leo, wie weit bist du in G.R.U.N.D.?"
"Ach, es geht so dahin, ihr habt mich sicher bald am Hals - als Gefreiten!", lächelte der Vampir mit der weißen Haarsträhne. "Aber nun genug von der Arbeit! Wirt, noch eine Runde!"

***


Am nächsten Morgen kam nefer leicht verspätet ins Wachhaus, der vorherige Abend war lang gewesen - und an gewissen Stellen noch immer dunkel in der Erinnerung der Untoten.
Sie steuerte zielstrebig mit dem Schlüssel auf ihre Bürotür zu, als sie plötzlich inne hielt. Da hing doch was an ihrer Tür!
Die Untote kramte nach ihrer Brille in den Tiefen ihres Umhangs und setzte das silberne Gestell auf. Das durfte nicht wahr sein! An ihrer Tür hing - in einem netten hölzernen Rahmen - die Ikonographie, die Vinni von ihr in der Uniformkammer geschossen hatte! In dem Rahmen stand auch ihr Name sowie als was sie in der Wache beschäftigt war und ihre Abteilung.
Die Obergefreite wollte das Ding abnehmen, kam dabei aber dahinter, dass es mit Schnappers Spezialkleber angeklebt schien. Nefer seufzte und begann zu grinsen. Das Bild war zwar grauenhaft, aber die Idee war entzückend! Irgendwie freute sie sich darüber, daher ließ sie das Ding hängen und betrat ihr verraucht riechendes Büro.

***


Die letzte Woche vor dem Termin zur Berichtsabgabe an MeckDwarf war verstrichen.
Nefer saß in ihrem Büro und war mit der Reinschrift ihres 'Wärg' beschäftigt. Sorgfältig malte sie die Buchstaben in schwarzer Tinte auf das Pergament.
Nachdem sie fertig war, las sie sich den ganzen Bericht noch einmal durch und grinste dabei diabolisch. Ihr neuer Tschob war wirklich sehr interessant, wenn man die Inhalte des Berichts ansah. Vorsichtig bohrte die Untote zwei Löcher an den linken Rand der Pergamentseiten und zog ein rotes Band hindurch, damit das Ganze auch wirklich nach einem echten Bericht aussah und zudem das Auge des Betrachters erfreute.
Stolz erhob sie sich und machte sich mit ihrem 'Wärg' auf dem Weg ins Büro des R.U.M.-Schäff.

***


Als Humph aus der Kantine zurückkam, fand er einen dicken zusammen gebundenen Packen Pergament auf seinem ohnehin schon sehr vollen Schreibtisch. Verwundert hob er es hoch und besah sich das Ganze, während er genüsslich an seinem Kaputtschino nippte.
'Ah, der Bericht von nefer!', entsann sich der Oberleutnant und ließ sich gemütlich in seinem Sessel nieder, um sich das Werk der angehenden Püschologin zu Gemüte zu führen...

***




Seite 1[7]
Über Püschologie



von Obergefreite nefer-pa-isis
Dienstnummer 060781-S-060902
in Ausbildung zur Püschologin
Abteilung R.U.M. der Stadtwache zu Ankh Morpork




Seite 2
Einleitung


Sehr geehrte Damen und Herren,

wie Sie sehen können, halten Sie soeben meinen Ausbildungsbericht in Händen.
Auf Wunsch von Herrn Kommandeur Rince sowie Herrn Oberleutnant Humph MeckDwarf ist dies der Bericht über das Erlernen der Tätigkeit als Püschologe bei der Abteilung für Raub und unlizenzierten Mord - in Folge R.U.M. genannt - der Stadtwache zu Ankh Morpork.
Auf den folgenden Seiten werde ich nun ausführen, wie diese Tätigkeit zu verstehen ist, welche Eignungen man dafür mitbringen sollte, sowie die Tätigkeit in Theorie wie auch in Praxis näher beschreiben.
Ich hoffe, damit die mir gestellten Anforderungen zu erfüllen.

nefer-pa-isis
Obergefreite



Seite 3
Defintionssammlung


Was ist Püschologie eigentlich?
Es ist die Wissenschaft der seelischen Vorgänge.
Hier wirft sich jedoch die Frage auf, was die besagte Seele ist.
Die Seele eines Lebewesens wird auch Püsche genannt. Sie ist die Gesamtheit der seelisch-geistigen Prozesse eines Wesens. Weiter wird sie als Vorstellung definiert - die Vorstellung, dass sich das gesamte geistige Potential eines Wesens auf eine Stelle konzentriert. An dieser Stelle spielt sich jegliches Denken und Fühlen ab.
Das bedeutet, dass die Seele etwas Unfassbares ist.

