Wundertrank oder Kampf der Unschuldigen Teil 1 (Strafsingle)

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von Gefreite Arwan (DOG)
Online seit 11. 03. 2006
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Arwan hofft ihre Strafwoche in der Alchemistengilde bei dem Herrn Kaputtmach, so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Doch er ist verschwunden, niemand weiß, warum die Toilette gesperrt ist und Arwan ahnt noch nicht, dass sie bald ein Mord gestehen wird.

Dafür vergebene Note: 8

Alles oder Nichts

John Allesmischer zitterte vor Aufregung, als er die gefährlich brodelnde Flüssigkeit betrachtete. Es kam ihm so vor, als hätte er sein ganzes Leben lang auf diesen Augenblick gewartet. Es ging um alles oder nichts. Sieg oder Niederlage. Ein Wundertrank, das die Welt verändern würde oder nur ein misslungener Experiment und mehrere Körperverletzungen. Die Zeit blieb stehen, als ein blauer Tropfen von Sirimirisäure in den Kessel fiel. John hielt den Atem an und überlegte sich, in Deckung zu gehen, doch bevor er eine Entscheidung treffen konnte, färbte sich die Flüssigkeit violett und dann wurde es für jeden Flüchtversuch zu spät. Die Welt von John Allesmischer explodierte im wahrsten Sinne des Wortes...

Wegsuche

Drei grimmige Alchemisten saßen an einem runden Tisch, auf dem so viele Gefäße mit verschiedenen Inhalten und Beschriftungen standen, dass kaum noch Platz frei war. Einer der Alchemisten schrieb etwas fleißig in seinen Notizblock, die Beteiligung der anderen beschränkte sich darauf, daneben zu sitzen und ihm der Arbeit zu zuschauen.
"Entschuldigung", erklang eine weibliche Stimme "Wie komme ich in die Abteilung für die fast dahingerafften?"
An der Tür stand eine junge Wächterin, die so müde aussah, dass man denken könnte, sie würde im stehen einschlafen.
"Das ist sehr einfach", antwortete einer der Alchemisten nach einer kurzen Pause. "Du brauchst nur 19a015-Pulver zu entzünden, dann kommt ein lautes BUUUM und schon bald wachst du in dieser Abteilung auf"
"Wenn du Glück hast", fügte ein anderer hinzu.
"Wenn nicht, wachst du gar nicht mehr auf"
"Dann lande ich glatt bei S.U.S.I. auf den Tisch... danke, ich verzichte", antwortete die Fremde sarkastisch.
"Wie wäre es damit, die Metho-Drei-Säure mit dem Antiluftoxid zu vermischen, dann hast du sehr gute Überlebenschancen..."
"Oder schau einfach bei irgendeinem Experiment zu und wenn jemand 'IN DEEECKUNG!!!'"...
Die Wächterin ließ es sich nicht zwei mal sagen, in einer Viertelsekunde lag bereits flach auf dem Boden.
"...äh... schreit, dann sollst du einfach stehen bleiben... geht's dir nicht gut?"
"Warum schreist du so, verdammt? Es explodiert doch nichts", klagte die Wächterin inzwischen wieder völlig wach.
"Es sollte doch bloß realistisch klingen"
"Sehr lustig! Sagt ihr mir jetzt endlich, wo sich diese bescheuerte Abteilung befindet oder nicht?!", die Frau stand energisch auf, blinzelte die Alchemisten angriffslustig an und fügte dann frech grinsend hinzu: "sonst verhafte ich euch wegen Verhinderung eines Wächters bei der Ausführung eines Befehls!"
"Wir müssen dir überhaupt nichts sagen. Wer bist du überhaupt und wer hat dir erlaubt, die Gilde zu betreten?", schlug einer der Alchemisten zurück.
"Ich bin Gefreite Arwan von der Stadtwache", die Frau zeigte ihre Dienstmarke. "Ich bin hier im Auftrag vom Kommandeur Ohnedurst, wenn ihr unbedingt wissen wollt!"
"Was für'n Auftrag?"
"Geht euch nichts an. Streng geheim! Herr Kaputtmach erwartet mich bereits"
Arwan war stolz auf sich, die Dinge auf diese Weise beschrieben zu haben. Es war keine direkte Lüge, auch wenn es nicht ganz der Wahrheit entsprach.
Nun... sie verdankte ihre Aufenthalt in der Gilde tatsächlich dem Kommandeur, man konnte in diesem Zusammenhang aber kaum von einem streng geheimen Auftrag reden. Es hieß ehe, dass Arwan dazu verurteilt wurde, eine Woche gemeinnützige Arbeit in der Alchemistengilde zu verrichten. Aber die Verlockung, das ganze als ein wichtiger Auftrag zu zeichnen, war einfach viel zu groß.
Die Alchemisten schauten Arwan eine Weile lang kritisch an.
"Es ist in der vierten Etage, die letzte Tür rechts", sagte einer von ihnen mit einer kalten Stimme.
"Danke sehr"


