Armbrusttraining – eine Praxisstunde

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von Lance-Korporal Carisa v. Schloss Escrow (GRUND)
Online seit 20. 01. 2006
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Auf dem Stundenplan steht Armbrusttraining. Carisa von Schloss Escrow muss fünf Rekruten die Grundlagen der Arbeit mit der Armbrust beibringen.

Dafür vergebene Note: 10

"Guten Morgen, Rekruten."
Carisa von Schloss Escrow trat vor die wartende Menge Rekruten, die sie mehr oder weniger aufmerksam anblickten. Die fünf Rekruten waren alle noch ausgesprochen verschlafen, aber es wurde langsam Zeit aufzuwachen, zumindest dachte das Carisa, die schon seit dem Morgengrauen wach war.
"Also, heute morgen steht Armbrusttraining auf dem Ausbildungsplan", begann die Wasserspeierin.
"Ma'am, ich hätte da eine Frage", meldete sich ein Rekrut.
"Ja, Rasmus?" fragte Carisa.
"Wieso machen wir so eine Ausbildung eigentlich?"
"Nun das ist doch ganz einfach. Außerdem solltest du das aus dem Theorieunterricht noch wissen. Aber gut, ich erkläre es nochmal", antwortete Carisa.
"Ihr sollt in der GRUND-Ausbildung eine Grundkenntnis im Umgang mit verschiedenen Waffen bekommen. Denn es kommt häufig vor, dass man sich verteidigen muss. Dafür habt ihr zum einen das Dienstschwert, damit habt ihr ja auch schon geübt. Aber vielleicht kommt ihr auch mal in die Verlegenheit, mit der Armbrust arbeiten zu müssen, zum Beispiel wenn ihr jemanden beschützt und nicht direkt an ihm dran sein könnt, sondern Abstand halten müsst. Deshalb üben wir hier das Schießen mit der Armbrust."
"Ja, aber wir könnten doch auch einfach mit den Leuten reden, die uns oder denjenigen den wir beschützen, angreifen wollen?" antwortete Rasmus, dem deutlich anzusehen war, dass er weder Lust noch Interesse am Armbrustschießen hatte.
"Natürlich wäre das wünschenswert, dass mit den Leuten zu reden wäre, aber wie stellst du dir das bei einem Verbrecher vor, der mit einer Armbrust auf DICH zielt?" erwiderte Carisa, die diese Diskussionen schon kannte. Rasmus hatte zu fast allem etwas einzuwenden. Seine Stärken lagen nicht gerade im Umgehen mit Irgendetwas, er redete viel lieber, denn da fühlte er sich sicher.
"Aber...", versuchte der Rekrut wieder einen Einwand.
"Genug jetzt Rasmus, ich weiß, dass du lieber jetzt mit mir diskutieren willst, aber zum einen haben wir jetzt keinen Kurs in Diskutieren oder so und zum anderen langweilen sich die anderen unendlich", unterbrach Carisa ihn.
Ihr war schon aufgefallen, dass die anderen Rekruten angefangen hatten, leise aber deutlich hörbar miteinander zu reden.
"Ruhe jetzt", befahl sie.
Die Rekruten blickten auf. Sie wussten mittlerweile, dass es besser war auf die Wasserspeierin zu hören. Carisa war zwar gutmütig, aber ausnutzen oder zum Narren halten ließ sie sich nicht. Wenn es um die Ausbildung der Rekruten ging, war sie nicht zu erweichen. Sie stand auf dem Standpunkt: Sei Freund der Rekruten, hilf ihnen, wo du kannst, aber lass ihnen nichts durchgehen.
"Also, wir fangen erst mal damit an, so eine Armbrust auseinander und wieder zusammen zu bauen. Ihr sollt ja auch lernen diese Waffen zu warten und zu pflegen, denn euer Leben könnte davon abhängen", referierte die Gargoyle.
"Als erstes holt sich jetzt jeder eine Armbrust. Die liegen schon da auf der Mauer."
Carisa deutete auf die kleine Steinmauer, die den Übungsplatz vom restlichen Hof abtrennte.
Die Rekruten schlurften los. Wieder war Zeit miteinander zu reden und deshalb wollten sie sich auch keineswegs beeilen. Immerhin war früh am morgen, gerade mal neun Uhr, und sie waren irgendwie alle nicht so richtig wach, denn gestern war es spät geworden. Einer der anderen Rekruten hatte Geburtstag gehabt und sie hatten es sich nicht nehmen lassen, ausgiebig zu feiern.
Die Rekruten kehrten zurück. Carisa hatte geduldig auf sie gewartet und hob nun die Armbrust, die sie schon vor sich liegen hatte auf.
