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von W Eli Beissmich (GRUND)
Online seit 08. 04. 2002
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Für Rekruten/Ausbilder:
Eines Morgens erhältst du ein kleines Päkchen. Ein Zettel auf dem Paket verheißt folgendes:
"Öffne mich und du wirst ein vortreffliches Abenteuer erleben. Öffnest du mich nicht, wirst du dein blaues Wunder erleben."
Nun liegt es an dir. Wie entscheidest du dich und was wird dir wohl passieren?
Dafür vergebene Note: 12
Eli saß zuhause und sah missmutig auf ihr Buch vor ihr hinab. Sie verstand nicht, warum ihr Vater unbedingt diese Frau heiraten musste. Anne war ein richtiger Hausdrachen. Die 15-jährige durfte nach zehn Uhr nachts nicht mehr fortgehen, musste helfen zu kochen und die Wäsche zu waschen. Vor kurzen wollte die Frau sie sogar in eine Lehre stecken, doch nach kurzer Zeit flog Eli wieder. Sie hatte trotzig die Glasscheibe des Geschäftes eingeschmissen und wurde somit vor die Türe gesetzt. Jetzt hatte ihre Stiefmutter ihr Privatunterricht zugeteilt. Anne war der Meinung, sie müsse für ihre Zukunft gebildet sein, wenn sie etwas werden wollte. Doch Eli hätte besseres mit ihrer Zeit anzufangen gewusst, als vor diesen blöden Büchern zu sitzen. Wenn sie wegging, schickte ihre Stiefmutter ihr Stefan, ihren persönlichen Aufpasser, und Busty, ihren Hund, mit. Damit wollte sie sicher gehen, dass sie zu keiner Orgie mit Vampiren ging. Anne fand es abartig, was ihre Tochter mit diesen Kreaturen tat. Deswegen verbot sie ihr den Umgang mit diesen. Hin und wieder schaffte Eli es, Stefan abzuhängen, doch spätestens nachdem ihr Vater nach ihr suchte, wurde sie von ihren Freunden wieder weggezerrt.
"Na, bist du schon fertig mit der Lektüre über die Vergangenheit Ankh-Morporks?", Anne hatte ihr Zimmer betreten und wollte nachsehen, ob sie ihre Hausaufgaben auch wirklich machte.
"Hm."
"Herr Streitsüchtig von der Lehrergilde will morgen deinen Aufsatz haben, dass ist dir doch klar, oder?"
"Hm.", Eli vermied es, ihre Stiefmutter anzusehen.
"Nun komm schon, mein Kind. Es kann nichts aus dir werden, wenn du dauernd mit deinen Freunden irgendwo rumhängst. Sieh dir deinen Vater an. Er hat es weit gebracht. Alles hat er für dich gemacht. Du willst ihn doch nicht enttäuschen, oder?"
"ER hat nie rumgemeckert.", sie hob ihren Kopf und funkelte die Frau ihres Vaters verächtlich an.
"Weil er beschäftigt war und sich nicht richtig um dich kümmern konnte. Schatz, jemand muss dich doch erziehen. Sieh doch, was aus dir geworden wäre, wenn ich nicht da gewesen wäre. Du bist zu jung zum sterben. Du wärst mit 15 ein Vampir geworden. Es ist schon schlimm genug, dass du nachts zu einer dieser Kreaturen wirst, doch wenigstens ist dein Leben nicht ganz verpfuscht worden."
"Wenn du meinst.", sie senkte den Kopf wieder und stütze ihn trotzig auf ihre Hände.
"Ach komm, ich meine es doch nur gut mir dir.", Anne strich über die langen, braunen und seidigen Haare ihres Schützlings.
"Lass mich.", die Stiefmutter seufzte und ging zur Tür.
"Wenn du etwas essen willst oder etwas brauchst, ruf mich. Um fünf Uhr kommen ein paar Nachbarn, es wäre schön, wenn du nach unten kommen könntest.", sie nahm den Türknopf in die Hand, schaute noch einmal auf das Mädchen, das im Bett lag und den Eindruck machte, zu lesen und schloss die Tür dann von außen.
Eli wurde in den Schatten geboren. Ihre Mutter starb ziemlich früh und ihr Vater hatte es geschafft, durch diverse Arbeiten etwas Geld anzuhäufen. Als er genug Geld beisammen hatte, ließ er sich eine Adelsurkunde fälschen und trat der Assassinengilde bei. Bald hatten sie es geschafft und sie zogen in eine bessere Gegend. Ihr Vater war immer sehr fürsorglich und nachgiebig bei seinem einzigen Kind gewesen, doch dann lernte er seine jetzige Frau kennen. Eli's Stiefmutter hatte noch keine Kinder und konnte wohl auch keine mehr bekommen. Deswegen schenkte sie ihre mütterliche Liebe der Tochter ihres Mannes. Eigentlich war Eli es gewohnt gewesen, allein zu Hause zu sein mit ihrem Hund Busty und ihrem, seit sie in dem jetzigen Haus lebte, Kindermädchen. Doch Anne entließ das Kindermädchen, welche eigentlich nur die Hausarbeiten erledigt und sich kaum um Eli gekümmert hatte. Sie setzte nun strenge Töne auf, von wegen Zeiten, wo Eli zuhause sein musste. Dann sollte das Mädchen etwas wegen ihrer Bildung unternehmen und mehr lesen. Auch wollte sie ihr den Umgang mit ihren Freunden untersagen. Eli's Vater bekam von alledem nichts mit und sagte deswegen auch nichts dazu. Nach ein paar Monaten wurde es Eli zu viel und sie lief von zuhause weg. Sie wohnte einige Zeit bei ihren Freunden in den Schatten. Bis sie ihre erste Liebe kennen lernte. Er war ein Vampir gewesen und in sinnlichen Stunden biss dieser sie und machte Eli so zu seines gleichen. Fort an fühlte sie sich von Vampiren angezogen und mochte es, gebissen zu werden. Ihre Eltern aber waren empört von ihrer Verwandlung und holten sie zurück nach hause. Sie wiesen Zauberer und Ärzte an, ein Gegenmittel zu finden und sie wieder menschlich werden zu lassen. Einige Experimente wurden gemacht, bis ein Zauberer seinen Spruch verpfuschte. Nun war Eli tagsüber menschlich und nachts ein Kind der Dunkelheit. Egal wann und wie oft sie sich beißen ließ, es blieb so. Was ihr auch ihren Beinamen "Beissmich" einbrachte, denn eigentlich trug ihr Vater den Namen Johannes Friedlich. Wenn sie das Haus ihrer Familie verließ, schickte ihre Mutter ihr immer Stefan und Busty mit, damit sie nichts anstellen konnte.
Kurze Zeit, nachdem ihre Stiefmutter gegangen war, starrte Eli noch auf das Papier vor ihr, dann stand sie auf, drehte den Schlüssel in der Türe um und kletterte aus dem Fenster. Leise trippelte sie über das Dach des Werkzeughauses, welches sich direkt unter ihrem Fenster befand. An der Wand kletterte sie vorsichtig hinunter und wollte sich gerade vom Gelände schleichen, als eine steinige Hand sie unsanft an der Schulter packte und sie umdrehte.
"Nicht doch Stefan. Kannst du nicht EINMAL Pause machen?", Anne hatte das Kindermädchen durch Stefan ersetzt. Er schaffte es durch seine bloße Anwesenheit, dass diverse unerwünschte Freunde ihres Schützlings die Flucht ergriffen. Auch hatte er eine beeindruckende Sturheit, welche es ihm ermöglichte, nicht von Eli um den Finger gewickelt zu werden. Eigentlich hieß er ja Steinbeißer Fadenkreuz, doch die Familie taufte ihn kurzerhand auf Stefan um.
"Deine Mutter mir gesagt, ich dich ständig im Auge haben soll."
"Ach komm. Kannst du nicht mal schlafen oder Platte süchtig werden oder sonst was tun? Das ist ja abnormal."
"Ich dich nicht lassen alleine." Eli verdrehte die Augen.
"Nun gut, dann hol Busty und wir gehen ein wenig spazieren, OK?"
"Ich dich nicht lassen aus den Augen."
"Na gut, dann hol ich Busty und wir gehen dann."
"Wir zuerst Mutter fragen."
"Ach bitte. Sie wird schon nichts gegen einen kleinen Spaziergang haben. Zier dich nicht so."
"Wir fragen gehen.", Stefan zerrte das Mädchen mit Leichtigkeit zurück ins Haus, wo sie von einer wütenden Stiefmutter empfangen wurde.
"So meine Liebe, wenn du nicht lernen willst, müssen wir dir dann eben einen richtigen Job suchen, damit du endlich lernst, was Verantwortung ist.", Eli stand vor Anne und starrte unbeteiligt aus dem Fenster.
"Hörst du mir eigentlich zu? Eine halbe Stunde versuch ich jetzt schon, dir beizubringen, dass ich dir eigentlich nur helfen will. Verdammt Kind, warum bist du nur so stur. Ich liebe dich und deinen Vater. Kannst du das nicht einsehen?"
"Hm.", Eli spielte mit ihren Haaren.
"Du bringst mich noch um den Verstand. Aber gut, wie du willst. Hier, lies dir das durch und dann machst du dich auf um dich zu bewerben. Ich habe mit deinem Vater gesprochen und er ist damit einverstanden."
"Was ist das?"
"Das ist ein Zettel von der Wache. Anscheinend haben sie keine großen Auswahlkriterien. Ich hoffe, dass die dich ein wenig zurecht stutzen können. Nebenbei kannst du dich ja nach etwas besserem umschauen, doch für den Anfang ist die Wache gar nicht so schlecht.", Eli nahm den Zettel entgegen und las. Das erste was ihr da aber besonders auffiel, war, dass die Wache jeden nahm. Folge dessen auch Vampire, dachte sie.
"Hm. Und du lässt mich da einfach so hin?"
"Nein, Stefan wird dich begleiten. Er wird auf dich aufpassen, immerhin kann es gefährlich sein, Wächter zu spielen."
"Das dacht ich mir. Und wenn die dort Vampire haben?"
"Stefan wird aufpassen, dass sie nicht auf blöde Gedanken kommen, oder du."
"Hm."
"Mädchen, du kannst doch nicht dauernd hier rumhängen oder bei deinen Freunden. Langsam wird es Zeit dir einen Job zu suchen. Da du nicht lernen willst ist halt harte Arbeit angesagt. So kannst du gleich Geld verdienen und wer weiß, vielleicht kannst du dir irgendwann mal eine eigene Wohnung leisten."
"DAS ist eine gute Idee."
"Ja, aber bis dahin wohnst du hier und deswegen wirst du mir etwas zuvor kommen müssen. Ich streiche die Unterrichtsstunden, das Ausgehverbot und das Nicht-Treffen deiner nichtvampirischen Freunde, wenn du mir versprichst, dass du es versuchen wirst. Ernsthaft und das du nichts Dummes anstellst."
"Hm. Und Stefan bleibt auch weg?"
"Vergiss es."
"Na ja, ein Versuch war es wert. Kann ich Busty auch mitnehmen?"
"Das musst du deine Vorgesetzten fragen, aber im Notfall kann ja Stefan mit ihm draußen warten. Ich mach mir nur wegen den Streifzügen außerhalb des Wachegebäudes Sorgen."
"OK, ist gebongt. Wann soll ich hingehen?"
"Am besten sofort, sonst wird es nie was werden."
"Ja ja, schon gut. Ich bin ja schon weg."
"Warte!"
"Ja?", Eli stoppte mitten in ihrem Laufschritt.
"Vergiss Stefan nicht. Nicht, dass du noch den Weg vergisst und wo anderes hingehst."
"Hm.", sie verzog das Gesicht und pfiff dann. Kurze Zeit später kam ein ca. fünfzehn Zentimeter großes Haarknäuel auf sie zugerannt.
"Wenn, dann kann ich Busty auch gleich mitnehmen.", sie hob ihn hoch und stampfte dann aus dem Haus, gefolgt von einem ziemlich großen und aufmerksamen, zumindest versuchte er es, Troll.
Unschlüssig betrat Eli das Wachhaus. Normalerweise wimmelte es hier nur so vor lauter Wächtern, zumindest war es so gewesen, als sie noch klein gewesen war. In dieser Zeit war sie öfters hier gewesen, weil sie hin und wieder etwas gestohlen, oder mit ihren Freunden etwas kaputt gemacht hatte. Doch seit Anne ihr Auge auf sie geworfen hatte, hatte das alles aufgehört. Nur unregelmäßig konnte sie ihre Freunde sehen, wenn überhaupt, stehlen lohnte sich nicht mehr, weil sie dafür Hausarrest bekam. Noch dazu hatten sie ja jetzt genug Geld und sie konnte sich alles kaufen, was sie brauchte und es war weniger gefährlich und zeitaufwendig. Wie immer trottete Stefan hinter ihr her. Unschlüssig sah sie sich um, als sie am Wachetresen einen Wächter sitzen sah. Zumindest saß er dahinter auf einem Stuhl.