Die Aufgabe eines Püschologen ist es nun, sich mit besagter Seele zu befassen; zu versuchen, sie zu ergründen; sowie Störungen derselben zu erkennen und dem Patienten bei seinem Heilungsprozess zu leiten und zu begleiten.


Doch vorab noch einige hilfreiche Definitionen, die das Lesen dieses Berichts erleichtern mögen.

Für die Arbeit eines Püschologen ist es wichtig zu wissen, was unter anderem Püschopatie ist. Das ist eine püschische Störung auf Grund krankhafter Veranlagung. Ein an solcher Leidender wird als Püschopath bezeichnet.
Auch gibt es Püschosen; das sind zentral bedingte Störungen der püschischen Funktionen. Folglich gibt es auch Püschotiker.


Seite 4
Und um solchen püschogenen Problemem - also seelisch bedingten - beizukommen, bedient sich der Püschologe der Püschatrie, der Wissenschaft von Geistes- und Gemütskrankheiten.
Als letztes relevant für diese Definitionssammlung sind die Ausdrücke Püschogramm sowie Püschografie.
Ersteres ist die grafische - also zeichnerische - Darstellung der Fähigkeiten und Eigenschaften der getesteten Person. Zweiteres bezeichnet die seelische Beschreibung eines Wesens nach deren mündlichen und schriftlichen Äußerungen.



Seite 5
Der Püschologe


Ein Püschologe sollte ein Wesen mit einer gehörigen Portion Einfühlungsvermögen sowie auch Taktgefühl sein.
Beides benötigt er, um seinen Patienten die Hilfe angedeihen zu lassen, derer sie benötigen. Wobei erwähnt sein sollte, dass man einem püschisch Kranken nur dann wirklich helfen kann, wenn dieser auch selbst bereits ist, die ihm dargebotene Hilfe anzunehmen.

Im Fall eines Püschologen in einem Raub- und Morddezernat braucht der Püschologe ebenso diese Eigenschaften, jedoch benötigt er weiters einen leicht morbiden Charakter, der es ihm ermöglicht, sich in den Gesuchten zu versetzen. Er muss folglich eine ebenso 'krankhafte' Phantasie sein eigen nennen wie der von ihm gejagte Täter. Wobei ein Püschologe im Gegensatz zu einem Verbrecher sich sehr wohl bewusst sein muss, was richtig und was falsch ist.
Er muss anhand der Daseinsbeweise, die ein Täter am Tatort zurücklässt, in die Püsche dieses blicken können; muss wissen, was der Täter als nächstes tun wird; und vor allem wann und wo er es tun wird!



Seite 6
Nicht selten sind Püschologen nach langjähriger Arbeit mit solch Individuen selbst so püschisch gestört, dass sie sich in Behandlung begeben müssen.
Alles in allem ist der Tschob eines Püschologen ein sehr gefährlicher, da sie sich immer an der Grenze zum geistigen Wahn befinden.



Seite 7
Mörder, ihre Motive sowie ihre Arten


Als erstes eine kleine Feststellung: Ein Assassine ist kein Mörder. Er ist ein normal arbeitendes Individuum. Daher sind die in diesem Bericht vorkommenden Ausführungen in keinster Weise auf die Assassinengilde zu beziehen. Ich spreche hier von Mördern, die ohne Auftrag töten – als unlizenzierte Morde verüben!

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei Arten von Mördern.