"Gut, weiß irgendwer noch, wie so eine Armbrust aufgebaut ist?" fragte sie in die Runde.
Müde Augen blickten die Wasserspeierin an.
Wie immer, keiner, dachte Carisa. Manchmal war sie doch kurz vorm Verzweifeln. Erst gestern im Unterricht hatten sie das durchgesprochen.
"Gut, ich werde euch auch das nochmal erklären", sagte sie resignierend.
"Hier haben wir den Spannhebel", die Wasserspeierin zeigte auf das entsprechende Bauteil. "Das ist die Visierklappe, das der Spannkasten mit Haken, der wird beim Herunterklappen des Spannhebels rückwärts gezogen." Sie blickte zu den Rekruten.
"Ja und dann, so ist es mir erzählt worden, dann hat sich der Pfeil in ihrem Bart verfangen. Carisa musste ihn abschneiden", kicherten zwei Rekrutinnen.
"Siouxsie, Anette es wäre sehr nett, wenn ihr euch entschließen könntet, ebenfalls zuzuhören und euch nicht stattdessen über die Missgeschicke von Kollegen lustig zu machen. Wer weiß wie es euch ergehen wird, wenn ihr hier nicht zuhört", Carisa lächelte vielsagend.
Die Rekrutinnen verstummten.
Carisa setzte wieder zum Sprechen an, blickte dann aber erneut auf.
"Anette, das mit dem Zuhören bezieht auch ein, nicht zu singen", bemerkte sie.
Anette Knödel blickte auf. Sie hatte gar nicht gemerkt, dass sie angefangen hatte zu singen. Sie ließ den Blick sinken und murmelte ein leises "Ja Ma'am."
"Gut. Dann weiter. Hier dieses Teil mit der Feder dran ist der Hebelverschluss. Dann gibt es eigentlich nur noch die Gabel. Die hat diese Zacken hier", Carisa zeigte mit dem Finger auf die Zacken. "Dazwischen ist eine kleine Kugel, die ist auf diesem Draht hier verschiebbar. Die Kugel dient als Korn beim Zielen. Ist das soweit klar?"
Vielstimmiges Murmeln war die Antwort.
"Wie antwortet man einem Vorgesetzten?" fragte Carisa scharf.
"Ja Ma'am", kam es mehr oder weniger einstimmig und nicht sonderlich wach zurück.
Die Wasserspeierin unterdrückte ein Grinsen. Was für ein müder Haufen. Aber wer abends lang feiern konnte, konnte morgens auch zum Unterricht erscheinen.
"In Ordnung, dann baue ich die Armbrust mal auseinander. Ihr müsst dafür ein paar Schrauben lösen, das macht ihr hiermit", Carisa nahm einen Schraubenzieher in die Hand und zerlegte die Armbrust. Sie ordnete dabei die Teile genau auf dem Boden.
"Jetzt seid ihr dran. Bitte versucht die Teile geordnet hin zu legen. Das vereinfacht für euch das spätere Zusammenbauen ungemein. Schraubenzieher sind in der kleinen Tasche, die auf der Mauer steht. Dippwin, hol doch bitte für jeden einen."
Der angesprochene Rekrut Dippwin Damo Felabro Bendolch salutierte und ging die Schraubenzieher holen, dieses Mal sogar ausgesprochen schnell. Auch die anderen Rekruten schienen aufgewacht zu sein, vielleicht lag es daran, dass sie etwas tun konnten ohne die ganze Zeit aufrecht stehen und zuhören zu müssen.
Dippwin verteilte die Schraubenzieher und alle begaben sich an das Auseinanderbauen.
Carisa brauchte nicht lange zu warten, da schrien die ersten beiden Rekruten schon nach Hilfe.
"Nun Rasmus und Ignatius, wo liegt das Problem?" fragte Carisa, obwohl sie es sich schon vorstellen konnte.
Die beiden hatten einfach zwei linke Hände und zumindest Rasmus war sich dessen auch bewusst. Ignatius Bratenknecht war erst seit ein paar Tagen in der Wache, aber auch er hatte bisher nicht durch seine Geschicklichkeit geglänzt.
Die beiden Rekruten blickten Carisa verzweifelt an. Vor ihnen lagen mehr oder weniger ordentlich die Teile von zwei Armbrüsten, nur leider mittlerweile nicht mehr in zwei getrennten Haufen.
"Ok, ich verstehe. Wisst ihr was ihr falsch gemacht habt?" fragte Carisa geduldig.
"Ich weiß nicht, ich hab doch alles genauso wie Sie gemacht, Ma'am", sagte Ignatius.
