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Für Rekruten (erste Mission):
Dein/e Ausbilder/in schickt dich auf einen Botengang. Vermassele ihn nicht!
Dafür vergebene Note: 10
"Weiter, weiter, immer weiter,
Auf meinem Weg bleib' ich stets heiter,
Nach Ankh-Morpork zieht es mich hin,
Doch weiß ich nicht, wo ich grad' bin.
In Lancre brach ich auf,
um zu ändern meines Lebens Lauf,
Glück und Reichtum werd' ich finden,
Mag sich der Weg auch noch so winden."
Anette Knödel lief, nein, sie tanzte, über die Sto-Ebene und sang ein Lied, das sie sich selbst auf dem Weg ausgedacht hatte. Voller Inbrunst und Überzeugung sang sie ihren mittelmäßigen Text mit einer schönen, klaren Stimme, während das kleine Orchester in ihrem Kopf unermüdlich spielte. Ihre Schritte waren federnd und fröhlich, und gelegentlich drehte sie sich im Kreis. Es war nicht so, dass Anette besonders gute Laune hatte, denn es war ein düsterer, regnerischer Tag, aber die junge Frau sang und tanzte eigentlich ständig, egal bei welchem Wetter und wie es um ihre Laune bestellt war.
Wenige Stunden später brach die Nacht herein und Anette suchte sich einen Baum, unter dem sie Schutz vor dem Unwetter suchte. Sie ließ ihren ledernen Rucksack auf den Boden fallen und kramte eine Weile in ihm herum. Schließlich fand sie, wonach sie gesucht hatte: Eine Decke, ein Kissen und eine Puppe, die mit ihrem blauen Kleid und der weißen Schürze sowie den braunen Haaren ihrer Besitzerin selbst nicht unähnlich sah. Anette breitete ihr Lager aus und wickelte sich in die Decke ein, gab ihrer Puppe einen Kuss und wünschte ihr eine gute Nacht.
"Heda, junge Frau! Wachen sie auf! Die Leute hier haben es nicht gerne, wenn jemand am Straßenrand kampiert, am wenigsten die zahlreichen Wegelagerer!"
Anette schreckte hoch und blinzelte in die Morgensonne. Vor ihr sah sie eine dunkle Gestalt, die seltsam knubbelig aussah, und der beißende Geruch schien auch von dieser Gestalt auszugehen.
Anette stand auf und betrachtete denjenigen, der sie geweckt hatte. Es handelte sich um einen älteren Herrn, der einen schmutzigen Filzhut trug, sowie einen langen, braunen Ledermantel, der stellenweise geflickt worden war. Unter dem Mantel trug er ein schäbiges dunkelbraunes Hemd und eine ebenso schäbige, ebenso dunkelbraune, viel zu weite Hose. Seine Stiefel machten ihrem Namen keine Ehre, denn sie waren vielmehr eine Ansammlung von Löchern, die von ein wenig schwarzem Leder verziert wurden.
"Na, junge Dame, hast du auch einen Namen?", fragte der Fremde und ein schiefzahniges Lächeln ließ seinen krausen, verfilzten Bart erzittern.
"M-Mein Name ist Anette...Anette Knödel und ich bin auf dem Weg nach Ankh-Morpork", stammelte die junge Frau und schaute den alten Mann fragend an. "Und wer sind sie?"
"Soso, eine junge Dame, die ihr Glück in der großen Stadt sucht, wie?", sagte der Fremde und lief abschätzend um sie herum. "Hmm, so wie ich es sehe, hättest du sicher gute Chancen bei den Näherinnen, Kleine."
"Hm, die Näherinnen, wie? Ich war schon immer recht gut in Handarbeit, vielen Dank für den Rat, ich werde mich mal umsehen, sobald ich angekommen bin.", sagte Anette mehr zu sich als zu dem Mann. "Und wie komme ich von hier aus am schnellsten nach Ankh-Morpork?", fügte sie noch hinzu.