1) sogenannte normale Mörder
2) Serienmörder



ad 1)
Rund 90% aller unlizenzierten Tötungsdelikte sind Beziehungstaten, das heißt Täter und Opfer stehen in Beziehung zueinander. Das Motiv ist meist mehr oder weniger eindeutig. Der Mord an sich ist der Versuch des Täters, den Ausweg aus einem wie auch immer gearteten Dilemma zu finden.
Da solche 'normalen' Mörder häufig aus dem unmittelbaren Umfeld des Getöteten stammen, gelingt es meist relativ schnell, sie zu überführen.
Die Motive solcher Mörder sind die als klassisch bezeichneten wie Raub, Habgier, Eifersucht oder Tötung zur Vertuschung einer anderen Straftat [7a].



Seite 8
ad 2)
Werden normale Mordfälle in der Regel schnell und effizient aufgeklärt, so verhält sich das bei Serienmördern völlig anders.
Auch werden die klassischen vorhin erwähnten Mordmotive durch sogenannte Motivsysteme ersetzt, die ihren Ursprung in der Persönlichkeit des Täters haben, ihn beherrschen und sein Verhalten strukturieren.
Serienkiller werden als Täter definiert, die mindestens drei Tötungsdelikte hat. Die Zeitspanne der Verbrechen kann zwischen wenigen Wochen und Jahren liegen. Ein Serienmörder tötet immer weiter, bis er gestoppt wird.
Ein Serienmörder ist – wie ich anhand der Fälle herausfand – Im Normalfall menschlicher Natur, männlich, Einzelgänger und lebt allein. Meist gab es Schwierigkeiten in seiner Kindheit, wie der Tod eines Elternteils. Er hat massive Probleme mit seiner Arbeit, sofern er welche hat, und kompensiert diese Minderleistung mit abweichendem Verhalten und Kriminalität wie Brandstiftung. Häufig sind Serienmörder in ihrer Kindheit selbst Opfer von sexuellem Missbrauch oder Vernachlässigung geworden und als Bettnässer aufgefallen.



Seite 9
Weiters ist von Serienmördern bekannt, dass sie praktisch keine Bindung zu anderen Wesen eingehen konnten, weil sie nicht in der Lage sind, Bedürfnisse anderer bewusst wahrzunehmen. Weit über ein Drittel neigen zu chronischem Lügen, Vandalismus, Bandstiftung und Grausamkeiten gegenüber anderen und Tieren. Mit einer solchen Struktur vorbelastet, erleben sie häufig die ersten sexuellen Kontakte zum anderen oder auch gleichem Geschlecht als besonders frustrierend, was wiederum den Hang zu Gewalt- und Dominanzphantasien begünstigt, welche häufig eine extrem sadistische sexuelle Komponente aufweisen.
Man unterscheidet bei Serienmördern zwei verschiedene Typen.

a) organisierte Serienmörder
b) chaotische Serienmörder




Seite 10
a) Der organisierte Serienmörder

Er ist meist überdurchschnittlich intelligent, beruflich integriert und sozial unauffällig [9]. Seine Maskerade ist dermaßen perfekt, dass er häufig über Jahre hinweg sein Umfeld mit dem Bild des biederen Familienvater oder -mutter täuschen kann.
Gewöhnlich verfügt er über einen Karren, trinkt Alkohol, insbesondere auch bei seinen Taten, ohne dass er jedoch die Kontrolle verliert, denn diese sowie Dominanz sind ihm sehr wichtig. Er hinterlässt kaum Spuren an den Tatorten und vergräbt oder versteckt die Leichen seiner Opfer.
Viele dieser organisierten Serienmörder haben in ihrer Phantasie zuvor eine fixe und überaus detaillierte Vorstellung von den Morden. Von Mal zu Mal verfeinern sie ihre Vorgehensweise, versuchen ihre Tat nach ihren Vorstellungen noch reizvoller zu gestalten, sie auszubauen und zu übertreffen.
Der 'organisierte' Täter verfolgt genau die Berichterstattung seiner Verbrechen und beginnt vielleicht auch Bekennerschreiben zu verfassen oder mit Medien oder der Wache in Verbindung zu treten.



