Blöde Trolle!

Bisher hat keiner bewertet.

von Lance-Korporal Lady Rattenklein (SUSI)
Online seit 01. 11. 2011
PDF-Version

In der Stadt "verschwinden" Zähne in rauen Mengen - ist die Zahnfee verrückt geworden, oder steckt jemand anderes dahinter?

Dafür vergebene Note: 10

Es gibt eine Stelle in Ankh Morporks Hide Park, die wunderbar als Versteck für alles Mögliche und Ort für auf wundersame Weise verloren gegangene Dinge dient. Es riecht hier nach Wald. Und Pilzen. Nach feuchten Steinen und bei günstig stehendem Wind nicht nach dem Ankh. Dicke Wurzeln verschiedenster Bäume schlängeln sich hier den nass glitzernden Boden entlang, wie tanzende Glücksdrachen aus Hunghung. Gerade ergießen sich die ersten vorwitzigen Sonnenstrahlen in den dichten Morgennebel, der fast genauso dickflüssig zwischen dem dunklen Grün steht. Das erste Licht des Tages rinnt über Flechtwerk, welke Blätter, am Boden lebende Insekten, die emsig mit den Verwesungsarbeiten des ewigen Kreislaufs beginnen und über die Glücksdrachenwurzeln. Und es gibt den Blick frei auf die leblosen Hände, die friedlich in weiches Moos gebettet sind.

Also, die Hände gehören natürlich zu einer kompletten Person. Nur das Licht ist im Augenblick noch nicht so weit, alles preiszugeben...

Die Person ist weiblich und heißt Goloria Dadata.
Goloria fehlen zu diesem Zeitpunkt die meisten Zähne. Nicht, weil sie schon so alt ist oder so etwas, nein, offensichtlich wurden sie ihr erst kürzlich entfernt. Oh, jetzt wird es spannend, denn Fräulein Dadata wird gleich von einem nichts ahnenden Spaziergänger gefunden, der die morgendliche Athmosphäre des Hide Parks genießt...

"Hm? Uh! Rrgh...BeidnGttrn!"
Mehr verstand man nicht, denn er hatte die Hände erschrocken vor den Mund geschlagen. Außerdem flüsterte er heiser. Was jetzt? Sich panisch umgucken? Der Frau helfen? Nein, man sah doch, dass sie tot war! Jemanden holen. Ja, jemanden holen, der besser mit so etwas umgehen konnte und sich vor allem mit solchen Dingen auskannte! Der Mann rannte stolpernd in die Richtung aus der er gekommen war, nebenbei schwer damit beschäftigt, sich nicht zu übergeben.

****


"Feierabend, tralalalalaaaa! Feierabend, tralalalalaaaa! FEIERABEND, TRALA..."
"Herrgott nochmal! Kennst du auch sowas wie Rücksichtnahme, Ratti?" zischte Breda, "Es ist nachtschlafende Zeit!"
Lady Rattenklein schob die Zimmertür zu und endete lauthals: "LALALAAAA!" sie grinste in die Dunkelheit, "Sei nicht sone Memme, es ist erst neun Uhr oder so. Putz deine Gurkenmaske ab, wir gehen noch einen heben."
"Es ist mindestens elf und ich muss morgen früh raus." Breda Krulocks Stimme klang nun dumpf unter der Bettdecke.
"Pff, von mir aus. Ich mach jedenfalls noch ne Runde. Bin gleich wieder weg."
Sie wartete ob noch etwas kam.
"Ich geh gleich. Alleine mein ich."
Nichts.
"Puuuuh. Na dann, schlaf gut."
"Warte."
"Hm?"
"Ich komm ja schon, du Nervensäge. Ein Bierchen wird schon noch drin sein."
"Ich wusste es!" lachte Ratti.

