Der Querdenkerfaktor

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von Korporal Valdimier van Varwald (FROG)
Online seit 02. 08. 2005
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Eine wissenschaftliche Entdeckung sorgte dafür, dass die FROGS in Aktion treten müssen.

Dafür vergebene Note: 12

Wer es unternimmt, auf dem Gebiet der Wahrheit und der Erkenntnis als Autorität aufzutreten, scheitert am Gelächter der Götter.

Albert Einstein



Es dürfte jeden bekannt sein, dass die Näherinnen Ankh-Morporks, die nicht zu der kleinen Gruppe gehören die sich ihren Lebensunterhalt mit dem beseitigen irgendwelcher Löcher in Kleidungsstücken verdienen, ihre berufliche Tätigkeit hauptsächlich nachts ausübten. So hatte sich schon lange die Dunkelheit über die größte Stadt der Scheibenwelt ausgebreitet und ein Grosteil seiner Bewohner lag in seinen Betten und schlief seinen, meistens, verdienten Schlaf. Nur in den Etablissements, in denen man die eben genannten Näherinnen antreffen konnte, herrschte noch reger Betrieb. Die meisten der Kunden, die einen dieser Betriebe besuchten, betraten mit gesengten Blick das Gebäude, um es später wieder mit einem Lächeln auf dem Gesicht und weniger Geld in den Taschen, zu verlassen.

Eines dieser Etablissements trug den Namen "Zum unruhigen Wasserbett". Doch der Name sollte nur bedingt mit der Beschaffenheit der Betten des Hauses zu tun haben. Es gab nur ein Zimmer, mit einem Wasserbett ausgestattet war und eine Nähstunde darin konnten sich nur die wenigsten leisten. So war es nichts besonderes, dass durch die offenen Fenster des Betriebes die vertrauten Geräusche von quietschenden Metall ins freie drangen[1]. Hätte sich gerade ein aufmerksamer Zuhörer in der Nähe des Hauses befunden, so hätte er eine Unterhaltung mitbekommen die, von eben diesen Geräuschen begleitet, nach draußen gelang.
"Och, Süßer", sprach eine weibliche Stimme. "Willst du nicht deine Brille abnehmen?"
Eine angestrengt klingende Männerstimme antwortete ihr.
"Nein. Sie müssen verstehen, dass ich ohne sie zu nichts in der Lage bin."
"Na wenn das so ist, dann lass sie ja schön auf Süßer", lachte die Frauenstimme amüsiert. Die, auch für den aufmerksamen Leser, unbekannte Näherin hatte wohl schon seltsamere Kunden, als das sie der jetzige verwundern könnte. So ging sie weiter ihrem Beruf nach, ohne zu ahnen, dass sie Zeugin eines der größten Ereignisse Ankh-Morporks, wenn nicht sogar der gesamten Scheibenwelt werden sollte.[2]

"Was ist los?", fragte die Frau plötzlich. "Warum hörst du auf?"
"Oh mein Gott", war die Antwort des Mannes. "Oh mein Gott."
"Was ist los Süßer?"
Für einen Moment hörte man nichts, doch dann war es wieder die Stimme der Frau, die die Stille durchriss.
"Hey, wo willst du hin?"
Wieder antwortete man ihr nicht. Stattdessen hörte man wenige Sekunden später etwas, dass wie das kratzen von Kreide über eine Tafel klang.
"Hast du das etwa immer bei dir?", fragte die Näherin verwundert, doch der Mann schien ihr nicht zuzuhören. .
"Sollte es wirklich so einfach sein?", murmelte er nur. "Ich kann es gar nicht fassen."
Wieder hörte man das hektische Kratzen, das aber nach kurzer Zeit wieder aufhörte.
"Das ist es", hörte man den Kunden leise sprechen.
"Was ist was, Süßer?", fragte die Näherin, wobei man an ihrer Stimme hören konnte, des es nicht wirklich interessierte.
"Ähm, es tut mir sehr Leid." Die Stimme des Mannes klang auf einmal sehr hektisch. "Aber ich muss mich leider schon von Ihnen verabschieden."
"Du scheinst ja deinen Spaß gehabt zu haben", erwiderte die Näherin gelangweilt. "Aber glaub nicht, dass es für dich billiger wird."
Doch der Kunde antwortete ihr nicht. Man hörte nur, wie sich jemand in dem Zimmer zügig anzog und es dann verließ. Wenige Minuten später, öffnete sich die Eingangstür des "Zum unruhigen Wasserbett" und ein Mann, normaler Körpergröße, lief heraus. Hätte ihn irgendjemand gesehen, so hätte sich dieser jemand sicherlich über die kleine Schiefertafel gewundert, die der Unbekannte in den Händen hielt. Doch für den Besucher des Amüsierbetriebes schien sie gerade das wichtigste auf der ganzen Scheibenwelt zu sein. Vorsichtig hielt er sie in den Händen und starrte auf das Geschriebene.
"Damit werde ich berühmt", sprach er ein letztes mal zu sich selbst, ehe er wieder seinen Blick von der Tafel nahm und schnellen Schrittes im Schutze der Nacht verschwand.

