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Wie so viele Geschichten beginnt auch die von Agnetha vom Ankh mit einem Tod und zwar mit dem Tod von Waltraude Immerfleiss, einer schon in die Jahre gekommenen Schneiderin (ich sagte, SCHNEIDERIN, nicht NÄHERIN!), die ihr gesamtes Leben in der Stadt Ankh-Morpork verbracht hatte. Und wie das bei Todesfällen so ist, ziehen sie Verwandte an, von denen die verstorbene Person zu ihren Lebzeiten noch nie etwas gehört hatte, Verwandte, die sich verabschieden wollen, die die gute Gelegenheit nutzen, einmal von zu Hause wegzukommen und die hoffen, vielleicht noch etwas von den Hinterlassenschaften abstauben zu können, die man nicht mit über die letzte Grenze nehmen kann. Aus oben genannten Gründen machte sich also nach dem Tod von Waltraude auch ihr Neffe dritten Grades auf den Weg in die Stadt, sein Name war Kalle, einfach nur Kalle, oder für die, denen Kalle nicht reichte auch Kalle der Bauer. Er machte sich also mit einer Postkutsche auf den Weg, um von kleiner Fleck, einem wirklich winzigen Dorf inmitten von blauen Flüssen, grünen Wäldern, buntem Obst und Gemüse und sowieso sehr gesunden Lebensumständen aus dem Königreich Lancre nach Ankh-Morpork zu reisen. Nachdem er das erste Koma durch die Luft überwunden hatte, war er auch sehr beeindruckt von der Stadt und aus der Hinterlassenschaft von Waltraude staubte er sogar einen Komplettsatz Häkeldeckchen ab. Hocherfreut und voller neuer Eindrücke machte er sich auf den Weg nach Hause, den größten Eindruck bei ihm hatte der Ankh hinterlassen, der Fluss, von welchem er sich nicht vorstellen konnte, dass dieser einfach nur ein Fluss war. Und da Kalle der Bauer eine blühende Fantasie hatte und die Reise zurück sehr lang und eintönig war, erdachte er sich kleine Geschichten über den Ankh und über die Göttin des Ankhs, Agnetha vom Ankh, Geschichten, in denen es um Krankheiten, Wasser in Geleeform und natürlich um Gestank ging. Seine Kinder, Neffen, Nichten und Enkel in kleiner Fleck waren begeistert über diese Geschichten, und so verbreiteten sie sich in seiner Familie wie ein Lauffeuer und aus mögen wurde glauben... in den Köpfen der Kinder manifestierte sich ein fester Glauben an Agnetha, die am Grunde des Ankhs lebte und mit ihren Körpersäften für das einmalige Aroma sorgte... Eines Nachts, einige Monate nachdem Kalle der Bauer wieder zurück in die Heimat gekommen war, passierte in Ankh-Morpork, um genauer zu sein, im Wasser unter der Schlechten Brücke etwas merkwürdiges; die Wasseroberfläche kam in Bewegung, erst nur leicht, dann immer stärker, die Kruste brach auf und gab einen Körper frei, den Körper einer jungen Frau. Einen Moment lang schien es, als sei er nackt, doch dann floss glitschiges Ankhwasser um ihren Körper und umhüllte sie, formte sich zu Kleidung in dreckigen Grün- und Brauntönen und festigte sich. "Wo bin ich? Wer bin ich?" langsam richtet die junge Frau sich auf und blickte sich irritiert um. Langsam schlichen sich Erinnerungen in ihre Gedanken, Erinnerungen an ihre Person, eine Göttin über diesen Fluss, ein mächtiges Wesen, jenseits der Menschlichkeit, groß und voller Würde! Lächelnd wandelte sie über die Ankhoberfläche, etwas, was zwar sehr göttlich wirkte, jedoch jeder Mensch ebenfalls gekonnt hätte. Was wirklich göttlich war, war die Tatsache, dass ihre Füße nicht rot wurden und auch nicht anfingen zu brennen. Voller Tatendrang, diese Welt für sich zu entdecken, machte sich die geringe Göttin auf den Weg in die Stadt hinein. Mit großen Augen folgte Agnetha der Straße, bog auf eine weitere ab und wanderte in Richtung der Schatten, eine Umgebung die so sehr stank, dass sie die Frau wohl intuitiv anzog. Es war dunkel, es war dreckig, es war genau nach ihrem Geschmack! "Oho, die junge Frau hat doch bestimmt viele Wertsachen bei sich, die sie gerne ein paar armen Halunken überlassen möchte, nicht wahr?", wurde sie in ihrer Faszination für die Stadt um sie herum unterbrochen. Drei grobschlächtige Gestalten schälten sic vor ihr aus dem Schatten, in ihren Händen funkelten spitze Gegenstände im Mondlicht. Agnetha blieb stehen und legte den Kopf schief. "Auf die Knie, Sterbliche! Beugt euch der Macht einer Göttin oder ich werde eure Nichtswürdigkeit unter meinen göttlichen Händen zerquetschen!", donnerte sie. Das heißt, versuchte sie zu donnern, aber die Stimmbänder einer jungen zierlichen Frau sind einfach nicht zum Donnern gemacht. Grinsend kamen die drei Männer auf sie zu und Agnetha musste die äußerst schmerzvolle Erfahrung machen, dass man als geringe Göttin weder immun gegen Waffen war noch irgendwelche auch nur annähernd nützlichen Fähigkeiten hatte, um sich gegen Angriffe zur Wehr zu setzen... Agnetha erwachte. Um sie herum war es dunkel, geleeartig und stank; sie war zu Hause! Die drei Herren hatten sie offensichtlich in den Ankh geworfen um sich ihrer zu entledigen, was für ein Glück für sie. Depression machte sich in ihr breit. Sie war nichts, sie war niemand. Irgendjemand glaubte an sie und schenkte ihr dadurch Leben, aber der Glaube war nicht stark. Lange nicht stark genug um ihr das zu geben, was sie sich ausgemalt hatte, ein Leben in Saus und Braus, einen Tempel und viele Jünger, die ihr jeden Wunsch von den Augen ablasen. Langsam tauchte sie auf, es wurde heller und heller, als sie der Oberfläche näher kam, Buchstaben tauchten vor ihren Augen auf. Moment, Buchstaben?!? Sie konzentrierte ihren Blick auf das, was über ihr auf der Kruste lag und langsam zerfressen wurde. "!HCID thcuarb ehcawtdatS eiD" war dort zu lesen. "Die Stadtwache braucht DICH?" setzte sie die Buchstaben in die richtige Reihenfolge. "Mich? Sie brauchen mich? Jemand braucht mich?" Schnell tauchte sie auf und rettete das Plakat vor der endgültigen Vernichtung. Beschwingt klemmte sie es sich unter den Arm und machte sich auf, diese ominöse Stadtwache, die sie so dringend zu brauchen schien, dass sie ihr eine Nachricht hinterließen aufzusuchen... Aktualität: Letzter Fall: 03.08.2005 – Letztes Charakterisierungs-Update: vor dem 23.3.2011 |