Trolle, Ratten und andere Gefahren

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von Wächterin Amalarie Mögebier (GRUND)
Online seit 29. 01. 2006
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Für Rekruten (erste Mission):
(Mission für angehende SEALS-Wächter)

Du bist neu in der Wache und hast die Aufgabe bekommen mit einem anderen Wächter auf Streife zu gehen! Wende dabei alles Gelernte an.

Dafür vergebene Note: 10

"Ja, Tante Frida, ich habe warme Unterwäsche an!"
"Ja, Tante Frida, der Winter dieses Jahr ist noch viel kälter als der Winter letztes Jahr."
"Ja, Tante Frida, ich lasse mich nicht von fremden Männern ansprechen."
"Ja, Tante Frida, ich bin mir sicher, dass ich wirklich alles dabei hab!"

Mit diesen Worten trat die Gnomin auf die Straße, schwang sich auf den Rücken ihrer grau-braunen Ratte, die gerade etwas von dem Abfall an der Seite fraß und ritt los, bevor Tante Frida noch irgendetwas sagen konnte. Sie ritten einmal um die unsichtbare Universität herum bis sie zum "Hier-Gibt's-Alles-Platz" kamen und dort war... nichts.

Nichts ist auch der falsche Ausdruck, es herrschte reger Betrieb: Fackeln lagen auf dem Boden herum, hier und da auch eine Axt oder ein paar Keulen, jedoch von dem, was die Gnomin erwartet hatte war nichts mehr übrig geblieben. Nichts, bis auf einen großen Haufen Asche. Sie sprang in den Ascheberg und grub und grub, vielleicht war ja irgendwer noch am Leben und wartete unter der Asche auf Hilfe! Doch sie fand auch hier einfach nur Nichts! Die Gnomin stand völlig fassungslos vor ihrem Zuhause, es war zerstört, eingestampft bis auf den letzten Rest. Nur noch der Fahnenmast, den sie früher immer mit ihrem Bruder um die Wette raufgeklettert war, stand noch da. An dem Mast flatterte ein Banner im Wind, auf dem stand "Die grossigsten Floh- und Rattendomtöre dehr Scheybenwehlt". Eine ganze Weile tat sie gar nichts, außer das Banner an zu starren. Wirre Gedankenfetzen kreisten in ihrem Kopf herum.

Es war gerade Frühling geworden, das Zelt musste wieder aufgestellt werden, da die Winterpause vorbei war. Viele von ihren Freunden waren zum helfen gekommen und nun zogen sie mit vereinten Kräften das Zelt in die Höhe. Bunte Fähnchen und Wimpel flatterten in der Luft und es war einfach wunderbar anzusehen
Ihre Mutter, sie war so wunderschön und stark, lag in den Wehen und sie warteten alle vor Tante Fridas Tür auf den neuen Erdenbürger. Ihr Vater, er war grummelig und eigen, aber herzensgut, kam aus der Tür heraus hob ein kleines schreiendes Bündel in die Höhe und rief "Es ist ein Mädchen!". Ihre Schwester war geboren.
Sie sollte für ihre Mutter in der Manege einspringen und stritt mit ihrem Vater - sie wollte nicht in der Öffentlichkeit stehen, sich begaffen lassen wie ein Tier. Ihr Vater war sehr wütend, vor allem über die Tatsache, dass er wusste, dass er seine Tochter wegen ihrer Dickköpfigkeit auf gar keinen Fall dazu überreden konnte, geschweige denn zwingen. Von diesem Tag an sprach er kein Wort mehr mit ihr
Sie lag in den Armen ihrer Mutter und weinte, diese sagte "Weine nicht mein Braunlöckchen, er wird sich bald beruhigen und dann wird alles wieder gut"
.

Ein alter Bettler kam auf sie zu. "Hey Mädchen, ziemlich schlimm die Sache hier, hm?", er zwinkerte ihr verschlagen zu. "Wenn du einen Dollar springen lassen würdest, verrate ich dir vielleicht was passiert ist".
Das war zuviel für sie, ihr Hals zog sich zu, sie schluckte. In ihrem Kopf drehte sich alles und sie nahm die Außenwelt nur noch verschwommen war. Sie starrte den Bettler wild an und sprang ihm aus dem Stand an die Gurgel und drückte zu.
"Du wirst mir SOFORT erzählen was hier grad eben passiert ist!! Ohne irgendetwas dafür zu bekommen außer vielleicht einen Tritt dahin, wo die Sonne nicht scheint! Verstanden Freundchen?!", eins ihrer Augen zuckte merkwürdig.
Der Bettler röchelte. "Ist ja gut, du musst mich nur etwas loslassen, bitte".
Er hatte Recht. Sie lockerte etwas ihren Griff, aber nicht zu sehr, er sollte ja wissen wie ernst die Lage war. "Na gut, Freundchen. Fang an", knurrte sie.
"Eeehm, ja. Es war so, ein paar junge Zwerge standen dort hinten beim Rattenstand und erblickten hier vorne eine Gruppe junger Trolle. Nun ja, das eine kam zum anderen, die Zwerge riefen Dinge wie Steinfresser und Kalksteingehirne. Die Trolle fanden das wohl nicht sonderlich komisch und stürmten über den Platz, leider stand ihnen dieser Sirkuss im Weg", er schloss die Augen in der Erwartung, dass sie ihm sehr wehtun würde. Doch das blieb aus, sie starrte ihn nur mit ausdruckslosen Augen an.
"Gut, danke, dass wollte ich wissen", stammelte die Gnomin. Sie ließ ihn los und kletterte an ihm runter und wandte sich wieder dem trostlosen Ascheberg zu. Nach dieser Informationsflut wusste die Gnomin nicht mehr wie ihr geschah, in ihrem Innersten sammelte sich ein Gemisch aus Trauer, Unverständnis, Verzweiflung, Wut und dem unüberwindbarem Wunsch nach Rache!

