Das DING aus einer anderen Welt

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von Spieß Harry (DOG)
Online seit 29. 03. 2002
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 Außerdem kommt vor: Mückensturm

Ein Schriftsteller hat ein Problem, aus dessen Lösung ein neues Problem wird: Diesmal eines, was die ganze Stadt bedroht.

Dafür vergebene Note: 14

*Vor etwa vier Monaten*

Es gibt eine neue Gilde", verkündete Mückensturm, frischgebackener Leiter der Abteilung DOG, bei der morgendlichen Einsatzbesprechung. "Gestern hat der Patrizier einem Antrag auf Gründung der Schriftstellergilde stattgegeben." Er legte das VOGUE[1] auf den Tisch, in dem er unter "S" schon einen neuen Zettel abgeheftet hatte, und las vor: "Gründer und Vorsitzender: Stefan König. Mitglieder: 8"
"Und? Werden sie Schwierigkeiten machen?" war Harrys erste Frage. Der Gnom teilte alle Gilden im Kopf in die problematischen und die unproblematischen ein. Die unproblematischste von allen war wohl die Einsiedlergilde, die sich laut Gildensatzung "einmal pro Äon" zur Mitgliederversammlung traf und nur aus Steuergründen gegründet worden war, während auf der anderen Seite des Spektrums die ganzen großen und mächtigen Gilden mit ihrem ständigen Intrigenspiel saßen.
"Ich fürchte schon. Herr König hat uns um ein Treffen gebeten. Er wird in zwei Stunden hier sein."
"Mo... hatschi! ...Moment mal, Stefan König? Der Gruselgeschichten-Schreiber?" fragte Hatscha Al Nasa nach.
"Du kennst ihn, Hatscha?"
"Na klar! Er schreibt blutrünstige Geschichten mit menschenfressenden Monstern und ähnlichem."
"Du meinst Märchen?"
"So ähnlich. Nur mit Sex."
Der Rest der Abteilung, der bisher gedöst hatte, horchte auf. "So, so", meinte Vinni. "Ich denke, man sollte sich mal näher mit diesen Geschichten befassen - auf diese Art erfährt man sicher einiges über den Charakter von diesem Herrn König."
"Gute Idee - ich helfe dir bei der Analyse", stimmte Harry zu.
"Euren Arbeitseifer in allen Ehren", unterbrach Mückensturm grinsend, "aber das könnt ihr in eurer Freizeit machen. Heute hören wir uns erst einmal an, was Herr König zu sagen hat."

Stefan König erwies sich als nervöser Mann mit den dicksten Brillengläsern, die die DOG-Wächter je gesehehn hatten. Als er die Boucherie betrat, sah er sich fasziniert um.
"Ein Wachhaus in einem Bordell? Genial! Diese Verbindung aus Sex und Verbrechen..." Seine Brillengläser beschlugen leicht, wärend er mit seiner dünnen Stimme leise unverständliche Dinge murmelte.
"Herr König?" Mückensturm, der vor dem Schriftsteller stand, und eigentlich gedacht hatte, dass ihn jetzt, wo er Abteilungsleiter war, niemand mehr ignorieren würde, räusperte sich. "Ich bin Fähnrich Mückensturm, Leiter dieser Abteilung. Setzen Sie sich doch und erzählen Sie, was genau Ihr Anliegen ist."