Abteilung für Fast-Dahingeraffte

Es dauerte nicht mehr lange bis die Gefreite Arwan erschöpft und völlig außer Atem an der richtigen Tür angerannt kam. Der Grund für die Eile war keineswegs die Tatsache, dass die junge Frau sich verspätete, [1] viel mehr Sorgen bereiteten ihr die ständigen Explosionen, die sie zwar nicht sehen, aber dafür hören konnte. Es war sehr stressig durch die Alchemistengilde zu laufen.
Arwan hielt an und las ein Schild.

Abteilung für Fast-Dahingeraffte
Herr Kaputtmach freut sich auf jeden, der hier reingetragen wird!


"Wie nett", dachte die Gefreite und öffnete entschlössen die Tür, ohne sich die Mühe zu machen, vorher anzuklopfen. Sie betrat einen relativ kleinen Raum, den man kaum als gemütlich bezeichnen konnte. Hier standen viele Betten hintereinander und neben jedem befand sich ein kleiner Schrank von der billigsten Sorte, die man sich überhaupt vorstellen konnte. Die Wände waren stellenweise mit blauer Farbe gestrichen. Wahrscheinlich hatte jemand mal die wohlwollende Idee, den Raum zu verschönern, doch nach dem er bereits angefangen hatte, fiel ihm ein, dass das ganze Gildengebäude in ein bis zwei Jahren sowieso explodieren wird, er hörte mittendrin einfach auf.
In diesem Giraffenzimmer, wie Arwan es heimlich nannte, befanden sich allerdings nur vier Personen. Drei davon lagen in ihren Betten und schliefen bzw. waren ohnmächtig (was für Arwan im Moment keine wesentliche Rolle spielte). Die vierte Person, eine junge Frau im weißen Kittel (wahrscheinlich eine Pflegerin) stand an der gegenüberliegenden Seite des Raumes und versuchte voller Verzweiflung eine mit der Aufschrift "Tualete" zu öffnen versuchte. Als sie jemanden eintreten hörte, begann sie in einem aufgeregten Ton von ihren Problemen zu berichten:
"Herr Kaputtmach, ich kann überhaupt nichts dafür! Irgendein Idiot hat die verdammte Tür..."
Die Frau im Kittel drehte sich um... soviel sie wusste, hatte Herr Kaputtmach kein langes schwarzes Haar... und er trug auch keine graue Wächteruniform... und er war auch keine Frau.
"Hallo? Was möchtest du?", beendete die Pflegerin.
"Gefreite Arwan von der Stadtwache. Ich muss zum Herrn Kaputtmach"
"Ah ja stimmt! Kaputtmach sagte mir bereits, dass heute jemand kommt, um meine Arbeit zu Übernehmen", die Pflegerin schenkte der Wächterin ein breites Lächeln. "Und dass ich dann eine Woche Urlaub machen darf. Herzlich willkommen, ich bin Julia"
Als die Pflegerin Arwans verdutztes Gesicht sah wurde sie jedoch unsicher.
"Du bist doch dieser jemand, oder?"
Arbeit... übernehmen...?das klingt überhaupt nicht gut, fuhr es Arwan durch den Kopf.