Währenddessen machte eine Gruppe junger Trolle den Fehler nach einem kleinen Trinkgelage am Abend den Hier-Gibt's-Alles-Platz zu überqueren, um sich in der Geflickten Trommel auf einen Absacker niederzulassen. Die Gnomin erspähte sie schon von weitem und sah rot, sie lief in ihrer blinden Wut auf die kleine Gruppe zu und stoppte nicht einmal als sie an einem von ihnen hoch sauste. Oben angekommen, begann sie mit ihren Fäusten auf seinen Kopf einzuhämmern und wütend zu schreien: "Ihr verdammten, minderbemittelten Kleinhirne, mit euren großen Füßen, alles zerstört ihr, ALLES!! Ich hasse euch, eure ganze Spezies, am besten sollte man euch alle zu einem Steinbruch bringen und diesen sprengen!! Oder noch besser, man sollte euch alle dazu zwingen Platte zu fressen, bis auch der letzte Rest eurer Walnussgehirne verschwunden ist!"
Die Trolle sahen sich verwundert an, was schrie da auf dem Kopf von Kleinbeißer? Und noch viel wichtiger: Warum war es so wütend? Der junge Troll packte um die Hüften der Gnomin und hob sie vorsichtig vor sein Gesicht, um sie besser sehen zu können. "Was wollen kleine Kerl?"
"Kleiner Kerl? Kerl? Ich bin kein Kerl, ich bin ein Mädchen! Du ungehobelter Steinfresser!"
Die Gnomin zappelte und brüllte, doch der Troll hielt sie weiter fest und zeigte sie in der Runde herum. Sie waren ratlos, was sollten sie denn mit einem so kleinen und wütenden Geschöpf anstellen? Nach einer langen Weile, während der die siliziumgesteuerten Granitbrocken angestrengt über das Problem nachdachten, stellte die Gnomin fest, dass direkter Angriff nichts bringen würde und beschloss, sich etwas anderes zu überlegen. Der Troll, der sie in der Hand hielt, war wohl durch das viele Nachdenken zu beschäftigt auf das Zupacken seiner Hand zu achten und so konnte sie ganz einfach heraus schlüpfen und sich vom Acker machen.
Aber wo sollte sie hin? Sie schaute den großen Berg Asche an und überlegte. Zurück zu Tante Frida? Auf gar keinen Fall! Also beschloss sie sich erst einmal zur Geflickten Trommel zu begeben, um vielleicht ein Bier zu trinken oder auch zwei und über ihre Lage nachzudenken. Sie pfiff zweimal kurz und ihre Ratte kam angelaufen. Sie setzte sich auf ihren Rücken und lenkte sie zum "Platz der gebrochenen Monde" um von da aus in die "Straße der geringen Götter" einzubiegen. Nachdem sie an allerlei Tempeln vorbei geritten war und blinde Fanatiker abgewehrt hatte, bog sie in die Kurze Straße ein und ritt genau auf die Geflickte Trommel in der "Filigranstraße" zu. Die Gnomin betrat die Trommel durch die Gnomentür, dann kletterte sie auf den Tresen. Hibiskus Dunelm, der Wirt, kannte die junge Frau schon länger. Er bemerkte an ihrem bleichen Gesicht, dass heute Witze oder Ähnliches nicht angebracht waren. Sie wirkte so betrübt und niedergeschlagen, dass er mit einer kleinen Geste nur unter den Zapf deutete. Die Gnomin legte sich unter den Zapfhahn und nahm einen großen Schluck, das Bier war schal und schmeckte nach drei Tage liegen gelassenen Socken. Genau wie es sein sollte. Nachdem sie sich mehrere große Schlücke gegönnt hatte, schaute sie sich aufmerksam um. Ihr fiel auf, dass ein großer Orang-Utan am Tresen zwei Meter von ihr entfernt saß und Bier trank. Der Orang-Utan bemerkte ihren ungläubigen Gesichtsausdruck, bleckte seine Zähne und stieß ein genervtes "Ugh" aus. Die Gnomin hatte zurzeit keinerlei Interesse an einer Konfrontation mit einem 250 Pfund schweren Affen, wandte sich also wieder ihrem Bier zu. Dabei blieb sie auch den ganzen Abend und die folgenden Tage.

In dieser Zeit ereigneten sich folgende brenzligen Situationen: Zum einen erklärte die Gnomin der ganzen Welt lautstark, was man mit den "fiesen Steinfressern" anstellen sollte, als eben diese in großer Anzahl anwesend waren. Sie entging nur knapp ihrem Ende, da die Trolle sich nicht einig wurden, ob Steinfresser eine Beleidigung oder ein Kompliment war. Zum anderen torkelte sie zu dem Orang-Utan und fragte ihn: "Ausch welschem Tiergäschäft bischt du denn abgehau'n?" In diesem Moment verstummten alle Gespräche in der Trommel und einige Gäste sprangen hinter Tische, Trolle, oder was sie sonst für die beste Deckung hielten. Dieser Moment war um einiges gefährlicher als der erste. Der Orang-Utan war der Bibliothekar der Unsichtbaren Universität. Dank einer glücklichen Fügung, erinnerte er sich noch an den netten kleinen Zirkus vor seiner Haustür, der einfach eingestampft worden war. Er erinnerte sich ebenfalls an das kleine Gnom-Mädchen, mit den vielen Haaren auf dem Kopf und verstand, warum sie so traurig war. Als Antwort tauchte er sie also nur kurz in ihren Bierkrug, aber nicht zu lange, und aß in Ruhe weiter seine Erdnüsse.

Seitdem die Gnomin die Geflickte Trommel betreten hatte, waren vier Tage vergangen und sie fand sich am Boden eines großen Bierkruges wieder. Was war passiert? Sie war sich sicher, viel erzählt zu haben, aber dies verdrängte sie sofort. Nachdem sie es geschafft hatte aus dem Krug heraus zu klettern, stellte sie fest, dass sie nur noch ungefähr fünf Cent besaß, wovon sie auf keinen Fall noch ein Bier bezahlen konnte. Sie peilte die Tür an, rannte mit gesenktem Kopf auf den Ausgang zu und schaffte es schon beim zweiten Versuch nicht am Türpfosten hängen zu bleiben. Taumelnd und schwankend gelangte sie ins Freie. Da stand sie nun, ohne Geld, Familie, stinkend und allein in Ankh-Morpork und außerdem war ihr speiübel. Ja, das mit dem Geld war so eine Sache, sie konnte nicht ohne, das wusste sie und deswegen brauchte sie einen Job. Ein paar Gäste verließen die Trommel und riefen belustigt zu ihr herüber, "Na, Kleine, schon zur Wache gegangen und das Böse auf der Welt bekämpft? Den Zahnstocher schon eingepackt?".
Die Gnomin wurde wieder unheimlich wütend. Was erlaubten sich diese Idioten eigentlich? Und wer hatte etwas von der Wache erzählt? Doch plötzlich war der Gedanke von gestern Abend wieder da, die Stadtwache, sie würde zur Stadtwache gehen und den Mord an ihrer Familie aufklären, sie war überzeugt das es sich um Mord handeln musste. Außerdem wäre sie so nicht mehr vollkommen allein und müsste auch nicht bei Tante Frida wohnen. Sie pfiff zweimal und ihre Ratte kam angelaufen, sie sprang auf und lenkte die Ratte in Richtung Patrizier Palast um von da aus auf die Messingbrücke einzubiegen und danach dem "Unteren Besten Weg" bis zum "Pseudopolis Platz" zu folgen. Dort angekommen betrat sie das Wachhaus und torkelte in Richtung Wachtresen. Auf dem Wachtresen saß ein Gnom. Er rauchte und schaute den Neuankömmling neugierig an. Er kletterte die Stufen am Wachtresen hinab, da es ihm sofort klar war, das sie auf gar keinen Fall hinauf kommen würde. "Hallo, was kann ich für dich tun Teuerste?",
Die Gnomin schielte und lallte nach einer kurzen Pause, in der sie fast umgefallen wäre "Isch will sur Schtadtwache! Melde misch hiermit zum Dienst!" Danach versuchte sie noch zu salutieren, was ihr aber nicht gelang und dann fiel sie einfach um. Der andere Gnom schaute sie etwas verwirrt an, zog an seiner Pfeife und bedeutete einem seiner Kollegen die junge Dame in die Ausnüchterungszelle zu bringen, mal sehen, ob sie morgen auch noch zur Stadtwache wollte. Er kletterte zurück auf den Tresen um den Wachdienst fortzusetzen und schmunzelte noch einmal bei dem Gedanken an die Gnomin. Sie sah ja recht niedlich aus und dann diese Haare.