"Eh, hallo?", der diensthabende Tresendienstler erhob seinen Kopf und sah auf ein eher schmächtiges und kleineres Mädchen, dass etwas kleines, haariges in der Hand hielt und dahinter von einem mächtigen Troll überragt wurde.
"Ja, hallo. Ich bin Rekrut Galdos, was kann ich für dich tun?"
"Ich bin Eli, das hier ist mein Hund Busty und der Troll da ist Stefan, mein, na ja, Aufpasser."
"Und was wollt ihr hier, wenn ich fragen darf?"
"Na ja, Wächter werden."
"Ähm, alle DREI?"
"Nicht doch, Dummkopf. Nur ich, die anderen zwei sind nur Draufgabe, sozusagen."
"Aha. Na wenn du meinst. Also Gonzo, der Ausbildungsleiter, ist gerade zurückgekommen. Geh am besten zu ihm und stell dich vor. Lass aber dein, eh, Gefolge lieber hier."
"Gerne.", Eli drückte Stefan ihren Hund in die Hand, machte sich mit einem "Danke" auf in die gezeigte Richtung und ließ den Troll bei Galdos stehen.
Zaghaft klopfte es an des Gnomens Tür. Gonzo hielt in seiner Schreibarbeit inne und wartete, ob er das Geräusch noch mal zu Ohren bekam, und tatsächlich, es war so.
"Herein.", die Klinge wurde langsam nach unten gedrückt, die Tür sachte nach innen geschoben, ein junger Körper langsam ins Blickfeld gebracht und… stolperte an der unten befindlichen Türleiste und flog zu Boden. Der blaue Gnom beugte sich vor, stand dann vollkommen auf dem Tisch, ging zur Kante und betrachtete die vor ihm liegende Gestalt.
"Kann ich dir helfen?"
"Eh *räusper* tut mir Leid.", schnell stand Eli auf und richtete sich ihre Kleidung.
"Das war, eh, etwas ungeschickt von mir. Ich hoffe, das beeinträchtigt nicht mein Bewerbungsgespräch?", sie setzte einen dackelförmigen Kleinkindblick auf.
"Bewerbungsgespräch für was?"
"Na um Wächter zu werden.", Gonzos Blick musterte sie forschend, während er sich dann auf die Kante setzte und einen ruhigen Ton aufsetzte.
"Wie alt bist du überhaupt, mein Kind?"
"Ich bin kein Kind mehr, und ich bin 15."
"Wissen deine Eltern, dass du hier bist?"
"Meine Stiefmutter hat mich hergeschickt."
"Aha. Ihr seid arm und du musst deswegen arbeiten gehen?"
"Nein, eigentlich nicht. Mein Vater ist Assassine und seit neuestem adelig. Meine Stiefmutter stammt aus gutem Hause und ist extrem lästig. Sie meint, ich solle endlich Verantwortung lernen. Mein Aufpasser steht unten und hält zur Zeit meinen Hund."
"Oh. Gibt es noch etwas, was ich über dich wissen sollte?"
"Na ja, vielleicht dass ich eine Vorliebe für Vampire haben, mich nachts zu einem verwandle, tagsüber aber menschlich bleibe, weil so ein blöder Zauberer seinen Spruch verpatzt hat. Ich eigentlich in den Schatten aufgewachsen bin, mein Freundeskreis aus Einbrechern, Mördern und Gewalttätern besteht. Ich schon ein paar mal verhaftet wurde und mich meine Mutter jetzt erziehen will. Sonst eigentlich nichts. Wann kann ich anfangen?", der kleine Mund vom Ausbildungsleiter senkte sich unweigerlich langsam nach unten, als Eli mit ihrer Aufzählung begann.
"Nun mal langsam. Willst du wirklich Wächterin werden?"
"Hm. Habt ihr Vampire in der Wache?"
"Schon, ja. Etliche."
"OK. Ich will."
"Aha. Und dein Vater ist Assassine, hab ich das richtig verstanden?"
"Ja, ein sehr guter noch dazu. Und er mag es nicht, wenn man mich schlecht behandelt."
"Ah ja."
"Und, er wird sicher eine größerer Summe der Wache spenden, wenn ich genommen werde. Immerhin will er ja, dass etwas aus mir wird."
"Soso. Will er das. Nun gut. Wir können es ja mal probieren. Wie war das noch mal mit dem Vampirgerede?"
"Nun ja. Ich wurde mal gebissen. Meinen Eltern ging das aber gegen den Strich. Dadurch haben sie Zauberer und was weiß ich noch alles zusammengerufen. Durch Zufall hat mich dann so ein Möchtegern-Zauberkundiger verwandelt. Jetzt bin ich zwar tagsüber menschlich, werde aber nach Sonnenuntergang wieder zum Vampir. Da hab ich dann auch meine Kräfte und trinke dann auch hin und wieder Blut. Meistens das von Vampiren."
"Es gibt also Heilung?"
"Eigentlich nicht. Der Typ, der das zu Stande gebracht hat, hat sich dann selbst in die Luft gesprengt oder so. Zumindest konnten die anderen seinen Zauber nicht nachvollziehen und jetzt hab ich zwei Rassen vereint."
"Oh."
"Also, wo soll ich unterschreiben?"
"Hm? Ah ja, stimmt. Hier, der Zettel. Füll ihn aus und bring ihn mir dann bitte. Am besten, du lässt deinen Vater oder deine Mutter auch gleich mal mitunterschreiben. Dann meldest du dich bei deinem Ausbilder, Korporal Zupfgut. Verstanden?"
"Ja ja. Muss ich den Zettel selber bringen oder kann ich Stefan schicken, oder Busty? Der Kleine ist ein guter Nachrichtenüberbringer."
"Eh, es wäre schön, wenn du dich selber betätigst. Immerhin willst du ja Wächter werden."
"Na, OK. Dann danke und bis später."
"Sir."
"Hm?"
"Sir. Wenn du deine Vorgesetzte ansprichst oder verabschiedest, dann verwende das Wort. Dazu solltest du salutieren, aber das bringt dir dann dein Ausbilder bei."
"OK, SIR. Besser?"
"Sehr gut, und jetzt mach dich mal fertig. Johann wird dir dann auch gleich deine Uniform und Marke geben."
"Wer?"
"Dein Ausbilder."
"Ach so der, ja. Danke. Ich geh dann mal. Auf Wiedersehen, SIR.", sie hielt ihre flache Hand gegen ihre Stirn um einen Gruß auszuprobieren und versuchte dann das Büro ohne Fall zu verlassen.
Den Zettel hatte Eli schnell ausgefüllt und steckte es ihrem kleinen Liebling ins Maul. Busty war ein sehr kluger und schneller Hund. Er war besser abgerichtet als jedes andere Tier in Ankh-Morpork. Noch dazu ersparte er Eli unnötigen Fußmarsch. Sie hätte auch Stefan schicken können, doch dieser wich ja nicht freiwillig von ihrer Seite und da hätte sie dann wieder selber gehen müssen. Sie wuschelte Busty noch mal richtig durch und schickte ihn dann los. Kurze Zeit später kam ein angeranntes und schnellhechelndes Etwas ins Wachhaus gestürmt. Eli hatte die Tür offengelassen, damit der Kleine nicht draußen warten musste. Ihre Mutter hatte den Zettel an Bustys Halsband gebunden, damit dieser nicht so nassgesabbert wurde. Eli nahm den zerknitterten Zettel, der noch leichte Speichelspuren aufwies, hob den Hund dann wieder hoch und übergab ihn Stefan. Dann stampfte sie nochmals zu dem Ausbildungsleiter und dann weiter Richtung Ausbilder.
"AUA!", Eli war gerade dabei beide Ohren zuzuhalten. In dem Büro ihres Ausbilders saß ein Mann in den besten Jahren und spielte auf seinem Instrument. Zumindest versuchte er es. Es hörte sich einfach grässlich an und Eli wäre liebend gern nachhause gerannt, wenn Zupfgut seinen Ankömmling nicht noch rechtzeitig bemerkt hätte und somit verstummte.
"Was gibt's?"
"Ah. Diese Stille. Ich denke, ich bin hier richtig im Folterraum der Abteilung GRUND.", der Korporal schlug kurz gegen sein Instrument und brachte dann auch das Nachvibrieren der Saiten zu einem genussvollen und schweigsamen Ende.
"Wer bist du?"
"Ich bin Eli. Hab mich gerade beworben und der Abteilungsleiter meinte, ich solle mich hier melden."
"Du oder deine ältere Schwester? Wie alt bist du überhaupt?"
"Fünfzehn."
"Und warum hat man dich reingelassen?"
"Mein Vater ist Assassine."
"Oh. Na ja, so was passiert eben. Mein Beleid.", Eli verzog trotzig das Gesicht und wollte schon mit einer schnippigen Antwort kontern, als ihr Ausbilder aufstand und sie am Ärmel packte.
"Nun gut, wenn du schon mal da bist, schauen wir gleich, ob wir eine passende Uniform für dich haben. Dann kannst du auch gleich deinen ersten Fall bearbeiten.", Eli folgte dem Mann mit einem beleidigtem Gesichtsaudruck, blieb aber still. Die zwei gingen ins Lager und Eli probierte eine Uniform nach der nächsten, bis sie bei der kleinsten ankamen. Das Bild hätte sogar Götter zum Lachen gebracht. Der Brustharnisch reichte ihr bis zu den Knien, ihre Haare waren zerzaust von dem dauernden An- und Ausziehen. Ihre Unterlippe stand beleidigt hervor und ihr Gesicht ähnelte dem eines zerknautschten Teddybär.
"Ich mag das Ding nicht.", mit langsamen Worten sprach sie den Satz aus.
"Was willst du? Ein wenig enger machen und du hättest einen Ganzköperschutz. Sieht doch gar nicht so schlecht aus. Und wenn du noch etwas wächst..", die Kleine knirschte mit den Zähnen und schmiss die Uniform dann endgültig zu Boden.
"Mein Vater wird mir sicher eine leichte Lederrüstung machen lassen. Die in einem besseren Zustand sein und besser passen wird.", sie verschränkte ihre Arme und war nicht mehr bereit noch eine einzige dieser unförmigen Dinger anzuprobieren.
"Na wenn du willst. So spart die Wache wenigstens etwas Geld. Dann lass uns deine Marke holen und dann kannst du etwas für mich erledigen.", Eli nickte und folgte dem Mann, glücklich, endlich aus dem Raum zu kommen. Wieder in seinem Büro angelangt, hatte schon jemand die Wächtermarke auf Zupfguts Tisch gelegt. Er überreichte es der frischen, noch uniformlosen Wächterin und griff dann in eine Schublade.
"Hier hast du Adresse und Name. Ein Informant sollte dir ein Päckchen übergeben, das du herbringen sollst. Es soll nach einigen Angaben sehr wertvoll sein, aber auch gefährlich. Deswegen wirst du es ohne zu öffnen schnellstens hier her bringen. Es soll dann SUSI übergeben werden und was dann nachher damit geschieht, wird sich zeigen. Hast du das soweit verstanden?"
"Ich soll ein ödes Packet herbringen? Das ist alles? Für so was ist man Wächter?"
"Tja, in deinem Alter ist es doch gerade das richtige. Wenn du einmal groß..."
"Ja ja, schon gut.", Eli schnappte den Zettel und verließ missmutig das Wachhaus. So gesehen war ihre Stiefmutter gar nicht so schlimm. Ob sie ihr erlaubte, heute nach der Arbeit bei Freunden zu bleiben? Sie brauchte mal wieder so eine richtig blutige Orgie. Aber das konnte sie dann auch später eruieren. Zuerst musste sie diese Kinderarbeit erledigen und dann zu ihrem Vater gehen, um eine richtige Uniform zu bekommen. Und vielleicht erblickte sie im Wachhaus ja mal den einen oder anderen Vampir.
Die Adresse lag in den Schatten. Kurz überlegte Eli bei ihren Freunden vorbeizuschauen, doch leider war Stefan ihr ständiger Begleiter. Als sie bei dem Haus ankam, lag dieses in Schutt und Asche. Anscheinend hatte es hier vor kurzem gebrannt und ein paar Vertreter der Nicht-ganz-freiwilligen-Feuerwehr waren gerade dabei, ihre Sachen zusammen zusuchen.
"Habt ihr hier vielleicht jemanden mit einem Päckchen gesehen?", Eli zeigte hoffnungsvoll ihre neue Marke, doch der Erfolg blieb aus. Nur Köpfschütteln bekam sie als Antwort.
"Na ja, egal. Gehen wir halt wieder."
"Wir nicht sollen schauen ins Haus?"
"Warum denn? Ist doch abgebrannt. Keiner mehr da."
"Das Päckchen sein vielleicht in Asche?"
"Ja, könnte gut sein. Aber ich will da nicht rein. Kannst du nicht drin nachschauen?"
"Ich dich nicht lassen aus den Augen."
