Es gibt Tage, an denen steht man mit dem falschen Bein aus dem Bett auf.
Es gibt Tage, an denen man sich vom Unglück verfolgt fühlt.
Es gibt Tage, an denen befindet man sich um Sieben Uhr Fünf Verhängnisvollerweise in der Wache.
Es gibt Tage - und dies ist einer davon. Düfte aller Art zogen durch die Gassen Ankh-Morporks und schienen sich dort auch ganz wohl zu fühlen. Sie waren mannigfaltig. Wohlriechend, penetrant, bestialisch und unaufdringlich.
Manche Quellen gewisser Gerüche konnte man recht schnell ausfindig machen.
So roch es in der unmittelbaren Umgebung von "Hagars Rippenstube" meist irgendwie verkohlt; in der Nähe des "Boucherie Rouge" konnte man dagegen einen Hauch erlesener Parfüme erschnuppern, welche von den Näherinnen Ankh-Morporks gerne benutzt wurden.
Und der Ankh hatte einen Geruch, der einen an... an... ähm... den Ankh erinnern mochte.
Aber welcher Geruch herrschte beim Wachhaus in der Kröselstraße?
Um das herauszufinden, musste man nur einen Moment innehalten und sich ganz darauf konzentrieren. Vielfältige Gerüche herrschten, da ist es schwer einen bestimmten herauszufiltern.
Doch wenn man sich wirklich bemühte, konnte man einen besonderen Geruch ausmachen. Man erahnte einen Hauch von Kaffee, der verführerisch durch das offene Fenster der Kantine nach draußen strömte.
Und das Unheil machte sich auf den Weg."Hier, dein Kaputtschino!"
Lilli lächelte den Kaffeedämon dankbar an und nahm das heiße und dampfende Getränk in die eine Hand. Dann bot sie ihm die andere Hand an, auf die er kletterte.
"Lass unsere Partie von gestern weiterspielen!", meinte der Dämon und rieb sich die kleinen Hände: "Damit ich dich endlich vernichten kann!"
Lilli nickte wie eine Taube, die bemerkt hatte, dass jemandem direkt vor ihrem Lieblingsdenkmal ein Sack voll Vogelfutter aufgeplatzt war.
Dann hielt die Rekrutin aber inne; sie schaute sich genau um, aber von dem Spiel, das sie und der Kaffeedämon seit einiger Zeit zu spielen pflegten, war keine Spur in Sicht. Sie hob die eine Hand, um sich am Kopf zu kratzen, aber da ihr noch rechtzeitig einfiel, dass der Kaffeedämon noch darauf saß, hielt sie abrupt inne.
Dieser kratzte sie dann am Kopf.
Es war unglaublich, aber nach Carisas Strafarbeit, die Lilli wegen eines - ihrer Meinung nach völlig unbedeutenden - Vorfall beim Drehwärtigen Tor aufgebrummt worden war, verstanden sich die beiden blendend. Und was vielleicht noch erstaunlicher war, ist die Tatsache, dass der Kaffeedämon immer ziemlich genau zu wissen schien, was Lilli gerade dachte.
Deren ungewöhnliche Freundschaft begann an dem Tag als Lilli dem Kaffeedämon seine höchsteigene Kaffeetasse
[1] geschenkt hatte. Der Dämon war zu Tränen gerührt gewesen, und seitdem pflegte er mit Lilli in den Morgenstunden sein Lieblingsbrettspiel zu spielen.
Manche mögen sich jetzt fragen, warum die Rekrutin sich zu so einer Zeit freiwillig im Wachehaus aufhielt, aber denen sei gesagt, dass Bäume nicht schliefen, und somit sehr viel freie Zeit hatten, die sie irgendwie verbringen mussten.
Nun, Lilli war zwar nicht wirklich ein Baum, aber allein schon die Einbildung führte dazu, dass sie sich hartnäckig weigerte zu schlafen. Da sie aber leider doch nur ein menschliches Wesen war (auch wenn sie dies leugnete), war sie langfristig trotzdem gezwungen ab und zu ein Nickerchen zu machen. Zudem bestand der Kaffeedämon darauf, weil er sich über ihre tiefen Augenringe in Kombination mit einem enorm hohen Koffeinkonsum Sorgen gemacht hatte. Der letzte, der so viel Kaffee getrunken hatte, ohne anschließend aus dem Fenster zu springen, war ein gewisses Skelett in einer schwarzen Kutte gewesen. Lilli zeigte zwar keinerlei Tendenzen, aus dem Fenster springen zu wollen, doch sie wurde schon mehrmals davon abgehalten, Wasser aus dem Ankh zu trinken. Das war mindestens genauso schlimm. Wenn nicht sogar schlimmer. Wenn man aus dem Fenster sprang, bestand zumindest der Hauch einer Chance zu überleben.
Aber ohne allzu sehr weiter vom Thema abzuschweifen, Lilli hatte sich schon vor etlicher Zeit angewöhnt, bei längeren und offensichtlich nicht so wichtigen Gesprächen beziehungsweise Vorträgen, wie zum Beispiel 'Theorieunterricht zur Führung eines Eselskarrens', mit offenen Augen zu schlafen.
Zudem tat sie dies noch heimlich mehrere Stunden am Stück.
Nachts.
In einem Ding, dass sie sich neulich gekauft hatte.