Die Gnomin erwachte erneut ohne zu wissen wo sie war, geschweige denn Warum sie sich hier befand. Sie schaute sich in dem Raum um, in dem sie auf einem großen Bett lag und musste feststellen, dass sich in diesem Raum Gitterstäbe an den Fenstern befanden. Da war ihr sofort klar wo sie war, im Gefängnis! Was hatte sie gestern Abend denn noch getan, sie überlegte fieberhaft. Sie wusste noch, dass sie beschlossen hatte der Wache beizutreten und das sie sich mit ihrer Ratte auf den Weg zum Wachhaus gemacht hatte, aber danach? Danach wusste sie nichts mehr. Die Tür der Zelle öffnete sich und eine Rauchwolke zog in den Raum, dicht gefolgt von ihr trat ein Gnom mit braunen Haaren und silbernen Augen ein. Er grinste.
"Na, Teuerste ausgeschlafen? ",
Ihr gefiel der Tonfall gar nicht und sie erwiderte schnippisch: "Mehr oder weniger."
Er lachte und sie fühlte sich nicht mehr ernst genommen und wurde etwas lauter
"Hör auf zu lachen, sag mir lieber wieso ich hier bin, soweit ich mich erinnern kann habe ich nichts unrechtes getan!",
"Du kannst dich noch an irgendetwas erinnern? Nein, dass bezweifle ich stark", er blies erneut eine große Rauchwolke aus "Ich habe dich gestern vor Dir selbst beschützt".
"Wie denn das?", fragte sie skeptisch.
"Indem ich nach deiner Vorstellung hier veranlasst habe, dass Du dieses schicke Zimmer mit Blick auf den Pseudopolis Platz bekommst. Ich dachte du solltest schon nüchtern sein, wenn du der Wache bei trittst, auch wenn das sonst nicht unseren Prinzipien entspricht".
"Oh, ääähm, danke.", sie errötete. "Aber ich will der Wache immer noch beitreten, also wo muss ich unterschreiben?",
Er grinste "Am anderen Ende von Ankh-Morpork, um genauer zu werden in der Kröselstraße, du bist im falschen Wachhaus".
Sie sah ihn ungläubig an und langsam kamen Fetzen vom gestrigen Abend in ihrem Gehirn wieder nach oben und ihr wurde bewusst, dass der andere Gnom Recht hatte.
"Oh, ääähm na dann mache ich mich wohl besser sofort auf den Weg", mit diesen Worten sprang die Gnomin vom Bett runter und eilte aus der Zelle und dem Wachhaus.
Der Gnom stand immer noch mit seiner Pfeife da und rauchte, "Komisch", dachte er "Die kleine ist ja ganz süß und ich hab vollkommen vergessen sie nach ihrem Namen zu fragen"