"Äh... möglicherweise..."
"Also bist du es oder nicht?"
"Äh... ja, eigentlich schon, aber ich dachte da ehe an 'bei der Arbeit mithelfen'", und zugucken, fügte Arwan in Gedanken hinzu.
"Also doch", Julia atmete erleichtert auf und grinste nun nur noch breiter, "Kaputtmach wird dir schon erklären, was du alles machen musst... schön, dann wünsche ich dir noch viel Spaß bei der Arbeit, ich geh dann mal"
Die Pflegerin schlurfte gutgelaunt an Arwan vorbei und verschwand dann hinter einer anderen Tür.
"Hey! Warte! Wo willst du hin?"
Julia erschien gleich wieder mit einer kleinen Damentasche und einer roten Jacke, anstatt vom Kittel.
"Der Chef hat mir die Woche frei versprochen und ich hau hier lieber ab, solange er es sich noch nicht anderes überlegt hat"
"Aber... warte doch mal... wo ist er denn?"
"In seinem Zimmer, schläft wahrscheinlich noch"
Julia zeigte auf eine Tür, die sich der Giraffenzimmer direkt gegenüber befand.
"Ich habe mich auch schon gewundert, normalerweise steht er immer Punkt um 6 auf und fängt damit an, über alles zu meckern und mich rumzukommandieren. Aber heute hat er sich noch nicht blicken lassen. An deiner Stelle würde ich ihn nicht wecken, genieße lieber die Zeit, wo er noch nicht auf ist, denn dann geht hier alles wieder auf und ap. Er wird bestimmt wegen der versperrten Toilette ausreisen... wie ich den Typen hasse, das kannst du dir gar nicht vorstellen", flüsterte die Pflegerin in einem verschwörerischen Ton hinzu.
"Was ist denn mit der Toilettentür?"
"Keine Ahnung, früher steckte immer ein Schlüssel im Schlüsselloch, damit man von innen abschließen konnte. Aber irgendjemand muss die Tür von außen abgeschlossen haben und den Schlüssel rausgenommen"
"Na blendend... warte, warte, lauf doch nicht gleich immer weg... was sind das für Leute hier, sind sie schwer erkrankt?"
"Geht, ist nichts Lebensgefährliches... der hier ist John Allesmischer, er ist schon seit drei Tagen hier und die beiden sind neu, erst heute nacht zu uns gekommen"
"Aber warum sind es so wenige, es explodiert doch ständig etwas bei euch. Ich dachte immer es müsste mehr Verletzte geben"
"Gibt es auch. Wir sind doch nicht die einzige Krankenabteilung. Bei uns gibt es aber immer die wenigsten Patienten, erstens, weil wir in der vierten Etage sind und hier nicht so viele Experimentierräume gibt und außerdem sobald die Alchemisten, die bei uns landen, wieder ein bisschen zu Kräften kommen, gehen sich meistens in eine andere Abteilung über"
"Warum das?"
"Ah, wenn du Kaputtmach gekannt hättest, hättest du die Frage nicht gestellt"
"Oh"
"Schönen Tag noch!", rief Julia schadenfroh und eilte davon.