****


Stickige Luft, alkoholgeschwängert. Schummeriges Licht, leise und laute Gesprächsfetzen; Der Eimer.
"Habt ihr von dem Typen gehört, der heute ins Wachhaus gestürzt kam? Hat direkt auf den Tresen geko...Oh, danke." Glum griff nach den zweieinhalb Bieren, die vor ihm auf die Theke geknallt wurden und drehte sich zu seinen Kolleginnen um.
"Eins für mich, eins für Breda und ein halbes für die Gnomin."
"Ich heiße Rattenklein du Zwerg. Her damit." Knirschte die Ratti, "Was hat er gewollt?"
"Wer?"
"Na der Typ der... sich ins Wachhaus erbrochen hat." Sie konnte sich ein Lachen nicht verkneifen.
"Naja, er hat im Hide Park eine Leiche entdeckt. Heute Morgen schon."
Breda nippte an ihrem Bier. "Ja," sagte sie langsam, "ich habe das nebenbei mitbekommen. Es hat wohl ziemlich lange gedauert, bis das Opfer in die Pathologie geschafft wurde."
"Kein Wunder bei dem Tatort. Ist son kleines Waldstück am Rand des Parks und im Wald Spuren sichern, puh!"
Ratti schüttelte den Kopf. "Komisch. Ich habe überhaupt nichts davon mitbekommen."
"Vielleicht gab es keine brauchbaren Spuren?" spekulierte die Vampirin.
"Keine Ahnung, ich war zu dem Zeitpunkt an etwas anderem dran, als das alles losging."
Rattenklein wurde langsam nervös. Nein, nicht die Art Nervosität, die meistens mit dem Ruf der Natur in Verbindung stand, sondern eher aus dem Interesse heraus, was da an ihrem Arbeitsplatz vorging. Mit der Zeit war sie eben doch mit Leib und Seele eine Wächterin geworden, was ihr manchmal mächtig gegen den Strich ging.
"Ich werd nochmal ins Labor gehen," bemerkte sie knapp und machte sich daran, vom Barhocker zu springen.
"Jetzt noch? Lass mich hier ja nicht hängen, hörst du? Immerhin bin ich wegen dir hier!" beschwerte sich Breda. Glum machte ein argwöhnisches Gesicht, widmete sich aber schnell wieder seinem Bier und schaute süffisant in sein Glas.
"Ja, na, du kannst ja mitkommen?" machte Ratti einen Versuch.
"Ich sag dir, was ich mache. Ich werde in deinem Beisein dieses Glas austrinken und mich dann wieder ins Bett hauen. Danach kannst du meinetwegen dahin gehen, wo der Kohl wächst."
Rattenklein beobachtete einige Sekunden das Augenbrauenspiel der Vampirin und setzte sich dann wieder hin. Eine Spießerin wollte sie nun auch nicht sein.
"Brav."

****


Es war halb zwei nachts und Lady Rattenklein stand schon eine halbe Stunde auf dem Seziertisch neben der toten Goloria und wusste nicht recht weiter.
Zähne? Wieso fehlten alle Zähne? Und wie ist sie eigentlich gestorben? Im Pathologiebericht stand: Todesuhrsache noch nicht sicher. Vermuthlich erdrossält. Abschürfungen am Kinn. Quetschungen der Brust. Vermutlich durch Sturz.
Ratti schielte argwöhnisch zu Saugi. Der aber hatte anscheinend schon lange den Kopf in sein Gefieder gesteckt und schlief. Oder tat zumindest so.
Sie sah zum Tisch mit den Objekten aus der Spurensicherung. Der Anblick gab nicht viel her. Zwei drei Blätter, ein Grasbüschel, ein Stück Rinde und, Ratti stutzte. Ein Klebesockel? Die Gnomin hüpfte vom Tisch und lief hinüber zu dem anderen, um den Fund näher in Augenschein zu nehmen. Wieso hatten sie es heute nicht ins Labor geschickt? Aber vielleicht hatte Glum Recht und die Spurensicherung dauerte länger als gedacht.
Ein Klebesockel. Sie schaute genauer hin indem sie sich vorbeugte. Waren das Fasern an dem... wie hieß das? Sie hatte keine Ahnung, wie dieses Ding zum Festklemmen oben an dem Sockel hieß, aber da waren definitiv Fasern oder Haare daran.
"Bin ja kein Handwerker, sondern Laborantin." Murmelte sie und nahm das Objekt vorsichtig mit einer Pinzette auf, "Und das werde ich jetzt auch mal beweisen."