"Wie Sie sicher wissen", begann König, nachdem er es sich im Besprechungsraum bequem gemacht hatte, "schreibe ich Horrorgeschichten. Lange habe ich damit nur die reichen Herrschaften von Ankh unterhalten, aber wie Ihnen bekannt sein dürfte, wurde vor zwei Jahren der Buchdruck wieder gestattet. Die Folge war, dass die Buchpreise rapide gesunken sind und sich seitdem jeder Einwohner der Stadt für weniger als einen Dollar meine Werke leisten kann. Dagegen habe ich natürlich nichts - im Gegenteil, ich verdiene mehr als zuvor. Aber seitdem werde ich beschimpft und bedroht."
"Bedroht? Wer bedroht Sie denn?"
"Vor allem die Untoten-Selbsthilfegruppe von Reg Schuh. Ist Ihnen der Name ein Begriff?"
Die DOGs nickten. Sie alle kannten Reg - spätestens, seit sein Antrag auf Gründung einer Untotengilde mit der Begründung, dass "Untoter" kein Beruf ist, abgelehnt wurde.
"Es begann, nachdem eines meiner ersten Bücher, 'Manchmal wollen sie einfach nicht gehen', von dem es bis dahin nur handgeschriebene und entsprechend seltene Kopien gab, gedruckt wurde. Das Buch handelt von einem Lehrer, dessen Schüler, die bei einem Unfall gestorben waren, plötzlich als blutrünstige Zombies zurückkehren und ihn töten wollen."
"Oh." war alles, was Mückensturm einfiel.
"Ein paar Wochen später kamen die ersten Beschwerden über 'Brennen muss Jeru', worin blutrünstige Vampire ein ganzes Dorf abschlachten, bevor sie besiegt werden."
"Ich glaube, ich verstehe das Problem."
"Sehen Sie? Früher konnten solche Leute sich meine Bücher nicht leisten, aber jetzt können sie es und fühlen sich angegriffen. Bisher hat die Wache sich für 'nicht zuständig' erklärt, deswegen habe ich die Schriftstellergilde gegründet."
"Haben Sie es mal mit etwas anderem als mit Untoten versucht?"
"Klar. Seit ich 'Trippel-Trappel' veröffentlicht habe, mit dem blutrünstigen Troll, der unter seiner Brücke hervorkommt und Leute zermalmt, habe ich auch die 'Liga gegen Diffamierung des Silizium-Lebens' am Hals."
"Warum nehmen Sie nicht etwas, was sich nicht beschweren kann?" schlug Ikari vor, der Reg Schuhs Entrüstung über die 'blutrünstigen Zombies' gut verstehen konnte. "Hunde, zum Beispiel."
"Sie werden lachen", meinte König, "genau das habe ich getan. In 'Bello', einem Buch über einen Hund, der sich in eine tollwütige Bestie verwandelt."
"Tollwütig und blutrünstig, nehme ich an?" warf Harry ein.
"Natürlich auch blutrünstig, ja. Und das war der Moment, wo ich aufgegeben habe."
"Aufgegeben? Wieso das?"
"Nur eine Woche, nachdem das Buch gedruckt worden war, fand ich dies vor meiner Haustür." Er holte einen schmutzigen Zettel aus seiner Tasche und reichte ihn Mückensturm.
"Höhr auf HuNde zu DIfAmiRen SoNst wIrsT DU GeBisEn", las der Fähnrich die krakeligen Buchstaben vor. "Di HuNdeGILdE"
"Daneben saß eine schmutzige Promenadenmischung", erzählte König. "Und dann dachte ich: 'Der arme kleine Hund, der hat mit dem Brief sicher nichts zu tun, er hat ihn nur für die Gilde geschrieben, obwohl er selbst gar nicht in der Gilde ist. Also kann ich ihm ruhig einen Keks geben.' Erst nachdem der Köter mit dem Keks verschunden war, habe ich gemerkt, dass das gar nicht meine eigenen Gedanken waren."
Mückensturm nickte. Alle DOGs kannten die Gerüchte von der Hundegilde und dem Wunderhund, der je nachdem, wem man glaubte, entweder sprechen konnte oder telepathisch begabt war.
"Dann dachte ich mir: Wenn in dieser Stadt sogar die Hunde eine Lobby haben, worüber soll ich dann noch schreiben?" fuhr König mit Verzweiflung in der Stimme fort. "Mein nächstes Buch handelt von einem eifersüchtigen, blutrünstigen Eselskarren, bei allen Göttern! Sehen Sie, wie tief ich gesunken bin? Es gibt einfach in dieser Stadt keine Monster mehr, die sich nicht sofort angegriffen fühlen, wenn man über sie schreibt. Werwölfe? Schwarze Männer? Ha!"
"Schön und gut, aber was hat das alles mit uns zu tun?" fragte der Fähnrich nach.
"Sie sind doch für Gildenangelegenheiten zuständig. Ich habe eine Gilde gegründet, und das heißt, Sie müssen mir helfen, oder nicht?"
Mückensturm lehnte sich zurück. In diesem Moment zahlte es sich aus, dass er erst vor ein paar Wochen die Gildengesetze für das Einstellungsgespräch auswendig gelernt hatte. "Ich fürchte, Sie haben sich mit der Gildengründung ins eigene Fleisch geschnitten. Laut Paragraf 5 Absatz 2 des Gildengesetzes sind für, ich zitiere, 'Konflikte zwischen verschiedenen Gilden oder einer Gilde und einer gildenähnlichen Vereinigung', Zitatende, und um einen solchen dürfte es sich hier handeln, die jeweiligen Vorsitzenden verantwortlich - also Sie. Die DOG kümmert sich zwar um Gilden, aber wir dürfen trotzdem nicht in gildeninterne Angelegenheiten eingreifen."
König sackte zusammen. "Aber was soll ich denn machen? Ich habe schon zwei Bücher über blutrünstige Ratten geschrieben, aber Ratten sind als Monster einfach nicht interessant!"
"Reden Sie doch noch einmal mit Reg. Vielleicht kann man ja einen Kompromiss schließen."
"Das habe ich schon versucht - aber außer mich als Vitalisten zu beschimpfen, fällt ihm nichts ein."
Das war der Moment, in dem Mückensturm, der nur darauf bedacht war, seinen Besucher loszuwerden, den entscheidenden Fehler machte.
"Steini?" wandte er sich an den Wache-Geist. "Du hast doch einiges an Material aus der UU in deinem Keller, oder nicht? War da nicht auch so ein Kreaturenbuch dabei? Das könnte sich Herr König doch sicherlich einmal ausleihen."
"Klar." Der Geist dematerialisierte sich und tauchte etwas später mit einem dicken Wälzer wieder auf.
"Na bitte, Herr König. Die Monster, die hierin stehen, sind alle entweder Mythen oder ausgestorben oder der Allgemeinheit überhaupt nicht bekannt. Vielleicht finden Sie da etwas, was sie inspiriert."
Der Autor blickte mit neu erwachter Hoffnung auf. "Versuchen kann ich es ja mal. Danke für die Hilfe."

"Gut", seufzte Mückensturm, nachdem König gegangen war. "Ich hoffe, vor dieser Gilde haben wir jetzt erst einmal Ruhe."
Doch da täuschte er sich.


** Etwa vier Monate später **


Die friedliche Ruhe des mittäglichen Nichtstuns wurde von einer aufgeregten Hatscha unterbrochen, die mit einem Buch im Arm in Mückensturms Büro stürmte.
"Mücke! Schau dir - hatschi! - das mal an!"
Der Fähnrich nahm das Buch entgegen. Es hatte einen blutroten Einband und zeigte auf der Vorderseite in riesigen Buchstaben den Titel "Das DING aus einer anderen Welt". Darüber stand, fast ebenso groß, der Name des Autors: Stefan König.
Um die Buchstaben des Titels herum war ein langes Tentakel gezeichnet, das so aussah, als wolle es die Schrift zerdrücken.
"Ach, unser Freund König. Hat er seine Schreibblockade überwunden, ja?"
"Lies den Buchrücken!"
Mückensturm drehte das Buch um und las.

