Der Patrizier ist außer sich; jemand hat es gewagt, in den Palast einzubrechen. Wer hat es geschafft, unbemerkt einzudringen und was fehlt? Was hat es mit dem schwarzen Handschuh auf sich, der gefunden worden ist?
Dafür vergebene Note: 7
Feldwebel Lavaelous und Gefreiter Nobbs standen vor der Messingbrücke und regelten den Straßenverkehr. Nichts desto trotz rasten viele Karren und Kutschen über die Brücke hinweg um rechtzeitig am Marktplatz zu sein. Die Wächter besaßen zwar Mut und wären für jede noch zu schwerer Aufgabe bereit gewesen aber sie waren nicht so lebensmüde um sich mit herangaloppierenden Pferdewagen anzulegen.
Lavaelous scharrte verträumt mit den Fuß im Schnee.
"Lav schau mal was ich gemacht habe!", jauchzte Nobby.
"Was soll das darstellen?"
"Natürlich ein Schneemann! Du Kunstbanause.", antwortete er bissig.
Wenn die Muse mal Nobby küßte (das passierte höchstens nur einmal im Jahr, sogar Götter machten um die Menschen, die wie Nobbs wahren ein großen Bogen), bekam er Interesse daran ein Kunstwerk zu erschaffen. Sein Talent hatte eben ein Werk vollbracht das aus zwei Schneekugeln bestand und dem Kohleeier als Gesicht dienten.
"Achte lieber auf dem Verkehr, Gefreiter.", befahl der alte Feldwebel.
Eine Kutsche fuhr mit schneller Geschwindigkeit ohne ihren Tempo zu drosseln an den Wächtern vorbei und bog bei der nächsten Kreuzung ab.
"War das nicht.........", brummte Lavaelous.
Nobbs griff hinter sein Ohr und holte eine Zigarette hervor.
"Ja! Das war er......Es sieht so aus als würde er in Richtung Wachhaus fahren.", meinte er gelassen.
"Der Patrizier wird schon seine Gründe haben, Nobby."
"Äh.....Feldwebel? Warum muß man immer Gründe haben, wenn man was machen will?"
In seinem Ton schwang eine Gradlinigkeit und Neugierigkeit mit, beinahe eine Warnung für Lavaelous, da er bei solchen Fragen stark überlegen mußte.
"Nun..........", fing er zaghaft an.
"Ich meine...", unterbrach Nobby
"... immer wenn ich ein Tag freinehmen will.......du weißt ja, wegen meine Volkstanz Gruppe....muß ich immer begründen WARUM. Also, ob der Kommandeur mich nicht richtig kennen würde."
Lavaelous verdrehte nachdenklich die Augen. Das denken war in seinem Leben immer eine Schwäche gewesen, schon bei einer komplizierten Frage bekam er Kopfschmerzen.
"Also, darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Es ist so einfach, Gründe zu haben Nobby. Sonst währe unsere Tätigkeit auch irgendwie grundlos oder?"
Lavaelous war jetzt auch nicht bereit gewesen, die Sache noch weiter zu diskutieren. Statt dessen beobachtete er den Verkehr mit leichten Kopfschmerzen.
Valeriaa war eifrig dabei den Schnee vor der Eingangstür des Wachhauses zu entfernen. Im gleichen Augenblick bog eine Kutsche in die Krösselstrasse ein und fuhr in Richtung Hauptquartier. Zwei schwarze Pferde hielten direkt neben Valeriaa an. Der Fahrer sprang von Kutschbock runter und öffnete die Kutschentür. Die Obergefreite nahm ihren Helm und verbeugte sich. Lord Vetinari stieg würdig aus.
"Befindet sich Kommandeur Rince in seinem Büro?", fragte der Patrizier in einem Ton, den man mit einem Eiszapfen vergleichen konnte. Sie nickte.
" Ja Sir! Soll ich den Kommandeur Bescheid sagen das Sie mit ihn sprechen wollen?" "Nein, ich werde selbst mein Dasein ankündigen." Mit einem Schwung öffnete der Patrizier die Tür und betrat den Empfangsraum.
Der Wächter Pismire war gerade beschäftigt einige Protokolle zu schreiben. Er bemerkte nicht, dass ein hoher Besuch wartete. Lord Vetinari hüstelte kurz um seine Aufmerksamkeit zu erregen.
"OH......Lord Vetinari, guten Abend Sir." Eine schnelle Verbeugung bereinigt wieder die Situation.
"Ich muß zum Kommandeur!", sagte er ruhig.
Pismire zeigte mit ihrem Zeigefinger auf eine dunkle Tür. "Oben links, die erste Tür Sir!"