Arwan machte sich auf einem Stuhl gemütlich.
Na gut, ich bleibe jetzt hier einfach sitzen und warte bis Herr Kaputtmach aufwacht.
Sie wartete...
Und wartete...
Ob wenn ich nichts besseres zu tun hätte... Warum wollte dieser Arsch... äh Kaputtmach unbedingt, dass ich um 6 Uhr morgen schon da bin, wenn er selber in der Zeit noch pennt? LK Drei tanzt hier auch nicht schon so früh am Morgen an. Eigentlich müsste sie ja Aufsicht halten.
Arwan wartete immer noch...
In meinem Büro steht ein so schön warmes und weiches Bett, während ich hier dumm rum sitze... und dabei habe ich heute nur zwei Stunden geschlafen.[2]
Sie wartete...
Es ist bestimmt ungesund so früh aufzustehen.
Und alles wegen der verdammten Tür, die Esus und ich gesprengt haben. Was soll daran schon so schlimm gewesen sein? Kann ich was dafür, wenn Rea lebensmüde ist und, anstatt in Deckung zu gehen, zu der Tür auch noch hinrennt. Sie sollte froh sein, dass sie überhaupt am Leben geblieben ist.

Arwan saß in dem stillen Zimmer, während ihre Gedanken sich immer weiter entfernten.
Warum muss man nur immer auf Vorgesetzte hören?? Wer hat überhaupt das verdammte Befehlssystem erfunden? Wenn ich den Typen mal getroffen hätte, könnte er was erleben!...
...und Arwan schlief ein.

Hinter der Tür

John Allesmischer öffnete die Augen. Das letzte, woran er sich erinnerte war die violette brodelnde Flüssigkeit und ein lautes Knall. Er fühlte sich schwach und hatte Kopfschmerzen, aber es hätte auch schlimmer kommen können, nach der Explosion hat er was viel
Schlimmeres erwartet. Die Tatsache, dass ihm außer dem Kopf fast nichts weh tat, erschien ihn sogar ein bisschen seltsam. Ob es überhaupt ein gutes Zeichen war?
John betrachtete die weiße Decke über ihm und, als sie sich als nicht so sonderlich interessant erwies, versuchte er sich aufzusetzen. Es gelang ihm. Eigenartig.
Wie Allesmischer bemerkte schliefen in dem Zimmer noch zwei andere Männer und die komische Färbung an den Wänden, kam ihm sehr bekannt vor. Er war nicht zum ersten mal hier... Abteilung für Fast-Dahingeraffte unter Aufsicht vom Herrn Kaputtmach...
John seufzte. Er hatte nichts gegen Kaputtmach, auch wenn alle anderen Alchemisten, die je in der Abteilung untergebracht wurden, Kaputtmach vom ganzen Herzen hassten. John gab sich jedoch immer Mühe in jedem Menschen nur das Gute zu sehen (auch wenn es ihm nicht immer gelang) Er versuchte seinen Kollegen bereits tausend mal zu erklären, das Kaputtmach den Patienten sicherlich helfen wollte, indem er sie anschrie. Er meinte, dass sie schneller gesund wurden, wenn man sie schlecht behandele. Es war bestimmt eine sehr originelle und vor allem wirksame Heilungsmethode... John seufzte noch einmal, er hatte trotzdem jede andere Krankenstation bevorzugt.
Allesmischers Blick fiel auf eine Wächterin.
Eine Wächterin? Ist irgendwas passiert? Was macht sie denn hier?
Im Moment machte sie gar nichts. Sie saß nur auf einem Stuhl und schlief. John sah keinen Grund, sie zu wecken.
Außerdem musste er auf die Toilette, war das normal? Er war doch gerade erst aufgewacht...
John kroch vorsichtig aus seinem Bett und schaue an sich herunter. Er trug viele Verbände und machte Wunden juckten und brannten noch ein bisschen. Aber solange er sich erinnern konnte, hatte er beim letzen mal viel schlimmere Schmerzen.
John näherte sich der Tür mit der Aufschrift "Tualete" und versuchte sie zu öffnen. Nachdem sich alle Bemühungen als zwecklos erwiesen, gab er schließlich auf und ging leise stöhnend wieder zu seinem Bett. Doch als er sich wieder aufs Kissen legte, merkte er, dass sich das Kissen irgendwie komisch anfühlt... John fuhr mit der Hand da drunter und fand ein Schlüssel.
Aber was machte er unter seinem Kissen?? Mühsam stammelte sich Allesmischer wieder hoch und lief ohne etwas zu verstehen wieder zur verschlossenen Tür, steckte den Schlüssel rein...
...der Schloss gehorchte und die Tür ging auf...