Dieses Möbelstück, welches der Händler als 'Bett' bezeichnet hatte, war eine völlig neue Erfahrung für Lilli, die jahrelang nur in der Senkrechten geschlafen hatte.
Aus Scham, ein anderer Baum könnte dieses Fehlverhalten seitens der Rekrutin bemerken, bemühte sie sich aber um so mehr, dass sie vor allen anderen aufstand und nach allen anderen schlafen ging. Was gar nicht so einfach war, wenn der Arbeitsplatz vierundzwanzig Stunden am Tag durchgehend besetzt war.
Nun, diese Morgenstunden waren Lilli die liebsten des Tages. Das gemeinsame Spiel mit dem Kaffeedämon war einer der Höhepunkte in ihrem Alltag geworden.
Doch das Spiel schien unauffindbar, egal in welche Ecke des Schrankes, in den sie jenes
ganz sicher gelegt hatte, Lilli auch linste.
Erneut kratzte der Kaffeedämon Lilli am Kopf. Sie setzte ihn sich kurzerhand auf die Schulter und begann dann nachzudenken. Nach einer Weile beschloss sie, dass es wahrscheinlich am schnellsten ginge, wenn sie einen ihrer Mitwächter fragte. Natürlich im übertragenen Sinne. Doch wo sollte sie zu so einer frühen Stunde einen Wächter auftreiben? Wo konnte man zu dieser Unzeit erwarten, dass ein Gesetzeshüter sich dort aufhielt? Wie konnte man den gepriesenen Ort der ständigen Aufmerksamkeit eines dieser aufopfernden Mitglieder der Ankh-Morporkianischen Gesellschaft finden?
Da war die Rekrutin völlig überfragt, weswegen sie beschloss zum Wachetresen zu gehen und den Wachhabenden zu fragen. Beziehungsweise ihn vom Kaffeedämon fragen zu lassen.
Und das Unheil kam näher.Als sie den Wachtresenraum betrat, schlug der Uhrdämon auf einen Gong und verkündete mit schriller Stimme: "Siehben Uhr, in fünf Mihnuten ihst es soweiht!"
Er packte seinen Gong und zog sich in sein Uhrgehäuse zurück. Ein leises Klick! ließ erahnen, dass er die Tür hinter sich abschloss. Anschließendes, fast unhörbares Poltern wies darauf hin, dass der Dämon just in diesem Augenblick beschlossen hatte, seine Wohnung umzudekorieren und schwere Möbel zu verschieben.
Am Wachetresen saß Esus von Tara.
Nein. Eigentlich nicht. Sitzen war definitiv nicht das richtige Wort.
Seine kleinen vier Buchstaben befanden sich zwar auf einem dieser gnomengroßen Stühle, aber sitzen war eine Sache, die eher passiv verlief. Ruhig. Gesittet.
Was Esus da trieb, spottete jedem dieser Adjektive. Er versuchte sich nämlich in einen alten, knallrosa Lampenschirm zu quetschen.
Eigentlich hätte er das im Stehen und von oben viel besser bewerkstelligen können, allerdings war Lilli nicht die Sorte Mensch, der jemanden so etwas direkt ins Gesicht zu sagen pflegte.
Esus war bleich
[2] und zudem zitterte er wie Espenlaub, was es ihm zusätzlich erschwerte in den gerüschten Lampenschirm zu schlüpfen.
Dem Gnom war nämlich allerhand zu Ohren gekommen, als er sich erkundigt hatte, was denn so furchtbares um Sieben Uhr Fünf geschah.
Misstrauisch geworden war er, als ihm seine Ausbilderin Harmonie eröffnet hatte, dass er von Sechs bis Zehn Tresendienst haben würde. Diese Tatsache an sich war (noch) nicht sonderlich erschreckend gewesen, jeder musste ab und an Tresendienst schieben, aber der Blick, den sie ihm bei ihrer Eröffnung zuwarf, hatte bei ihm ein sehr flaues Gefühl in der Magengrube hinterlassen.
Das war der gleiche Blick, wie ihn der Zahnarzt aufsetzte, kurz bevor er dir eröffnete, dass du eine Wurzelbehandlung brauchst. Er weiß wie weh es tun wird, aber er versucht dich mit einem Lächeln zu besänftigen, damit du keine Angst bekommst, damit du dich nicht schon im Vorneherein unnötig quälst.
Doch solch ein Lächeln wirkt wie ein Katalysator für die Angst und erreichte das Gegenteil. Es ist in jedem Fall besser, den Patienten sofort aufzuklären, als ihn mit dem vagen Grauen allein zu lassen.
Dies galt sowohl für Wurzelbehandlungen, als auch für Frau Willichnicht.
Mir einem kräftigen Ruck schaffte er es endlich, den Lampenschirm hochzuziehen. Leider war dieser wirklich viel zu klein (was er eigentlich schon durch die Schwierigkeiten beim Anziehen hätte bemerken müssen) und hing jetzt in Taillenhöhe fest.
Der Kaffeedämon begann zu kichern.
Esus zuckte erschrocken zusammen, dann erkannte er aber, dass der Dämon reichlich wenig wie eine etwas dickere Frau im mittleren Alter aussah. Das Kichern schwoll indessen zu einem ausgewachsenen Lachen an, dann riss sich der Urheber aber zusammen. Er setzte ein anzügliches Grinsen auf und fragte: "Na, wie wäre es mit uns, Süße? Du heiße Tanzschnecke du!"