***



Wenige Tage später

"Ich kann nicht glauben, dass er mit dieser Masche wirklich großen Erfolg gehabt hätte."
Fragend lehnte sich Araghast Breguyar, Abteilungsleiter der FROGS, in seinem Stuhl zurück, als er über das eben gehörte nachdachte. Seine Stellvertreterin Kanndra Mambosamba zuckte mit den Schultern.
"Also ich denke, dass es sicher genug Leute in der Stadt gibt, die einen solchen Dienst sicher in Anspruch nehmen würden."
Eigentlich hatten sich die beiden Wächter nur in dem Büro des Oberfeldwebels getroffen, um den Dienstplan der Abteilung für die nächste Woche durchzugehen, doch diese Arbeit war schnell abgeschlossen und, da es zur Zeit nirgends in der Stadt einen akuten Notfall zu geben tat, nutzten sie die ruhige Zeit, um über die Festnahme zu sprechen, die zur Zeit für Gesprächsstoff im Wachehaus sorgte. Man hatte einen Mann wegen Verdacht auf schweren Betrug festgenommen, der behauptete, er könnte die Fähigkeiten der Parakommunikation sein eigen nennen und so mit den Seelen Verstorbener in Verbindung treten. Diese Fähigkeiten wollte er dazu einsetzen es jedem zu ermöglichen, ein letztes mal mit jemanden zu sprechen, der vor kurzen aus dem Leben geschieden war. Natürlich bot er diesen Dienst nur gegen Bezahlung an, doch viel Erfolg hatte er nicht. Schon kurz nachdem er sein kleines Zelt, in dem er die Sitzungen mit seinem Kunden abhielt, auf dem Hier-gibt's-alles-Platz, aufg!
eschlagen hatte, war eine ältere Dame bei der Wache aufgetaucht, um sich darüber zu beschweren, dass man sie um ihr Geld betrogen hätte. Sie war zu "Dem großen Mentos", diesen Namen hatte sich der potentielle Betrüger zugelegt, gegangen, um zu erfahren, wie es ihrem kürzlich verstorbenen Ehemann jetzt ginge. Der große Mentos, seinen richtigen Namen wollte er nicht preisgeben, hatte ihr daraufhin erzählt, dass ihr Mann sie noch immer liebe und er sie eines Tage wieder mit offenen Armen empfangen würde.
"Und das kann gar nicht sein", hatte die Dame mit wütender Stimme erklärt.
Ihre Ehe sei die reinste Folter gewesen, und sie wollte eigentlich nur hören, ob der faule Hund auch wirklich in der Hölle schmorte, wie sie hoffte.
"Die perfekte Ehe", murmelte Bregs zynisch. "Ich möchte gar nicht wissen, hinter was wir kommen würden, wenn wir das ableben ihres Ehemannes genauer untersuchen würden. Vielleicht hat sie ja sogar etwas nachgeholfen."
Kanndra lachte leise.
"Etwas gutes hatte die Ehe ja. Immerhin haben wir durch sie den Betrüger dingfest gemacht."
"Einen Irren mehr aus dem Verkehr gezogen", erwiderte Araghast achselzuckend. "Die Ideen, wie man am beste an Geld kommt, werden auch immer verrückter."
Kanndra lachte leise auf.
"Hätte er lieber Wahrsager werden sollen. Da hätte er schon im voraus gewusst, dass dieses Unterfangen einfach nur scheitern konnte."
Ein amüsiertes Lächeln bildete sich auf Bregs Gesicht und er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Doch ehe er etwas sagen konnte, klopfte es an seine Bürotür.
"Herein?", rief der Abteilungsleiter sofort und richtete sich wieder auf, um dem Besucher nicht den Eindruck zu geben, dass es er sich langweilte.
Auf sein rufen öffnete sich langsam die Bürotür und ein, den Wächtern, unbekannter Mann trat ein.
"Guten Tag, wehrte Wächter", begrüßte er die FROGS.
Selbstsicher betrat der Unbekannte, den Araghast auf ungefähr 40 schätzte, das Büro und schloss die Tür hinter sich. Über seine kleine Rahmenlose Brille schauend, blickte er die Wächter freundlich an. Bregs warf seiner Kollegin einen kurzen Blick zu, worauf sie aber nur mit den Schultern zuckte. Auch sie schien die Person nicht zu kennen.
"Guten Tag." Den Besucher betrachtend, beugte sich der Abteilungsleiter nach vorne und legte die Hände auf den Tisch. "Was können wir für Sie tun, Herr..."
"Ich bin hierher gekommen, weil wir Ihre Hilfe benötigen", antwortete der Mann, der Araghasts indirektes fragen nach seinem Namen wohl nicht verstanden hatte, sofort. "Unten am Tresen sagte man mir, dass Ihre Abteilung genau die richtige wäre, wenn es um den Schutz von Leib und Leben geht."
"Das mag schon richtig sein", erwiderte Araghast. "Aber würden sie uns vielleicht erst verraten wer Sie sind?"
"Wie?, Oh ja natürlich. Entschuldigen Sie bitte. Mein Name ist Hubert von Fleck."
Ehe er weiter sprach, ging er auf die Wächter zu und reichte zuerst Kanndra und dann Araghast die Hand. Nachdem die Wächter die Geste erwidert hatten, bot Bregs seinem Gast an, sich zu setzen, was er dankend annahm.
"Also, Herr von Fleck", begann der Abteilungsleiter nachdem sich der Besucher gesetzt hatte. "Wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann fürchten Sie um Ihr körperliches Wohlergehen."
Herr von Fleck nickte aufgeregt.
"Das stimmt, doch es geht nicht nur um mich, sondern auch besonders um meine Kollegen."
"Kollegen?", fragte Kanndra.
Für einen kurzen Augenblick bildete sich Verständnislosigkeit auf dem Gesicht des Gastes, als er die Frage der Späherin hörte. Doch kurze Zeit später schien im klar zu werden, dass er den Wächtern noch mehr erzählen musste, damit sie verstanden.
"Sie müssen wisse", begann er. "Ich bin der Mitgründer einer kleinen Gemeinschaft, die es sich zum Ziel gesetzt haben, die letzten offenen Fragen des Universums zu lösen."
Als sie ihn erzählen hörten, wechselten die beiden Wächter einen kurzen Blick miteinander und schienen abzuschätzen ob "Der große Mentos" bald Konkurrenz bekommen konnte, was das Gesprächsthema im Wachhaus anging.
Doch davon bekam Herr von Fleck nichts mit. Sich anscheinend voll in seinem Element befindet, erzählte er unbeeindruckt weiter.
"Wir sind der Überzeugung, dass unsere Welt, unser Universum, vielleicht sogar unsere ganze Existenz, nicht Produkt einer übermächtigen Gottheit ist, die einfach nur mit dem Finger geschnippt hat und *PLUPLOP* das Universum mit allem drum und dran entstanden it."
"Und was glauben sie, ist der Grund, warum es uns gibt?", fragte Araghast, der gerade noch ein Lachen unterdrücken konnte, als er das Geräusch gehört hatte, das Herr von Fleck von sich gegeben hatte, als er den Entstehungsprozess beschrieb.
"Ich will mich jetzt nicht in Einzelheiten verrennen." Herr von Fleck holte tief Luft. "Aber wir sind der Überzeugung, dass es für alles eine reine wissenschaftliche Erklärung gibt, die nichts mit irgendwelchen Göttern und Zauberei zutun hat."
Nachdenklich kratzte sich Araghast am Kinn.
"Und wer trachtet Ihnen nun nach dem Leben? Etwa die Zauberer aus der Unsichtbaren Universität?"
Erneut nickte von Fleck aufgeregt mit dem Kopf, dass ihm beinahe die Brille vom Gesicht gerutscht wäre.
"Und nicht nur die. Wir sind auch schon mit einigen Priestern aneinander geraten, die uns der Gotteslästerung beschuldigen."
"Was nicht verwunderlich ist", entgegnete Kanndra, die sich nun ganz Herrn von Fleck zugewandt hatte. "Wurden Sie denn schon von diesen Personen massiv bedroht?"
Von Fleck schwieg für einen kurzen Moment. Auf die beiden Wächter erweckte er den Eindruck als würde er darüber nachdenken, welche Antwort am hilfreichsten wäre.
"Also wenn Sie mich so fragen, muss ich wahrheitsgemäß mit nein antworten."
Araghast wollte etwas sagen, doch Herr von Fleck, der wohl sehr genau wusste, was der Abteilungsleiter sagen wollte, sprach schnell weiter.
"Allerdings ist heute ein besonderer Tag und wir befürchten, dass wenn man uns sabotieren will, es heute passieren wird."
"Was für einen besonderen Tag?", fragte Araghast, der langsam die Geduld darin verlor, Herrn von Fleck alle Informationen aus der Nase ziehen zu müssen.
"Heute haben wir eine wichtige Versammlung, zu der auch Nichtmitglieder kommen können", erklärte Herr von Fleck. "Eigentlich ist es eine kleine Feier. Einer meiner Kollegen hat eine unglaubliche Entdeckung gemacht und dafür bekommt er von uns eine Ehrenauszeichnung."
Wieder trafen sich Bregs und Kanndras Blicke. Man konnte ihnen ansehen, das bei ihnen das Interesse, zu erfahren, um was für eine unglaubliche Entdeckung es sich handelte, nicht sehr groß war.
"Wo genau soll denn diese Verleihung stattfinden?", fragte Bregs schließlich.
"Die genaue Adresse ist die Hauerstrasse 5. Dort haben wir unseren Sitzungssaal."
Der Abteilungsleiter dachte kurz nach.
"Also gut, Herr von Fleck. Ich nehme mal an, dass Sie sich gleich wieder in die Hauerstrasse begeben werden, oder?"
"Ja, natürlich."
"Gut, zwei meiner Männer werden mit Ihnen gehen, um sich mal die Situation vor Ort anzuschauen."
Diesmal war es Herr von Fleck, der etwas erwidern wollte, aber nicht dazu kam, weil ihm der Abteilungsleiter das Wort abschnitt.
"Ich will ehrlich zu Ihnen sein. Wir haben keinerlei Informationen, dass es wirklich jemand auf Ihre Verleihung abgesehen hat. Es sollte ihnen doch von Anfang an klar gewesen sein, dass es gewisse Gruppierungen in Ankh-Morpork gibt, die über Ihre Behauptungen nicht sehr erfreut sind, oder?"
Von Fleck antwortete nicht. Man konnte sehen, dass er mit der angebotenen Lösung nicht sehr zufrieden war.
"Vertrauen Sie uns", versuchte Araghast ihn zu beruhigen. "Wenn meinen Kollegen etwas verdächtig vorkommt, werden sie mich benachrichtigen und wir sehen und die Sache genauer an."
"Wenn Sie meinen", erwiderte von Fleck, mit einem nicht zu überhörenden Vorwurfsvollen Tonfall in seiner Stimme.
Bregs biss sich auf die Lippe. Wenn es etwas gab, was er nicht leiden konnte, dann waren es Personen, die seine Entscheidungen in Frage stellten.
"Wenn Sie uns dann bitte entschuldigen würden?", sprach er mit beherrschter Stimme. "Ich werde mich noch kurz mit meiner Stellvertreterin beraten. Warten Sie doch bitte so lange unten am Tresen. Dort werden Sie dann auch meine Kollegen aufsuchen, die Sie begleiten werden."
Sich im klaren darüber, das Diskutieren nicht viel bringen würde stand Herr von Fleck von seinem Platz auf und deutete eine kurze Verbeugung an.
"Ich danke Ihnen für die Mühe, die ich Ihnen bereite. Hoffen wir, dass sie nicht weiter in Anspruch genommen werden muss."
Herr von Fleck verabschiedete sich noch kurz von beiden Wächtern, ehe er das Büro des Abteilungsleiters verließ.
"Also wenn ich ehrlich sein darf", seufzte der Püschologe, als sich seine Bürotür wieder geschlossen hatte. "Ich würde mir schon fast wünschen, dass bei denen eine Ladung Pulver Nummer 1 hochgeht."
"Hast du schon eine Idee, wer ihn begleiten soll?", fragte Kanndra, ohne auf den Kommentar ihres Vorgesetzten einzugehen, da sie sich ziemlich sicher war, dass er ihn ernst meinte.
"Hmm, sag Valdimier und Rogi bescheid. Die zwei sollen sich dort einfach mal etwas umschauen. Mehr werden sie wohl nicht zu tun zu haben."
"Sehr wahrscheinlich", erwiderte die Späherin.
Ohne das sie großartig darüber reden mussten, waren sich die beiden Wächter darüber einig geworden, dass man Herrn von Fleck und seine "Gruppe" als merkwürdig bezeichnen konnte.
Kurze Zeit später machte sich Kanndra auf dem Weg, um Rogi und Valdimier über ihr Glück zu informieren.

