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Autor: | Harry [ Freitag 24. August 2007, 23:16 ] |
Betreff des Beitrags: | Ergebnisse Schreibworkshop |
(Kopie eines Postings von Ophelia) Im Nachgang zu dem Schreib-Workshop auf dem Wachetreffen wurde ich von Silly darum gebeten, ihm meine Notizen auf meiner Spielewiese zur Verfügung zu stellen. Ich denke mir aber, dass das vielleicht auch die Übrigen interessieren wird, vielleicht vor allem Diejenigen, die nicht dabei sein konnten. Daher kopiere ich die Notizen einfach komplett in den richtigen Thread und wünsche viel Spaß damit. Ergänzungen sind natürlich gerne gesehen. Meinetwegen auch eine Fortführung der Diskussion. Notizen zum Schreibworkshop auf dem Wachetreffen 2007 Bregs grundsätzliche Überlegungen zum Figurentwurf: - Habe ich schon ein ungefähres Bild zu der Figur im Sinn? Dann sollte ich eine Zeichnung von ihr anfertigen, um die Machbarkeit meiner Ideen zu überprüfen und ihre Wirkung, um mir selber Details zu verdeutlichen oder diese festzulegen und um einen Anhaltspunkt zum Schreiben vor Augen haben zu können. - Zum Zwecke rein optischer Charakterstudien bietet es sich an, sich beispielsweise auf Bahnhöfen oder an anderen belebten Stellen gemütlich einzurichten und die Passanten genau zu beobachten. Könnte ich sie auch noch mit geschlossenen Augen beschreiben? Was fiel mir an einer Person besonders ins Auge? Ihr Aussehen? Ihr Verhalten? Ihre Ausstrahlung? Ihre Kleidung? Etwas, was sie transportierte? Was davon ließe sich auf meine Figur übertragen? Welchen Eindruck möchte ich unbedingt bei meiner Figur vermeiden? - Was für einen familiären/sozialen/beruflichen Hintergrund hat meine Figur? - Welche Charaktermerkmale kennzeichnen meine Figur? Verstellt sie sich? Welche Ängste treiben sie? Hat sie Psychosen? Welche Vorlieben und welche Abneigungen bestimmen ihr Verhalten? Welche Zukunftspläne verfolgt die Figur bis zu dem Zeitpunkt, zu dem ich als Autor in ihr Leben eingreife? Ist die Figur gläubig? Ist sie risikofreudig? Welchen ersten Eindruck vermittelt sie auf Andere? Gibt es in ihrem Leben Jugendfreundschaften? Welchen Kleidungsstil bevorzugt sie? Wie würde sie auf diese oder jene Situation reagieren? Was denken ihre Freunde über sie? Welche Haltung oder Einstellung vertritt sie in Sachen Liebesleben? Ist sie Vegetarier? Welche Motive treiben sie an? - Wie denken meine Mitschreiber über die geschaffene Figur? Wie sehen sie diese und wie würden sie deren Wünsche, Verhalten und Ansichten einschätzen? Bregs Grundsätzliche Überlegungen zum Geschichtsentwurf: - Erst mal müssen Plotideen gesammelt werden. Dabei kann man mit einer Szene beginnen, die man schon immer mal schreiben wollte. Oder man lässt sich von einer Melodie inspirieren. Man könnte Vorlagen in Film, Fernsehen und den Tageszeitungen finden oder eine bestimmte Art von Mensch in den Mittelpunkt der eigenen Geschichte stellen. - Dann schreibt man den Plot stichpunktartig in der Reihenfolge auf, in der sich die Ereignisse auch zutrugen. - Man entscheidet sich für eine Erzählform. Möchte man aus Sicht des Allwissenden Erzählers schreiben? Oder bevorzugt man doch eine personenbezogene, eher wechselnde Perspektive? Oder greift man auf den Ich-Erzähler zurück? - Der Plot sollte einer Logikprüfung unterzogen werden. Um die Chronologie zu überprüfen lohnt es, den groben Handlungsverlauf pro Szene zu skizzieren. Wechseln die Charaktere innerhalb