Das Städtchen Sherry wird von einer unheimlichen Mordserie heimgesucht - immer wieder werden Kinder grausam verstümmelt. Nur eine Gruppe von fünf Freunden kennt die Wahrheit: Ein blutrünstiges Ding aus den Kerkerdimensionen hat den Weg in unsere Welt gefunden. Das Schicksal der ganzen Stadt liegt in den Händen dieser fünf Kinder.
Das DING aus einer anderen Welt ist der neueste Schocker von Stefan König, dem "König des Schreckens", der...

Mückensturm ließ das Buch fallen. Seine Wächterinstinkte erwachten und übernahmen die Kontrolle über den erstarrten Körper.
Er lief zur Tür und brüllte in den Flur: "Vinni, schaff mir Stefan König her! Steini, hol sofort Ridcully! Pigeon, frag bei RUM nach, ob es in den letzten Tagen außergewöhnliche Kindermorde gab! Ikari, sag allen Druckereien Bescheid, sie sollen den Druck von 'Das DING aus einer anderen Welt' stoppen! Hatscha, Dyn, konfisziert das Buch von allen Händlern! Harry, lies es dir durch und schreibe dir raus, was wichtig werden könnte!"
Stille folgte. Eine halbe Minute später steckte Harry vorsichtig den Kopf aus seinem Büro: "'tschuldigung, kannst du das noch einmal wiederholen?"

***

Man sagt, unabhängig von allen spitzfindigen Erweiterungen dieser Redewendung, die Feder sei mächtiger als das Schwert.
Und das stimmt tatsächlich: Während das Schwert nur feste Materie durchtrennen (oder um Gnade flehen lassen) kann, ist die Feder dazu imstande, ein Loch in die Realität zu schneiden.
Die Dinge auf der anderen Seite der Realität warten auf solche Gelegenheiten. Warten ist das einzige, was sie zun können: Sie existieren in ihrer Welt (die die Gelehrten die "Kerkerdimensionen" genannt haben, weil sie dachten, das klingt so schön düster und unheilverkündend[2]), und warten auf ein Fenster in unsere Realität, nach der sie sich sehnen wie ein Junkie nach dem nächsten Schuss.
Und jeder Wächter weiß, wie wenig es bedarf, um so ein Fenster zu öffnen. Im Prinzip braucht man nur ein paar Kilothaum Magie oder die entsprechende Menge Phantasie, die ja auch nur eine Form der Magie ist[3]. Noch niemand hat erforscht, wo die genaue Grenze liegt, aber ein paar Hundert Leute, die alle eine fesselnde und realistische Geschichte über ein Ding lesen, das in unsere Welt vorgedrungen ist, sollten eigentlich ausreichen.

Tun sie auch.

***

Zur Krisensitzung der DOG waren Mustrum Ridcully, Erzkanzler der Unsichtbaren Universität, sowie Stefan König erschienen. Letzterer war vollkommen aufgelöst, nachdem man ihm von den aktuellen Ereignissen berichtet hatte:
In den letzten acht Tagen, seit das Buch auf dem Markt war, hatte es laut RUM fünf Kindermorde gegeben, die in ihrer Brutalität beinahe alles in den Schatten stellten, was die Ermittler bisher gesehen hatten, und bei denen kein Motiv feststellbar war.
"Es war doch nur eine Geschichte!" schluchzte König. "Diese Dinge schienen mir die perfekten Monster zu sein. Schreckliche, groteske Kreaturen, die definitiv keine Lobby haben, die sich beschweren könnte."
Ridcully schüttelte den Kopf. "Genau deswegen waren wir immer gegen Buchdruck", meinte er. "Zuviel Phantasie ist gefährlich. Erinnert ihr euch noch an Holy Wood? Kaum waren diese bewegten Bilder erfunden, haben die Dinge sie für sich ausgenutzt. Und ein Buch über sie, das von Tausenden von Leuten gelesen wird, das müssen sie doch einfach als Einladung empfinden."
"Die wichtigste Frage ist jetzt: Was können wir gegen das Ding unternehmen?" sagte Mückensturm.
"Magie hilft auf jeden Fall nicht. Die macht die Dinge nur stärker."
"Mich interessiert nicht, wie man sie nicht besiegen kann, sondern wie."
"Nun ja, damals in Holy Wood war das Ding in seiner Form an die Magie der bewegten Bilder gebunden und wurde schließlich auch durch die bewegten Bilder besiegt. Die Art und Weise, wie sie in unsere Welt vordringen, bestimmt ihre Form."
"Das heißt?"
"Das heißt, es ist an die Regeln des Buches gebunden und lässt sich auch nur mit diesen Regeln bekämpfen."