****


"Vielleicht ist sie hier."
"Wäre die letzte Chance, danach schick ich einen Suchtrupp los."
Dumpfe Stimmen drangen in Lady Rattenkleins traumlosen Schlaf.
"Na bitte."
Die Stimmen waren jetzt unangenehm laut. Was sollte das? Wieso waren Leute in ihrem Schlafzimmer? Sie erkannte Laiza und Magane. Herrgott, sie hatte frei heute!
"Wasn?" nuschelte sie, bemerkte einen dünnen Speichelfaden in ihrem Mundwinkel und wollte sich aufrichten, um ihn wegzuwischen. Ein stechender Schmerz im Rücken durchfuhr sie.
"Ah, verdammt! Was ist denn los hier? Wieso...?"
"Wir können nichts für deinen Arbeitseifer, meine Liebe. Geht's denn?" Die Abteilungsleiterin kniff mitfühlend das Gesicht zusammen ob der eigenartigen Schlafhaltung und den daraus resultierenden Schmerzen.
"Hmpf." Machte Ratti und rieb sich Mundwinkel und Rücken. Ihr war es etwas unangenehm, ausgerechnet so am Arbeitsplatz erwischt zu werden. Sie würde sich eben auf einen neuen Ruf einstellen müssen.
"Ich hatte da noch was überprüft und so. Ja. Naja, ich geh dann mal Kaffee trinken, nech? Tschüssi!"
"Ich erwarte heute Mittag deinen Bericht. Und das ist allein deine Schuld," grinste Laiza, Magane tat es ihr gleich.
"Jajaja," winkte Ratti ab und entfernte sich schnell Richtung Kantine.
Kaffee gegen die Müdigkeit. Ein paar Tabletten gegen die Schmerzen.
Zurück im Labor verfasste sie kurz einen Bericht über ihre gestrigen Beobachtungen und Untersuchungen. Es kam nicht viel dabei rum, zugegeben. Aber immerhin vielleicht ein kleines Puzzlestück.
Dann ging sie zu Laizas Büro und übergab ihn ihr.
"Der andere Sockel fehlt vermutlich, was?" schlussfolgerte sie, nachdem sie das Blatt überflogen hatte.
"Ja, aber ich bin mir nicht sicher ob das so wichtig ist. Viel eigenartiger finde ich, dass er oder sie überhaupt so ein Ding benutzt hat. Offensichtlich wurde es für eine Stolperfalle benutzt. Aber den Stolperstrick - dass es einer war gaben die Fasern preis - hätte man doch auch an den Bäumen oder Wurzeln befestigen können."
"Ja," nickte Harmonie, "Tja, erst mal ok, Rattenklein. Weiter was gab es leider nicht fürs Labor. Die Blätter und das andere Zeugs wurden wahrscheinlich nur aus Verlegenheit mitgenommen. Geh nach Hause, das ist eigentlich dein freier Tag." Sie sah die Gnomin auffordernd an.
Ratti zögerte und schaute beinahe verlegen drein. Aber Laiza verstand anscheinend.
"Ja, ich gebe dir Bescheid wenn es etwas Neues gibt."
Die Gnomin nickte kurz und machte sich davon.
Schlafen. Jetzt.