Es war offensichtlich, dass der Lampenschirm an Esus gewisse Ähnlichkeit mit einem Tutu aufwies. Man hätte ihn glatt als Ballerina bezeichnen können. Auch wenn ein glatzköpfiger Gnom eine ziemlich hässliche Tänzerin abgibt.
Nachdenklich zupfte Esus an seinem neuen Röckchen, und kam dann zum Schluss, dass es ihm irgendwie gefiel. Es betonte seine weibliche Seite... Ein Blick auf das Ziffernblatt der Uhr brachte ihn aber wieder zur Besinnung.
An seine Mitrekrutin gewandt, fragte er, nachdem er seine Fassung wieder verloren hatte: "Lilli, was tust du hier?! Es ist fast Sieben Uhr Fünf!"
Lilli zuckte mit den Schultern. Sie hatte keine Ahnung, was um Sieben Uhr Fünf morgens in der Wache geschah, bisher hatte sie um diese Zeit immer mit dem Kaffeedämon in der Kantine jenes Brettspiel gespielt, neben sich einen Diktierdämon, der Musik von einer Band mit Steinen drin von sich gab. In Originallautstärke. Der Diktierdämon gehörte übrigens dem Kaffeedämon, der ihn sich als eine Art Hobby hielt. Man brauchte schließlich einen Ausgleich von dem anstrengenden Kaputtschinoalltag.
Nun Lilli hatte den espenlaubbleichen und käsezitternden Esus schon eine ganze Weile betrachtet. Aber sie verstand einfach nicht, weswegen er sich so aufregte. Denn mit der Phantasie eines Baumes ist es meist nicht weit her und Lilli hatte sich die dazugehörige Tätigkeit schon früh abgewöhnt, da die Mitschüler ihrer Baumschulklasse dies auch nicht taten. Das war der zweite Grund, warum Lilli nur mit den Schultern zuckte, statt in Panik auszubrechen.
Solange kein axtschwingender Zwerg durch die Tür hereingestürmt kam, war die Welt noch in Ordnung. Und die Rekrutin regte sich ungern unnötig auf.
Esus zitterte heftiger. Er witterte DIE Chance, dem Grauen um Haaresbreite zu entkommen, nachdem der Versuch sich als Lampe zu tarnen gescheitert war. Nur noch drei Minuten! Seine Stimme überschlug sich förmlich: "Du, Lilli, ich muss mal ganz dringend auf die Toilette. Du vertrittst mich doch sicher eben mal einen Augenblick!"
Lilli hatte noch nicht einmal ein halbes Nicken zustande gebracht, als Esus so schnell aus dem Raum gefetzt war, dass man glauben konnte, der Leibhaftige wäre hinter ihm her.
Einen Moment lang schaute sie ihm hinterher, setzte dann den Kaffeedämon auf dem Wachtresen ab. Dann nahm sie einen kräftigen Schluck aus ihrer Kaputtschinotasse und stellte diese ebenfalls auf den Tisch.
"Hm... Da war doch eine Sache... Kurz nach Sieben... Irgendetwas wichtiges...", dachte der Dämon laut nach.
Lilli zuckte mit den Schultern. Allmählich keimte Ärger in ihr auf, weil sie vergessen hatte, Esus nach dem Spiel fragen zu lassen. Dann würde sie eben einen Moment lang warten. Langsam begann sie vor und zurück zu wippen. Und dabei knarrte sie.
"Sag mal, wie machst du das?", fragte ihr kleiner Dämonenfreund. Das hatte sie noch nie gemacht. Kein Wunder, Lilli knarrte nur, wenn ihr langweilig war. Das wusste der Dämon nur nicht.
"?", entgegnete die Rekrutin, die nicht ganz verstand, was gemeint war. Sie war das Knarren schon so gewöhnt, dass sie es meist unbewusst tat.
"Du knarrst, Lilli! Wie machst du das? Ich dachte nur immer, dass Bäume das können!"
Lilli begann breit zu grinsen. Sie griff in die Hosentasche ihrer Uniform und zog einige ihrer garantiert 100% holzfreien Kärtchen heraus. Mit raschen Handbewegungen schaute sie die Kärtchen durch und fand dann das gewünschte Exemplar. Mit einem breiten Lächeln reichte sie dem Kaffeedämonen "Ich bin ein Baum!"
Dieser las das Kärtchen drehte es um, falls auf der Rückseite noch etwas stand, und schaute verwirrt aus der Wäsche. Dieses Pappquadrat (er wusste nicht, dass die Dinger aus Hanf bestanden...) hatte er schon mehrmals zum Lesen bekommen, aber er wusste nicht so recht, worauf sie hinaus wollte. Lilli war doch eindeutig eine Frau. Oder etwa nicht? Die ganze Sache machte ihn ganz konfus.
Die Rekrutin lächelte noch mehr, legte den Finger an die Lippen, und zwinkerte dem Dämon zu. Dann zeigte sie auf ihre Stiefel und wippte leicht vor und zurück, so dass die Stiefel wieder knarrten.
"Oh!", rief der Kaffeevollautomat erstaunt aus. So war das also. Lilli hatte anscheinend besonders
billige Stiefel. Der Kaffeedämon klatschte begeistert in die Hände, obgleich so preiswerten Einfallsreichtums. Außerdem fühlte er sich geschmeichelt, weil Lilli ihn in dieses kleine Geheimnis eingeweiht hatte.