Lord Vetinari folgte der Beschreibung und betrat das Büro des Kommandeurs. Rince erhob sich von seinem Stuhl, seine Hand wanderte an die Stirn.
"Wollen Sie Platz nehmen?", bot Rince ihm an.
"Nein danke, ich will mich kurz fassen!", sagte der Patrizier spontan. Der Lord war so Spontan gewesen, daß er auf die Schnelle jemanden köpfen würde wenn man ihn nur schief ansah.
"Letzte Nacht wurde bei mir eingebrochen, dabei ging ein Fenster zu Bruch und angeblich hätten meine Palastwächter nichts gehört oder gesehen."
"Schlimme Sache Herr.", sagte Rince.
Der Patrizier nickte leicht, seine Hände hatte er wie in ein Gebet in Falten gelegt.
"Das ist es worüber ich mit euch reden will. Ich möchte, dass bei diesem Fall kein großes Tam Tam daraus gemacht wird. Wäre es möglich das einige Wächter den Fall in zivil zu übernehmen?"
"Natürlich Herr! Aber momentan gibt es bei uns viel zu tun, Raubmord, Diebstahl..."
"Ich verstehe.", warf Lord Vetinari ein.
"Obergefreite Valeriaa wird der Sache nachgehen. Sie hat ein Gespür für Einbrüche."
"Gut! Ich werde jetzt in meinen Palast zurückkehren und auf gute Ergebnisse hoffen."
Genauso schnell, wie schnell der Patrizier ins Quartier gekommen war, verschwand er auch wieder. Kommandeur Rince rief zu Pismire, daß sie Valeriaa zu ihn raufschicken soll. Nach einigen Minuten kam Valeriaa ins Büro. In ihre Hand hielt sie immer noch die Schneeschippe, Eis rann von der Schippe herab und tropfte auf den Fußboden.
"Sir, Sie haben mich gerufen?"
"Ja.", erwiderte Rince "Es geht um folgendes, letzte Nacht wurde in den Palast des Patriziers eingebrochen."
"OH..."
"Er verlangt aber von uns bzw. von dir keinen großen Wirbel um die Verhaftung des Täters zu machen. Die Obergefreite kramte ihren Notizblock aus der Tasche.
"Es gibt noch keine Anhaltspunkte auf die Beschreibung des Einbrechers."
"...noch keine Punkte......" wiederholte sie murmelt und kritzelte hastig die Information auf den Block.
Der Kommandeur schaute für einen Augenblick auf seine Taschenuhr, die mit einer Kette an seinem Brustharnisch befestigt war.
"Mach dich jetzt in zivil auf den Weg Obergefreite und erstatte darüber nachher einen Bericht!" Befahl er ihr mit einer wegwerfenden Handbewegung.
Bei der Wache gab es ein Zimmer, wo die Wächter ihre Kleidung ablegten und Uniformen anzogen. Dieser Raum war nur spärlich mit Spinden und einer Sitzbank ausgestattet. Jeder Wächter besaß sein eigenen Spind. Valeriaas Spind war ordentlich aufgeräumt. Im obersten Fach lag ihre zivile Kleidung. Im mittlere Fach hortete sie Flohpulver und Ersatzhalsbänder und in dem untersten Fach wurden Politur und Putzmittel für ihre Rüstung und Waffen aufbewahrt. Sie zog sich schnell um, versteckte zur Sicherheit ein Messer in ihren Stiefeln.
Draußen fing es an zu schneien, ein kalter Nordwind strich über Valeriaa hinweg. So stampfte sie durch den Schnee zum Palast des Patriziers. Kurz vor den Toren des Palastes schlich sie sich auf leisen Sohlen etwas näher heran ohne von den Palastwächtern entdeckt zu werden. Zwei Wächter standen frierend vor kälter, vor dem Eingangstor. Als Palastwächter hatte man folgende Arbeit zu verrichten, nämlich:
Lästige Störenfriede, T.M.S.I.D.R. Schnapper und nicht angemeldete Bürger vom Patrizier fernzuhalten. Trotz Naivität und Selbstübereinschätzung spazierte Valeriaa doch noch auf die zwei Gestalten zu, die eine gute Figur von dick und doof abgaben.
"Na wo wollen sie denn hin, junge Lady?" Zwei überkreuzte Hellebarden versperrten ihr den Weg.
"Ich möchte zu Lord Vetinari!" Sie wirkte durchaus ruhig....eigentlich verdächtig ruhig.
Der dickliche Wächter zog eine Augenbraue hoch. "Hm...Lord Vetinari hat nichts erwähnt, dass er jetzt noch ein Gast erwartet."