****


Eine Leiche lag auf dem Ankh unter der Königsbrücke, die anderen beiden wurden zwischen Siebenschläfer und Schlummerhügel nahe des Geringsten Tores gefunden.
Allen fehlten die Zähne und wie Goloria auch, waren sie alle Menschen zwischen 25 und 35 Jahre alt. Zwei Männlich, eine weiblich.
"Also ein Serientäter," folgerte Abteilungsleiterin Laiza Harmonie, "Laut DOG ist die Assasinengilde stinksauer, sie haben keinen Schimmer wer da aus der Reihe tanzt. Dies ist also keine Effekthascherei mehr, sondern Ernst. Der Typ ist ein Killer erster Güte." Sie saß anihrem Schreibtisch und blätterte durch die Berichte der Laborergebnisse und Tatortwächter.
"Wir haben dieses Mal zwar keine Klebesockel gefunden, aber dafür die gleichen Fasern, wie die, die auch bei dem Fall Dadata eine Rolle spielten. Sah auf den ersten Blick vom Tathergang alles ziemlich gleich aus; Opfer stolperten über ein Seil oder etwas ähnliches, daher die Schürfwunden, wurden dann übermannt, getötet und entzahnt," bemerkte Charlie Holm.
"Hmmmhm," machte Laiza, weiter in die Berichte vertieft.
"Was sagen die Informantenkontakter?" fragte Ratti.
Laiza war immer noch in die Berichte vertieft, aber hob jetzt den Kopf.
"Nicht wirklich etwas Besonderes," antwortete sie nachdenklich, "Keine Nachfrage von Zähnen oder so etwas." Sie lächelte bitter. "Sie versuchen zusammen mit den Ermittlern herauszufinden, wo diese Seile hergestellt oder veräußert werden und an wen, das gleiche mit den Klebesockeln. Es gibt ein wenig Bewegung im Drogenmillieu der Trolle, ein neues Rauschgift ist angeblich auf den Markt gekommen, ist aber eher nebensächlich. Tja und der Rest... Es kann vieles in den Schatten verschwinden, vieles vertuscht werden, einige Bewohner sind korrupt und die Obdachlosen interessiert es nicht, was passiert."
"Was ist mit den Zahnfeen?" warf Holm in die Runde und erntete hochgezogene Augenbrauen. "Was denn? Die Zähne von zuvor ermordeten Menschen verschwinden. Es geht also um... Zähne. Oder?"
"Wahnsinnig gewordene Zahnfeen, die Mörder mit solchen Taten beauftragen? Und warum? Weil in ihrem Turm nicht genug davon liegen? Oder weil sie jetzt Kinderzähne satt haben und mal was Neues ausprobieren wollen? Eher nicht." Laiza hielt kurz inne. "Aber ich werde mal SEALS bitten, sich trotzdem umzuhören. Wir wissen ja, dass eigentlich alles möglich ist in dieser verkommenen Welt," lenkte sie ein und Charlie nickte zufrieden.
"So." Die Abteilungsleiterin klappte die Berichtsmappe zu. "Und nun; Rattenklein, du hörst dich weiter bei den SEALS und DOG um wegen den Seilen und den Halterungen, falls man etwas entsprechendes findet, kannst du die Fasern vergleichen. Hoffentlich ist das eine Spur. Und der Rest; naja wir müssen abwarten ob die Szenekenner etwas herausfinden, dann sehen wir weiter."