Die Gnomin trat auf den "Pseudopolis Platz" und pfiff. Ihre Ratte kam angelaufen, es faszinierte die Gnomin immer wieder wie gut dieses Tier aus den ganzen Geräuschen Ankh-Morporks ihren Pfeifton heraushören konnte und das sie immer darauf hörte. Aber ihre Ratte war ja auch eine Zirkusratte und sie war ihr sehr dankbar für diese Zuverlässigkeit. Sie bogen nun also auf die "Pons Brücke" ein, um wie bei längeren Strecken für sie üblich in die Kanalisation abzusteigen. Sie ritten eine kurze Zeit durch die dunklen Katakomben und kamen nach kurzer Zeit an dem Ausgang zur Kröselstraße an. [1] Und da war es, das Wachhaus der Kröselstraße. Die Gnomin spürte ein mulmiges Gefühl irgendwo unten im Magen und war kurz davor wieder um zudrehen, doch ihre Ratte stupste sie nach vorne und schien keine Einwände zu dulden. Sehr verständlich , da sie ja auch den halben Tag hierhin gelaufen war. Also betrat die Gnomin zusammen mit der Ratte, das Wachhaus und ging zum Wachtresen, wo zwei Wächter saßen und "Leg-Herrn-Zwiebel-Rein" spielten, sie räusperte sich "Hmhm".
Einer der Wächter drehte sich um, er gab ein seltsames Bild ab, in der einen Hand hatte er ein Spielerkreuz und in der anderen seine Karten, er schien die Gnomin aber nicht zu bemerken und wandte sich erneut seinem Spiel zu. Die Gnomin räusperte sich erneut, aber diesmal etwas energischer und vor allem lauter "HHMHM!"
Der Wächter schaute wieder auf, konnte aber immer noch nichts entdecken "Dippwin könnte es sein, dass unsele Dielen knallen? Ich höle so melkwüldige Geläusche",
"Nein Chi du weißt doch, dass ich sie erst gestern genau nach Vorschrift gewachst habe",
"Abel ich habe etwas gehölt, ich bin mil sichel! Vielleicht sollte ich Emily mal nach Mäusen suchen lassen?"
Die Gnomin fragte sich grade wer Emily ist und wollte sich zu den Stufen am Wachtresen begeben um den beiden mal zu erzählen, dass sie ein Gnom und keine Maus war, als eine Marionette mit blonden Locken und ziemlich fiesem Grinsen um den Tresen herum schaute. Die Gnomin erschrak fürchterlich, denn die kleine Puppe hatte ein Messer in der Hand. "Oh mein Gott!!! Was ist das denn?", stieß die Gnomin entsetzt aus.
Nun waren die beiden Wächter von ihrem Spiel aufgesprungen. Der eine Wächter der Chi genannt wurde rief: "Emily, musst du denn immel kleinele Ellschlecken? Und ich hab dil schon tausendmal gesagt, dass du hiel nicht mit Messeln spielen dalfst."
Er blickte die Marionette streng an und setzte sie auf den Tresen, dann wandte er sich der Gnomin zu.
"Hallo kleine Fleundin, was können mein Paltner und ich fül dich tun?",
"Ich möchte der Wache beitreten."
"Oh, eine neue Rekrutin, ", mischte sich nun auch der andere, der eben Dippwin genannt wurde, ein "dass wird Carisa aber freuen!"
"Carisa? Wer ist das denn, auch so eine Marionette?"
"Nein, el splicht von Calisa von Schloss Esclow. Unsel Lance-Kolpolal und wohl bald wie es aussieht deine Volgesetzte."
"Ja, ja wo soll ich unterschreiben?" Die Gnomin war noch etwas angespannt wegen der kleinen Einlage von der Marionette Emily, die sie auch immer im Auge behielt. Io weiß warum, aber ihr lief ein kalter Schauer über den Rücken wenn sie die Puppe ansah. Sie schüttelte sich unbewusst.
"Ist dil kalt? Siehst du Dippwin, ich habe es dil ja gesagt, es ist zu kalt hiel, wil müssen halt im Wintel heizen!"
"Aber das ist gegen die Vorschriften! Wir verschwenden nur Ressourcen, die wir später bei anderen Dingen gebrauchen könnten."
"Ääähm, hallo, ihr zwei ich bin noch da! Außerdem war mir nicht kalt, ich bin nur etwas müde. Könntet ihr mich denn dann zu Lance-Koporal Escrow bringen?"
Die beiden unterbrachen ihren kleinen Disput und schauten auf den Dienstplan.
"Lance-Koporal Escrow ist grade in der Mittagspause, aber wenn du eine halbe Stunde Zeit hast und warten willst, trag ich dich bei ihr als neuen Termin ein."
"Ja, dass werde ich gerne tun, danke".

