Schicksal

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von Lance-Korporal Laiza Harmonie (SUSI)
Online seit 31. 07. 2005
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Zu erst scheint es ein ganz normaler Arbeitstag in Bürgernähe für die Okkultismus Experten zu werden, doch dann wird ihre Hilfe bei einer Mordreihe benötigt.

Dafür vergebene Note: 12


Laiza lauschte.
An der Wand hing eine schwere Uhr, aus deren Inneren dumpfe Geräusche kamen, auf einem kleinen Tisch stand ein Holzverschlag, durch dessen Seitenbretter ein Kaninchen zu sehen war. Trockenes Stroh raschelte, wenn es sich bewegte.
Ansonsten war alles still.
"Vielleicht liegt das Problem ganz woanders, Herr Aedisen", es war keine Frage, sondern mehr eine Feststellung ihrerseits, als sie den alten Mann betrachtete, der zusammengesunken vor ihr auf einem Holzstuhl saß.
Sie selbst hatte mit dem Hauptgefreiten Leopold von Leermach auf einer Zweisitzer-Couch Platz genommen. Irgendwann einmal schien diese ein helles Blumenmuster gehabt zu haben, doch seitdem waren wohl schon viele Jahrzehnte vergangen.
Das Wohnzimmer von Tom Aedisen war förmlich mit Bücherregalen vollgestopft, doch denen schenkte die Okkultismusexpertin keine Aufmerksamkeit.
"Nein, nein, nein", er schüttelte energisch sein kahles Haupt, welches glänzte wie poliertes Holz, als durch das Fenster einige Sonnenstrahlen darauf fielen. "Ich bilde mir das nicht ein!"
Laiza ging die Notizen auf ihrem Block durch:
"Also, Herr Aedisen, Sie wohnen seit sieben Monaten hier."
"Exakt."
"Und so lange sie hier wohnen hören Sie immer diese Musik?"
"Genau", er nickte energisch.
"Und dort wo Sie vorher gewohnt haben, hörten Sie keine Musik?"
"Ich sagte Ihnen das jetzt schon mehrmals, das habe ich nicht."
"Haben Sie nicht, okay ..." Laiza versuchte mit Leopold einen Blick zu wechseln, doch dieser starrte auf die kleine Kiste mit dem Kaninchen.


Der Matsch erzeugte seltsame Geräusche, als Olga-Maria Inös auf ihm herumlief. Den ganzen Morgen hatte es geregnet, doch jetzt entstanden Lücken in der Wolkendecke und einige Sonnenstrahlen erwärmten den Boden.
Makabererweise lag auch die vor einer Stunde gefundene Leiche unter solch einer Wolkenlücke. Der Matsch der sich um den nackten, nassen Körper gelegt hatte, fing langsam an zu trocknen. Bei dem Fund handelte es sich um einen Mann in den Mittdreißigern. Sein Haar war kurz und braun, aber extrem dicht. Sein Körper gut gebaut aber durch das entwichene Leben bleich. Der Unbekannte trug kein einziges Kleidungsstück und so hatte die Tatortwächterin ihm eine Zeitung über seinen Lendenbereich gelegt. Zusammen mit Rabe Raben sperrte sie den Fundort mit einem Rot-Weiß gestreiften Band ab.
Der Fundort befand sich in den Haufen, beziehungsweise am Rande der Haufen, in der Nähe der Chrononhotonthologosstraße. Einige SEALS Wächter waren damit beschäftigt die Schaulustigen zurückzuhalten, damit die Tatortwächter von SuSi in Ruhe ihre Arbeit erledigen konnten.
Die Gefreite stellte kleine Ziffernschilder um die Leiche herum auf, während Rabe den Ikonographen startklar machte. Der kleine Dämon in der Kamera malte im Akkord und dokumentierte somit den Ort, dann machte sich das Tatortteam Eleonora richtig an die Arbeit.
Olga nahm Gipsabdrücke von mehreren Fußabdrücken, die um die Leiche herum zu finden waren, während Rabe den Boden direkt um die Leiche herum untersuchte.
Die RuM-Ermittlerin Kathiopeja beobachtete brokkolikauend das Wirken der Tatortwächter aus einigen Metern Entfernung. Die Klatschianerin wendete ihren Blick vom Tatort ab und sah Timotheus Trobar auf die Absperrung zukommen. Der Gefreite war der erste Moloss, den D.O.G. hatte, und der einzige.


Laiza war immer noch damit beschäftigt, den ganzen Fall unter Alterssenilität fallen zu lassen, als es an der Tür klopfte. Herr Aedisen stand auf und ging, schwer auf seinen Stock gestützt zur Tür, um diese zu öffnen.
Der Lance-Korporal erkannte die Stimme von Rea Dubiata, als diese den Alten begrüßte und darum bat mit Laiza zu sprechen.
Auf ein "Kommen Sie herein" betrat die Gerichtsmedizinerin die Wohnung und fing schon an zu sprechen, als sie noch im Flur stand.
"Wir müssen zu den Haufen, die Arbeit ruft."
Laiza sah von Rea zu Leopold und dann zu Tom Aedisen.
"Hauptmann MeckDwarf möchte, dass Leopold sich weiter um diesen Fall kümmert", antwortete Rea auf die ungestellte Frage.
"Okay", antwortete der Vampir.
"Nun gut", Laiza stand von der Couch auf und sah sich um, während sie überlegte, " Führe das Gespräch weiter, vielleicht kommen wir doch noch zu einer Lösung des Problems."
"Ja, Mä'am."
Sie verabschiedete sich von den beiden Männern und verließ mit Rea das Haus.
"Von der einen Arbeit zur anderen..."
"Genau", stimmte die Gerichtsmedizinerin zu.
"Worum geht’s?"
"In den Haufen wurde heute Morgen eine männliche Leiche gefunden, der Fall liegt bei R.u.M. aber sie benötigen die Hilfe eines Okkultismus Experten."
"Ach, und wieso?"
"Ich habe keine Ahnung. Ich komme geradewegs vom Pseudopolisplatz und weiß genausoviel wie du."


Gedämpft drangen die Worte "Heiße Würstchen" an ihre Ohren, als sie sich den Haufen näherten. Schon von weitem sah man eine Versammlung von etwa zwei Dutzend Bürgern, dazwischen tauchte immer wieder ein S.E.A.L.S. Wächter auf, wahrscheinlich bei dem kläglichen Versuch die Gruppe aufzulösen.
Hinter der Absperrung blieb Laiza bei der Gefreiten Kathiopeja stehen, während Rea auf die Leiche zuging.
"Guten Tag", grüßte Laiza.
Die Ermittlerin salutierte: "Hallo, Lance-Korporal, gut das Sie so schnell gekommen sind."
"Einen Moment", hörte die Okkultismus Expertin eine Männerstimme hinter sich.
Als sie sich umdrehte sah sie in das Gesicht des Gefreiten Trobar.
Er salutierte: "Oberfeldwebel Picardo hat mich zum Tatort geschickt, damit ich die Abteilung R.u.M. unterstützen kann."
"Unterstützen, du?" Laiza zog die Augenbrauen hoch. Sie blickte von Timotheus Gesicht zu seiner Abteilungskordel. "Du bist dann wohl die Besetzung des Moloss'?"
"Genau und das hier ist mein Fall."
"Dein Fall? Der Fall liegt eindeutig bei R.u.M", entgegnete Laiza.
Kathiopeja blickte von einem zum anderen: "Genau, schließlich ist es ein Mord."
"Richtig", stimmte Laiza zu, "Und wieso bin ich überhaupt gerufen worden?"
"Das ist bestimmt ein Missverständnis gewesen", vermutete der Gefreite.
"Missverständnisse kann ich mir bei Hauptmann MeckDwarf nicht vorstellen."
"Sie dir die Leiche an, Lance-Korporal", meinte die Ermittlerin, "Dann wirst du schon sehen, weshalb du herbestellt wurdest."
Sie nickte und ging auf Rea zu, die bei dem Toten kniete. Timotheus schien etwas erwidern zu wollen, doch er kam nicht mehr dazu. Laiza hörte, wie er ihr hinterherlief.
Die Gerichtsmedizinerin blickte zu ihr auf und zeigte dann auf das linke Schlüsselbein des Toten.
"Hier bist du gefragt."
Zu sehen war ein Symbol, das einem Auge glich, um das vier große Kreise angeordnet waren, durch die sich je ein Strich zog.
"Es wurde mit einem sehr scharfen Gegenstand eingeritzt. Aber erst nach Eintritt des Todes, denn aus den Wunden ist nicht viel Blut ausgetreten."
Laiza beugte sich über die Leiche, darauf konzentriert, nur das Schlüsselbein zu betrachten. Ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken, sie konnte es nicht verstehen, wie Rea so neutral mit Leichen umgehen konnte.
Zum Glück wurde ihr nicht schlecht, dass lag wahrscheinlich an dem normalen Aussehen des Toten.
"Wahrscheinlich haben wir es mit irgendeinem fanatischen Kult zu tun", mutmaßte Rea und quittierte ein nachdenkliches Nicken von Laiza, die ihren Block und ihren Bleistift aus der Tasche hervorholte. "Das ist anzunehmen, aber das Symbol kommt mir nicht bekannt vor."
"Es muss nicht unbedingt ein Kult sein", mischte sich Timotheus ein. "Es kann genauso gut irgendeine Verschwörungsgruppe sein."
"Eine Verschwörungsgruppe ... ach ja... will etwa irgendwer mit solch einer Leiche den Patrizier stürzen und dann die Stadt regieren?"
"Wer weiß dass schon!" entgegnete Timotheus baff.
Laiza zeichnete das Symbol ab: "Ich würde vorschlagen, wir lassen die Abteilungsleiter darüber streiten, wer nun zuständig ist", sie lächelte, "ist ja nicht so, dass ich sonst nichts zu tun habe. Verrückte die irgendwas hören oder irgendwas sehen. Fliegende Kuchenplatten, Poltergeister ... und noch viele unbekannte Kulte die sich katalogisieren lassen müssen."
Der Moloss zeichnete sich das Symbol ebenfalls ab.
"Wir werden dann ja sehen wo der Fall landet, Lance-Korporal."
"Eins ist sicher, auf jeden Fall in der Leichenhalle...", lächelte sie und sah zu, wie der Gefreite sich mit schnellen Schritten entfernte, wahrscheinlich auf den direkten Weg ins Boucherie Rouge zu Oberfeldwebel Picardo. Als er außer Sicht war, wendete sich Laiza an Rea.
"Todesursache?", fragte sie knapp. Die Gerichtsmedizinerin wiegte ihren Kopf.
"Auf den ersten Blick können wir schon einmal, grobe Gewalt ausschließen, an der rechten Hand sind zwei Finger um das Nagelbett herum schwarz", mit ihren behandschuhten Händen griff sie nach Schulter und Hüfte des Toten und drehte ihn auf die Seite. Ein rascher aber spezifischer Blick kontrollierte den Rücken. "Auch hier finden sich keine außergewöhnlichen Spuren, nur einige Totenflecken."
Sie ließ seinen Körper langsam wieder sinken, bis er seine ursprüngliche Position wieder hatte. "Er wurde also nicht erstochen, erschossen oder erschlagen und erwürgt auch nicht, ich glaube auch nicht, dass er an seinen Fingern gestorben ist", daraufhin griff sie nach seinem Hals und tastete diesen ab. "Seine Wirbel sind in Ordnung, kein Bruch."
"Seine Lippen sind ungewöhnlich gelb", bemerkte Laiza.
"Ja, ich denke es wird eine interessante Autopsie werden", sie stand auf.
"Gut, dann werde ich mal am späten Nachmittag bei dir vorbeischauen", sagte der Lance-Korporal und starrte auf die Zeichnung des Symbols, "Mal gucken was ich in der Zwischenzeit hierüber in Erfahrung bringen kann."


Im kalten Seziersaal der Abteilung betrachtete Rea noch einmal den Magen des Toten, bevor sie ihr Skalpell zu einem Schnitt ansetzte. Genauere Untersuchungen des Körpers von Außen ergaben keinerlei Hinweise. Kein einziger gebrochener Knochen, kein noch so kleiner Bluterguss.
Den gelb gefärbten Lippen war Rea auch schon auf den Grund gegangen und so hatte sie in der Mundhöhle eine geleeartige gelbe Substanz gefunden. Nun suchte sie im Magen nach weiteren Spuren und wurde auch tatsächlich fündig. Doch was sie fand ließ ihr Skalpell wieder zur Leiche wandern.

Einige Meter über ihr schloss Oberfeldwebel Picardo die Bürotür von Hauptmann Humph MeckDwarf nur widerwillig leise hinter sich. Der Abteilungsleiter der D.O.G. schnaubte verächtlich. Vor der Tür hatte Timotheus Trobar auf seinen Chef gewartet, den er nun fragend anschaute.
"Die Susen haben die Zuständigkeit bekommen ...", antworte Robin auf den Blick seines Moloss, woraufhin dieser enttäuscht den Kopf senkte.
"Der Okkultismus Experte gehört zur D.O.G.", grummelte Robin leise, als er sich von der Bürotür entfernte.

Wenige Minuten später sah einer der Meldedämonen aus dem Rohrpostloch in Laizas Büro und schmiss ohne ein Wort eine Akte in den Postkorb.
Sie war dünn, fettig und trug den Stempel der Abteilung R.u.M.
Anscheinend hatte der Hauptmann bessere Argumente gehabt... und so griff sie nach der Akte und legte sie auf ihren Tisch.
Sie hatte alle bisherigen Aufzeichnungen der hiesigen Kulte durchgesehen, doch leider waren sie nicht sehr umfangreich und die Anzahl der aufgeführten Kulte nur gering. Sie waren schließlich nur zwei Personen, die diese Arbeit verrichteten, denn Skilla war noch vor Beendigung der Ausbildung aus der Wache ausgetreten Laiza müsste also an anderen Orten nach Informationen suchen.
Die Tür des Büros wurde aufgerissen, erschrocken blickte Laiza hoch und sah in das Gesicht Leopold von Leermachs.
"Er hatte recht", prustete der Vampir los.
"Wer hatte Recht?"
"Tom Aedisen, in seiner Wohnung spukt es wirklich!"
Laiza legte den Zettel mit dem Symbol beiseite.
"Was ist denn passiert?"
"Es wurde plötzlich ganz kalt im Raum. Dann hörten wir Musik, sie war undefinierbar", der Hauptgefreite hatte sich an seinen Schreibtisch gesetzt und blieb dort einige Augenblicke stumm sitzen, bevor er weitersprach. "Es hörte sich nicht besonders schön an, die Instrumente schienen nicht miteinander sondern gegeneinander zu spielen. Zwischendurch gab es immer wieder donnernde Geräusche. Was machen wir jetzt?"
"Erst einmal sollten wir herausfinden, wer in dieser Wohnung alles gelebt hat. Höchstwahrscheinlich liegt die Ursache bei ehemaligen Bewohnern."
"Und dann werden wir sie verjagen?"
"Dann werden wir Kontakt mit ihnen aufnehmen."
"Ah, eine Geistersitzung", meinte Leopold und lächelte wissend.
Noch wusste Laiza nicht, was danach passieren sollte, sie wusste noch nicht einmal, ob das mit der Seance funktionieren würde. Schließlich war sie kein Medium und ihre bisherigen Beschwörungen galten nie einem bestimmten Wesen, sondern waren immer ins Blaue hinein durchgeführt worden.
"Erkundigst du dich über die Vorbewohner? Ich muss noch einige Informationen für R.u.M. herausfinden."
Leopold nickte und fragte: "Was ist denn passiert?"
"Ein Mord und der Tote hat ein Symbol eingeritzt, von dem wir mehr erfahren müssen", sie reichte ihm die Zeichnung, "Bislang habe ich in den Aufzeichnungen der einzelnen Kulte nichts finden können."
"Das glaub ich", sagte Leopold und blickte den Ordner an, "Es gibt noch viel zu viele Lücken."
Sie nickte zustimmend. "Ich werde weiter recherchieren und dann alles für das morgige Ritual vorbereiten."
Leopold salutierte und verließ flink den Raum.


Die große Enzyklopädie traditioneller, herkömmlicher und manchmal recht unbrauchbarer Symbole von Xaverius Siebenstein berichtete über Augen, was Laiza schon längst wusste: Allwissenheit. Natürlich stand in dem Bericht noch viel mehr als ein Wort, aber im Grunde sagte er nichts anderes aus als dies eine. Über Kreise erfuhr man, dass sie die Vollkommenheit und die Unendlichkeit beschrieben. Was sich in einem Kreis befand kehrte irgendwann zurück...
Rea Dubiata lächelte freudig, als Laiza den Seziersaal betrat. Jack Narrator stand neben ihr und besah sich etwas in der Leiche. Anscheinend hatten sie etwas entdeckt, über das man fröhlich sein konnte - als Gerichtsmediziner. Und Laiza tappte mit einigen Symboldeutungen noch im Dunkeln ihrer Ermittlungen.
"Hallo", Laiza schluckte und hörte einige Sekunden auf, zu atmen.
"Lavendel?", begrüßte die Gerichtsmedizinerin sie und hielt Laiza ein kleines Fläschchen entgegen.
Eine hochkonzentrierte Essenz wie in diesem Fläschchen, schien fast die Geruchsnerven wegzuätzen, aber der Sturm in Laizas Magen legte sich, solange sie nicht den Fehler machte und in den offenen Brustkorb des Toten blickte.
"Irgendwelche Erkenntnisse?" erkundigte sie sich und reichte das Fläschchen zurück.
"Oh ja, wir sind der Todesursache auf der Spur", entgegnete die blonde Frau, "Es scheint sich um ein Gift zu handeln."
"Und zwar ein Hochkonzentriertes", meinte Jack. "Sein Rachen und seine Speiseröhre sind angeschwollen und weisen eitrige Entzündungen auf."
"Okay, gehen wir nicht ins Detail", unterbrach der Lance-Korporal. "Nur ein Wort."
"Wahrscheinlich erstickt."
"Das waren zwei, Jack", meinte Rea lächelnd, "an zwei Fingerkuppen der rechten Hand konnte ich ebenfalls etwas von dem Gift wiederfinden, wir können vermuten, dass er das Gift selbst geschluckt hat."
"Aber es wurde keine Flasche entdeckt?", hakte Laiza nach.
"Irgendwer muss es mitgenommen haben. Vielleicht hätte es zu viele Beweise geliefert", entgegnete Jack.
"Alles merkwürdig... wer kümmert sich um die Probe?"
"Ratti ist gerade dabei herauszufinden was für ein Gift das ist."
Laiza ließ die Fallakte im gerichtsmedizinischen Labor, zusammen mit ihrem vorläufigen einseitigen Bericht über die Deutung des Symbols.

Irgendwo im nächtlichen Ankh-Morpork

Ein sonores Summen drang aus zwölf Kehlen, deren Besitzer sich in eine schmale Gasse gezwängt hatten. Die leisen Klänge eines Zupfinstrumentes, welches einer der Zwölf in Händen hielt untermalten die Szenerie und bei genauerem Hinsehen stellte sich dieses als ein Art Laute heraus. Es war ein recht kleines Exemplar und fiel zwischen den großen, ausladenden Ärmeln der Robe kaum auf. Zu Füßen saß den Personen ein Mann, splitternackt, wie die Götter ihn schufen. In der Hand hielt er eine kleine Phiole, mit einer klaren gelben Flüssigkeit. Er entkorkte das Glasgefäß und hob es an seine Lippen. Er wusste was er dort trank und ihm war klar weshalb er hier war. Durch seinen Kopf schwirrten noch die Stimmen der Älteren, wie sie von dem Ritual erzählten, sie sagten, es würde schmerzlos sein und voller Euphorie könne man dem Sensenmann entgegen blicken. Jetzt da die Flüssigkeit langsam in seine Kehle floss kam ihm die ganze Situation vollkommen anders vor. Es brannte wie Säure in der Speiseröhre und von einer Sekunde auf die nächste bildete sich kalter Schweiß auf seiner Stirn. Er ließ das Fläschchen sinken und starrte mit fiebrigem Blick die Männer um ihn herum an. Wie sie dort standen, ihr Summen hallte laut in seinem Schädel wieder. Atemnot befiel ihn, als sein Kehlkopf langsam zuschwoll und stechend schmerzte, er spürte wie sein Herz schneller aber immer schwächer pochte. Dunkle Bewusstlosigkeit umfing ihn, bevor er zitternd die Hand nach den Robenträgern ausstrecken konnte.


Vor etwa einer Stunde war die Morgendämmerung hereingebrochen, inzwischen war es schon recht hell für die frühe Stunde und in der Nähe der kleinen Tumpidolstraße in den Schatten waren die ersten Bürger unterwegs. Nichts ahnend betrat eine ältere Frau die Gasse und schrie.
Gerade mal eine halbe Stunde später diskutierte Tom Knipstich gerade mit seinem Ikonographendämonen, als die ersten Wächter am Tatort ankamen. Mit Entsetzen sah Larius de Garde, Feldwebel und Tatortwächter in Ausbildung, wie der Mann mitten in den Beweisen stand.
"Verlassen sie sofort den Tatort!", er stellte einen Koffer ab, in der sich alles Mögliche zum Suchen und Sichern befand.
"Ich bin Times-Reporter! Ich darf das!"
"Sie dürfen gar nichts", meinte Lupus Drachenflug, zweiter Part des Tatortwächterteams Tiffany der gerade um die Ecke bog.
"Aber irgendwer muss über die Umstände in dieser Stadt berichten!! So frevelhaft wie sie sind!"
"Ja ja..."
Die zwei hochgewachsenen Männer traten auf den Reporter zu.
"Bitte suchen Sie sich einen anderen Ort zum Berichten", meinte Larius. Die zwei griffen je unter einen Arm des Journalisten und trugen ihn aus der kleinen Gasse hinaus.
"Unverschämtheit! Darüber werde ich schreiben!!"
Lupus machte eine scheuchende Handbewegung und sperrte dann die Gasse mit einem Rot-weiß gestreiften Band ab.
"Wir bräuchten Sicherheitstrolle ...", meinte Larius und holte aus dem Koffer einen Ikonographen.

Fast zur selben Zeit woanders

Tom Aedisen hatte die zwei Okkultismus Experten nur dumm angestarrt, als sie ihm von der Parakommunikation berichteten. Laiza hatte darauf verzichtet, ihm groß davon zu erzählen und nur darauf bestanden im Wohnzimmer Platz zu schaffen.
Nun saßen sie dicht gedrängt zu dritt auf dem Boden um ein kleines Hexenbrett herum. Der Raum war verdunkelt und nur mit Kerzen beleuchtet. Im Grunde war dies völlig unnötig, schien aber Eindruck auf den alten Mann zu machen.
Alle drei hielten schon seit etwa einer Viertelstunde jeweils einen Zeigefinger auf ein umgedrehtes Glas und warteten.
"Wir rufen Anneliese Brotkrümmel..." wisperte Leopold, der das Medium mimte.
Sie fragte sich, ob der sich noch in Ausbildung befindliche Okkultismusexperte schon einmal mit dem Hexenbrett gearbeitet hatte...
"Wir rufen Jonathan Tuch..."
...aber sie bezweifelte, dass dies eine große Rolle spielen würde, denn es kam immer auf die Geister an. Wenn sie missgestimmt waren half auch das beste Medium nicht weiter...
"Wir rufen Henriette K...",
Musik setze ein. Woher sie kam konnte keiner genau eruieren, aber es waren die wohltuenden Klänge einer Harfe, die durch den kleinen Raum schwangen. Einige Augenblicke lauschten die Wächter und der Alte der Musik, dann knallte es plötzlich.
"Was war das!", Tom Aedisen zog seinen Finger vom Glas und rückte weg vom Brett. Auf dem Knall folgte mehr Musik, weniger wohltuend und harmonisch.
Die Temperatur schien in den Erdboden zu sinken, Laiza beobachtete, wie ihr Atem zu einer kleinen weißen Wolke vor ihrem Mund kondensierte. Das Kaninchen in seinem kleinen Verschlag quiekte verängstigt und randalierte.
"Da ist sie wieder!", schrie der Alte und hielt sich schützend die Arme vor das Gesicht.
Bilder flogen von den Wänden und Gläser zersprangen, während der Lärm fortwährte. Leopold hatte sich unter dem kleinen Couchtisch verschanzt
"Ist das auch immer passiert?", die Okkultismusexpertin war inzwischen auch in Deckung gegangen, zwischen der Couch und einem der vielen Bücherregale.
"Nein, nur Musik! Nur Lärm!"
Laiza fror und überlegte wie sie den Geist - oder die Geister - bändigen könnte.
"Was zum Kuckkuck geht hier vor ..."
"Die Geister treffen aufeinander!", rief Leopold durch den Lärm, Blätter wirbelten durch den Raum, die kurz zuvor noch zu diversen Büchern gehört hatten.
"Und?"
Der Vampir zückte ein Buch und sie erkannte es als das dicke Kompendium Magie, Kulte, Geister, Götter aus dem Büro der Okkultis.
"Der Autor beschreibt solch ein Phänomen als Zweikörperstoßgesetz."
"Was für ein Schwachsinn?", schrie Laiza ihm über den Lärm zu und fing das Kaninchen auf, welches inzwischen den Nachteil erkannt hatte, der sich ergab wenn sich Nager im Fliegen versuchten.
"Mehrere Geister sind an ein und demselben Ort gefangen! Laut dem Buchautor geht das selten gut."
"Aber wieso redet er von Körpern?", sie zog fragend die Augenbrauen in die Höhe.
"Ectoplastische Körper", es knallte, als würden zwei Eselkarren auf einander stoßen.
"Aha, man kann ja nicht alles wissen. Also, kämpfen die Geister gegeneinander an?"
"So in der Art ja, sie dulden sich nicht gegenseitig."
Ihre Gedanken rasten durch ihren Kopf auf der Suche nach einer Lösung des Problems. Das Kaninchen zappelte wild und entwand sich irgendwie ihren Armen. Sie wollte hinterherhechten, doch irgendetwas Schweres traf ihren Kopf.


Als sie aufwachte spürte sie kaltes Metall unter ihren Händen. Sie hörte wie ihr Herz laut und kräftig pulsierte, doch es schien sich für einen Umzug in ihren Kopf entschieden zu haben und lähmte ihre Gedanken.
Wo bin ich?, schloss es ihr dennoch durch den Kopf.
"Ja, du lebst." Die Stimme, die an ihr Ohr drang kicherte. Der Lance-Korporal drehte den schmerzenden Kopf und blickte auf den blutverschmierten Kittel von Rea Dubiata.
Laiza schrie und sprang vom Seziertisch.
Rea schrie ebenfalls, mit hocherhobenem Skalpell.
"Du willst mich umbringen!"
"Äh, Nein ...", entgegnete die Gerichtsmedizinerin verdutzt.
"Aber...", meinte Laiza und zeigte auf das Skalpell. Ein stechender Schmerz, der für die wenigen Augenblicke des Schocks geschwiegen hatte, erfüllte wieder ihren Kopf.
"Oh", entfuhr es Rea, sie legte das Skalpell weg. "ich hab doch nur den Faden abgetrennt."
Die Okkulti stützte sich schwankend auf den Seziertisch.
"Mit was auch immer ihr euch dort beschäftigt habt, es hat ziemlich viel Chaos angerichtet", erklärte die blonde Frau, "Und du wurdest von einer Vase getroffen."
"Na super...", allmählich drehte sich die Welt langsamer, wurde alledings nicht leiser in ihrem Kopf. "Wie sind wir dort weggekommen?"
"Ich glaube es hat plötzlich aufgehört."
"Einfach so?"
Die Gerichtsmedizinerin zuckte ahnungslos mit den Schultern.
Laiza versuchte sich daran zu erinnern, was passiert war, doch ihre Erinnerungen endeten mit dem Kaninchen.
"Auf jeden Fall hat der Hauptmann bestimmt, das der Mordfall höchste Priorität besitzt", Rea reichte ihr einen Eisbeutel, "Erst dann dürft ihr euch um die übrigen seltsamen Probleme der Stadt kümmern."

Während der Schmerz unter dem Eisbeutel langsam zu erstarren schien, wurde Laiza von Rea ins Labor geführt. Sie erzählte ihr von einer weiteren Leiche und von der Todesursache.
"Ja, eindeutig ein Schlangengift, bei beiden Fällen", bestätigte Lady Rattenklein im Labor die Aussage der Gerichtsmedizinerin, "und zwar in einer hohen Konzentration. Es handelt sich um eine große Urwaldschlange aus Vierx, deren Gift größtenteils eine neurotoxische Wirkung hat."
Der Fachbegriff wand sich langsam durch die Kopfschmerzen zu dem Bereich in Laizas Gehirn vor, der das Wissen über Gifte enthielt.
Nachdenklich nickte sie als sie in ihrem inneren Katalog eine blaugraue Giftschlange entdeckte.
"Wie schon gesagt, ist der Tote wohl erstickt", meinte Rea.
"Wieso die schwarzen Finger?" fragte Laiza.
"Wahrscheinlich war die Haut um die Nägel herum kaputt, wir vermuten, dass er das Giftfläschchen in der Hand hielt und einige Tropfen auf seine Finger gelangt sind", erklärte sie, "Das Gift hat die Zellen abgetötet..."
"Ihgitt."
"Nun suchen wir ein Gegengift", meinte Ratti.
"Aber das wird nur etwas bringen, wenn das nächste Opfer rechtzeitig gefunden wird", meinte Laiza und senkte den Eisbeutel vom Kopf.
"Nun, es gibt relativ gute Chancen die Täter zu entdecken", drang eine Stimme von der Tür in den Raum hinein. Es war Olga-Maria, die in der Tür stand und das Gespräch anscheinend mitverfolgt hatte.
"Und wie das?" fragte Laiza und führte den Eisbeutel wieder zum Kopf.
Die Tatortwächterin wedelte mit der Fallakte. "Wir fanden Schuhspuren von dreizehn Personen, anhand der Größe würde ich sagen, dass es sich überwiegend um Männer handelt. Da aber nur zwölf Spuren wieder vom Tatort wegführen, können wir damit rechnen, dass die Dreizehnte dem Opfer selbst gehörte. Der zweite Tatort war nicht ganz so hilfsbereit, in der kleinen Gasse fanden sich nur drei brauchbare Abdrücke. Aber wir können damit rechnen, dass es sich um eine größere Gruppe handelt", schloss sie ihr Referat ab.
Aus dem hinteren Bereich des Labors kam Schnaphela auf das Grüppchen zu, der in Ausbildung befindliche Laborant, lächelte glücklich, denn er hatte auch etwas zu dem Fall beizutragen.
"Das Team Tiffany hat am zweiten Tatort an einem Holzstück einige Faserspuren entdeckt", er reichte Laiza ein Reagenzglas, "Einfache Baumwolle, in einem Dunkelblau gefärbt."
"Fraglich ob uns das weiterhilft", entgegnete die Okkulti. "Ich benötige jetzt erst einmal etwas gegen Kopfschmerzen und danach werde ich weitersehen."
"Ich schicke dir eine Taube, falls ich das Gegenmittel habe", meinte Ratti.
"Und ich schick dir ne Taube, wenn ich eine neue Leiche habe", lächelte Rea und verschwand aus dem Labor.

Der Gestank der Stadt schlug sie wie ein Hammer, als sie das Wachhaus verließ. Der Weg in die Morphische Straße, wo ihre Wohnung lag, war nicht weit, doch sie entschied sich trotz der Kopfschmerzen durch die Straßen zu laufen, denn eine plötzliche innere Unruhe überfiel sie. Ihre Füße trugen sie über die Vertragsbrücke und durch einige kleine Straßen ohne ihrem Kopf Zeit zu lassen, über ihr Handeln nachzudenken.
Sie sah sich um, als ihre Füße stehen blieben, es war eine Gasse in der zu beiden Seiten kleine Läden zu finden waren. Ein kalter Wind fegte durch die Straßen und das obwohl wunderbares Sommerwetter herrschte. Die Lance-Korporal erblickte kein Straßenschild.
Als hinter ihr ein Wispern erklang drehte sie sich erschrocken um. Doch außer einem dunklen Schaufenster war nichts zu sehen. Zitternd vor plötzlicher Kälte trat sie einige Schritte auf den Laden zu. Ihr Atem kondensierte, als wäre es Winter und als sie nur noch wenige Zentimeter vor dem Fenster stand schlug der Atem darauf nieder.
Es quietschte als sich Buchstaben im Beschlagenen formten.
Suche es
"Was?" entgegnete Laiza der Scheibe. Doch anstatt ihr weitere Informationen mitzuteilen wurde sie klar und gab den Blick ins Innere des Ladens frei. Während sie die ausgestellten Waren begutachtete, brannte ihr die Sonne in den Nacken und die Kälte war verflogen.
"Ich dachte du wolltest dir was gegen Kopfschmerzen besorgen?" fragte Leopold, der plötzlich hinter hier auftauchte.
"Verfolgst du mich?"
"Rea meinte ich solle ... auf dich Acht geben."
"Wie nett von ihr... Ich hab nur Kopfschmerzen", giftete sie den Vampir an.
Er starrte nun ebenfalls ins Schaufenster. "Was willst du hier?"
"Kein Ahnung..." meinte Laiza und starrte auf den Fleck wo die Botschaft gestanden hatte, "Aber ich sollte mich mal umschauen."
Leopold folgte ihr, als sie den Laden betrat. Im Innern war es düster und durch eine dicke Staubschicht sehr stickig. Auf dem Boden fand man Spuren vergangener Besucher. An jeder Wand stand ein Regal, dass vollgestopft war mit jeder Menge Schund. Gegenüber der Tür war ein kleiner Tresen hinter dem sich eine weitere Tür befand.
"Wonach suchst du?" fragte der Hauptgefreite erneut, doch sie konnte ihm immer noch keine Antwort geben. Es schienen Stunden zu vergehen und doch war es nur ein kurzer Augenblick, bis ein eisiger Wind durch den Laden fegte ohne auch nur ein Staubkorn zu bewegen.
Der Vampir sah sich mit großen Augen um, während Laiza zusammen mit ihren Kopfschmerzen geduldig wartete und hoffte, dass er mit der Show aufhörte und zeigte was sie sehen sollte.
Plötzlich rasselte es, als von einem oberen Regalbrett ein Buch herunterfiel.
"Aua", meckerte Leopold, als es von seinem Kopf abprallte und zu Boden fiel. Die Seite die nun aufgeschlagen war zeigte Groß A'tuin und die vier Elefanten mit der Scheibenwelt.
"Was soll das?" wisperte der Vampir grimmig und hob das Buch auf. "Hier spukt es wohl."
Laiza seufzte, wie recht er doch hatte mit dem Spuken... sie versuchte keinen Gedanken daran zu verschwenden, wer der Geist war, ob es jener war, den sie vor einiger Zeit mit Hilfe des Hexenbrettes heraufbeschworen hatte...
"Hier steht etwas über das Sterben der Elefanten..." meinte Leo und riss sie aus ihren Gedanken. Er blätterte weiter. "Wenn die Elefanten sterben ist die Welt dahin und die Hölle und der Himmel gehen mit ihr unter..." Er schlug das Buch zu und legte es auf einen großen Kistenstapel. "Lass uns gehen, du musst dich ausruhen."
"Ja, du hast recht."
Der Vampir ging zur Tür des verlassenen Ladens und öffnete sie. Laizas Blick fiel noch mal auf das Buch und dann sah sie es... das Symbol.


Sie suchte in ihrem Inneren nach einem schlechten Gewissen, als sie nach einem zweistündigen erholsamen Schlaf das Buch aus ihrer Tasche zog, das sich dank ihrer Hand dorthin verirrt hatte. Doch irgendwie war ihr Gewissen nicht anwesend und sie war froh, dass Leopold ihr den Rücken zugewandt hatte als ihre Finger nach dem Buch grapschten.
Als sie den Buchdeckel betrachtete, viel ihr auf, dass verschiedene Symbole zu sehen waren. Ein Auge nahm den meisten Platz ein und prangte in der Mitte, es war genau dasselbe, wie es auf der Leiche zu finden gewesen war. Sie begann zu lesen.
Zum einen handelte es von den vier Elefanten Jerakeen, Tubul, Groß-T'Phon und Berilia, zum anderen über längst verschwundene Kulte, die sich mit den Weltträgern befassten. Sie legte das Buch auf ihren Nachttisch und stand vom Bett auf.
Auf dem Weg zum Wachhaus kreisten ihre Gedanken um die Morde, doch immer wieder schweiften sie ab und befassten sich mit Tom Aedisens ectoplasmischen Unruhestiftern... Im Moment war dieser Fall viel interessanter für den Lance-Korporal, als irgendeinen oder mehrere verrückte Mörder zu fassen, doch der Hauptmann hatte gesagt und was der Hauptmann sagt...

Die drei Tatortwächterteams, Lady Rattenklein, der zweite Okkulti und Rea Dubiata warteten in der Kantine auf Laiza, die sich schnell zu ihren Kollegen setzte.
Leopold ergriff das Wort:
"Wir werden heute Nacht die Stadt bewachen."
"Zu zehnt? Seit ihr verrückt?", entgegnete sie.
"Wir bekommen Unterstützung von FROG", beruhigte er sie und schob ihr eine alte verstaubte Akte entgegen. "Pismire hat mir einige interessante Informationen geliefert. Er erinnerte sich an einen ähnlichen Fall, der sich vor einigen Jahren ereignet hat."
Er schlug die Akte auf und zu sehen waren einige alte verblasste Ikonographien. Die ersten vier zeigten vier nackte Männer.
"Auf dem Schlüsselbein findet man auch ein Symbol, aber es ist nicht dasselbe", meinte Laiza. Der Vampir seufzte und suchte Unterstützung von den übrigen Susen, die bislang geschwiegen hatten.
Charlie Holm erbarmte sich: "Es hat aber große Ähnlichkeit mit dem aktuellen, aber viel wichtiger sind die Fundorte. Der erste Tote wurde auf einem Acker gefunden, der zweite in einer Hausruine im Keller, der dritte starb, als er vom Kunstturm fiel..."
"Wie kam er denn dort hin?"
"Das ist doch egal", meinte Rea. "Den vierten fand man in einem kleinen Teich. Wenige Tage später entdeckte man in einem leer stehenden Haus vierunddreißig Tote."
"Es handelte sich dabei um eine kleine Gruppe die glaubte die Welt würde untergehen", fuhr Leopold fort, "Da wir sonst keinen Anhaltspunkt haben, bleibt uns keine andere Möglichkeit, als uns an diesen alten Fall zu lehnen."
Laiza verzog das Gesicht. "Also müssen wir davon ausgehen, dass irgendwer glaubt die Welt würde untergehen?" Plötzlich legte sich ein Schalter in Laizas Kopf um und die Bedeutung des Symbols, das auf den Leichen gefunden wurde lächelte sie an.
"Die Kreise stehen für das Leben! Und sie sind durchgestrichen, weil das Leben endet! Aber was wollen sie damit bezwecken, wenn sie zuerst vier umbringen und dann den Rest der Gruppe?"
"Vielleicht besänftigen sie damit die Götter...", meinte Leopold.
"Entschuldigung", brachte sich Rea ein, "Wir sollten uns vielleicht auf dem Weg machen."
Laiza schaute auf ihre Taschenuhr. "Es ist erst kurz nach neun, du hast recht. Wer weiß schon, wann die mit ihrer Zeremonie anfangen."

Für eine Sommernacht war es windig und kühl. Am Himmel formten sich dunkle Wolken und kündeten das nächste Gewitter an. Zusammen mit Rea lief Laiza durch die Straßen und beobachtete die Dächer der Stadt. Immer wieder erblickte sie einzelne Gestalten, doch es waren die typischen nachtaktiven Bewohner.
Schweigend gingen die beiden Frauen nebeneinander her, nichts ahnend, dass einige hundert Meter Luftlinie entfernt ELEONORA eine Verfolgung starteten. Doch die Gerichtsmedizinerin und die Okkulismusexpertin bahnten sich ihren Weg weiter durch die düsteren Straßen der Stadt.


Er war ihnen gefolgt, er wusste nun was sie taten, er wusste was passierte wenn man es trank, ihm war nicht klar wieso sie das taten. Aber ihm war es egal, wenigstens würde er endlich aufhören... wünschte er sich doch nichts mehr als das.
Aufhören.
Ein kalter Schauer legte sich in seinen Nacken, nervös drehte er sich um. Verfolgte man ihn?
Knisternd fuhr etwas in ihn. "Toooht ist nicht guuuht!!!", panisch schlug er sich gegen den Kopf. "Halt die Klappe! Leben!!", er raufte sich die Haare, seine Beine zappelten und machten ihm das Gehen schwer. Um ihn herum erhoben sich wispernde Stimmen, die klagend auf ihn einredeten - es passierte schon wieder! Er hielt es nicht aus, wieder einmal hielt er es nicht aus. Die Finger seiner rechten Hand wanderten langsam in seine Manteltasche, während er sich nervös und verstört umsah und doch niemand erblickte. Aber er hörte sie.
Seine Finger ergriffen den Hals einer kleinen Phiole. Er konnte nicht warten, morgen war es vielleicht zu spät, sein Verstand hing an einem seidenen Faden, so oft hatte er schon an diesem Punkt gestanden.
Er zog das Glasgefäß heraus und besah sich den Inhalt im fahlen Licht einer einzelnen Straßenlaterne. Bernsteinfarben lächelte ihn der Inhalt an, er zog den Korken.
"Nein, das Leben ist..."


Ein lauter Schrei riss die Susen aus ihren Gedanken und setzte ihre Beine in Bewegung.
Rea blieb einige Schritte hinter Laiza zurück, denn ihre vielen Unterröcke störten sie beim Rennen.
Die Okkulti wollte gerade um eine Ecke biegen, als jemand ihr zuvorkam. Sie wollte zu erst an ihm vorbei rennen, doch dann fluchte der am Boden Liegende und sie erkannte die Stimme wieder.
Das Fluchen wurde von einem Jammern und Schreien abgelöst. Der Mann hatte die Augen weit aufgerissen und starrte entsetzt in die Leere.
"Was ist los, kannst du ihm helfen?" fragte Laiza und Rea kniete sich nieder.
"Ich weiß nicht", sie untersuchte den Oberkörper nach Verletzungen, doch der Mann hatte keinen Kratzer.
Der Mann verstummte und veranlasste Rea sich um zu drehen. Sie schluckte.
Tod räusperte sich und schüttelte den Kopf, ohne Rea zu beachten.
WIE OFT HABE ICH DIR SCHON GESAGT DU SOLLST KEINE DUMMHEITEN MACHEN, MULDA?
Die Unterlippe des Angesprochenen bebte vor Angst.
DER ZEITPUNKT DEINES TODES IST NOCH NICHT GEKOMMEN. GREIF NICHT IN DEIN LEBEN EIN, SONST WIRST DU ZU EINER JENER STIMMEN.
Plötzlich hörte er sie wieder, von überall her und sie schienen sich über ihn lustig zu machen.
Tod stütze sich auf seine Sense.
WENN ES SO WEIT IST WERDE ICH DICH HOLEN, BIS DAHIN...
Er schnippte und verschwand und im selben Augenblick betraten Larius und Lady Rattenklein die Straße.
Laizas Blick wechselte zwischen Rea, dem Mann und die ominöse leere Stelle.
"Rea!"
"Waswaswas?" ihr Blick raste umher, traf die ankommenden Wächter und blieb dann an den Lippen des Mannes hängen, der inzwischen sein Bewusstsein verloren hatte.
"Ratti!! Komm schnell wir benötigen das Gegengift!"

Zuerst schien das Gegenmittel nicht zu wirken, der Atem und der Puls des Mannes war weiterhin schwach und er gab röchelnde Geräusche von sich. Sie hoben ihn zu dritt hoch und schleppten ihn zum Wachhaus.
Laiza hatte das Gefühl ihn irgendwo schon einmal gesehen zu haben, doch er hatte ein Allerweltsgesicht, sein Haar war unscheinbar braun und seine Augen grau.
Rogi nahm ihn in ihre Obhut und verabreichte ihm diverse Medikamente und die Okkultismusexpertin nutzte die Gelegenheit und besah sich den Fang den Olga-Maria und Rabe gemacht hatten.
Leopold begutachtete den Mann schon länger und schien nur auf Laiza zu warten.
"Er ist Bäcker", meinte er und drehte sich noch nicht einmal um, "Mehr wissen wir noch nicht. Er schweigt beharrlich."
Es war ein kleiner Mann mit einem schmalen Haarkranz um den Kopf, sein gekrümmter Körper steckte in einer dunkelgrauen Robe, dessen Saum dunkelblau abgesetzt war.
"Wohl die passende Robe zur gefundenen Faserspur?" meinte Laiza.
Leopold nickte. "Es waren etwa zehn, mehr hat Eleonora nicht gesehen, leider konnten sie nur ihn fangen."
"Besser einen als keinen", entgegnete Laiza.
In den faltigen Händen hielt der Mann den Hals eines Musikinstruments, es war wahrscheinlich auf der Flucht zerstört worden.
Der Mann schwieg auch weiterhin beharrlich und so entschieden die zwei Okkultismusexperten, den Mann fürs erste in eine Zelle zu stecken. Es war schon spät und jeder brauchte seinen Schlaf.


Die Igorina schien auf Laiza gewartet zu haben, denn sie stand im Wachefoyer und trat auf den Lance-Korporal zu, als sie das Haus betrat.
"Er ift wieder wohl auf und wartet in deinem Büro", sagte Rogi nach einer kurzen Begrüßung und meinte damit den Mann, der letzte Nacht dem Tode nahe gewesen war.
"Das ist gut!"

Blass und mit großen Augenringen saß er auf Skillas Bürostuhl, seine Haare standen zu allen Richtungen strähnig ab und glänzten fettig.
"Guten Morgen, möchten Sie eine Tasse Tee?" Sie lächelte.
Er schüttelte langsam den Kopf und sah sie mit großen Augen an, es war der seltsame Blick den er auch in der vergangenen Nacht hatte. Dann wanderten seine Augen und erblickten auf dem Laizas Schreibtisch einige gerollte Zigaretten.
"Darf ich eine?"
"Ja, bitte", die Okkultismusexperte setze sich an ihrem Schreibtisch und reichte ihm eine Zigarette herüber.
Er klopfte die äußeren Taschen seines Mantels ab, als er dort kein Streichholz fand griff er ins Innere des Mantels und zog einen kleinen jungen Drachen hervor. Dieser winselte leise vor sich hin und sah ziemlich mitgenommen aus. Der Mann steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen und massierte den Bauch des Babydrachen, dieser rülpste und entzündete den Glimmstängel
Laiza seufzte, wie selbstmörderisch musste man sein um einen Taschendrachen zu verwenden? Sie holte Blatt und Stift aus einer Schublade hervor.
"Wie ist Ihr Name?"
"Adam-Luis Fuxstein", seine Stimme war trocken und leise, "aber alle nennen mich Mulda Fuxstein."
"Wieso?"
Er dachte einige Momente nach, dann antwortete er: "Mein Bruder nannte mich früher so."
Während sie sich die Namen notierte stellte sie sich vor und erläuterte ihm die Situation.
"Wir ermitteln in zwei, nein drei Mordfällen. Der letzte ereignete sich vergangene Nacht, Sie wurden gestern kurz nach der Tatzeit unweit des Mordplatzes entdeckt. Ihr Zustand war beunruhigend. Wieso waren Sie dort? Und wie sind Sie an das Schlangengift geraten?"
"Welches Schlangengift?"
"Das Gift der Skuldesis muta, eine etwa drei Meter lange, nachtaktive Schlange aus Vierx. Wir haben Spuren des Giftes an Ihren Lippen gefunden und Sie hatten die typischen Symptome des Giftes."
Sie beobachtete, wie Mulda sich nervös im kleinen Büro umsah.
"Herr Fuxstein, Sie müssen mir antworten."
"Ich weiß nichts von Schlangengift! Wegen Ihnen lebe ich noch!"
"Ja, mehrere Wächter kamen Ihnen zu Hilfe, gerade rechtzeitig!"
Seine Augen verengten sich, seine Hände schlugen gegen seine Stirn.
"Sterben, wieso ist sterben so schwierig!"
"Herr Fuxstein?"
Er sprang auf und die Zigarette flog durch die Luft: "Ich will nicht leben! Tot wollte ich sein!"
Die Okkulti beobachtete wie die Zigarette auf Leopolds Schreibtisch fiel und weiter vor sich hinglühte, sie stand auf und hob sie auf. Ein dunkler Fleck hatte sich gebildet.
"Die Wache ist aber da um die Bürger zu schützen und das meistens vor sich selbst. Haben Sie sich das Gift selbst verabreicht?" Sie drückte den Glimmstengel im Aschenbecher aus, der auf ihrem Schreibtisch stand und setzte sich wieder.
Seine Augen weiteten sich wieder und er nickte und wirkte noch bleicher. "Natürlich hab ich das! Sie und Er sind dagegen... aber ich will sterben."
"Wir vermuten, dass eine Kultgemeinschaft hinter den Morden steckt, haben Sie etwas damit zu tun?"
"Von ihnen hab ich das gelbe Zeug, damit ziehen sie das Ritual durch." Für einige Sekunden wirkte er wie ein normaler Mensch, doch dann weiteten sich seine Augen wieder und er sah sich weiter nervös um.
"Sie meinen das Gift?"
"Ja."
"Können Sie uns Namen nennen? Wo finden wir die Gruppe?"
"Ich will doch nur sterben", seine Stimme hörte sich an wie die eines Kindes.
"Wen meinen Sie mit Sie? Wieso wollen Sie sterben?"
"Weil Sie immer reden..."
Sie sah plötzlich Tom Aedisen vor ihrem inneren Auge, wie er ihr sagte, er höre Musik. Laiza seufzte.
"Herr Fuxstein, wir müssen verhindern, dass noch weitere Menschen ihr Leben lassen müssen. Sagen Sie uns wo wir die Täter finden!"
"Nein."
"Verdammt noch mal! Es geht..." ein Klopfen an die Tür unterbrach Laiza. Die Tür wurde geöffnet und Rea Dubiata steckte den Kopf ins Büro.
"Hast du einen Moment Zeit?"

Vor der Tür holte Laiza tief Luft.
"Pismire hat die die dritte Leiche untersucht, sie passt genau ins Schema. Neue Indizien konnten wir nicht feststellen", Rea reichte ihr die Akte.
"Was ist mit dem Gefangenen, hat er inzwischen irgend etwas gesagt?"
"Soweit ich weiß nein. Schweigt wie ein Grab und was ist mit ihm?" sie zeigte auf die Bürotür.
"Es ist ein Psychopath, suizidgefährdet."
"Ja", Rea nickte, "Aber er wird wohl nicht so schnell sterben."
"Wieso?"
"Er will ihn noch nicht bei den Toten."
"Jetzt fängst du genauso an! Wer ist ER?"
"Na Tod, Laiza, ich habe ihn gestern Nacht gesehen und gehört, oder glaubst du es war nur großes Glück, dass Ratti vorbeikam?"
Schweigend sah sie die Hauptgefreite an, dann fragte sie: "Was ist an ihm so besonderes?"
"Keine Ahnung, vielleicht ist er ein Genie. Du weißt ja, dass Genie und Wahnsinn nahe beieinander liegen."
"Jaja... es ist nur schlimm, dass wir uns gerade in einem Interessenkonflikt befinden. Er will sterben und interessiert sich nicht für andere, dabei muss er uns nur sagen, wo wir die Gruppe finden."
"Vielleicht will er über den Kult zu Tode kommen?"
"Aber das hilft den anderen nicht!"
"Das stimmt, vielleicht solltest du ihn laufen lassen, laut Rogi ist sein Zustand wieder okay. Vielleicht führt er dich zu dieser Gruppe?"
"Aber was ist, wenn er sich Zeit lässt und es dann schon zu spät ist?"
Die Gerichtsmedizinerin seufzte: "Ich glaube, das Risiko muss eingegangen werden."


Er führte ein leises Zwiegespräch als er das Wachhaus verließ. Laiza blickte ihm hinterher und fragte sich, ob Mulda Fuxstein noch zu helfen sei. Als Wohnort hatte er eine kleine heruntergekommene Pension in den Schatten angegeben, bei der er auch selbst als Küchenhilfe arbeitete. Durch ein Fenster beobachtete sie, wie er die Götterinsel Richtung Ponsbrücke verließ.
Hinter dem Opergebäude tauchte eine andere Gestalt auf und verfolgte Mulda mit schnellen Schritten.
Die Okkultismusexpertin wandte sich vom Fenster ab und hoffte, dass alles gut gehen würde.

Mit grimmiger Miene überquerte Jack Narrator die Ponsbrücke.
"Ich bin Gerichtsmediziner!", brummte er vor sich hin, "Gerichtsmediziner! Kein blöder Terrier!"
Seine Augen durchbohrten den Rücken des Verfolgten. "Und dich möchte ich noch nicht mal auf meinem Seziertisch haben! Was glaubt die eigentlich wer sie ist!" Einige unverständliche Wörter kamen ihm über die Lippen gebrummt. "Für die Arbeit ist DOG zuständig und kein Gerichtsmediziner!! Wieso macht sie ihre Arbeit nicht selbst."


Jack war wortkarg gewesen, als Laiza ihn zwei Stunden später abgelöst hatte. Sie hatte ihre Haare eng nach hinten gebunden, keine lockige Strähne viel ihr ins Gesicht und sie hatte sich in schwarz gekleidet. Nun stand sie etwa 150 Meter entfernt von der Pensionstür und wartete. Herr Made war hinter dem Haus postiert und achtete darauf, dass Fuxstein nicht durch die Hintertür verschwinden konnte.
Irgendwann würde er schon herauskommen.
Sie kramte in ihrer schwarzen Umhängetasche nach ihrem Tabakbeutel, doch stattdessen tasteten ihre Finger nach etwas hartem. Sie griff danach und zog es hervor. Es handelte sich um das Buch aus dem seltsamen verlassenen Laden. Wie kam es in ihre Tasche? Sie war sich sicher gewesen, dass sie es auf ihrem Nachttischchen liegen gelassen hatte. Zwischen den Seiten lugte ein Lesezeichen hervor, dass vorher nicht da gewesen war und das sie noch nie gesehen hatte. Als sie es aufschlug blickte sie auf jene Seite, die sie sich zum Schluss durchgelesen hatte.
"Was soll das?", fragte sie leise, ein kühler Wind schien sie zu umspielen. "Das Buch bringt mich nicht weiter!"
Der Wind schien zu seufzen und gerade als das Buch zuschlagen wollte, fegte er das Lesezeichen hinfort. Reflexartig hechtete Laiza hinterher und schnappte sich das kleine dünne Papier und verzog sich sofort wieder in ihre Deckung zurück. Feine Tuschelinien bildeten ein Buch und den Schriftzug Tona Bibliothek auf der Vorderseite, auf der Rückseite stand eine Adresse. "Und was hat das nun wieder zu bedeuten?"

Sie wusste nicht wie lange sie dagestanden hatte und ihr Blick abwechselnd der Pensionstür und dem Lesezeichen galt, bis die Tür von Innen geöffnet wurde. Sie ging in Deckung, obwohl sie es schon längst war, doch was sie sah schien ihr einen Eispfahl in den Magen zu rammen. Mit gemütlichem Schritt trat Herr Made aus der Tür und blickte sich um, in der Hand hielt er eine Kaffeetasse.
Sie kam auf ihn zugelaufen, während er sie noch suchte.
"Was zum Donnerwetter tust du hier?"
"Er ist entwischt, dabei hab ich mir nur einen Kaffee besorgt."
"Er ist weg?"
"Er bog gerade um eine Ecke... ich hab ihn verfolgt, Ehrenwort, aber er war zu schnell."
Der Wind schien amüsiert zu kichern. Laiza blickte auf das Lesezeichen.
"Du gehst zum Wachhaus und holst Akkhuna, sie soll die Verfolgung aufnehmen, und schick Rea zu dieser Adresse", sie gab ihm das Lesezeichen. "Und beeil dich!!"

Die Tona Bibliothek befand sich im mittwärtigen Teil der Stadt, drei meterhohe Regale aus dunklem Holz füllten die Räumlichkeiten aus, es roch nach Papier und Leder. Vereinzelt saßen Personen an Tischen und waren in Bücher vertieft.
An einem Regal mit Okkultem Werken wanderte Laiza entlang ohne zu wissen, was sie suchte. Das kam davon, wenn man von einem Geist beeinflusst wird, den man einmal in einer Sitzung beschworen hatte und meint er könne nun kluge Ratschläge geben. In Gedanken fluchte sie über ihn. Wieso hatte er ihr keine Ratschläge gegeben, als sie bei Tom Aedisen gewesen war?

Eigentlich hätte Rea so schnell wie möglich zur Bibliothek gehen sollen, doch da hatte sie ihn gesehen. Sie war sich ganz sicher, dass es Mulda war, denn hinter ihm lief der Tod und kein Wächter weit und breit der Mulda zu verfolgen schien. Also musste sie es tun.

Laiza stand vor einem alten angelaufen Spiegel und fragte sich wo Rea blieb. Die Wächterin zog ihren Ärmel lang und polierte versuchsweise die Oberfläche des Spiegels. Vage waren zwei blaue Augen zu erkennen die sie anblinzelten, anscheinend brachte das Polieren etwas und zuerst machte sie weiter, bis sie feststellte das die blauen Augen viel zu viele Falten hatten, um ihre zu sein. Eine knollenartige Nase tauchte auf und darunter ein Mund der nur aus einer dünnen Linie zu bestehen schien. Die dünne Linie bewegte sich und in Laizas Kopf formte sich eine Stimme.
Mit zwei Jahrszehnten war ich schon fast Großmeister und du? Hast einen Job von dem du keine Ahnung hast, Nichtsnutz
"Was soll das!", sie wich einige Schritte vom Spiegel zurück.
Du klaust ein Buch und schaust es dir noch nicht mal richtig an
Aus ihrer Tasche flog das Buch und schlug sich vor ihrer Nase auf, die Seiten blätterten bis zum Ende und dort stand sie, die Adresse der Bibliothek.
Ich beobachte dich schon seit Monaten, aber alleine bekommst du glaube ich nichts auf die Reihe. Blickst dich noch nicht mal richtig um
Ein Zeigefinger tauchte auf und wies nach rechts. Dann verschwand er. Über Geister fluchend wendete sich Laiza in die entsprechende Richtung und lief den Gang entlang, bis sie an ein großes Pinnbrett kam. Einige bedeutungslose Zeitungsartikel, Werbung und Termine waren dort angepinnt. Mittig war ein Foto von einem älteren dünnen Mann zu sehen, der vor einer Skulptur aus vier Elefanten stand. Darunter las Laiza einen Zettel mit dem Namen Siegfried Tona, Hochgeschätzter Künstler und Leiter der Bibliothek.
Und nun?

Durch viele Gassen war sie ihm gefolgt und beobachtete, wie er letztendlich eine Kellertreppe herunterschlich und in einer Tür verschwand. Tod wartete oben und Rea versuchte den Sensemann nicht zu beachten und schritt die Treppe hinunter.
Während dessen hetzte Leopold hinter Akkhuna her, die inzwischen Muldas Fährte aufgenommen hatte.

Laiza hatte das Gefühl, einen Schlag auf den Hinterkopf zu bekommen. Sie sah sich genauer um. Werbung für ein Fischrestaurant, die Termine einer Häkelgruppe, ein Kochrezept und ein Bild von Groß A'Tuin hingen dort. Termine für Lesestunden und einer Selbsthilfegruppe Gemeinsamer Weg zur Erlösung, die doch tatsächlich von Siegfried Tona selbst geleitet wurde. Der Lance-Korparal begutachtete noch einmal die Ikonographie und dann sah sie es: Das Auge, es war ein kleines Amulett, dass Siegfried um den Hals trug.

Rea war in den Gemeinschaftsraum gestürmt ohne über Konsequenzen nachzudenken. Etwa dreißig Menschen saßen in einem Stuhlkreis und schenkten sich Tee ein, ein dürrer Mann in einem grauen Gewand, das am Saum d
Dunkelblau abgesetzt war, schüttete in jede Teetasse ein Gelbes Extra. Es sah aus wie Honig, war aber viel zu flüssig.
"Trinken sie das nicht!" schrie die Gerichtmedizinerin.
UND DU MEINST DAS IST EINE GUTE IDEE?
Er stand plötzlich hinter ihr, sie spürte ihn genau und deshalb kam sie gar nicht auf die Idee sich umzusehen.
ER LEIDET UNTER MEGALOMANIE, MEINT DU ER LÄSST SICH VON DIR AUFHALTEN?
Plötzlich wünschte sich Rea ihre Instrumente, ihre Knochensäge zum Beispiel.
"Das ist Gift! Er wird euch alle umbringen!"
Mulda schrie und raufte sich die Haare. "NichtschonwiedernichtschonwiederverfluchteWächter!" Er sprang auf und riss dem Mann das Fläschchen aus der Hand und rannte durch Tod hindurch nach draußen.
"Ich bin der Retter der Welt! Du wirst es büßen dich mir in den Weg zu stellen!!", brüllte derweil der Mann.
Sehr eindrucksvoll wirkte es nicht auf die Hauptgefreite, allerdings war sie alleine und die restlichen Anwesenden schienen nicht entsetzt darüber zu sein, dass er sie umbringen wollte.

Jede Bibliothek hat eine alte Person, die beim kleinsten Laut um Ruhe bittet, jene die in der Tona-Bibliothek angestellt war räumte gerade Bücher ein, als Laiza sie ansprach. Laut Aushang sollte man sich an sie wenden um Näheres über die Selbsthilfegruppe zu erfahren. Die Alte schien aber nicht sehr begeistert zu sein, dass Laiza fragt. Sie versuchte sich heraus zu reden, indem sie behauptete, die Gruppe tage inzwischen woanders und sie wüsste nicht wo sie nun waren. Doch alles änderte sich, als Laiza ihre Marke zückte.

Normalerweise würde man davon ausgehen das Mulda nun die Chance hatte zu sterben. Doch das Schicksal wollte es anders, deshalb war Tod ihm nicht gefolgt. Wieder einmal rannte der wahnsinnige Mulda um eine Ecke, Akkhuna hatte keine Möglichkeit auszuweichen und so prallten sie auf Mulda. Das Fläschchen flog im hohen Bogen durch die Luft, um dann an einer Wand zu zerschellen. Tränen rannen ihm über die Wangen und die Stimmen lachten hämisch.
Leopold war begeistert.
"Sie sollten ihrer blonden Kollegin helfen."
"Wem?"
"Der Hexe."
"Wem?"
Mulda stand auf, nannte ihm den Straßennamen und verschwand.