****


Im Verlauf der nächsten 2 Wochen häuften sich die Meldungen über Zähne. Jetzt wurden nicht mehr "nur" Menschen getötet und dessen beraubt, sondern es wurden auch Zahnarztpraxen beraubt und Gebisse des Nachts aus ihren Wassergläsern entwendet, was zur Folge hatte, dass zum Einen die (legale) Nachfrage nach Zähnen ebenfalls stieg, jedoch die nach festen Lebensmitteln in bestimmten Vierteln rapide sank.
"Ich wette, diese Irren graben noch die Leichen auf dem Friedhof aus, um an die Beißerchen heranzukommen. Wäre schlauer gewesen, zuerst damit anzufangen, wenn man unbedingt Rekordler werden will, was das Sammeln von Menschenzähnen angeht." Rattenklein ging ärgerlich auf Ihrem Labortisch herum und dachte laut nach.
"Genau so, dass es schlauer gewesen wäre, erst die Zahnärzte zu überfallen, oder meinetwegen auch den Omas die Gebisse zu klauen. Aber gleich Menschen umzubringen? Dämlich! Entweder ist der oder sind die Täter einfach zu blöd. Oder zu blutrünstig. Oder beides."
Sie setzte sich an den Tischrand und ließ die Beine baumeln.
"Oder beides," murmelte sie, das Kinn auf ihre Hände gestützt, die Ellenbogen auf den Knien. Ihr kam eine Idee. Ratti konnte nicht genau sagen, wieso ihr jetzt diese Nebensächlichkeit mit den Trolldrogen einfiel, aber man musste am besten jeder Spur nachgehen, nicht wahr? Sie sprang auf und kletterte vom Tisch. Dann lief sie auf den Flur und hinüber zu Zimmer 105, wo sie auf Damien G. Bleicht hoffte, der ihr vielleicht näheres dazu sagen konnte.
Schon im Laufen vor der Tür rief sie:
"Hör mal, Damien! Du musst nochmal was für mich überprü..." Die Tür öffnete sich schwungvoll und Ratti konnte gerade noch ausweichen.
"Was ist? Ist etwas passiert?" der aufgeregte Kollege G. Bleicht stand im Schlafanzug halb auf dem Flur und blickte sich mit weit aufgerissenen Augen einsatzbereit um.
"Hier unten," meldete sich die Gnomin, "Entschuldige, ich habe mal wieder die Zeit vergessen. Es ist ja schon Nacht!"
Damien blickte maßregelnd auf sie hinab. "Hast du ein Glück dass die beiden anderen gerade nicht da sind." Er machte eine kurze ärgerliche Pause und es entstand ein peinliches Schweigen. Rattenklein konnte sich nun einmal sehr schwer entschuldigen.
"Na, ist jetzt auch wurscht. Was ist denn nun?"
"Kannst du nochmal die Sache mit den Trolldrogen prüfen? Die die da neu auf den Markt gekommen sind meine ich. Wenn das stimmt, heißt das."
"Ja..." Er musste kurz überlegen, dann fiel es ihm ein; "Es heißt Splint glaube ich und soll eine Mischung aus Schlitt, Schnitt und Splitter sein. Allerdings wird ein unheimliches Getue darum gemacht, weil man es wegen einer angeblichen Zauberformel schlecht bekommt. Teuer soll es auch sein. Soll ich versuchen, dir eine Probe zu besorgen?"
"Ich weiß nicht. Vielleicht ist das ja ein Schuss in den Ofen, aber ich habe über die Tathergänge nachgedacht und habe festgestellt, dass die Reihenfolge, in der die Zähne verschwinden total dämlich geplant ist. So dämlich, wie ein... Troll. Ist das zu diskriminierend, oder darf ich das sagen?" Sie grinste.
"Hm. Also ich besorge dir erst mal eine Probe von dem Zeug und dann sehen wir ja, ob du recht hast oder selber trolldämlich bist." Er zwinkerte und drehte sich um, "Aber morgen erst. Jetzt rennt kein Dealer mehr auf den Straßen herum."