"Nun, das ist recht einfach, du folgst einfach dem Weg da drüben", er zeigte auf einen Trampelpfad in der Nähe, "bis du schließlich irgendwann ankommst. Immer der Nase nach, eigentlich kannst du es nicht verfehlen."
Anette klatschte vor Entzücken in die Hände. Eine komplizierte Wegbeschreibung hätte sie sich eh nicht merken können. Hastig räumte sie ihr Lager auf und stopfte ihre Sachen recht lieblos in ihren Rucksack, den sie sich wieder schwungvoll auf den Rücken warf.
"Vielen Dank, Herr...?", quietschte sie und drehte sich in die Richtung, in der der alte Mann eben noch gestanden hatte. Aber von ihm war nur noch ein dunkelbrauner Fleck am Horizont zu sehen.
'Wie hat er das nur angestellt?', dachte Anette und machte sich wieder singend und tanzend auf den Weg: "Weiter, weiter, immer weiter..."
Der Wald um Anette herum war dicht und dunkel. Das Mondlicht konnte nur wenig Waldboden erreichen, da die Bäume so dicht standen, dass ihre Kronen beinahe ein geschlossenes Dach bildeten.
"Wo bin ich denn jetzt gelandet? Der alte Mann hatte doch gesagt, ich könne mich nicht verirren, und jetzt steh ich hier mitten im Wald und habe nicht die geringste Ahnung, wo ich bin und wie ich hier wieder raus komme!". Anette sprach mit sich selbst, denn im nächtlichen Wald gab es sonst niemanden, der ihr Gesellschaft leistete.
Einige Bäume um sie herum hatten erstaunliche Ähnlichkeit mit alten Männern oder schrecklichen Ungeheuern. Anette fröstelte, und ein flaues Gefühl machte sich in ihrer Magengegend breit. Als sie sich verzweifelt auf einem herabgefallenen Baumstamm nieder ließ, hörte sie ein Rascheln im Geäst.
"H-Hallo? Wer ist denn da? Bitte tun sie mir nichts, ich habe mich verlaufen und finde den Weg nicht mehr."
Die Stimme, die antwortete war ölig und schmeichelte Anette in einer Art und weise, die sie erröten ließ.
"Ich bin ein Freund...den Weg zurück kann ich dir nicht zeigen, aber den Weg ins Licht, in unendliche Freude...ja, den habe ich schon vielen gezeigt..."
Anette sprang auf und lief schreiend davon. Sie wusste zwar nicht in welche Himmelsrichtung sie lief, aber das war ihr im Moment egal. Sie wollte nur schnellstmöglich weg von der seltsamen Stimme.
Am nächsten Morgen stieß Anette wieder auf den Trampelpfad, den sie verlassen hatte, um ein Eichhörnchen in der Nähe zu beobachten. Erleichtert setzte sie sich eine Weile auf den Boden und atmete mehrmals tief durch.
Nachdem sie sich wieder halbwegs beruhigt hatte, stand sie mühsam und mit steifen Gliedern wieder auf und fröstelte.
"Es hat alles keinen Sinn", versuchte sie sich selbst zu überzeugen, "Ich muss ja weiter. Wenn ich hier sitzen bleibe, wird mir auch nicht wärmer."
Also machte sie sich wieder auf den Weg in die Richtung, die sie als richtig erachtete, dem Sonnenaufgang entgegen, der den klaren Himmel in einen interessanten Orange-rosanen Farbton hüllte.
Anette hielt sich die Nase zu und betrat Ankh-Morpork durch ein großes Tor. Ein paar Wächter standen dort und beäugten sie mit abschätzendem Blick.
"Hallo. Mein Name ist Anette Knödel und ich wüsste gerne, wo ich die Näherinnengilde finde?", fragte die Junge Frau.
Einer der Wächter lachte wissend und antwortete: "Soso, die Näherinnengilde, wie? Nun, zuerst gehst du von hier aus weiter geradeaus bis zum Palast des Patriziers. Dann gehst du auf den Pseudopolisplatz, wo die Oper steht. Links von dir solltest du dann die Ponsbrücke finden. Einfach weiter geradeaus gehen, bis zur Ecke Sirupminenstraße. Direkt an der Ecke steht ein Haus. Das ist die Näherinnengilde...und...viel Glück!", fügte der Wächter mit einem Augenzwinkern hinzu.