der oder zwischen den Szenen? Stimmen Jahres- oder Tageszeiten? Befinden sich Objekte stationär an einem Ort oder werden sie fortbewegt? Um Laufstrecken oder Reisestrecken möglichst realistisch anzugeben, lohnt eine Internetrecherche bei Wikipedia zum Beispiel unter dem Begriff "Reisezeiten". - Zur Ausgestaltung der einzelnen Szenen gilt es, alle Sinne anzusprechen. Beispielsweise durch kurze Hinweise auf oder Erwähnungen von Licht- oder Luftqualität, Wärme oder Kälte, Helligkeit oder Dunkelheit und überhaupt der Raumbeschreibungen. Um die Ausgestaltung dabei nicht zu übertreiben oder mit unnötigen Längen zu versehen, gilt: nicht mehr als zwei Adjektive hintereinander einbauen! Und die Wahrnehmungsdichte niederfrequent ansetzen, also zum Beispiel Eindrücke entsprechend der eigenen Wahrnehmung verzögert zu verarbeiten. - Zur Sicherheit und als Schreibansporn lohnt es, sich Zeichnungen der bespielten Räumlichkeiten anzufertigen. Sillys Reihenfolge bei der Erarbeitung einer Single: - Festlegen des Grundgedankens. Soll die Geschichte eine Parodie werden? Eine Komödie? Eine Tragödie? Eine Detektiv- oder eine Schauergeschichte? Möchte ich mit ihr ein Experiment in Form, Art oder Inhalt wagen? Stellt sie eine GRUND-Single, eine AS-Single oder sogar eine Pokalsingle dar? Welcher Rahmen ist hier zu erfüllen? - Wie bringe ich in den bisher neutralen Grundgedanken den Wachekontext ein? Möglichkeiten dazu ergäben sich beispielsweise durch die Perspektive, das Setting die handelnden Figuren, fortlaufende Einmischungen oder sogar durch auffällige Details etc. - Was für einen Fall bringe ich in diesen Rahmen ein? Soll die Einstiegsszene auch zugleich die Schlüsselszene zu dem Fall darstellen? Was taugt als Roter Faden? Was eignet sich als Running Gag, wenn das denn als "Fall" gewollt wäre? Findet eine Entwicklung von Ereignissen statt? Handelt der Fall eher von einer oder mehreren Personen, von einem vergangenen oder künftigen Ereignis oder eher von einem Gegenstand oder einem Ideal? - Nun stehen vermutlich Recherchen bei Wikipedia oder ähnlichen Nachschlagewerken an, um dem Ambiente Farbe und den wichtigen Details Glaubwürdigkeit zu verleihen. Darunter können alle möglichen Fragen fallen. Von "Wie behandle ich ein Pferd korrekt?" über "Wie sieht achatene Währung aus?" und "Wie werden Schwerter geschmiedet?" bis hin zu "Welche Farbe hat Magie?". Wissen anzusammeln hilft später beim Schreibprozess, wenn man es dann nur noch fließen lassen muss und nicht durch unbeantwortete Fragen im Schreibprozess aufgehalten wird. - Es werden Personen als Nebenfiguren entworfen. - Es wird die gewünschte Hauptfigur eingebunden und mit dem Handlungsstrang und den Nebenfiguren verflochten. Dabei gibt es zwei Regeln: Zum Einen sollte der Plot Priorität haben. Das heißt, dass zur Not eher die geliebte Hauptfigur zurückgestellt und einer anderen Figur mehr Platz eingeräumt werden muss, als dass der Plot gestutzt oder verdreht werden sollte. Zum Anderen sollte das vorhandene oder verborgene Konfliktpotential ausgeschöpft werden, anstatt es zu vermeiden. Das macht die Geschichte lebendiger und die Figuren glaubwürdiger. - Verfolge den Plot! - Stelle ein gutes, wirkungsvolles Ende sicher! Es gilt, dass eine schlechte Geschichte durch einen guten Schluss durchaus noch gerettet werden kann, während eine gute Geschichte durch ein unbefriedigendes Ende komplett ruiniert werden kann. - Jetzt ist es an der Zeit