John verblasste und der Schrei blieb ihm im Halse stecken. Ohne sich bewusst zu sein, was er gerade tat, schloss er die Tür blitzschnell wieder ab und presste sich dagegen. Wie in Trance versteckte er den Schlüssel in einem der Verbände. Am ganzen Leib zitternd, rutschte John langsam an der Tür ab, während sich der Raum um ihn herum sich zu drehen begann.
Was sich hinter der Tür befand...
Es war so schrecklich... eine Leiche... vom Herrn Kaputtmach...
...seine leblosen Augen...
John Allesmischen verlor das Bewusstsein.

Geheimnisvolle Wächterin

Arwan gähnte und richtete sich verschlafen in ihrem Stuhl auf.
Ich muss wohl für ein paar Minuten eingenickt sein[3]
Die Gefreite sprang erschrocken auf und eilte zu dem bewusstlosen Mann auf dem Boden. Er atmete noch.
Na Gott sei Dank!
"Hey, wach auf... verdammter Mist... warum hast du dein Bett überhaupt verlassen?"
Es dauerte ein Weilchen, bis heftiges Schütteln und ein paar Ohrfeigen John endlich wieder zum Bewusstsein brachten. Sein völlig blasses Gesicht machte Arwan ein bisschen Angst und es hatte sie nicht gerade beruhigt, als er etwas total unverständiges zu murmeln begann.
"Hinter der Tür... oh Gott! ...es ist grausam..."
"Wovon redest du? Ist alles in Ordnung mit dir?"
John hob die Augen zu der Frau über ihm. Es war eine Erleichterung, zu erfahren, dass sie eine Wächterin war. Er versuchte sich wieder zusammen zu reißen.
"Also, deswegen bist du hier?", fragte er flüsternd.
"Warum bin ich hier...?"
"Wegen der...", John atmete tief durch. Er wagte es nicht von dem Toten zu erzählen, er traute sich nicht, es laut auszusprechen, als ob die Leiche erst durch seine Worte zur Realität werden könne. "...wegen der Tür", sagte er leise, da ihm letztendlich nichts anderes einfiel.
Die Reaktion der Wächterin war einfach kolossal, sie richtete sich plötzlich auf, machte einen Schritt vom Allesmischer weg und fragte mit einer verdutzten und gar verärgerten Stimme.
"Woher weißt du das??"
Arwan war nämlich tatsächlich wegen einer gewissen Tür da. Aber die Gefreite dachte aber gerade an eine völlig andere, weit entfernte Tür, die allerdings inzwischen gar nicht mehr existierte, da Esus sie ja gesprengt hatte.
John ignorierte ihre Frage jedoch einfach:
"Und weißt du wer es war?", fragte er aufgeregt.
"Wer was war?"
"Wer das Verbrechen verübt hat?"
"Na, ich und noch ein anderer Wächter, wer denn sonst? Warum glaubst du wäre ich sonst hier? Aber ich verstehe nicht was alle darin so schlimm finden! Okay, ich habe ein Befehl missachtet, aber ich wollte ja schließlich nur jemandem helfen! Ist es etwa ein Verbrechen?? Und woher weißt du von der ganzen Sache überhaupt?"
John wurde wieder schwindlig.
Jemanden zu töten ist also kein Verbrechen mehr? Das ist aber was ganz neues. Und höre ich auch noch von einem Mitglied der Wache!
John fielen einfach die Worte. Vielleicht war das nur ein böser Alptraum.
"Oh", brachte er nur leise hervor und wurde wieder ohnmächtig.