Derweil knarrte die Rekrutin wieder und wartete. Da stach ihr etwas ins Blickfeld. Ihre Miene hellte sich sichtlich auf, denn sie hatte das gesuchte Spiel in einem Regal erblickt.
Sie nahm die quadratische Pappbox heraus und stellte sie direkt auf den Wachtresen.
'Endlich können wir spielen!', dachte sich Lilli, 'Sobald Esus wieder auftaucht. So wie der aus dem Raum gestürzt ist, muss man ja annehmen, dass seine Blase gleich platzt. Oder das er dem namenlosen Grauen entgegentreten muss.'
Namenloses Grauen, das war natürlich Quatsch mit Soße, wie jeder Wächter wusste.
Das Grauen hatte nämlich einen Namen. Und einen Schirm.
Und voller Furcht murmeln selbst die hartgesottensten Wachemitglieder angstschweißgebadet jenen Namen:
Amalie Willichnicht.Und das Unheil befand sich eindeutig in einem gewissen Haus in der Kröselstraße."Ich will mich beschweren!", hallte das Gezeter einer gut gepolsterten Frau mittleren Alters durch das komplette Wachhaus.
Sie stürmte unaufhaltsam wie eine Herde Elefanten, die eine Erdnussplantage stürmen wollte, in den Wachtresenraum. Amalie hämmerte energisch auf den Tisch und betonte auf dringlichste: "Ich will sofort mit einem Vorgesetzten sprechen! Auf der Stelle!"
Der Kaffeedämon wurde durch das ganze Getrommel fürchterlich durcheinandergeworfen, außerdem schwappte der Kaputtschino aus der Tasse. Eine kleine braune Pfütze bildete sich auf dem Wachtresen.
Lilli stemmte erbost die Arme in die Seite und stellte sich dem nicht-namenlosen Grauen entgegen.
Frau Willichnicht setzte einen hochnäsigen Gesichtsausdruck auf und musterte Lilli von Kopf zu Fuß. Dann schnippte sie mit dem Finger: "Hol endlich einen Vorgesetzten, Bursche!"
Sie ignorierte offensichtlich die Tatsache, dass Lilli ein junger Baum, pardon, eine junge Frau war. Lilli störte das nicht sehr. Sie wusste nicht genau, was das Wort 'Bursche' bedeutete, aber es klang irgendwie nach einem 'Busch', und das war eine wesentlich bessere Anrede als 'Rekrut', 'Mensch' oder auch 'Du treibst mich in den Wahnsinn'. Zumindest nahm Lilli an, dass das letztere eine Anrede war. Viele, sehr viele Leute pflegten das zu ihr nach einem längeren Aufenthalt zu ihr zu sagen.
"Da fällt mir noch ein, warum hältst du es nicht nötig, mich ordentlich zu grüßen? Hast du etwa gar keine Manieren, Bursche?", zeterte Frau Willichnicht mit Lilli.
Sie tippte mit ihrem Regenschirm gegen Lillis Brust: "Heh, Bursche, jetzt antworte gefälligst! Oder willst du etwa behaupten, du wärst stumm?!"
Die Paradoxie dieser Wortkombination (behaupten und stumm) brachte Lilli gewaltig zum Grübeln.
Schließlich, nach gut einer Sekunde, entschloss sie sich, dass die dicke Dame dort anscheinend ein höchst weises und lebenserfahrenes Wesen war. Fast so gut wie eine Eiche! Lilli entschied, dass sie auf jeden Fall die Gunst dieser großartigen Person gewinnen musste, egal wie... Und diesen kompletten Gedankengang brachte Miss Baum in weniger als drei Sekunden zustande!
Und das Unheil nahm seinen Lauf. Was nicht wörtlich zu verstehen ist.Lilli begann mit einem herzzerreißenden Gesichtsausdruck zu schniefen.
Frau Willichnicht wurde vollkommen aus dem Konzept geworfen.
Ihre Opfer weinten für gewöhnlich erst nach gut zehn Minuten.
Das veranlasste den Dämon auf dem Wachtresen, unterstützend einzugreifen. Nicht nur, weil Amalie Willichnicht ihn so durchgeschüttelt hatte, sondern auch, weil er erst mit dem Spiel beginnen konnte, wenn Lilli wieder zur Verfügung stand. Alleine brachte er die verdam.... ähm... bescheidene Schachtel nicht auf.
"Hey, du da! Sie kann nicht sprechen! Wie kann man nur so ein unsensibler Trampel sein?"
Amalie errötete.
Irgendwie lief das Gespräch nicht so, wie es sonst liefen zu schien. Sie musste sich unbedingt das letzte Wort zurückerobern!
Lilli wischte sich die Träne weg und setzte sich auf dem Stuhl hinter dem Wachtresen. Sie nickte zu Frau Amalie hinüber, und setzte dabei den tapfersten Gesichtsausdruck auf, den sie zu Stande brachte.
Frau Willichnicht überlegte einen Augenblick lang, was sie tun sollte... In solch eine Situation war sie noch nie gekommen. Wie konnte man jemanden ordentlich zurechtweisen, wenn der keine Widerworte gab? Gerade das war doch die Würze eines jeden Gespräches!
Dann übernahmen aber die uralten Beschwerdesubroutinen die Oberhand und Amalie tat, was sie am besten konnte.