Seite 11
b) Der chaotische Serienmörder

Dieser Typ wird auch als der planlos vorgehende Täter beschrieben. Er ist meist von durchschnittlicher oder niedriger Intelligenz, unstet in seinen Arbeits- und sozialen Verhältnissen und begeht seine Morde meist spontan. Im Gegensatz zum 'organisierten' Mörder ist er selten mobil und ermordet häufig Opfer aus der Nachbarschaft oder jemanden, den er womöglich seit Jahren vom Sehen kennt. Als Tatwaffe benutzt er das, was er gerade am Tatort vorfindet, und da er auf Grund seiner Struktur kaum situativen Stress erlebt, nimmt er selten Alkohol zu sich, falls dieser nicht gerade der auslösende Faktor seiner akuten Püschose sind. Er hat in der Regel keinerlei Interesse an der Berichterstattung über seine Verbrechen.
Unter diesem Tätertypus sind häufig Püschotiker anzutreffen, die selten langjährige püschiatrische Behandlungen hinter sich haben, da diese sehr kostspielig sind. Meist begeht der 'chaotische' Serienmörder nekrophile Handlungen an seinen Opfern. Auch Kannibalen (nicht zu verwechseln mit Vampiren!) und Zerstückler sind in dieser Tätergruppe besonders häufig.
Schon der Umstand, dass der 'chaotische' Täter sich meist nicht einmal die Mühe macht, seine Spuren zu beseitigen und die Leichen seiner Opfer unverborgen am Tatort liegen lässt, weist darauf hin, dass es mit der Zurechnungsfähigkeit dieser Mörder nicht weit her ist.



Seite 12
Zum Leidwesen von Püschologen gibt es aber nicht immer Täter, die sich eindeutig in eines der beiden Schemen einordnen lassen.
Man denke an den Fall Banihall Schlecktor[10]. Schlecktor ist einer der Täter, die in beide Schemen passen. In den Part des 'organisierten' Serienmörders fällt er dadurch, dass er seine Opfer genau auswählte, seine Taten akribisch durchdachte, er sich mit der Wache in Verbindung setzte, sowie auch die Leichen beseitigte. Der 'chaotische' Täter erscheint in ihm in den Punkten der Nachlässigkeit im Umgang mit ihn belasteten Gegenständen - man denke an seine Sammlung konservierter Igorköpfe - sowie durch die Unachtsamkeit seiner Worte anderen Gegenüber. An seinem Beispiel lässt sich sehr gut erkennen, dass es wie gesagt nicht nur eindeutig einordnungsbare Serienmörder gibt.
Die Aufgabe des Püschologen ist es, den Täter trotz dieser Abweichungen zu kategorisieren und ihn durch die Erstellung eines Täterprofils, auf das sich die Ermittler stützen, zur Stecke zu bringen.



Seite 13
Täterprofile


Täterprofile sind präzise Beschreibungen des möglichen Täters eines Verbrechens. Sie werden anhand der hinterlassenen Spuren sowie durch das Rekonstruieren der Vorgehensweise des Täters erstellt.

Ich werde das hier anhand eines praktischen Beispiels erklären.
Zur Erstellung eines Täterprofils hatte ich die Berichte von S.U.S.I. und S.E.A.L.S. zur Verfügung.

Es handelt sich um die Ermordung einer jungen Frau, die im dritten Monat schwanger war.
Sie war an einem Abend von ihrem Mann im Badezimmer ihrer Wohnung tot aufgefunden worden.
Wie der Bericht der Gerichtsmedizin aussagte, klaffte von der Brust bis zum Bauchnabel eine riesige Messerwunde, aus der die Eingeweide hervorquollen. Einige innere Organe waren ganz herausgetrennt worden und fehlten. Die linke Brust wies mehrere Stichwunden auf, in denen der Täter mit dem Messer anscheinend herumgewühlt hatte. Auch wurden einige Gläser mit Blut gefunden, aus denen der Mörder getrunken hatte. Weiters war das Opfer nach dessen Tötung vergewaltigt worden.

Auf Grund dieser Tatsachen und der Ikonographien des Tatortes erstellte ich ein vorläufiges Täterprofil. Es wies alles darauf hin, dass der Mörder ein weiteres Mal zuschlagen würde, da sich Täter, die auf diese Art und Weise morden, nicht auf einen Mord beschränken.