Die Gnomin schlenderte durch das Wachhaus und sah sich alles an. Sie fand es schon sehr faszinierend, dass man, wenn man denn wollte, hier auch ganz einfach hätte wohnen können. Es war alles da, ein Schlafraum, eine Küche mit Kantine und sogar Rekrutenbüros. Sie entdeckte jedoch auch etwas sehr seltsames, es gab einen eigenen kleinen Bereich, der sich von den anderen durch irgendeine unsichtbare Linie stark abgrenzte. Auf der vermeintlichen Eingangstür stand in Großbuchstaben "INTÖRNAL AFFÄRS- Wir sehen alles". Die Gnomin spürte, dass sie diese Räume um alles in der Welt nicht von innen sehen mochte, auch wenn sie dafür keine richtige Begründung fand. Ganz am Ende des Raumes befand sich auch eine kleine Wendeltreppe, die sie neugierig nach oben kletterte. Oben angekommen befand sie sich auf dem Dach des Wachhauses, sie schaute sich um und entdeckte am Rand sitzend etwas Großes und Steiniges, sie trat näher heran. Sie war sich nicht sicher vor wem oder eher gesagt was sie da eigentlich stand, aber sie war sich sicher, es bewegte sich. Die Gnomin näherte sich, und von der Nähe aus betrachtet war ihr erster Eindruck voll und ganz bestätigt. Was war das? Eine Statue, ja, aber warum bewegte sie sich? Ob sie die Wächter unten informieren sollte? Sie ging noch ein Stückchen näher an die Statue heran und tippte sie einmal vorsichtig an und hüpfte dann in Sicherheit.
"Oh mein Gott, wenn ich jetzt wieder wegen irgendeiner Kleinigkeit mein Mittagessen unterbreche, gibt es aber mächtig Ärger!", die Statue drehte sich um und die Gnomin konnte einen Schreckensschrei nicht unterdrücken. Sie hatte noch nie eine Statue sich bewegen sehen und schon gar nicht sprechen! Sie starrte die Statue mit weit aufgerissenen Augen an.
"Wer bist du denn?",
"Ich, ääähm ich will der Wache beitreten und wollte mich etwas umschauen, bis Lance-Koporal Escrow Zeit für mich hat",
"Ich bin Lance-Korporal VON Escrow und du störst mich gerade beim Mittagessen. Aber da ich denke, dass in den nächsten zwei Minuten spätestens eh hier jemand auftauchen wird, der etwas von mir will, können wir auch in Ruhe reingehen und das mit deinem Beitritt unten klären."
"Dankeschön."
Die Statue erhob sich und die Gnomin starrte sie unverhohlen an, sei war gut zwei Meter groß und für die Gnomin war eine solche Größe, und auch noch in Stein, mehr als beängstigend. Die beiden begaben sich also in das Büro des Lance-Koporals.
"Erst einmal würde ich gerne deinen Namen erfahren"
"Amalarie Mögebier"
"Das heißt Amalarie Mögebier, Mä'am!", donnerte der Lance Korporal "Wir sind hier ja nicht beim Kaffeeklatsch, sondern in der Wache."
"Ja, Mä'am."
"Mögebier. Der Name erinnert mich an irgendetwas", Carisa überlegte stirnrunzelnd, plötzlich schien sie einen Einfall zu haben "Dein Vater ist Cornelius Mögebier? Hat einen netten kleinen Zirkus am Hier-gibt's-alles-Platz?",
Amalarie spürte wie sich ihre Eingeweide zusammen krampften, wieso musste dieser fiese Wasserspeier solche Fragen stellen, sie schluckte die aufsteigende Wut wieder runter.
"Ja, Mä'am, er war mein Vater!", sie reckte ihr Kinn empor.
"War? Was soll das heißen, Mögebier?".
Es konnte doch nicht sein, dass die Wache davon noch nichts erfahren hatte! Der riesige verkohlte Berg aus Asche und Leichen am Hier-gibt's-alles-Platz. Die mindestens 50 toten Gnome. Ihre tote Familie! Sie atmete zischend ein.
"Er ist tot, genau so wie meine ganze andere Familie! Zertrampelt von einer Horde Steinfresser! Und die Wache hat ihnen nicht mal soviel aufmerksam geschenkt, dass sie überhaupt Notiz von dieser Tragödie nehmen würde!!", den letzten Satz schrie sie Carisa ins Gesicht.
Sie drehte sich um und kletterte die Leiter nach unten. Das war zuviel, die Wache war doch nicht das was sie sich vorgestellt hatte. Vielleicht könnte sie mit Schnorzie ja etwas anderes Lukratives finden.
"Frau Mögebier, ich habe Dir keine Erlaubnis gegeben, den Raum zu verlassen! Es tut mir sehr leid, was mit deiner Familie passiert ist auch, dass wir noch nichts davon erfahren hatten. Ich werde das sofort an RUM weiterleiten die sich dem Fall annehmen werden. Nun komm gefälligst wieder hier hoch und beende dein Bewerbungsgespräch!"
Widerwillig trottete sie zurück zur Gnomenleiter, kletterte nach oben und stellte sich mit verschränkten Armen vor Carisa.
"Wieso möchtest du überhaupt zur Wache?" Carisa zog die Augenbrauen fragend hoch.
"Also, nun ja, zum einen, weil ich mich dafür einsetzten möchte, dass das Verbrechen das an meiner Familie verübt wurde schnellstens aufgeklärt wird. Außerdem bin ich sehr an der Arbeit eines Wächters interessiert, die schwachen beschützen, Verbrecher verhafte und der ganze Kram", sie schaute hoffnungsvoll zu Carisa auf, dass diese ihren kleinen Ausbruch von eben vergessen würde. Carisa überlegte, diese Gnomin hier vor ihr hatte ein ziemliches Aggressionsproblem, konnte sie so etwas in der Ausbildung dulden, dann kam sie aber zu dem Schluss, dass wohl jeder Gnom diese Probleme hat.
Also sagte sie: "Na ja, wollen wir doch mal sehen wie du dich anstellen wirst, vorerst willkommen in der Wache Rekrutin Amalarie Mögebier", sie schmiss ihr eine Gnomenuniform zu. "Zieh die an und misch dich etwas unters Volk, bis ich Dir neue Anweisungen gebe."
"Danke! Mä'am!" Amalarie salutierte und verließ das Büro, sie hatte endlich einen Dschob und konnte sich und Schnorzie problemlos über Wasser halten.
Sie schaute sich nun neugierig im Wacheraum um und entdeckte im hinteren Teil zwei Frauen in ihrem Alter. Die eine von ihnen war für ihre Figur relativ hoch gewachsen und hatte eine sehr hohe und auffällige Stimme die, so nahm es die Gnomin jedenfalls war, irgendwie nicht verstummen wollte. Die andere der beiden war braunhaarig und sah ihre Gesprächspartnerin nur mit großen Augen an. Bildete Amalarie es sich nur ein, oder schwankte die Braunhaarige ein wenig? Aber das war ja auch nicht so wichtig, sie brauchte jetzt erst einmal einen Kaffee. Sie schlenderte also zum Wachtresen, wo die beiden von eben immer noch Karten spielten, kletterte den Tresen an der Gnomenleiter hoch und gelangte zu einem Kasten, auf dem groß und breit in krakeliger Schrift "Kaffääh" stand. Sie klopfte an den Kasten, eine Tür schwang auf und ein kleiner, roter Dämon schaute heraus.
"Was'n los??", er gähnte. "Ich hab euch Rekruten doch gleich gesagt, bei mir gibt's keinen Kaffee, Kapputschino oder sonst was vor ein Uhr Mittags!", mit diesen Worten knallte er die Tür wieder zu und Amalarie schaute etwas verdutzt auf das "Kaffääh"-Schild. Die beiden Rekruten von vorhin schauten sie mitleidig an, diese Begegnung mit dem launischen Kaffeedämon war ihnen allen schon mal passiert und jetzt warteten sie auf die zweite Runde die bei solchen Auseinandersetzungen meistens der Fall war. Amalarie fasste sich und klopfte noch mal an die Tür.
"Was ist denn nun schon wieder", knurrte der Dämon
"Ich will einen Kaffee, sofort!", schrie die Gnomin.
"Ach ja, dass junge Fräulein wünscht einen Kaffee", flötete der Dämon. "Dann soll die junge Dame wohl auch ihren Kaffee bekommen", er grinste fies, zückte tatsächlich einen Becher voll mit Kaffee, der noch zu dampfen schien und kippte diesen direkt über Amalarie aus.
"Aaaaah, du mieser, hinterhältiger Mistkerl!!! Das machst du nicht noch einmal!! Das schwör ich Dir!!", mit diesen Worten sprang die Gnomin dem Dämon entgegen, der ganz schnell die Tür seines Kastens schloss, so dass Amalarie mit voller Wucht gegen die Tür knallte. "Komm da raus!!", schrie sie wutentbrand.
"Nein!", quäkte der Dämon hinter der Tür, "Sicherlich nicht!"
Amalarie holte mit dem Fuß aus, trat die Tür ein und verschwand im Kasten. Die anderen Rekruten waren an den Wachtresen herangetreten um das merkwürdige Geschehen zu beobachten, dass hier vor sich ging, außerdem glaubten sie gehört zu haben, dass es hier heißen Kaffee gab! Alle standen nun gespannt um den Automaten herum und hörten dem seltsamen Treiben zu.
"Aua, lass mich los!"
"Spuck du den Kaffee aus, ich weiß das du welchen hast!"
"Ganz sicher nicht! Du wirst mächtig Ärger für das hier bekommen!!",
"Ärger vielleicht, aber auch Kaffee!!",
"Aua, lass mein Ohr los! Du beschädigst da gerade das Eigentum der Stadtwache!",
"Gib mir einfach den Kaffee!",
"Ich dachte, du heißt Mögebier und nicht Mögekaffee!",
"Hör auf hier dumme Witze zu machen und rück jetzt den Kaffee raus. Du mieser kleiner..."
In diesem Moment griff eine große, steinerne Hand in den Automaten und holte das streitende Dämonen - Gnom Bündel heraus. Die beiden Streitenden schauten sich verwirrt um.
"Was soll das denn hier?" Carisa schaute die beiden entnervt an.
"Also Mä'am es war, so", nachdem die Gnomin, mit vielen Einwürfen des Kaffeedämons dem Lance-Koporal ihre Sicht der Dinge erklärt hatte sah Carisa sie scharf an.
"Rekrutin Mögebier, dies ist dein erster Tag und du beginnst als erstes eine Schlägerei mit dem Kaffeedämon!!!"
"Aber Mä'am!", die Gnomin versuchte sich zu verteidigen.
"Kein aber!", Carisa versuchte ganz ruhig zu bleiben, diese Kopfschmerzen. "Rekrutin Mögebier, du gehst du gehst jetzt auf der Stelle mit Rekrutin Knödel auf Streife! Ich will dich heute nicht mehr sehen und das mich keine Beschwerden erreichen!".
"Ja, Mä'am.", Amalarie senkte den Kopf und konnte aus den Augenwinkeln sehen wie ihr die große Plaudertasche begeistert zuwinkte. Sie schüttelte verzweifelt den Kopf bemerkte aber sofort, dass Widerrede bei Carisa nur noch mehr Ärger einbringen würde.
"Und ihr anderen begebt euch mal schnell zurück an die Arbeit!"
Als Amalarie sich zur Tür bewegte kam die große Frau auf sie zugesprungen.
"Hallo, ich heiße Anette, Anette Knödel, ist das nicht aufregend?? Du und ich zusammen im gefährlichen Ankh-Morpork? Aber keine Angst, ich werde dich schon beschützen, ach ich Dummerchen, ich habe dich noch gar nicht nach deinem Namen gefragt, wie heißt du denn??",
Amalarie schaute sie ungläubig an, wie konnte jemand nur so schnell reden? Ungläubig erwiderte sie: "Amalarie Mögebier."
"Ach Mögebier, das ist aber ein interessanter Name, bei uns in Lancre gibt es einen Amando Mögbier, aber der ist ein versoffener alter Mann, ich denke nicht, dass er Verwandte in Ankh-Morpork hat",