Sie beklagte sich: "Heute Morgen, heute Morgen ist so ein rotzfrecher Bengel vor meiner Haustür durch die Gasse gerannt und hat einen Haufen Eier zu Boden geworfen! Dann hat dieses verkommene Subjekt auch noch verlangt, dass ich ihm einen Besen gebe, nur weil er ihn mit Eierpampe beschmieren wollte! Er war nicht mal in der Lage, sich bei mir zu entschuldigen, weil er alles, aber auch alles, vollgesaut hat! Und ständig hat er seine Nase hochgezogen, dieser unverschämte Dreijährige! Ich bin sofort erschienen, damit die Wache den Eltern dieses Bengels einen Besuch abstatten kann, weil sie nicht gut genug auf ihre missratene Brut aufgepasst haben!"
Mit anderen Worten: Ein Dreijähriger wurde losgeschickt, um vier Eier zu kaufen. Da aber sein Einkaufsnetz alt und morsch war, riss es, und die zerbrechlichen Eier zerbra... ähm zerschellten.
Er wollte sich einen Besen bei Frau Willichnicht leihen, und stand kurz davor, Rotz und Wasser zu heulen; war aber so eingeschüchtert, dass er es nicht tat.
[3]Nun, Frau Willichnicht war natürlich sofort zur Wache geeilt, wie es sich für einen pflichtbewussten Bürger gehörte. (Zumindest wenn man den Behauptungen einer gewissen Person Glauben schenkte.) Und nun wollte sie Gerechtigkeit, wobei man anmerken sollte, das Amalie dieses Wort synonym für Vergeltung zu benutzen schien.
"Jetzt unternimm endlich etwas, Bursche! Ich habe heute noch
wirklich wichtige Dinge zu erledigen!"
Lilli lächelte, griff unter den Tisch und zog ein Formular hervor. Sie knallte es - wie man ein Bündel Blätter nur knallen konnte - auf den Tisch, vor Frau Willichnicht. Dann hielt sie ihr auch noch einen Stift hin.
Frau Willichnicht zog misstrauisch eine Augenbraue hoch: "Was soll das?"
Die Rekrutin zeigte auf das Formular, dann auf Frau Willichnicht und lächelte.
Sie wollte ein Autogramm von Amalie, und da jene Blätter so einen schönen offiziellen Rand hatten... Lilli war so aufgeregt wegen ihrem neuen Idol, dass sie ganz vergessen hatte, das Papier aus Holz ist.
Sehr saugfähigen Holz, welches den Kaffeefleck auf dem Tresen im Handumdrehen absorbierte.
Amalie begann wieder zu keifen: "Ich soll dieses Formular ausfüllen? Seit wann muss man Formulare ausfüllen, wenn man Gerechtigkeit erfahren will?! So eine Unverschämtheit!"
"Entschuldigen Sie mal!", rief der Kaffeedämon, ehe Lilli denn Kopf schütteln konnte; er baute sich neben den Blättern in voller Kaffeedämonengröße auf und stemmte sich selbstbewusst die Arme in die Seite: "Das war eine Anordnung von Lord Vetinari höchstpersönlich! Ab jetzt muss schriftlich Beschwerde eingereicht werden, um mit Hilfe bürokratischer Methoden die Verbrechensbekämpfung in Ankh-Morpork mit größtmöglicher Effizienz durchführen zu können! Unabhängige Gutachten haben nämlich gezeigt, dass die Meldung von Verbrechen proportional mit der Anzahl auszufüllender Formulare sinkt. Mit nur fünfunddreißig Formularen reduziert sich nicht nur die Anzahl jener der Wache angezeigten Verbrechen um über neunzig Prozent, es werden auch noch zusätzlich neue Arbeitsplätze geschaffen! Ist Lord Vetinari nicht großartig?"
Während der gesamten Rede nickte Lilli freundlich. (Ausnahmsweise sei hier der Vergleich mit einer Taube, in Verbindung mit ihrem Lieblingsdenkmal, ausgespart.)
"Hmpf!", entgegnete Frau Willichnicht und griff in eine Rocktasche und zog eine Brille heraus. Mit umständlichem Gebaren setzte sie diese auf und zog sich einen Stuhl heran. Sie ließ sich nieder, nahm das Formular und drehte es auf die Rückseite, um es, von hinten beginnend, auszufüllen.
Frau Willichnicht schaute sich alle Dinge immer von hinten nach vorne durch, weil das Kleingedruckte immer hinten stand. Und je kleiner etwas gedruckt worden war, desto wichtiger war es auch. Wenn man Amalie Glauben schenken konnte.
Allerdings hatte das Ganze den unangenehmen Nebeneffekt, dass Frau Willichnnicht mittlerweile eine Sehhilfe benötigte. Aber niemand wäre auch nur im entferntesten auf die Idee gekommen, sich über sie wegen diesem kleinen Makel lustig zu machen. Kein Mensch (Zwerg, Zauberer, Zombie, Troll, Zaubberer, Etcetera
[4]...) würde sich freiwillig mit ihr anlegen wollen.
Ob das auch für Bäume galt, musste sich noch herausstellen.
Zwecks Verdeutlichung des Sinns der eben genannten Worte möge sich der Leser ein kilometerbreites Grinsen vorstellen, dass das Gesicht des Erzählers schmückt.