"Ja ja, wie oft ich das nicht schon gehört habe.", sie schüttelte den Kopf und ließ Busty auf den Boden. Eigentlich waren beide, Troll und Hund, ziemlich intelligent; und sie dachte nie, dass sie das von einem Troll einmal behaupten würde.
"Such das Päckchen, Busty, such!", sie glaubte zwar nicht, dass ihm sein Geruchssinn hier weiterhelfen würde, aber vielleicht seine Verspieltheit. Er tummelte sich gern im Dreck, was ihre Stiefmutter immer zum Aufregen brachte. Doch so konnte er auch besser etwas finden. Ein paar Minuten vergingen und Eli hatte die Hoffnung auf Erfolg schon aufgegeben, als vom Inneren der Ruine ein Kläffen ertönte.
"Gut so, Busty, bring es her.", doch außer dem Bellen des Hundes tat sich nichts.
"Na komm Busty, wenn es größer ist, dann schieb es doch. Ich will da jetzt nicht rein.", der Hund verstummte, setzte sich auf den Boden und wedelte.
"Busty!", noch ein kurzer Beller erklang, doch dann gab sich die Wächterin geschlagen. Vorsichtig betrat sie das noch halbstehende Gemäuer. Stefan ließ sie draußen warten, immerhin wollte sie nicht, dass dieser durch sein Gewicht und seine Größe den Rest des Hauses zum Einsturz brachte. Der Boden war überflutet von Asche und Staub, und die Wände und der Boden knarrten bedrohlich. Fast wäre sie über ein paar Knochen gestolpert, konnte sich aber noch rechtzeitig fangen. Vorsichtig ging sie zu dem Hund und sah das "Päckchen", das Busty ausgebuddelt hatte. Es war ca. dreimal so groß wie Busty und wohl zehnmal so schwer. Eigentlich hätte sie jetzt Stefan gerufen, doch blöderweise war der noch immer zu massig. Sie überlegte sich, das Ganze zur Tür zu schieben, damit der Troll es von dort aus heben konnte. Sie bückte sich hinunter, stemmte die Arme gegen die Kante und.. verlor durch den dreckigen Boden den Halt. Sie rutschte aus und ihr Gesicht prallte direkt auf die Kiste, die durch den Aufprall zerschellte. Schmerzerfüllt rollte sie sich zur Seite und hielt sich jammernd das Kinn.
"Alles OK mit dir ist?"
"Nein, verdammt."
"Soll ich kommen dir helfen?", kurz herrschte Stille. Tränen flossen geräuschvoll über die Wangen, bis ein Schluchzen das Ganze beendete.
"Nein, schon gut. Heute Nacht verheilt alles und morgen sieht man sicher auch nichts mehr.", sie wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und sah sich die Kiste nun genauer an. Darin befand sich viel Stroh und ziemlich weit unten konnte sie eine kleine Schatulle erkennen. DAS sah schon viel besser aus. Sie griff nach dem Ding und holte es heraus. Sie war mit einem kleinen Schloss, das sich sicher leicht öffnen ließe, verschlossen und auf der Oberseite befand sich eine Inschrift: "Öffne mich und du wirst ein vortreffliches Abenteuer erleben. Öffnest du mich nicht, wirst du dein blaues Wunder erleben."
Irritiert las sie die Schrift, strich kurz darüber und spielte mit dem Gedanken, die Schatulle zu öffnen, doch dann entsann sie sich der Worte ihres Ausbilders. Sie seufzte kurz, nahm das Ding in die eine Hand, ihren Hund in die andere und stampfte mit schmerzendem Kinn hinaus.
"Hier, nimm die Schatulle, ich halte Busty."
"Wir das bringen jetzt zur Wache?"
"Ja.", ohne viel Worte zu wechseln machten sie sich auf den Weg, während Eli ihren Hund dauernd streichelte. Nach ein paar Schritten wurde der Hund plötzlich unruhig. Er zappelte, was er sonst nie tat, und bellte unaufhörlich. Überrascht ließ Eli ihn zu Boden. Doch anstatt wegzulaufen oder sein Geschäft zu verrichten, sprang er Eli an und bellte weiter.
"Was der Hund haben?"
"Ich habe keine Ahnung.", sie wollte ihn wieder hochheben, doch er wollte. Dann zuckte sie kurz mit den Schultern und wollte weiter gehen. Doch Busty lief ihr immer vor die Füße. Dann blieb er plötzlich stehen, sah sich um und rannte weg. Eli schrie kurz nach ihm, doch er hörte nicht.
"Bring das zur Wache, ich renne Busty hinter her."
"Ich dich nicht.."
"Sch*** drauf. Ich bin jetzt Wächter und habe Verantwortung. Vor allem für meinen Hund. Geh, wir sehen uns gleich dort. NA LOS!", Eli rannte dem Hund hinter her und Stefan ging dann, nach etwas längerem Nachdenken, Richtung Kröselstraße. Eli bog gerade um die nächste Ecke, als sie merkte, wie ein Bolzen knapp neben ihr in die Wand fuhr. Sie drehte sich gehetzt um, doch da war sonst nichts. Busty merkte das, blieb stehen, bellte sein Frauchen an und rannte dann weiter. Aus den Gedanken gerissen rannte sie dem Hund weiter nach. Irgendwie kam es ihr so vor, als wenn er nachhause laufen wollte. Immer wieder passierte plötzlich etwas Merkwürdiges in ihrer Nähe. Von einem Torbogen fiel plötzlich eine Kiste herunter und zerschellte knapp nach ihr. Kurze Zeit später wurde aus einem Fenster ein kleiner Kasten geworfen und prallte neben ihr auf, sie konnte gerade noch in Sicherheit springen. Währenddessen blieb der Hund immer stehen und bellte. Eli fing sich dann wieder und wollte weiterlaufen, doch zögerte wohl einen Moment zu lang. Ein Speer sauste vom Dach herunter. Es war ein ziemlich schweres und altes Stück. Eli hob den Kopf, sah die Waffen auf sich zukommen. Ihre Augen weiteten sich und sie verfluchte, dass sie die Uniform nicht doch genommen hatte. Aber das hätte ihr jetzt auch nicht mehr viel geholfen. Die Spitze bohrte sich in ihren Brustkorb, zerbarstete ihre Rippen, zermatschte ihr Herz und spießte sich dann in das hinter ihr befindliche Holz. Busty kam aufgeregt zurück gerannt. Sprang sein Frauchen immer wieder an, bellte, hechelte, biss sogar kurz mal in ihr Bein, doch sie rührte sich nicht mehr. Schnell rannte er ein paar Gassen weiter, bellte ein paar Passanten an, doch diese reagierten nicht. Dann schlug er wieder den Weg zurück zum Elternhaus ein, aber nach ein paar Metern stoppte er wieder. Er wollte sein Frauchen nicht allein lassen. Nach einer halben Stunde beruhigte sich der Hund wieder, rollte sich neben ihr ein und wartete. Er wartete auf die Nacht. Langsam verschwand die Sonne vom Horizont und der Himmel färbte sich violett. Nachdem die letzten Strahlen verschwunden waren, fing Elis Körper plötzlich an, sich zu zersetzen. Ihr Gesicht fiel in sich zusammen, der Brustkorb zerbröselte, Hände und Füße lösten sich auf. Kurze Zeit später war dort, wo einst die Leiche der jungen Wächterin hing ein kleines Häufchen Asche. Busty sprang wieder auf, rannte um die Asche herum. Sein Bellen wurde immer lauter, doch niemand kam. Im Gegenteil, in ein paar Meter Entfernung stimmten ein paar streunende Hunde in das Gejaule ein. Busty legte sich dann vor dem Häufchen zu Boden, schnupperte kurz, biss sich dann selbst in die Vorderpfote, tauchte seine Pfote in die Asche und wurde dann durch den Wucht der Verwandlung zur Seite geschleudert.
"Oh mein Gott, das war furchtbar.", Elis Gesichtszüge waren starr vor Schreck. Noch nie war sie wirklich gestorben. Sie hatte die Schmerzen gefühlt, ihr Leben zog vor ihren Augen vorbei und dann kam Tod. Er blickte sie an, nahm ihre Sanduhr heraus, sah, wie sie sich von selbst wieder zu füllen schien und ging dann mit einem Nicken wieder weiter. Es war echt furchtbar gewesen. Langsam fiel ihr Blick wieder auf das kleine Knäuel unter ihr und bemerkte, dass ihr Liebling blutete. Schnell hob sie ihn hoch, streichelte ihn sanft und küsste ihn.
"Du bist ein richtiger Schatz.", kurz drückte sie ihn noch und rannte dann zum Wachhaus zurück. Dort warteten schon ihre Eltern, samt Troll und Ausbilder.
"Ach, da bist du ja wieder.", ihre Mutter hatte einen ziemlich strengen Ton.
"Ich kann das erklären."
"Ach, war die Fete so mitreißend, dass du die Zeit vergaßest? Beziehungsweise, dass du einen Job zu erledigen hattest?"
"Ich war doch gar nicht.."
"So, du wirst jetzt hier bleiben und als Buße Tresendienst machen. Busty werden wir mitnehmen und Stefan wird aufpassen, dass du nicht schon wieder abhaust. WIR reden dann morgen weiter.", kurz drehte ihre Stiefmutter heftigst an Elis Ohr und verschwand dann aus der Tür. Ihr Vater schüttelte noch kurz seinen Kopf, gab seiner Tochter dann doch noch einen Kuss auf die Wange und folgte seiner Frau.
"Ich hab doch wirklich nich..", der Ausbilder wartete erst gar nicht auf die Erklärung und winkte im Gehen ab.
"Ach verdammt. Was ist mit der Schatulle?", fragte sie nun an den Troll gewandt.
"Wächter sie haben gut verstaut."
"Na wenigstens was.", enttäuscht, dass ihr niemand glauben wollte, setzte sie sich hinter den Tresen, verschränkte die Arme auf dem Tisch und legte den Kopf darauf. Ob sie darüber einen Bericht schreiben sollte?
Gelangweilt trommelte sie mit den Fingern auf den Tisch. Die Nacht war still und irgendwie war sie überhaupt nicht müde. Was seit ihrer Verwandlung nichts Neues war. Noch immer wurmte es ihr, dass keiner wissen wollte, was eigentlich wirklich los war. Sie konnte ihren Ausbilder ja nicht mal warnen. Wegen was auch immer. Sie hatte ja nicht einmal eine Ahnung, was da los war. Warum das Haus abbrannte und sein Besitzer wohl gleich mit. Ihre "Unfälle" waren auch ziemlich komisch.
"Weißt du, wo sie die Schatulle hingebracht haben?", Stefan stand noch immer am gleichen Fleck seit drei Stunden. Nur Busty wechselte öfters die Haltung, damit er besser schlafen konnte.
"Sie bringen wollten zu SUSI."
"Wer ist die Frau?"
"Sein muss im anderen Wachhaus."
"Das im Nobelviertel?"
"Ja."
"Hm. Weißt du wo genau?"
"Es von Labor die Rede war."
"Ich glaube es ist besser, wenn ich vorher frage, wo das ist. Es schaut sicher nicht so gut aus, wenn wir im Wachhaus der richtigen Wächter einfach so rumschnüffeln. Warte hier. Wenn jemand reinkommt und etwas will, schick ihn weg."
"Gut.", das Mädchen stand auf und durchstreifte das GRUND-Gebäude um einen anderen Rekruten oder einen Ausbilder zu finden zu dieser Stunde. Kurze Zeit später betrat Atera mit ihrer Kröte Henry das Haus. Sie hatte einen Mann dabei, der sich beschweren wollte, doch leider war der Wachetresen leer.
"Sollte hier nicht irgendein Rekrut sitzen?", die Ausbilderin schaute sich überrascht um und lugte dann hinter den Tresen.
"Du weggehen."
"Eh, was?"
"Du weggehen.", Stefan hatte sich an die Worte Elis erinnert und wollte nun Atera samt Mann wieder wegschicken.
"Redest du mit mir?"
"Ja."
"Bist du ein neuer Rekrut?", Atera setzte Henry vorsichtig auf den Tisch ab.
"Nein."
"Und warum willst du, dass ich wieder gehe?"
"Eli mir gesagt, ich wegschicken soll, jemand der reinkommt und was will."
"Eli ist eine neue Rekrutin?"
"Ja."
"Und warum sollst du Leute wegschicken und wo ist sie überha..", Atera wollte gerade ihren Wissensdurst stillen, als Busty einen Satz von Stefans Arm Richtung Tresen machte. Er fand kleine, grüne, bewegliche Dinger schon immer sehr spannend. Versuchsweise biss er dem Frosch einmal sachte in den Leib, als Atera aufschrie und ihrem Liebling zur Hilfe eilte.
"Lass Henry sofort los, du Ungetüm!", Busty ließ zwar sein Maul dort wo es war, sah aber mit treuen Dackelaugen zu Atera hoch, winselte leicht und wedelte mit dem Schwanz.
"Du.. du.. du.. lass ihn los! Sag ihm doch, dass er Henry loslassen soll!"