***

"Das Monster haust in der Kanalisation", begann Harry, der das Buch in Rekordzeit durchgelesen und sich Notizen gemacht hatte. "Es erscheint Kindern als Narr und lockt sie mit Luftballons."
"Eine lehrreiche Geschichte also, ja?" meinte Mückensturm. "'Kinder, geht nicht mit fremden Leuten mit, sonst werdet ihr gefressen'? Wie der große böse Wolf?"
"Ja", bestätigte Harry. "Wie im Märchen, nur mit mehr Sex."
"Das hatten wir schon", wiegelte Mückensturm ab. "Was mich interessiert, ist: Wie besiegen die Kinder im Buch das Biest?"
"Das habe ich auch nicht ganz verstanden", gestand Harry und sah Herrn König fragend an. "Anscheinend ruft ihm einer der Jungen Vogelnamen entgegen und..."
"Wie bitte?" fragte Mückensturm irritiert, der sicher war, dass er sich verhört hatte.
"Vogelnamen. Ein anderer hat ein Mittel gegen Asthma, das er dem Monster ins Gesicht sprüht. Wie gesagt, ich bin daraus nicht schlau geworden."
"Aber das ist doch gerade die geniale Metapher in meinem Buch!" erklärte Stefan König. "Nicht die Dinge, die die Kinder verwenden, sind es, die den Ausschlag geben, sondern die Tatsache, dass diese Kinder daran glauben, dass es hilft."
"Sekunde mal", meinte Harry, dem gerade eine geniale Eingebung kam. "In der Geschichte hilft alles gegen das Monster, wenn man daran glaubt, dass es hilft?"
"Genau."
"Und das Ding ist an die Regeln der Geschichte gebunden, was bedeutet, dass wir wissen, dass alles gegen es hilft, wenn man daran glaubt?"
"Ich denke schon", bestätigte Ridcully.
"Dann haben wir doch kein Problem!" strahlte der Gnom. "Dann glauben wir doch auf jeden Fall, dass alles wirkt, weil wir wissen, dass alles wirkt, woran man glaubt, so dass alles, was wir einsetzen, wirken wird - weil wir daran glauben!"
Mehrere verständnislose Augenpaare blickten ihn an.
"Was ich sagen will, ist: Theoretisch reicht es völlig aus, beispielsweise einen Kieselstein nach ihm zu werfen. Schließlich glauben wir, dass es wirkt, weil wir wissen, dass es wirkt, wenn wir es glauben."
In keinem der Augenpaare zeigte sich Verständnis.
"Auf jeden Fall", brach Mückensturm schließlich das Schweigen, "müssen wir in die Kanalisation - und dabei sollten wir uns so weit wie möglich an die Geschichte halten. Das heißt, wir gehen zu fünft.
Harry, du hast das Buch gelesen und warst schon mal da unten - du kommst mit. Herr König, Sie natürlich auch. Sie kennen Ihre Geschichte wohl am besten."
Der Schriftsteller erblasste und nickte stumm.
"Damit sind wir zu dritt. Sonst noch Freiwillige?"
Niemand meldete sich.
"Im Buch sind alle fünf Leute Menschen", wandte Harry ein. "Vielleicht sollte besser jemand anders als ich..."
"Nichts da, Harry, dich brauchen wir. Immerhin hast du anscheinend diesen Glauben-und-Wissen - Kram durchschaut."
Der Gnom hatte nichts anderes erwartet.
"Aber die anderen beiden sollten wohl besser Menschen sein", fuhr Mückensturm nachdenklich fort.
"Eines der Kinder in der Geschichte war ein Mädchen", wandte Harry hilfsbereit ein.
"Okay - Hatscha, du bist Nummer vier." Die Angesprochene sah den Gnom wütend an. "Vinni, du bist der fünfte."
Er dachte kurz nach. "Harry, du erstellst eine Liste von allen Dingen, die im Buch gegen das Monster geholfen haben und ihr besorgt euch so viel davon wie möglich. Um 18 Uhr geht es los.
Erzkanzler", er breitete einen Plan der Stadt auf dem Tisch aus, "du weißt am besten über diese Dinge Bescheid. Wo in der Kanalisation könnte es sich aufhalten?"
Ridcully studierte die Karte, während die Wächter sich ihren jeweiligen Aufgaben widmeten. "Die Dinge brauchen Magie, um sich in unserer Welt zu halten. Damals, bei der Klicker-Sache, ist es gleich zur Universität gelaufen. Wenn man bedenkt, dass es in unserem Fall unter der Erde wohnt, dann nehme ich an, es versteckt sich dort." Der Zauberer deutete auf einen Punkt auf der karte, der mit dem schwarz-gelben Warnsymbol für "Starke magische Strahlung" gekennzeichnet war.
"Die Mobilien", nickte Mückensturm. Die Mobilien waren ein großer Bereich hinter der Universität, der jahrzehntelang zur Entsorgung von magischem Abfall genutzt worden war und deshalb inzwischen faktisch unbewohnbar war [4]
"Genau", bestätigte Ridcully. "Die Magie, die dort in den Boden sickert, würde es am Leben halten."
"Und der nächste Eingang in die Kanäle", der Zeigefinger des Fähnrichts wanderte auf der Karte entlang, "ist fast einen Kilometer entfernt. Kann uns diese Magie gefährlich werden?"
"Nicht, wenn ihr euch nicht zu lange dort unten aufhaltet. Ihr müsst vielleicht mit ein paar merkwürdigen Phänomenen rechnen, aber gefährlich für intelligente Wesen wird die Strahlung erst bei längerer Einwirkung."
"Was für merkwürdige Phänomene?"
"Oh, sprechende Fische, Froschregen, singende Käsekuchen... solche Dinge. Ich werde euch ein Thaumometer leihen, damit ihr wisst, wenn die Strahlung zu stark wird."