Ein leises Räuspern kam über ihre bläulich schimmernde Lippen.
"Ich bin die neue Aushilfe als Zimmermädchen!" Valeriaa fiel es schwer zu lügen und eine gute Lügnerin war sie auch nicht gerade. Die charakterlichen Züge bei den Wächter wiesen auf ihr keine gute Hoffnung hin.
Der dicke Wächter flüsterte seinem Kollegen was ins Ohr, daraufhin verschwand er in den Palast während der andere draußen blieb. Auch wenn die mißliche Lage ihr Sorgen bereitete, war sie doch stolz auf ihre Fähigkeit, das Problem geradeheraus anzugehen, es zusammenzufassen und zu analysieren, während Valeriaa nach einer Lösung suchte.
"Da jetzt dein Partner nicht hier ist. Könnten wir uns doch besser kennenlernen, findest du nicht?" hauchte sie augenzwinkernd. Diese Art von Lösung bedeutete für sie Unbehagen aber als Wächter mußte man(n) auf alles gefaßt sein.
Lächelnd nahm der Palastwächter sein Helm ab und reichte seine Hand.
"Gestatten, ich bin Joey. Palastwächter dritten Ranges von Lord Vetinari. Wie heißen Sie, hübsche Lady?", sagte er lächelnd.
"Ich bin Valeriaa angenehm. Ober.......Äh....ehemaliges Oberzimmermädchen von Überwald.", korrigierte sie schnell.
Wie bei einem Wetterwechsel, wechselte Joey seine Gesichtszüge. Panik war nun auf sein Gesicht geschrieben.
"Soll das etwa heißen das du dann auch....." unterbrach er stotternd. Für einen Palastwächter besaß Joey sehr schwache Nerven.
Valeriaa lächelte nur und rieb heftig ihre Augen als wäre ein Sandkorn in ihren Augen geflogen.
"Was hast du Valeriaa?" Und nahm gleichzeitig ihre Hände vom Gesicht.
Wie in Zeitlupe klappte Joeys Mund auf, bekam große Augen, fing dann an zu schreien. "AHHHHH EIN WERWOLF"
Valeriaa mußte zugeben das der Anblick wenn sich ein Mensch in einen Werwolf verwandelte nicht gerade schön war. Ihre Augen haben sich in glühende gelbe Wolfsaugen verwandelt. Ein Zeichen, dass sie sich wieder mal in einen Werwolf verwandelte. Auf vier Beinen rannte sie durch das Eingangstor.
Zum ersten mal betrachtete Valeriaa den Palast von Nahem. Die Wölfin entdeckte das zerbrochene Fenster, daß Rince erwähnte und kroch hinein. Der Raum roch nach Kohlenstaub. Zum Glück war die Kellertür nicht abgeschlossen, vorsichtig streckte Valeriaa ihren Kopf zwischen den Türspalt um zu sehen ob die Luft rein war. Eins mußte man dem Patrizier lassen, dachte Valeriaa, sogar der Flur zum Keller war mit rotem Teppich und mit Ölgemälden dekoriert. Sie streckte ihre schwarze Nase hoch in die Luft. Zwar konnte ein Werwolf nicht sonderbar gut sehen aber sein Geruchssinn machte das wieder wett. Er sorgte dafür, dass ein Wolf die Gerüche in Farben sehen konnte. Der Flur war voll mit bunten Farbwolken. Sie mußte alle Gerüche einordnen um sie auseinanderhalten zu können. Eine marineblaue Duftwolke wies auf Lord Vetinari hin, eine gelbe Wolke wahr wohl möglich einer von den Dienern des Patriziers. Dann schwebte noch ein purpurfarbiger Geruch mit einem Stich von Eisenstaub in der Luft. Da dieser Geruch stark ausgeprägt war, mußte diese Person vor kurzem hier gewesen sein. Als die Wölfin der Spur folgte, bemerkte sie dass der gelbe Geruch nach dreissig schritten sich mit dem Purpurgeruch leicht vermischte und in die Speisekammer verschwand. Vor der Kammer stand eine Kommode. Unter dieser Kommode stieg ein feiner gelber Geruch auf. Mit ihre Pfote versuchte Valeriaa das Beweismaterial rauszuschieben. Es war ein schwarzer Handschuh, den der Diener beim Betreten der Speisekammer verloren hatte. OHHA der Wolf in ihr freute sich über den Anblick was sie dort sah. Schinken und Salami von der feinsten Sorten hingen appetietlich von der Decke herab. Die gelbe Spur endete in einem Weinfaß während der Purpurgeruch durch das geöffnete Fenster verlief. Valeriaa versuchte mit ihrer Schnauze den Deckel von dem Faß zu öffnen doch sie verlor ihr Gleichgewicht und brachte das Faß zum kippen. Ein lebloser Körper fiel aus dem Weinfaß. Entweder war er durch Axthiebe in seinem Rücken getötet worden oder ein Drache benutzte ihn als Kratzbaum. Das warme Blut des Toten ließ den Wolf in ihr erst recht bösartig werden. Mit jaulenden knurrenden Lauten verfolgte die Obergefreite die Spur des Mörders. Nur ein paar Schritte entfernt stand ein Zwerg mit einer blutige Axt. Er bemerkte Valeriaa aber dachte nicht daran wegzulaufen. Eher im Gegenteil, der Zwerg war auch noch bereit gewesen mit einem Werwolf zu kämpfen.