"Loslassen Henry.", Atera rollte mit den Augen, riss sich einen Arm ab und wollte schon auf Busty niederschlagen. Zwar nicht direkt AUF ihn, doch knapp neben ihm hätte ihm sicher den nötigen Respekt eingebläut, damit er sich wieder verzog.
"He, lass das!", Eli kam langsam die Stiegen herunter getrippelt, pfiff kurz und nahm den heranstürmenden Busty in die Arme.
"Wenn du Eli bist, will ich wissen, warum du keinen Tresendienst machst. Dieser Mann hier..", der Unbekannte, der eine Beschwerde vorzubringen hatte, war schon dann verschwunden, als der Troll anfing, Atera anzudeuten, sie solle wieder verschwinden.
"Er, wo ist er denn hin?", Atera sah sich verdutzt um.
"Vor kurzen war er doch noch so energisch darauf besessen gewesen, seine Anzeige vorzubringen."
"Tja, da hat er sich's wohl anders überlegt. Wer bist du überhaupt?"
"Ich bin Spieß Atera, Ausbilderin."
"Oh. Hallo, SIR."
"Ja, ja. Schon gut. Was hast du eigentlich getrieben?"
"Ich hab meinen Ausbilder gesucht, damit er mir sagt, wo ich Frau Susi und das Labor finden kann."
"Frau Susi? Eh, du meinst glaub ich SUSI, die Abteilung. Das Labor gehört dort dazu."
"Oh, ja. Kann sein.", Atera seufzte kurz und erklärte der Rekrutin dann, wo sie hingehen musste. Dann schnappte sie Henry, presste ihn schützend nah an sich und erklärte der Wächterin noch, dass sie den Wachetresen nie allein lassen durfte, egal was passiert.
"Eh, Frau Ausbilderin?"
"Ja?"
"Du hast deinen, eh, Arm vergessen."
"Oh, danke.", zu aller letzt nahm Atera noch ihren zweiten Arm und ging in ihr Büro.
Lautes Klappern ertönte, als Eli in der Kammer nach der Uniform suchte. Sie war ihr zwar viel zu groß gewesen, doch zur Zeit war ihr alles Schützende recht. Sie packte die das Blech, riss daran und kurze Zeit später hatte sie die Uniform in der Hand, während zwei Helme zu ihren Füßen rollten. Missmutig zog sie den Brustpanzer an und hob einen der Helme auf. Versuchsweise setzte sie den etwas größer aussehenden auf. Das Licht erlosch und Finsternis umgab das Mädchen, als der Helm ihre Augen bedeckte und fast bist zum Mund reichte. Schnell setzte sie ihn wieder ab und griff sich den nächsten. Dieser war zwar etwas kleiner, doch sie musste ihn immer wieder nach hinten setzten, weil er dauernd ins Blickfeld rutschte. Nochmals kramte sie in den Sachen und holte dann die Oberseite eines kaputten Helms hervor. Nur die obere Kuppe war noch vorhanden. Kurz sah sie es unschlüssig an, dann lächelte sie kurz und ließ Stefan Busty zu Boden bringen. Dann stülpte sie diesem das Metall über und war stolz über ihre neugewonnene Schildkröte.
"So, jetzt gehen wir der Schatullensache auf den Grund.", Eli schlenderte langsam aus dem Raum und rannte gegen die nächste Wand. Der Brustpanzer bot nicht viel Armfreiheit und so konnte sie den Helm nicht dauernd halten. Vibrierend taumelte sie ein paar Schritte, als ihr eine Idee kam.
"Stefan? Trag mich bitte bis zum anderen Wachhaus.", dann hob sie Busty hoch und wartete, bis sie selber hochgehoben wurde.
Eli stand vor der Labortür, vor der ein Schloss gehängt wurde und ein Schild mit der Aufschrift "Aut off Ohrrdär". Sie rüttelte kurz an der Versperrung, doch es war stabil. Anscheinend wollte man nicht, dass das Labor leer geräumt wurde, während die Mannschaft abwesend war. Eli überlegte kurz und entschloss sich mal, ihren Vampirvorteil auszunutzen. Sie ließ ihren kleinen Fingernagel wachsen und steckte ihn ins Schloss. Er war hart und sicher gut als Dietrich zu gebrauchen. Sie drehte den Finger hin und her bis es knackte.
"AU, verdammt!", der Nagel war wohl nicht ganz so hart, wie sie vermutete und ihr heftiges hin und her führte zum Abbruch. Hätte sie ein wenig Ahnung im Schlösserknacken gehabt, wäre es ein Kinderspiel gewesen, doch bis jetzt hatte sie immer andere arbeiten lassen. Sie verfluchte den Tag, an der sie dem Zauberer begegnet war. Nicht nur, dass er sie tagsüber menschlich hatte werden lassen, nein, er war noch so nett gewesen, ihr auch noch das Nachtleben zu versauen. Eli war zwar nachts unsterblich, konnte ihre Nägel und ihre zwei Beißzähne wachsen lassen und hatte eine ausgesprochen gute Nachtsicht, sowie gutes Gehör. Doch das war es schon. Ihre übermenschliche Kraft, ihre Möglichkeit zur Verwandlung, ihre Manipulationsgabe von anderen Lebewesen gingen genauso den Bach hinunter, wie ihr Vampirsein am Tage. Sie erzählte es zwar nicht gerne, eigentlich wusste es auch noch niemand, denn sie hoffte, es nicht offen zur Schau stellen zu müssen. Immerhin ernteten Vampire auch ohne etwas zu tun Respekt von anderen Rassen. Doch es ging ihr ziemlich auf die Nerven, dass nichts klappte. Mit übermenschlichen Fähigkeiten wäre das Schloss jetzt schon zu Staub zerfallen. Na so musste sie wohl kurze Zeit in die Lehre ihrer Freunde gehen. Marco der Schuft war ein sehr guter, hin und wieder lizenzierter, Einbrecher. Ein paar Wochen mit ihm würden ihre Kenntnisse in dieser Hinsicht sicher etwas steigern. Nick der Schlächter, wie sein Name schon besagt, ein gnadenvoller Meuchelmörder, würde ihr mehr über Waffen beibringen können als dieses ganze Übungsgetue mit Holzschwertern bringen konnte. Jasmin die Jähzornige war eine Koryphäe in Waffenlosen Kampf. So was konnte auch nie schaden. Doch dann stutzte Eli kurz. Dieses Training, welches sie gerade vorschwärmte würde lange dauern und sehr anstrengend sein. Neben der Wache dann noch harte Arbeit bei Freunden? Ihre ganze Zeit für so was hergeben? Na dann doch lieber Übungsschwert und Behelfsmethoden beim Schlösserknacken. Und diese Behelfsmethode war sie gerade dabei zu verwenden.
"Stefan? Schlag die Tür ein.", der Troll hob seine Hand und kurze Zeit später schwang die Labortür wackelnd nach innen. Das Schloss war somit beseitig, wie auch ein größerer Teil der Tür selbst. Sollte das mal jemand bemerken konnte sie ihren Vater noch immer bitten, diese zu ersetzen. Es dauerte nicht lang, bis sie dann die Schatulle gefunden hatte. Sie nahm Busty Stefan ab und setzte ihn neben sich. Die Helmkuppe noch immer tragend sah er nervös von ihr zu dem Ding und zurück. Stefan stand etwas abseits und bewachte den Eingang.
Nochmals strich sie sachte über die Schrift am Deckel des Gehäuses. Es knisterte leicht, als wenn Magie fließen würde. Sie ließ ihre Finger zu dem Schloss wandern und zog kurz daran. Es klickte. Langsam öffnete sie den Deckel und sah auf einen goldenen Armreif, welches mit einer komischen Inschrift verziert war. In der Mitte des oberen Teiles prangte ein kleiner Robin. Sie nahm den Reif hoch und der Stein fing an, leicht zu schimmern. Wie beim vorigen Male fing Busty nun wieder an zu bellen, und diesmal knurrte er auch. Doch nicht Eli war sein Ziel, sondern etwas imaginäres vor ihm. Man konnte meinen, er bellte die Luft an. Fest entschlossen der Sache auf den Grund zu gehen, streifte sie sich den Reif über und die Schrift fing an, sich neu zu schreiben. Benommen hob sie den Blick. Der Raum schien sich zu drehen und das Bellen ihres Hundes schien von immer weiter weg zu kommen. Kurz spürte sie noch ein kurzes Zwicken an ihrem Fuß, dann blitzte es und ihr Umfeld hatte sich schlagartig verändert.
"Willkommen in Sean-Pierres Abenteuervermittlungsstelle. Hier werden Träume aller Art wahr. Ob als Pirat auf hoher See, als Archäologe im schönen und alten Djelibeby oder als unerschrockener Entdecker im mysteriösen Wiewunderland. Ein Wort genügt.", Eli schloss und öffnete mehrmals ihre Augen, doch dieser hartnäckige Mann mit Turban auf einem fliegenden Teppich wollte einfach nicht verschwinden. Alles war weiß hier, außer dem Platz, wo sich Sean-Pierre befand. Seine Füße hatte er verschränkt und saß gelassen auf dem leicht auf und ab wirbelnden Ding. Seine Hose hatte ein glitzerndes, helles Blau, seine Schuhe liefen vorne spitz zu einander und hatten eine orange Farbe und auf seinem zugeknöpften Hemd spiegelten sich die Farben des Regenbogens. Nur der Turban bestach mit seinem schlichten Weiß. Sein Schnauzer hatte spitze Enden und schien zusammengedreht worden zu sein. Der Teppich war in einem rötlichen Ton, hatte aber buntes Muster. Die Flasche neben ihm, welche mit Rauch gefüllt war und von welcher ein Röhrchen zu dem Mann führte, hatte ein rostiges Kupfer als Farbe und der blubbernde Inhalt ein dunkles Blau. Am Ende des Rohrs war ein Mundstück angebracht, welches Sean-Pierre öfters zu den Lippen führte und tief einatmete. Beim Ausatmen kam eine grüne Rauchwolke hervor.
"Eh, bist du der jenige, der mich töten wollte?"
"Töten? Nicht doch. Wir wollen hier doch niemanden töten. Und überhaupt war das Püpp. Du kannst ihn nicht sehen, aber er lässt sich entschuldigen, meint er. Er wollte nichts Böses."
"Nichts Böses? NICHTS BÖSES? Er hat mich einfach so ABGESPIEßT!"
"Nun ja. Immerhin lebst du noch, oder?"
"Hm, können Hunde ihn eigentlich sehn?"
"Tiere allgemein ja. Werwölfe gut möglich, sonst niemand."
"Warum hat er das eigentlich gemacht?"
"Werbung. Schlicht und einfach Werbung. Wir sind hier ziemlich allein und Püpp kann einem schon ziemlich auf die Nerven gehen. Wenn jemand die Schatulle berührt und dann einfach bei Seite legt oder sonst wie verstaut, liegt es nahe, dass er kein Interesse hat. Kein Interesse bedeutet, keine Arbeit. Keine Arbeit bedeutet wiederum, wieder ein stinklangweiliger Tag mit Püpp. Ja ja, ich weiß, ich bin auch nicht besser. Beschwer dich nicht und lass mich weiterreden. Also, wo war ich? Ja, genau. Püpp versucht dann, das Ganze etwas gefährlicher zu gestalten. Ein heikler Unfall, mysteriöse Zwischenfälle und bei Untoten ein kleiner Abstecher zu Mister Tod. 90 Prozent der Fälle kommen dann auf den Geschmack und öffnen die Schatulle."
"Und was ist mit den restlichen 10 Prozent passiert?"
"Nun ja, Interessensverlust in Form von massiver Flucht, Störenfriedbeseitigung, was für uns meist ein paar Jahre Meeresgrundurlaub oder ähnliches bedeutet, oder einfach nur, eh, unbeabsichtigte Ausfallsrate."
"Unbeabsichtigte Ausfallsrate?"
"Eh, tja. Püpp sucht sich seine Methoden selbst aus und beurteilt die möglichen Kunden per eigenem Ermessen. Er teilt sie in untot, ängstlich, stur und so weiter ein. Blöderweise stimmen seine Einstufungsklassen nicht immer. Hin und wieder schaut jemand wie ein Untoter aus, ist es aber nicht. Oder es umgibt ihn eine untote Aura, bleibt aber bei, eh, Aufspießung an der Mauer hängen. Wir hätten wegen dir die Quote auf 89% runterschrauben müssen, glücklicherweise hast du dich dann doch noch erholt."
"Oh, das… freut mich für euch."