Die einsame Untertasse

Alle weiteren Versuche, John wieder zu Bewusstsein zu bringen, waren erfolglos. Anschließend brachte ihn Arwan wieder auf sein Bett.
Was nun? Sollte sie sich wieder hinsetzten und weiter auf Kaputtmach warten? Komischerweise fühlte sie sich inzwischen völlig munter und hatte Lust aufs Frühstück (bzw. Mittagessen, Hauptsache irgendetwas in den zu schieben). Da sie jetzt im Gegensatz zu dem frühen Morgen relativ klar denken konnte, kam ihr das Rumsitzen und warten noch bescheuerter vor, deshalb verließ sie entschlossen das Krankenzimmer und klopfte beim Herrn Kaputtmach an. Als niemand antwortete, machte sie die Tür selbstständig auf und betrat ein viereckiges Zimmer mit einem Bett, einem Sessel, einem Schreibtisch, einem Schreibtisch und einem großen Schrank.
Das Bett war bezogen und auf dem Schreibtisch lagen ein paar Papiere ordentlich aufeinander gestapelt und eine weiße Untertasse. Die Wände waren sehr sauber weiß gestrichen und auf dem Fensterbrett stand ein kleiner Kaktus. Alles in allem ließ keinen Zweifel daran, dass Kaputtmach die Farbe weiß liebte und einen sehr großen Wert auf Ordnung und Sauberkeit legte. Das einzige, was nicht zu dem Bild passte, war die Tatsache, dass der Boden nass war und Glasscherben darauf zerstreut lagen.
Arwan verstand nichts von der Spurensicherung, doch man brauchte nicht so sonderlich viel Grips, um die einsame auf dem Tisch liegende Untertasse mit den Glasscherben ins Verbindung zu setzen. Als Arwan diesen Gedankengang weiter verfolgte, lief ihr ein kalter Schauer über den Rücken.
Wenn Kaputtmach eine Tasse aus Versehen fallen gelassen hätte, würde er es hundertprozentig wegräumen, oder jemandem wegräumen lassen. Die Scherben würden auf jedem Fall nicht auf dem Boden bleiben, nicht beim Herrn Kaputtmach, nicht bei einem Menschen, der so auf Sauberkeit achtet, nicht wenn er in der Lage gewesen wäre, es wieder weg zu räumen... und rein zufällig hasste ihn die ganze Gilde.
Arwan versuchte jedoch völlig gelassen zu bleiben.
Warum sollte ich mir schon Sorgen machen, wenn irgendein alter Dummkopf von seinen dankbaren Patienten gekillt wird. Wir sind doch schließlich in Ankh-Morpork, passiert hier so was nicht jeden Tag?
Arwan konnte es nicht lassen, sich ein fieses Grinsen zu erlauben.
Es wird doch sicherlich viel aufregender sein, die Ermittlungen über Kaputtmachs To...
Oh, mein Gott, so was darfst du doch nicht denken! Was hast du nur für eine kranke Fantasie! Du weißt doch überhaupt nicht, ob der arme Kerl tot ist! meldete sich plötzlich das Gewissen zu Wort.
Ja, ja, schon gut, korrigierte sich die ehe gemeinere Seite von Arwan. Ich meine natürlich Kaputtmachs geheimnisvolles Verschwinden. Es wird auf jedem Fall spannender sein, als sich um die Kranken zu kümmern. Die sind jetzt nämlich alle schön bewusstlo...
Äh...?
...leider bewusstlos und ich kann überhaupt nichts für sie tun, wie schade. Aber bevor ich mit den Ermittlungen beginne, gehe ich in die Kantine und hole mir etwas zu essen.
Aber..., wollte das Gewissen protestieren.
Deine Meinung ist nicht gefragt!