Rasmus nickte zustimmend.
"Ich würde sagen, ihr habt alles so wie ich gemacht, bis auf das ordentliche Hinlegen, richtig?"
Rasmus und Ignatius ließen die Köpfe hängen.
"Kopf hoch ihr beiden, wir haben ja noch mehr Armbrüste, ich lass euch welche bringen und dann versucht ihr es nochmal", schlug Carisa vor.
"Ist gut, Ma'am", Rasmus Begeisterung war nicht zu überhören.
Carisa ging zur Mauer und zog an einem Seil. In der Rüstkammer gegenüber klingelte eine kleine Glocke. Mittlerweile wusste Carisa, dass sie die Rekruten keine Minute aus den Augen lassen konnte, schon gar nicht mit Armbrüsten, selbst wenn diese gerade auseinandergebaut waren, deshalb hatte sie diese Vorrichtung gebaut, um Syphar Schwarzpelz, einen ehemaligen Wächter, der mittlerweile als Mädchen für alles im Wachhaus Kröselstraße arbeitete, zu verständigen.
Syphar Schwarzpelz erschien in der Tür der Rüstkammer. Er war ein großer, stattlicher Mann mit saphirblauen Augen und schwarzen Haaren. Um seinen Hals hing eine Kette mit einem Wolfszahn, was auf seine eigentliche Identität hindeutete. denn Schwarzpelz war ein Werwolf. Während seiner Rekrutenzeit hatte er irgendwann entschieden, dass Wächter doch nicht der richtige Beruf für ihn war und war zuerst einmal zurück nach Überwald gegangen, wo er familiär noch einiges zu klären hatte. Vor einigen Wochen hatte er dann bei Kommandeur Ohnedurst angefragt, ob es eine Stelle in der Wache für ihn gäbe, die nichts mit dem eigentlichen Wächterberuf zu tun hätte. Der Kommandeur hatte ihm vorgeschlagen, die seit Jahren offene Hausmeisterstelle im Wachhaus Kröselstraße zu besetzen. Dies hatte Syphar zugesagt und er fühlte sich ausgesprochen wohl, vor allem weil er doch den einen oder anderen Wächter aus seiner Wächterzeit wiedertraf. Nur seine besten Freunde hatte er noch nicht wieder getroffen, Mefarina und Romulus, mit denen er zu seiner GRUND-Zeit das von ihren Ausbildern so benannte "Wolfsrudel" gebildet hatte, denn sie waren alle drei innerhalb weniger Tage der Wache beigetreten.
Seine Stimme war tief und es klang etwas Wildes mit, als er rief:
"Ja Ma'am, was gibt es?"
"Bring mir bitte noch zwei Armbrüste. Und hier sind zwei, die wieder zusammengebaut werden müssen", rief Carisa zurück.
Syphar nickte, verschwand kurz in der Kammer und kam mit zwei Armbrüsten zurück,
"Wer bekommt die, Ma'am?" fragte er, als er bei Carisa ankam.
Diese deutete auf die zwei ungeschickten Rekruten. Dann wand sie sich Dippwin zu.
"Nun, Bendolch, wie kommst du zurecht?" fragte sie.
"Sehr gut, Ma'am. Ich habe die Armbrust schon wieder zusammengesetzt." Er hielt Carisa die Armbrust hin,
Die Wasserspeierin nahm sie entgegen. Ihr Blick streifte Siouxsie und Anette, die sich noch mit dem Zusammenbauen beschäftigten, dann begutachtete sie die Armbrust von Dippwin.
"Ordentlich, Rekrut. Sieht alles korrekt aus", sie nickte Dippwin zu und ging dann noch einmal zu Rasmus und Ignatius, die Syphar gerade den Haufen mit den Einzelteilen der beiden Armbrüsten gegeben hatten.
"Syphar könntest du nach den beiden etwas schauen und ihnen helfen? Ich will, dass sie zumindest einmal die Armbrust korrekt auseinander- und zusammengebaut haben", sagte Carisa.
Der Werwolf nickte. "Aber gern, Ma'am."
Er wand sich den beiden Rekruten zu: "Gut ihr beiden, dann lasst uns mal anfangen."
Carisa nickte zufrieden.

Nach einer halben Stunde hatten alle Rekruten ihre Armbrüste wieder korrekt in der Hand. Syphar Schwarzpelz verabschiedete sich wieder Richtung Wachhaus. Er würde die zwei Armbrüste von Rasmus und Ignatius wieder zusammenbauen. Dann mussten noch die Pferde in den Ställen gefüttert werden. Es gab immer genug zu tun und der Werwolf hatte viel Spaß an seiner Arbeit.