Anette fühlte sich überfordert. Sicherheitshalber kramte sie einen Zettel und einen alten Bleistift aus ihrem Rucksack und ließ ich den Weg noch einmal erklären, während sie mit schrieb.
"Danke, danke, vielen Dank, der Herr! Wenn sie mal etwas von mir brauchen sollten...ich schulde ihnen etwas!", sagte Anette lachend, und rannte los, um in der Näherinnengilde ihr großes Glück zu finden.
Der Wächter lachte in sich hinein und murmelte: "Danke, nein, ich bin verheiratet", aber das hörte Anette nicht, die schon auf dem Weg zum Patrizierpalast war.
"Rauf, hinauf und immer weiter,
auf der Karriereleiter,
auf der ich zu meinem Glücke kletter',
ganz egal bei welchem Wetter."
Anettes braune Haare glänzten in der Sonne, während sie tanzend ihr Lied sang und über die Messingbrücke stolzierte. Einige Menschen und Zwerge folgten ihr, und versuchten, Anettes Tanz nachzumachen. Einige brachten den Mut auf, ein paar Worte mitzusingen. Auf dem Pseudopolisplatz öffneten sich einige Fenster, und die Personen, die heraus schauten, grüßten Anette fröhlich und überschwänglich.
An der Oper angekommen, reihten sich einige Sänger und Sängerinnen in die Menge ein, die Anette folgten und in ihr Lied einstimmten.
Zumindest war es das, was sie glaubte. In Wirklichkeit waren sie wütend über die Ruhestörung und trachteten danach, sie zum Schweigen zu bringen.
Die junge Frau bog links ab und ging über die Ponsbrücke.
Vor der Näherinnengilde angekommen, breitete Anette die Arme aus und beendete ihr Lied in einem hohen Tremolo-Ton. Die Menge stob auseinander und begann wieder ihrem geregelten Leben nachzugehen.
Anette zitterte, während sie die Tür öffnete.
Als sie eintrat, kam eine junge Frau beinahe sofort auf sie zu gewuselt.
"Hallo, junge Dame, wie kann ich dir helfen?", fragte sie, während sie Anette mit einem warmen Lächeln bedachte.
"Nun, ich...ich würde gerne der Näherinnengilde beitreten. An wen kann ich mich da wenden?"
"Hm", brachte die Fremde hervor, während sie um Anette herum stöckelte und sie von oben bis unten musterte. "Hm, ja, ich denke, du bist....qualifiziert, Schätzchen. Ich denke, ich sollte dich Frau Palm vorstellen."
Die Fremde nahm Anette bei der schwitzigen Hand und führte sie zu besagter Frau Palm.
"Ohne Nadel und Faden, was denken die sich? Schließlich ist es die Näherinnengilde. 'besondere Arbeitskleidung'. Pah, von wegen, die Uniform besteht doch darin, so wenig wie möglich zu tragen. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sagen, es würde sich nicht um Näherinnen handeln, sondern um...um...Ach, was weiß ich denn, leichte Damen oder ähnliches..." Anette schimpfte, während sie durch die nebligen Gassen Ankh-Morporks stapfte. Tagsüber war die Stadt sowieso schon unübersichtlich, aber nachts glich eine Straße der anderen, zumindest in Anettes Augen.
Als sie komplett den Überblick zu verlieren drohte, kletterte sie über einige kleine Hütten auf eines der Dächer. Von dort aus sah sie beinahe die ganze Stadt: Den Turm der unsichtbaren Universität, der in den Himmel ragte, den Palast des Patriziers, und die vielen Häuser, die den Bürgern Ankh-Morporks ein Zuhause bot. Sie stimmte ein altes Kinderlied an, das von der Nacht und vom Schlaf handelte, wurde jedoch von einer Stimme unterbrochen.
"Enchulgigung, ager giech icht ein Ach!"