***

"Weißt du noch, wo wir sind, Harry?" fragte Mückensturm nach einer halben Stunde schweigenden Fußmarsches durch die Kanäle den Gnom auf seiner Schulter.
Der Fähnrich hatte sich seine Armbrust geladen und gesichert auf den Rücken geschnallt und einen dicken Wälzer mit dem Titel "Das große Vogelbuch für den kleinen Tierfreund" unter den Arm geklemmt, während Hatscha einen prall gefüllten Rucksack trug. Vinni und Harry verließen sich auf ihre Waffen, und Stefan König trabte ohne Ausrüstung kreidebleich und kaum ansprechbar hinter der Gruppe her.
Sie waren unweit der UU durch einen Gullydeckel eingestiegen, und Harry war wieder froh, dass er seine Nasenklammer hatte. In dieser Gegend der Stadt gab es zwar wenige Häuser, und die wasserfesten Stiefel der Wächter reichten aus, um sie trocken zu halten, aber trotzdem war der Geruch alles andere als angenehm.

"Wieso?" antwortete Harry auf die Frage. "Niemand hat etwas davon gesagt, dass ich für die Orientierung zuständig bin!"
"Aber du kennst dich doch hier unten aus?"
"Quatsch. Ich war ein einziges Mal in diesen Kanälen, und da hat Arthur mich geführt."
"Oh. Das heißt, wir haben uns verirrt?" Der Abteilungsleiter seufzte. "Na wunderbar."
"Die Szene kommt auch in dem Buch vor", meinte Harry. "Die Kinder sind auf der Suche nach dem Monster und verirren sich in der Kanalisation."
"Ehrlich? Und wie finden sie den Weg wieder?"
"Ich glaube, das sollte ich besser nicht sagen", druckste Harry verlegen.
"Wieso nicht?"
"Frag doch unseren großen 'König des Schreckens', wenn du es unbedingt wissen musst", meinte Harry und deutete auf den Schriftsteller, der ebenso verlegen aussah.
Mückensturm tat genau das. "Herr König? Wo ist das Problem? Wie finden die Kinder den Weg wieder?"
"Na ja, sie... sie..." König wurde rot und stammelte. "Sie haben alle Sex mit dem Mädchen."
Hatscha schrie empört auf und Mückensturm sah den Schriftsteller ungläubig und angewidert an. "Die Kinder? Was sind Sie nur für ein kranker Mann!"
"Den Lesern gefällt so etwas", murmelte König entschuldigend.
"Diese Möglichkeit scheidet aus", entschied Hatscha resolut, bevor irgend jemand etwas anderes hätte vorschlagen können.
Mückensturm starrte immer noch Herrn König an. "Und wie, bitteschön, hilft das den Kindern, den Weg wiederzufinden?" hakte er noch einmal nach.
"Nachdem sie, äh, fertig sind, gehen sie weiter und finden den Weg wieder. Ganz einfach."
"Also, das ist ja wohl das dämlichste, absurdeste und perverseste, was ich je..."
"Aber das ist doch auch nur eine Metapher! Der Sex steht für ihre Freundschaft und Verbundenheit, und dadurch, dass alle Kinder daran glauben..."
"Ihre Metaphern hängen mir langsam zum Hals heraus!" fuhr Mückensturm den Schriftsteller an. "Ohne Ihre abartigen Sex-und-Gewalt - Geschichten hätten wir dieses Problem gar nicht erst. Also seien Sie besser still, ja? - Keine Sorge, Hatscha, wir finden sicher einen anderen Weg. Wir müssen doch nur in die Richtung gehen, in der die Strahlung stärker wird, oder? Dieses Ding wird ja wohl da sitzen, wo es am meisten Magie bekommt. Vinni, was sagt das Thaumometer?"
"Äh... es sagt 'Quak', Mücke", antwortete Vinni zögernd.
"'Quak'?"
"Ja, es hat sich in eine Ente verwandelt."
"Hervorragend", meinte Mückensturm sarkastisch. "Da gibt Ridcully uns ein Thaumometer mit, und dann hält das nicht einmal die Magiewerte hier unten aus." Er sah den Gnom auf seiner Schulter an. "Harry, hat das Buch nicht noch irgendwelche Ratschläge für diese Situation, die nichts mit Sex zu tun haben?"
Harry dachte kurz nach. Mehr gab das Buch eigentlich nicht her, aber dass jetzt zu sagen, war wohl nicht ratsam: Sie waren jetzt Bestandteil der Geschichte, und die Geschichte funktionierte nach Stefan Königs Regeln. Und diese Regeln besagten, dass ihnen jedes Mittel weiterhelfen würde, wenn sie fest genug daran glaubten - und nicht, dass nur die Mittel helfen würden, die im Buch standen. Aber das hatten seine Kollegen wohl noch nicht ganz durchschaut.
"Natürlich!" log er und schlug sich übertrieben theatralisch mit der Handfläche gegen die Stirn. "Klar, da gab es noch eine andere Stelle. Die Kinder wandern durch die Kanalisation und sind sich unsicher, in welche Richtung sie weitergehen sollen. Am Ende lassen sie einfach den Zufall entscheiden, indem sie Lose ziehen - und der Weg erweist sich dann als der richtige."
"Na bitte!" strahlte Mückensturm. "Siehst du, Hatscha, es gibt immer einen einfacheren Weg." Er holte etwas zu schreiben aus seiner Hemdtasche. "Okay, sagen wir, dieser Tunnel liegt mittwärts, dann wäre der da drübern randwärts, dieser hier drehwärts..." er kritzelte ein paar Zeichen auf vier Papierschnipsel und faltete sie zusammen. "Vinni, ziehst du eine?"
Vinni zog einen der Schnipsel und entfaltete ihn. "Drehwärts - also hier entlang." Der Fähnrich sah sich um. "Worauf wartet ihr noch? Weiter geht's!"
Während sich der Trupp wieder auf den Weg machte, runzelte Harry die Stirn. So weit hatte sein Plan funktioniert - die anderen glaubten daran. Jetzt hoffte er nur noch, dass diese Menge an Glauben ausreichte - denn er selbst hatte dummerweise erhebliche Zweifel, was die Wirksamkeit seines Plans anging.

