Teehaus Rose

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von Gefreite Ophelia Ziegenberger (RUM)
Online seit 13. 06. 2005
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 Außerdem kommt vor: Tricia McMillan

Ich habe meine Ausbildungs-Single anhand von Tricia und Ophelia als Hauptfiguren geschrieben. Diese Variante stellt den inzwischen was-weiß-ich-wievielten-Versuch dar, weswegen viele Szenen, zu denen ich schon mit einigen meiner R.U.M.-Kollegen sprach, nicht darin vorkommen – also bitte nicht wundern. Im Grunde war alles anders geplant. Die Geschichte ist hauptsächlich aus Sicht der Ausbilderin geschrieben. Aber da es ja um Ophelias Ausbildung geht und Tricia als ihre Ausbilderin für sie verantwortlich ist, nehme ich an, dass die Geschichte dennoch annehmbar sein wird.

Dafür vergebene Note: 12

"Verdeckte Ermittler (...) ihre Spezialausbildung in situationsbedingter Anpassungsfähigkeit, sowie im Tarnen und Täuschen bieten ihnen gute Überlebenschancen."

Leutnant McMillans Gesichtsausdruck blieb steinern. Ihre grünen Augen wanderten abermals zum Eingang. Die Tür öffnete sich mit einem leisen, melodischen Klingeln der Schellen und Tricias Mundwinkel zuckten unwillkürlich bei dem Anblick, der sich ihr bot. Ihre Vermutungen wurden durch das Auftauchen der jungen Gefreiten aufs Trefflichste bestätigt. "Mrs Ziegenberger...", murmelte sie, "Willkommen im Teehaus!".

Die junge Frau sah sich unsicher in dem hellen Raum um. Sie trug ein taubenblaues Tageskostüm mit weitem Rock, einen seidengefütterten Umhang in einer etwas dunkleren Nuance, dazu feine Wildlederhandschuhe und einen seitlich befestigten Federhut, der hervorragend mit dem roten Farbton ihrer hochgesteckten Frisur kontrastierte. Alles in Allem bot sie einen eleganten, wenn auch nicht nach der allerneuesten Mode gekleideten, Blickfang. Sie ließ ihren Blick über die zierlichen Kaffeehaus-Tischchen und die anderen Gäste schweifen und trat endgültig ein. Ein junger Bediensteter eilte herbei und fragte freundlich, ob er weiter helfen dürfe.

Die dienstältere Wächterin konnte die leise Konversation aus ihrem Versteck hinter dem Verkaufstresen heraus mehr erahnen, denn hören.

Der Rotschopf nickte und lächelte den Burschen freundlich an.
"Ja bitte! Ich hätte gerne einen Tisch mit Blick auf die Fußgängerpassage, wenn das möglich wäre? Es ist so schönes Wetter und zudem bin ich auch mit einem Bekannten verabredet, den ich ungern verpassen würde."
Der Junge blickte kurz in Richtung der versteckten Wächterin, die daraufhin instinktiv tiefer in den Schatten zurückwich, doch sein fragender Blick galt der stehenden Dame zwischen ihnen.
Mrs Cara-Ruth Assistantly kniff leicht die scharfen Augen zusammen. Sie nickte kaum merklich, betrachtete die neue Kundin noch einen Moment länger und trug dann weiter kleine Zahlen in das große Kassenbuch ein.

Ophelia Ziegenberger wurde an einen Tisch geleitet, der Bursche nahm ihren Umhang entgegen und reichte ihr eine Karte. Er verneigte sich leicht und brachte den Überwurf zur Garderobe, während die junge Frau begann, das Angebot an Kuchen und Getränken zu studieren.

Der Leutnant beobachtete aufmerksam, wie sein R.U.M.-Nachwuchs einige Zeit später, mit zierlich gespreiztem kleinen Finger, den winzigen Silberlöffel zum Teerühren nutzte.
Eines muss man ihr lassen. Die würde in ein echtes Teehaus passen, wie der Patrizier in sein Büro! Ich würde zu gerne wissen, was so eine in unser Team verschlagen hat?
Sie vertrieb den Gedanken wieder und beschränkte sich auf 's Beobachten.

Die Tür öffnete sich abermals und ein älterer Gentleman trat ein. Auch er sah sich suchend um. Das Teehaus war selbst um diese Zeit schon erstaunlich gefüllt – vor allem mit hübschen jungen Frauen. Doch sie alle waren schlicht gekleidet, wie wenn sie um Unauffälligkeit bemüht gewesen wären, erst recht im Vergleich mit derjenigen in ihrer Mitte, die gedankenverloren an ihrem Tee nippte, während sie in beinahe fiebrigen Eifer etwas in einem Notizbuch niederschrieb. Sein Blick blieb nachdenklich an der Wächterin in "Zivil" hängen.

Tricia McMillan dachte an die kurze Anweisung, die in diesem Augenblick sicherlich ein zerknittertes Dasein in der Handtasche der Gefreiten fristete.
"Teehaus Rose, Kaufmannsstraße, kaum fünf Minuten vom Drachenlandeplatz – Erste Stunde nach dem großen Tom – Verdeckte Kontaktaufnahme in Verkleidung – Informant übergibt wichtige Unterlagen – Codewort: Feder." Sie hatte bei der Suche nach einem ungewöhnlichen Wort an die Kommunikationstauben denken müssen. Ihr war nichts Besseres eingefallen. Es war unwahrscheinlich, dass die Gefreite sich mit einem der Teehaus-Kunden über Tauben, über Betten oder über Hutschmuck unterhalten würde. Das angebliche Codewort war also sicher. Wieder wandte sie ihre Aufmerksamkeit der Frau am breiten Fenster zu.

Das ist doch unglaublich! Da schicke ich sie zur Kontaktaufnahme und was macht die? Sie schreibt irgendwelche Briefchen, während der Informant hilflos an ihr vorbeiwanken könnte! Ist ihr der Auftrag nicht wichtig genug, oder was? Wenigstens muss Madame den Kuchen selber bezahlen! Man sollte doch eine gewisse Anteilnahme erwarten können! Andere Neulinge, die waren aufgeregt, oh ja! Die haben jeden, der am Treffpunkt auftauchte mit solchen Telleraugen angestarrt! Die haben einem Zauberer Konkurrenz gemacht, dem man ungefragt den Hut zum Abstauben vom Kopf nehmen würde!
Unangenehme Erinnerungen quollen in den Sinn der Wächterin und schnell wischte sie diese beiseite. Der Beobachtungsposten schien unangenehmer zu werden und sich länger dahin zu ziehen, als sie gedacht hätte.
Wenn die Gefreite nichts um sich herum beobachtete, dann würde es noch dauern, bis ihr Plan Früchte tragen könnte. Wenn überhaupt, gestand sie sich zähneknirschend ein.

Der distinguierte Mann mit den ergrauten Schläfen trat auf die Geschäftsinhaberin zu. Er grüßte sie höflich. "Mrs Assistantly, ich bin erfreut, Sie wohlauf zu sehen!"
"Danke, Mr Miller, ich kann mich tatsächlich nicht beklagen. Die Frage zu erwidern wäre überflüssig, nehme ich an, bei einer so offensichtlich blühenden Konstitution, wie der Ihren?"
Der ältere Mann lachte geschmeichelt. "Nicht doch, nicht doch! Sie überschätzen mich gewiss."
Die schlanke Frau hinter dem Tresen schüttelte den Kopf. "Ich denke nicht, dass ich das tue. Aber selbstredend möchte ich Ihnen nicht widersprechen." Sie deutete auf die Schokoladenpralinen in der Auslage. "Ich hoffe, Sie waren zuletzt mit unseren Süßigkeiten zufrieden?" Ihr Blick richtete sich fest auf ihn. "Wir haben so lange nichts mehr von Ihnen gesehen."
Er zerstreute ihre Sorgen mit einem schelmischen Zwinkern, "Wie könnte ich nicht! Mrs Assistantly, glauben Sie wirklich, ich könne Ihnen untreu werden?" Mr Miller schüttelte belustigt den Kopf. "Welchen Ersatz sollte es geben! Ihre Auswahl bestach schon immer durch Geschmack, wenn ich das so sagen darf." Er lachte leise, dann jedoch wurde er von einem Augenblick auf den anderen ernster.
Tricia spitzte die Ohren, als er mit gedämpfter Stimme fortfuhr.
"Meine liebe Mrs Assistantly, ist es wohl möglich, dass diese junge Dame dort", und er deutete unauffällig auf die Gefreite Ziegenberger, "dass sie meine heutige Verabredung darstellt?"
Die tüchtige Geschäftsinhaberin zögerte mit ihrer Antwort. Dann, mit einem mentalen Schulterzucken, erwiderte sie: "Ich bin mir nicht sicher."

McMillan hinter ihr, in dem Versteck, runzelte die Stirn. Diese Antwort war nicht abgesprochen gewesen.

Auch der Kunde war sichtlich irritiert von dieser Antwort. "Sie sind sich nicht... Wie darf ich das verstehen, Mrs Assistantly?"
Sie begann, braune Pralinen mit rot kandierten Beeren neu zu arrangieren, wobei ihre Stimme routiniert klang. "Die Dame erwartet jemanden. Aber ob sie das sind? Ich möchte sie, wo Sie doch solch ein treuer Kunde sind, nicht entmutigen oder Anlass zu einer traurigen Szene geben. Beileibe nicht! Vielleicht aber kennen Sie sich beide ja schon, so dass eine Vorstellung meinerseits entfallen würde?" Die Dame in dem hochgeschlossenen Kleid sah in an.
Noch einmal zögerte sie, dann jedoch erklangen die rituellen Worte, derer unzählige Männer zuvor schon geharrt hatten: "Vermutlich haben Sie heute Abend etwas vor, Mr Miller. Möchten Sie zuvor noch unseren Tee genießen, um dem gewachsen zu sein?"
Die Freude und Erleichterung war ihm deutlich anzusehen, als sein Blick mit neu entflammtem Wissensdurst zu dem Fensterplatz huschte. Er senkte seine Stimme: "Sicherlich hat es mit den Modalitäten zu tun? Wie auch immer... Ich habe ihre Warnung verstanden, keine Sorge. Was auch immer sie erwidert, ich lege es nicht Ihnen zu Lasten, meine Liebe."
Mrs Assistantly wandte sich etwas nervös den kandierten Türmen in der Auslage zu. "Ich weiß nicht wovon Sie sprechen, Mr Miller. Möchten Sie etwas an den Platz haben? Vielleicht noch etwas Süßes?"
Er nickte lächelnd. "Gerne! Warten Sie nur einen Moment, bis ich meinen Tisch gewählt habe."
"Natürlich, Mr Miller."

Der Leutnant in seinem Versteck rieb sich erfreut die Hände.
Na, wer sagt es denn! Cara hat einfach Angst um ihre Kundschaft. Na gut, das kann ich ihr noch mal verzeihen. Aber nun bin ich gespannt!
Sie näherte sich wieder der schmalen Ritze zwischen den Stoffstreifen und strengte ihr Gehör an.

Der ältere Mann ließ sich aus dem Mantel helfen, reichte Schal und Zylinder an den Burschen und ging dann auf die Tische an der Frontseite zu. Mehrere enttäuschte Blicke folgten ihm, doch keine der Damen unterbrach seinen Weg. Er blieb kurz vor der Gefreiten stehen und sprach sie an.
McMillan runzelte verärgert die Stirn.
Verdammt! Ich versteh' kein Wort!
Sie beobachtete, wie die angehende Verdeckte Ermittlerin aufsah.
Die Beiden tauschten einige leise Worte, während derer der elegante Mann fragend auf den freien Platz deutete.
Ophelia wirkte unschlüssig, sie erwiderte etwas.
Der Ältere blickte amüsiert auf sie herab und nickte. Er zog eine teuer aussehende Taschenuhr aus seiner Westentasche, eine der Sorte, die mit einem winzig kleinen Räderwerk, anstelle von Dämonen funktionierte, blickte kurz darauf, steckte sie wieder ein und sprach mit der Wächterin.
Ophelia schloss unauffällig ihr Notizbuch und lauschte aufmerksam seinen Worten. Dann plötzlich erstrahlte sie förmlich, ein Leuchten ließ ihre grauen Augen funkeln und ihre blassen Wangen wurden von einem rosigen Hauch überzogen. Sie blickte ihn wie gebannt an und deutete nun ihrerseits auf den gegenüber stehenden Stuhl.

Ein unwillkommener Gedanke buhlte um Tricias Aufmerksamkeit.
War es möglich...

Der Mann hatte sich derweil schon gesetzt und die beiden begannen ein Gespräch, dass offensichtlich von beiden Seiten mit aufmerksamem Interesse verfolgt wurde.

Es kann doch nicht möglich sein, dass er...

Der Mann stellte eindeutig Fragen, denn die junge Frau beantwortete diese mit glühenden Wangen. Sie hatte ihr Notizbuch geschlossen vor sich liegen und strich nervös über dessen dunklen Einband.
Der Gentleman beugte sich leicht vor, als wenn er ihr etwas Vertrauliches eingestehen wollte. Sie folgte seinem Beispiel und schenkte seinen Worten mehr als das gewöhnliche Maß an Gehör.

Solch ein Verhalten... Selbst dieser merkwürdig abwesenden Anfängerin traue ich kein derart unprofessionelles Verhalten zu! Er muss das Codewort gesagt haben! Verdammt! Wie konnte das passieren?
Der Leutnant rang mit sich selber.
Soll ich eingreifen? Andererseits... was könnte besser schulen, als die Praxis? Immerhin sollte es doch zu solch einer Situation kommen! Du hast nicht umsonst auf Caras Schulden bei dir gepocht. Ihr Etablissement ist nicht ganz legal. Hättest du nicht noch was bei ihr gut gehabt, Tricia, sie wäre nicht darauf eingegangen – auch gerade deswegen, weil es nicht ganz legal ist. Schließlich hat sie genug Scherereien mit der Näherinnengilde. Auch wenn die ihr offiziell nichts nachweisen können! Aber... noch ist ja nichts weiter passiert. Beruhige dich. Es läuft alles wie gewünscht. Sie wird schon nicht blöde genug sein und sich auf eine Verabredung mit ihm einlassen. Oder? Selbst wenn... Cara betont immer wieder, ihr Teehaus sei lediglich ein schöner Ort, um Begleitung zu finden. Begleitung ist ja nicht das Selbe wie... nähen. Andererseits... Die giftigen Blicke ihrer "Konkurrenz", als sie in solch einer Aufmachung hier hereinspazierte, hat das einfältige Ding ja auch nicht mitbekommen. Das kommt nur wegen ihrer Unaufmerksamkeit! Wie kann man sich auch im Einsatz irgendwo gemütlich mit Kuchen einrichten und anfangen, irgendwelche Briefchen...

McMillan stockte in ihren Überlegungen.

Das Verhalten der unter Beobachtung stehenden Wächterin hatte sich gewandelt. Ophelia Ziegenberger sah verstört aus. Sie wirkte fehl am Platz, verloren, wie ein Blatt im Wind. In aufrechter Haltung saß sie auf ihrem Stuhl, doch nicht wie in den letzten Minuten, in denen diese Haltung ihre antrainierte Erziehung gespiegelt hatte, sondern nun völlig verkrampft.
Der Mann saß noch immer vorgebeugt. Seine Mimik sprach von Neugier, die sich mit zurückhaltender Sorge die Waage hielt. Er sprach weiter.
Doch seine Tischnachbarin schüttelte nur heftig den hochroten Kopf und blickte unverrückbar auf die Finger, die sich krampfhaft um das dünne Buch schlossen. Sie wagte ganz offensichtlich nicht mehr, seinem Blick mit dem ihren zu begegnen.
Mr Miller stellte eine weitere Frage, wartete vergeblich auf eine Antwort aus den aufeinander gepressten Lippen und beantwortete sie sich dann selber.
Seine Vermutung wurde mit niedergeschlagenen Wimpern belohnt. Ophelia antwortete wispernd, wobei sie, was fast unmöglich erschienen war, noch etwas mehr Farbe annahm.
Der ältere Mann grinste. Er legte sich schnell die Hand vor den Mund, indem er seinen Ellenbogen auf der Kante des Tisches abstützte. Doch kurz darauf hörte selbst McMillan hinter dem Vorhang sein leises Lachen.
Ophelia legte sich peinlich berührt eine ihrer schlanken Hände an die heiße Wange.

Das musste nun wirklich reichen!
Der Leutnant trat hinter dem Vorhang hervor. Die Dame hinter der Auslage blickte ihr kühl nach, als sie um den Verkaufstresen herum ging und direkt auf das ungleiche Paar zuhielt, das inzwischen im Zentrum der Aufmerksamkeit aller saß.

"Ophelia?"
Die Angesprochene blickte erschrocken auf, als sie ihren Namen hörte.
McMillan verspürte einen leichten Gewissensstich, überging ihn aber geflissentlich.
"Ich glaube, du musstest genug Federn lassen."
Die Augen mit den grauen Rändern weiteten sich. Doch sonst reagierte die Gefreite nicht.
Tricia McMillan räusperte sich verlegen.
"Sir! Sie werden uns sicherlich entschuldigen. Wir müssen leider schon gehen."
Der Mann blickte ihr fast herausfordernd entgegen. "Sie stecken dahinter, nicht wahr?"
"Ich weiß nicht, wovon Sie sprechen, Sir. Ophelia?"
Der ältere Herr betrachtete nachdenklich die junge Frau, die noch immer schwieg. Er murmelte mehr zu sich selbst: "Merkwürdig, das scheint heute vielen so zu gehen." Er atmete tief durch, beugte sich noch einmal näher zu der Schweigsamen und sagte: "Machen Sie sich nichts daraus, meine Liebe. Ich bedanke mich auf jeden Fall für dieses ungewöhnlich unterhaltsame Gespräch." Er erhob sich und ging wieder zum Verkaufstresen zurück, um seine Wahl für den heutigen Theaterbesuch auf ein neues Fundament zu stellen.

Tricia blickte ihm nach, bis er aus Hörweite war, und flüsterte dann: "Ich hole deinen Umhang. Gehen wir."
Die Angesprochene blickte unsicher auf. "Warum..."
"Nicht hier! Lass uns erst gehen."
Sie ging vor.
Die junge Frau erhob sich ebenfalls, steckte ihr Notizbuch in die schlichte Handtasche und verließ, ohne sich nochmals umzusehen, fluchtartig das Teehaus.

Sie sprachen nicht viel auf dem Rückweg. Nur das Nötigste.
"Hast du bemerkt, dass die übrigen Gäste sehr schlicht gekleidet waren?"
Die Gefreite nickte.
"Du bist bei der Angabe 'Teehaus' automatisch von einem der Teehäuser ausgegangen, die von Leuten deiner Schicht besucht werden, ohne Nachforschungen zum Hintergrund dieses besonderen anzustellen, stimmt' s? Obwohl ich die Adresse im Auftrag nannte und Akteneinträge dazu in unserem Archiv zu finden sind?"
Die Gefreite nickte wieder.
"Dieses Gefühl, das dich im Teehaus fast erschlagen hat, das konnte ja jeder erkennen, dieses Gefühl der absoluten Peinlichkeit, als du verstanden hast, um was für einen Ort es sich wirklich bei dem Treffpunkt handelte und dein Auftritt dort missverstanden und falsch gedeutet wurde... dieses Gefühl! Merke es dir gut! Es ist nichts im Vergleich zu dem Gefühl, das dir droht, wenn du in einem wirklichen Einsatz auffliegen solltest!"
Die Gefreite blickte nicht auf.
Tricia seufzte. Es war doch wirklich nur zu ihrem Besten! Sie blieb stehen und wandte sich der jungen Frau direkt zu.
"Gefreite Ziegenberger... Ich wollte dir damit eine wichtige Sache vor Augen führen, eine Sache, die meiner Meinung nach keine Theorie verträgt: Es ist unumgänglich und absolut wichtig, vor einem Einsatz genau nachzuforschen, auf was man sich einlässt! Das kann lebenswichtig sein!"
Die grauen Augen blickten sie noch immer sehr verunsichert an, doch die Neue nickte zaghaft.
"Ich weiß, Leutnant."
Tricia nickte zufrieden. "Gut. Willst du wissen, welche Aussage deine Aufmachung dort hatte? Die ungeschriebene Kleidervorschrift im Teehaus Rose besagt, dass nur die unauffällig gekleideten Damen um eine seriöse Vermittlung für einen Abend zur Begleitung suchen. Die besonders elegant gekleideten Damen ersuchen um eine... einträglichere Vermittlung. Wobei ein nicht unbeträchtlicher Teil dieses Ertrages in Mrs Assistantlys Kasse landet."
Eine Zeit lang gingen sie schweigend nebeneinander her. Bis die ranghöhere Wächterin ihre Neugier nicht länger zügeln konnte.
"Sag, hat er tatsächlich das Codewort gesagt?"
Die junge Frau wurde wieder etwas rosiger im Gesicht, nickte aber zaghaft.
Tricia wartete, doch sie würde nicht von sich aus weiter sprechen.
"Wie... also... was genau hat er denn gesagt?"
Es kostete die Wächterin an ihrer Seite merklich Überwindung, zu antworten. Dann sagte sie, mit glühendem Gesicht: "Er fragte, welches Meisterwerk der Scheibe denn aus meiner Feder bevorstünde."
"Welches Meisterw... oh. Er hat dich für eine dieser Schreiberinnen gehalten?" Sie war überrascht. "Na ja... Das kommt bestimmt, weil du Briefchen in dein Notizbuch geschrieben hast. Irgendeinen Aufhänger brauchen die Kerle immer. Nimm es nicht so schwer."

Die junge Frau folgte ihrer Vorgesetzten zurück zum Wachhaus. In Gedanken konnte sie sich nicht von dem jüngsten Erlebnis lösen.
Wie hatte sie nur all' die Anzeichen übersehen können? Die vielen weiblichen Gäste, die Gespräche, die Reaktion des Burschen... Selbst während des Gesprächs mit Mr Miller, hatte sie anfänglich an einen erstaunlichen Zufall geglaubt. So leichtgläubig!
Leutnant McMillan würde einen Ausbildungsbericht verfassen und dieser würde an Oberstleutnant Lanfear weitergehen. Ihre 'Briefchen' und ihre Unaufmerksamkeit würden erwähnt werden.
Sie wollte gar nicht genau wissen, wie die Abteilungsleiterin darüber denken würde.
Wenn sie in einem so simplen Test schon nicht zu bestehen vermochte, würde Irina Lanfear ihr dann für einen Ernstfall mehr zutrauen? Würde sie bleiben dürfen?
Jeder dieser Gedanken schnürte ihr die Kehle zu und sie musste schwer schlucken.
Diese Lehrstunde würde ihren Sinn erfüllen. Sie würde einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Nie wieder würde sie sich ausschließlich auf die ersten gegebenen Informationen verlassen, sondern vor einem Einsatz zusätzlich eigene Nachforschungen anstellen! Das nahm sie sich fest vor!
Zählt als Patch-Mission.



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Feedback:

Von Romulus von Grauhaar

20.06.2005 18:04

Da ja sonst keiner was schreiben will, versuch ich mal Kritik zu üben im typischen Ophelia-Stil :)


Lob: Die Charaktere in deiner Single kommen sehr realistisch rüber, man kann gut nachvollziehen, warum sie so handeln wie sie handeln. Was mir auch gut gefallen hat, ist, dass man deutlich merkt, dass Ophelia in der Ausbildung ist und eben nicht schon alles kann, sondern ganz im Gegenteil gehörig auf die Nase fällt. Auch die Sache mit dem Zufall rund um das Codewort war eine sehr gute Idee. Das ganze kombiniert mit einem guten Schreibstil machen Lust auf mehr!

Kritik: Mich hat ein wenig gestört, dass man die meiste Zeit über eigentlich gar nicht so richtig weiß, was das alles soll, du läßt den Leser ganz schön lang im Unklaren, warum Tricia sich so über Ophelia aufregt. Die Handlung war relativ kurz und bündig, dadurch konnte keine große Spannung aufkommen, was sich denke ich bei "richtigen" Fällen in Zukunft ändern wird. Eine Kleinigkeit noch: Ich denke zwar, dass diese ganzen englischen Personennamen ein wenig britischen Teehaus-Flair erzeugen sollen, in "unserem" Ankh-Morpork finde ich persönlich sie ein wenig unangebracht, mir hätten deutsche Namen besser gefallen.

Von Ophelia Ziegenberger

22.06.2005 20:36

Dankeschön @ Romulus! Das mit den Namen ist wohl eine Mischung aus Gewohnheits- und Geschmackssache. Aber ich werde bei der nächsten Single an deine Worte denken.

Darüber hinaus... ich denke, dass Romulus nicht der einzige gewesen sein wird, der die Geschichte gelesen hat. Es wäre mir wirklich wichtig, auch von anderen Feedback zu erhalten. Immerhin möchte ich mich deutlich in meinem Lieblingshobby verbessern, was ohne möglichst konkrete Rückmeldungen schwer ist.

Also, bitte nehmt Euch kurz Zeit, um mich auf die Schwachstellen hinzuweisen. Vielen Dank! :)

Von Magane

22.06.2005 21:33

Ich habe sie noch nicht gelesen, hab es aber noch fest vor. Werd dann auch mal ausnahmsweise Kritik schreiben, versprochen!

Von Daemon Llanddcairfyn

23.06.2005 17:02

Hi.

Herzlichen Glückwunsch zur 12 und - ich denke doch mal - zur abgeschlossenen Ausbildung (?!)

Es wurde gesagt: Man wusste eigentlich nicht wirklich, worum es geht. Irgendwann wird es klar, und dann geht die Verwirrung los, was der Mann will und DANN kommt die Erklärung. Im Nachinein - jetzt, wo ich es so schreibe - ist das EIGENTLICH genial, weil dder Leser in genau dieselbe Situation, wie der Hauptcharakter versetzt wird, gerade durch die Beschreibung von Gefühlen. Ohne 'Vorwarnung' dort hinein'geschubbst' zu werden hat diesen Effekt während des Lesens jedoch nicht aufkommen lassen. Man war zuviel damit beschäftigt, einen Sinn hinter diesen ganzen Vorgängen zu finden ;o)

Flüssig zu Lesen. Diesen oft unterschätzten Testbaustein bekommst du auch noch :o)

viele, liebe Grüße
- dae

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