"Also, kommen wir zum Geschäft. Du sagst uns, was du machen willst und wir garantieren 100 prozentigen Spielspass. Bei Weiterempfehlung erhältst du einen Gutschein für eine weitere kostenlose Nutzung. Für alle weiteren Nutzungen müssen wir ein kleines Entgelt verlangen, wie zum Beispiel Geld, Versprechungen, deine Seele. Bei Vollendung deines ersten Falles bekommst du ein kleines Andenken sowie einen Ring, der es dir ermöglicht, mit uns in Kontakt zu treten. Wie uns unsere Erfahrung zeigt, ist es nicht besonders ratsam am selben Platz zu bleiben. Der Ring ist an den jeweiligen Nutzer angepasst und kann nicht weitergegeben werden. Sollte es jedoch einen willigen Neukunden geben, wird bei Betätigung des Ringes der Werber lokalisiert und die Schatulle in seiner Nähe auftauchen. Bei Falschbetätigung müssen wir einen kleinen Unkostenbeitrag verlangen. Für Unfälle jeglicher Art während des Abenteuers oder verfrühtes Ableben oder bei Nicht- bzw. Falschfunktionieren des Wunsches übernehmen wir keine Haftung. Auch für persönliche Besitztümer oder irgendwelchen Schäden können wir nicht zur Rechenschaft gezogen werden. Der Preis wird auf keinen Fall rückerstattet und auch Beschwerden nehmen wir nicht zur Kenntnis. Das waren die Formalitäten. Können wir loslegen?"
"Eh, was?"
"Na dein Wunsch, dein Abenteuer. Du weißt schon, weswegen du hier bist."
"Kann ich mich mit meinen Freunden nochmals kurz beraten? Ich komme dann später wieder."
"Tut mir Leid. Das Umtauschrecht ist seit dem Betreten meiner Lokalitäten verfallen. Erst nach Beendigung des Abenteuers wird der Kunde, so weit es eben möglich ist, unbeschadet an seinen Ursprungsort zurück gebracht. Nun?"
"Eh, ich bin noch Kind. Ich darf hier eigentlich ohne die Zustimmung meiner Eltern gar nicht sein. Krieg ich zumindest eine erwachsene Begleitperson?"
"Die Abenteuer sind nur für eine Person bestimmt.", Eli machte einen Schmollmund, setzte einen Dackelblick auf, ließ eine einsame Träne die Wange runterrollen und schniefte herzerweichend.
"Schon gut, schon gut. Ich glaube, wir können ja mal eine Ausnahme machen. Immer der gleiche Trott ist ja eh langweilig. Püpp, hol mal die anderen zwei rein.", knapp neben Sean-Pierre zeichnete sich plötzlich eine Tür ab, die langsam aufschwang. Ein Klappern war zu hören, dann stürmte ein haariges, kleines Etwas mit einem blechernen Stück Helm verziert auf Eli zu. Kurze Zeit später stand ein Troll im Eingang, der irritiert in der Gegend herumgriff und irgendwie nicht zu verstehen konnte, warum hier plötzlich eine Tür war. Eli schnappte Busty und wollte mit ihm durch den Eingang rennen, doch blöderweise kam sie nicht vorwärts. Sie schien am Boden festzukleben.
"Ein frühzeitiges Verlassen ist gegen die Regeln.", irgendetwas packte Stefan und zerrte ihn in den Raum, dann verfloss die Tür wieder mit der Wand und die Fluchtmöglichkeit verschwand.
"Aber jetzt. Ich warte. Welcher Wunsch?"
"Hm.", Eli sah von Stefan zu Busty, von Busty zu Stefan.
"Na irgendein kälteres Klima, aber nicht zu kalt. Stefan soll denken können, aber Busty nicht frieren. Es soll nicht am Meer stattfinden, wo die Untergehchancen ziemlich hoch sind. Wilde Tiere machen Busty immer Angst. Zu große Höhe vertrag ich nicht. Es soll nicht zu weit von Ankh-Morpork entfernt sein, sonst krieg ich Heimweh. Es sollte dunkel sein, denn ich bin gerade in einer untoten Phase. Ja, genau und es sollte nicht unnötig gefährlich werden, Busty ist ziemlich verletzlich. Und wenn es schon ein Abenteuer sein soll, dann auch gleich eins, was einen wertvollen Schatz mit sich bringt.", Sean-Pierre zog noch mal kräftig an seiner Pfeife, hielt die Luft etwas länger an, sah Eli mit steinernem Blick an und entließ dann den Rauch aus seinen Lungen in einem O-förmigen Muster. Dann seufzte er kurz.
"Mädchen, du machst es mir wirklich nicht leicht.", daraufhin setzte Eli ein strahlendes Lächeln auf.
"Du könntest mich aber noch immer einfach gehen lassen."
"Nein, nein. Abmachung ist Abmachung. Und ich habe da auch schon eine Idee.", er schnippte mit den Fingern und wieder drehte sich alles vor Elis Augen und sie schwankte. Busty fing aufgeregt an zu bellen und Stefan blieb einfach nur regungslos stehen. Wieder blitzte es kurz, dann hatte sich die Umgebung abermals geändert.
Es war dunkel. In kurzer Entfernung hing eine Fackel, doch sie war schon lange Zeit erloschen. Am Boden lag ein Helm mit einer Kerze darauf, aber diese war schon seit geraumer Zeit abgebrannt. Die Wände waren in jeder Hinsicht nahe gelegen und als Eli sich umdrehte, sah sie Stefan am Boden liegen und sich den Kopf halten. Er musste bei dem Ortswechsel wohl voll gegen die Decke geprallt sein.
"Wo sind wir?"
"In einem Stollen.", als Eli die Worte ausgesprochen hatte, materialisierte sich plötzlich neben ihr Sean-Pierre, der durchsichtig schimmerte.
"Einem Stollen?"
"Ja. Dunkel, keine wilden Tiere, kein Wasser, keine unnötige Gefahr, nicht zu warm, nicht zu kalt. Und weit weg von Ankh-Morpork ist es auch nicht."
"Hm. Warum ist es so ruhig hier und was ist mit dem Schatz?"
"Nuuun. Die Mine wurde schon seit Jahren stillgelegt. Ein paar Stollen und Schächte sind eingestürzt und eine bedrohliche Seuche war ausgebrochen. Man munkelt, dass ein paar der Verstorbenen hier als Zombies herumirren. Nichts wirklich Gefährliches."
"Aha. Hätten es nicht Vampire sein können?"
"Eh, nein. Wegen dem Schatz. In der Höhle des Königs sollte sich ein Relikt vergangener Zeit befinden. Ein prachtvolles Exemplar und nur deswegen noch hier, weil erstens die Zugänge versperrt sind und zweitens das Gerücht umhergeht bei den Zwergen, dass der König selbst und seine treuen Anhänger das Ding bewachen und allen Ankömmlingen, die den Schatz stehlen wollen, die Köpfe abhacken. Nun ja, wie gesagt, ein Gerücht. Solltest du den Schatz in der Hand halten, werde ich dich zurückholen. Denn sonst, wie gesagt, ist hier alles dicht. Anders kommt man hier nicht raus. Ach ja, deinem Freund würde ich raten, dass er sich hier kriechend weiterbewegt oder so. Der Raum, wo der Schatz aufbewahrt wird ist etwas größer gebaut."
"Kannst du uns nicht gleich in den Raum bringen?"
"Ha! Wo bleibt denn da das Abenteuer? Lasst euch ruhig Zeit.", lachend verblasste der Schemen und es wurde wieder dunkel.
Zu erst glaubte Eli, das es immer und immer dunkler wurde, doch dann bemerkte sie, dass ihr Helm wieder anfing zu rutschen. Bei Sean-Pierre hatte sie sich frei gefühlt, ihre Uniform schien entweder nicht vorhanden oder federleicht zu sein, doch jetzt wurde sie von dieser wieder eingeengt. Sie warf den Kopf ins Genick und stoppte somit die fortschreitende Dunkelheit. Immerhin konnte sie in Vampirform im Stollen gut sehen, wenn nicht gerade dieser blöde Helm das zu verhindern versuchte. Sie setzte Busty am Boden ab und ging dann rüber zu Stefan, den Helm wieder in seine Position rückend.
"Stefan?"
"Kopf tut weh."
"Ja, das glaub ich dir. Schaffst du es, aufzustehen?"
"Sehr eng hier."
"Hm."
"Ich hier liegen bleiben."
"Das ist schlecht, ich brauche dich noch."
"Ich mich nicht kann bewegen."
"Kannst du nicht weiterrobben?"
"Ich liegen am Rücken. Ich mich nicht umdrehen kann. Zu eng hier."
"Na TOLL. Was wir vergessen haben, ist eine Waffe für mich. Nicht, dass ich damit umgehen könnte. Aber es wäre schon mal hilfreich gewesen. Was mach ich jetzt mit Axtschwingenden Zwergenzombies, die ihren Schatz beschützen wollen? Denen ist ein Vampir sicher egal. Hm.", Eli sah sich fragend um.
"He, Sean? Sean-Pierre? Nervensäge? Turbanträger? Bist du noch da? Wie wäre es, wenn du mir eine Waffe zukommen lassen würdest? Fairnesshalber? Haaallooo?", sie hatte die Hände trichterförmig vor den Mund gelegt und schrie die letzten Wörter förmlich. Ein Echo machte sich im Gang breit und von weiter vorn konnte man kratzende Geräusche hören. Schnell verstummte Eli wieder und setzte sich auf Stefan, ihren Kopf auf ihren Händen stützend.
Der Helm hatte sich nun wieder der Schwerkraft gebeugt und bedeckte ihre Augen und die Hälfte des Gesichtes. Wieder kratzte es, nun in etwas näherer Entfernung. Busty sah, bellte kurz und rannte dann in die entsprechende Richtung, gefolgt von einem "Hiergeblieben!"-Schrei, der aber nicht viel brachte. Seufzend stand Eli auf und ging ihm ein paar Schritte entgegen. Es krachte kurz, als der Hund mit seiner blechernen Rüstung gegen etwas hartes knallte, dann erschallte ein zaghaftes Knurren, beantwortet von einem lautem Quieken. Ein Winseln krönte das Treffen ab, bevor Busty mit eingezogenem Schwanz zurück gelaufen kam. Er hatte wohl eine streitlustige Ratte erwischt, die sich durch seine Präsenz nicht einschüchtern hatte lassen, dafür gelang es ihr wohl umso besser. Busty war nicht gerade der tapferste Hund, dafür aber umso treuer, wenn er nicht gerade dabei war, vor irgendetwas zu flüchten. Das war auch der Grund, warum Eli ihn meistens trug oder tragen ließ. Es war mühsam, ihn immer wieder einzufangen oder ihm nachzulaufen oder zu warten, bis er wieder zurückkam, wenn er wieder mal Angst bekam.
"Na, hat dir die Ratte ihre Zähne gezeigt? Selber Schuld, sein nicht so neugierig.", genervt hob sie ihren Hund wieder hoch und streichelte ihn beruhigend am Kopf.
"Na gut, ich werde mich etwas umsehen."
"Ich nicht werde weglaufen."
"Oh, es scheint kälter zu werden.", ohne noch einen Blick zurückzuwerfen ging sie den Gang weiter entlang, passierte die vermeintliche Ratte, die sich als schmächtige Maus herausstellte und schüttelte enttäuscht den Kopf.
"Busty, sei froh, dass es hier unten keine Fliegen gibt. Ich glaube, sogar vor denen hättest du Angst.", der Hund bemerkte ihren verächtlichen Blick und vergrub seinen Kopf zwischen ihrer Hand und ihrer Rüstung.
"Ja, schäm dich. Ich hoffe nur, du hilfst mir wenigstens, wenn ich zu Asche zerfallen am Boden liege und von Zombiefüßen platt getreten werde." Wieder streichelte sie seinen Kopf und ging gedankenverloren ihren Weg.
Steine polternden in naher Ferne von der Decke und lautes Pochen hallte wieder. Leise Stimmen durchdrangen das Durcheinander und hektische Schreie entfernten sich. Neugierig ging Eli näher. Vor kurzem hatte sie einen Nebengang betreten und dieser endete von Steinen blockiert in einer Sackgasse. Doch dahinter war reges Treiben zu hören. Sie drückte ihr Ohr sanft auf ein paar Steine, als diese ihren Halt verloren und zu Boden rollten. Schnell hüpfte sie etwas nach hinten, damit sie nichts abbekam. Ein kleiner Erdrutsch folgte und legte einen Millimeter großen Tunnel frei. Eli stellte sich auf die Spitzen und lugte hindurch.
"Das ist der falsche Gang, Professor.", ein kleines Mädchen mit bunten und Federn-ähnlichen Haaren stand neben einem grauhaarigen Mann und diskutierte.
"Nein, Polly. Ich bin mir ganz sicher, dieser hier führt uns zu dem Schatz. Nur mehr ein paar Steinhaufen und wir sind hindurch."
"Aber die Decke sieht schon sehr bedrohlich aus. Wenn wir noch mal sprengen, kommt die vielleicht auch noch herunter. Wir sollten die Steine anders beseitigen."
"Papperlapapp. Das würde Jahre dauern. So lang will ich nicht mehr warten. Wir sind fast an unserem Ziel."
"Professor Brunsenpenner?"
"BUNSEBRENNER VERDAMMT."
"Unser Spreng-den-Stein-in-die-Luft-Pulver ist knapp vorm Ende. Wir haben nur mehr zwei Ladungen.", ein paar Arbeiter standen bei ihren Gerätschaften und der nun Sprechende hielt ein Säckchen mit schwarzen Pulver in der Hand, welches er prüfend wiegte.