Eine Weile lang blieb es ruhig, als Frau Willichnicht das Formular ausfüllte. Ab und an murmelte sie unverständliche Satzbruchstücke: "...ihre Maultierfarbe... Einkommensverwendung... Alter... Alter? Das echte Alter, oder wie alt man sich fühlt? Ich schreibe das gefühlte Alter hinein, sonst hält mich jemand noch für eine alte Schachtel... Bierfassdurchmesser ... anvisierter Geländeneigungswinkel..."
Mit jedem dieser Worte wurden die Furchen auf Frau Willichnichts Stirn (entstanden durch jahrelange Missbilligung), tiefer und tiefer. Passend dazu wäre einer der offiziellen Witze der Narrengilde: 'Was ist tiefer, der Ankh, oder Frau Willichnichts Falten? - Will ich nicht wissen!'
An dieser Stelle sollte übrigens gelacht werden. (Obwohl dieser Hinweis keinen veranlassen dürfte, dies auch wirklich zu tun.)
Irgendwann, ungefähr auf Formularseite 60 (von 127) beschlich sie ein gewaltiges Misstrauen und Amalie ließ einfach die nächsten, beziehungsweise vorhergehenden, Seiten aus und wagte den Blick auf Seite eins.
Der Stift zerbrach mit einem lauten Knacksen.
Und das Unheil begann sein grausiges Werk...Lilli hob den Finger und warf Frau Willichnicht einen sehr tadelnden Blick zu.
Diese fuhr mit hochroten Kopf und zornesverzerrter Miene hoch. Sie zitterte schlimmer als eine brandneue Statue im Angesicht ihrer ersten Taube. Wutverzerrte Züge prangten auf Amalies Gesicht, doch noch sprach sie kein Wort.
Sie holte tief Luft. Verdammt tief Luft.
Frau Willichnicht blähte sich förmlich auf, mit dem einzigen Ziel, Lilli die ganze Urgewalt ihres Zornes spüren zu lassen...
Währenddessen sitzen an einem anderen Ort einige Wächter vor der neusten Ausgabe von 'Der Hexer vom Ankh' und können es vor Spannung kaum noch ertragen. Da dies aber überhaupt nichts mit dieser Geschichte zu tun hat, wollen wir uns auf etwas weniger abwegige Handlungspfade begeben.
Schauen wir doch einmal, was die Esus von Tara so treibt.
Oh!
Nein, wir schauen besser nicht. Ich zumindest werde mir die Augen zuhalten, denn es ist sehr unhöflich, Leute zu beobachten, die eben auf dem Abort sitzen.
Vielleicht auch im Klo... Zum einen weiß ich nämlich nicht, ob das Wachhaus gnomengroße Sanitäranlagen hat, zum anderen sehe ich es auch nicht... Egal.
Unsere zu klein geratene Ballerina saß schon seit geraumer Zeit auf/im Klo. Manche mögen sich jetzt fragen, warum jemand so lange auf der Toilette bleibt, oder ob alle Gnome so lange für ein Geschäft brauchen. Nun, Esus braucht genauso lange für seine Transaktionen wie jedes andere lebendige Wesen. Wenn man zudem noch bedenkt, das gerade Frau Willichnnicht da war, war das Herrenklo der ideale Ort, um sich zu verstecken, was von seiner Intelligenz zeugte.
Zudem konnte man dort prima Zeitung lesen. Wobei ich aber anmerken sollte, dass man auf jeder Bedürfnisanstalt des Multiversums prima Zeitung lesen konnte.
Esus, der schon 'Das Magahzin füre die junge Frauh fon häute', welches er auf dem Boden gefunden hatte, (man erinnere sich an die Tatsache, dass er auf dem Herrenklo war,) vollständig und mit großen Interesse gelesen hatte, wandte sich nun der Lektüre der Times zu. Von dieser hatte er ausnahmsweise ein Exemplar in seinem Beutel mit sich geführt. Er las die Titelgeschichte, den Wirtschaftsteil und alle Comics. Dann beschäftigte er sich mit einem kleinen, sehr interessanten Artikel mit dem Titel 'Bürohkratisierung gegän Verprechen'. An sich hörte der Artikel sich nicht übel an, nur bezweifelte Esus stark, dass man Leute wie Frau Willichnicht mit einem läppischen Formular abspeisen konnte...
"Willst du mich veräppeln, Bursche?! Was soll DAS?!! 'Antrag auf Passierschein A38 zur Überquerung der Messingbrücke mit Hilfe eines von einer Gans gezogenen Eselkarrens voller SALATGURKEN?!!"
Die Worte quollen wie eine unaufhaltsame Naturkatastrophe aus Frau Willichnichts Mund.
Sie kamen direkt auf Lilli zu, und trafen ihr Denkzentrum wie einen Hammerschlag. Die Rekrutin kippte wie ein gefällter Baum um.
Frau Willichnicht stampfte wutentbrannt um den Tresen herum, und fuchtelte dabei so sehr mit ihrem Schirm, das man sich nicht erwehren konnte, ihm das Adjektiv 'tödlich' zu verpassen.
Das Wort Gesicht hätte ihrem Gesicht sehr geschmeichelt, denn es sah hier viel eher aus wie eine verzerrte Teufelsfratze.
"Willst du mich verarschen, Bursche?! Was fällt dir ein, mich so...mich so... so...SO! DAS WERDE ICH MELDEN!!!"
Unwillkürlich wich Lilli auf dem Po rutschend einige Meter rückwärts zurück.