"Hallo? Wer spricht da? Kann ich ihnen helfen? Wo sind sie?"
"Hier, gu gumme Nuch!"
"Wo, hier?", fragte Anette und schaute sich auf dem Dach um.
"Na, hier! An ger Gachringe!"
Wenn Anette es richtig verstanden hatte, kam die Stimme von der Dachrinne. Sie legte sich auf den Rand des Daches und schaute hinab. Dort war nur eine Steinfigur und...nun, eine Dachrinne.
"H-hallo?" brachte Anette schüchtern hervor.
"Hallo!", hörte sie die seltsame Stimme.
Die Steinfigur bewegte sich wie in Zeitlupe und kroch in Richtung Dach an der Hauswand empor. Anette beobachtete all das mit einer ordentlichen Portion Neugier und mit viel zu wenig Vorsicht. Als die Steinfigur, eine Art große, grinsende Katze, auf dem Dach angekommen war, setzte sich Anette auf die Kante des Daches und beäugte die Figur neugierig.
"Wer- wer bist du?"
"Ich? Ich ging ein Acherchkeier!"
"Ein was bitte?"
"Ein ACHERCHKEIER! Gu eichk chon, An Häuchern hängen unk Acher chkeien!"
"Ein...Wasserspeier?
"Genau, ein Acherchkeier! Unk er gichk gu?"
"Wer ich bin? Ich bin Anette Knödel und ich suche im Moment Arbeit."
"Argeik? Nun, gu könnkecht ech gei gen Näheringen cherchuchen."
"Bei den Näherinnen? Pah, da habe ich es schon...cerchucht, ich meine, versucht. Aber irgendwie war die Gilde nicht ganz das, was ich mir vorgestellt hatte."
"Ich kang ir chorchtellen, as gu eincht."
"Hm. Ja, das kann durchaus sein."
Eine dunkle Gestalt marschierte durch die Straße vor dem Haus. Anette beobachtete sie neugierig und fragte sich, wer das sein mochte.
"Wer ist das da unten?", fragte sie an den Wasserspeier gewandt.
"Gach? Gach 'üchte....gach 'üchte...Akera chein. Chie icht eine Nacht'ächkerin."
"Eine Nachtwächterin? Was machen Nachtwächter denn?"
"Nun, chie kachen auch, gach gie Chergrechen in giecher Chkack ing Rahngen gleigen."
"Also sind die Wächter eine Art...Beschützer der Schwachen?"
"Ganch genau! Ach, ügrigench, 'ein Na'e icht..."
Doch den Namen des freundlichen, katzenförmigen Wasserspeiers erfuhr Anette nie, denn sie war schon längst auf dem Weg zum Wachhaus. Allerdings wusste sie den Weg nicht, weswegen sie zurück zur Oper ging, um dort die Leute zu befragen. Dort angekommen, traf sie einige feine Leute, die ihr gerne den Weg erklärten. Auch wenn sich ihre Angaben widersprachen, schrieb Anette fleißig alles mit, was sie in dem Chaos des Gesprächs aufschnappte.
In der Kröselstraße angekommen, suchte sie nach dem Wachhaus, was sie beinahe auf Anhieb fand...das heißt, nach circa fünfzehn Minuten Suche war sie am Ziel angekommen.
Anette holte einmal tief Luft, bevor sie an die Tür klopfte und vorsichtig eintrat.
Der Anblick, der sich ihr bot, raubte ihr den Atem. Die Eingangshalle war riesig, und Anette stolzierte ein paar Schritte darin umher und beobachtete die Wände und die Decke. An sich war die Eingangshalle absolut nichts besonderes, aber Anette hatte sich noch nicht an große Häuser gewöhnt, weswegen sie zunächst einmal überwältigt herum stand. Nach einiger Zeit vernahm sie ein Räuspern, das sie aus ihren Gedanken riss. Anette drehte sich in die Richtung, aus der sie das Räuspern gehört hatte. Dort sah sie einen großen Tisch, an dem zwei Gestalten saßen. Eine davon war ein Gnom mit Haaren, die in alle Richtungen standen. Und die andere war ein relativ junger, extrem großer und hagerer Mann, der eine strahlend weiße Robe trug.