Nachdem sie ein wenig gegangen waren, stießen sie an einer Straßenecke auf eine Gruppe junger Zwerge, die offensichtlich betrunken waren. Sie gaben ihre eigene Interpretation eines alten Zwergenliedes zum Besten. "Gold, Gold, Gold!"
Anette unterbrach ihren nicht enden wollenden Redefluss und ihre Augen begannen zu strahlen, da sang jemand! Sie tänzelte auf die Zwerge zu und begann aus vollem Hals zu trällern "Silbeeeher, Messsiiiihiing, Bleeeeeeiiiiih....",
Die Zwerge beendeten ihre kleine musikalische Einlage und starrten Anette entsetzt an. Wie konnte sie es wagen das allseits bekannte Lied aus der Zwergesoper "Blutaxt und Eisenhammer" so verschandeln? Amalarie überlegte und versuchte die Zwerge einzuschüchtern indem sie rief: "He, ihr! Ihr seid verhaftet wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses und Singen ohne Gildengenehmigung!".
Die Zwerge überhörten die Gnomin schlichtweg, zogen ihre Äxte und bewegten sich langsam auf die beiden zu. Amalarie sah nur noch einen Ausweg und rief: "Hey, da hinten ist das nicht Agi Hammerklau??",
Die Zwerge drehten sie erstaunt um [2], Amalarie zog Anette am Ohr und rief: "Lauf so schnell du kannst!!!",
Anette reagierte sofort und sprintete los
"Nicht in diese Richtung, in die andere!!!", kreischte die Gnomin.
Die junge Frau schaffte es noch die Kurve zu kriegen bevor sie in den verwirrten Zwergenhaufen hinein gerieten und die beiden liefen so schnell sie konnten weit, weit weg.

Nach einiger Zeit bemerkte Amalarie das sie die Zwerge abgehängt hatten und Anette stoppte. Anette schaute sich ratlos um.
"Wo sind wir?"
Doch auch Amalarie hatte keine Ahnung, obwohl sie in Ankh-Morpork aufgewachsen war, kannte sie nicht jede Ecke dieser immer weiter wuchernden Stadt.
"Ich weiß es nicht, ich bin mir nicht sicher, hier war ich bis jetzt noch nie."
"Ja, und was machen wir nun? Ich meine, wir könnten einfach jemanden fragen, wo wir hin müssen? "Anette, wir sind in Ankh-Morpork, es wird bald Abend, und ich habe keine Lust irgendwem zu verstehen zu geben, das ich hilflos bin und nicht weiß wo ich mich befinde! Vor allem nicht in dieser Uniform!!!"
Anette schmollte, da sie die Argumentation von Amalarie nicht verstand und sie es unhöflich fand so mit jemandem zu sprechen, geschweige denn diese schicke Uniform so in den Dreck zu ziehen. Sie schwieg und sah die Gnomin erwartungsvoll an. Plötzlich begannen Amalaries Augen zu funkeln, sie hatte eine Idee:
"Ich glaube ich weiß, wie wir sicher wieder zur Kröselstraße kommen."
"Oh ja? Wie denn?", Anette freute sich über die Scharfsinnigkeit ihrer Kollegin. "Wir begeben uns einfach in die Kanalisation!"
Die Braunhaarige starrte die Gnomin mit großen weit aufgerissen Augen an.
"Aber, aber", stotterte sie, "die Kanalisation ist doch dunkel, es ist nass und kalt. Außerdem gibt es dort Ratten!!!" Anette schüttelte sich angeekelt. Amalarie sah sie ungläubig an und dachte 'Und so etwas möchte zur Wache??' Sie zog kritisch die Augenbrauen hoch: "Ja und??"
Anette trat unruhig auf den Beinen hin und her.
"Das ist so unheimlich, außerdem könnte ich mir da unten den Kopf anstoßen, es soll ja sehr niedrig sein."
Amalarie blickte scharf zu Anette herüber.
"Willst du damit auf bestimmte Größenverhältnisse anspielen? Etwa das ich ja so klein bin, dass ich mir bestimmt nicht den Kopf stoßen kann?"
"Nein, nein, nein das wollte ich damit bestimmt nicht sagen! Ich meinte nur, dass ich ja immer so ungeschickt bin."
Amalarie schaute Anette skeptisch an, ging aber nicht mehr auf das Thema ein. Sie liefen schweigend noch ein kleines Stückchen weiter, bis sie einen Abflussdeckel fanden. Amalarie kletterte von Anettes Schulter hinab und wuchtete den Deckel weg. Sie schaute Amalarie herausfordernd an und sprang in den dunklen Schacht. Anette stand am Schacht herum und wusste nicht im Geringsten was sie tun sollte.
"Was ist denn nun?" rief Amalarie entnervt herauf.
Die große Frau fasste sich und kletterte der Gnomin mit einem mulmigen Gefühl hinterher.