***


Dem Leser soll an dieser Stelle verraten werden, dass Bregs und Kanndra mit ihren Vermutungen falsch liegen sollten. Zwar wird es den von Bregs erhofften Pulver Nummer 1 Anschlag nicht geben, doch es gab eine Person, die sich fest vorgenommen hatte, dafür zu sorgen, dass jemand aus den Reihen von Herrn von Flecks Mitgliedern den nächsten Tag nicht mehr erleben konnte. Doch das Opfer sollte nicht nur sterben, es sollte gedemütigt werden. Es sollte für die Schande, für die es verantwortlich war, büßen. Dies war der letzte Gedanke, als die Person ihre Wohnung verließ, um sich auf den Weg in die Hauerstrasse machte.

***


"Glauben Sie denn an den Schöpfer?"
"Ähm, darüber hab ich mir ehrlich gesagt noch nie wirklich Gedanken gemacht", erwiderte Valdimier van Varwald, leichter Armbrustschütze der FROGS.
Herr von Fleck konnte nicht sehen, wie der Vampir unter seiner Sonnenbrille die Augen verdrehte. Etwas in seinem Inneren sagte ihm, dass Bregs ihn absichtlich für diesen Auftrag ausgesucht hatte. Rogi und er waren noch nicht lange mit diesem Herrn unterwegs gewesen, hatten aber schon sehr früh den Fehler begannen, Herrn von Fleck etwas über ihn und seine Kollegen zu befragen. Was als normales Gespräch begonnen hatte, entwickelte sich aber schnell in einen nicht enden wollenden Monolog, den von Fleck mit vollem Elan führte. Das er den Vampir oder Igorina eine Frage stellte, war eine kleine Seltenheit. Allerdings wussten die beiden Wächter nicht genau, ob sie sich darüber freuen, oder doch lieber an Dienstverweigerung denken sollten.
"Können Sie sich vorstellen, dass Sie nur eine kleine Figur in einem großen Spiel der Götter sind?"
Valdimier zuckte mit den Schultern und warf dem Mann einen kurzen Blick zu.
"Wäre mir eigentlich egal, solange mein Gott ein guter Spieler ist und mich nicht zu oft auf das Aussetzen-Feld bringt."
Als Herr von Fleck die Antwort hörte, musterte er den Wächter eindringlich. Doch kurz darauf schüttelte er nur verständnislos mit dem Kopf, was den Vampir böse grinsen lies.
Davon überzeugt, dass man sich mit Valdimier anscheinend keine vernünftige wissenschaftliche Diskussion führen konnte, wandte er sich Rogi zu. Doch die Igorina erkannte seine Absichten sehr frühzeitig.
"Wie viele Mitglieder hat denn Ihre Gemeinschaft?", fragte sie.
"Seit einer Woche leider nur noch sieben, mich eingeschlossen", erklärte von Fleck. "Der arme Hans, er war einer der tüchtigsten von uns, wurde bei einem seiner Spaziergänge vom Blitz getroffen."
Rogi und Valdimier warfen sich einen kurzen Blick zu.
"Ich weiß, was Sie jetzt denken", sprach von Fleck unbeeindruckt weiter. "Meine Kollegen und ich sind übereinstimmend der Meinung, dass es sich bei dieser Tragödie um reinen Zufall handelte."
Verunsichert blickten die beiden Wächter gen Himmel. Nur vereinzelte Wolken waren zu sehen. Nichts deutete darauf, dass es in nächster Zeit regnen oder gar gewittern könnte. Trotzdem entschlossen sie sich, ihren Abstand zu Herrn von Fleck um zwei Meter zu vergrößern.

***


Den Rest des Weges hatte Herr von Fleck nicht mehr viel mit ihnen gesprochen. Sie hatten zwar gehört, wie der Wissenschaftler etwas wie "Ignoranten" bemurmelt hatte, doch großartig bedrücken sie das nicht. Sie waren schon mit der Tatsache zu frieden, dass er endlich ruhig war.
"Immerhin hat er jetft die Schnautfe gehalten", flüsterte Rogi, als sie sich langsam der Hauerstrasse näherten.
"Und von Blitz wurde er auch noch nicht getroffen", erwiderte Valdimier in einem Tonfall, der einen wundern ließ, warum sich kein leider in dem Satz befand. "Immerhin können wir jetzt sicher sein, dass wir sicher nicht zu dieser komischen Versammlung eingeladen werden."
"Fumindeft etwaf gutef."
Die Wächter fingen wieder an neuen Mut zu schöpfen. Sie würden sich später einfach etwas umschauen, und dann schnellstmöglich wieder verschwinden. Für sie schein es ziemlich klar, dass von Fleck mit seinen Befürchtungen maßlos übertrieb. Doch als sie in die Hauergasse einbogen zerbröselten ihre Hoffnungen wie ein Butterkeks, der von einem Kutschenrad überrollt wurde.
"Oha", brachte Valdimier überrascht hervor. "Stehen die etwa vor Hausnummer fünf?"
"Natürlich stehen sie das", jaulte von Fleck auf. "Ich habe es ja gleich gesagt."
Vor den Wächtern erstreckte sich etwas, was Pessimisten schon als Chaos bezeichnet hätten. Eine beachtliche Gruppe von Menschen, von denen einige anhand ihrer Kleidung als Zauberer und Priester zu erkennen waren, hatte sich vor dem Haus versammelt, in dem Herr von Flecks Gemeinschaft die Versammlung abhalten wollte, und sie machten keinen sehr freundlichen Eindruck. Einige von ihnen hielten selbst gemachte Schilder in die Höhe, auf denen etwas geschrieben stand. Doch aus der Entfernung konnten die Wächter nicht erkennen, was es bedeutete.
"Ich glaube wir follten lieber Verftärkung rufen."
Mit einem Kopfnicken bestätigte Valdimier Rogi in ihrem Vorschlag.
"Du hast eine Taube mit?"
"Natürlich."
Die Tatsache ignorierend, wem er diese Frage gestellt hatte, wandte sich der Vampir wieder Herrn von Fleck zu.
"Sind Ihre Kollegen schon alle da drinnen?"
"Ich denke schon. Was gedenken Sie denn jetzt gegen diese Schmarotzer zu unternehmen?"
"Wir werden jetzt erst einmal unsere Kollegen benachrichtigen, dass wir hier sie brauchen. Es wird sicher nicht lange dauern, bis sie hier sind, Herr von Fleck. Sie werden sich in der Zeit nicht vom der Stelle bewegen." Er deutete kurz auf die Menschenmenge. "Wer weiß, was passiert, wenn Sie von denen gesehen werden."
Kurze Zeit später, schickte Rogi ihre Nachrichtentaube los, die sogleich richtig Wachhaus flatterte.
"Hoffentlich denk Bregf nicht, daf wir ihn auf den Arm nehmen wollen.", murmelte die Igorina, als sie dem Tier hinterher blickte.
"Glaub ich nicht", erwiderte Valdimier. "Sehr wird er sich aber nicht darüber freuen. Soviel ist schon mal sicher."