"Ehrliche Bürger können anscheinend nicht einmal mehr ihre Rechte einfordern! Die Wache scheint nur noch von inkompetenten Vollidioten besetzt zu sein! Entschuldige dich, auf der Stelle!"
"!", rief Lilli und rutschte noch etwas zurück.
"ENTSCHULDIGE DICH!!!", kreischte Amalie, so schrill und laut, das einem Papagei in der langen Straße vor Schreck alle Federn auf einmal ausfielen.
Der Kaffeedämon brüllte auch etwas, aber das ging um allgemeinen Tumult vollkommen unter.
"!!!", entgegnete Lilli und rappelte sich auf. Das wurde ihr allmählich zu bunt. Sie hatte zwar Amalie reingelegt, aber sich wegen so einer Kleinigkeit aufzuregen! Vor allem, der Erwerb des Passierscheins A38 brachte nur Vorteile mit sich: Man konnte dann nämlich mit Hilfe eines von einer Gans gezogenen Eselskarrens voller Gurken die Messingbrücke überqueren, jawohl!
Die Rekrutin klopfte sich den Wachtresenraumbodenstaub aus den Kleidern und funkelte dann die Zivilistin angriffslustig an. Lilli entschied sich, eine Geste zu machen, die sogar Frau Willichnicht verstehen würde. Sie schüttelte die Faust.
Amalie ließ sich nicht sonderlich beeindrucken. Sie kam näher und tobte und schrie und brüllte der Rekrutin ins Gesicht: "DU RESPEKTLOSE GÖRE ENTSCHULDIGST DICH JETZT SOFORT BEI MIR!"
Angewidert wischte sich Lilli mit der linken Hand ein paar Speicheltropfen aus dem Gesicht. Ihre rechte verselbstständigte sich inzwischen. In einer langen Kurve, fast schon elegant anmutend bewegte sich die Hand nach hinten, bis es nicht mehr ging. Und was tat die Hand dann? Tja, diese Hand dachte nicht besonders lange nach (Hände pflegen allgemein nicht zu denken), sondern wechselte galant die Richtung und schnellte nach vorne.
KLATSCH!
Fünf rote Finger prangten auf Frau Willichnichts Wange, die nun wie Feuer brannte.
Einen Moment lang passierte nichts.
Es war einer dieser Augenblicke, in dem niemand zu wissen schien, was man nun tun sollte.
Der Moment ging vorbei und Frau Willichnichts Mienenspiel deutete darauf hin, das ihr nächster Zornesausbruch die Wurzelbehandlung unter den Zornesausbrüchen sein würde.
KLATSCH!
Auch Lillis linke Hand probierte das Ohrfeigen aus. Und es gefiel ihr ausnehmend gut.
Amalie lief nun so rot an, dass man ein neues Wort für dieses Rot gebraucht hätte. Es war roter als man sich rot überhaupt vorstellen konnte. Die Abdrücke von Lillis Fingern glühten weniger rot als der Rest vom Gesicht. Dieses Rot war das Rot einer Supernova eines Blauen Riesens
[5], das sich unglücklicherweise direkt vor deiner Haustüre abspielt.
"Du WAGST ES...?!"
KLATSCH!
"WIE KANNST DU...?!"
KLATSCH!
Lilli begann zu grinsen. Es war eines dieser 'Ich kann den ganzen Tag so weitermachen!'-Grinsen.
Frau Willichnicht wurde blass. Sie war in der Lage jeden in Grund und Boden zu reden und ihm schon nach dem 'ja' zu unterbrechen, bevor er überhaupt zum 'aber' kam, aber hier... hier... war sie machtlos.
Und sie hasste dieses Gefühl.
Mit einer Drehung wandte sich Amalie von Lilli ab und stampfte wortlos Richtung Ausgang.
Dies hielt allerdings nicht lange an, denn ein Gewicht hing plötzlich an ihrem Bein.
Lilli hatte sich an ihren Unterschenkel festgeklammert.
Ihr war nämlich wieder eingefallen, dass sie doch von Frau Willichnichts großer Lebensweisheit profitieren wollte. Also konnte die Rekrutin sie unter keinen Umständen gehen lassen. Verzweifelt hatte sie nach dem ersten Mittel gegriffen, das ihr einfiel und klammerte sich, wie schon gesagt, an Frau Willichnichts Bein.
Nun, ein solch aufdringliches Verhalten bewirkt meist das Gegenteil.
Frau Willichnicht schaffte es irgendwie mit der Kraft reiner Panik, sich aus Lillis eisernen Griffs zu befreien. Dann schoss sie so schnell aus der Wache heraus, dass Wissenschaftler ins Grübeln kamen, ob Königonen wirklich die schnellsten Partikel im Multiversum waren.
Lilli saß auf dem Fußboden und sah ihrem Opfer etwas verdattert und zugleich auch sehr enttäuscht hinterher. Ihre Oberlippe bebte, und sie stand kurz davor, zu weinen.
Den nächsten Moment passierte wieder nichts.
Wir könnten ihn eigentlich nutzen, um noch einmal bei Esus vorbei zu schauen, aber der hatte schon genug damit zu tun, völlig mit den Nerven am Ende hin und her zu wippen. Das Geschrei von Frau Willichnicht hielt kein normaler Mensch in einem Umkreis von drei Kilometern aus. Für Gnome gilt diese Feststellung übrigens auch.