Ich brauche ein Brötchen

"Drei Dollar?? Für das kleine Brötchen mit Käse?"
"Ja", sagte der Koch unverschämt ruhig.
"So ein Mist kannst du mir doch nicht erzählen! Es kostet höchstens 5 Cent! Ich wohne nämlich in Ankh-Morpork, ich kenne die Preise"
"Drei Dollar, Fräulein und, wenn du es nicht kaufen willst, ist es deine Sache"
"Aber so was kann sich doch kein Mensch leisten! Ich werde nie im Leben glauben, dass die Alchemisten, die hier arbeiten so viel bezahlen! Gib mal die Preisliste her!", Arwan suchte schnell die richtige Stelle auf, "Hier steht's: Käsebrötchen - 3Cent. Ich wusste doch, ich wusste doch, dass du mich betrügst!"
"Der Preis gilt aber nur für die Gildenmitglieder und, wie ich sehe, bist du keiner"
Arwan merkte, dass sich hinter ihr bereits eine Schlange gebildet hatte, wollte jedoch nicht aufgeben.
"Ich brauch's ja auch nicht für mich", log sie völlig selbstsicher, "sondern für einen Alchemisten"
"Wenn er ein Mitglied der Gilde ist, soll er selber herkommen und sein Ausweisvorzeigen. Der nächster, bitte!"
"Spagetti mit Soße, bitte"
"Er kann aber nicht selber kommen, warte du bist noch nicht dran!", Arwan schob die Frau neben sich unsanft zur Seite. "Er ist nämlich verwundet und kann nicht laufen"
"Dann soll er dir seinen Ausweis geben und eine schriftliche Erlaubnis, dass du hier für ihn Essen holen darfst"
"Schreiben kann er auch nicht"
"Das ist jetzt aber nicht mein Problem"
"Soll er denn verhungern?"
"Was ist mit meinem Spagetti?"
"Er wird schon nicht verhungern. Schließlich gibt es auch Pflegen, die Essen bringen"
"Nein, sie sind im Moment alle nicht da, Kaputtmach ist verschwunden, Julia hat heute frei und ich soll auf die Kranken aufpassen"
"Mein Spagetti..."
"Du?? Eine Wächterin?"
"Das ist ein Auftrag der Wache"
"Auf unsere verwundete Alchemisten aufzupassen?", fragte der Koch ungläubig.
"Wie lange soll ich noch auf's Spagetti warten?"
"Stell dir vor", bestätigte Arwan.
"Das glaube ich dir nicht. Außerdem kann Kaputtmach nicht verschwunden sein, ich kenne den Mann, er ist immer da"
"Lauf doch hoch und schau nach"
"Aber wenn du in der Abteilung für Fast-Dahingeraffte ganz alleine aufpassen sollst, warum brauchst du dann nur ein Brötchen?"
Dieser durchdringender Blick gefiel Arwan ganz und gar nicht.
"Weil jetzt nur ein Alchemist beim Bewusstsein ist und Hunger hat"
"Na gut, aber ohne den Ausweis gibt's kein Rabatt"
"Wie jetzt? Soll ich mit seinem Ausweis kommen?"
"Genau"
"Krie...?", meldete sich wieder die Frau aus der Schlange zu Wort.
"Ja, du kriegst dein Spagetti!"

Verdammter Mistkerl, wegen ihm muss ich 30mal in den vierten Stock und dann wieder runter laufen. An den ganzen Experimentierräumen vorbei...
Schweratmend stützte Arwan wieder ins Giraffenzimmer herein. Kein Wunder, dass die Alchemisten immer waren, die Wächterin befand sich erst ein paar Stunden in dem Gildengebäude und war inzwischen bereit jeden anzuschreien, der ihr in die Quere kam.
Diese Explosionen... wie halten die Alchemisten es nur aus?

Ohne sich dabei irgendwie schuldig zu fühlen, durchsuchte Arwan die Schränke der Patienten.
Es wird doch bestimmt auch irgendwie der Ermittlung helfen. Und was spielt es schon für eine Rolle, dass ich keine Befugnis dazu habe?
Schließlich fand sie alle 3 Ausweise. Ihr fiel auch auf, dass John Allesmischer in seinem Schrank, außer Kleidungsstücke auch noch zwei kleine Dosen mit Chemikalien aufbewahrte. Doch da die Gefreite nichts von Alchemie verstand, zeigte sie keinerlei Interesse daran. Viel mehr Beachtung schenkte sie Allesmischers schwarzem Mantel. Es war nur ein ganz gewöhnlicher Mantel und er brachte Arwan auf eine Wunderbare Idee. Wenn sie schon. Wenn sie schon sowieso durch die ganze Gilde laufen musste, dann sollte man das wenigstens ausnutzen.