"Nun gut, dann nehmt das ganze Pulver für eine Zündung. Damit sollte der Haufen für ein und allemal Geschichte sein. Er sieht eh schon brüchig aus."
"Aber Professor."
"Nein, Polly. Keine Widerrede. Schreib das für unsere Mitleser auf: Wir, die Archäologen der Neuzeit, sind kurz davor den sagenumwobenen Schatz aus den verruchten Minen des Königs Absents zu bergen. Nur mehr wenige..", Eli ging etwas von den Steinen weg. Das Mädchen, das etwa ihre Größe hatte, hatte einen Block gezückt und schrieb des Mannes Worte mit. Doch, was sie mehr beunruhigte, war die Tatsache, dass die von Einsturz redeten. Am Anfang hatte sie gehofft, einen anderen Ausgang gefunden zu haben, doch jetzt glaubte sie eher daran, dass dies eine gefährliche Sache war, was die Leute hier trieben. Sie ging ein paar Schritte zurück und wartete. Kurze Zeit später hörte sie ein paar Schreie, die wie "Alles in Deckung!" klangen. Schnell ging sie noch ein paar Schritte zurück und dann machte es einen Knall, welcher die Wände zum Vibrieren brachte. Sie verlor den Halt und flog zu Boden. Staub rieselte von der Decke und ein Paar Steine gesellten sich hinzu. Der Steinhaufen bewegte etwas, rutschte in die Richtung, von wo die Stimmen herrührten, gab die Sicht auf ein paar Arbeiter frei und kurze Zeit später stürzte die Decke über ihnen zusammen. Eine Staubwolke sondergleichen versperrte Eli die Sicht und sie dankte es ihrem ehemaligen Freund, dass sie in dieser Form nicht atmen musste. Blöderweise sah Busty das anders und rannte kläffend davon. Bevor Eli ihm nacheilte, konnte sie noch die Bruchstücke der letzten Überlebenden auffangen.
"Ich habe es doch... *hust* Herr Professor.. das ist nun... *hust* das zweite Arbeitsteam...*hust* draufgeht."
"Ach, Polly."
Busty war wieder zu Stefan gelaufen und versuchte dort, seine Lungen freizuhusten.
"Das war wohl kein großer Erfolg.", Eli klopfte dem Hund, nachdem sie das Blech entfernt hatte, mehrmals auf den Rücken. Dann versuchte sie, ihr Gewand und ihre Haare etwas von dem Staub zu befreien. Das Blech von Busty ließ sie diesmal da, da es ihn eigentlich nur behinderte, als beschützte.
"Na, dann versuchen wir halt den zweiten Gang.", sie hob den etwas zappelten Hund hoch und ging wieder zurück zu der Abzweigung, doch diesmal nahm sie den Hauptweg, der nicht in eine Sackgasse führte, zumindest noch nicht.
Schlürfende Geräusche drangen an ihr Ohr. Ein paar Meter vor ihnen knickte der Weg nach links und Licht schien von dort herzukommen. Sie schlich leise zu der Ecke und lugte hervor. Vier Zwergenzombies schlichen in voller Rüstung im Kreis herum und schienen diesen Gang zu bewachen. Fackeln hingen vor und hinter ihnen und mysteriöse Schatten tanzten an den Wänden. Sie stellte sich wieder zurück und drückte sich an die Wand. Sie hatte keine Ahnung, was sie gegen vier untote Zwerge tun konnte.
"Nun gut. Es sind vier Zwerge in voller Montur mit Äxten. Sie sind untot. Sie sind stark und haben garantiert Kampferfahrung.", Eli fasste in Gedanken die Situation zusammen.
"Ich bin fast alleine. Nur begleitet von einem verängstigten Schoßhund. Ich bin zwar auch untot, doch nicht mal ansatzweise stark. An Kampferfahrung will ich ja gar nicht mal denken.", sie sah Busty fragend an.
"Zombies. Was haben Zombies für Nachteile? Sie zerfallen gern. Blöderweise muss man da wohl in ihre Nähe, um sie zum Zerfall zu bringen. Was bedeutet, man käme in Axtreichweite. Schlechte Idee. Weiter. Hm. Sie sind untot, sie mögen also auch kein Feuer. Feuer, Fackeln. Fackeln haben Feuer. Die hängen an der Wand. Aber um zu den Fackeln zu kommen, muss ich zu den Zombies. Bedeutet wiederum Axtkontakt. Noch immer schlechte Idee. Hm.", wiederum sah sie Busty an, doch diesmal mit einem schmunzelnden Lächeln.
"Doch wenn die Zombies abgelenkt wären, konnte ich mir eine Fackel krallen. Und was wäre besser für ein Ablenkungsmanöver geeignet, als ein verängstigter Hund, der in der Gegend rum bellt. Hm. Aber wie bringe ich Busty dazu, dass er bei den Zwergen vorbeiläuft? Er würde eher von ihnen weglaufen, als bei ihnen vorbei. Ich brauche etwas, dass für ihn bedrohlicher ist, als die Zwerge. Hm. Busty. Hund. Angst vor allem, was sich bewegt. Darf aber keinen ungewohnten Lärm machen. Hm. Busty - Maus. Maus - Busty. Die ist so abgemagert, die lässt sich so leicht nicht einschüchtern, weil sie den Tod eh schon im Nacken hat. Hm.", langsam, zärtlich und mit einem bösen Grinsen auf den Lippen strich sie das Fell des Hundes, ging dann in die Hocke, setzte den Hund ab und bedeute ihm, hier zu warten und still zu sein. Schnell rannte sie zurück zu Stefan und holte sich das Blech. Dann suchte sie die Maus von vorhin und entdeckte sie auch bald. Langsam streckte sie die Hand nach ihr aus, doch anstatt wegzulaufen, wie es normale Mäuse tun würden, blieb diese sitzen und quietschte sie böse an.
"Schon gut, Mäuschen. Ich tu dir nichts und beiße schon gar nicht. Keine Angst.", schnell packte sie das Tier am Genick, setzte sie in den halben, blechernen Helm und rannte zurück zu Busty. Während sie ein paar Meter vor ihm langsamer wurde und leiser. Knapp vor ihm legte sie das Blech auf den Boden drehte sich um und sah unschuldig an die Decke. Neugierig kam Busty näher, schnupperte etwas und hielt dann seine Schnauze in den Helm. Die Maus fuhr hoch, quietschte ihm entgegen und versuchte in seiner Richtung den Helm zu verlassen. Der Hund bekam einen Schock, jaulte auf und rannte mit eingezogenem Schwanz Richtung der Zwerge. Jetzt brauchte Eli nur mehr hoffen, dass er vor den Zwergen nicht umdrehte und zurückkam. Um das zu verhindern, schnappte sie die Maus noch einmal, ging zur Ecke und warf sie, ohne gesehen zu werden, in den Gang. Noch ein böses Quieken entkam ihr und dann suchte sie ein sicheres Versteck.
Vorsichtig lugte Eli nun um die Ecke und sah die Zwerge verwirrt dem Hund nachstampfen, der sie gerade passiert hatte. Glücklich rannte Eli zu der nächstliegenden Fackel, schnappte sie und musste mit ansehen, wie die tanzenden Schatten nun näher kamen. Erschrocken schlug sie mit dem Feuer gegen die Wand und der Schatten verzog sich wieder. Kopfschüttelnd schlich sie zu dem ersten Zwerg und hielt ihm von hinten die Fackel ins Genick. Schreie wurden laut und die anderen drei Zombies kamen dem nun ziemlich erleuchten Artgenossen zur Hilfe. In Panik warf Eli die Fackel gegen den ersten Herankommenden, welcher anfing, lichterloh zu brennen. Dann griff sie sich wieder eine Fackel und warf sie nach dem zweiten. Der letzte Zwerg war nun schon bedrohlich nahe und hatte auch schon seine Axt griff bereit. Eli war gerade dabei, sich eine dritte Fackel zu angeln, als sie über die noch etwas verärgerte Maus von vorhin stolperte und zu Boden flog. Der letzte noch verbliebene Zombie hingegen war jetzt ziemlich nah, hob die Axt, zielte auf die vor ihm Liegende und holte aus. Busty, welcher zurückgekommen war, hörte, dass sein Frauchen anfing zu schreien, bekam die Szene mit und setzte sich wieder in Bewegung. Doch nicht wieder zur Flucht, sondern zur Attacke. Er nahm Anlauf, zielte und sprang dem Zwerg ins Genick. Mit voller Kraft biss er ins tote Fleisch und brachte den Zwerg dazu, von seinem Angriff abzulassen. Der Zombie ließ die Axt fallen und versuchte den Hund, welcher sich nur mit seinen Zähnen festhalten konnte, abzuschütteln. Kurz entschlossen nahm Eli die Axt, welche ziemlich schwer war. Mit beiden Händen umgriff sie den Stiel und zielte an die Stelle, wo sie am wenigsten anrichten konnte. Auf die Beine. Immerhin war die Chance da gering, Busty, anstatt des Zombies zu treffen. Sie holte aus und mit Schwung schlug sie zu. Leider hatte der Zwerg sich schon weiterbewegt und so schlug Eli ins Leere. Der Schwung brachte die Rekrutin dazu, sich ein paar Mal im Kreise zu drehen und dann erschöpft zu Boden zu fallen. Kurz schüttelte sie sich, schob den Helm über ihre Augen nach hinten und griff dann abermals zur Axt. Der Zwerg hingegen hatte Busty bereits am Fell erwischt und versuchte ihn, von sich zu zerren. Noch mal holte Eli aus und schlug zu. Diesmal traf sie das rechte Bein des Zombies und dieser verlor dadurch das Gleichgewicht. Sein ganzes Bein riss ab, doch jetzt hatte er den Hund richtig in die Finger bekommen und holte ihn jaulend hervor. Mit geweiteten Augen musste Eli sehen, dass der Zombie versuchte, ihren kleinen Liebling zu erwürgen, sie warf die Axt weg und schmiss sich auf ihn. Mit geballten Fäusten schlug sie auf den Körper ein, bis dieser den Hund freigab und sich ihr zuwandte. Busty rannte gehetzt weg, während der Zombie Eli von sich schmiss. Er versuchte zu seiner Axt zu robben, doch Eli packte ihm am noch verbliebenen Bein und zerrte fest daran. Die Folge war, dass er auch seinen zweiten Fuß verlor. Mit den Händen schleppte er sich immer weiter vor und zu guter letzt schaffte er es zwar nicht, seine Axt zu erreichen, doch einer seiner Kollegen, der noch leicht zuckte. Mit Leichtigkeit griff er nach ihr und drehte sich um. Er steckte sich den Griff in den Mund, setzte sich auf seinen Unterkörper, und verwendete nun seine Hände zum Gehen. Eli versuchte wegzulaufen, doch nach kurzer Zeit versperrte eine Tür ihr den Weg. Sie war massiv und verschlossen. Blöderweise hatte sie noch immer nicht gelernt, wie man Schlösser knackte und auch eine Fackel war nicht in greifbarer Nähe. Die Decke hatte sich zwar schon etwas nach oben verlagert und auch die Gänge waren breiter geworden, doch es gab kein Versteck oder eine Abzweigung, wo Eli hätte hinflüchten können. Seufzend machte sie sich bereit, wenigstens etwas Widerstand zu leisten und hoffte innerlich, dass Busty zurückkommen würde, um sie wieder zu erwecken. Noch dazu hoffte sie, dass er das tat, bevor ihre Vampirphase abgelaufen war für diesen Tag. Der Zombie kam näher, setzte sich wieder auf seinen Unterleibsstummel, hielt mit einer Hand sein Gleichgewicht und nahm mit der anderen die Axt. Der Gang wäre zwar so breit gewesen, damit sie neben ihm vorbeilaufen hätte können, doch in seinem Zustand hätte er sich leicht axtschwingend schnell um die eigene Achse drehen können. Und so schnell war Eli im laufen nicht. Sie stellte sich in eine Ecke, hob die Hände vor die Augen und hoffte, dass das Sterben in Vampirgestalt nicht annähernd so schmerzvoll war, wie in Menschengestalt. Sie hörte, wie etwas durch die Luft sauste, dann ein lautes Bellen und dann ein Geräusch, als wenn sich etwas Schweres am Steinboden drehen würde. Noch immer wollte sie die Hände nicht vom Gesicht wegnehmen, da sich nicht sehen wollte, was der Zombie mit ihren Hund anstellte. Doch plötzlich drangen dumpfe, nachhallende Geräusche an ihr Ohr. Stein schien auf Stein zu scharren. Sie nahm die Hände vom Gesicht, schob den Helm noch an seinen Platz und sah zum Geschehen. Busty hatte es geschafft, Stefan dazu zu bringen, sich am Rücken liegend, weiterzurobben. Er scheuerte damit zwar sehr an den Wänden, kam aber für die Umstände relativ rasch voran. Seine Hände musste er überm Kopf tragen, da der Gang nicht zu breit war. Deswegen verwendete er sie, um sich an der Decke weiter zuschieben und mit den Füssen die Bewegung zu beschleunigen. Als er im breiteren Gang angekommen war, ging er in die Knie, duckte sich und holte mit seiner Faust aus. Das Ergebnis war ein ziemlich zermatschter Zombie und eine verbeulte Axt. Überglücklich schloss Eli ihren Hund, welcher nur ein paar Schrammen abbekommen hatte, in die Arme und drückte dann auch Stefan kurz. Noch nie war sie so froh gewesen, ihren Aufpasser zu sehen.