***


Etwas später sollte sich herausstellen, dass Valdimier mit seiner Vorhersage ziemlich richtig lag. Araghasts Laune war sichtlich getrübt, als er mit den restlichen FROGS an dem Einsatzort ankam. Mit grimmigem Gesicht stieg er von dem Karren ab und stapfte zu Rogi und Herrn von Fleck, die sich in einem Hauseingang gestellt hatten, um nicht weiter aufzufallen.
"Sehen Sie?", schimpfte von Fleck sogleich. "Und Sie haben mir nicht geglaubt."
"Gab es schon irgendwelche Ausschreitungen?", fragte der Abteilungsleiter die Igorina, den Wissenschaftler gekonnt ignorierend.
"Nicht wirklich. Bif jetft verhalten fich alle fiemlich ruhig. Nur ab und fu wird etwaf gegen daf Hauf geworfen, waf wie Eier und Tomaten auffieht."
"Aha, und wo ist Valdimier?"
Mit einem kurzen Kopfnicken deutete Rogi in Richtung Menschengruppe.
"Er wollte fich mal etwaf unter die Menge mifen, um herauf fu finden, waf eigentlich genau lof ift."
"Wir müssen endlich schauen, ob es meinen Kollegen gut geht", mischte sich Herr von Fleck ein. "Wer weiß, was diese Personen da schon mit ihnen gemacht haben."
"Das möchte ich mir nicht wirklich vorstellen." Bregs Stimme war nur ein leises murmeln. "Und wie ein Lynchmob sieht die Masse nicht gerade aus. Es fehlen die Heugabeln und die Fackeln."
Ehe von Fleck noch etwas sagen konnte, wurde seine Aufmerksamkeit, und die der Wächter auf Valdimier gelenkt, der auf die Gruppe zukam.
"Was ist denn mit dir passiert?", fragte Bregs, als er den Vampir sah.
Ein Teil von Gesicht und Haar, des leichten Armbrustschützen, war rot gefärbt und erweckte so den Eindruck, dass jemand versucht hatte dem Vampir den Schädel einzuschlagen.
"Keine Sorge, dass ist kein Blut." Unnötig zu erwähnen, dass Valdimier gerade nicht bei bester Laune war. "Einer von denen hielt es wohl für besonders witzig, eine Tomate nach mir zu werfen. Hat jemand zufällig ein großes Taschentuch dabei?"
"Und? Hast du etwas herausgefunden?", wollte der Abteilungsleiter wissen.
"Ja, eigentlich ist alles gar nicht sooo schlimm", fing der Vampir an zu erklären, während er sich mit den Fingern Tomatenmatsch aus den Haaren pulte. "Von der Menge sind eigentlich nur zirka 40 Personen, wegen dieser Versammlung gekommen. Wenn ich das richtig gesehen habe, handelt es sich bei denen hauptsächlich um Zauberer und Priester."
"Und der Rest?"
Der Vampir zuckte mit den Schultern.
"Das sind nichts anderes als Schaulustige. Die Priester und Zauberer scheinen mit ihrem Aufmarsch ein ziemlich auffälliges Spektakel veranstaltet zu haben."
"Versuchen diese Vandalen das Haus zu stürmen? Haben Sie jemanden von meinen Kollegen gesehen?", wollte Herr von Fleck aufgeregt wissen.
Der Vampir lachte kurz auf, als hätte er nur auf diese Frage gewartet.
"Gut dass Sie das fragen. Also, Ihren Kollegen geht es gut. Sie befinden sich alle in ihrem Clubhaus, wenn ich es jetzt mal so nenn darf, und haben die Tür verrammelt. Was mich..."
"Sehen Sie!!", fiel ihm von Fleck ins Wort. "Man muss uns von dieser Meute von Querulanten schützen. Es dauert sicher nicht mehr lange, bis sie versuchen unser Haus..."
"Wenn Sie mich mal ausreden lassen würden", unterbrach Valdimier. "Die meisten wollen zwar in das Haus, aber nur, weil sie nämlich bei dieser komischen Preisverleihung zuschauen wollen. Und es verwundert mich schon sehr, dass Sie, Herr von Fleck, darüber so entsetzt sind."
"Was willst du damit sagen?", fragte Bregs.
Auf dem Gesicht des Vampirs entstand ein leichtes Grinsen.
"Mir ist nämlich noch etwas zu Ohren gekommen. Die Zauberer der UU erhielten vor kurzem ein Schreiben, in denen sie auf herzlichste eingeladen wurden, an der Verleihung teilzunehmen."
Als er spürte, wie die Blicke der Wächter auf ihm ruhten, nahm von Flecks Gesicht einen gesunden Rot-Ton an.
"Sie haben was?", fragte Bregs erzürnt.
"Ich hatte nicht damit gerechnet, dass wirklich jemand kommen würde", versuchte sich der Wissenschafter zu verteidigen.
"Ich vermutet mal, dass Sie mit der Ankündigung, dass sich bald niemand mehr für den ganzen Hokuspokus interessieren wird, haben sie das Interesse der UU geweckt."
Diesmal schwieg Herr von Fleck. Er merkte, dass er langsam in eine Situation kam, in der man lieber den Mund hielt.
"Haben Sie den Priestern etwa auch solche Briefe geschickt?", fuhr in Araghast an.
Ein knappes "Nein" war alles, was Herr von Fleck aus seiner Kehle herausbrachte.
"Aber das sind die, auf die wie aufpassen müssen", erklärte Valdimier weiter. "Die sind wirklich mächtig sauer auf die Wissenschaftler, weil sie ihrer Meinung nach Gotteslästerung betreiben. Die haben wohl auch das Haus mit Tomaten und Eiern beworfen."
"Das hab ich ja schon vorhin gesagt", stieß von Fleck zwischen seinen Zähnen hervor, doch sein neu aufgebauter Mut verschwand sofort wieder, als er in das grimmige Gesicht von Araghast schaute.
"Wissen Sie, eigentlich müssten Sie ja selbst mit dieser Angelegenheit fertig werden", sprach der Abteilungsleiter mit ruhiger Stimme, als er sich wieder etwas beruhigt hatte. "Hätten Sie nicht plötzlich so einen großen Anflug von Megalomanie gehabt, hätten Sie jetzt nicht dieses Problem."
"Wollen Sie uns jetzt etwa in Stich lassen?", entfuhr es von Fleck entsetzt.
"Das ist leider das schwere Los, das wir als Wächter mit uns tragen, Herr von Fleck", antwortete Bregs mit einem leisen Seufzen gefolgt. "Auch wenn es die eigene Blödheit ist, die einen wie Sie in Schwierigkeiten bringt, müssen wir dafür sorgen, dass Ihnen nichts passiert."
Mit diesen Worten wandte er sich den anderen FROGS, die noch immer bei dem Eselskarren warteten.
"Also los. Dann lasst uns hier mal aufräumen."

***


Die Person, die fest damit rechnete heute jemanden zu töten, konnte sehen, wie sich ein Eselskarren der Menschenmenge näherte. Als er sich genug genähert hatte, konnte man erkennen, wer sich darauf befand. Hatte man tatsächlich die Wache verständigt. Doch das trübte die Entschlossenheit der Person nicht im geringsten. Es war ihr egal, ob die Wächter sie später festnehmen würden oder nicht. Von ihr aus konnte es auch schlimmer kommen. Sie hatte nur ein Ziel vor Augen und der Rest kümmerte sie nicht.