Seite 14
Der Täter ist männlich, Mensch; zwischen 25 und 28 Jahren alt; schlank, wahrscheinlich sogar unterernährt. Lebt in einer verwahrlosten Behausung; Beweismittel werden dort zu finden sein. Hat höchstwahrscheinlich Probleme mit Alkohol. Einzelgänger, der weder mit Frauen noch mit Männern enge Beziehungen eingeht; verbringt seine Zeit größtenteils allein in seiner Behausung. Arbeitslos. Wird von seinen Eltern finanziell unterstützt, wenn er nicht bei solchen lebt. Ist vorzeitig bei seiner Ausbildung gescheitert. Leidet vermutlich an einer oder mehreren Formen einer paranoiden Püschose.

Nun werde ich Ihnen die Gründe für dieses Profil nennen. Anhand von anderen Fällen und bereits bestehenden Täterprofilen konnte ich mir einiges aneignen und damit diesen Fall analysieren.

Dass der Täter männlich und menschlich ist, lässt sich anhand des Gerichtsmedizinerberichts über die Vergewaltigung feststellen. Die Spermaspuren stammten eindeutig von einem Menschen und bei der menschlichen Spezies sind nur männliche Exemplare dazu befähigt, solches zu hinterlassen.



Seite 15
Wie ich vorhin bei den Serienmördern erklärte, gibt es zwei verschiedenen Typen dieses Mörders. Hier handelte es sich eindeutig um einen 'chaotischen' Serienmörder, wenn man die Tatortikonographien analysierte. Diese wiesen mit Sicherheit auf einen planlos und nicht systematisch denkenden Täter hin. Ein solcher hätte sein Opfer bewusst ausgewählt, hätte methodisch gemordet und wäre peinlich darauf bedacht gewesen, keine Spuren zu hinterlassen. Durch die Tatsache, dass es sich um einen 'chaotischen' Mörder handelt, erklärt sich, wie ich auf das Scheitern bei seiner Ausbildung sowie auf die Alkoholproblem des Täters komme.
Wenn man sich die Leiche und den Tatort ansah, kam man dahinter, dass es sich um einen Geisteskranken im fortgeschrittenen Stadium handeln musste, dessen geistige Verwirrung sich in seinen Taten spiegelte. So verrückt wird man nicht in einer Nacht!
Nach etwa acht bis zehn Jahren ist eine Püschose so weit fortgeschritten, dass sie zu einem sinnlosen Gemetzel wie diesem führt. Die ersten Anzeichen einer Püschose zeigen sich in der Regel um die Zeit der Pubertät herum. Addiert man, ausgehend von dieser Erkenntnis, zehn Jahre hinzu, kommt man auf einen Mörder Mitte zwanzig.
Die restlichen Erkenntnisse ergaben sich aus der Annahme, es mit einem Püschotiker zu tun zu haben, der nach althergebrachten püschologischen Erkenntnissen auch meist zu den schlanken Personen gehört. Die wahrscheinliche Unterernährung resultiert daraus, dass Püschotiker sich kaum um sich selbst kümmer, weil sie dazu einfach nicht in der Lage sind. Wer würde schon mit so einem Individuum zusammenleben wollen? Folglich musste es sich um einen Alleinstehenden handeln. Das passte auch zu meiner Annahme, dass seine Wohnung völlig verdreckt sei und er keiner Arbeit nachgehen würde. Wobei es sich nur um einfache Arbeiten handeln musste wie der Tätigkeit eines Hausmeisters, denn für Botengänge war er bereits zu sehr in seiner Püschose gefangen.



Seite 16
Der Täter beging noch weiter drei Morde, bevor er gefasst wurde, was meine Vermutung bestätigte, dass es sich um einen Serienmörder handelte. Die weiteren Opfer waren ebenfalls so grausig zugerichtet worden wie das erste und ebenfalls alles schwangere Frauen.
Die Wache ließ danach verlauten, dass sie einen hageren, dürren Mann suchten, der sehr verwahrlost aussah und wahrscheinlich blutbefleckte Kleidung trug.
Einige Tage später wurde der aus Ankh Morpork stammende 26 jährige Ricardo Tretini verhaftet.
In seiner dreckigen und schmuddeligen Wohnung wurden die restlichen Leichenteile in Rührschüsseln sowie einige Behältnisse mit aufgefangenem Blut gefunden. Auch wurden die beiden Tatwaffen, zwei Küchenmesser aus den Haushalten der Ermordeten, gefunden.
Bei den anschießenden Untersuchungen wurde festgestellt, dass Tretini bis zum Alter von acht Jahren Bettnässer gewesen war. Sein Vater war unbekannt, seine Mutter eine stadtbekannte Näherin.