Der nächste, (späte) Abend

"Es war zumindest nicht die Zehntes-Ei-Straße-uns-fällt-kein-Name-ein-Bande. Wegen der, wie du gesagt hast, etwas chaotischen Vorgehensweise..."
"Ich habe dämlich gesagt."
"Wie auch immer, die habe ich deswegen als erstes kontaktiert, naja kontaktieren lassen."
Damien saß mit Rattenklein in der verlassenen Kantine. Sie nippten beide an lauwarmem Kaffee.
"Und weiter?" fragte die Gnomin.
"Naja, es scheinen erfolgreiche Nachahmer zu sein, was den Intellekt angeht. Ich verstehe gar nicht, warum man sie, falls es wirklich diese Trolle waren, wegen der Morde und Einbrüche noch nicht identifizieren konnte, sie hätten massenweise Spuren hinterlassen können. Aber das Glück ist anscheinend mit den Dummen."
"Bei Trollen ist es sehr schwer gähnetische Fingerabdrücke zu finden. Sie haben eben nicht wirklich so etwas wie Haut, oder dementsprechend Schuppen. Wenn sie gesund sind, dann bröckeln sie auch nicht."
Damien nickte und fuhr fort:
"Jedenfalls hat eben diese Trollbande diese neue Droge auf den Markt geschmissen." Er holte ein kleines Fläschchen aus der Tasche, "Ich verstehe zwar nicht, wie du darauf kommst, dass es etwas mit den Zähnen zu tun hat, aber hier."
Sie nahm die Flasche dankbar entgegen und lächelte.
"Danke Damien, du hast was gut bei mir. Und bezüglich meines Verdachts... Ich weiß selber noch nicht genau ob ich richtig liege, deswegen sage ich jetzt auch noch nichts. Lass mich ein paar Tests machen und wenn ich Erfolg habe, sage ich dir als Erstes Bescheid. Schlaf gut!"
Rattenklein machte sich Richtung Labor auf. Wenn sie in die richtige Richtung dachte, wäre der Rest der Ermittlungsarbeit sehr einfach.
Sofort machte sie sich an die Arbeit, als sie an ihrem Arbeitsplatz angekommen war; sie holte Fläschchen, Flüssigkeiten, Petrisschalen und Apparaturenteile heran, baute sie zusammen, legte sie bereit und stellte die Flasche mit der unbekannten Droge, es war anscheinend ein feines Pulver vor sich hin.
"Jetzt fehlt noch etwas anderes." Murmelte sie und hielt Ausschau nach ihrer kleinen Laborleiter. Manchmal war es wirklich verflixt, so klein zu sein. Zumal Huitztli Pochtli im Moment im Urlaub war. Niemand konnte ihr die Chemikalien aus den oberen Regalen holen, den Wasserbottich auffüllen oder das, was sie jetzt suchte reichen. Ratti fand die Leiter glücklicherweise auf dem Schreibtisch und stellte sie an das Bücherregal , welches über ihm hing.
"E... F... G... Nein. Hm. Vielleicht unter Mensch... N... M... Massaker - Was im Schlachthaus übrig blieb, Massenmord - Die neuen Massaker, Nein. Oh, hier; Die Rasse Mensch in einem kompletten Bild- und Textband. Mit Poster in der Mitte." Sie zog ächzend an dem dicken Buch, sodass es Stück für Stück an den Rand des Regales wanderte und schließlich krachend auf den Schreibtisch fiel. Ratti sprang hinterher und blätterte bis fast zum Ende. Dort, wo es um Zähne ging stoppte sie und zeichnete mit dem Finger die Zeilen nach, bis sie an die Stelle kam, die sie anscheinend suchte. Sie tippte mehrmals mit dem Finger darauf, um sie sich zu merken und machte sich dann an die Laborarbeit.