***


"Alle mal herhören", brüllte Araghast von dem Einsatzkarren.
Die FROGS befanden sich genau vor dem Haus, in dem sich die Kollegen von Herrn von Fleck befanden. Da jeder in der Menge schnell gemerkt hatte, dass es doch besser wäre, einem Eselskarren, der sich jemanden näherte und nicht die Absicht hatte anzuhalten, auszuweichen, hatte man schnell diese Position erreicht. Nun waren alle Augen auf den Halbvampir gerichtet, der versuchte die Kontrolle über die ganze Situation zu erlangen.
"Ich nehme an, viele von Ihnen wissen nicht einmal, was hier los ist", rief er weiter. "Ich kann Ihnen eins versichern. Hier ist absolut nichts passiert. Es wurde niemand umgebracht, verprügelt, ausgeraubt oder sonst etwas, wobei es sich lohnen würde zuzuschauen. Sie vergeuden nur Ihre Zeit."
"Ja klar!!", erklang eine männliche Stimme aus dem hinteren Teil der Menge. "Das ist nur ein Trick, um uns loszuwerden. Ich habe gehört, dass es hier einen Massenmord gegeben hat."
Araghast verdrehte die Augen.
"Hören Sie mal zu. Sie stehen hier nur dumm in der Gegend rum, weil es hier einen kleinen Interessenkonflikt gibt. Und den werden wir auf so eine unspektakuläre Weise klären, dass Sie sicher im stehen einpennen werden."
Ein Raunen ging durch die Menge und einige der Schaulustigen zogen sogar von dannen.
"Sind Sie sicher, dass niemand umgebracht wurde?", rief jemand, der wohl besonders hartnäckig war.
"Nein!"
"Nicht mal eine kleine Verstümmelung?"
"Nein, auch das nicht!"
Erneut ging ein Raunen durch die Gruppe. Eine Frau beschwerte sich sogar lauthals bei ihrem Ehemann, dass sie die ganze Zeit umsonst herumgestanden haben. Zu Araghasts eigener Überraschung verließen wieder einige der Personen mit einem enttäuschten Gesichtsausdruck die Menge und machten sich daran, wieder ihrem normalen Tagesablauf nachzugehen. Die, die noch stehen blieben, gehörten wohl dem harten Kern der Gaffer an und würden noch nicht einmal verschwinden, wenn man ihnen die Schuhe in Brand setzen würde.
"So", wandte sich der Abteilungsleiter an die Zauberer und Priester, die direkt vor ihm standen. "Wer von ihnen ist denn hier, weil er der Meinung ist, dass hier Gotteslästerung betrieben wird?"
Entschlossen streckten die anwesenden Priester eine Hand in die Höhe. Eine Tomate, die in diesem Moment neben Bregs an der Hauswand zerklatschte, unterstützte sie dabei.
"Es ist ein Wunder, dass von denen noch niemand vom Blitz getroffen wurde", rief jemand.
Auf dem Karren warfen Valdimier und Rogi einen Blick auf von Fleck, der die Augen verdrehte.
"Das Verhalten dieser Querdenker ist höchst Frevelhaft und der Schöpfer wird sicher schon das richtige für sie vorgesehen haben, wenn er sie zu sich holt."
"Ich kann verstehen, dass Sie sauer sind", erklärte Bregs, der langsam anfing, sich einen Schluck Bärdrückers zu wünschen. "Aber es liegt in unserer Aufgabe, hier für Ordnung zu sorgen, und wir werden jedes Mittel nutzen, um diese Aufgabe zu erfüllen."
"Wir werden sicher nicht gehen", antwortete einer der Priester und wurde lauthals von seinen Kollegen unterstützt.
"Das verlangt ja auch keiner."
"Nicht?", fragte der Tempelarbeiter verwundert.
"Nein, wir wollen nur, dass sich hier ordentlich verhalten wird. Das bedeutet für Sie, dass hier kein Gemüse mehr durch die Gegend geworfen wird. Verstanden?"
Für einen kurzen Moment schauten die Priester den Abteilungsleiter misstrauisch an.
"Aber die Schilder dürfen wir behalten?", fragte jemand anderes.
"Sicher, solange Sie niemanden damit auf den Kopf schlagen, geht das in Ordnung."
Da er sie vorher nicht großartig beachtet, warf der Püschologe einen kurzen Blick auf die Pappschilder, die hauptsächlich von den Priestern getragen wurden.
Lass es Blitze regnen, stand auf einem, während man auf ein anderes irgendeinen Religiösen Spruch drauf geschrieben hatte, der irgendwie von einem Pfad der Gerechten und der Tyrannei böser Männer handelte.
"Geht in Ordnung", verkündetet einer der Gottesanbeter, nachdem sich die Gruppe kurz beraten hatte.
"Gut." Araghast wirkte zufrieden. "Da wir das jetzt geklärt haben möchte ich... Ja?"
Einer der Priester hatte wieder die Hand gehoben.
"Ähm, können wir denn auch Musik machen?"
Erst jetzt bemerkte Bregs das Instrument in der Hand des Mannes. Zuerst dachte er, dass es sich dabei um eine Gitarre handelte, doch bei genauerem hinsehen, entpuppte es sich als Laute.
"Von mir aus. Allerdings ist damit bei einbruch der Dunkelheit Schluss. Sonst haben Sie schnell eine Beschwerde wegen Ruhestörung am Hals."
Nachdem er zu ende gesprochen hatte, wartete Araghast, ob sich sonst noch jemand meldete.
"OK, da es sonst nichts mehr zu geben scheint..."
"Und was ist mit uns?" Diesmal war es einer der Zauberer, der Bregs ins Wort fiel. "Wir wollen da rein, und diese Typen lassen uns nicht."
"Das ist uns klar. Wenn Sie sich noch bitte einen Moment gedulden würden."
Den Zauberer ignorierend, wandte sich Bregs den Herrn von Fleck zu.
"Sie werden jetzt dafür sorgen, dass Ihre Kollegen die Haustür wieder frei räumen, damit wir das alles endlich zu Ende bringen können. Sie werden mir doch sicher nicht widersprechen, wenn ich sage, dass Sie die Mitglieder der Unsichtbaren Universität als Ihre Gäste willkommen heisen, oder?"
"Natürlich nicht", antwortet Herr von Fleck. "Aber ich erwarte einen Reibungslosen Ablauf, ohne irgendwelche Störungen."
"Wir werden unser bestes geben." Araghasts Tonfall hatte wieder eine gewisse Schärfe in sich liegen. "Sorgen Sie nur dafür, dass wir endlich in das Haus können."
Von Fleck nickte widerwillig und kletterte von dem Karren.
"Was ein Idiot", murmelte Araghast, als er ihn dabei beobachtet, wie er versuchte seinen Kollegen, die ihn aus dem Inneren des Hauses beobachteten, zu signalisieren, dass sie die Tür aufschließen sollten.
"Was machen wir jetzt?", fragte Kanndra.
"Jetzt werden wir dafür sorgen, dass hier alles glatt über die Bühne läuft, damit wir wieder von hier verschwinden können."
Die FROGS nickten zustimmend.
Und ich suche mir gleich ein ungestörtes Plätzchen, fügte der Abteilungsleiter in Gedanken hinzu und tätschelte die Flasche in seiner Uniformtasche.

***


"Es war wohl doch keine so gute Idee gewesen, den Leuten von der Universität den Brief zu schicken, oder Hubert?"
"Mach dir keine Sorgen Franz. Die Leute von der Wache werden schon auf uns aufpassen."
Beruhigend legte von Fleck, dessen Laune schlagartig gestiegen war, als er sich wieder unter seinen Kollegen befunden hatte, seinen Arm auf die Schulter des Mannes, der Franz hieß.
"Darf ich Ihnen vorstellen?" Mit diesen Worten drehte er seinen Kollegen Richtung Kanndra, die das unglaubliche Glück hatte, sich gerade in der Nähe zu befinden. "Das hier ist mein geschätzter Kollege Franz Karlo. Ihm verleihen wir heute die Ehrenauszeichnung für seine unglaubliche Entdeckung."
Für die Späherin war es nicht zu übersehen, wie sich das Gesicht des Wissenschaftlers rot färbte. Er war etwas kleiner als Herr von Fleck und machte einen ziemlich unscheinbaren Eindruck auf sie. Auch er trug eine Brille, die aber nur die untere Hälfte seiner Augen überdeckte.
"Das währe wirklich nicht nötig gewesen." Franz Stimme war mit Unbehagen erfüllt. "Wir alle haben schon so große Fortschritte erzielt."
"Und es wird langsam mal Zeit, dass diese Leistung dementsprechend gewürdigt wird", erklang plötzlich eine unbekannte Frauenstimme.
Eine Frau, bei der es sich offensichtlich um die Besitzerin der Stimme handelte, ging an Kanndra vorbei und stellte sich neben Franz, der sofort seinen Arm um sie legte.
"Ähm, darf ich Ihnen meine geliebte Frau vorstellen, Frau Wächter?"
"Marie Karlo", sagte die Dame und reichte Kanndra die Hand. "Sehr erfreut sie kennen zu lernen."
Kanndra erwiderte die Geste.
"Gleichfalls."
"Ich bin beruhigt, dass Sie sich um die Sicherheit von meinem Franz kümmern." Marie drückte sich näher an ihren Ehemann. "Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie dankbar ich Ihnen dafür bin."
"Keine Uhrsache", erwiderte Kanndra. "Das ist unser Tschob."
Die Späherin musterte die Frau kurz. Sie war sehr schlicht gekleidet und ihr langes dunkelblondes Haar war zu einem Zopf gebunden, der an ihrem Rücken herunterhing.
"Arbeiten Sie mit ihrem Mann zusammen, oder sind Sie nur wegen seiner Auszeichnung hier."
"Wir arbeiten zusammen. Man kann sogar sagen, dass wir uns hier kennen gelernt haben." Mit diesen Worten zog sie Franz, der noch immer sichtlich nervös war, näher an sich. "Aber seine Entdeckung ist ganz alleine sein Verdienst."
"Ach Liebling..." Die Röte in Herrn Karlos Gesicht würde noch schlimmer. "Ohne dich wäre ich niemals so weit gekommen."
"Wenn Sie mich bitte entschuldigen würden." Auch wenn Kanndra solch Verhalten nur zu gut aus ihren Lieblingsromanen kannte, wollte sie sich jetzt nicht davon abhalten lassen. "Ich muss mich mit meinem Kollegen nach etwas beraten."
"Aber natürlich." Es war von Fleck der ihr antwortete. "Wenn Sie noch Fragen haben, können Sie sich natürlich an mich wenden."
"Machen wir", erwiderte die Späherin und wandte sich von der kleinen Gruppe ab, um sich auf die Suche nach Bregs zu machen.

***


Leichte Beunruhigung stieg in dem Körper der Person mit den Mordabsichten auf. Die Wächter schienen doch organisierte vorzugehen, als sie erwartet hatte. Für einen kurzen Augenblick dachte sie darüber nach, ob sie ihre Tat nicht einfach im verborgenem durchführen, und dann still und heimlich verschwinden sollte. Doch dieser Plan wurde schnell wieder verworfen. Sie wollte, dass jeder mitbekam, was man ihr angetan hatte. Die Person umklammerte die kleine Armbrust in ihrer Tasche, als sie wieder daran denken musste. Sie würde ihre Rache bekommen, egal welches Risiko sie dafür auf sich nehmen musste.

***


"So, und was haben Sie da in der Papiertüte drinnen?"
Argwöhnisch beobachtete Sidney den vor ihm stehenden Zauberer.
"Ähm, da ist mein Mittagessen drinnen", versuchte sein Gegenüber zu erklären.
"Aha, machen Sie mal bitte auf."
Die Art, wie der Werwolf das Wort "Bitte" aussprach, lies den Zauberer zusammenzucken.
"Na gut", seufzte er. "Wenn Sie unbedingt wollen."
Zaghaft öffnete der Magier die Tüte und Sidney spähte hinein. Ein kleiner Schwarm Fliegen kam ihm entgegen und deuteten darauf hin, dass das Essen wohl nicht mehr ganz frisch war.
"Und das wollen Sie noch essen?" Der Armbrustschütze rümpfte die Nase. "Mal von den Fliegen abgesehen, riecht das ja schon ziemlich streng."
"Ähm, ich... äh..."
Der Zauberer wusste nicht, was er sagen sollte. Der Blick, mit dem ihn Sidney anstarrte, ließ seine Verunsicherung noch stärker werden.
"Haben Sie nicht gehört, was mein Chef vorhin laut und deutlich erklärt hatte?" Der Werwolf hielt seinen harten Blick aufrecht, als er den Zauberer zurecht wies. "Keine Waffen und kein matschiges Wurfgemüse aller Art. Was war denn daran nicht zu verstehen?"
"Es...es tut mir leid. Ich muss wohl aus versehen nicht zugehört haben."
"Ganz bestimmt." Mit einem tiefen Knurren nahm der Werwolf die Tüte an sich und legte sie zu den anderen Gegenständen, die man den Besuchern der Verleihung abgenommen hatte.
"Ich hätte auch bis zum Ende der Versammlung gewartet", murrte der Zauberer.
"Natürlich hätten Sie das", erwiderte Sidney. "Ich sage Ihnen eins, wenn Sie da drinnen auch nur einen Mucks von sich geben, werden Sie nachher dieses Essen wirklich zu sich nehmen."
Der Zauberer schluckte laut. Die Aussicht, dass er sein Mittagessen wirklich essen würde, lies seinen Magen schon beim Gedanken daran rebellieren.
"Ich... ich habe verstanden."
Da er sich darauf konzentrieren musste, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten, sprach der Zauberer sehr leise und langsam.
"Dann wünsche ich Ihnen noch viel Spaß."
Mit diesen Worten trat der Werwolf einen Schritt beiseite und ließ den Zauberer in das Haus eintreten. Ein dickes Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht. Nicht nur, dass ihm das eben geschehen doch sehr amüsiert hatte, es kam noch dazu, dass dieser nervige Priester mit der Laute endlich eine Spielpause eingelegt hatte.
"War das denn wirklich nötig?", ertönte Harrys Stimme von dem Eselskarren.
Der Gnom saß auf dem Rand des Gefährts und hatte den ganzen Ablauf interessiert betrachtet.
"Vielleicht, vielleicht auch nicht", erwiderte Sidney Schulter zuckend. "Aber wir können uns jetzt ziemlich sicher sein, dass er jetzt keinen Ärger mehr machen wird."
"Und die Armbrust?"
"Was soll mit ihr sein?", fragte der Werwolf und schaute auf die geladene Waffe, die er in einer Hand hielt.
"Denkst du wirklich, dass du Sie brauchen wirst?"
"Erwarte immer das unerwartete. Das ist meine Devise. Woher soll ich denn wissen, dass einer von denen hier kein durchgedrehter Irrer ist? Auch wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, so bin so doch darauf vorbeireitet." Die Tatsache, dass Harry einen viel höheren Dienstgrad als er hatte, schien den Armbrustschützen nicht sehr zu beeindrucken. Verschworen zwinkerte er ihm zu. "Du als angehender Armbrust... Bogenschütze, solltest das genauso angehen."
Kurz schaute er zu, wie Harry über das eben gesagte nachdachte, wandte sich dann aber wieder den wartenden Zauberern zu.
"So, der nächste!"
Ein jüngerer Magier trat vor ihm. Ohne ein Wort zu sagen, streckte er seine Hand aus und gab Sidney ein Ei, das er eben noch in seiner Tasche versteckt hatte. Das leichte Zittern des jungen Mannes ließ vermuten, dass er mitbekommen hatte, was seinem Kollegen widerfahren war.
Sdineys Grinsen ließ nicht nach. Langsam begann seine Aufgabe ihm Spaß zu machen.
"Sehr vernünftig."

***


"Da bist du ja!"
Araghast konnte noch schnell, die Flasche Bärdrückers in seine Jackentasche rutschen lassen, ehe Kanndra ihn erreichte.
"Was gibt es denn?", fragte er seine Stellvertreterin.
"Ähm..." Die Späherin schien erkannt zu haben, wobei sie den Püschologen überrascht hatte, und sie wusste, dass es ein sehr großer Fehler wäre, ihn jetzt darauf anzusprechen. "Es sind fast alle Besucher drinnen und Herr von Fleck fragt nach, ob noch etwas beachtet werden muss, oder ob sie gleich anfangen können?"
"Sind denn alle schon so weit?"
"Fast, die letzten Zauberer nehmen gerade Platz. Übrigens sind das auch die einzigen Zuschauer, die bei der Verleihung dabei sind."
Araghast zuckte mit den Schultern.
"Wen wundert's. Wie sieht es draußen mit den Priestern aus?"
"Och, die sind ganz friedlich. Einige von ihnen laufen mit ihren Schildern durch die Gegend, während der Rest versucht Passanten dazu zu bewegen, mal wieder öfters einen Tempel zu besuchen. Harry und Sid sollten die Sache eigentlich im Griff haben."
"Gutgut." Der Püschologe nickte zufrieden. "Ich denke es wird ihnen sicher nichts ausmachen, wenn sie nicht bei der Verleihung zuschauen können."
"Ich glaube, sie werden es verstehen", kicherte Kanndra. "Die anderen warten schon im Saal."
"Na dann wollen wir mal schauen." Bregs klatschte in die Hände, und setzte sich in Bewegung. "Sollte doch gelacht sein, wenn das nicht auch über die Bühne zu bekommen ist."
Der Schnaps scheint seine Wirkung ja ziemlich schnell zu entfalten, war Kanndras Gedanke, als sie ihrem Vorgesetzten folgte.