"Ich bin jetzt schon froh, wenn wir hier raus sind. Geht's noch Stefan?"
"Etwas niedrig, aber sonst ich kann mich bewegen."
"OK, sehr gut. Kannst du bitte gleich mal die Tür einschlagen?"
"Ja."
"Danke schön.", schnell ging sie hinter Stefan, damit er genügend Platz hatte und sah zu, wie das alte Holz unter dem enormen Druck zerbarst.
Die Halle war riesig, zumindest für Zwergenmaßstäbe. Überall standen längst erloschene Kerzen. Die Decke war hoch genug, damit Stefan aufrecht stehen konnte. In diese Halle hätten mindestens 50 Trolle gepasste und sie hätten noch immer Platz gehabt, um sich zu bewegen. Vielleicht war das etwas zu übertrieben, aber Eli war selber nicht ganz so groß und war so etwas beeinträchtigt bei der Schätzung. In jede Richtung führte eine Tür in einen anderen Gang. Eli entschloss sich, schnell mal alle auszukundschaften, bevor die Gruppe gemeinsam weiter gehen sollte. Sie überreichte Busty Stefan und ging zu dem rechts gelegenen Gang. Er führte zu einer riesigen Küche. Alte Essensreste, verschimmeltes Geschirr, halbgebackenes Zwergenbrot und verschüttendes Bier zierten den Raum. Am anderen Ende hörte man Feuer knistern, ein Klirren und zwei Stimmen, die sich unterhielten.
"Robäär, bereite bitte alles vor.", ein vermeintlicher Koch und sein Gehilfe, natürlich beides Zombies, hatten es sich hier gemütlich gemacht und versuchten gerade, wie es den Anschein hatte, eine Ratte zu flambieren. Doch irgendwie machten sie alles verkehrt. Die Ratte war wohl an Langeweile, als an irgendwelchen anderen Symptomen gestorben. Eli wollte noch etwas näher gehen, um sich die Sache genauer anzusehen, streifte dabei aber ein paar alte Töpfe und machte somit auf sich aufmerksam.
"Oh, schau doch Robäär. Wir haben Besuch. Darf ich mich vorstellen, ich bin Fred Kombüs. Und das ist mein Gehilfe Robäär. Sag doch hallo zu unserem Gast, Robäär."
"H'hallo."
"Was treibt dich denn zu uns? Willst du eine leckere flambierte Ratte? Wir probieren gerade ein neues Rezept. Oder sollen wir dir ein anderes Rezept verraten? Es gibt da so ein Familienrezept für Zwergenbrot. Das ist echt toll. Man nimmt…"
"Nein, nein. Schon gut. Ich will euch nicht weiter stören. Ich bin nur rein, eh, zufällig hier."
"Ach, du störst nicht. Hier war schon seit mehreren Jahrzehnten keiner mehr. Hier, dass interessiert dich sicher.", er holte ein paar verdreckte Pfannen, ein seit Jahren abgestandenes Bier, verfaultes Fleisch und andere Sachen, die Eli nicht genauer deuten konnte. Während er alles zusammensuchte, sah sie sich die Zwei mal genauer an. Der eine Zwerg schien etwas konfus zu sein, er wollte mehrere Dinge gleichzeitig machen, schaffte aber nicht, irgendwas zu Ende zu bringen. Sein Gehilfe hingegen war ein ruhiger Typ, doch irgendwas an ihm machte Eli glauben, dass er eine sie war.
"Also, man nimmt einen Topf… Ach da fällt mir ein, Robäär, hast du den Kuchen schon aus dem Feuer genommen? Der Müll gehört auch schon mal rausgetragen.", irgendwie hatten die zwei es verpasst, dass sie tot waren und nicht mehr kochen mussten. Es war ein zwar witziges, aber auch irgendwie trauriges Bild. Leise ging sie rückwärts stetig ein paar Schritte zurück.
"Ja, dann nimmt man noch diese Blätter von... und der Wein ist ziemlich wichtig.. das Fleisch könnte ruhig etwas mehr durch sein..", ein paar Bruchstücke des Gespräches konnte sie noch auffangen, doch dann war sie endlich wieder in der Halle. Sie fragte sich, warum die beiden eigentlich nicht fragten, was ein Mensch hier zu suchen hatte, als ihr auffiel, dass sie eigentlich mit dieser Uniform, die sie trug, und ihrer Größe leicht mit einem etwas größeren Zwerg verwechselt werden konnte. Nur der Bart fehlte. Ja, ein Bart. So konnte sie sicher ein wenig umher streifen, ohne aufzufallen. Doch wo bekam sie jetzt einen her? Die Zombiewächter von vorhin waren allesamt etwas unbrauchbar für diese Nutzung. Entweder abgebrannt oder zermatscht. Die Köche waren sicher auch nicht sehr erfreut, wenn man ihnen den Bart stutzte. Tja, dann musste es wohl doch ohne gehen. Vielleicht fand sie ja auch unterwegs etwas Brauchbares. Sie ging zur zweiten Tür, die vis-a-vis vom Eingang lag, und folgte dem dunklen Gang. Von weiten konnte sie schon ein Streitgespräch hören. Zwei ziemlich alte Zwerge, welche sich sogar als Zombies mit Stöcken aufrecht halten mussten, keiften sich gegenseitig an.
"Geh, Kratky, sei net dauernd so faul und geh endlich des Zimmer fegen."
"Ach, Omah, hoit doch endlich des Maul. Ich konn die schon gor nimma hern. Wennst wüllst, dass gefegt wird, dann feg doch selber."
"Des ist a Frechheit. Ich auf meine alten Tage soll hier den Putz machen, während du dauernd faul im Sessel sitzt und nichts mochst. Na warte, dir werd i gem. Was is, wenn jemand auf Besuch kommt von unseren Enkeln aus der Stadt?"
"Geh, Omah, wer soll denn kommen. Die san doch schon alle tot. Sei net so hysterisch und moch dich nützlich."
"Ich mich nützlich? Na warte.", einer der beiden Zwerge nahm seinen Stock und schlug auf den anderen ein, welcher dann aus dem Sessel flog, in dem er saß.
"He, wos soll des. Wüst mich umbringen?"
"Du bist doch schon tot, also wos regst dich auf.", der eine streitsüchtige Zwerg schlug den anderen KO und ging dann in ein anderes Zimmer, immer irgendetwas vor sich her brummend. Schnell nutzte Eli die Gelegenheit und schlüpfte in das Zimmer. Sie nahm sich das Messer, das der Zwerg um die Hüften hängen hatte, machte eine Schnellrasur, welche einem noch lebenden Zwerg garantiert das Leben gekostet hätte und machte sich mit der Beute davon. Jetzt hatte sie Messer und Bart. Was konnte man mehr wollen. Mit dem Bart schlich sie schnell noch mal in die Küche, tränkte die Haare mit Wein und etwas anderem klebrigen und sorgte somit, dass er nicht auseinander fiel. Dann machte sie den Bart unter dem Helm fest, so, dass man nicht merkte, dass er nur angebunden war und hängte sich das Messer an den Gürtel.
"So, ihr wartet hier. Wenn ich schreie, kommt ihr angerannt. Da es nur mehr eine Tür gibt, muss der Schatz wohl dahinter sein. Ich versuche es mal mit der Tarntaktik, sollte es schief gehen, kommt ihr mir zu Hilfe. Alles klar?"
"Du aussehen wie Rasenschmuck."
"Das solltest du hier nicht laut sagen. Am besten du bist überhaupt sehr still, OK?"
"Ich warten auf dein Zeichen."
"Sehr gut. Bis gleich, hoff ich."
Der Raum war zwar etwas kleiner als die Halle, doch dafür umso imposanter. Eine Horde Zwergenzombies, in Reih und Glied auf einem Knie verharrend und auf einer Axt stützend, füllte fast den ganzen Raum. Sie hatten den Kopf gesenkt und bewegten sich kein bisschen. Dahinter, auf einer Anhöhe, befand sich ein kleiner Steintisch, auf dem etwas Goldenes lag, welches anstatt von einer massiven Staubschicht bedeckt, blank poliert aussah. Anscheinend kümmerte sich hier jemand um dieses gute Stück. Neben dem Tisch standen zwei Zwerge, je mit einer riesigen Streitaxt bestückt, in aufrechter Position und mit geschlossenen Augen. Weiter hinten, auf einem Steinsessel, saß ein alter, hagerer Zwerg, welcher der König dieser Mine zu sein schien. Er war der einzige, dessen Lider geöffnet waren. Er schien den Schatz nicht aus den Augen zu lassen.
"Na ein echtes Kinderspiel.", dachte Eli bei sich und seufzte ausgiebig. Eigentlich musste sie den Schatz ja nur berühren, doch wie sie dort hin kam war die Frage. Natürlich konnte sie hoffen, dass die am Boden knienden Zwerge allesamt eingerostet waren und sich nicht mehr bewegen konnten, doch so naiv war sie nicht mehr. Ein Ablenkungsmanöver hatte nicht viel Sinn und Stefan würde mit der Horde sicher auch nicht sehr gut zurecht kommen. Natürlich konnte sie wieder Brandstifter spielen, doch bis die ersten Reihen Feuer gefangen hätten, hätten die dahinter liegenden sie sicher schon dreimal geköpft, mindestens. Eigentlich konnte sie nur versuchen, sich am Rand vorbei zu schleichen und zu hoffen, dass ihre noch verbliebenen Vampireigenschaften ihr helfen würden, auch das Geklapper von der Rüstung zu verhüllen. Denn ohne diese wäre es kein so großes Problem. Das Schleichen beherrschte sie in dieser Phase noch, doch die Uniform war problematisch. Aber ohne hätte sie, wenn sie bemerkt werden würde, keine Ausredemöglichkeit mehr. In mitten von wütenden Zwergen keine schöne Idee. Noch einmal atmete sie tief durch, griff kurz nach ihrer Wächtermarke, um ihr Mut einzureden und machte den ersten Schritt. Gerade in diesem Moment rutschte der Helm wieder herunter und sie wäre beinahe gegen die Wand gelaufen. Glücklicherweise konnte sie noch vorher stoppen und brachte ihn schnell in die richtige Position. Noch dazu hing jetzt der Bart daran, welcher einen unnatürlichen Anschein machte, wenn der Helm verrückte. Hin und wieder musste sie aufpassen, dass sie nicht auf ihren Bart stieg, da er ziemlich lang war und sie behinderte. Die ersten zwei Reihen hatte sie ohne Aufsehenserregen geschafft. Sie machte eine kurze Pause, atmete nochmals tief ein, wisch sich den imaginären Schweiß von der Stirn und ging weiter. Fuß vor Fuß, immer bedacht, nicht zu fallen oder irgendeinen Lärm zu machen. Ihr Blick wechselte von den Zombies über ihren Weg zum Schatz. Sehr langsam ging ihr Marsch vorwärts, doch sie wollte nichts übereilen. Nicht jetzt, so kurz vorm Ziel. Sie setzte gerade wieder zum nächsten Schritt an, als etwas klirrte. Ihr Messer war aus dem Gürtel gefallen und flog scheppernd zu Boden. Sie war gerade in der Mitte angelangt, als plötzlich alle knienden Zombies die Augen öffneten, den Kopf hoben und aufstanden.
"Oh oh.", langsam griff sie nach dem Messer und hob es auf. Bis jetzt machte noch niemand Anstalten, sie niedermetzeln zu wollen. Ein paar Sekunden vergingen, als ca. fünfzig Augenpaare auf sie gerichtet wurden. Sie traute sich nicht zu bewegen, denn jede Bewegung hätte ihre letzte sein können. Sie schloss die Augen und blieb einfach regungslos stehen. Wieder ein paar Sekunden später drehten sich die Köpfe wieder geradeaus. Dann knieten sich die Zombies wieder nieder und senkten ihren Blick, bis sie die Augen wieder schlossen. Eigentlich brauchte sie in Vampirform nicht zu atmen, doch gierig, als wenn sie kurz vorm Ersticken wäre, zog sie die Luft in ihre Nasenlöcher und ließ sie dann auf einmal durch den Mund wieder hinaus. Also auf kommende Abenteuer konnte sie eigentlich ziemlich gut verzichten. Entweder lag es an der Verkleidung oder an ihrer ruhigen Position, aber die Zombies hielten sie noch nicht für eine Gefährdung. Zum Glück. Jetzt konnte sie sich wenigstens sicher sein, dass die Horde nicht eingerostet war und sie noch vorsichtiger sein musste. Diesmal ließ sie eine Hand immer beim Messer verweilen, damit es nicht wieder der Schwerkraft klein bei geben konnte. Den Bart hielt sie in der anderen Hand, immerhin wollte sie nicht drüberfliegen. Gewappnet für den letzten Teil des Weges ging sie nun leise Schritt für Schritt weiter. Der Raum verengte sich zum Schluss hin etwas und der Abstand zwischen der Mauer und den Zombies verringerte sich. Ein paar Meter trennten sie nur mehr von der Anhöhe, auf dem der Schatz ruhte. Nur mehr eine Reihe musste sie passieren. Und dann passierte das Malheur.