Zehn Minuten waren sie schon weitergegangen, und Mückensturm war immer noch erstaunlich zielsicher und optimistisch. Die Kanäle hier waren staubtrocken und offenbar schon seit Jahrzehnten unbenutzt. An einigen Stellen zeigten sich die Auswirkungen der magischen Strahlung jetzt deutlich: Zu Harrys Freude, der die Gelegenheit zu einem kurzen Imbiss genutzt hatte, waren sie an einer Stelle vorbeigekommen, an der die Tunnelwand komplett aus Wackelpudding bestand - woanders waren sie einer kleinen Erbse begegnet, die sich lautstark über ihr Dasein in diesem Tunnel beschwert hatte, aber jede Hilfe abgelehnt hat und ihnen auch nichts über das Ding sagen konnte.
Gerade bogen sie um eine weitere Kurve, als sie wie angewurzelt stehenblieben. Harry konnte sich einen Aufschrei nicht verkneifen: In einem geräumigen Kreuzungspunkt von vier Kanälen saß das Ding auf einem Nest aus Abfall und Knochen und glotzte direkt in ihre Richtung.
Die Kreatur sah aus wie eine Mischung aus den unverkäuflichen Resten, die in einem Fischernetz zurück bleiben, und einem Alptraum nach einem viel zu gehaltvollen Abendessen. Mit zwei kleinen Knopfaugen, die über einem schnabelähnlichen Auswuchs saßen, starrte es die Wächter an, während es scheinbar unschlüssig mit einigen seiner Tentakel wackelte. Dann öffnete es den Schnabel, entblößte mehrere Reihen messerscharfer Reißzähne und machte "Gluk?"
Das einzige Geräusch, was danach zu hören war, kam von Stefan König, als er bewusstlos zu Boden fiel. Die Wächter starrten das Ding bewegungslos an, bis Mückensturm die Stimme wiederfand und das Kommando brüllte: "Zum Angriff!"
Das Ding erwies sich als äußerst gehorsam und griff an.