Früh am nächsten Morgen

Aus schwarzgeränderten müden Augen sah Lady Rattenklein Laiza und die anderen, Damien, Charlie und Magane, erwartungsvoll an. Sie hatte den Eindruck, als würden sie gerade wirres Gefasel mental entknoten. Ratti hatte herausgefunden, dass die Droge neben den bekannten Substanzen Schlitt, Schnitt und Splitter auch ein paar Zellen und Lapatit enthielt.
"Versteht ihr? Deswegen habe ich das Buch über die menschliche Anatomie zu Rate gezogen. Spezielle über Zähne. Denn Zähne bestehen zu einem Teil aus Mineralien. Aus Zement. Aus Wurzelzement."
Fragende Blicke.
"Na das Zeug heißt Lapatit! Sprich in den neuen Trolldrogen ist Wurzelzement enthalten!" Die Gnomin hüpfte aufgeregt hin und her.
"Du willst damit sagen, dass wegen dieser neuen Trolldroge die Leute umgebracht und die Praxen überfallen wurden? Hm wäre möglich. Sucht ist nicht zu unterschätzen," nickte Laiza, "Und die ungewöhnliche Reihenfolge der Taten ist mir auch schon aufgefallen. Ungeplant und dämlich."
"Musste unwillkürlich an die Zehntes-Ei-Straße-uns-fällt-kein-Name-ein-Bande denken, als die Fälle sich häuften," lachte Holm.
"Ja! Eben," rief Ratti, "Jetzt müssen wir sie nur noch hochgehen lassen!"
"DOG hat momentan keinen Experten für Observationen. Vielleicht können wir Lilli Baum fragen, ob sie mal ein Bisschen herumschnüffelt. Damien, kannst du dich ihr dann anschließen? Ich spreche gleich mit den Abteilungsleitern."
"Geht klar," sagte Damien.

Zwei Tage später

"Prost! Auf einen gelösten, nicht gelösten Fall." Rattenklein hob den Fingerhut und Breda prostete zurück.
"Habe gehört, dass es in den letzten drei Tagen nur noch einen nächtlichen Raub in einem Bestattungsinstitut gab wegen der Zähne."
"Ja, Vorgestern."
"Haben Lilli und Damien denn nichts herausgefunden?"
"Du wirst es nicht glauben, was sie heute für einen Bericht abliefern mussten."
"Wieso mussten?"
"Weil er sehr enttäuschend für Ermittler war. Pass auf; sie haben NICHTS gefunden. Gar nichts. Keine Trollbande, keine Drogen, keine Dealer. Als ob diese Dinge nie existiert haben."
"Unglaublich."
"Ja. Und jetzt kommts erst: Das einzige, was aufgefallen ist, allerdings unter anderen Umständen, waren die Dokumentationsbücher und die Aussagen des Torwächters des Mittwärtigen Tores. Gegen fünf Uhr gestern früh haben drei Trolle auf einmal die Stadt verlassen. Normalerweise kommen immer welche rein, aber fast nie gehen welche."
"Ihr denkt, dass das die Typen waren?"
"Wir wissen es sogar." Ratti musste grinsen, "Die drei dachten, wenn man von Denken sprechen kann, dass man Wegzoll bezahlen muss, wenn man das Tor passiert. Egal in welche Richtung, Hauptsache Wegzoll. Also drückten sie dem verblüfften Torwächter als alternative Zahlung ein paar Päckchen in die Hand. Nachdem er sie geöffnet hatte, brachte er sie gleich zur Wache. Das Zeug landete bei mir im Labor und Tadaaa, es ist Splint."
"Und nun?"
"Nun. Tja, ich nehme an, dass in Ankh Morpork eine Art Vorspiel stattgefunden hat. Da solche Drogengeschichten und Morde leichter zu vertuschen sind. Und nun wird das Zeug in andere Städte getragen und dort verkauft. Das ist nicht mein Aufgabenbereich. Keine Ahnung, ich glaube wir haben über die Klicker ein paar Nachrichten an Städte verschickt. Ich hoffe, dass die Blödmänner so abgefangen werden können, bevor sie tätig werden."
Breda orderte noch zwei Bier.
"Also für mich klingt das nach Fall gelöst."
"Danke, ich werds Laiza ausrichten," grinste Ratti und nahm ihren aufgefüllten Fingerhut entgegen.
Zählt als Patch-Mission für den Laborantin-Patch.



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Von Aglaranna

06.11.2011

Die Idee für die Geschichte ist an sich ganz nett, jedoch ist mir insbesondere eine unlogische Sache aufgefallen:
Trolle bauen Stolperfallen auf um Menschen zu Fall zu bringen, erdrosseln diese dann und entnehmen ihnen alle Zähne, ohne dabei Spuren zu hinterlassen, die auf Trolle hindeuten (Trollhand und Menschenmund klingt doch schonmal schmerzhaft).
Insgesamt wirkt diese Mission etwas unausgegoren, was durch den verwendeten Sprachstil noch verstärkt wird. Die Laborarbeit von Ratti wird jedoch schön beschrieben.