Elis Helm rutsche mal wieder über ihre Augen, als sie sich im Raum umsah, kurz verlor sie die Sicht und stolperte somit, bei dem geringen Platz, über die Axt eines Zwerges. Sie konnte sich zwar noch halten, bevor sie hingeflogen wäre, doch der Helm und die Axt fielen mit lautem Krachen zu Boden. Sie hatte den Bart zwar noch in der Hand, doch das andere Ende lag einige Zentimeter von ihr entfernt. Das Aufstehen der Horde dauerte diesmal nur halb solang und kurze Zeit später waren nicht nur 50 Augenpaare auf sie gerichtet, sondern nun auch genauso viele, erhobene Äxte.
"STEEEEEFAAAAAN!", der Boden wackelte fast, als der Troll angerannt kam. Mit lautem Gebrüll rannte er die ersten beiden Reihen einfach um. Von der nahenden Gefahr abgelenkt, kümmerte sich die Horde nun um den Troll, anstatt des schmächtigen Etwas in der Ecke. Anscheinend war es so etwas wie, nun ja, angeborener Instinkt, der nicht einmal nach dem Tode erlosch. Auch Busty war angerannt gekommen, er hielt sich aber auch im Hintergrund. Er wollt wohl von den unzähligen Füßen nicht zertrampelt werden. Schnell hüpfte Eli auf die Anhöhe. Nur mehr eine Armeslänge trennte sie von dem Schatz. Es zeigte eine komische Drei aus verschieden farbigem Gold. Es war auf einem runden und roten Kissen gebettet. Was an dem Ding so wertvoll war, wusste sie nicht, doch sie wollte hier raus. Sie hob ihre Hand und wollte danach greifen, als die beiden Zwerge neben ihr "erwachten". Mit bisher ungesehner Leichtigkeit schwang der Zombie die Axt, welche größer war als er selber, durch die Luft und Eli konnte sich nur durch einen Sprung in die Horde in Sicherheit bringen. Sie prallte gegen einen unten kämpfenden Zwerg und brachte ihn somit zu Fall. Schnell griff sie ihr Messer und stach mehrmals auf ihn ein, damit er nicht auf die Idee kam, seine Axt an ihr auszuprobieren. Die zwei auf der Anhöhe stehenden Zwerge brachten sich wieder in Form und schlossen die Augen. Anscheinend wurden sie nur aktiv, wenn man zu nahe an den Schatz herantrat. Kurz drehte sie sich um und sah Stefan, auf den mehrere Dutzend Äxte einschlugen, sowie sich ein paar Zombies an seinem Körper festgekrallt hatten. Zurzeit hielt er ihnen noch Stand, doch wer wusste, wie lang das noch so blieb. Schnell sah sie wieder zu dem Tisch. Es war unmöglich dort rauf zugehen, sich den Schatz zu schnappen und unversehrt wieder herunterzukommen. Auch wenn sie einen Satz über den Tisch machte und sich das Gold im Sprung holte, war sie dann beim König angelangt und saß damit in der Falle. Die zwei würden sie sicher nicht einfach so gehen lassen und wer wusste, ob der König sich dann nicht auch einmischen wollte. Nochmals sah sie sich hektisch um und erblickte Busty, der zusammengekauert in einer Ecke lag und dem Geschehen ängstlich zusah. Sie dachte kurz nach, dann blickte sie von ihm zum Schatz, vom Schatz zu ihm und dann zu Stefan.
"Busty, komm her! Komm her, mein braver Junge!", zu erst schien es so, als wollte er sein Frauchen ignorieren, doch dann fiel ein Helm samt Zombiekopf einige Zentimeter vor ihm zu Boden und plötzlich entschloss er sich, ihren Worten doch zu folgen.
"So ist es gut, bist ein braver Junge.", sie hob ihn hoch und streichelte ihm beruhigend über den Kopf.
"So, mein Kleiner. Siehst du das goldene Ding da oben? Ich werde dich jetzt dort hin schmeißen, du nimmst es sofort in den Maul und springst wieder zu mir. Hast du das kapiert?", sie nahm seinen Kopf und hielt ihn hoch, so dass sie ihm in die Augen sehen kann.
"Das ist jetzt wirklich wichtig. Solltest du nicht gleich runterkommen da, bist du erledigt. Nimmst du den Schatz nicht mit, sind wir erledigt, also sein ein guter Hund und hol das gebogene Stöckchen.", kurz wartete sie noch, dann nahm sie Busty seitwärts in die Hände und warf ihn mit einem Satz auf den Tisch. Beide Zombies wurden wieder aktiv, schwangen beide die Äxte und bevor der erste Hieb den Tisch zerschmetterte, schnappte sich Busty das Gold und sprang zu seinem Frauchen. Beide Zombies drehten sich nun automatisch in Elis Richtung und schwangen die Äxte, während sie näherstürmten. Mit geweiteten Augen entriss Eli Busty den Schatz und hielt ihn fest in der Hand. Der Dreier, der innen wohl hohl war, fing plötzlich an zu vibrieren und brachte eine komische, gesummte Musik hervor, die, in anderer Situation, für Eli ziemlich angenehm klang. Entsetzt starrte sie auf die Axt, die nur mehr ein Hauch von ihrem Gesicht entfernt war, als sich die Umgebung plötzlich zu drehen begann und vollkommen verschwand.
"Ah, ihr habt es geschafft. Das freut mich. Überlebende Kunden sind gute Kunden. Ich bin mir sicher, ihr werdet vielen Leuten von eurem Erlebnis erzählen. Vielleicht ist ja der eine oder andere dazu bereit, auch ein wenig auf Schatzsuche zu gehen.", Sean-Pierre saß an seiner Pfeife nuckelnd auf seinem Teppich und sah amüsiert zu den Pseudo-Abenteurern herüber. Alle Drei hatten den Kampf so gut wie möglich überstanden und waren sogar froh, diese blöde Fratze wieder zu sehen.
"So, die Abmachung ist jetzt erfüllt. Hier hast du deinen Ring, mit dem zu mich jederzeit wieder rufen kannst. Wäre nett, wenn du uns weiterempfehlen würdest."
"Was ist das für ein Ding?", Eli war müde und wollte nicht streiten oder sonst was. Eigentlich wollte sie nur mehr nach hause. Doch dann bemerkte sie, dass sie den Schatz noch immer in der Hand hielt und wollte mehr darüber erfahren.
"Das ist der musikalische Dreier. Eine Mischung von hochwertiger Magie und brillanter, zwergischer Handwerkskunst. Egal wo man ihn angreift, ertönt eine Musik. Wenn man nacheinander verschiedene Stellen berührt, kann man so sein eigenes Lied komponieren. Es ist das einzige von seiner Art und wird sicher nicht mehr so schnell erzeugt. Die Zwerge der Mine waren sehr stolz auf ihr Werk und auch sehr gierig. Sie wollten nicht, dass je irgendwann einmal ihr Kunstwerk in falsche Hände kam. Denn man kann auch gefährlich Musik damit spielen. Zum Beispiel Schlafmusik oder die Musik des Todes. So haben sie sich fast gegenseitig getötet, in dem Wahn, dass keiner an den Schatz ran darf. Irgendwann ist dann ihre Mine eingestürzt. So war es dort begraben. Bis heute. Nun kannst du entscheiden, was du damit machen willst. Ich bin mir sicher, es würde ziemlich viel Geld bringen, wenn man es verkauft."
"Hm.", sie sah es fast teilnahmslos an und steckte es dann weg.
"Können wir jetzt gehen?"
"Natürlich. Püpp, würdest du unsere Gäste nun hinauslassen? Es war schön, mit euch Geschäfte zu machen. Habt viel Spaß mit eurem Schatz und vergesst nicht, bei Sean-Pierres Abenteuervermittlungsstelle seid ihr jeder Zeit willkommen.", an der Wand zeichneten sich wieder Umrisse einer Tür ab und bald darauf schwang diese von selber auf.
"Bloß weg hier.", Eli rannte förmlich, mit Busty im Arm, zurück in das Labor von SUSI, von wo sie gestartet waren und Stefan tat es ihr gleich. Hier sah es so aus wie vorher. Die Tür zum Labor war noch immer ziemlich lädiert, auf dem Tisch stand noch immer diese Schatulle, doch als Eli näher trat, bemerkte sie, dass die Schrift verschwunden war. Sie öffnete es. Es war leer. Ihr Blick fiel nun auf ihr Handgelenk, doch auch hier war der Armreif nicht mehr, nur dieser Ring, den sie von Sean-Pierre bekommen hatte, zierte ihre Hand. Kurz entschlossen holte sie den Schatz hervor, nahm den Ring ab und legte beides in die Schatulle. Dann schloss sie den Deckel und drückte das Schloss zusammen. Nach einigem Suchen fand sie Papier und Stift, schrieb "Bitte mit Vorsicht zu behandeln. Bericht folgt. Gez. Rekrut Beissmich" auf den Zettel und legte ihn auf die Schatulle. Jetzt konnte sie den restlichen Tresendienst damit verbringen ihren Bericht zu schreiben.
"Tresendienst? Verdammt! Wenn die merken, dass ich schon wieder nicht da bin, krieg ich sicher wieder Ärger.", schnell lief sie aus dem Labor, eilte dann kurz wieder zurück, schloss die beiden Türen bestmöglich wieder und rannte dann mit Anhang Richtung Kröselstraße.
Es war noch immer Nacht und es schien, als wenn in dieser Welt die Zeit nicht vergangen war, als sie im Abenteuer gefangen war. Wenn doch, dann zumindest nicht viel. Sie hätte gewettet, dass es jetzt mindestens Dämmerung wäre. Gehetzt riss sie die Tür zum Wachhaus auf und wäre fast gegen Atera gerannt, die am Wachetresen gelehnt war und nun ein paar Schritte Richtung Tür machte.
"Oh."
"Es freut mich immer wieder, wenn ich sehe, wie pflichtbewusst unsere Rekruten sind."
"Eh, ich kann das erklären. Echt. Ich habe gerade meinen ersten Fall hinter mir."
"Ach, wirklich? Das ging ja schnell."
"Ja. Ich schreibe gleich jetzt meinen Bericht und gebe es dann meinem Ausbilder."
"Ach ja, weswegen ich ja mit dir reden wollte und ich dich nicht finden konnte, obwohl du Tresendienst hattest. Gonzo hat sich umentschieden. Du wurdest nun mir zugeteilt."
"Oh, wie schön. Letzter Zeit sind mir Zombies eh richtig ans Herz gewachsen."
"Hm?", Atera sah Eli mit hochgezogener Augenbraue an.
"Ach nichts."
"Nun gut. Zu aller erst stellen wir ein paar Regeln auf. Erstens, du richtest deinen Hund ab bzw. verhinderst, dass er jemals wieder meinen Sir Henry beißt."
"Oh ja. Tut mir leid. Er ist halt etwas verspielt hin und wieder. Vor allem bei Sachen, die sich nicht wehren."
"Ach ja. Na dann kannst du ja auf Punkt zwei zurückgreifen. Troll und Hund warten VOR dem Wachhaus, während du Dienst hast. Oder er soll dich abholen, wenn du fertig bist."
"OK."
"Drittens, wenn dir jemand sagt, du hast Tresendienst, dann MACHST du auch Tresendienst."
"Schon klar.", Eli sah verlegen auf ihre Füße.
"Gut. Die Punkte ab viertens klären wir dann morgen. Du wirst um sieben abgelöst. Bis dahin hast du genügend Zeit, deinen Bericht zu schreiben und ihn mir dann gleich zu bringen."
"Jawohl, SIR."
"Gut, dann mach dich mal an die Arbeit, ich werde jetzt gehen. Es kann aber sein, dass ich hin und wieder auftauche. Ich würde dir raten, dass ich dich hier auch anfinde.", Eli nickte und salutierte umständlich, während Atera sich aus dem Staub machte. Kurz blickte die Rekrutin aus dem Fenster und sah, wie die ersten, frühen Sonnenstrahlen sich ihren Weg aus der Dunkelheit bahnen wollten.
"Oh, es ist also doch schon etwas später. Na gut, nimm Busty und bring ihn bitte heim. Ich komme dann frühestmöglich nach. Heute werde ich sicher nicht mehr freiwillig wohin gehen."
"Gut, ich warten zuhause.", sie drückte den Troll kurz, wuschelte ihren Hund und machte sich dann an die Schreibarbeit.
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