Die Gnomin stemmte die Hände in die Hüften und keifte direkt los: "He! Was suchst du hier? Bist du hier, um ein Verbrechen zu melden oder was?"
Anette war sichtlich verunsichert. "Ehm...ich...ich würde mich gerne...ehm...bei euch anmelden, das heißt, ich möchte gerne Wächterin werden. Die Armen, Kranken und Schwachen beschützen und so weiter, hehe"
Die Gnomin konnte ein Lachen nicht unterdrücken: "Soso, du willst also bei der Wache anfangen, wie? Haben die Näherinnen dich nicht genommen, oder gab es ein Missverständnis bezüglich dem, was Näherinnen tun?"
"Wie, was, woher wissen sie das, edle...ehm...Gnomin?", stammelte Anette.
Die Gnomin riss die Augen auf. Sie hatte also tatsächlich Recht. Und wieder konnte sie sich ein Lachen nicht verkneifen. "Haha, ich habe halt meine Informationsquellen...aber kommen wir zur Sache. Du willst also zur Wache, wie? Dann sollte ich dich mal besser Irina vorstellen, sie ist für so was zuständig."
Das Büro vom Irina Lanfear sah aus wie jedes andere Büro aus. Papiere, ein Schreibtisch, das Übliche eben. Anette trat schüchtern ein und räusperte sich, bevor sie sprach:
"H-Hallo, ich bin Anette Knödel, und ich suche die Ausbildungsleiterin hier, weil ich...ehm...ich möchte gerne der Wache beitreten."
Irina betrachtete Anette eingehend, bevor sie abfing, zu reden:
"Aha, eine Neue Bewerberin. Freut mich, dass du zu uns gekommen bist. Wir hätten sogar schon einen ersten Auftrag für dich, da wir im Moment etwas...Personalnot haben. Aber kommen wir zuerst zu den Formalitäten..."
Anette platzte beinahe vor Stolz. Sie war nun Mitglied der Wache, und sie wollte ihnen allen zeigen, was sie drauf hatte.
Sie führte sich immer wieder ihren Auftrag vor Augen: 'Liefere diese Nachricht an Björn Hammerhock, liefere diese Nachricht an Björn Hammerhock...'
Björn Hammerhocks Werkstatt lag in der Rauhreifstraße. Den Weg dorthin hatte Anette sich von dem jungen, dünnen Mann am Empfangsschalter der Wache erklären lassen. Das Orchester in Anettes Kopf begann wieder zu spielen, und so begann sie wieder zu singen:
"Bei der Wache bin ich nun,
Ich hab auch gleich etwas zu tun.
Zu Hammerhock soll diesen Brief ich bringen,
und niemand hindert mich am Singen."
Voller Überschwang sang Anette diese spontan gereimten Zeilen, um ihrer Freude Ausdruck zu verleiten, und um ihr Ziel nicht zu vergessen. Wieder folgte ihr eine ganze Menge Leute, die Anette möglichst schnell den Mund stopfen wollten, doch die Singende hatte einen ganz anderen Eindruck:
In ihren Augen waren die Leute hinter ihr eine freundliche Gruppe Menschen, die akrobatische Meisterleistungen verbrachten, während sie aus voller Brust mit sangen, und den Weg für Anette frei machten. Doch die Menge sorgte für genug Ablenkung, sodass die junge Frau sich verirrte. Ihre Situation verbesserte sich nicht wirklich, als nun auch von vorne eine singende Menge heran getänzelt kam. In Wahrheit handelte es sich bei der zweiten Menge um einen weiteren Teil der Bevölkerung, der Anette aufhalten wollte.
Anette huschte in eine Seitengasse, und bemerkte schon nach kurzer Zeit, dass ihre Verfolger entweder aufgegeben hatten, oder woanders weiter sangen.