zu entscheiden, wann ich dem Leser was mitteile! Dazu am besten eine fremde Perspektive einnehmen. - Teile die Handlungsstränge in parallel zueinander verlaufende Fäden ein. - Erstelle eine Zeitleiste! Wer macht wann was? Umkringele dazu Schnittpunkte und Überschneidungen, da diese sich vermutlich als Schlüsselszenen herauskristallisieren werden, die Du erzählen solltest. - Lege nun endgültig die zu beschreibenden Szenen fest, indem Du den Plot korrigierst. - Lege die Erzählperspektive fest. - Suche einen Szeneneinstieg. Dieser könnte in einem steten Wechsel der Erzählperspektive zu jeder neuen Szene bestehen. Vielleicht gibt es eine charakteristische Art des Szeneneinstiegs, die passend zur gespielten Figur/Szene genutzt werden könnte, um dem Leser zum Beispiel den Wechsel der Handlungsebene anzudeuten. Ein schöner Szeneneinstieg liegt inmitten von Handlungen oder Dialogen. - Einbeziehung aller Sinne zur atmosphärischen Szenenausschmückung. - Es gibt verschiedene Arten, zu erzählen. Der Satzbau einer Wörtlichen Rede wird sich wohl meistens von demjenigen einer Ortbeschreibung unterscheiden. Lässt sich das bewusst einsetzen? - Auch Dialoge sollten die Handlung voranbringen. Smalltalk für die Stimmung ist zwar vermutlich unabdingbar aber er sollte rein zu diesem Zwecke in Maßen eingesetzt werden. - Wenn man beim Schreiben zurückblickt, sich auf das Anstehende konzentriert oder aber hängen bleibt, dann lohnt immer die Frage: Könnte ich das auch anders lösen? Was würde geschehen, wenn ich dies anders beschriebe? - Lies die Geschichte noch einmal im Ganzen, um kleinere Fehler, wie in der Rechtschreibung, zu korrigieren. - Man sollte sich generell immer um die Vergrößerung und Vertiefung des eigenen Wort- und Metaphernschatzes bemühen, um aus dem Vollen schöpfen zu können. Dazu eignet sich stete Lektüre quer durch alle Sparten. Ras' Diskussionsanstoß: Was bindet einen Leser an eine Geschichte? - Die Geschichte beginnt inmitten eines einschneidenden Ereignisses. - Die Geschichte setzt, im besten Falle, schon im ersten Satz mit einem besonders krassen/unerwarteten oder verwirrenden Fakt ein. - Abwechslungsreiche oder spannende Dialoge finden statt. - Es wird ein Spannungsbogen aufgebaut und aufrechterhalten. Dies kann durch zwei entgegen gesetzte Ansätze erreicht werden. Entweder werden dem Leser Hinweise an die Hand gegeben, die ihn über die Figuren erheben, so dass er vor allem mit dem Helden/Schurken mitfiebern kann. Oder es werden dem Leser alle wichtigen Hinweise so lange wie möglich vorenthalten, parallel zum Helden/Schurken, so dass die Situation ein Mysterium darstellt, dass er möglichst zeitgleich mit dem Helden/Schurken lösen möchte. - Als Extremvariante könnte dem Leser schon früh das Wissen eben darum geschenkt werden, wer der Täter ist und was er plant (zum Beispiel eine Falle für den "Guten"). - Die Geschichte muss Fragen aufwerfen! - Die Geschichte verfolgt einen deutlich erkennbaren Roten Faden. - Einer der auftretenden (Haupt-) Charaktere bietet sich zum Identifizieren mit ihr an. - Typische Alltagssituationen führen zu einem (lustigen) Widererkennungseffekt. - Einen ganz eigenen Schreibstil zu finden, hält die Leser ebenfalls an einer Geschichte. An dieser Stelle möchte ich nochmal herzlich Bregs und Silly dafür danken, dass sie sich so mutig nach vorne gestellt und einfach damit begonnen haben. |
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