Ein saugnapfbehaftetes Tentakel peitschte durch den Raum, und Mückensturm konnte sich nur noch retten, indem er sich bäuchlings auf den Boden warf.
Harry purzelte von der Schulter des Abteilungsleiters und landete unsanft auf dem Boden.
Währenddessen hatte Hatscha ihre 'Waffe' aus ihrer Tasche gekramt: Eine alte Weinflasche, die sie bis zum Rand mit Hustensaft gefüllt und mit einem Zerstäuber verschlossen hatte.
Damit wandte sie sich einem der Tentakel, die sich auf die Wächter zu schlängelten, zu und sprühte es ein. Vinni bekämpfte währenddessen auf weitaus konventionellere Art einen weiteren Fangarm, der sich um die Füße des bewusstlosen Herrn König gewunden hatte und den Schriftsteller langsam auf das Ding zu zog, indem er mit seinem Schwert darauf einhieb.
Mückensturm rollte sich unter dem erneut angrefenden Tentakel weg und griff nach dem Buch, das er bei seinem Sturz verloren hatte.
"Gluk!" informierte das Ding jeden, der es wissen wollte, und ein weiteres Tentakel traf Vinni und schlug ihn gegen die Wand, als er noch erfolglos versuchte, König zu befreien. Dieser erlange gerade das Bewusstsein wieder und sah, auf was er da zugezogen wurde: Ein Schlitz am Kopf des Dings hatte sich geöffnet und entpuppte sich als zweites, weitaus größeres Maul mit weitaus schärferen Zähnen.
"Mein Zerstäuber ist leer!" rief Hatscha. "Mücke, was..."
In letzter Sekunde wehrte sie ein vorwitziges Tentakel ab, welches versuchte, sie zu Fall zu bringen, und rettete sich mit einem Sprung zurück.
Mückensturm hatte das Buch auf der erstbesten Seite aufgeschlagen, während der Fangarm sich wieder näherte.
"Sinnloser Albatros!" las er vor. "Oktarinkehlchen! Scalbie! Elstaaaaaaaaah!"
Die Warnung, die Harry gerade rufen wollte, blieb dem Gnom im Halse stecken: Ein Tentakel hatte sich Mückensturm unbemerkt von hinten genähert, seine Hüfte umschlungen und ihn in die Luft gehoben. In einer ähnlich misslichen Lage befand sich der schrill kreischende Herr König, den nur noch ein Meter von einem geifernden Maul trennte.
"Äh... Specht! Habicht!" stammelte Mückensturm, während er versuchte, sich aus der Umklammerung des Monsters zu lösen. "Wie ging dieses Lied noch... Amsel! Drossel! Fink! Star! Verdammt, mir fallen keine beschissenen Vogelnamen mehr ein!"
Harry, den das Ding bisher - wohl wegen seiner Größe - ignoriert hatte, hatte feststellen müssen, dass er anscheinend selbst nicht genug an seine eigene Theorie glaubte. Er trommelte mit seinen Fäusten gegen die untersten Fleischwülste des Dings und brüllte und schrie, aber entgegen seiner These half das alles nichts.
Jetzt hörte er seinen Abteilungsleiter brüllen und hatte eine Idee.
"Es geht nicht um Vogelnamen!" rief er. "Der Junge hatte Vögel als Hobby, das war der Grund. Bei dir muss es etwas anderes sein!"
"Und das sagst du erst jetzt?"
"Das steht so ausdrücklich im Buch", log der Gnom. "Es ist mir nur eben erst wieder eingefallen."
Das Ding hatte gezögert und wohl versucht, sich zu entscheiden, welchen der beiden Leckerbissen, die es hielt, es zuerst verspeisen sollte. Was auch immer der Grund für die Entscheidung war - vielleicht dessen permanentes Kreischen - sie fiel jetzt zu Gunsten des Schriftstellers aus. Langsam senkte der Fangarm Herrn König herab, und die Beine verschwanden im Maul.
Das Knacken drehte Harry den Magen um, und das Kreischen wurde noch zwei Oktaven höher. Einige Tropfen Blut spritzten auf den Gnom und seine Beine versagten ihm ihren Dienst.
"Burlich und Starkimarm Mk II!" rief plötzlich Mückensturm mit fester Stimme. "Buschler und Bäcker m500! 450er Piecemaker! Burlich-Komposit V4! AB-Johnson-Bumerang-Bogen v0.1 Beta! Mörsaaaaaaaaaaaaah!"
Unvermittelt hatte das Ding ihn und die 80 Prozent, die noch von Stefan König übrig waren, losgelassen. Hatscha lief sofort zum inzwischen wieder bewusstlosen Autor.
"'Scharach-il-Offler[5]'-Belagerungs-Sandwerfer!" rief Mückensturm, während er sich wieder aufrichtete. "Miniatur-Giftarmbrust Mk 00VII!"
Dem Ding schien diese Aufzählung nicht sonderlich zu gefallen - unschlüssig schaute es auf die Wächter herab und wackelte mit seinen Tentakeln. Dann schien es sich zu einer Entscheidung durchzuringen und fuhr mit einem Fangarm auf Mückensturm hinab, der gerade noch so weit ausweichen konnte, dass er nur an der Hüfte getroffen wurde.
"Es klappt nicht!" rief er, während er nach seiner Armbrust tastete. "Ich war ja gleich skeptisch."
"Idiot!" rief Harry. "Du musst dran glauben, sonst funktioniert es auch nicht!"
Mückensturm hatte die Armbrust abgenommen und entsicherte sie. "Tut mir leid, aber an diesen Hokuspokus kann ich einfach nicht glauben." Etwas funkelte in seinen Augen. "Aber ich glaube an dies."
Er hob seine Armbrust und zielte dem Ding zwischen die Augen. Von irgendwo aus einer anderen Realität - das Gummituch der Dimensionen war hier dank der magischen Strahlung immer zum Zerreißen gespannt - kam ein Satz...
"Hasta la vista, Baby!" knurrte er und drückte ab, während er sich noch über diese Worte wunderte - denn mit einem Baby hatte diese Kreatur wirklich überhaupt nichts gemeinsam.
Der Bolzen drang ohne Widerstand in den Kopf des Wesens ein. Das Ding schrie auf und schlug wild mit seinen Tentakeln um sich, die glücklicherweise keinen der Wächter erwischten.
Fluchtartig zogen Harry und Mückensturm sich zurück. Das Ding stieß schrille Schreie aus, die immer höher wurden, bis sie nicht mehr im wahrnehmbaren Frequenzbereich lagen. Aus dem Loch in seinem Kopf quoll eine zähe, grüne Masse, die langsam auf den Boden sickerte - gleichzeitig änderte es seine Gestalt, wurde erst zu einer grinsenden Narrenfratze und dann zu einer riesigen Spinne. Immer mehr von dem grünen Schleim tropfte aus dem Ding, und immer mehr sackte das Monster in sich zusammen, bis nicht mehr übrig war als ein sich windender Hautlappen in einer Lache aus Schleim.
Während Harry sich von dem grauenhaften Anblick nicht abwenden konnte, wandte sich Mückensturm an Hatscha: "Wie geht es ihm?"
"Einigermaßen stabil, soweit ich sagen kann", entgegnete die Gefreite, die Königs Beinstumpfe so gut es ging mit seinem Umhang abgebunden hatte. "Das Ding hat ihm die Beine direkt unterhalb der Knie abgebissen. Aber er braucht so schnell wie möglich magische Behandlung."
"Dann machen wir, dass wir hier verschwinden! Harry, kommst du?"
Der Gnom starrte immer noch auf das, was vom Ding übrig geblieben war und jetzt langsam versickerte. "Grüner Schleim..." murmelte er, "was für einen kranken Verstand muss man haben, um sich so etwas ekelhaftes auszudenken?"

** Einen Monat später **

Bei den DOG war wieder Normalität eingekehrt, und statt mit Dingen aus den Kerkerdimensionen hatte man es nun wieder mit intriganten Gilden und ihren Streitereien zu tun.
Mückensturm ging in seinem Büro gerade der schwierigen Frage nach, was von beidem ihm lieber war, als Dyn an die Tür klopfte:
"Mücke? Da unten ist jemand, der dich sprechen will!"
"Kann er nicht hochkommen?" fragte der Fähnrich verwundert.
"Nein, kann er nicht, es gibt da nämlich ein kleines Problem..."