Die ankh-morporkianische Kanalisation ist dunkel, kalt und mit einer sehr extravaganten/exklusiven Geräuschkulisse. Man könnte annehmen, dass man sich, aufgrund der riesigen Anzahl Ratten die hier lebt, in einem zweiten Ankh-Morpork befindet. Es riecht genauso, wenn nicht noch angenehmer, der Geräuschpegel ist genau so hoch und meistens fühlt man sich beobachtet.
Die beiden angehenden Wächterinnen befanden sich nun in der Kanalisation, Anette wirkte sehr verkrampft und schaute sich hektisch in alle Richtungen um, was etwas unnötig war, da sie nur etwa einen Meter weit Blicken konnten, alles andere lag in düsterer Schwärze. Amalarie schaute sich interessiert um. Endlich wusste sie wieder wo sie waren, außerdem hatte sie hier unten nicht das beklemmende Gefühl ständig von irgendwelchen Füßen zertreten zu werden. Sie bemerkte, dass sie sich hier irgendwo in der Nähe der Ankhstraße befanden, wie auch immer sie dahin gekommen waren, aber wer achtet schon auf den Weg, wenn er aufgebrachte Zwerge hinter sich hat? Nun ja, die zwei begaben sich nun auf den Weg den Amalarie einschlug. Sie musste irgendwie den Ankh überqueren, aber darüber wollte Amalarie sich später Gedanken machen. Sie wusste, dass sie bis auf die kleine Sache mit dem Ankh jetzt ganz in der Nähe des Wachhauses befanden. Anette wurde immer nervöser und schaute sich immer hektischer um, in einer Ecke quiekte es, Anette schrie hysterisch auf und packte Amalarie auf ihrer Schulter und drückte sie an ihre Brust.
"Du zerquetscht mich! Aua! Lass das gefälligst!", keuchte sie.
Anette bemerkte was sie gerade tat und hielt Amalarie geschockt von sich fern.
"Lass mich runter!!! Sofort!", knurrte Amalarie und sah die andere böse an. Wie aus einer Trance erwacht ließ Anette Amalarie hinab und fuhr sich mit der Hand durch die Haare.
"Entschuldige bitte, aber es ist so unheimlich hier, außerdem hab ich ein verdächtiges Geräusch gehört."
"Das war eine Ratte! Wir sind in der Kanalisation, ich vermute, dass wir da auch noch zwei, drei von diesen possierlichen Tierchen treffen werden, also reiß dich zusammen, wir sind ja gleich da, siehst du, da hinten ist schon die Abzweigung zur Ankhbrücke." Amalarie deutete in die betreffende Richtung. "Also stell dich nicht an wie ein Baby und folge mir und verhalt dich ruhig, in der nähe der Brücke lebt eine, nun ja etwas aufständische Gruppe Ratten."
Anette schüttelte sich bei dem Gedanken an Ratten, die auch noch aufständisch seinen konnten. Sie hatte soviel Angst, dass ihre Zähne unkontrolliert aufeinander schlugen und klapperten.
"Pssssscht!" zischte Amalarie erbost. Sie kamen nun in einen großen, höhlenartigen Raum, durch einige angenagte Kerzenstummel war er erleuchtet. In seiner Mitte befand sich ein großer Haufen, der nur aus einem bestand, aus Müll. Es war seltsam, es war kein richtiger Abfall, sondern ein Sammelsurium aus alten Sachen. Hier und da eine einzelne Socke, ein Schlüssel, ein Henkel einer Kaffeetasse und lauter so Zeug, na ja und auch etwas Müll. Die beiden bewegten sich auf den riesigen Haufen zu, irgendetwas daran zog sie fast magisch an. Anette ging auf den Haufen zu streckte ihre Hand nach einem kleinen glitzernden Ring aus, Amalarie reagierte zu langsam, so dass Anette den Ring zu fassen bekam und heraus zog. Auch wenn es sich vielleicht komisch anhört irgendwie war dieser Ring das Kernstück des Haufens, ein tragender Pfeiler sozusagen, denn der begann merklich zu schwanken. Anette schaute den Ring interessiert an und bemerkte gar nicht, wie der Haufen bedrohlich auf die beiden Wächterinnen zu schwankte.
Amalarie stieß einen Schrei aus, doch es war zu spät, der Haufen stürzte direkt über ihnen ein, und begrub sie unter sich.

Nachdem sich die beiden wieder aus dem ganzen Krimskrams freigekämpft hatten und Amalarie aufgehört hatte Anette wüst zu beschimpfen, schauten sie sich um. An den Rand des Raumes war eine Schar Ratten getreten, die sie schon quasi eingekreist hatte. Die Ratten quiekten nicht, oder gaben auch sonst keinen Laut von sich, sie kamen einfach nur näher. Amalarie zog vorsichtig Anettes Ohr zu sich heran und flüsterte: "Ganz ruhig, nicht bewegen, erst wenn ich es sage und dann aber schnell!"
"Was haben sie denn? Es sind Ratten und ich habe ihren Müllhaufen umgeworfen, aber die dürften so was doch eigentlich gar nicht wahrnehmen ", flüsterte Anette zurück.
"Nun es könnte sein, dass dieser Berg eine Art Tempel war, den du zerstört hast, da wäre ich auch wütend und jetzt sei bitte still!", zischte Amalarie, bevor sie sich wieder zu den Ratten wandte. Sie beobachtete die Ratten, die sich immer näher an sie ran schlichen.
Die Kleine spähte zu den Ratten hinüber die den Ausgang versperrten und hoffte, dass Anette schnell genug rennen würde.
Die Ratten waren nur noch ein paar Schritte von den beiden entfernt und duckten sich zum Sprung, als sie abhoben brüllte Amalarie "JETZT!!! Renn, oh mein Gott, renn!!"
Anette spurtete los, eine Ratte sprang ihr auf den Arm und eine biss sich in ihr Bein, doch sie ließ sich nicht beirren und lief weiter. Anette zog ihr Schwert und wehrte die Ratte auf der Schulter ab, die ihr bedrohlich nahe kam. Die schlanke Wächterin schrie auf, eine Ratte hatte ihr ins Bein gebissen, Amalarie kletterte an ihrem Bein hinab und stach mit ihrem Schwert der Ratte ins Fell, diese lies vor Schreck von Anette ab. Sie befanden sich nun in der gleichen Situation wie vorhin, nur, dass diese um einiges bedrohlicher war. Diese Ratten waren wesentlich schneller als Zwerge und außerdem hatten sie viel spitzere Zähne und bestimmt auch ein paar ansteckende Krankheiten.
Die Quasselstrippe rannte immer noch und Amalarie versuchte mit ihrem Schwert erneute Rattenangriffe abzuwehren. Plötzlich sah Amalarie die Abkürzung, die sie nehmen mussten um beim Wachehaus raus zu kommen. Sie schrie.
"Nach rechts! Gleich haben wir es geschafft, nur noch ein kleines Stück!".
Anette schnaufte, aber beschleunigte sogar noch etwas. Doch plötzlich bekamen sie ein ziemlich großes Problem. Der Ausgang, den Amalarie für die beiden benutzen wollte war etwas zu klein für Anette, er war nicht nur etwas zu klein, sondern vollkommen winzig. Amalarie hätte ohne Probleme nach draußen gelangen können und wäre in Sicherheit. Aber sie hatte ein schlechtes Gewissen, so sehr Anette sie auch genervt hatte, sie konnte sie nicht mit dieser Horde wild gewordener Nager allein lassen. Panisch wühlte sie in ihren Taschen. Sie fand ein schon grün angelaufenes und hartes Stück Käse, er stank widerwärtig, aber es war ihre einzige Chance. sie holte aus und warf es in die Meute. Diese stoppte und beschnüffelte das Stück.
Die beiden jungen Wächterinnen schauten sich hektisch um und da war er, der Ausgang, sie flüchteten panisch hinauf, Amalarie voran, die den Gullydeckel wegdrückte.