Und das schlimme war ja: Was war geschehen? Hatte es der Kaffeedämon auch heil genug überstanden um noch Kaputtschino machen zu können? Er hatte keine Möglichkeit das gefahrlos nachzuprüfen, denn es war mucksmäuschenstill im Wachhaus geworden.
Lilli starrte immer noch auf den Ort, an den sich eben noch Frau Willichnicht befunden hatte. Sie kam zu dem Schluss, das sie sich anscheinend in Punkto Willichnicht geirrt hatte. Trotzdem war sie verärgert über den Abschiedswortlosen Abgang. Beleidigt schob Lilli eine Unterlippe vor.
"Tja, weg", stellte der Kaffeedämon schließlich treffend fest. "Wie wäre es, wenn wir jetzt endlich die 'Riesler von Kaftan'
[6] weiterspielen würden?"
Er hatte sich erstaunlich schnell erholt, auch wenn er etwas heiser zu sein schien. Er hatte gerufen, was die kleinen Lungen hergaben, aber Frau Willichnicht zu übertönen wäre sogar für einen blauen Riesen unmöglich gewesen. (Diesmal ist tatsächlich ein angeheitertes Lebewesen gemeint.)
Lilli nickte dem Dämon zu, ging zum Wachtresen und hob den Deckel von der Schachtel, um das Brettspiel aufzubauen. Währenddessen schien der Wachuhrendämon es sich wieder anders überlegt zu haben und rückte erneut seine Möbel...
Und das Unheil warf die Würfel. Eine Sieben! Es gibt Tage, an denen steht man mit dem falschen Bein aus dem Bett auf.
Es gibt Tage, an denen man sich vom Unglück verfolgt fühlt.
Es gibt Tage, an denen befindet man sich um Sieben Uhr Fünf Verhängnisvollerweise in der Wache.
Es gibt Tage an denen sich sogar Amalie Willichnicht sich wünscht, lieber im Bett geblieben zu sein..
Es gibt Tage - und dies war einer davon.
[1] Mit der Aufschrift "Dehr ware Chäff". Für den armen Kaffeedämonen, der meist nur wahrgenommen wurde, wenn es jemanden nach einem Kaputtschino gelüstete, war das wirklich ein wundervolles Präsent. Vielleicht würde dieser kleine Geselle seinen Kaffee mit einem Lächeln auf den Lippen servieren, wenn man nur etwas netter zu ihm wäre, und ihm ab und an ein Wort des Dankes sagen würde.
[2] Sogar bleicher als bleich. Er hätte gut als Werbeträger für Waschmittel dienen können, wenn er sich nicht schon für eine 'Karriere' bei der Stadtwache entschieden hätte.
[3] Noch Jahre nach diesem Vorfall rief das Kind immer, wenn es einkaufen gehen sollte: "Will ich nicht, will ich nicht!" Irgendwann schickten ihn seine Eltern zum Püschologen, der diese Angst aber nur verlagern konnte. Dummerweise verweigerte das Kind dann die Aufnahme von jeglicher flüssiger Nahrung, so dass schon bald der kleine Kasper Suppe auf dem Friedhof hinter dem Tempel der geringeren Götter beigesetzt werden musste.
[4] Eine Unterart des Geziefers. Man nennt Etceteras auch die Lemminge der Scheibenwelt, da sie sich weder abseilen, noch kleine Boote bauen können. Wenn sie der Herdentrieb packt, sich auf die Reise Richtung Meer zu machen, erhängen diese sich zeitsparend in Kartoffelkellern. Aus diesem Grunde gibt es auch nicht mehr sehr viele Etceteras, was aber kein wirklicher Verlust ist. Außer für die Leute, die ihre Kartoffelsuppe aufpeppen wollen.
[5] Nein, das hat nicht mit besoffenen Riesen zu tun. Blauer Riese ist der Ausdruck für die größten Sterne, die es gibt, die solch eine Hitze ausstrahlen, dass sie blau leuchten. Wenn ein kleiner Stern seinem Ende entgegengeht, kommt er auch auf ein vielfaches aufgebläht (unsere Sonne würde gegen Ende ihres Lebens die Venuslaufbahn ausfüllen) nicht an die Größe eines blauen Riesen heran. Dafür leben kleine Sterne wesentlich länger, da Blaue Riesen ihren Wasserstoffvorrat unglaublich schnell verbrauchen. Warum ich euch das erkläre? Weil ich will, das ihr den Vergleich versteht. ^-~
[6] Die "Riesler von Kaftan' gehören zu denen am seltensten gespielten Spielen der gesamten Scheibenwelt. Das Spielfeld, besteht aus 7a-Ecken, die aneinandergelegt werden und alle eine Wüste zeigen und auf denen ein Räuber steht. Immer wenn mit zwei Würfeln eine Sieben (oder eine beliebige andere Augensumme) gewürfelt wird, darf man einen Räuber zu dem Gegner schicken, damit er diesem die nichtvorhandenen Rohstoffe - Wüsten sind nicht sehr ertragreich - klaut. Das Ziel des Spieles ist unbekannt, manche munkeln sogar, dass es keines gäbe. Dennoch, vielleicht aber auch aus genau diesem Grund, wurde das Spiel zur 'Langeweile des Jahres' gekürt. Also ein Spaß für die ganze Familie! (Insbesondere dem Teil über hundert Jahre. (Bei Zwergen sei noch eine Null anzuhängen. Oder auch zwei. Oder drei. Guten Zwergen gibt man halt ein Nullchen.)
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