"So, nachdem ihr jetzt also eure Armbrüste kennengelernt habt, können wir an die eigentliche Schießübung gehen."
Die Rekruten streckten sich, jetzt wurde es interessant.
"Ihr seht dahinten diese Zielscheiben?" fragte Carisa in die Runde und deutete ans Ende des Schießstandes.
Sie bekam Nicken als Antwort.
"Wie heißt das, Rekruten?" Die Wasserspeierin blickte die Rekruten streng an.
"Ja Ma'am!" sagten die Rekruten wie aus einem Munde.
"Sehr schön. Bitte seht zu!" Carisa hob ihre Armbrust hoch, legte einen Pfeil ein und zielte. Dann flog der Pfeil gen Zielscheibe. Er traf die Scheibe fast in der Mitte.
"Habt ihr alle gesehen, wie ich es gemacht habe?" fragte die Ausbilderin ihre Schützlinge.
"Ja Ma'am", kam als Antwort.
"In Ordnung, dann bitte in folgender Reihenfolge antreten: Bendolch, Bratenknecht, Knödel, Siouxsie und Drachenkumpel."
Die Rekruten stellten sich in einer Reihe auf und der Rekrut Bendolch begann. Er traf die Scheibe am Rand.
"Sehr gut Bendolch, das war dein erster Schuss mit einer Armbrust?" fragte Carisa.
"Ja Ma'am, ich hab das noch nie gemacht", war die Antwort des ehemaligen Alchemisten.
"Schön, der nächste", Carisa winkte mit der Hand.
Bratenknecht trat vor und hielt die Armbrust unbeholfen vor sein Gesicht.
"Du musst einen Pfeil einlegen, Rekrut", erwähnte Carisa geduldig.
Ignatius lief rot an und griff nach einem der Pfeile in dem Köcher vor ihm. Es waren Übungspfeile, vorne abgerundet, dass nicht allzu viel passieren konnte.
Siouxsie und Anette kicherten.
"Rekrutinnen, was gibt es da zu kichern?" herrschte Carisa sie an.
Die beiden verstummten. Die Wasserspeierin nickte.
Ignatius schoss. Sein Pfeil verfehlte die Zielscheibe um zwei Meter.
"Ok, beim nächsten Mal bestimmt", munterte Carisa ihn auf.
Anette traf dann wieder, aber auch Siouxsie und Rasmus verfehlten die Scheibe. Glücklicherweise kam es zu keinen unangenehmen Vorfällen, wie vor einiger Zeit mit Doris von Zitti, die es irgendwie geschafft hatte, den Pfeil mit ihrem Bart zu verknoten.
Im nächsten Durchgang lief es etwas besser. Diesmal vergaß keiner der Rekruten, den Pfeil einzulegen und die Pfeile flogen näher an die Zielscheibe heran. Nach weiteren acht Durchgängen hatte zumindest jeder Rekrut die Scheibe einmal getroffen.
"Sehr schön, ihr macht euch gut. Mit ein wenig regelmäßiger Übung werdet ihr sicher alle ganz passable Schützen", schloss Carisa den Unterricht.
"Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen", sie richtete den Blick auf Rasmus und Ignatius, "aber es ist bei keinem von euch aussichtslos."
Die Rekruten lächelten. So ein Lob hörten sie gern.
"Dann ist es jetzt Zeit für die Mittagspause. Um ein Uhr sehe ich euch dann zum Theorieunterricht. Wegtreten", sagte die Wasserspeierin.
Innerhalb weniger Sekunden stand sie allein auf dem Übungsplatz. Sie seufzte. Wieder ein Vormittag um. Jetzt würde sie sich auf das Dach des Wachhauses begeben, zu ihrem derzeitigen Schlafplatz. Dort lag ein wundervolles Stück Marmorkuchen und wartete auf sie. Carisa seufzte wieder. Ja, das hatte sie sich verdient nach diesem Unterricht. Die Wasserspeierin ging auf das Haus zu. Als sie die Hauswand erreichte, blickte Syphar Schwarzpelz aus der Rüstkammer.
"Ma'am, ich habe die Armbrüste wieder gerichtet. Ich soll Ihnen sagen, dass Hauptmann Llanddcairfyn Sie sprechen will, sobald Sie Ihren Unterricht beendet haben."
Carisa nickte.
"Danke Syphar. Die anderen Armbrüste habe ich auf die Mauer gelegt. Überprüfe sie bitte. Ich werde dann mal zum Hauptmann gehen."
Das Mittagessen wird warten müssen, dachte sie, wie immer...

ENDE
Zählt als Patch-Mission.



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