Seite 17
Tretini war durchschnittlich intelligent und hatte keine Ausbildung abgeschlossen. Seine Arbeitsstellen hatte er nie länger als ein, zwei Wochen behalten.
Auch hatte er Freundinnen, jedoch endeten die Beziehungen immer in einem Fiasko, da Tretini bindungsunfähig war. Auch war Tretini Alkoholiker, zum Zeitpunkt seiner Morde aber relativ nüchtern. Zudem hielt sich Tretini für einen misslungenen Vampir, der Blut zu seinem Überleben brauchte.
In seiner Wohnung fanden sich die Berichte der "Times" über seine Morde, wie auch ein Buch, in dem er weiter Morde plante.
Tretini wurde durch ein Gericht in allen vier Mordfällen schuldig gesprochen und zum Tode durch den Strang verurteilt.



Seite 18
Anhang


Angefügt an diesen Bericht finden Sie eine Aufstellung über die Fälle, mit denen ich mich befasst habe, sowie die Kurzberichte der von mir als Übung erstellten – vorläufigen – Täterprofile.
Auch ist ein Nachweis über die Bücher vorhanden.



Seite 19
Nachwort


Ich hoffe, mit dieser Arbeit die Ansprüche zu erfüllen und freue mich auf den Augenblick, wo ich selbst an solchen Fällen wie dem Tretinis arbeiten darf. Denn unsere schöne Stadt sollte frei von solchen 'Ungeheuern' sein.




MeckDwarf lächelte und legte den Bericht zur Seite.
'Diese Mumie weist Potential auf.', dachte er bei sich und versah nefers Akte mit einem neuen Kommentar - "Ausbildung beendet".

[1] Resultierend aus ihrer Mumifizierung, wobei leider auch die Augen mitgetrocknet worden waren. Der schief gegangene Zauber hatte sie zwar wieder belebt, aber die Sehkraft war nach wie vor miserabel.

[2] Gastgeber OLt_HumphMeckDwarf sagt:
Du hast auch kein Problem mit Autorität nehm ich an....
G_nefer-pa-isis sagt:
Nein, Sir. Warum sollte ich?
Gastgeber OLt_HumphMeckDwarf sagt:
Adelig....
Gastgeber OLt_HumphMeckDwarf trinkt seinen Kapputtschino zu Ende
G_nefer-pa-isis sagt:
Nein, Sir. Das haben sie mir im GRUND erfolgreich abgewöhnt, Sir.

[3] Ja, auch in der Wache gibt es gute Geister, die ihren Kollegen den Einzug ein wenig versüßen

[4] auch wenn Mumien und Zombies Feuer aller Art über Alles fürchten, hat nefer einen Hang zur Suizidität, was auch erklärt, warum sie freiwillig mit Feuer vor ihrem Gesicht herumspielt

[5] Danach hatte es zumindest gerochen, denn lesen hatte die Mumie die klein gedruckte Schrift auf dem Beutel nicht können.

[6] Stellt euch das bitte imaginär vor.

[7] Lasst euch durch die kurzen 'Seiten' nicht irritieren, im Original sind sie in nefers Handschrift, daher erscheinen sie hier etwas kurz.

[7a] Siehe als Beispiel den Fall "Mord in bester Gesellschaft" von Leutnant Pismire.

[9] wie schon vorhin erwähnt, das sind keine Assassinen, sondern nicht ausgebildete Mörder

[10] Siehe den Fall "Die drei !!! und der Keller des Schreckens" von Obergefreiten Robin Picardo, Wächter Leopold von Leermach und Obergefreiter nefer-pa-isis.




Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung