Langwierige Ausbildung - GEFÄHRLICHES ESSEN

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von Gefreiter Tyros y Graco (FROG)
Online seit 13. 05. 2005
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Tyros versucht sich als GiGa- geht in Deckung und wartet auf den Knall!!!

Dafür vergebene Note: 11

***Ähm- wie der geneigte Leser sicherlich gleich feststellen wird, spielt diese Mission zeitlich VOR der, in der Laiza das FROG-Labor in der Schinkengasse in die Luft gejagt hat***



7:45 Uhr. Zwei Stunden zu früh für Tyros’ Geschmack. Der immer noch recht frisch gebackene Gefreite wachte trotzdem auf. Er musste auch, wollte er noch einigermaßen pünktlich kommen. Araghast Breguyar, sein neuer Chef, hatte ihm beim Bewerbungsgespräch gesagt, dass er um Punkt 8 in der Wache sein sollte. Dort wollte er ihm dann sein neues Büro zeigen. Tyros hatte sich jedoch erst mal ein paar Tage frei genommen und war von der Kröselstraße in das Haus seiner (rein platonischen) Freundin Nyvania D’Astora gezogen.
In einer viertel Stunde von der Ulmenstraße zum Pseudopolisplatz. Das konnte gerade noch klappen, so weit war es ja nun nicht. Vorbei die schönen Zeiten, als er noch in der Wache wohnte, in 30 Sekunden beim Appell sein konnte und sich nicht ums Essen kümmern musste. Jetzt wohnte er in so einem verfallenen Haus in den Schatten, mit einer Wasserspeierin und einem Haufen Tauben untereinem, nun ja, Dach, und begann sich das Verschlafen anzugewöhnen. [1]
Leise summend zog Tyros sich an, goss sich einen Eimer kalten Wassers über den Kopf (Nein, nicht andersrum) und verließ das... das Gebäude. Worauf hatte er sich da nur eingelassen?
Tyros lief die Straße herunter, bis er schließlich vor dem Wachegebäude halt machte. Schnell fuhr er sich noch einmal durch die Haare und trat dann durch das Tor ein.
Er lief vorbei an scheinbar beschäftigten Wächtern und gewissen architektonischen Sensationen. Schließlich hatte er das Büro des Abteilungsleiters gefunden und klopfte an der Tür. Als das 'Herein' ertönte, öffnete er. Mürrisch blickte Araghast auf den Zeitdämonen und sagte:
"Gerade noch geschafft, Gefreiter."
"Guten Morgen auch, Schäff!", erwiderte Tyros gut gelaunt.
"Ja, Guten Morgen. Komm mit."
Mit diesen Worten stand Araghast auf und verließ das Zimmer, Tyros folgte ihm bis zum Ende des Korridors, wo eine Tür leicht offen stand.
"So. Das ist dein neues Büro. Mach ihm keine Schande!"
"Ich werde mich bemühen," grinste Tyros.
"Ach, und da ist noch etwas."
"Ja?"
"Hier gibt es keine Experimente. Wenn du dich unbedingt in die Luft jagen willst, geh in das Labor in der Schinkengasse. Dort wartet dann auch deine Ausbilderin, Laiza Harmonie, auf dich."
"Geht klar. Noch irgendwas?"
"Ja. Gewöhne dir gefälligst deine flapsige Art Vorgesetzten gegenüber ab."
"Ja, Sör. Ich werde mich bemühen."
Mit einem zweifelnden Blick drehte sich der Abteilungsleiter auf den Fußsohlen herum und verschwand wieder in seinem Büro. Tyros ging ebenfalls in das Seine und ließ sich breit grinsend in den Bürostuhl, ich gebe zu, das dieses Objekt die Bezeichnung 'Stuhl' nur unter dubiosen Umständen erhalten haben konnte, fallen. Er hatte jetzt sein eigenes Büro! Erst mal Saubermachen.
"Mist, da ist ja ein Loch in meinem Büro!", entfuhr es Tyros. Sofort rannte er aus seinem Büro heraus und in das von Araghast herein.
"Was hat ein Loch in meinem Büro zu suchen?"
"Das ist noch gar nichts. Laiza hat einen Kaffeedämonen in ihrem Büro."
"Sehr witzig."
"Du hast ja recht. Ich hätte es dir vorher sagen können. Dein Büro war früher ein Klo."
"Mein Büro war ein Klo??"
"So sieht es aus. Ja."
"Du gibst mir allen Ernstes ein KLO als Büro?"
"Du kannst ja ein paar Bretter über das Loch legen."
"Ja. Natürlich. Ich kann ja Bretter über das Loch legen. Wie konnte ich nur so blöd sein? Ich lege einfach Bretter über das Loch. Wie stehen die Chancen, dass das Loch repariert wird?"
Schweigend blickte Araghast auf einen Fleck auf dem Schreibtisch.
"Mhm. So gut also? Na, ich geh dann mal wieder."
"Ach noch eins", sagte der Abteilungsleiter, wobei er Tyros einen Blick zuwarf, der diesem das Gefühl vermittelte, am völlig falschen Platz zu sein.
"Ja, Sör?"
"Ich möchte dass du deine Ausbildung sobald wie möglich beenden kannst. Strenge dich also gefälligst an."
Tyros wollte etwas erwidern, beließ es dann aber bei einem einfachen "Sör", wobei er dem Schäff leicht zunickte und dann das Büro verließ, um in das Seine zurückzukehren.
In der Ecke stand ein Besen, den er sich schnappte und den Raum damit gründlich auskehrte, wobei 'Auskehren' vielleicht der falsche Ausdruck ist, denn der Dreck verschwand einfach im Loch. Dann besorgte er sich neue Kienspäne, befreite die Wandhalterungen dafür vom Staub und zündete sie an. Erst in diesem Moment fiel ihm auf, dass sein Büro sogar ein Fenster hatte. Dies war ihm jedoch vorher entgangen, da e so von Staub, oder noch schlimmeren, wie sich Tyros bei näherem Nachdenken überlegte, verklebt war, dass kaum Sonnenlicht hindurch kam.
Dann maß er den ungefähren Durchmesser des Loches aus, um sich bei Gelegenheit einige Bretter kaufen zu können. Gerade wollte er sich setzen, als er sich daran erinnerte, dass er ja eigentlich ins Froglabor gehen sollte. Er schnappte sich seine Uniformjacke und verließ den Pseudopolisplatz in Richtung Schatten.
Nach einiger Zeit, Tyros verspürte nicht das unbedingte Bedürfnis zu rennen, erreichte er schließlich die Schinkengasse.
"So. Hier muss das doch irgendwo sein", sagte er zu sich selbst, und sah sich dabei prüfend um. Schließlich machte er vor dem Haus halt, das es sein musste, wollte er der Beschreibung des Abteilungsleiters Glauben schenken. Doch es gab da ein Problem: An der Hauswand neben der Tür hing ein Schild, auf dem etwas von einem Dämonologen oder so stand. Das konnte es doch eigentlich nicht sein, oder?
Einige Zeit verging, bis der Wächter sich schließlich dazu entschließen konnte, es zu versuchen. Er wollte eintreten, musste jedoch feststellen, das die Tür verschlossen war. Probehalber ging er rechts am Haus vorbei, fand dort ist ein Tor, ging hindurch und fand sich auf einem Gang wieder, der auf den Hinterhof führte. Hier wiederum entdeckte er eine Eisentür und dahinter eine enge Wendeltreppe, die abwärts führte. Er ging auf eine Treppe zu, und in diesem Moment kam ihm eine junge Frau entgegen.
"Hallo. Du musst Tyros sein."
"Jap, Ma’am. Ich suche das L..."
"Das Labor von der Stadtwache, bzw. von den FROG’s. Ich bin Laiza Harmonie, GiGa hier bei F.R.O.G. und somit deine Ausbilderin."
"Freut mich."
"Das wird sich erst noch zeigen," entgegnete Laiza, lächelte dabei aber. "Komm mit. Ich zeige dir erst mal unseren Arbeitsplatz."
"Moment. Eine Frage hab ich noch: Warum in drei Ios Namen ist das Labor in dem Haus eines Dämonologen?"
"Nun ja. Es war das Beste was wir finden konnten." Mit diesen Worten begann Laiza den Abstieg, blieb jedoch gleich darauf abrupt stehen.
"Ach- und da wäre noch etwas."
"Ja? Was denn?"
"Lass dich von den Dämonen, die überall herumhüpfen, nicht stören."
"Dämonen? In einem LABOR?"
"Genau." Mit diesen Worten ging Laiza die Stufen herunter und Tyros blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
Am Ende der Treppe kamen sie in einen Raum, den sie durchschritten und dann zu einen Wanddurchbruch, durch den sie das Labor erreichten. Dieses war, so hatte Tyros den Eindruck, der einzig ordentlich eingerichtete Raum in diesem Haus. Aber es sah auch wirklich wie das Paradies für einen experimentierfreudigen Gefreiten aus: Schähmi-Kalien in Massen, Glasgefäße, sogar zwei Drachen waren in kleinen Käfigen untergebracht, wie Tyros bei näherem Hinsehen bemerkte. Als Laiza seinen Blick bemerkte, sagte sie:
"Diese Drachen sind der große Stolz unserer Abteilung. Zumindest der Stolz der GiGa’s in unserer Abteilung. Sie heißen Pontiflix und Daucus."
"Diese Viecher haben Namen?"
Tyros traf ein scharfer Blick, und ihn hätte sicherlich noch eine viel schärfere Erwiderung getroffen, wäre nicht in diesem Moment eine Tür geöffnet worden und ein Dämon eingetreten.
"Ach, und das ist unser Drachendämon. Er kümmert sich um die Kleinen."
Tyros machte gar nicht mehr die Mühe irgend etwas zu sagen.
"Und hier sind einige Lährbücher, die du am besten alle durchlesen wirst. Die meisten habe ich jedoch entweder im Wachegebäude oder bei mir zu Hause," erzählte ihm Laiza verträumt und wies auf eine Stapel dickster Exemplare der übelsten Sorte. Sie dachte wohl gerade an ihre eigene Ausbildungszeit. "Ich habe den ganzen Kram mit Hilfe eines Karteikartensystems gelernt. Die Karten kann ich dir gerne ebenfalls zur Verfügung stellen, sie stehen hier in dem Schrank."
Tyros blickte auf eine mechanische Uhr, die über dem Wanddurchbruch hing. Halb acht. Sein Dienst ging also noch über zwölf Stunden lang.
Der Gefreite seufzte und ließ sich auf einen Stuhl fallen.
"Ich lasse dich jetzt erst einmal alleine. Du fängst am besten an die Bücher und Karteikarten zu lesen," sagte Laiza, während sie mit einer vielsagenden Geste auf den Tisch wies.
"Diesen Krempel alles lesen? Kann ich das nicht irgendwie in Versuchen oder so lernen?"
"Um Versuche machen zu können, musst du erst mal wissen, was du tust. Und das lernst du nur durch Lesen."
"Schon gut, schon gut," sagte der Gefreite, der heute seinen Ich-widerspreche-niemals-meinen-Schäffs-Tag hatte.
"Also dann- ich bin in ein paar Stunden zurück."
"Okay."
"Und Tyros..."
"Ja, Laiza?"
"Versuch die Einrichtung ganz zu lassen."
Tyros blickte sie unschuldig an:
"Ich denke, ich sollte sowieso nur lesen."
"Ja ja, gibs auf. Auch ich war mal jung und unschuldig, auch wenn du das wahrscheinlich nicht wahrhaben willst."
Tyros machte sich so seine eigenen Gedanken, vor allem über den Umstand, das Laiza ja jünger war als er.
"Also bis nachher."
"Ja, bis dann."
Laiza verließ das Labor und ging die Treppe nach oben. Entnervt schnappte Tyros sich das erste, und, rein zufällig natürlich, auch das oberste, Buch, und begann zu lesen. Seine Ausbildung hatte er sich wahrlich anders vorgestellt. Klar, natürlich musste er lesen. Aber einen ganzen Stapel dicker Wälzer? Auf wie viele Jahre war seine Ausbildungszeit denn angesetzt? Fünf? Sechs? Verdammt.
Nach drei Seiten bekam Tyros Durst und so holte er sich ein Glas Wasser. Zumindest hoffte er, dass dieses Glas Wasser enthielt. In näherer Umgebung eine Labors, noch dazu eines FROG-Labors, konnte man ja nie wissen...
Bei Seite 7 stockte er bei einer interessant klingenden Pflanzenart:

Napalmium Euthanasium Suizidus, der
-- Härkunft: Westliche Todeshügel, Birtorm
-- Farnart
-- Fahbe: silbergrau bis graublau
-- einzelne Äxemplare giftig
-- in rauhen Mängen vorhanden
-- eusserst rächthaberich
-- sehr gut zum entlähren von Dingen
-- sehr gut zum Seubern von Fläcken


Aha. Wenn diese Gifte alle so interessante Namen hatten, dann konnte das Lernen doch vielleicht Spaß machen. Also weiter mit dem Stoff.
So verlor sich Tyros im Lesen und man hörte nur ab und zu von ihm einige ‚Aha’s’ und ‚Ach, das ist ja interessant’s’ und ‚Ach so ist das. Das wusste ich ja gar nicht’s.’ Er vergaß die Zeit und las ohne Unterlass. Nur einmal wurde er von einer Teedämonin unterbrochen, die er jedoch unwirsch abwies. Er trank aus Prinzip keinen Tee. Meistens zumindest nicht.
Nach zwei Stunden (ein Zeitdämon kam nämlich auch mal vorbei) schließlich bekam er Hunger. Doch- wo jetzt etwas zu Essen hernehmen? Jetzt wäre so ein Essensdämon ganz praktisch. Mhm.
"Da muss ich unbedingt mal mit Herrn Schwertfleck drüber reden", sagte Tyros zu sich.
"Das heißt Professor Schwertfleck", unterbrach eine piepsige Stimme seine Gedanken.
Tyros sah sich um. Niemand war zu sehen.
"Hier oben."
Tyros blickte weiter nach oben. Wieder nichts.
"Noch weiter oben."
Diesmal blickte er ganz nach oben- und tatsächlich: An die Decke klammerte sich ein... klammerte sich... klammerte sich ein, ein Dämon eben.
"Wie lange klebst du schon da oben", fuhr Tyros ihn an.
"Bitte sei nicht böse, Herr Wächter. Ich habe doch geschlafen."
"Seit wann beobachtest du mich schon?"
"So fünf Minuten. Oder vielleicht eine halbe Stunde?"
"Aha. Genauer kannst du dich wohl nicht ausdrücken, oder?", fragte der Gefreite, der langsam die Geduld verlor.
"Ich bin weder ein Zeit- noch ein Artikulationsdämon, Herr Wächter."
"Nenn mich Tyros. Und jetzt runter da."
"Ja Herr W... Tyros." Mit diesen Worten sprang der Dämon von der Decke herunter, das heißt er ließ sich fallen, und sah Tyros erwartungsvoll an.
"Was ist?", wollte dieser wissen.
"Du hast mir gesagt was ich machen soll. Und ich habe dir gehorcht. Jetzt gehöre ich dir." Mit diesen Worten sah der Dämon den Gefreiten aber so spöttisch an, dass Tyros von der Aufrichtigkeit dieser Behauptung nicht so ganz überzeugt war.
"Nein nein nein. Sowas fangen wir gar nicht erst an."
"Aber du bist der erste, dem ich gehorche. Also gehöre ich jetzt dir." Wieder dieser Blick.
"Wer sagt das?"
"Ich, Meister!"
"Du sollst mich Tyros nennen."
"Ist gut. Was soll ich machen?"
"Mich in Ruhe lassen."
Gespielt betrübt sah der Dämon ihn an.
"Hast du keine Arbeit für mich? Ich wasche dir die Füße. Ich mache dir den Boden sauber. Ich putze dir die Zähne."
"Raus jetzt!"
Nach diesem nervenzerfetzenden Dialog, der keinen Platz für Lückenfüller gelassen hatte, drehte der Dämon ihm traurig den Rücken zu und ging los in Richtung Mauerdurchbruch. Er wollte gerade die Treppe heraufgehen, als Tyros etwas einfiel.
"Hey, komm zurück! Kannst du auch kochen?"
"Ich kann alles, was du von mir willst."
"Perfekt. Dann koche mir doch etwas."
"Was möchtest du denn?"
"Ich lasse mich von dir überraschen. Und jetzt verschwinde. Ich muss noch lernen."
Dämonisch grinsend verließ der kleine Dämon den Raum und brabbelte irgendetwas dämonisches vor sich hin. Rezepte, wie Tyros vermutete. Dämonische Rezepte.
Der Gefreite schnappte sich jetzt jedoch erst einmal sein Buch und begann erneut zu lesen. Sein neuer Tschob begann ihm Spaß zu machen.

Eine halbe Stunde später kam der Dämon wieder. In der Hand hielt er ein Tablett, auf dem ein Käseglocke stand, von der ein etwas seltsamer Geruch ausging.
"Was ist denn das?"
"Dein Essen?"
"Das? Mein Essen?"
"Du wolltest, dass ich dich überrasche. Und da dachte ich mir, ich koche dir etwas ganz besonders dämonisches. So etwas bekommst du nicht alle Tage zu essen", sagte der Dämon und lächelte glücklich.
"Na Danke. Und was ist das genau?"
"Oh, da sind gekochte Schuhsolen, drei Eierschalen, zwei gammlige Speckschwarten und..."
"Hör auf, hör auf! Nimm das sofort weg!", rief der Gefreite, während er abwehrend die Hände hob.
Unglücklich, nun gut, gespielt unglücklich, blickte der Dämon ihn an.
"Du magst das nicht essen?"
"Ach komm. Wie soll ich denn so etwas essen können?"
"Aber mir schmeckt das doch auch."
"Ja, aber du hast auch ganz andere Organe als ich." [2]
"Soll ich dir etwas anderes kochen?"
"Das wäre ganz reizend. Was kannst du denn noch so?"
"Menschliche Gerichte?"
"Menschliche Gerichte. Genau", sagte Tyros, bevor ihm die Doppeldeutigkeit dieser Worte bewusst wurde.
"Also- Erdkartoffeln mit Sohse, Nudeln mit Sohse, Salat mit Sohse, Birnen..."
"...mit Sohse, ich weiß schon."
"Habe ich schon mal für dich gekocht?"
"Vergiss es. Dann mach mir doch bitte die Kartoffeln."
"Geht klar. Das wird nur etwas länger dauern."
"Das nehme ich gerne in Kauf."
"Soll ich für die Miss auch mitkochen?", fragt der Dämon, der mit seinen Gedanken schon wieder ganz woanders zu sein schien.
"Welche Miss?"
"Miss Harmonie."
"Oh. Diese Miss. Ja, mach ihr etwas mit. Sie wollte ja bald wieder kommen."
"Und soll ich einen Haarschneidedämonen vorbeikommen lassen?"
"Einen Haarschn... habe ich es schon wieder so nötig?"
"Oh ja, Herr W..."
"Tyros!"
"Ja, Herr Tyros." [3]
"Nein, lass mal. Ich gehe lieber zu einem richtigen Friseur."
"Misstraust du Dämonen, Tyros?"
"Ich? Niemals. Ich will nur... ähm... du weißt ja, ich bin gerade in der Ausbildung, und wenn ich mir da in der Dienstzeit die Haare schneiden lasse, das kommt bestimm nicht so gut an."
Verständnisvoll sah der kleine Dämon ihn an.
"Oh ja, da hast du natürlich recht."
"So, und jetzt mach, dass du an den Herd kommst, ich muss nämlich weiterlernen!"
"Natürlich. Bis gleich, Herr Tyros!"
"Ja ja, bis gleich."
Der Dämon verließ den Raum und Tyros wandte sich erleichtert wieder seinen Aufzeichnungen zu.
So verging Stunde um Stunde. Irgendwann hatte Tyros genug vom Lesen und pfefferte das Buch in eine Ecke. Wo blieb denn nur dieser bescheuerte Dämon? Und was zum Geier machte Laiza so lange? Gelangweilt begann er einen Zeitdämonen zu ärgern, der verschlafen in einer Ecke hockte. Als der jedoch auf alle Versuche, die Tyros unternahm, um ihn aus der Ruhe zu bringen nicht reagierte, wandte der Wächter sich gelangweilt vermeintlich wichtigeren Dingen zu. Der Einrichtung des Labors. Hier war ein Schrank, auf dem ihm zu viel Staub lag, dort ein Glas, das zu schmutzig war. Als er nach einer halben Stunde nichts mehr fand, an dem er etwas auszusetzen hatte, fiel sein Blick, wie so oft in den letzten Stunden, auf die Schähmi-Kalien.
Tyros rang mit sich. Er würde ja gerne mal, nur Laiza hatte es ihm ausdrücklich verboten. Und wenn sie dann unverhofft eintrat und entdeckte, dass er sich anstelle von Büchern mit Experimenten beschäftigte.... Andererseits war sie jetzt schon seit Stunden verschwunden. Und wenn er jetzt mal eine halbe Stunde etwas mischen würde, wäre es doch unwahrscheinlich, dass sie genau in diesen 30 Minuten kommen würde, oder?
Schließlich entschloss sich der GiGa i.A. es zu wagen. Laiza würde nicht ausgerechnet jetzt kommen, oder? Er schnappte sich einige viel versprechend aussehende Substanzen und begann sie in einem kleinen Reagenzglas zu vermischen. Dann hörte er hinter sich Stimmen. Erschrocken fuhr er zusammen, doch es war nur sein kleiner Dämon, der einen Kumpel mitgebracht hatte.
"Hier ist dein Essen, Tyros. Und das ist ein Freund von mir. Ein Haarschneidedämon."
"Ich habe dir doch gesagt, dass ich keinen haben möchte."
"O, er wollte sich deine Haare auch nur mal angucken."
"So? Einfach nur so angucken?"
"Oh ja. Ich habe ihm von deiner Haarfarbe erzählt. Und er wollte sie sich unbedingt mal angucken. Zu mir hat er nämlich gesagt, dass man Haare nicht glänzend färben kann. Und ich wollte ihn jetzt vom Gegenteil überzeugen."
Dies war der Moment, in dem Tyros den Moment zu verfluchen begann, an dem er diesen verfluchten Haustroll getroffen hatte, der ihm dieses verfluchte Haarfärbemittel angedreht hatte. Der Ärger blieb jedoch nicht lange, die Vorteile überwogen doch bei weitem.
"Wer hat dir diese tolle Haarfarbe gemacht, Herr Wächter?"
Tyros vermied es diesmal, den Dämon darauf hinzuweisen, dass sein Name Tyros war.
"Im Prinzip war ich selbst es."
"O. Kannst du mir das beibringen?"
Tyros lachte. "Das dürfte schwierig werden."
"Ich lerne sehr gut und schnell."
"Das hier nicht. Ich habe mir vor einiger Zeit die Haare mit einem Haarfärbemittel für Trolle färben lassen. Seit dem kann ich meine Haarfarbe nach belieben ändern. Es bedarf also keiner großen Kunst, du kannst es jedoch auch nicht einfach so lernen."
Der Dämon sah ihn groß an. "Hast du noch von diesem Wunderzeug?"
"Nur noch einen kleinen Rest. Der würde aber nicht mal für einen halben Schopf reichen."
Als Tyros den enttäuschten Blick des Dämons sah, fasste er einen Entschluss.
"Warte mal. Ich habe hier ja ein großes Labor. Vielleicht kann ich, wenn ich eine gewisse Praxis erlangt habe, das Pulver einmal untersuchen. Und eventuell. lässt sich das sogar nachmachen."
"Das würdest du tun?"
"Klar. Allerdings kann es noch einen Moment dauern, bis ich so weit bin."
In diesem Moment trat Laiza Harmonie ein und ihr erster Blick fiel, wie könnte es auch anders sein, auf die fröhlich vor sich hinblubbernden Substanzen.
Die glückliche Miene, die sie gerade noch aufgesetzt hatte, war wie weggeblasen.
Tyros wollte gerade den Mund aufmachen um etwas zu sagen, als sein Blick auf ihre Schultern fiel.
"Du, du warst doch heute morgen noch Hauptgefreite."
"Ja. Ich bin soeben befördert worden."
Tyros dachte an die Schähmi-Kalien hinter seinem Rücken und ihm wurde richtig schlecht.
"Also," begann Laiza und versuchte eine böse Miene zu machen. "Ich hatte dir doch gesagt, dass du nicht an die Schähmi-Kalien gehen sollst. Weißt du was da alles hätte passieren können? Hast du überhaupt kein Verantwortungsgefühl? Weißt du was passiert, wenn du dieses Haus in die Luft jagst, und was ich für Konsequenzen zu tragen haben werde, wenn herauskommt, dass mein Auszubildender gleich am ersten Tag den Vermieter dieses Hauses röstet? Hast du dir wirklich überhaupt keine Gedanken gemacht?"
"Aber ich wollte doch nur..." begann Tyros, wurde jedoch gleich wieder von der frisch gebackenen Lance-Korporal unterbrochen.
"Es ist mir egal was du wolltest. ICH will dir keine unnötigen Anweisungen und schon gar keine Befehle geben müssen. Das heißt ich muss von dir ein gewisses Verantwortungsgefühl erwarten können. Merk’ dir das."
"Ich werde es versuchen," erwiderte Tyros geknickt und blickte auf den Boden.
"So. Und jetzt sage mir mal, was du eigentlich machen wolltest," sagte Laiza in einem versöhnlichen Ton.
Tyros wies auf eine aufgeschlagene Seite aus einem der Bücher.
"Ein Lapizugift? Da hast du aber ganz falsch angefangen." Mit diesen Worten schnappte sich Laiza ein neues Glas, befüllte es mit einer schmierigen Flüssigkeit, und begann ihm zu erklären, was er falsch gemacht hatte.
Interessiert hörte Tyros zu, und schließlich, als das Gift fertig war, setzten die beiden sich auf zwei Stühle und beobachteten ihr "Kunstwerk".
"Nun", so begann die neue Lance-Korporal, "was fällt dir auf?"
"Äh- das Zeug ändert ständig seine Farbe," entgegnete Tyros unsicher ob Laiza so etwas profanes überhaupt erwähnenswert fand. Sie fand es nicht.
"Außerdem."
"Na ja- es scheint eine Flüssigkeit zu sein."
Laiza sah ihn an, als hätte er eine Kuh auf dem Kopf, die versuchte auf einem Bein Samba zu tanzen.
"Das ist alles was dir dazu einfällt?"
"Nun ja- es hat einen recht strengen Geruch," entgegnete Tyros.
"Na endlich. Und an was erinnert dich dieser Geruch?"
Der Wächter überlegte eine Zeit lang, konnte sich jedoch nichts vorstellen, was so erbärmlich stank.
"Ich sehe schon, du kommst nicht drauf," unterbrach kurz darauf die GiGa Tyros’ Gedankenfluss und lächelte schief. "Das riecht wie gebratener Ankhschlamm."
Als sie Tyros’ leicht irritierten Blick bemerkte, lachte sie und meinte
"Ich sehe schon. Du kennst die Gepflogenheiten von Untoten nicht."
"Nein. Wieso?"
"Der Legende nach soll gebratener Ankhschlamm so etwas wie der Stein der Meisen für die Untoten sein. In einer bestimmten Konsistenz kann er Untote angeblich das Leben zurückgeben. Deshalb ist dieses Gift, in größeren Mengen, oft auch als Anlockmethode für die Untoten gedacht, die sich mit ihrem Untotsein nicht abgefunden haben und immer noch danach trachten, ins Leben zurückzukehren. Du solltest also vorsichtig sein, wenn du dieses Gift braust."
"Ich denke das sollte kein Problem werden. Ich habe zwar prinzipiell nichts gegen Untote, aber wenn sie scharf darauf sind, mir die Magendecke aufzuschlitzen, nur weil ich zufällig gerade einen Geruch freigesetzt habe, der sie in die Irre geführt hat, habe ich meine Probleme mit ihnen."
"Ich denke das haben wir alle."
"So? Gut. Und was machen wir jetzt mit dem Zeug?"
"Das musst du doch wissen. Du wolltest es doch brauen."
"Ich, äh, ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht. Ich wollte einfach nur etwas ausprobieren."
Amüsiert betrachtete Laiza den verwirrten Gefreiten.
"Na ja. Zufällig mögen unsere beiden Drachen das Zeug. Für die ist das kein Gift. Die stecken das gut weg."
Erleichtert nickte Tyros ihr zu.
"Gut. Und ich werde mich dann mal wieder meinen Büchern widmen."
"Halt! Erst wird hier noch saubergemacht."
Enttäuscht sah Tyros sie an.
"Wie? Saubermachen? Ich dachte dass..."
"...ich die ganze Arbeit machen würde? Vergiss es. Außerdem lernst du so gleich Ordnung an deinen Arbeitsplatz zu bringen."
Resigniert zuckte der Gefreite mit den Schultern.
"Na dann. Wo bekomme ich hier Wasser?"
"Draußen im Hof steht eine Regentonne. Und hier ist ein Eimer." Mit diesen Worten reichte Laiza ihm einen Holzbottich, der durchaus schon bessere Zeiten gesehen hatte, und Tyros verschwand durch den Wanddurchbruch.
Draußen angekommen ließ er sich auf einen Steinblock fallen, der an der Hauswand lehnte. Er hatte gar nicht gemerkt, wie schlecht die Luft in dem Labor gewesen war. Allerdings hier, in den Schatten, konnte man auch nicht viel besser dem Sauerstoffgenuss fröhnen. Also raffte er sich auf, befüllte den Bottich mit dem Wasser und verschwand wieder in dem Haus.
Als er in dem Labor ankam und den Bottich auf einer Platte abstellte, sah er, dass einer der Drachen sich gerade mit der Zunge über die Schnauze fuhr und dabei genussvoll rülpste.
Lachend wandte er sich Laiza zu, und fragte sie, wo er ein Tuch bekommen könnte. Nachdenklich wies sie auf einen Schrank, der etwas abseits in einer Ecke stand. Tyros holte sich ein recht großes Stück Etwas (es war früher wohl mit Mühe als Tuch erkennbar gewesen) heraus und begann die benutzten Gegenstände zu waschen. Dabei fiel sein Blick wie zufällig auf die Uhr. Dabei schrak er zusammen. Es war bereits 11 Uhr. Sein erster Arbeitstag bei FROG ging also nur noch nur 9 Stunden lang.

Als Tyros mit dem Abwasch fertig war, sagte Laiza:
"Es ist schon ziemlich spät, und du hast gut durchgehalten. Lass uns jetzt zum Pseudopolisplatz zurückgehen. Normalerweise wird um diese Uhrzeit schon geschlafen."
"So? Ich bin aber noch gar nicht müde."
Laiza lachte. "Glaub mir. Das kommt schon noch."
Mit diesen Worten löschte sie das Licht und verließ das Labor durch den Durchbruch. Nachdenklich folgte Tyros ihr, und ließ den bisherigen Tag noch einmal Revue passieren. Er hatte sich das Dasein als GiGa so anders vorgestellt. Und doch gefiel es ihm. Es war zwar recht schwierig mit dem Auswendiglernen von den ganzen Formeln und schehmischen Verbindungen, doch das würde schon irgendwie funktionieren.
Schweigend liefen die beiden nebeneinander her, bis sich Laiza von ihm verabschiedete. Sie machte sich jetzt auf den Weg in die Morphische Straße, während Tyros beschlossen hatte, bis auf weiteres am Ende eines Arbeitstages in der Wache zu übernachten, da er nicht sonderlich scharf auf gewisse Auseinandersetzungen mit gewissen Wasserspeiern hatte, wenn ein langer Tag hinter ihm lag.

***


Als Tyros am nächsten Morgen aufwachte, war es bereits 10 Uhr. Er wollte sich gerade seine Uniform anziehen, als ihm einfiel, dass er ja dienstfrei hatte. So zog er seine Zivilklamotten an und machte sich auf in Richtung Ulmenstraße. Unterwegs machte er noch bei einem Bäcker halt und besorgte sich drei Brötchen.

Als er zuhause ankam, traf er auf Sallien Elonie Amenda von Seherr Dertief, seine Mitbewohnerin und Wasserspeierin aus, nun ja, man könnte sagen Leidenschaft.
"Und, Herr Frosch, wie war dein erster Arbeitstag?"
"Na ja, ganz entspannt. Ich hab mit Drachen und Dämonen gespielt."
Sallien bekam große Augen. "Du hast was?"
"Drachen. Du weißt schon, diese Viecher mit den langen Schwänzen die dir das Gesicht rösten können. Und Dämonen. Kleine Quälgeister die dir, bzw. mir, denn ich bezweifele dass sie das bei dir machen würden, die Stiefel lecken."
Die Wasserspeierin sah kurzzeitig so aus, als würde SIE gleich das Gesicht des GiGa rösten, entschied sich jedoch lieber für die Diplomatie.
"Na, du hast ja heute deinen freien Tag. Dann kannst du ja mal mit der Renovierung von unserem Haus anfangen."
Tyros sah sie an, als hätte sie einen blauen Hahn auf dem Kopf.
"Exakt. Ich habe heute meinen freien Tag. Aber ich werde jetzt erst mal gemütlichst frühstücken, dann ein wenig lernen und dann in die Stadt gehen und in einschlägigen Buchläden nach spannender Lektüre über Gifte gegen Wasserspeier suchen."
Sallien versuchte ihren vernichtensten Blick aufzusetzen, musste dann jedoch anfangen zu lachen.
"Also gut. Dann müssen wir das Renovieren eben auf später verschieben."
Tyros sah sie nachdenklich an. "Du- hast du dir eigentlich mal überlegt, was wir jetzt mit Nyv’s Tauben machen?" [4]
"Hei- DU bist der GiGa. Wenn es um Gifte geht, lasse ich dir gerne den Vortritt."
"Also meinst du, dass wir sie vergiften sollen."
"Mhm. Und meinst DU, dass wir dann noch hier wohnen können."
"Da ist was wahres dran. Aber diese Viecher gehen mir so sehr auf den Nerv, dass ich sie lieber heute als morgen los währe."
"Ganz meine Meinung. Aber die Nyv hängt eben an diesen Biestern. Und ich könnte mir vorstellen, dass sie sehr sehr sauer reagieren wird, sollten wir ernst machen."
"Sie wurde ja schon bei unseren halbherzigen Versuchen wütend."
"Sie hat eben doch eine recht aufbrausende Natur."
"Das habt ihr Wasserspeier alle."
Sallien zog es vor die letzte Bemerkung zu ignorieren, nahm Tyros eines seiner Brötchen ab und verschwand irgendwo in den verwinkelten Gassen der Schatten.
Achselzuckend steckte sich der Gefreite eines seiner verbliebenen Brötchen zwischen die Backen und ging in das Haus, wo er sich sofort in den Keller in sein Labor begab. Dort suchte er sich ein Buch heraus, was nicht schwierig war, denn es war das einzige Buch, das sich in seinem Labor befand, und er hatte es auch nur, weil er es von dem Händler, dem er die Gerätschaften, die man in einem Labor brauchte, abgekauft hatte, geschenkt bekommen hatte. Dann ging er nach oben und ließ sich in sein Bett fallen, wo er zu lesen begann. Er schlief jedoch schnell ein, den Rest des Brötchens noch zwischen den Kiefern.
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Vier Stunden später. Tyros musste feststellen, dass aufgeweichte Brötchen widerlich schmeckten. Schnell spülte er sich den Mund aus, setzte sich an den Tisch und begann in dem Buch zu lesen und sich Notizen zu machen. So verging ihm die Zeit wie im Flug und schließlich wurde es Abend. Geistesabwesend steckte er sich eine Kerze an und las weiter. Dann bekam er einen Schreck, als ihm einfiel, dass er ja eigentlich noch in die Buchhandlung hatte gehen wollen. Das musste jetzt eben noch bis zum nächsten freien Tag warten.
Nach weiteren zwei Stunden des Lesens beschloss er, sich wieder ins Bett zu legen. Morgen würde wieder eine 24-Stunden-Schicht auf ihn warten.

Als Tyros am nächsten Morgen aufwachte, hatte er ein bisschen mehr Zeit um sich fertig zu machen, als an seinem ersten Arbeitstag. Außerdem wollte er heute direkt ins Labor, und nicht erst zum Pseudopolisplatz gehen.
Als er gefrühstückt hatte, zog er sich seine Uniform an und machte sich auf den Weg zum Labor. Dort wartete Laiza bereits auf ihn, ein neuer Arbeitstag hatte begonnen.

So brachte Tyros seine erste Woche herum. Jeden zweiten Tag arbeitete und lernte er im Labor, die Tage dazwischen zu Hause. Außer kleineren Explosionen, die aber nicht wirklich spektakulär waren, passierte jedoch nichts aufregendes. Mit der Renovierung des Hauses beschäftigte er sich ebenso wenig, wie mit dem Projekt ‚Wie tötet man die Tauben einer cholerischen Wasserspeierin?’.
Am Ende des Tages 7. blickte er stolz auf die vergangenen Tage zurück. Er hatte es tatsächlich geschafft zwei Bücher und das erste Viertel von Laiza’s Karteikasten durchzuarbeiten! Erschöpft ließ er sich in sein Bett fallen, als Nyvania wutentbrannt in sein...in sein Zimmer stürzte und die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zuschlug.
"Mein lieber Herr ‚Ach ich bin ja so ein toller GiGa und der Star der FROG’S, ja sogar der ganzen Wache’: warum ist dieses Haus immer noch in so einem bemitleidenswerten Zustand, obwohl du mir versprochen hattest es in dieser Woche renovieren zu wollen?"
Mit einem gut gemeinten aber leider gänzlich missglückten Versuch, seinen Blick ernsthaft aussehen zu lassen, blickte der Gefreite die Püschologin an, prustete erst und fing dann an Tränen zu lachen. "Haus nennst du das? Dieses Ding würde nicht mal einer Studentenbude gerecht werden."
Kurz sah die Obergefreite so aus, als würde sie jetzt durchdrehen und mit dem nächstbesten, möglichst stumpfen und rostigen, Beil auf ihn einschlagen, überlegte es sich dann jedoch anders und blickte Tyros nur mit einem kühlen Blick an.
"So? DU musst ja nicht in diesem ‚Ding, dass ja nicht mal einer Studentenbude gerecht werden’ würde wohnen. Du kannst gerne deine Sachen packen und in ein Haus ziehen, das dir eher passt."
"Och Nyyyyyyv, nimm’s nicht so schwer. Jeder macht mal seinen Fehler beim Hauskauf."
Eiskalter konnte der Blick eines halben Wasserspeiers gar nicht werden, wie der der Obergefreiten jetzt war. Schweigend riss sie einen Leinenbeutel von der Wand und begann die wenigen Habseligkeiten von Tyros, die auf dem Boden verstreut lagen einzusammeln. Einen Moment lang sah der Gefreite ihr mit leicht gerunzelter Stirn zu, dann stand er auf, nahm ihr vorsichtig aber bestimmt die Tasche aus der Hand und schob sie mit sanftem Händedruck rückwärts aus der Tür hinaus.
Ungläubig starrte die Püschologin den GiGa an.
"Hast du jetzt vollkommen den Verstand verloren? Was machst du da?"
Einen Moment lang überlegte Tyros, ob er Sabbern und mit einem sinnlosen Gebrabbel anfangen sollte, entschied sich jedoch dagegen, da er dachte, dass er Nyvania heute wohl schon genug zugesetzt hatte.
"Okay. Jetzt hör mir mal einen Moment lang zu."
Prüfend sah Nyvania den Gefreiten an. Würde er jetzt wieder ernst werden?
"Ich weiß, dass ich dir versprochen habe, in dieser Woche mit der Renovierung anzufangen. Aber versetze dich doch mal bitte in meine Lage. Ich habe gerade mit meiner Ausbildung angefangen, und du weißt genau, wie wichtig sie mir ist. Ich habe jeden zweiten Tag im Labor verbracht und die restliche Zeit, die ich zu Hause war, nur mit Lernen und Schlafen gefüllt. Bitte gib mir doch noch so lange Zeit, wie ich für meine Ausbildung brauche. Dann muss ich mich jetzt nicht noch mehr unter Druck setzen als ich es sowieso schon tue und habe auch noch ein bisschen Zeit, um mir einen Plan zu machen, wie ich am besten vorgehe."
Einen Moment lang sah es so aus, als ob die Obergefreite sich einfach umdrehen und weglaufen würde, dann blickte sie ihn jedoch wieder an und nickte kurz entschlossen.
"Also gut. Bis deine Ausbildung fertig ist. Aber keinen Tag länger." Noch einmal nickte sie ihm kurz zu, drehte sich dann um und verschwand wieder. Tyros seufzte erleichtert auf, schloss die Tür hinter sich, legte sich wieder aufs Bett und war sofort eingeschlafen.


Der Anfang der nächsten Woche verlief wie die erste: Durchsetzt vom Durchkauen von verstaubten Büchern und Karteikarten und anfänglichen kleinen Versuchen, die Laiza jedoch zum großen Teil noch selbst durchführte.
Am Donnerstag jedoch, der Mittwoch war frei gewesen, begrüßte Laiza ihn mit den Worten: "So: Dann wollen wir mal sehen, was du bis jetzt alles gelernt hast. Es ist, denke ich, Zeit für einen kleinen Zwischentest. Also, ich will was sehen."
"Was denn?"
"Na irgendwas halt. Überleg dir was."
Nach einem kurzen Moment des Überlegens entschied sich der GiGa für ein Gemisch aus zwei recht ungefährlichen Gasen, die man dem Kot einer schwangeren Kuh entnehmen konnte, einem eigentlich immer nützlichen Ameisengift und einem verfaulten Habichtsschnabel. Diese einzeln so ungefährlichen Komponenten vereint ergaben ein Gift, dass selbst den stärksten Bären umhauen konnte. Theoretisch. Wenn sie von jemandem gemischt wurden, der wusste, was er tat. Tyros wusste es nicht.
Schon nach dem dritten Arbeitsschritt, das Aufstellen der Apparaturen nicht mitgerechnet, schüttelte Laiza den Kopf und rief:
"Nein nein nein. So wird das nichts." Energisch schob sie ihn beiseite, krempelte sich die Ärmel hoch und mischte das Gift dann selbst zusammen.
"So wird das gemacht. Hast du noch etwas anderes auf Lager, was du mir vielleicht zeigen kannst?"
Eingeschüchtert schüttelte der "GiGa" den Kopf und verneinte.
"Na, ich sehe schon, dass ich dir wohl ein bisschen zu viel zugetraut habe. Ach was soll’s, wir haben ja Zeit."
Tyros ließ die Schultern hängen und fing an aufzuräumen. Jetzt hatte er in der vergangenen Woche so viel gelernt und gearbeitet, und dann packte er es noch nicht einmal, ein einfaches Gift, dass er sich noch dazu selbst ausgesucht hatte, zu mischen.
Plötzlich spürte er einen leichten Druck auf der Schulter. Als er sich umdrehte, und Laiza ins Gesicht schaute, sagte sie:
"Ach komm. Nimm es nicht so tragisch. Das wird schon. So lange bist du ja noch nicht dabei. Du hast dich für den Anfang schon mal gar nicht so schlecht angestellt."
"Ehrlich?"
"Klar. Würde ich das sonst sagen?", fragte ihn die GiGa mit einem Augenzwinkern.
Dankbar blickte Tyros sie an.
"Danke. Das hat mir echt geholfen."
Lächelnd sah Laiza ihn an. "Schon in Ordnung. Aber auf jetzt. Ab jetzt wird hier wieder was geschafft!"
Pfeifend räumte Tyros den letzten Kolben wieder an seinen Platz und schnappte sich dann ein neues Buch. Er hatte hier noch eine Ausbildung zu beenden.

In den nächsten Tagen strengte er sich noch mehr an, als er es sowieso schon getan hatte. An seinen freien Tagen lernte er bis tief in die Nacht hinein, an den Tagen, an denen er arbeiten musste, war er mit einem solchen Eifer bei der Sache, dass Laiza sich langsam begann Sorgen zu machen. Sie überlegte, ob sie einen Püschologen zu Rat ziehen sollte, entschied sich jedoch dagegen, da Tyros ja mit einer Püschologin unter einem Dach wohnte und sie sich vorstellen konnte, dass er von solchen Leute mehr als genug hatte. Dann schließlich kam es so, wie es kommen musste: Tyros brach eines Tages in sich zusammen und schlief einfach auf dem Boden des Labors ein.
Als er wieder zu sich kam, bzw. aufwachte, hatte Laiza ihn ein wenig auf die Seite geräumt, damit sie nicht über ihn stolperte.
"Was ist passiert?"
"Sag mal, wie viel hast du in den letzten Tagen geschlafen?"
"Was weiß ich?"
"Na ja, so kann ich auf jeden Fall nichts mit dir anfangen. Am besten wäre es, wenn du erst mal nach Hause gehst, und dich richtig ausschläfst."
"Was, aber ich muss doch..."
"...erst mal schlafen. Genau. Mir ist es im Prinzip egal, ob du hier auf dem Boden oder zu Hause in deinem Bett schläfst, aber ich glaube dein Rücken würde es dir danken, wenn du die zweite Möglichkeit der ersten vorziehen würdest."
"Meinst du wirklich dass ich einfach so gehen kann?"
"Wenn ich dir das sage."
Zweifelnd sah Tyros die Lance-Korporal an.
"Also gut, wenn du meinst, dass du so mit mir nichts anfangen kannst, von mir aus."
"Auf jetzt. Mach dass du weg kommst."
"Ja ja, ist ja schon gut", sagte Tyros, der plötzlich merkte, dass es Laiza langsam ernst wurde. Er drehte sich um, schnappte sich seine Uniformjacke und verschwand durch den Wanddurchbruch.
"Ach und Tyros...", rief Laiza, in dem sie ihn noch einmal zurückpfiff.
"Ja?"
"Tu mir den Gefallen und komme das nächste mal ausgeschlafen. Noch einmal kann ich so etwas nicht durchgehen lassen."
"Ist in Ordnung. Ich werde mich bemühen", antwortete er und verschwand endgültig. Er lief den, recht kurzen, Weg vom Labor in der Schinkengasse zu dem Haus mehr torkelnd als gehend und war schon, kaum dass er sein Zimmer betreten hatte eingeschlafen, und nur seinem an Extremsituationen gewöhnten Unterbewusstsein war es zu verdanken, dass er nicht zum zweiten Mal an diesem Tag einfach so zusammenbrach sondern es gerade noch ins Bett schaffte.

Tyros schlief 18 Stunden lang ohne auch nur aufzuwachen. Als er am nächsten Morgen aufwachte, fühlte er sich so frisch wie schon lange nicht mehr. Nachdem er sich ausführlich gewaschen hatte ging er zum Bäcker um sich Brötchen zu holen, schlenderte dann ein wenig durch die Straßen und kehrte schließlich nach Hause zurück. Dort las er die Ankh-Morpork Times, trank fast zwei Liter Milch, joggte anschließend ein paar Runden um die Schatten und freute sich darüber, wie schön das Leben doch war. Dann kehrte er zurück, bügelte seine Uniform, der das Schlafen nicht so gut bekommen war wie ihm und schließlich begab er sich in sein Privatlabor, das er sich erst vor kurzem und nur durch eine, nun gut, verwenden wir das Prädikat ‚kräftige’, Finanzspritze von Nyvania hatte leisten können, wo er anfing, wild irgendwelche Schähmi-Kalien und Supztanzen zu vermischen und sich an den kleinen Explosionen zu erfreuen. Als etwas jedoch so stark reagierte, dass es ihm die Haare, auf die er ziemlich stolz war, fast komplett vom Kopf herunterbrannte, beschloss er, sich lieber auf die Theorie zu verlegen. Er holte sich Laiza’s Karteikasten aus seinem Schrank heraus und begann wieder einmal zu lernen. So vergingen die Stunden und um 22:00 Uhr schließlich beschloss er sich ins Bett zu legen, um am nächsten Tag seiner Ausbilderin mit einem wachen Gesichtsausdruck begegnen zu können.
Als er am nächsten Morgen aufwachte, hatte er tatsächlich genügend Zeit, gemütlich zu frühstücken, was in den letzten Wochen an einem Arbeitstag nur äußerst selten vorgekommen war. Gerade wollte er die Zeitung aufschlagen, als ihm einfiel, dass er ja etwas gut zu machen hatte. Also packte er das Magazin in eine Tasche, verriegelte die Tür hinter sich, und machte sich auf den Weg in eines der exquisitesten Geschäfte, das er hier in Ankh-Morpork kannte. Dort besorgte er eine Schachtel feinster Überwaldischer Sauerkirschpralinen, in der Hoffnung Laiza’s Geschmack zu treffen. Danach machte er sich auf den Weg ins Labor: Ein weiterer Tag, der ihn seinem Ziel, die Ausbildung zu beenden, hoffentlich näher brachte, konnte beginnen!

Als er das Haus des Dämonologen betrat, schlugen ihm dichte Nebelschwaden entgegen, die die Kellertreppe empor krochen. Mit einer bösen Vorahnung behaftet rannte er sie herunter und musste sich, mehr tastend als sehend, zu dem Labor durchkämpfen. Dort konnte er verschwommen Laiza ausmachen, die lächelnd eine blubbernde Subztanz betrachtete, von der der Rauch ausging. Erleichtert seufzte Tyros auf, dass seine Vorahnung sich nicht bestätigt hatte und augenscheinlich alles in Ordnung war.
"Hei, was machst du da?", fragte er, während er das Geblubber misstrauisch betrachtete.
"Ähm, das, das... ähm ist nichts. Nur ein idiotischer Versuch. Er hat sowieso nicht funktioniert."
Der Gefreite glaubte seiner Vorgesetzten zwar nicht, da er ihren lächelnden Blick noch genau vor Augen hatte, beschloss jedoch, dass es besser wäre, ihr nicht zu widersprechen.
"Na, wie sieht’s aus? Sind wir wieder ausgeschlafen?", fragte Laiza.
"Oh, ähm ja. Und ich wollte mich noch mal dafür entschuldigen, dass ich hier einfach so zusammengeklappt bin. Es wird nicht wieder vorkommen." Mit diesen Worten überreichte er Laiza die Pralinen, die er mitgebracht hatte. "Ich hoffe, dass ich deinen Geschmack getroffen habe."
"Oh, da bin ich mir sicher. Dankeschön." Sie legte das Geschenk beiseite, ohne es auch nur weiter anzusehen, geschweige denn die Verpackung, die die Identität verhüllte, aufzumachen.
"Also gut. Können wir dann weitermachen?"
"Ja, ich glaube schon", antwortete Tyros, der ob ihres merkwürdigen Verhalten ein wenig verwirrt war, jedoch beschloss, sich darüber keine Gedanken zu machen.
So vergingen die Stunden, Tyros sah bei einigen aufregenden Ahnal-Üsen zu, machte sich eifrig Notizen und tat alles, was für einen Streber typisch war.
So wurde es Abend, und die beiden beschlossen für heute Feierabend zu machen und zurück zum Pseudopolisplatz zu laufen.
An diesem Abend zwang Tyros sich zur Beherrschung und weigerte sich bewusst in einem Schähmi-Kalischen Buch zu lesen, und war, entgegen seiner Erwartung, schnell eingeschlafen.

Am nächsten Tag beschloss der Gefreite einen alten Freund, der erst kürzlich in die Metropole am Ankh gezogen war, und als Kellner in einem Kaffee arbeitete, zu besuchen. Das ließe sich ja auch perfekt mit einem Frühstück verbinden, oder? Die beiden kannten sich noch aus der Zeit, als Tyros noch als kleiner Junge in seinem Heimatdorf die Hummeln zum Platzen gebracht hatte. Raoul war damals sein bester Freund gewesen und zusammen hatten sie so manches alte Ehepaar zur Verzweiflung gebracht. Raoul war erst vor drei Monaten aus dem Hinterland hier hergezogen, wohingegen Tyros ja schon mit 14 Jahren den Vieux-Strom verlassen hatte. Die beiden hatten sich vor einigen Wochen erst wiedergetroffen, gerade, als der Gefreite seine GRUND-Ausbildung abgeschlossen hatte. [5]
Als Tyros das Kaffee erreichte, und sich draußen auf einen der Stühle setzte, kam Raoul zu ihm und ließ sich ebenfalls nieder.
"Na, was bringt uns zu dieser Ehre?"
"Hallo auch. Nun, ich wollte einfach mal meinen freien Tag genießen."
"So? Ach ja, du Mistvieh hast ja jeden zweiten Tag Urlaub", sagte der Kellner und blickte den Gefreiten gespielt wütend an.
"Aber ich arbeite wenigstens was für mein Geld, im Gegensatz zu gewissen anderen Leuten, die sich einfach so während der Arbeitszeit zu den Gästen setzen und wahrscheinlich erwarten, dass man sie auf einen Drink einlädt."
Raoul musste grinsen. "Also gut. Was kann ich dir bringen?"
"Drei Eier mit Speck. Gut durch. Und ein Glas Mandarinensaft."
"Kommt sofort, mein Lieber. Kommt sofort." Der Kellner verschwand im Inneren des Gebäudes und kehrte nach einigen Minuten mit einer Ladung des Bestellten zurück.
"So- hier hast du dein Zeug. Lass es dir schmecken." Raoul setzte sich an den Tisch und sah Tyros einen Moment beim Essen zu.
Plötzlich blickte der Gefreite auf und sah seinem Freund direkt in die Augen. "Also, raus mit der Sprache. Was hast du auf dem Herzen?"
"Bin ich so durchschaubar?"
"Vergiss nicht- ich weiß wo deine Mutter dich geboren hat!"[6]
Raoul lachte gezwungen. "Also gut. Ich habe den Verdacht, das mein Chef uns oft schon schlecht gewordenes Essen auftischen lässt, wenn er z.B. irgendwo ranzige Speckschwarten oder ähnliches billiger bekommt als frisches Zeug, dann nimmt er das. Und in einem Gespräch, das er mit einem Freund geführt hat, und bei dem ich heimlich gelauscht habe, hat er erwähnt, dass er ein Mittel entdeckt hat, dass nach einem bestimmten Essen bei einem bestimmten Gastwirt, nämlich bei dem, bei dem man es zu sich genommen hat, süchtig macht und immer häufiger wiederkommt."
"Und warum erzählst du mir das alles? Vielleicht, weil ich das Zeug auch gerade in mich reinstopfe?"
"Quatsch, deinen Speck habe ich selbst zubereitet."
"Aha. Du willst also von mir, dass ich..."
"Sieh mal. Du bist der einzige, den ich kenne, der ein eigenes Labor hat und sich auch noch mit Schähmie auskennt."
"Ich habe mit meiner Ausbildung gerade erst angefangen."
"Aber es wird doch wohl reichen einen Abstrich zu machen und zu gucken, ob da irgendwelche...Sachen dabei sind, die so normalerweise nicht auftreten."
Zweifelnd sah der angehende Gift-und-Gasexperte den Kellner an. "Ich werde dann auch Versuche machen müssen, sollte ich wirklich etwas nachweisen können. Und wie stellst du dir das vor? Ratten fressen wirklich alles. Und wenn die einmal irgendwo gefüttert worden sind, kommen die immer wieder, wie das viele andere Tiere, die als Testobjekte geeignet wären, auch tun."
"Da ist was wahres dran. Und wenn du Zwerge..."
"Bezahlst du meine Beerdigung?"
"Auch da ist wieder was wahres dran."
"Also gut, ich mache dir einen Vorschlag."
"Und der wäre?"
"Ich werde das Zeug, was du mir gibst, auf toxische Rückstände untersuchen, die entstehen, wenn Lebensmittel ‚über die Zeit’ gelagert werden. Wenn ich über einen längeren Zeitraum hinweg solche Spuren nachweisen kann, würde ich an deiner Stelle davon ausgehen, dass an der zweiten Sache auch was dran ist."
"Also gut, wenn es keine andere Möglichkeit gibt, werde ich das wohl machen müssen."
"Was hast du dann eigentlich mit deinem Wissen vor?"
"Das weiß ich noch nicht so genau. Wann kann ich dir die erste Probe liefern."
"Ich werde sie mir übermorgen hier abholen. Dann habe ich auch einen Vorwand, schon so schnell wieder zu kommen und mir einen Kaffee zu leisten."
Raoul grinste. "Also gut. Dann ist es also abgemacht?"
"Klar. Und ich würde mit dir gerne jetzt die Rechnung abmachen, damit ich mich wieder meinen Büchern widmen kann."
Tyros zahlte und die beiden Freunde verabschiedeten sich voneinander. Der Wächter schlenderte langsam weiter und besah sich die Schaufenstereinlagen der verschiedenen Geschäfte, an denen er vorbeikam. Schließlich erreichte er ein Antiquariat, das das Klischee einer Räuberhöhle dermaßen erfüllte, dass Tyros sich einen Moment lang überlegte, ob er in einem schlechten Roman gelandet sei, in dem alte bucklige Männer mit zentimeterdicken Brillengläsern auf wurmstichigen Holzleitern das pornographische Bildmaterial der Bandenhäuptlinge verwalteten. Etwas zögerlich trat er ein, und wurde von dem Inneren so stark überrascht, dass ihm im ersten Moment die Sprache weg blieb. Die Wände bestanden geradezu aus Regalen, in denen fein säuberlich die Bücher aufgereiht waren, die Holverstrebungen waren goldverkleidet, auf dem Fußboden lag ein teuer (aussehender) Teppich und an der Decke baumelte ein goldener Kronleuchter, der mit Dutzenden von Kerzen bestückt war. Das Öffnen der Tür hatte ein Glockenspiel, das etwas oberhalb von ihr angebracht war, betätigt, das nun silberhell das Lied "O du wunderschöner alter Ankh" spielte. Ein Mann in den besten Jahren, dessen dunkle Haare an den Schläfen schon leicht grau meliert waren, kam ihm freudestrahlend entgegen. "Ah, wie ich sehe ein Herr, der sich von dem äußeren Eindruck eines Hauses nicht täuschen lässt."
"Schönen guten Tag. Aber ich glaube ich bin hier leider falsch."
"Aber wieso denn?"
"Der Innenausstattung zufolge übersteigt wahrscheinlich schon dein Klopapier mein Budget."
"Aber wieso denn. Wir sind doch zivilisierte Menschen. Man kann doch über alles reden."
"So? Wenn du mein Gehalt kennen würdest, verginge dir das Reden sofort."
"Ach was. Sehe ich so aus, als würde ich es brauchen?"
"Na ja..."
"Siehst du. Also, nach was suchst du denn?"
"Ähm, ich dachte da an ein Buch über Lebensmitteltoxine."
"Künstliche oder natürliche?"
"Mir war gar nicht bewusst, dass es künstliche gibt."
"Also?"
"Natürliche."
"Fleisch- oder Zelluloseprodukte."
"Beides."
"Moment, ich bin sofort zurück."
Fünf Minuten später kehrte der Buchhändler mit einer kleinen Schubkarre voller dicker Bücher zurück. "Also gut. Das hier sind die ersten Bände der ‚Rockhaus-Enzühklopähdie über natürliche Lebensmitteltoxine, färvollständigte und erneuerte Ausgabe von achtzehnhundertschlachmichtot mit Stichwortverzeichnis, farbiger Illustration und einige Seiten mit Geruchsprobe’."
"Die ersten Bände?", fragte Tyros entgeistert. "Wie viele gibt es denn davon?"
"Genau Achtundvierzigeinhalb. Das Exemplar zu je tausend Seiten."
"Warum das Halbe?"
"Der Autor starb vor Vollendung des 49. Bandes an einer Lebensmittelvergiftung."
"Das ist Ironie."
"Nein, ist es nicht."
"Wieso nicht?"
"Das Toxin, das für seinen Tod verantwortlich war, war ein künstliches."
Tyros lachte. "Man schafft sich mit so einer Arbeit also Feinde?"
"Mag sein. Er tat es nicht. Er hat sich Feinde gemacht, weil er in fremden Betten geschlafen hat."
Verblüfft sah Tyros den Verkäufer an und musste dann Grinsen.
"Was willst du denn für den ganzen Krempel haben?"
"Pro Buch 100 AM-Dollar, weil du mir sympathisch bist nur 80."
"80 Dollar? Weißt du was ich verdiene?"
"Ich kann’s mir denken. Die Wache hat ja nie sonderlich viel gezahlt."
"Woher weißt, dass ich bei der Wache arbeite?"
"Meine Nase, mein Lieber. Meine Nase", sagte der Händler, während er sich an sein, zugegebenermaßen sehr dekoratives, Geruchsorgan tippte.
"Also gut, es tut mir leid, aber das übersteigt eindeutig mein Budget. Hast du nicht etwas, ähm, kompakteres? Vielleicht nur in einem Band? Oder auch in zwei?"
"Klar. Haben wir alles da", sagte der Alte und verschwand in einem unscheinbaren Durchgang, der dem Wächter zuvor noch gar nicht aufgefallen war.
Als er nach einer Weile zurückkehrte fand er Tyros dabei, wie er die Regal abklapperte und die Buchrücken betrachtete.
"Und? Was nettes gefunden?"
"Was? Ach so. Nein, aber ich bin zuversichtlich."
Der Händler grinste und reichte ihm ein in dickes braunes Leder gebundenes Buch, das schwer nach altem Papier und noch älterem Staub roch. "Das hier kann ich dir noch anbieten. Allerdings muss ich dich warnen, angeblich sind alle Vorbesitzer eines gewaltsamen Todes gestorben."
"So? DU lebst aber noch, oder?."
"Da ist was wahres dran." Der Buchhändler überlegte kurz und fuhr dann fort. "Also, sagen wir, weil du’s bist, 35 AM-Dollar, und du kommst ab und zu mal wieder."
"35? Na gut." Tyros zog seinen Geldbeutel aus der Tasche und legte das Geld auf den Tisch, wobei er versuchte, es möglichst klein hinzubekommen. Dann schüttelte er dem Buchverkäufer die Hand und verließ den Laden, der von außen so schäbig und von innen wie die Bibliothek eines Palastes aussah. Pfeifend lief er zurück in die Ulmenstraße, wo er sich in sein Bett legte und begann, anhand des Inhaltsverzeichnisses, zu überprüfen, wo es Gifte gab, die evtl. für seinen Fall in Betracht kommen würden.
Nach mehreren Stunden des Übehrfliegens und Notizenmachens, wobei die Notizen jedoch weniger mit dem Essen aus dem Lokal etwas zu tun hatten, sondern die Gifte mehr das Interesse des Gefreiten geweckt hatten, da sie als durchaus schmerz- und/oder tödlich eingestuft werden konnten und Tyros die Überzeugung vertrat, dass "man nie weiß, wofür man das noch mal brauchen kann", kam er schließlich zu einer Seite, welche die Begleiterscheinungen von überlagertem Fleisch genauer aufführten. Diese Seite las er solange durch, bis er sie fast auswendig konnte. Anschließend überflog er das Buch noch fertig, wobei die Notizen, die er sich zum Ende hin machte, immer dünner wurden und sein Interesse immer mehr der Wand gegenüber seines Bettes galt. Schließlich beschloss er sich noch ein kleines Abendessen zu machen, und dann schlafen zu gehen. Es war schon spät geworden.

***


Als er am nächsten Morgen das Labor betrat, begrüßte Laiza ihn mit einem leicht abgelenkten Gesichtsausdruck.
"Was ist los?", wollte der Gefreite wissen.
"Ähm, mein Lieber, du musst jetzt sehr sehr stark sein."
"Warum glaube ich dass ich dich gerade nicht ernstnehmen kann?"
"Oh, das solltest du aber. Ich habe gerade mit Bregs gesprochen. Er wird am Freitag kommen und dich der Prüfung unterziehen, die deine Ausbildung beenden wird, wenn du sie bestehst."
Tyros schrak zusammen. "Eine Prüfung? Am Freitag?"
"Exakt. Und ich warne dich davor durchzufallen. Du würdest es nicht überleben," grinste die Lance-Korporal, bevor sie sich wieder dem Labortisch zuwendete.
Tyros ließ sich auf einen Stuhl in der Ecke fallen. Jetzt war es also soweit. Nun würde sich entscheiden, ob er sich den richtigen Beruf herausgesucht hatte, oder ob er ein Versager auf dem Gebiet der Gifte war. Wenn er die Prüfung bestand, würde er bald das Labor auch alleine nutzen können. Er malte sich aus, was er alles verändern könnte. Die Drachen würden...
"Denk gar nicht daran," sagte Laiza, ohne sich auch nur umzudrehen.
"Woher weißt du..."
"Du bist sehr berechenbar. Das macht es mir einfach."

Die GiGa wandte sich wieder ihrem blubbernden Glas zu, ohne noch ein weiteres Wort zu verlieren. Tyros streifte sich seinen Laborkittel über und begann damit, die letzten Karteikarten durchzuarbeiten, wobei er mittlerweile schon dazu übergegangen war, die Versuche, die ihm interessant erschienen, gleich auszuprobieren. Am Freitag war es also soweit...

***Derweil im Restaurant***


Raoul schlich vorsichtig um eine der vielen Ecken in dem Haus herum. Diese Ecke befand sich kurz vor der Küche. Er öffnete die Tür einen Spalt weit und sah seinen Schäff, der mit irgend etwas auf der Arbeitsplatte beschäftigt war. Was es war, konnte er nicht erkennen, da zwischen ihm und dem Zeug auf der Platte der Rücken seines Vorgesetzten war. Dann jedoch drehte dieser sich leicht seitlich und ermöglichte Raoul einen ungehinderten Blick auf die Platte, auf der sich...Zeug befand. Es war undefinierbar, von der Form her könnte es jedoch mit viel gutem Willen und noch bedeutend besserer Laune, als sich der Otto-Normalverbraucher leisten kann, als Schnitzel durchgehen.
Der Schäff wusch sich pfeifend die Hände in einem Eimer, verpackte das Schnitzel dann in Papier, dem Papier, indem nur die Ware der 1. Güteklasse eingepackt wurde, und legte es auf einen Stapel mit lauter Päckchen der 1. Güteklasse. Dann verließ er die Küche durch eine Seitentür.
Raoul schlich sich hinein, schnappte sich ein Päckchen von dem Stapel und verschwand genau so leise, wie er gekommen war.

***Wieder im Labor***


Tyros konnte sein Glück kaum fassen: Soeben hatte er die letzte Karteikarte hinter sich gelassen, und konnte sich nun dem nächsten Buch auf dem Stapel widmen. Er wusste, dass er den Stapel während seiner Ausbildungszeit nicht mehr fertig bekommen würde, nahm sich aber vor, auch danach noch weiter zu lesen, um sich immer weiter zu bilden und ein wirklich guter Gift- und Gasexperte zu werden.

Dieser Tag sah mehr kleine Explosionen, als seine Vorgänger, ließ sich jedoch von diesem Umstand nicht aus der Ruhe bringen und ging gemächlich seinem Ende zu. Am Abend konnte Tyros nur sehr schwer einschlafen, weil er immer wieder an die Prüfung kommenden Freitag denken musste. "Was, wenn er sie verpatzte? Oder verschlief? Oder krank würde?" So quälte sich der angehende GiGa einige Stunden lang, bevor ihn Gevatter Schlaf doch noch übermannte und ins Reich der Träume entführte, wo ein großer blubbernder Kessel auf ihn wartete, um den kleine schwarze Menschen herumhüpften, die große weiße Knochen in ihrem üppigen Haupthaar trugen.

Am nächsten Morgen wachte Tyros schweißgebadet auf, in der festen Überzeugung, einen Haufen neuer Freunde gefunden zu haben. Als er sich jedoch alleine in seinem Büro vorfand, ergriff ihn die Ernüchterung der Alleingelassenen. Schließlich raffte er sich auf, zog sich an und machte sich auf den Weg zum Kaffe seines Freundes, der gerade damit beschäftigt war, Stühle und Tische vor das Restaurant zu stellen.
"Hallo, wie geht’s?"
"Ah, Tyros. Na ja, ganz gut. Soll ich dir direkt die Probe geben oder willst du hier frühstücken?"
"Na, du scheinst auch zu denken, dass ich der glückliche Besitzer einer Goldmine bin," sagte der Gefreite, ließ sich aber trotzdem auf einem Stuhl nieder.
"Schon in Ordnung. Ich hole es gleich," erwiderte Raoul und betrat das Restaurant, während Tyros seine Aufmerksamkeit einigen Tauben zuwandte, die gerade nach Körnern pickten, die auf dem Boden lagen.
Als Raoul zurückkam, trug er in seinen Händen einen Stoffbeutel. "Hier. Aber halte dir die Nase zu, wenn du es aufmachst."
Tyros lachte. "Mach dir keine Sorgen. Ich bin so einiges gewöhnt."
Zweifelnd sah sein Freund ihn an. "Na dann...wann kann ich mit einem Ergebnis rechnen?"
"Frühestens Samstag. Ich kann aber nichts versprechen."
Damit verabschiedeten sich die beiden Freunde und Tyros machte sich auf den Weg nach Hause. Dort angekommen begann er zu überlegen, was der Oberfeldwebel ihn wohl prüfen könnte, er konnte sich jedoch absolut nichts vorstellen, und so schlug er blind eines seiner vielen Bücher auf, deutete mit verschlossenen Augen auf ein Gift und begann zu rezitieren, wie es gemacht wurde. Er war schockiert, wie viel er falsch in Erinnerung hatte. Nach 30 Minuten Dauerernüchterung beschloss er sich der Probe aus dem Restaurant zu widmen. Er schnappte sich die Tasche und betrat sein Privatlabor, das er bis jetzt nur eher selten benutzt hatte. Er nahm von verschiedenen Stellen des Schnitzels Proben, die er in verschiedenen Verfahren, die er sich aus seinem neuen Buch herausgesucht hatte, testete. Am Ende stand fest: Das Fleisch war älter als der Bart von Tyros’ Oma [7]
Zufrieden packte der GiGa das Zeug zusammen, legte sich dann ins Bett und versuchte sich aufs Lernen zu konzentrieren. Bald jedoch schlief er ein, und so wurde es Freitag, ehe er sich’s versehen konnte. Und genau an diesem Tag, dem Tag, an dem sich seine ganze Zukunft entscheiden sollte, verschlief er.

Als der Gefreite endlich im Labor ankam, saß Oberfeldwebel Araghast Breguyar schon auf einem Stuhl und blickte demonstrativ auf die Uhr über dem Wanddurchbruch.
"Tyros Tyros, ich muss schon sagen. Du weißt schon was heute für ein Tag ist, oder?"
"Ähm, Sör, ich würde ihn als Freitag bezeichnen."
"So? Ich auch. Und weißt du auch, was das bedeutet?"
"Ja. Das alle, die nicht im Abstand von zwei Tagen Dienst schieben müssen, ab morgen Wochenende haben."
Im ersten Moment sah es so aus, als ob der Gefreite es in diesem Moment zu weit getrieben hatte, doch dann entspannte Araghast sich.
"Na, du scheinst dir deiner Sache ja sehr sicher zu sein. Dann wollen wir mal sehen, wie es mit deinen Fähigkeiten als Gift- und Gasexperte steht."
Tyros schluckte. "Was soll ich dir denn zusammenmischen?"

So begann eine der schwierigsten Prüfungen, die der Gefreite jemals durchgemacht hatte. Einige Mischungen waren sogar so kompliziert, dass sich Tyros’ Haarfarbe mehr als sechsmal veränderte, ohne dass er etwas davon mitbekam. Zwar stutzte er einmal kurz, als Laiza sich ein Kichern verkneifen musste, schob das dann jedoch darauf, dass einer der Drachen gerade gerülpst hatte und konzentrierte sich wieder auf seine Schähmi-Kalien.
Nach ca. drei Stunden erklärte Araghast die Prüfung für beendet. Er nickte Tyros kurz zu, und schickte ihn dann heraus, damit er sich mit Laiza beraten konnte. Tyros beschloss ein wenig auf der Schinkengasse zu flanieren, ein Luxus, den er sich während der Arbeitszeit sonst nicht leisten konnte. Als er schließlich das dritte Mal am Labor vorbeikam, erwarte Laiza ihn dort, um ihm zu sagen, dass er nun wieder hereinkommen könne. Als sie wieder unten im Labor angekommen waren, begann der Oberfeldwebel zu sprechen:
"Also, du hast ja selbst gemerkt, was du alles falsch gemacht hast. Lance-Korporal Harmonie hier hat mich jedoch davon überzeugen können, dass der überwiegende Teil deiner Arbeit absolut korrekt abgelaufen ist, und dass das, was nicht so gut gelaufen ist, wohl auf deine Nervosität zurückzuführen ist. Also- bleib am Ball, versuche dir immer mehr auf den Kasten zu schaffen und herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung, Gefreiter." Der Oberfeldwebel reichte Tyros die Hand, der sie kurz ergriff, sie dann jedoch rasch wieder fallen ließ und absolut korrekt salutierte, was ihm in diesem Moment erst zum zweiten mal gelang [7a]
Der Oberfeldwebel verabschiedete sich von den beiden GiGa’s und machte sich auf den Weg zurück zum Pseudopolisplatz.
Anschließend verging der Tag wie im Flug. Laiza und Tyros besprachen noch die Sachen, die er falsch gemacht hatte und dann gab die Lance-Korporal ihm für den Rest des Tages frei.
Der Gefreite bedankte sich und verließ dann das Labor auf dem schnellsten Wege.
Als er auf die Straße trat, hörte er von oben ein irres Kichern und ein Papierkorb wurde über ihm ausgeleert.
"Verfluchte Dämonen", murmelte Tyros, hielt sich jedoch nicht weiter auf, er wollte jetzt so schnell wie möglich aus den Schatten herauskommen um seine abgeschlossene Ausbildung gebührend feiern zu können. Unterwegs traf er jedoch auf T.m.s.i.d.R. Schnapper, der ihn freudestrahlend begrüßte.
"Herr Wächter! Wie ich hörte hast du gerade deine Ausbildung beendet."
"Woher weißt du denn davon?"
"Ios Wege sind unergründlich, mein Lieber. Möchtest du ein Würstchen?"
"Nein Danke. Mein Magen ist so schon strapaziert genug."
"Herr, nimm doch eines von diesen leckeren Würstchen."
"Nein Schnapper."
"Herr..."
"Nein!", rief Tyros nun außer sich, während er sich über den Händler wunderte, der sonst vor allem Wächtern gegenüber ein ‚Nein’ akzeptierte.
"Herr, nimm das Würstchen und ich lasse dich in Ruhe."
Resignierend zuckte der Gefreite mit den Schultern und suchte nach seinem Portemonnaie, um ihm ein paar Münzen zu entnehmen. "Hier. Und pass auf. Ich zähle das Rückgeld nach."
T.m.s.i.d.R. Schnapper reichte ihm das Würstchen und die Tube mit dem Senf. "Hier. Du wirst ihn brauchen."
Tyros murmelte etwas von ‚Danke’ in seinen imaginären Bart und lief weiter. Dann, nach einiger Zeit, beschloss er es zu wagen: Er holte tief Luft, hielt sich die Nase zu, riss seinen Mund weit auf und biss in den ‚Heißen Hund’. "Aaaaahhh", so ungefähr klang der Schmerzensschrei, der gleich darauf seinem vollen Mund entsprang. Dann spuckte der Gefreite den zum Teil kleingekauten Bissen seines Hundes auf die Straße und begann wüst zu schimpfen. Dann entdeckte er den Grund für seine Pein: ein kleines Holzdöschen lag auf dem Boden, umgeben von halb zerkauten Stücken eines Heißen Hundes. Neugierig bückte Tyros sich, hob die Kartusche auf und betrachtete sie sich genauer. Da entdeckte er einen kleinen Knopf, der zum Daraufdrücken geradezu einlud. Er betätigte die Mechanik und ein kleiner Deckel sprang auf. Der Gefreite zog ein Stück Papier daraus hervor und entfaltete es. Nachdem er den Text auf dem Blatt gelesen hatte, bekam er einen großen Schrecken, den darauf stand in fein säuberlicher Handschrift geschrieben:


"T!
Iche bin entdeckt worden. Iche musste die Nachforschungen einstellen. Komme morgen um 4 in das Restaurand. Iche muss dich sprechen.
R."


Alle Pläne von einer Spelunkentour waren vergessen. Tyros überlegte nicht lange, was zu tun sei und machte sich sofort auf den Weg zu dem Restaurant. Unglücklicherweise hatte er sich zu dem Zeitpunkt, als er die Nachricht gelesen hatte, am anderen Ende der Stadt befunden, so dass er ein ganzes Stück Weg durch die verstopften Straßen der Scheibenweltmetropole zurücklegen musste, um sein Ziel zu erreichen. Als er jedoch endlich ankam, fand er das Restaurant geschlossen vor. Wütend begann er an die Fensterläden zu klopfen und zu rufen: "Aufmachen! Aufmachen! Stadtwache Ankh-Morpork. Öffnen Sie sofort die Tür."
Ein quietschender Fensterladen schwang auf und es streckte sich eine gelbliche unrasierte Fratze dem bis zu diesem Zeitpunkt recht unschuldigen Sonnenlicht entgegen.
"Was soll das? Siehst du nicht, dass wir geschlossen haben?"
"Wo ist Raoul. Sag mir sofort wo Raoul ist."
"Wer? Ich kenne keinen Raoul."
"Tu nicht so. Er hat mich noch gestern hier bedient."
"Keine Ahnung wer dich gestern hier bedient hat oder für wen er sich ausgegeben hat. Einen Raoul gibt’s hier jedenfalls nicht." Mit diesen Worten schlug der, nun, Mensch seinen Fensterladen zu und ließ Tyros draußen in dem metaphorischen Regen stehen. Der Gefreite ließ sich auf einen Stein plumpsen und überlegte, was er nun machen könnte. Da entdeckte er etwas gelbes, was sich hell von dem schmutzigbraunem Untergrund abhob. Er stand auf, ging zu der Lache, in der es lag und hob es auf. Es war ein Stofffetzen. Ein Fetzen von dem Hemd, das Raoul am Vortag noch getragen hatte...



***Fortsetzung folgt***




[1] Schrieb ich 'angewöhnen'?

[2] Haben Dämonen Organe??

[3] Hatte ich schon erwähnt, dass ich über die, wenn auch nur gespielte, Unterwürfigkeit und Hilfsbereitschaft, dieses Dämonen erstaunt bin?

[4] Genauer wird das Taubenproblem demnächst oder überdemnächst in einer Coop. erklärt.

[5] Ich verweise auf die vorige Fußnote

[6]  Eine alte Geschichte; man könnte es als Begrüßungsformel, bzw. als eine Erklärung für alles, was im ersten Moment übernatürlich erscheint, die sich in der Kindheit der beiden entwickelt hat, bezeichnen. Oft auch ‚Da weiß wohl jemand wo deine/meine Mutter dich/mich (nicht umgekehrt!!) geboren hat’ gesprochen.

[7] Tyros’ Oma ließ sich einmal im Jahr, um das Sonnenwendfest herum, ca. 3 Wochen lang einen Bart wachsen, was auf eine Jahrtausendealte Tradition in ihrer Familie zurückgeht, keiner weiß warum.

[7a] Das erste Mal war im Eimer gewesen, wo er seine Beförderung gefeiert und einen Vorgesetzten nachgemacht hatte, der hier aus Sicherheitsgründen jedoch nicht genannt werden kann

Zählt als Patch-Mission.



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Feedback:

Von Tyros y Graco

28.05.2005 18:28

*Wehement auf Sallys Thread aufmerksam macht und sich das auch für seinen wünscht*

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