Sie hatten es geschafft! Sie waren endlich wieder an der Oberfläche und standen direkt vor dem Wachhaus in der Kröselstraße. Anette taumelte, sie war von so vielen Ratten gebissen worden, dass sie nun nach dem nachlassenden Adrenalinschub einfach auf die Straße sank. Amalarie sprang von ihrer Schulter hinab und schaute sich ihre Wunden an. Sie zog ein Taschentuch hervor und verband eine gefährlich aussehende Wunde.
"Komm schon Anette, es sind nur noch zwei Meter, dann sind wir da. Dann ist alles vorbei."
Gefreite Knödel verzog den Mund und raffte sich hoch. Gemeinsam standen sie vor der Tür und sahen sich an. Sie sahen fürchterlich aus, ihre Kleidung war zerrissen und beide hatten mehrere Kratzer aus denen Blut sickerte.
"Wer geht zuerst rein?", Amalarie blickte zu Anette.
"Ich dachte du", Anette erwiderte den Blick unschlüssig.
"Aber ich kann da nicht zuerst reingehen, du weißt doch wie wütend Carisa war als wir gegangen sind, was meinst du wie sauer sie jetzt sein wird?" Anette wollte gerade etwas entgegnen, doch in diesem Moment öffnete sich die Tür.

Carisa von Schloss Escrow hatte Feierabend und diesen wollte sie nun auch genießen. Nach diesem fürchterlichen Tag hatte sich es sich auch einfach nur verdient. Die Rekruten dieses Jahr waren einfach noch viel anstrengender als letztes Jahr. Sie verstand es nicht, egal was man ihnen versuchte zu erklären, immer machten sie das Gegenteil. Sie seufzte, aber das war jetzt nicht mehr ihr Problem, sie hatte Feierabend! Sie öffnete die Tür und das was sie da sah lies ihre Kopfschmerzen vom Mittag wieder aufkommen, die Rekruten Mögebier und Knödel. Sie stellte seufzend ihre Tasche an der Seite ab und winkte die beiden ohne ein weiteres Wort in die Wache.
[1] Für so junge Gnome ist es üblich, sich in der Kanalisation unter Ankh-Morpork zu bewegen, da es auf der Oberfläche einfach zu gefährlich für sie ist.

[2] In diesem Zustand des Rausches hätten sie sich nach allem umgedreht, wo die Gnomin hingezeigt hätte, auch wenn sie gerufen hätte "Seht mal ein Dreiköpfiger Affe!". Außerdem waren sie geistig so vernebelt, dass sie erst nach einigen langen Sekunden überhaupt bemerkten, dass sie einem alten Zwergenwitz auf den Leim gegangen waren.




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Feedback:

Von Ophelia Ziegenberger

05.02.2006 18:02

:wink: Beim zweiten Onlinestellen geschafft, zu lesen.

Lob: Mir gefiel an deiner Single, dass die Mengenverhältisse der Inhalte zueinander genau richtig waren (Blöde formuliert aber vielleicht verstehst Du trotzdem, was ich meine...? Nicht?...). Also, die Geschichte als Ganzes war weder zu kurz, noch zu lang. Die Einleitung wirkte wie eine sanfte Steigung. Sie gipfelte inhaltlich in Amalaries Aufnahme in der Wache. Der Hauptteil führte die Figur in ihr neues Leben ein und konfrontierte sie sofort mit vielen, aufregenden Ereignissen, die der Gnomin nicht viel Spielraum dazu ließen, sich ihrer Trauer hinzugeben. Die letzten zwei Absätze stellten meines Erachtens einen Schluss in vorbildlicher Länge dar, da er die Ereignisse nicht nur ausklingen ließ und den beiden Hauptfiguren noch einmal Gelegenheit bot, zu Wort zu kommen, sondern darüber hinaus auch einer dritten Person gestattete, ihre Außenseiterperspektive zum Ausdruck zu bringen.

Kritik: Die Geschichte enthielt bei Weitem zu viele Rechtschreib- und Grammatikfehler. Bitte nutze die Korrekturfunktionen deines Schreibprogrammes, das würde in vielen Fällen schon weiterhelfen. Was eventuell nicht angezeigt werden wird, in dem Text aber sehr häufig auftauchte: Wenn Du zwei Personen gleichzeitig bzw. abwechselnd beschreibst, dann solltest Du entweder durch beschreibendes "Füllmaterial" um die wörtliche Rede herum dafür sorgen, dass der Leser genau weiß, wer gerade das Wort ergreift oder durch die direkte Nennung Desjenigen. Du könntest auch durch den Stil der Formulierungen in der wörtlichen Rede kenntlich machen, um was für eine Person es sich bei dem Redner handelt. Deine Sätze sind Brücken für die Gedanken der Leser auf einem Weg durch die Szenen, auf dem Du als Schreiber naturgemäß wesentlich schneller voranrennst. Umso mehr musst Du das Geschriebene darauf hin noch einmal durchlesen, ob ein Leser Dir noch folgen kann.

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