"Du wirst meine Pläne nicht durchkreuzen du Mistköter."
Ein bedrohliches Knurren war ihre Antwort. Keiner von den beiden wußte wer als erster angreifen würde. In gebückter Haltung umkreiste Valeriaa den Zwerg um sich eine gute Position zum Angriff zu verschaffen. Plötzlich schepperte es in dem Palast, eine unbedachte Bewegung des Mörders war sein Untergang. Valeriaa griff an und warf ihn zu Boden. Mit letzter Kraft zückte der Zwerg ein Messer und verletzte die Wölfin im Gesicht. Keifend gelang es ihr das Messer aus seiner Hand zu entreißen. Jetzt nahm der Wolf in Valeriaa völlig die Überhand über die Werwolfsfrau und dachte nur noch ans Töten. Doch eine herrische Stimme unterbrach den Kampf.
"Halt Obergefreite Valeriaa, im Namen des Patriziers befehle ich dir aufzuhören!"
Zwei Wächter kamen ihr entgegen und schleppten den Zwerg in ein Verlies.
"Ich gehe davon aus das jetzt der Fall gelöst ist. Kehre wieder in das Wachhaus zurück." Daraufhin ging Lord Vetinari in seinen Palast zurück.
Der Kommandeur trank gerade eine Tasse Tee als Valeriaa wieder in ihrer menschlichen Gestalt an die Türe klopfte.
"Sir, ich bin wieder zurück!", hauchte sie leise.
"Ach du meine Güte, was ist denn mit dir passiert?" Rince betrachtete die Schnittwunden die sich quer durch ihr Gesicht zogen.
"Ich hatte vorhin eine Auseinandersetzung mit einem Zwerg."
"Und ist der Fall gut verlaufen?" Harkte Rince nach.
"Also, .........."
"Obergefreite Valeriaa hat so eben den Mörder meines Diener geschnappt." unterbrach Lord Vetinari. Er betrat gemächlich das Büro.
"Na, daß ist doch eine sehr gute Nachricht." Meinte Rince.
"Ich möchte jetzt nur noch erfahren warum mein Diener umgebracht wurde.", sagte Lord Vetinari mit einem Fünkchen Neugierigkeit. Valeriaa hätte zwar jede Aktion einzeln von den Finger abgezählt aber wenn Müdigkeit und Schmerzen ihrem Körper zu schaffen machten, wollte sie keine lange Rede abhalten.
"Es muß so gewesen sein... " fing sie an. "Dass der Täter noch mal in den Palast eingebrochen ist. Aber mit einem Unterschied das einer eurer Diener den Vorfall bemerkte und Alarm schlagen wollte. Der Zwerg rannte hinter ihm her, erwischte ihn, und schlug mit seiner Axt zu. Darauf versteckte er die Leiche in der Speisekammer, wo der Tote einen seiner Handschuhe verlor. Ein leeres Weinfaß war genau ein passendes Versteck für den Toten. Offenbar bekam er Panik und flüchtete aus dem Fenster. Denn Rest kennen sie ja Herr."
"Ich werde ihn morgen verhören!", sagte der Kommandeur mit strengem Blick.
"Ja, aber trotzdem wird er zu Tode verurteilt, sein Schicksal ist nun besiegelt." Sprach der Patrizier kühl.
"Kommandeur Rince Sir? Darf ich mich jetzt zurückziehen?" seufzte Valeriaa
"Ja du kannst. Und die Belohnung für deine Mühe wird sein, daß du morgen um eine stunde später zum Dienst kommen darfst."
"Oh danke Sir" ihre Begeisterung hielt sich in Grenzen, sie wollte nur noch zwei Dinge tun: ihre Wunden versorgen und nur noch schlafen.
Ende
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