***


"Na dann wollen wir mal sehen, was diese Querdenker zu bieten haben", lästerte ein Zauberer, als er sich auf seinen Platz setzte.
Seine Kollegen, die um ihn herum saßen, lachten hingebungsvoll. Doch das Lachen war nur von kurzer Dauer, als der Lästerer einen spitzen Schrei von sich gab. Der Grund dafür, war das laute "BUUH", was plötzlich hinter ihm ertönte und eine Spitze Kralle, die ihm auf die Schultern tippte.
"Dürfte ich die Herren darin erinnern, dass Sie sich dazu bereit erklärt haben, die Veranstaltung in keinster Weise zu stören?"
Erschrocken drehte sich der Magier um und schaute in das Gesicht von Maximilian R. Schreckt. Für den schwarzen Mann war es kein Problem gewesen, sich in dem Schatten des Zauberers, der durch die Körperfülle des Mannes sehr groß ausgefallen war, zu verstecken.
"Aber es hat doch noch gar nicht angefangen", protestierte einer der Zauberer.
"Na ja, sie kennen ja das Sprichwort. Früh übt sich."
Mit diesen Worten verschwand der Wächter wieder und beobachtete die Anwesenden aus einer dunklen Ecke.
Ein leises Lachen erklang aus der ersten Sitzreihe die für die Mitglieder von Herrn von Flecks Gemeinschaft bestimmt war, und die Zauberer sahen, wie sie eine Gruppe von Wissenschaftlern amüsiert anschaute.
"Sehr witzig", murmelte einer von den Studenten der Unsichtbaren Universität und verschränkte die Arme vor der Brust. "Mal sehen, wer nachher über wen lacht."

***


Das nacher sollte auch schnell eintreten. Nur kurze Zeit später, stand Herr von Fleck auf der kleinen provisorischen Bühne, um die Verleihung zu beginnen. In den Händen des Wissenschaftlers befand sich ein Satz kleiner Karten, auf die er etwas nervös nieder blickte.
"Hoffentlich hält er jetzt keine elendig lange Rede", murmelte Bregs zu Kanndra. Die beiden Wächter beobachteten das Ganze von einem Platz neben dem Publikum, wo sie die beste Übersicht haben.
"Also dann." Mit einem leisen Räuspern versuchte von Fleck die Nervosität aus seiner Stimme zu verbreiten. "Verehrte Damen, wehrte Herren. Ich darf Sie herzlichst in unserer kleinen Gemeinschaft willkommen heisen."
Kurzes Klatschen erklang, das sich aber schnell wieder einstellte, als die Wissenschaftler in der ersten Reihe bemerkten, dass sie die einzigen waren, dies es taten. Die Zauberer der UU saßen mit verschränkten Armen auf ihren Plätzen und beobachteten aufmerksam das Geschehen auf der Bühne.
"Ähm, besonders begrüße ich die Mitglieder der Unsichtbaren Universität, die sich dazu entschlossen haben, dieser kleinen Veranstaltung beizuwohnen. Wir arbeiten zwar auf verschiedenen Gebieten und haben unterschiedliche Meinungen, doch es ist immer wieder gut, über den metaphorischen Tellerrand zu schauen."
"Wenn er denkt, dass wir ihn bei uns reinlassen, hat er sich aber gewaltig geschnitten", flüsterte einer der Magier zu einem seiner Kollegen.[3]
"Doch heute haben wir uns versammelt, um jemanden aus unseren Reihen für seine großartigen Leistungen auszuzeichnen. Ihm ist es zu verdanken, dass wir seid kurzem die Möglichkeit haben, eine Theorie über die Entstehung unseres Universums auszuarbeiten."
"Was ein Glück, dass die Priester draußen auf der Strasse sind." Valdimier, der mit Rogi in der Nähe der Bühne stand, beugte sich zu der Igorina rüber. "Sonst hätte es jetzt die ersten Toten gegeben."
"Ich bin stolz darauf, ihn als Freund und Kollegen bei mir zu haben", fuhr von Fleck unbeeindruckt fort. "Und ich will auch nicht noch mehr Worte verlieren, und ihn sofort auf die Bühne bitten." Er machte eine einladende Handbewegung. "Meine Damen und Herren, unser geliebter Mitarbeiter, Franz Karlo."
Diesmal von der Teilnahmslosigkeit der UU-Leute, dich noch immer regungslos auf ihren Plätzen saßen, unbeeindruckt, klatschen die Leute in der ersten Reihe wie wild in die Hände. Einige von ihnen gaben sogar anerkennenden Pfiffe von sich.

***


"Also jeder Musiker, der vor so einem lahmen Publikum spielen würde, hätte seine Show sicher schon frustriert abgebrochen", murmelte Araghast, während er beobachtete wie Franz Karlo, zusammen mit seiner Frau, auf die Bühne trat. Bregs bemerkte die kleine Tafel, die der Wissenschaftler mit sich trug. Oben angekommen schüttelte Franz kurz von Flecks ausgestreckte Hand um kurz darauf seine Auszeichnung entgegen zu nehmen. Dabei handelte es sich um einen kleinen Blumenstrauß, den Her Karlo, der auf den Abteilungsleiter einen sichtlich nervösen Eindruck machte, gleich an seine Frau weitergab, und um eine Medaille, die von Fleck ihm gleich um den Hals hängte. Begleitet wurde das ganze von dem Beifall seiner Kollegen.
Naja, immerhin ist es bald vorbei, dachte sich Bregs, als er sah wie Franz mit einer Handbewegung um Ruhe bittete. Jetzt nur noch irgendwelche Danksagungen und die ganze Sache ist gelaufen.
Doch als er sah was geschah, als Franz mit seiner Dankesrede begann, wusste er, meldete ihm ein tiefer Gedanke, dass es jetzt erst richtig losging.
Oh Scheiße!

***


Auch wenn ihr Puls raste, so war sich die Person mit den mörderischen Gedanken sicher, dass nichts schief gehen konnte. Den Wächtern sah man an, dass es sie nicht das Geringste interessierte, was auf der Bühne geschah. Sie redete sich ein, dass sie leichtes Spiel bei ihrer Tat haben würde. Sie befand sich in einer Position, die ihr ein schnelles Handeln ermöglichte.

Sie würde ihre Rache bekommen. Das war ihr Gedanke, als sie die geladene Armbrust aus ihrer Tasche zog und auf ihr Ziel richtete.

***


"Wie ein verfluchtes Schwein", vollendete Marie den Satz, den ihr Mann mit: "Ich kann ihnen gar nicht erzählen, wie ich mich gerade fühle.", begonnen hatte.
Für einen kurzen Moment füllte ein erschrockenes Schweigen den Raum und alle Beteiligten starrten die Frau an, die mit einer geladenen Armbrust auf ihren Mann zielte.

***


"Was zur Hölle?"
Araghast und Kanndra hasteten auf die Bühne zu. Auch Valdimier und Rogi machten anstallten, den kleinen Aufbau zu erklimmen. Doch das laute Schreien von Marie Karlo, ließ sie an ihren Stellen verharren.
"Keiner von euch Wächtern bewegt euch!!" Sie drückte ihrem überraschten Ehemann die Armbrust in die Rippen. "Oder ich lege das Schwein auf der Stelle um."
"Marie...was.. tust...du??", stammelte Franz. "Was soll..."
"Halt den Mund", schrie seine Frau. "Tu nicht so, als wärst du überrascht."
"Das wird ja doch noch interessant", verkündete einer der Zauberer, der das Geschehen aufmerksam von seinem Platz beobachtete und sich, der Gefahr, die von einer geladenen Armbrust ausging, ignorierend eine Selbstgedrehte Zigarette in den Mund steckte. Ein leises Quicken erklang, welches absolut nicht in die sonstige Stille passte, als er seinem Taschendrache auf dem Bauch drückte, und dieser eine kleine Flamme von sich gab, mit der sich der Mann seinen Glimmstängel anzündete.
"Frau Karlo, warum tun Sie das?", fragte Araghast, die Gelassenheit mancher Anwesenden ignorierend, mit lauter Stimme.
"Sie fragen mich, warum ich das tue?" Mann konnte die Tränen sehen, die sich in den Augen der Frau bildeten. "Das soll Ihnen mal schön mein achso treuer Ehemann erklären."
"Ich..ich...ich verstehe nicht."
Es war ein Wunder, dass Franz nicht in Ohnmacht fiel.
"Hast du etwa schon vergessen, wo du deine geniale Entdeckung hattest?"
Das Entsetzen in Franz Augen weitete sich.
"Du weißt davon?", fragte er.
"Natürlich", schrie ihn seine Frau an. "Ich weiß, dass du mieses Schwein bei einer Näherin warst."
Die Reaktion auf diese Enthüllung war sehr verschieden. Die Zauberer schauten sich nur kurz an und zuckten mit den Schultern, während die Kollegen von Franz einen laut der Entrüstung von sich gaben. Hubert von Fleck war schon längst vor Aufregung in Ohnmacht gefallen und Franz starrte Reumütig zu Boden.
"So", der Tonfall der Frau hatte plötzlich etwas entschlossenes. "Da jetzt jeder weiß, was du mir angetan hast, gibt es für dich keinen Grund mehr weiterzu..."
"VALDIMIER!!"
Araghast hatte erkannt was jeden Augenblick passieren würde und Valdimier, der die Unaufmerksamkeit Maries ausgenutzt hatte, um auf die Bühne zu klettern, warf sich, auf Kommando seines Vorgesetzten, auf die bewaffnete Frau.
Sie wirbelte herum und ein leises klicken war zu hören, bevor sie mit einem lauten krachen zu Boden gingen.