Als sie Gelegenheit hatte, sich in der Gasse umzusehen, überlegte sie, ob sie nicht wieder zurück in die Straße wollte, aus der sie kam. Diese Gasse war mit Abstand die schmutzigste Gasse, die Anette jemals gesehen hatte. Ein heruntergekommener Hund schnüffelte hoffnungsvoll an einem undefinierbaren Haufen. Anette beugte sich zu ihm herunter, und streichelte sein zottiges, verfilztes Fell.
"Na, mein Kleiner, weißt du auch nicht, wo du hin sollst?", fragte sie liebevoll.
"Wuff?", sagte der Hund als Antwort. Es klang nicht wie das normale Bellen eines Hundes.
"Hast du gerade Wuff gesagt? Aber nein, das ist unmöglich, Hunde sprechen nicht, sie bellen, ich muss mich verhört haben. Hm, wenn du ein Mensch wärst, würde ich dich fragen, ob du mich zu Björn Hammerhocks Schmiede bringen könntest, aber das ist natürlich abwegig."
Der Hund schaute Anette aus müden Augen an, wedelte mit einem Stummel von Schwanz und rannte aus der Gasse hinaus. Anette hielt es für eine gute Idee, dem Hund zu folgen, was sie auch tat. Nach einer kurzen Verfolgung durch die Gassen und Straßen Ankh-Morporks stand sie vor Björn Hammerhocks Schmiede. Sie streichelte den Hund ein weiteres mal, als sie plötzlich den starken Wunsch verspürte, ihm einen Keks zu geben. Dieser Wunsch kam nicht von ungefähr. Der Hund, der Anette zu Hammerhocks Schmiede führte, war Gaspode, ein sprechender Hund. Allerdings glauben Menschen in der Regel nicht an sprechende Hunde, und deswegen glauben sie, dass das, was Gaspode der Hund zu ihnen sagte, ihre eigenen Gedanken sein mussten.
Anette hatte zwar keinen Keks dabei, fand in ihrem Rucksack aber ein Hühnerbein, das liebevoll eingepackt worden war. Es war sicher schon vergammelt, aber ansonsten hatte sie nichts zu essen dabei. Sie reichte es dem Hund, der direkt gierig danach schnappte und in einer weiteren dunklen Gasse verschwand. So chaotisch und schmutzig Ankh-Morpork auch war, eins musste man der größten Stadt auf der Scheibenwelt lassen: Es mangelte ihr nicht an dunklen Gassen.
Anette besann sich ihres Auftrags, und klopfte an die Tür von Hammerhocks Schmiede. Ein Zwerg öffnete die Tür und blickte argwöhnisch drein.
"Ja, was willst du, Mädel?"
"Ahm..ich, ehm...ich soll diese Nachricht einem gewissen Björn Hammerhock bringen. Sind sie das?"
"Ja, das bin ich. Wurde ja auch Zeit, dass ich sie mal bekomme, ich warte schon ewig!"
Anette wollte etwas erwidern, doch die Tür der Schmiede war schon wieder zu geknallt worden. Ein wenig enttäuscht machte sie sich wieder zurück auf den Weg zum Wachhaus, um von ihrem grandiosen Erfolg zu berichten. Ihr stand hoffentlich eine angenehme und steile Karriere in der Nachtwache bevor.
Wieder im Wachhaus in der Kröselstraße angekommen, stapfte Anette schnurstracks zu Irinas Büro, um dort höflich anzuklopfen.
"Herein!", kam die Antwort schon nach wenigen Sekunden.
Anette schritt zackig in das Büro, salutierte und sprach in erstaunlich harschem Ton:
"Auftrag ausgeführt, Mä'äm, Rekrutin Knödel ist bereit für weitere Anweisungen!"
Irina war etwas irritiert, antwortete trotzdem freundlich:
"Gut gemacht, Rekrutin. Dann darf ich dich jetzt an deine Ausbilderin Carisa von Schloss Escrow verweisen? Ihr Büro ist ganz in der Nähe. Du findest es schon. Viel Glück."
"Aye, Mä'äm!", brachte Anette zackig hervor. Sie salutierte noch einmal, um sich auf zu machen, um Carisas Büro zu finden.
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