Der "Jemand" entpuppte sich als ein sichtlich mitgenommener Stefan König, der in einem Rollstuhl am Fuß der Treppe auf den Fähnrich wartete.
"Herr König?" fragte Mückensturm irritiert, der nicht damit gerechnet hatte, den Schriftsteller wieder zu treffen.
"Ich wollte mich entschuldigen, Herr Mückensturm", meinte König verlegen und sah den Fähnrich an. "Dafür, dass ich das ganze Unglück verursacht habe."
Mückensturm war es inzwischen so gewohnt, dass sich Leute bei ihm über Dinge beschwerten oder andere Dinge verlangten, dass er zuerst gar nicht wusste, wie er auf die Entschuldigung reagieren sollte.
"Ja, äh..." stammelte er und verstummte.
"Ich wollte Ihnen das hier geben." König holte ein Päckchen aus seinem Mantel. "Es ist noch nicht im Handel - und ich habe Ihnen eine persönliche Widmung herein geschrieben."
Mückensturm nahm das Päckchen entgegen und König drehte den Rollstuhl wortlos um und fuhr davon.
Es war - wie erwartet - ein Buch. Eine große rote Rose zierte das Cover, und der Titel lautete 'Immer und ewig'".
Der Abteilungsleiter drehte das Buch in seiner Hand und las den Klappentext:

Stefan König von einer ganz anderen Seite! Der berühmte Autor legt hier sein wohl tiefschürfendstes Werk vor - ein Buch über Liebe, Hoffnung, und den Glaube an das gute im Menschen: Das packende Liebesdrama um Lord Cedric von Ankh, einen jungen Philosophen und Lebemann, der um seine Angebetete kämpft, wird auch Sie verzaubern. Erleben Sie...

Kopfschüttelnd schlug Mückensturm das Buch auf und las die Widmung. Sie lautete schlicht und einfach:

Es tut mir leid!
S. König

[1] Das "Verzeichnis obskurer Gilden für unerschrockene Ermittler", für alle, die meine Geschichte "Das alte Meer und der Gnom" nicht gelesen haben (worauf wartet ihr noch?).

[2] Genaugenommen ist dieser Begriff jedoch falsch, denn weder handelt es sich um einen Kerker, noch um Dimensionen im eigentlichen Sinne. Streng genommen ist es der Bereich außerhalb aller Dimensionen - die Leere jenseits der Existenz.

[3] Ein Student der Unsichtbaren Universität hat hierzu einmal die Formel "P = M*(c zum Quadrat)" entwickelt, wobei P die Phantasie, M die Magie und c die "Konstante, die da so stehen muss, damit die Gleichung aufgeht" ist.

[4] Jedenfalls für alle, die Wert darauf legen, dass sich die Naturgesetze in ihrer Wohnung nicht über Nacht ändern.

[5] Klatschianisch: 'Schmirgel Offlers' - eigentlich die Bezeichnung für ein magisches Naturphänomen: Ein quaderförmiger Sandsturm, der zu den größten Schrecken der klatschanischen Nomaden gehört.




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Feedback:

Von D-N-T Vinni

05.04.2002 19:19

Hi,

Also ich muss sagen, deine Singles werden immer besser. Besonders der Stil gefällt mir. Deine Geschichten sind einfach richtig angenehm zu lesen. Flüssig und ohne das langeweile aufkommt.

Die Kritik die ich habe versuche ich jetzt mal in einem Vergleich zu übermitteln:

Stell dir vor du bist irgendwo im urlaub in einem fernen Land und es ist der letzte Tag deiner Reise, am Abend geht dein Flieger.
Einige Stunden vorher schlenderst du über den Markt um noch dein letztes Geld (also was du noch von der Landeswährung hast) loszuwerden. Du Kommst an einem Obststand vorbei und siehst eine dir bis dato völlig unbekannte Frucht. Du kaufst dir eine zum Probieren und lässt sie dir einpacken.
Später im Flieger erinnerst du dich daran und isst sie. Sie schmeckt so wunderbar frisch und gut dass du dir wünscht, du hättest ne ganze Kiste gekauft. Leider gibts diese Frucht aber in deinem Heimatland nur sehr sehr selten. Das heißt, das Vergnügen war riesig aber verdammt kurz und du fragst dich, wann du diesen leckeren Geschmack wieder erleben darfst.

Wo bleibt der Karton???

So, ich hoffe ich hab das jetzt einigermaßen verständlich rübergebracht. Natürlich hätte ich es auch einfach in zwei, drei Sätzen hinschreiben können, aber das wäre ja langweilig :)

Von Atera

05.04.2002 21:29

Also, blöd fand ich das ganz und gar nicht, Vinni. Der Vergleich ist äußerst treffend.

Ich muss sagen, die Single hat mir sehr gut gefallen. Ich bin, das muss ich zugeben, ein wenig neidisch, weil du es schaffst excellente Singles zu schreiben UND das auf einer überschaubaren Länge, so dass ich jedesmal am Ende deiner Single-Missionen fasziniert bin und mich frage: Wie schafft der das bloß?

Ähm, Fazit meiner Kritik, die eigentlich keine Kritik ist, wie ich sehe:
Weiter so!

Von Harry

06.04.2002 17:27

Also, Vinni, ich verteile meine Früchte lieber in kleinen Häppchen, so lassen sie sich besser genießen :) (Nur, dass es da natürlich ein Auto ist)

Von Harry

09.04.2002 18:01

Wieso, ein Ribbon gab's doch schon :)

Von Daemon Llanddcairfyn

10.04.2002 06:54

Mit Lob wurdest Du schon überschüttet (Du weißt, in diesem Messenger da), der einzige Kritikpunkt Kann bei dieser Geschichte nur sein: Sie war zu kurz.

Harry liest man gerne und schnell, die Geschichten sind einfach und dennoch nciht langweilig und das nicht erst seit jetzt, sondern schon seit einiger Zeit (mindestens 4 Geschichten)

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