***


"Es ist mir egal, ob es schwierig wird", fluchte Valdimier. "Ich will einfach, dass du das Ding rausziehst. Lilith flippt aus, wenn Sie mich so sieht." Die Augen des Vampirs schielten, als er versuchte den Bolzen anzuschauen, der in seiner Stirn steckte. "Sie war schneller, als ich dachte."
"Wenn du ungedingt willft."
Rogi griff nach dem Bolzen und das Geräusch, was als nächstes ertönte, konnte man am besten mit dem Wort "Seltsam" erklären.
"Ist es schlimm?"
"If glaube du follteft warten, bis ef wieder fufammengewachfen ift. Ef wird ihr ficher nicht gefallen, wenn du ihr fo gegenübertrittft. Immerhin kann man jetft dein Gehirn fehen."
Sich sicher, dass es seinem Kollegen soweit gut ging, wandte sich Bregs zu Herrn Falko, der wie aufgelöst auf dem Bühnenrand saß. Nachdem die Frau von Valdimier überwältigt und entwaffnet worden war, hatte sie sich ohne große Gegenwehr festnehmen lassen. Sie war zu aufgelöst gewesen, um noch irgendetwas gegen die FROGS zu unternehmen, die sie nach draußen führten.
"Ich liebe sie doch noch immer", sprach er mehr zu sich selbst.
"Es wird sich sicher wieder alles einrenken", versuchte ihn Hubert von Fleck, der neben ihn saß, zu beruhigen und legte ihm freundschaftlich den Arm auf die Schulter.
"War es wirklich notwendig, dass Sie sie verhaftet haben?"
"Ich glaube, dass ist erstmal das Beste für Sie, Herr Karlo", erklärte der Abteilungsleiter. "Immerhin hat sie versucht Sie zu erschießen."
"Vielleicht renkt sich ja alles irgendwie wieder ein." Diesmal war es von Fleck, der versuchte, seinen Kollegen zu beruhigen. "Aber wichtig ist jetzt erstmal, das wir weiter an deiner Entdeckung arbeiten."

Es war von Flecks Glück, dass sich Bregs in seiner Nähe befand. Sonst wäre ihm sicher der Hals umgedreht worden.

****


"Und was passiert jetzt mit beiden?", fragte Kanndra.
"Also Franz vergibt seiner Frau schon einmal, dass sie ihn umbringen wollte", erklärte Araghast, der sich in seinem Stuhl zurücklehnte. "Und sie hat sich auch dazu entschlossen, ihm zu verzeihen."
"Wie das?"
"Na ja, der große Mentos hat ihnen aus seiner Zelle voraus gesagt, dass ihnen noch eine liebliche und gemeinsame Zukunft bevorsteht."
"Und das haben sie geglaubt?"
Die Skepsis stand der Späherin ins Gesicht geschrieben.
"Sieht ganz danach aus. Beide haben versucht, sich durch die Gitterstäbe zu umarmen."
"Autsch!"
"Na ja, war für Rogi kein Problem und Herr von Fleck will von einer Anzeige gegen seinen Kollegen noch einmal absehen. Er könnte verstehen, dass Franz so überreagiert hatte", fuhr Bregs weiter fort. "Aber es kommt noch besser. Einer der Zauberer, der als Gast bei der Verleihung anwesend war, hat sich mal diese Tafel, auf der die große Entdeckung stand, angeschaut."
"Und?", fragte die stellvertretende Abteilungsleiterin. "Was sagte er dazu?"
"Zuerst hat er sich ja ziemlich kaputtgelacht."
Araghast schüttelte den Kopf. Er konnte sich noch genau an diesen Moment erinnern. Auf der kleinen Schiefertafel hatte eine höchst komplizierte Formel gestanden, mit der die Wissenschaftler das Verhalten von aufeinander treffender Materie, aller Art, erklären wollten. Damit wollten sie beweißen, dass das Universum, wie man es kannte, durch irgendeine Physikalische Reaktion entstanden sei.
"Ich kann nicht mehr genau sagen, was mir da von Fleck versucht hat, zu erklären. Aber es war irgendetwas mit einem großen Knall."
"Und was genau hat der Magier nun gesagt?"
"Na ja, nachdem er sich wieder beruhigt hatte, erklärte er mit Tränen in den Augen, dass diese Formel in Magierkreisen schon lange bekannt sein."
"Wirklich?"
"Ja, und weißt du, wie die Zauberern sie nennen?"
"Nein, wie?"
"Sie nennen es das Zweikörperstoßgesetz."
[1] Natürlich gesellten sich noch andere Geräusche dazu, doch auf eine genauere Beschreibung wird aus Gründen der Pietät verzichtet.

[2] Zumindest behauptete das der Personenkreis, den es interessierte

[3] Dabei handelte es ich sich um jenes Flüstern, dass bewusst in einer Lautstärke gehalten wird, dass man es noch Kilometerweit hören kann




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Feedback:

Von Ophelia Ziegenberger

01.09.2005 20:43

Lob: In deiner Geschichte merkte man schnell, dass alle Anzeichen, Ursachen und Symptome auf ein Aufeinandertreffen von Überzeugungen hindeuteten. So etwas wie eine religiöse Kluft war sehr gut nachzuempfinden, was diese Geschichte auszeichnete. Die Einführung des Attentäters war beiläufig genug, um zumindest mich später zu überraschen. Die Tatsache, dass der Grund für die ganze Aufregung gar nicht neu sondern längst von den Zauberern entdeckt war, hat die Geschichte humorvoll abgerundet.

Kritik: Die Einleitung war im Verhältnis zum Rest der Geschichte etwas zu lang und zu schleppend. Erst recht in Anbetracht dessen, dass die ersten beiden Absätze im Grunde sogar überflüssig waren. Einschübe im Lesefluss wie "...etwas später sollte sich herausstellen..." oder "...das Nachher sollte auch schnell eintreten..." waren illusionsbrechend und daher sehr störend. Am heftigsten fand ich hierbei die Stelle, die einen klaren Erzählerkommentar darstellt und mit "...dem Leser soll an dieser Stelle verraten werden, dass..." beginnt.

Von Rib

02.09.2005 11:00

Hi, ich fand die Mission weder besonders gut, noch besonders schlecht, was auch mit daran lag, das ihr ein einheitlicher Stil fehlte. (Note 10)
(Siehe auch Ophelias Kritik)
Zuerst, nicht nur durch die (nur am Anfang und am Schluss benutzten) Fußnoten, deutest du eine witzige Geschichte an, um nach der Anzeige Flecks relativ nüchtern und trocken zu schreiben und dann wieder ins witzige zurückzukehren. Mir fehlte ein "aus einem Guss".
Positiv dagegen war die schöne Nutzung von Leserinformationen ("Dem Leser sei gesagt...") in separaten Kapiteln, um Spannung zu erzeugen.
Die Nutzung der Pokalwörter erschien mir oft irgendwie hineingequetscht. Offen gesagt: Meinem Gefühl nach wurde die Geschichte mit der heißen Nadelgestrickt. Ein oder zwei Tageruhen lassen und dann ein Feinschliff hätten ihr gut getan. Damit wär sie locker auf 12 und drüber gekommen.

P.S.: Für die Note ohne Belang: Ich hab in der Mission einiges nicht verstanden. Z.B. wo liegt der Unterschied zwischen käuflichen Medium (Frau Kuchen gibt’s sogar umsonst) und Mentos Parakommunikation? Warum ist die Wache, speziell FROG für Flecks Problem zuständig (Ein Todesurteil wegen Gotteslästerung ist legal; Zauberer keine Bedrohung; SEALS für gewöhnliche Menschenaufläufe zuständig)?
Ach ja: Bei einem Wasserbett (2.Absatz) quietscht kein Eisen. Oder es gibt Sexarten, die mir fremd sind. ;-)

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