Krankenstation in der dritten Etage

Vier Alchemisten saßen entspannt auf ihren Betten. Nach dem sie die Abteilung gewechselt haben, befanden sie sich nun auf dem Weg der Besserung. Es fühlte sich toll an, nicht mehr von Früh bis Abend die gehässige Stimme vom Kaputtmach anzuhören zu müssen.
Plötzlich erschien eine schwarzhaarige Frau in einem schwarzen Mantel mit einem Block und einem Bleistift bewaffnet und kündigte an, sie sei von Times und wolle ein Bericht über das Leben der Alchemisten nach einem Unfall schreiben...

... Eine ganze Weile hörte Arwan den Alchemisten zu, die mit einem außergewöhnlichen Enthusiasmus von ihren Problemen erzählen, einen besonderes großen Wert legten sie darauf, was Kaputtmach für ein böser Mensch war, wie schlecht er seine Patienten behandele und welche Strafe er dafür verdiente. Gelegentlich notierte sie etwas demonstrativ in ihr Notizbuch.[4]
"...Er ist ein Mistkerl! Schreib es dir so auf" Mist - kerl..."
"Wann habt ihr die Abteilung gewechselt?", wollte Arwan endlich zur Sache kommen.
"Gestern früh, weil man bei diesem Arschl..."
"Ja, ja, ich hab's schon verstanden", unterbrach ihn die Wächterin, der inzwischen langweilig wurde. "Hat jemand von euch seit dem die Abteilung mal verlassen?"
Es wurde plötzlich still. Arwan spürte misstraurige Blicke auf sich ruhen.
"Warum willst du es wissen?"
"Äh... das brauche ich für die Zeitung..."
"Nein, haben wir nicht"
"Kann das jemand bestätigen?", fragte die Gefreite in den Raum und ignorierte die Kälte in der Stimme des Alchemisten.
"Ja, sie waren die ganze Zeit hier", meldete sich die Pflegerin zu Wort, die die ganze Zeit anwesend war. "Wieso?"
"Oh... nur so... ich glaube, ich habe alles, was ich brauche"
"Was soll das ganze?? Du bist gar nicht von Times, stimmt's? Zeig mir mal, was du da geschrieben hast"
Einer der Verdächtigen riss Arwan den Notizblock aus den Händen, bevor sie etwas dagegen tun konnte.
"'Die vier bekloppten Alchemisten konnten Kaputtmach nicht leiden. Vielleicht sind sie auch die Mörder. Wie kotzt mich das alles nur an'", las er laut vor.
"Was soll das?? Du bist gar nicht von der Zeitung!"
"Niemand hat dir erlaubt, meine Notizen zu lesen", antwortete die Wächterin frech, nahm ihn das Bloch wieder weg und eilte schnell davon.
Verdammt, schon wieder entlarvt, ich frag mich, was aus mir wird, wenn ich wirklich mal an einem gefährlichen Ort verdeckt ermitteln muss. Na ja, was soll's, schließlich habe ich erfahren, was ich wollte. Die haben Kaputtmach also nicht ermordet aber wer dann? Vielleicht sollte ich zuerst sichergehen, dass er wirklich tot ist...
Arwan hatte einen Plan...

Fortsetzung folgt

[1] Was allerdings auch der Fall war

[2] Nach der gestrigen Partie im Eimer.

[3] In Wirklichkeit haben die paar Minuten vier Stunden lang gedauert

[4] Nun... es war nicht direkt ihr Notizblock. Sie hatte es nämlich aus Kaputtmachs Zimmer genommen, wo sie auch die nötigen Informationen über die übergelaufenen Patienten fand




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