Als Laiza in der kleinen Straße am Rande der Stadtmauern ankam schien sie das meiste verpasst zu haben. Einige 'Selbsthilfe'-Mitglieder waren geflohen. Siegfried Tona - sie erkannte ihn vom Bild - war ans Kellerfenster gebunden worden.
"Und du hast deine Zeit in einer Bibliothek verbracht?", lächelte Rea inzwischen wieder.
"Und du solltest dahin kommen."
Die Gerichtsmedizinerin grinste breit: "Ich darf doch auch mal die Heldin spielen", sie boxte mit einem imaginären Gegner. Dem blauen Auge nach zu urteilen, das Siegfried hatte, war wohl er für kurze Zeit ihr Gegner gewesen.
"Super, ich verpass natürlich alles."
Rea pfiff: "Nun, so spektakulär war das nicht. Ich habe ihn nicht k.o. gehauen."
"Ach und was ist dann passiert?"
"Er ist auf mich zu gestürmt und hatte mich auch schon gepackt, aber einigen der Mitglieder wurde die ganze Situation zu kriminell und so sind sie geflohen. Dabei haben sie uns um gerannt. Wir sind gestürzt und ich habe den Momenten ausgenutzt und ihm eine übergebraten."
"Hast du gut gemacht", lächelte Laiza.
Zwei SEALS Wächter betraten den Raum, gefolgt von drei FROGs.
Rea legte den Arm um Laiza. "Komm wir gehen jetzt was trinken und ich erzähl dir alles, damit du Humph auch einen schönen Bericht abliefern kannst."
"Es ist trotzdem unfair. Wo ist dieser Fuxstein?"
"Er ist wieder weg, mach dir um den keine Sorgen, der ist nur für sich selbst gefährlich."
Sie verließen gemeinsam den Keller.
"Dann erzähl mal, wieso das Ganze?"
"Nun, er war nicht sehr gesprächig, aber seine Unterlagen haben viel erzählt."
"Und?"
"Dieser Kerl ist wahnsinnig, er verehrt die Elefanten, der Kult nennt sich Ehre für die Vier. Er gehört zu jenen die glauben die Elefanten würden sterben."
Sie schritten die Straße entlang, Richtung Pseudopolisplatz.
"Und er geht davon aus, dass es danach keinen Himmel und keine Hölle gibt."
"Das kann doch nur gut sein."
"Er schrie etwas von Ewiger Verdammnis im All und das wollte er wohl verhindern, mit einem Ritual. Vier Hauptopfer für jeden Elefanten einen."
"Wir haben aber nur drei Leichen!"
"Eine Taube ist schon an die Tatortwächter und SEALS heraus gegangen, wir suchen die vierte Leiche."
"Aha, gut, er glaubte also der Retter der Scheibenwelt zu sein?"
"Ja, eindeutig größenwahnsinnig der Kerl."
"Hoffen wir dass die Welt nicht wirklich untergeht."


Zwei Stunden später stand Laiza wieder vor der Tür von Tom Aedisen.
"Auf ein Neues", sagte sie sich und klopfte an.
Zählt als Patch-Mission.



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Feedback:

Von Ophelia Ziegenberger

01.09.2005 20:31

Lob: Besonders schön herausgearbeitet war der Unterschied zwischen Laizas und Reas Reaktion auf die selbe Situation. Dass nicht jeder mit dem Anblick einer Leiche umgehen kann, selbst wenn er oder sie ein Wächter ist, machte die Figuren sehr menschlich. Laizas innerlich vom Fall abweichende Prioritätengewichtung verstärkte diesen positiven Eindruck noch.

Kritik: Die Geschichte wurde zum überwiegenden Teil aus Laizas Sicht geschildert. Die Kollegen ihrer Abteilung tauchen sozusagen nur am Rand ihrer Wahrnehmung auf, wie sie durchs Bild huschen. Wäre normalerweise völlig ausreichend gewesen, für eine Pokalsingle jedoch wäre eine andere Perspektivwahl vielleicht vorzuziehen gewesen, da es ja um die Abteilung und deren Teamarbeit geht. Nur die Teamnamen einzustreuen war mir persönlich da einfach ein bissel wenig. Ist aber ganz klar nur eine Kritik, die sich auf die Pokey-Sache bezieht.

Von Rea Dubiata

01.09.2005 20:38

Hmm, ja, da stimme ich zu, auch wenn ich dass nicht als ganz so wichtig ansehe (jeder hat ja seine eigene Gewichtung).
Hervorheben möchte ich, wie sehr sich dein Stil verbessert hat. Echt schön, eine Single zu lesen und sich zu denken "so hat die vor nem halben Jahr aber noch nicht geschrieben". Jaja, das Zauberwort "noch". :D
Warum es nicht endlich die ersehnte 13 wurde lag glaube ich daran, dass der Plot diesmal etwas flacher war als die der letzten Singles. Es endete alles zu schnell und die Lösung war nicht richtig "vorbereitet", was manche Dinge als sehr plötzlich wirken ließ. Sagt mir jetzt zumindest mein Gedächtnis.
Ansonsten: Supi! :daumenhoch:

LG,
Rea

Von Robin Picardo

01.09.2005 21:55

[quote:bf72827467="Rea"]
Hervorheben möchte ich, wie sehr sich dein Stil verbessert hat. Echt schön, eine Single zu lesen und sich zu denken "so hat die vor nem halben Jahr aber noch nicht geschrieben". [/quote:bf72827467]
Das ist wohl war....es ist nur ne frage von wenigen Singles bis in den Ribbon-Himmel :D

Von Laiza Harmonie

01.09.2005 22:37

[quote:9dcea3150c="Robin Picardo"]
bis in den Ribbon-Himmel :D[/quote:9dcea3150c]

So hoch springe ich leider noch nicht, aber wer weiß vielleicht schaff ich es doch mal ... irgendwann :-D

Also, ich mochte meine Single nicht besonders, vorallem das Ende. Es war ein typisches "Ich habe nicht mehr viel Zeit und mist die wörter werden knapp und ich muss noch unbedingt fertig werden"-Ende.

Beim schreiben hatte ich das Gefühl ich schreibe unheimlich viel Mist zusammen und auch Reas tröstende Worte konnten mich nicht aufmuntern.
Ich hatte eigentlich mit einer 10 gerechnet. Also wieso hab ich doch ne 12 bekommen? Kann mir das jemand begründen?
Wäre toll wenn mir das jemand beantworten könnte.

Und wenn mir der Plot meiner einen Single wieder einfällt verspräche ich wird alles besser, damit Rea noch mal sagen kann "so hat die vor nem halben Jahr aber noch nciht geschrieben" :-D

Von Rib

02.09.2005 11:05

JUBEL! Endlich mal eine Wächterin, der sich fragt, warum sie abteilungs- und aufgabenfremd ermitteln soll! (Padawan, ich bin stolz auf dich!) SEHR gut fand ich, wie du den Fakt beleuchtet hast, warum Okkultismusexperten zu SUSI und nicht zu DOG gehören: Es geht vornehmlich um Artefakt(Im weitesten Sinne)-Analysen und Kartologisierung, und nicht um eine Milieuermittlung.
Kann Laiza sich eigentlich gar nicht an ihr GiGawissen erinnern?
Oh, Laiza beschwört? Ist sie Gildenmitglied? :-) Nein, im Ernst, das würde ich lassen. Ist dieselbe Sache wie mit meiner Zombiefizierung von Opfern. Wenn wir das immer machen können, machen die meisten Fälle bei RUM keinen Sinn mehr.
Ich fand es schön, das Zweikörperstoßgesetz ungefähr formuliert zu bekommen. Die Dutzend-Note.
Achja: Wunderschönes Ende...

Von Laiza Harmonie

02.09.2005 15:08

[quote:0bee7596f8="Rib"]
Kann Laiza sich eigentlich gar nicht an ihr GiGawissen erinnern?
[/quote:0bee7596f8]

Doch, sie erinnert sich zb an die Schlangeart (oder hab ich das rausgenommen?) Aber ihr GiGawissen gehörte eigenentlich nicht in den Mittelpunkt der Geschichte

[quote:0bee7596f8="Rib"]
Oh, Laiza beschwört? Ist sie Gildenmitglied? :-) Nein, im Ernst, das würde ich lassen. Ist dieselbe Sache wie mit meiner Zombiefizierung von Opfern. Wenn wir das immer machen können, machen die meisten Fälle bei RUM keinen Sinn mehr.
[/quote:0bee7596f8]

Es hat doch nicht funktioniert oder ? :-D Aber wenn wir darüber jetzt reden, dann bezieht sich das mehr auf die Spezialisierung als Okk Ex, als auf die Pokey.

[quote:0bee7596f8="Rib"]
Achja: Wunderschönes Ende...[/quote:0bee7596f8]

Wieso? ich hätte gern eine erleuterung, weil ich selbst nicht erkennen kann, wieso es ein gutes Ende ist.

Von Magane

02.09.2005 16:04

Was das GiGa-Wissen angeht: Es gibt einige Leute die über Gifte bescheid wissen, egal ob sie dafür ausgebildet sind oder nicht, aber man sollte sich vorsehen seinen Char alles wissen zu lassen.
[i:f72f1d0182]Als Beispiel: Wie langweilig wäre ein Fall in dem zwei Hexen (Rea und Maggie) sich mit einer vergifteten Person beschäftigen, Laiza als Okk Ex dazuholen, die dann noch gleich mit ihrem GiGa-Wissen auftrumpft und letztendlich dürfen dann die Laborratten (äh... -ranten) nurnoch die Proben machen und das Wissen der anderen bestätigen. Einen "Name der Rose"-Plot hätten die drei gelöst bevor Umberto Eco das Eingangstor beschrieben hat.[/i:f72f1d0182]
Sicherlich wird Laiza nie einen GiGa brauchen, aber in erster Linie ist man was die aktuelle Spezialisierung sagt.

Von Laiza Harmonie

02.09.2005 16:23

Genau

Außerdem wäre es langweilig, wenn jemand alles weiß. Die Chars müssen Fehler und Wissenslücken haben - Auch in einem ihrer Spezialgebiete, den niemand weiß alles.

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