Von Braggasch Goldwart

18.11.2011

Angenehm durchzulesen und dazu interessant. Allerdings bin ich kein sonderlicher Fan von Umgangssprache des Autors, bzw. des persönlichen Erzählens, aber das is Ansichtsache. Etwas weniger Ansichtssache ist, dass trotz dreier Morde alles irgendwei locker flockig war - und zwar nicht nur bei Ratti, sondern auch allen anderen dargestellten. Ich hoffe doch stark, dass Massenmord noch nicht ganz so langweilig für die Wächter geworden ist. ^^

Von Menélaos Schmelz

04.11.2011

Das Feierabend-Lied :D Ich werde es auf der Stelle adaptieren! Der Titel hat leider schon ein bisschen zu viel verraten finde ich, dass war ein bisschen schade, ansonsten hätte die Geschichte gerne länger sein können, denn dein Schreibstil ist sehr erfrischend und ich hab mich ein bisschen in das Mundwerk der Lady verliebt :)

Von Ophelia Ziegenberger

23.11.2011

Die Geschichte hat mir aus zweierlei Gründen gut gefallen. Zum einen, weil sie sich aufgrund des enthusiastischen Schreibstils und der vielen wörtlichen Rede sehr gut runterlesen ließ. Und zum anderen, weil Lady Rattenkleid darin ihre Arbeit ernst nimmt und sich richtig reinkniet. Sie hat zwar den Ruf, die Nächte gerne durchzusumpfen, steht dann aber dementgegen zu ihrer Neugierde. Das macht diesen Charakter wunderbar lebendig. Der Fall an sich war nachvollziehbar aufgebaut, wenn der Titel auch zu viel der Essenz verraten hat. Gemeinsam mit dem ersten auftauchenden Hinweis auf die Trolldroge, lag die Auflösung schon auf der Hand, was viel Spannung verschenkte.

Von Rabbe Schraubenndrehr

30.11.2011

kurzweilig. Ein mäßig kurzes Wort für eine vergleichsweiße kurze geschichte, was keinesfalls negativ ist. Der Beginn mit einer Toten deren namen wir auch noch erfahren, die also sprich kein anonymes stück fleisch ist, schien mir zunächst ungewöhnlich, aber dann auch durchaus passed. Die Art wie Abläufe u.ä im allgemeinen geschildert wurde gefällt mir, und obwohl die geschichte an einigen Stellen im Lesefluss gestockt hat, fühlte ich mich dennoch ganz gut unterhalten...

Von Ruppert ag LochMoloch

07.11.2011

In sich schlüssige Geschichte und darüber hinaus sehr glaubwürdig geschrieben, da du darauf verzichtest Ratti auf Dealersuche zu schicken. Das macht die Geschichte zwar nicht-spannend aber spannend.

Von Sebulon, Sohn des Samax

04.11.2011

Insgesamt eine ziemlich gute Geschichte, bei der mich aber ein paar Sachen im Lesefluss gestört haben:
"Ratti" klingt nach einem Spitznamen ... das passt nicht zum Erzählstil. Wenn Charaktäre miteinander sprechen, sind Spitznamen angebracht, der allwissende Erzähler sollte sie aber nicht verwenden, finde ich.
An mehreren Punkten fand ich die Erzählung ungenau. Es müssten beispielsweise "Klacker" sein, wenn nicht die Filme gemeint sind.
Und der erste Abschnitt wirkt mit den Leerzeilen so, als wären Formatierungsprobleme aufgetreten; der Rest ist ja relativ einheitlich.
Da der Plot durchdacht war und ich mich gut unterhalten fühlte, sind das aber eher Randbemerkungen.

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung