Eine Rohrpost: Gerade eben erreichte mich die Nachricht, dass es einen Todesfall in einem Waisenhaus gab. Anscheinend ist die Erzieherin gestorben und nun sollen die ganzen Kinder in der Stadt rumlaufen. G.R.U.N.D. soll sich um das Kinderproblem kümmern.
Dafür vergebene Note: 11
Kleiner Vormerk: Diese Single wollte ich eigentlich noch in meiner GRUND-Zeit fertig bringen und abschicken. Leider hab ich das nicht mehr geschafft, deswegen sind alle Wächter, die vorkommen auch noch Rekruten. Aber was lange wärt, wird endlich gut. Viel Spaß beim Lesen."Nein!"
"Bitte, Ma'am!"
"Nein!"
"Ich werde fie auch ficher nicht ftören, Ma'am."
"Ich sagte nein! Und dabei bleibt's!"
"Bitte, Ma'am!"
"Jetzt gib endlich Ruhe! Wir haben das alles schon längst besprochen, wenn ich arbeiten muss bleibst du mir gefälligst fern."
Es handelte sich hier um einen Streit zwischen Rekrutin Sallien und ihrem neu erworbenen Igor, H. Alber' Meter. Diesen hatte sie gleich am ersten Abend in Ankh-Morpork aufgegabelt, oder besser gesagt er hatte sich an ihre Fersen geheftet. Genaugenommen war's ihr Schwanz, an den er sich gehängt hatte und den er nicht mehr loslassen wollte. Und genau darum ging es gerade in dem Streit. Denn Sallien wurde zu Hauptmann Daemon gerufen und musste los um nicht wegen Verspätung zu irgendwelchen Putzeinheiten verdonnert zu werden. Alber' wollte sie jedoch patu nicht loslassen.
"Och Ma'am!!!! Bitte laffen fie mich doch mitkommen!"
"Hast du keine Ohren?! Ich sagte NEIN, verdammt! Und jetzt lass mich los! Ich muss gehen!"
Alber' sah sie mit großen - wirklich großen - wässrigen Augen an und Sallien bemühte sich nicht hineinzusehen um nicht schwach zu werden. Was sich in Alber's Fall als recht schwierig erwies, denn sein Kopf schien mehr als sonst nur aus Augen, ein paar Narben und einer Halbglatze zu bestehen.
"N- na gut, Ma'am. W- wie fie wünfen. Ma'am."
Zögernd lies der Igor den Schwanz seiner neuen Herrin los. Diese ergriff die Gelegenheit und flüchtete ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer, um nicht doch noch schwach zu werden, denn sie mochte es gar nicht vor irgendwas schwach zu werden, selbst wenn es ein Igor mit
großen Kulleraugen, einer sehr geringen Größe und einer Vorliebe für sie - bzw. einen Teil von ihr- war.
***
Hauptmann Daemon saß in seinem Büro, als es an der Tür klopfte, und rief:
"Herein!" Vier Wächter betraten das Büro, stellten sich in einer Reihe auf und salutierten ordnungsgemäß.
"Sie haben uns herzitiert, Sir", sagte Rekrut Igorus.
"Richtig", bestätigte der Hauptmann, "Mir wurde eine Rohrpost gegeben. Fräulein Gern vom Kinderheim am Ankh ist verstorben. Da die Kinder nicht unbeaufsichtigt bleiben können, muss sie jemand auf die anderen Heime verteilen."
"Lassen Sie mich raten, Sir", warf die Wasserspeierin Sallien ein, "Wir bekommen diese ehrenvolle Aufgabe zugeteilt."
"Korrekt." Daemon warf ihr einen missbilligenden Blick zu und Sallien sah starr geradeaus an ihrem Ausbilder vorbei, um diesem Blick nicht zu begegnen.
"Ihr werdet zum besagten Heim gehen und dafür sorgen, dass die Kinder in andere Heime verteilt werden", Daemon erhebte sich von seinem Sessel und trat vor die Wächter, "Solltet ihr Schwierigkeiten bekommen, gebt ihr mir per Brieftaube bescheid. Und weil du die Dienstälteste bist, Rekrutin ...Sally, bekommst du die Aufgabe der Anführerin für diesen Auftrag, verstanden?"
Er blieb unmittelbar vor ihr stehen und drückte ihr die Rohrpost mit den genauen Informationen in die Hand. Diese nahm sie mürrisch entgegen und meinte mit einem ironischen Unterton: "Ich fühle mich geehrt, ...Sir."
"Das kann ja was werden...", kommentierte Igorus mit einem Seufzer.
"Gibt es noch Fragen?" Daemon sah ernst in die Runde.
"Nein, Sir!", erklang der Chor von Wächtern.
"Wegtreten!"
Die Wächter salutierten nochmals und verließen das Büro.
***
Vor der Wache betrachtete Sallien ihre Truppe einmal etwas genauer. Außer Igorus waren auch Zahnstein und Neflie Teil ihres Teams. Doch von so etwas wie Freude, Hochmut oder gar Anerkennung der Truppe gegenüber, konnte auf Salliens Seite nicht die Rede sein, da sowohl Igorus als auch Zahnstein deutlich größer waren als sie. Grimmig blickte sie die drei Wächter an und die drei blickten erwartungsvoll zurück. Sie schienen auf Befehle zu warten und irgendwie gefiel der Wasserspeierin diese Situation nicht sonderlich.
"Worauf wartet ihr?"
"Darauf, dass du uns sagst wo wir hin müssen", half Neflie der Wächterin auf die Sprünge. Er saß wie üblich auf seinem Eichhörnchen, Sallien, das immer wie aus dem Nichts auftauchte sobald kein Vorgesetzter in Sicht war.
"Ich sollen holen Brieftaube?", warf Zahnstein ein.
"Vielleicht sollte ich ein Gerät erfinden, dass die Brieftauben ersetzen könnte..", überlegte Igorus.
"Ähm.. du wissen wo Schlagtauben?"
"Oder eins, das uns schneller zum Heim bringt..."
"Nein."
Die drei Wächter redeten wild durcheinander während Sallien nur daneben stand und sich intensive mit der Frage beschäftigte, was sie nun machen solle. Dabei stieg von Sekunde zu Sekunde das Gefühl in ihr, sie könnte jeden Moment vor Wut platzen. Was bei ihrer temperamentvollen
Persönlichkeit bekannterweise nicht allzu lange dauerte.
"Dazu bräuchte ich einen Eselkarren und..."
"Du vielleicht wissen, wo Schlagtauben?"
"...hä? Klar, wieso?"
"Wo müssen wir nun hin?"
"Weil ich wollen Taube holen, für Schwierigkeit."
"Aso, ja. Da gehst du..."
Und schon war es so weit.
"JETZT HALTET ENDLICH MAL DIE KLAPPE!!!"
Die Drei sahen sie entsetzt an.
"Igorus, zeig Zahnstein wo der Taubenschlag ist und nehmt eine mit!"
"Äh.. j- jawohl", brachte Igorus hervor und ging zögernd Richtung Wachhaus.
"Du auch, Zahnstein!"
"Okay..."
Als die Beiden dann gegangen waren, nahm Sallien die Rohrpost und überflog sie auf der Suche nach der Adresse. Neflies Eichhörnchen kletterte ihr auf die Schulter, so dass Neflie mitlesen konnte.
"Wir müssen in die Seitenwinkelgasse.... Kennst du die?"
"Noch nie von gehört."
"Da haben wir was gemeinsam." Sallien grummelte ein wenig vor sich hin.
"Wir könnten am Tresen nach einem Stadtplan fragen", schlug Neflie vor.
Die Wasserspeierin grummelte ein wenig und ging zum Tresen, während das Eichhörnchen leichte Schwierigkeiten hatte nicht von ihrer Schulter zu fallen. Falko Spindel, einer der neuen Rekruten, hatte grade Tresendienst und war wohl noch ganz k.o. von Frau Willichnichts "Besuch", daher dauerte es ein wenig bis er den Stadtplan herausgesucht hatte.
"Sag mal hast du's bald? Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit!"
"E- Entschuldige, ich bin mir sicher ich hätte ihn hier irgendwo gesehen", er wühlte ein wenig unter dem Tresen, "Wo war der doch gleich... AH! Da ist er ja!"
Er hob ein ziemlich zerfleddertes Heft hervor und reichte es der ungeduldigen Wächterin. Diese nahm es schroff entgegen und ging Richtung Schlafsaale.
"Wo gehst du hin?", erkundigte sich der Gnom.
"Ich hol kurz ne Tasche für den Papierkram hier", winkte Sallien mit der Rohrpost.
Als die Beiden wieder vor das Wachehaus traten, warteten Igorus und Zahnstein schon.
"Da seid ihr ja! Wo ward ihr?"
"Wir haben rausgesucht wo dieses Heim ist", erklärte Neflie.
"Aso... dann können wir gleich los?"
"Ja, gehen wir."
Die Seitenwinkelgasse befand sich im Hafenviertel. Ein nicht gerade angenehmer Ort um Kinder aufzuziehen, aber sie sollten ja sowieso bald auf andere Heime verteilt werden.
***
Jetzt stand sie schon wieder an dieser Kreuzung. Es war ihr noch nie erlaubt worden diese Kreuzung zu überqueren. "Viel zu gefährlich!", hatte das Fräulein Gern immer gesagt, "Der Hafen ist viel zu gefährlich für Kinder wie euch! Du könntest ins Meer fallen oder versehendlich von Sklavenhändlern verschleppt werden. Da darfst du niemals hin, hörst du!"
Die Jungs waren trotzdem hingegangen. War der Hafen wirklich so schlimm? Vielleicht passierte ihr ja nichts, wenn sie aufpasste? Nur diese eine Kreuzung trennte sie noch von dem Hafen...
***
Die Wächter mussten ein ganzes Stück am Ankh entlanggehen und waren nach ungefähr einer Stunde in der Seitenwinkelgasse angekommen.
"Die Kinder können einem ja echt Leid tun.", sagte Igorus mit einem gewissen Ekel in der Stimme.
"Wieso?"
"Na ich würde nicht gerne direkt neben dem Ankh wohnen wollen. Bei dem Gestank..."
"Es stinkt doch in ganz Ankh-Morpork nach dem Ankh", meinte Neflie.
"Auch wieder wahr."
Einen Moment lang war's still. Die Wächter blieben vor einem Haus stehen, das direkt an dem - nennen wir's mal Fluss - stand. Es war recht hoch gebaut, hatte jedoch nur zwei Stockwerke und zeichnete sich durch eine besonders heruntergekommene Art aus.
"Das wird wohl das Heim sein", gab die Anführerin der Truppe bekannt und ging auf die Tür zu. Es war ziemlich heiß draußen und in dem Haus war die Luft sehr stickig und schwül.
"Vielleicht sollte ich etwas erfinden, das den Geruch in dieser Stadt erträglicher macht", überlegte der Igor laut.
"Das würde die Bewohner doch nur irritieren", gab die Wasserspeierin zu bedenken.
"Kann sein..."
"Hallo? Ist da wer?"
Das Haus war merkwürdig leise für ein Kinderheim, dessen Aufsicht nicht mehr am Leben war, bemerkte Sallien, als plötzlich die Hauswand hinter den Wächtern zusammenbrach. Zahnstein hatte das Gebäude betreten ohne auf die Höhe und Breite der Eingangstür zu achten. Im Eingang blieb er verwundert stehen und fragte sich weshalb er seine Beine plötzlich nicht mehr sah.
Auch die Abwesenheit seiner Kollegen fiel ihm beiläufig auf. Diese waren natürlich nicht plötzlich verschwunden, Zahnstein wusste nur nicht, dass sie sich
unter der Decke zum zweiten Stockwerk befanden.
"Zahnstein!! Was soll das bitte werden!?!", ertönte Salliens lautstarke Stimme, die Igorus aus seiner entsetzten Verblüffung und Neflie aus seiner Ohnmacht riss.
"Sallien? Wo du sein?", fragend sah sich der Troll im zweiten Stock um.
"Hier unten!!", die Stimme bebte schier vor Unglaube und Wut.
"Ich dich nicht können sehen.", stellte er fest, nachdem er sich noch mal umgesehen hatte.
Der Wasserspeierin wurde klar, dass es nichts brachte sich über den Troll aufzuregen. Also versuchte sie sich zu beruhigen.
"Ich könnte etwas erfinden, dass ihn nach draußen bewegt...", schlug Igorus zur Problemlösung vor.
"Wenn du ihm nur einen Bruchteil deiner Intelligenz und deinem Drang dich kreativ auszuleben abgeben würdest, wäret ihr beide wesendlich leichter zu ertragen!", fuhr die Wächterin ihren Kollegen geradezu an. Dieser war einwenig überrascht und deutlich gekränkt. Doch bevor er irgendwelche Einwände erheben konnte richtete sie sich wieder an Zahnstein:
"Zahnstein!"
"Ja?", erklang seine Stimme aus dem zweiten Stock.
"Wenn du in ein Haus gehst, obwohl du nicht durch die Eingangstür passt, machst du das Haus kaputt!", sie sprach so langsam, dass auch weniger geübte Schreiberlinge hätten mitschreiben können. Ein recht langes Zögern aus der oberen Etage bot die Annahme, dass der dort befindliche Kopf ihre Worte trotzdem nicht verstand.
Die Worte "Was du meinen?" bestätigten diese Annahme.
Sallien überlegte kurz, wie sie es wohl erklären sollte, entschied sich jedoch dagegen und meinte schlicht: "Zahnstein! Du tust jetzt bitte genau was ich dir sage! Ja?"
"Ja", meldete er sich gehorsam.
"Geh jetzt genau einen Schritt zurück!", wies die Wächterin ihn an.
Langsam hob sich einer der steinernen Füße und kam auf der Straße mit einem lauten Aufprall auf. Als der zweite Fuß daneben stand sprach Sallien weiter:
"Gut so, Zahnstein! Siehst du jetzt wo in dem Haus vor dir eine Decke ist?"
"Äh... ja", antwortete der Troll.
"Gut! Dann bückst du dich jetzt soweit, dass die Decke
über deinem Kopf ist. Okay?" Zahnstein bückte sich ein wenig. "Noch etwas!", munterte ihn seine Kollegin auf und Zahnstein bückte sich noch ein Stück.
"Soll ich dir vielleicht ein Maßband erfinden?", kommentierte Igorus.
"Könntest du auch etwas erfinden, dass dich für längere Zeit still hält?", knurrte Sallien als Antwort, dann wand sie sich wieder dem Troll zu, der irgendwie verloren auf der Straße stand, sich bückte und die Decke zum zweiten Stockwerk des Heimes beobachtete.
"Ja! Gut so, Zahnstein! Und jetzt kannst du ins Haus kommen!"
Ein wenig erleichtert ging er weiterhin gebückt durch das Loch, dass er zuvor selbst verursacht hatte und richtete sich wieder auf.
"NEEEIIIN!!!", gellte erneut die Stimme einer Wasserspeierin, "Bleib gebückt!! Bleib gebückt!!"
Erschrocken duckte sich der Troll wieder und sah das wütende Wesen vor sich entsetzt an.
"DU!", es richtete einen zitternden Zeigefinger auf den Troll, "Du bleibt jetzt solange gebückt, wie du dich in diesem Gebäude befindest!", befahl es dem Troll.
Es brachte die Worte so überzeugend, dass Zahnstein es nicht wagte ihm zu widersprechen und lediglich nickte. Nach einem drohenden Nicken zur Bestätigung wanderte ihr Blick zögernd an die Decke. Der Putz war an der Stelle an der Zahnsteins Kopf dagegen gestoßen war praktisch nicht mehr vorhanden und das Gemäuer - wenn man es denn so nennen wollte - hatte einige bedrohliche Risse bekommen. Es war klar, dass sich dort niemand mehr hinauf trauen sollte, der wesentlich schwerer als eine Eintagsfliege war.
Plötzlich stieß der improvisatorischen Chefin der vierköpfigen Wächtertruppe etwas in die Seite.
"Ich will ja nur ungern stören, aber vielleicht sollten wir weiter im Fall vorgehen?", erinnerte sie der Igor an den Sinn ihres Aufenthalts in diesem längst nicht mehr standsicherem Gebäude.
"Hast recht, wir sollten nach den Gören gucken.", stellte sie fest. In Gedanken machte sich Igorus eine Notiz, ein Gerät zu erfinden, das anzeigt, wann man Sallien besser nicht anspricht.
"Vielleicht spielen sie verstecken", überlegte er laut.
"Dann wollen wir sie mal suchen. Neflie, guck mal oben nach, ob wer da ist. Zahnstein, du suchst im Keller. Du, Igorus, gehst in das Zimmer und ich sehe dort nach dem Rechten."
Neflie saß gequält auf seinem Eichhörnchen und sah ängstlich zu der improvisatorischen Chefin hoch.
"Allein?"
"Ja, allein!", sie sah den Gnom finster an, bis dieser "Okay." murmelte und mit Eichhörnchen Sallien die Treppe hoch trabte. Dann wand die Wächterin ihren Blick an den Troll, der immer noch an Ort und Stelle stand und fragte diesen: "Was machst du noch hier?"
"Wo Keller?"
"Die Treppe da runter." Sie deutete auf eine Treppe, die in eine tiefere Etage führte.
"Danke."
***
Je weiter Zahnstein die Treppe runterging umso schwieriger fiel ihm das Sehen, dafür hatte er das Gefühl wieder etwas Denken zu können. Es war zwar immer noch nicht wirklich angenehm kühl, aber es war auch nicht mehr annähernd so warm wie oben. Zahnstein war am unteren Ende der Treppe angekommen und tastete sich langsam und gebeugt in den ihm viel zu niedrigen Raum vor. An der anderen Seite des Raums schien zwar ein wenig Licht durch ein kleines Fenster, jedoch nur soviel Licht wie es eine so schmale Gasse wie die Seitenwinkelgasse erlaubte.
Plötzlich war ein lautes Geschepper und ein darauf folgender Knall zu hören. Zahnstein richtete sich ein wenig auf und wunderte sich wo auf einmal diese Kiste herkam. Er wartete vorsichtshalber ab bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, bevor er wieder aufstand.
"Das sein aber viel Gerümpel", stellte er schließlich fest, als er sich umsah. "Sein da jemand?" Er wartete kurz auf eine Antwort. "So kleines Wesen, das heißt Kinder?"
Der Troll hatte verständlicherweise keine große Lust in dem Verhau nach Kindern zu suchen. Er stieg vorsichtig über die Truhe, die er vorhin umgeschmissen hatte. Dabei hatte er einen Ball übersehen und fiel zugleich in eine Kiste mit Kartoffeln. Als er sich wieder aufrichtete stellte er fest, dass von der besagten Kiste nicht mehr viel übrig geblieben war und auch so manche Kartoffel hatte sein Gewicht nicht ausgehalten. Verlegen sah sich Zahnstein um und beschloss, als er sicher war nicht beobachtet worden zu sein, so zu tun als wäre nichts der gleichen passiert und ging vorsichtig wieder auf die Treppe zu.
***
Zur gleichen Zeit durchsuchten Neflie und Sallien, das Eichhörnchen, die oberen Zimmer des Hauses. Es waren genau drei Zimmer, die als Schlafzimmer zu dienen schienen. Zögernd schielte der Gnom in eines der Zimmer. Zwei Stockbetten standen am Fenster und ein Tisch direkt davor. Einer der Schränke, die neben der Tür standen, war offen und überall lagen irgendwelche Hosen, Hemden und Socken rum. Vorsichtig ritt Neflie in das Zimmer und sah sich ein wenig um. Er entdeckte noch eine Pflanze, die kurz vor dem Eingehen stand, ein paar Bücher auf dem als einziges einigermaßen gemachten Bett und ein Schlaginstrument eines klatschianischen Schläger-Ballspiels unter einem anderen Bett. Der kleine Gnom hatte ein recht ängstliches Gemüt und fiel daher beim Anblick des Schlägers spontan in Ohnmacht.
"SQUIEK!!!" Sallien versuchte ihr Herrchen zu wecken, indem sie aufgeregt um es hüpfte und laut quiekte. "Squiek! Squieksquiek Squiek!"
"Heeeh... was ist los?"
Sallien hob Neflie wieder auf ihren Rücken und brachte ihn in den Flur. Dort setzte sie ihn auf den Boden, um ihm eine Atempause zu gönnen. "Squiek?"
"D- Da war ein ... ein Sch- Sch- Schlag-"
Er neigte sich wieder dem Boden zu, doch seine Begleiterin fing ihn noch schnell genug auf.
"Squiek!"
"Entschuldige..."
"Squiek."
"I- ich werd's versuchen."
Der Gnom stieg wieder auf sein Eichhörnchen und ritt etwas benommen auf das nächste Zimmer zu. Dieses war eindeutiger weise weiblich geprägt. Die Blumen auf der Fensterbank wucherten nur so vor sich hin, drei der vier Betten waren sauber und ordentlich bemacht, auf einem lag eine Puppe, die Bettbezüge waren in einem verwaschenem rosa gehalten und auf dem Tisch waren Bücher und Schreibsachen ordentlich sortiert. Auch ansonsten war kaum ein Staubkorn zu entdecken, nur hier und da eine vergessene Socke oder ein zurückgelassener Rock.
"Beinahe schon gruselig dieses Zimmer."
"Squiiieek...."
Neflie stand sichtlich überrascht in der Tür und Sallien hatte leichte Hemmungen weiter in den Raum vorzudringen. Sie beschlossen sich kurzerhand das nächste Zimmer vorzunehmen - was konnte schon schlimmer sein als das-, jedoch hielt es Neflie nicht allzu lang auf Salliens Rücken. Denn dieser Anblick war auch für Jemanden mit einer weniger ängstlichen Neigung nicht ganz einfach wegzustecken und auch das Eichhörnchen stand etwas entsetzt da, obwohl es in Überwald doch schon so einiges an Unordnung gesehen hatte.
Der Tisch lag mitten im Zimmer, darüber war eine Decke geworfen worden, eine Matratze war in der einen Ecke aufgebaut worden und setzte bereits Schimmel an, überall lagen Socken und dreckige Unterwäsche ebenso wie gammlige Brot- und Obstreste, an und über den Betten hingen längst zerstörte Spinnennetze, der Wasserhahn tropfte, hier und da lagen Schlaginstrumente, zerbrochene Bleistifte, kaputte Rollschuhe und misshandelte Teddybären, in der Mitte
des Raums trocknete eine Pfütze unidentifizierbarer Flüssigkeit und im Türrahmen steckte ein Buttermesser.
"Squiiieek....?"
***
"Das wird wohl die Küche sein... ich sollte ihnen vielleicht ein paar Türschilder erfinden..."
Igorus sah sich neugierig um. In dem kleinen Speisesaal war Platz für höchstens 15 Personen und die Küche an sich war auch nicht für mehr Leute ausgestattet. Im Spülbecken weichten wohl schon seit einer ganzen Weile ein gutes Dutzend Teller und Tassen ein. Es war auch nicht wirklich eindeutig festzustellen ob nun der Gestank vom Ankh durch das notdürftig geflickte Fenster in die Küche hineindrang oder der Geruch der Küche herausquoll.
Während er durch Küche und Speisesaal ging dachte sich der Igor: "Vielleicht sollte ich ihnen auch gleich eine Spülmaschine erfinden? Oder ein neues Fenster..."
Er sah sich noch mal kurz um und ging wieder in den Flur, als er nichts auffälliges bemerkte.
***
Seine improvisatorische Chefin hatte sich das Büro vorgenommen. Igorus sah zur Tür herein um nachzufragen was er nun tun solle. Merkwürdig war jedoch, dass er Sallien in dem kleinen Büro nicht sah. Zögernd ging er weiter in das Büro hinein.
"Sallien...?"
Keine Antwort.
"Ich sollte ein Suchgerät oder so was erfinden."
Der Boden unter seinen Füßen knarrte verdächtig laut bei jedem seiner Schritte. Ansonsten herrschte Stille. Er warf einen Blick auf die Akten, die auf einem Schreibtisch lagen. Das meiste waren Rechnungen oder Hausaufgabenhefte. Igorus entdeckte ein paar Anfragen für Plätze in anderen Heimen und eine Liste. Er vergewisserte sich kurz, ob er unbeobachtet war und sah sich dann die Liste etwas genauer an. Auf der Liste standen so einige Heime mit Anschrift und wie viele Plätze dort frei waren. Ein interessanter Fund. Allerdings war sich der Igor nicht sicher wie aktuell diese Liste war, denn die Schularbeit auf der Rückseite war schon mehr als zwei Jahrzehnte alt.
"Igorus?"
Igorus erschrak heftigst, als er seinen Namen vernahm. Sallien stand plötzlich im Büro.
"Schon fertig mit Suchen?", fragte sie ein wenig verwundert.
"Ja .. äh... in der Küche war nichts auffälliges", meldete der Igor.
"Überrascht mich nicht. Dieses Heim ist so leise. Ich hab vorhin sogar Salliens Quieken gehört."
Sie ging zum Schreibtisch und sah sich ein wenig darauf um.
"Wo kommst du eigentlich plötzlich her?", erkundigte sich ihr Kollege.
"Hm? Ich hab mir Fräulein Gerns Schlafzimmer dort angesehen." Sie deutete auf eine zweite Tür in dem Raum. Diese versperrte keineswegs die Sicht auf ein gemütliches kleines Bett mit Rüschenbettwäsche, eine geschmacklose Blumentapete und ein Fenster mit Aussicht auf den Ankh, da sie offen stand.
Das plötzliche Knallen einer Schublade ließ den Igor erschrocken herumfahren. Sallien war eifrig damit beschäftigt den Schreibtisch beinahe auseinander zu nehmen, indem sie Schubladen öffnete, ein wenig darin wühlte und sie wieder zuknallte.
"Was machst du da?"
"Ich suche etwas hilfreiches. Irgendwie müssen wir die Kleinen ja ausfindig machen."
"Äh... ich hab da eine Liste gefunden..."
"Was für 'ne Liste?" Sie knallte eine Schublade so heftig zu, als wollte sie diese Schublade für alles Missglückte auf dieser Erde büßen lassen. Oder sagen wir mal für alles was ihr in den letzten fünf Minuten Schlechte Laune bereitet hatte. Ansonsten wäre wohl kaum etwas von dem Haus übrig geblieben.
"Da stehen Anschriften von anderen Heimen drauf."
Die Wächterin sah von ihrer aktuellen Schublade auf. "Zeig mal."
Ich muss unbedingt so was wie Ohrenschoner erfinden bevor ich wieder mit Sallien zusammenarbeiten muss, dachte sich Igorus, als er ihr den Zettel gab. Sie sah ihn sich von beiden Seiten kritisch an.
"Der könnte zwar schon zwei Jahrzehnte alt sein, aber ...", die Wächterin stutzte, "Wo hast du den eigentlich her?"
"Der lag hier auf dem Tisch.", meinte Igorus.
"Aso.", Sallien gab ihm den Zettel zurück und widmete sich der nächsten Schublade, die seltsamerweise nicht aufgehen wollte. Die Wasserspeierin rüttelte verärgert am Griff.
"Dieses Scheißding klemmt!"
"Es ist abgesperrt", korrigierte Igorus, der zu ihr hinter den Schreibtisch gekommen war.
"Bitte!?"
Der Igor deutete auf das Schloss, das neben dem Griff angebracht war. Sallien sah dieses misstrauisch an. Irgendwie gefiel ihr nicht, dass ihr dieses Schloss nicht aufgefallen war. Er gefiel ihr auch dann nicht, wenn sie in Mitanbetracht zog, dass sie in ihrem 72-jährigen Wasserspeierdasein noch nie von Schlössern an Schubladen gehört hatte, geschweige denn eines gesehen.
***
Im Flur kam Zahnstein grade die Treppe wieder rauf.
"Sallien!?"
"Verdammter Mist!"
"Sallien ist hier!"
Der Troll erkannte Igorus' Stimme und folgte ihr ins Büro. Er wollte gerade durch die Tür gehen, als Igorus erschrocken aufrief: "Halt! Stopp!"
Zahnstein sah ihn verwundert an, während die Wand um die Tür herum zu bröckeln anfing.
"Tu mir doch den Gefallen und komm nicht ins Büro, ja!", bat Igorus den Troll.
Dieser fragte sich zwar weshalb, willigte dann jedoch ein und setzte sich vor die Tür, so dass relative schmale Personen durchaus an ihm vorbeikamen und er in das Büro reinsehen konnte. Sein Blick fiel auf den Schreibtisch an dem sein Kollege stand. Dahinter ragten ein paar Fledermausflügel hervor und Salliens übliche Flüche waren lautstark zu vernehmen.
"Du Scheißding sollst endlich aufgehen, hab ich gesagt!"
"Was du machen da?", erkundigte sie der Troll vor der Türe.
Die Wächterin war so in ihre Flüche vertieft, dass sie nicht wahrnahm was um sie herum passierte. Ein plötzliches Krachen unterbrach ihr Fluchen. Erschrockene Stille folgte. Der Igor beugte sich über den Schreibtisch.
"Was ist passiert?", fragte er erschrocken, obwohl er die Antwort bereits sah.
"Äh... die Schublade ... hat jetzt ein Loch...", erläuterte die Wasserspeierin.
Sie holte ihre Hand wieder aus der Schublade heraus und versuchte erneut diese zu öffnen.
"...aber aufgehen tut sie trotzdem nicht...", fügte sie schließlich grimmig hinzu.
"Erkennst du was da für Sachen drin sind?", fragte Igorus.
"Öhm... 'Akte Nr.1 Hannah Veit'...", las Sallien vor, "außerdem noch ein Ball, Bonbons, Knete und ein klatschianisches Schlaginstrument."
"Da müssen die Akten von den Kindern drin sein!", stellte der Igor fest, "Deshalb wohl auch das Schloss."
"Wenn du jetzt auch noch auf die Schnelle einen Schlossöffner erfindest, bezeichne ich dich als Genie." Die Wächterin vernahm ein leises Murmeln hinter sich, denn Igorus hatte sich Stift und Papier gekrallt und machte sich bereits erste Skizzen für den besagten Öffner.
"Das war jetzt eigentlich nicht ernst zu nehmen, Igorus..."
Ein hektisches Squieken war plötzlich zu vernehmen. Igorus unterbrach sein Zeichnen. Neflies Eichhörnchen kam ins Büro geflitzt, kletterte flink auf den Tisch und quiekte die Wächter wütend an. Es setzte sich Sallien direkt vor ihr Gesicht und quiekte aufgebracht. Die Wasserspeierin saß noch immer auf dem Boden und sah das Fellknäuel vor sich misstrauisch an.
"Was ist?", fragte sie.
"Squiek! Squiek!", antwortete das Fellknäuel.
Das Eichhörnchen fuchtelte wild mit den Pfoten, sprang aufgeregt hin und her und quiekte laut durch die Gegend.
"Hat das Vieh etwas gegessen, was ihm nicht gut tat?", überlegte Igorus laut.
"Kleines Wesen sein krank?", fragte Zahnstein.
"Squiek!", Sallien schüttelte entsetzt den Kopf und fuhr mit ihrem quiekenden Gehoppse fort.
"Ich glaub eher, es will uns was sagen...", meinte die Wasserspeierin.
"Squiek!", sie nickte eifrig und wedelte mit ihren kleinen Ärmchen in Richtung Tür.
"Zu dumm, dass Neflie jetzt nicht da ist. Ich glaub der kann als einziger mit dem Kleinen reden."
Igorus' Worte irritierten Sallien - die Wächterin - irgendwie und machten Sallien - dem Eichhörnchen - etwas Hoffnung. Eine merkwürdige Art von Stille folgte.
"Soll ich vielleicht einen Übersetzer erfinden? Den könnten wir grade gut gebrauchen", schlug der Igor schließlich vor.
"Squiek!" Salliens Hoffnung wurde damit in tausend kleine Stücke gefetzt.
"Wo eigentlich sein Neflie?"
***
"He guck mal Isabella! Ist das nicht hübsch?", rief eine Kinderstimme auf die andere Seite eines Schmuckstandes.
Eine sehr ähnliche Kinderstimme kam näher zu ihr und antwortete: "Wow! Wie schön! Was meinst du, ist das echt?"
Der Verkäufer an dem Stand empörte sich: "Natürlich ist das echt! Deshalb sollt ihr das auch nicht anfassen, ihr kleinen Kobolde! Verschwindet!!"
Die beiden Mädchen kicherten über den alten Mann und liefen durch das Gedränge des Hier-gibt's-alles-Platzes weg. Erst zwischen zwei Gemüseständen auf der anderen Seite des Platzes blieben sie stehen. "Hast du gesehen wie wütend er war, Annabella?", lachte Isabella.
"Ja. Der war richtig rot im Gesicht." Annabella blähte die Backen auf und ahmte die Geste des Verkäufers nach.
Dann lachten beide Mädchen los und gingen zu einem anderen Stand.
***
Neflie war auf der Treppe zu den Schlafzimmern der Kinder - ohnmächtig versteht sich. Das Geschrei der Wasserspeierin hatte ihm den letzten Rest gegeben. Er war zwar schon vorher nicht mehr ganz bei sich gewesen, aber das änderte nichts an der Tatsache, dass Sallien anscheinend die Schuld an seiner Ohnmacht gab.
"Vielleicht sollte ich einen Wecker erfinden", überlegte Igorus wieder mal lauter, als es von den Leuten in seiner Umgebung für nötig empfunden wurde.
"So was gibt's doch schon", erwiderte Sallien, "Man nennt es 'Hahn' und es kräht immer bei Sonnenaufgang."
"Dann eben etwas, dass ihn wach hält", schlug er vor.
"Vielleicht solltest du auch Wasser holen", schlug hingegen die Wasserspeierin vor.
"Wofür?", fragte der Wächter.
"Um ihn zu wecken", erklärte seine Kollegin.
"Aus dem Ankh?", erkundigte er sich.
"Ich will ihn wecken, nicht erschlagen!", blaffte sie ihn an.
"Gut dann eben nicht..." Murmelnd ging Igorus die Treppe wieder runter in Richtung Küche, "...ein tragbarer Wassertank wäre auch nicht schleckt..."
Als er gegangen war überlegte die Wasserspeierin , wie sie weiter vorgehen sollte.
Irgendwie müssen wir die Kinder wieder einsammeln und auf die anderen Heime verteilen... Wenn wir diese Schublade öffnen könnten, wüssten wir zumindest schon mal mehr über die Kinder...und jemand müsste die Heime abklappern um nach Platz zu fragen... Igorus hat vorhin ja schon 'ne Liste gefunden auf der so einige Heime aufgezählt waren... Man müsste nur diese Schublade öffnen... wieso ist die überhaupt abgesperrt? Seit wann werden Schubladen abgesperrt!? Das geht doch wohl nicht an, dass Schubladen abgesperrt werden!! Türen werden abgesperrt! Und Gefängniszellen werden abgesperrt! Vielleicht werden sogar Truhen abgesperrt! Aber doch keine Schubladen!!Die Wächterin schlug aus einem wütenden Reflex ein Loch in die Treppenstufe. Sie sah sich in einer erschrockenen Verlegenheit um, doch außer dem Eichhörnchen, das sich grade wieder drüber aufregte, hatte das niemand mitbekommen.
Okay, Sallien! Beruhig dich! Das kriegst du schon gebacken! No Problem! Du musst nur einen klaren Kopf bewaren. ACH, SPAR DIR DOCH DEIN PÜSCHOGELABER!!! Wo steckt eigentlich Igorus mit diesem gottverdammten Wasser!?Sallien entdeckte ein zweites Loch in der Treppenstufe.
Konzentrier dich auf den Fall, Mädel! Und halt dich zurück mit deinen Wutausbrüchen! Klarer Kopf! Klarer Kopf! Sallien atmete tief durch.
Also als nächstes sollten wir erst mal Neflie wecken. Danach zusehen, dass wir diese dämliche Schublade öffnen. Und danach..."Da ist das Wasser!", rief Igorus zu Sallien hoch.
"Na endlich! Wieso hat das so lang gedauert?"
"Ich musste erst einmal ein Gefäß finden", erklärte er, während er die Treppe hochging.
"Gib schon her", drängte die Wasserspeierin und streckte ihre Hände nach dem Gefäß mit dem Wasser aus. Er reichte ihr das Wasser, als er plötzlich zwei Löcher neben ihr in der Treppenstufe entdeckte.
"Waren die Löcher vorher eigentlich auch schon da?"
Die Wasserspeierin sah verlegen auf die demolierte Stufe. "Äh... ja! Klar. Hast du die vorhin nicht gesehen?"
"Eigentlich nicht... na egal. Hier das Wasser."
Die Wasserspeierin nahm den Krug mit dem Wasser entgegen und betrachtete es misstrauisch.
"Sag mal ... bin ich nur zu anspruchsvoll oder gehört das Wasser gelb?"
"Ich denke das ...das geht schon in Ordnung so", Igorus machte eine beschwichtigende Handbewegung.
Sallien gab sich damit zufrieden und begann das Wasser über Neflie zu tröpfeln. Dieser verzerrte das Gesicht, als er noch immer ziemlich benommen das lauwarme Wasser wahrnahm. Sie tröpfelte noch ein wenig auf ihn und stupste ihn an.
"Hey! Neflie! Wach schon auf, Kleiner!"
"Hm? Was ist los?"
"Du sollst aufstehen! Es ist nicht die Zeit zu schlafen."
"Aber ich bin doch so müde! Und ich hatte einen schrecklichen Albtraum! Wir hatten den Auftrag ein paar Kinder abzuholen, doch da waren keine nur diese leeren, schrecklichen Zimmer... und dann dieser Schrei..", gequält drehte sich der kleine Gnom auf die Seite und entdeckte Igorus schemenhaft vor sich.
"Ich muss dich enttäuschen, Kumpel", sagte dieser, "Das war kein Traum."
"Wa--?"
"Super Leistung! Jetzt isser wieder ohnmächtig!", kommentierte die Wasserspeierin und goss gleich noch etwas Wasser auf den Gnom, "Hey! Wach jetzt auf!" Neflie rührte sich nicht. "Wach auf oder ich erwürg dein Eichhörnchen!"
"Squiek!!"
Schockiert richtete sich der Gnom auf wie es in Klickern so oft gezeigt wurde, wenn jemand gerade aus seinem schlimmsten Albtraum erwacht. Nur hatte Neflie nicht die Gelegenheit dazu gehabt sich vorher gequält herumzuwälzen.
"WAS!?"
"Endlich bist du wach!"
Igorus warf der Wächterin einen erschrockenen Blick zu. "Ich frag besser nicht, ob dir oben etwas aufgefallen ist. Womöglich fällst du dann schon wieder ihn Ohnmacht. Gehen wir runter."
Neflie sah sich verwirrt um, während er auf sein Eichhörnchen stieg, das wütend vor sich hinquiekte.
"I- ist euch irgendwas aufgefallen?", erkundigte er sich.
"Wir haben ein paar Akten über die Kinder gefunden. Allerdings kommen wir nicht ran, weil die Schublade verschlossen ist", erklärte ihm der Igor.
"Verschlossen?", fragte dieser.
"Ja, verschlossen", bestätigte Igorus.
"So richtig mit Schloss und Schlüssel und so? Wie bei einer Tür?", bohrte Neflie nach.
"Ja. Nur dass wir keinen Schlüssel haben", gab Igorus zu.
"Da kann ich Abhilfe schaffen", meinte der Gnom.
"Bitte?"
"Was meinst du mit 'Abhilfe'?", mischte sich Sallien in das Gespräch ein.
"Schlösser sind für mich kein Problem. Die hab ich in Null Komma Nix offen", entgegnete er.
Zwei erstaunte Blicke fielen auf den kleinen Mann und ruhten sich dort ein wenig aus. Weder Sallien noch Igorus hätten Neflie so etwas zugetraut. Man traute ihm grundsätzlich nicht allzu viel zu, was vielleicht an seinem äußeren Erscheinen liegen mochte, vor allem aber an seiner ungeheuren Angst vor alles und jedem. Es sollte überraschen, wie schnell das Schloss geöffnet war. Mit einer Büroklammer und einigen scheinbar simplen Handgriffen hatte Neflie das Schloss offen. Doch als er den Inhalt der Schublade entdeckte - sprich das Schlaginstrument erblickte - fiel er erneut in Ohnmacht. Wer sich nun fragt, warum er nicht bereits beim Anblick des Loches in dem Holz das Bewusstsein verloren hatte, soll seine Antwort bekommen. Sallien hatte nämlich in weiser Voraussicht das Loch provisorisch mit einem Blatt und etwas Knete abgedeckt. Leider hatte sie nicht bedacht, dass Schlaginstrument bei Neflie auch zu Bewusstseinsverlust führen könnte. Sie legte ihn auf den Schreibtisch, wo sich sein Eichhörnchen sogleich fürsorglich um ihn kümmerte, und holte die Akten aus der Schublade.
"Zeig mal her", drängte Igorus.
"Jetzt lass mich doch erstmal selber gucken!" Sallien nahm sich die vorderste Akte und legte den Rest neben sich auf den Boden. Sie staunte nicht schlecht, als sie die Unterlagen durchblätterte.
Fräulein Gern hatte für jedes Kind einen Steckbrief erstellt und Verhaltensmuster dokumentiert. Außerdem hatte sie sogar mehrere Bilder von jedem Kind gezeichnet. Dummerweise hatte sie nicht wirklich viel Talent fürs Zeichnen und daher brauchte man etwas Fantasie um in den Zeichnungen
Kinder zu erkennen, aber es war zumindest schon mal ein Anhaltspunkt.
"Nicht übel die Frau!", verkündigte sie schließlich, "Die hat ja ganze Arbeit geleistet!"
Igorus nahm sich eine Akte vom Stapel und blätterte sie durch.
"Fräulein Gern muss die Kinder sehr gemocht haben...", bemerkte die Wächterin, während ihr Kollege sich die Akte stumm ansah.
"Wie kommst du darauf?", wunderte sich dieser.
"Na ja, erst einmal die Liste mit den Heimen und nun diese ausführlichen Akten!", erläuterte sie mit einer gewissen Bewunderung in der Stimme.
"Sie hat uns die Arbeit um einiges einfacher gemacht", bestätigte der Wächter.
Die Wasserspeierin nickte zustimmend und nahm die nächste Akte in die Hand. "Wenn alle so zuvorkommend wären, wäre unser Tschob wesendlich einfacher", bemerkte sie.
"Wie gehen wir weiter vor?", erkundigte sich Igorus und wechselte damit plötzlich das Thema.
"Am besten teilen wir uns auf, dann können wir schneller nach den Kleinen suchen.", meinte Sallien.
"Einleuchtend...Wo steckt eigentlich Zahnstein?", der Igor sah fragend zu der Bürotür, die nun nicht mehr von einem Steinkoloss versperrt wurde.
"Er wartet draußen, weil ihm die Decke deutlich zu niedrig ist", erklärte die Wasserspeierin.
"Vielleicht sollte ich irgendwas erfinden um die Decken zu heben..."
Die Wächterin teilte die Zeichnungen in zwei Stapel. "Mach das Wann anders. Hier", sie gab ihrem Kollegen einen der beiden Stapel, "Ich werde mit Zahnstein den Hafen absuchen und dann Richtung
Innenstadt weiter gehen. Am besten fangen du und Neflie am Hier-gibt's-alles-Platz an. Sagen wir in drei Stunden in der Wache für ne Zwischenprognose?"
Igorus sah sie ein wenig verblüfft an und fragte schließlich: "Und wer übernimmt die Heime?"
"Die Heime...", Sallien überlegte, "Ich wusste ich hab was vergessen."
"Ich könnte ein Gerät erfinden, dass die Heime selbstständig durchgeht und..."
"Dauert zu lange! Wir sagen in der Wache bescheid. Die sollen gefälligst wen schicken, der das übernimmt.", bestimmte die Wasserspeierin.
"Und wie willst du erklären weshalb nicht du persönlich gehen willst?", gab Igorus zu bedenken.
"Gar nicht."
"Bitte?"
"Ich werd ne Nachricht schreiben, die dann per Brieftaube in die Wache geschickt wird", erklärte die Wächterin nahm sich ein Blatt Papier und einen Stift vom Schreibtisch und fing an in ihrer verschnörkelten Schrift zu schreiben.
Di Kiendar seien nicht woh sie seien sollen. Wier suchen jetzte in dehr Statt nach inen. Wier habenen Zetel gefundenen mit Adresen von andere Heime. Solle jehmand frageen ob sie dii Kiendar aufnehemen könehn. Gez. W. SallienSie nahm den erwähnten Zettel mit den Anschriften der Heime und ging Richtung Ausgang. In der Tür blieb sie noch mal kurz stehen und meinte zu ihrem Kollegen: "Wir sehen uns dann in drei Stunden in der Krösselstraße. Ähh... viel Erfolg."
"Ja, dir auch."
Die Wächterin verließ das Büro und ihr Kollege widmete sich dem immer noch bewusstlosen Gnom, mit dem er jetzt eigentlich zur Suche aufbrechen sollte.
***
Die aber brauchen lange, dachte sich Zahnstein, während er darauf wartete, dass einer seiner Mitwächter endlich rauskäme. Zugegeben, es war ihm angenehmer draußen zu warten, als drinnen vergeblich zu versuchen, den Überlegungen seiner Kameraden zu folgen und sich dabei andauernd den Kopf zu stoßen, obwohl er sowieso schon beinahe auf dem Boden saß. Jedoch hieß das nicht, dass er gern draußen saß. Es war ein unangenehm warmer Tag und die Sonne schien direkt in die Gasse hinein, so dass Zahnstein kaum Schatten fand. Außerdem war er, entgegen allen Annahmen, keineswegs abgeneigt bei Ermittlungen aktiv mitzudenken. Leider gelang ihm dieses nicht so gut, wie er das vielleicht gerne gehabt hätte.
Die Sonnenstrahlen machten es sich auf dem Ankh gemütlich und die leichte Brise verteilte das Aroma, das durch die Wärme der Sonnenstrahlen entstand, gleichmäßig in der Stadt. Zahnstein hatte sich neben das Loch, das nun den Eingang darstellte, gesetzt, wo ein wenig Schatten auf den Koloss fiel. Ein Gurren war zu vernehmen. Der Troll fütterte die Taube, die er in dem tragbaren Käfig mitgenommen hatte, als plötzlich eine Wasserspeierin aus dem Loch in der Vorderwand des Hauses heraus trat.
"Hallo Sallien", grüßte sie der Troll freundlich.
"Zahnstein, hast du die Taube?", erkundigte sich diese weniger freundlich.
Zahnstein nickte und zeigte Sallien den Käfig. Diese erschrak beim Anblick des Inhalts und wich ein paar Schritte zurück.
"Schon gut!! Ich glaub dir ja, dass du sie hast! Aber tu sie weg!!"
Fragend sah sie der Troll an und streckte ihr die Taube näher hin. "Aber du doch gefragt nach Taube?"
"JAJA!! HABICH!! HABICH!!! Aber tu sie wieder weg! BITTE!!"
Verwirrt stellte Zahnstein den Käfig wieder auf den Asphalt. Mit zitternder Hand und verzerrtem Gesichtsausdruck streckte ihm die Wasserspeierin zwei zusammengerollte Blätter entgegen.
"Schickst du die bitte in die Kröselstraße!?"
"Ich sollen bringen in Kröselstraße?", fragte der Troll.
"Nein! Du sollt die Blätter an die Taube fest inden und die Taube danach fliegen lassen", erklärte ihm die Wasserspeierin leicht nervös. Er nickte, band die Blätter an das Geschirr der Taube und ließ sie los fliegen. Dann blickte er wieder zu Sallien und fragte: "Was wir machen nun?"
"Wir gehen auf Kindersuche."
***
Während Sallien und Zahnstein sich bereits auf den Weg machten, war Igorus noch damit beschäftigt Neflie aus seiner Ohnmacht zu wecken. Er bastelte gerade an einer Idee für ein Weckgerät, als ihn plötzlich eine Stimme vorsichtig von der Seite ansprach.
"Was machst du da?"
Igorus blickte nicht von seinen Entwürfen auf. "Ich mache eine Skizze."
"Was für eine Skizze?"
"Für eine Art Wecker."
"Aha..." Kurze Stille folgte. "Wozu brauchst du den jetzt?"
"Na, um dich zu wecken."
***
So groß! Die Stadt war so unglaublich groß! Wieso war er nur raus gegangen? Sicher wären die Anderen bald zurückgekommen. Oder Fräulein Gern wäre wieder aufgewacht. Ganz sicher wäre es besser gewesen im Heim zu warten. Wieso war er nur rausgegangen um die anderen Kinder zu suchen? Sie mochten ihn doch sowieso nicht. Jetzt irrte er hier ganz allein in dieser doofen, großen Stadt rum und wusste nicht wo er war.
***
In der Kröselstraße schleppte sich gerade Rekrutin Frän Fromm ins Wachhaus. Sie hatte ihre Streife gerade hinter sich gebracht und machte sich auf den Weg in die Kantine, um sich einen kühlen Fisch zu genehmigen. Schlurfend schlich sie am Tresen vorbei und weiter zur Küche. Dort bekam die erschöpfte Wächterin ihren Fisch und ärgerte sich ein wenig, weil dieser so gar nicht kühlend war. Die Kühltruhen, Fässer mit gestampften Eis, kühlten durch die Hitze nicht sonderlich, es lag eher das Gegenteil vor. Eine Wasserlache hatte sich unter den Fässern ausgebreitet.
"Scheiß Wetter!!!", fluchte sie, während sie sich einen Platz suchte, "Selbst die Kühltruhen fangen schon das Schmelzen an!! Wie soll man dabei noch arbeiten können?!"
Genervt machte sie es sich an einem schattigen Platz in der Kantine gemütlich und saugte an ihrem lauwarmen Fisch, der dadurch, dass er nicht kühl gelagert werden konnte, weil die Kühltruhen tatsächlich das Schmelzen begonnen hatten, schon einen nicht gerade angenehmen Geruch sein eigen nannte.
"Rekrutin Selig!", donnerte es plötzlich hinter ihr. Vor Schreck fiel die Wächterin von der Bank.
"H- Haupftmahn Dähmon... Pför?"
"Salutiere gefälligst, wenn ein Vorgesetzter mit dir spricht! Und nimm den Fisch aus dem Mund! Man versteht dich ja kaum."
Erschrocken sprang die Rekrutin auf und salutierte zackig. "Jawohl, Pför! ..äh..", ein Fisch klatschte auf den Boden, "Verzeihung, Sir."
Der Hauptmann sah sie vielsagend an, ging aber nicht weiter auf den Fisch ein.
"Ich habe eine Aufgabe für dich, Rekrutin", begann er und holte einen Zettel hervor, "Du sollst diese Kinderheime aufsuchen und nachfragen, ob sie denn Platz für weitere Kinder hätten. Jammer ein wenig rum, erzähl, wie bemitleidend das doch sei, lass dir was einfallen." Daemon gab ihr den Zettel: "Noch irgendwelche Fragen?
"Nein, Sir."
"Dann an die Arbeit!"
"J- Jawohl, Sir."
"Gut, dann gönn ich mir erst mal n Kaffee und ...", der Hauptmann ließ die Rekrutin stehen und ging in die Küche. Frän hingegen stand da und wäre am liebsten woanders gewesen. Kinder waren das letzte was sie jetzt gebrauchen konnte. Und bei der herrschenden Hitze gleich mehrere Kinder
heime aufzusuchen glich in ihren Augen einem Ausflug in den neunten Grad der Hölle. Jedoch war sie überzeugt davon, dass es nicht gesund sein konnte, dem Hauptmann zu widersprechen. Also begab sie sich widerwillig auf den Weg.
***
"Jetzt lass mich doch endlich in Ruhe!"
"Aber ich tu doch gar nichts."
"Du nervst mich!"
"Hör auf zu heulen. Das ist doch doof."
Die beiden Kinder, die sich schon seit einer ganzen Weile stritten, gingen recht schnell auf den Rand Ankh-Morporks zu.
"Geh weg!", schrie das Mädchen den Jungen mit verheultem Gesicht an.
"Wieso sollte ich?", meinte dieser.
"Wenn du nicht weg gehst, sag ich Fräulein Gern, wie gemein du zu mir bist!"
"Fräulein Gern ist tot, du doofe Kuh! Die kann mir nix mehr sagen!"
Wütend sah das Mädchen ihn an und versuchte trotz des Schluchzens etwas zu sagen. Dann schrie sie, "Du bist doof!!", und lief weg.
***
"Wieso hast du nicht gleich gesagt, dass du wach bist?", nörgelte Igorus, während er mit Neflie über den Hier-gibt's-alles-Platz schlenderte.
"Na, du hast nicht gefragt!", antwortete der Gnom auf seiner Schulter ganz logisch.
"Weil ich dachte, dass du noch schläfst", meinte Igorus.
"Dann hättest du mich gleich wecken können", gab Neflie zurück.
"Ich war doch gerade dabei!", erwiderte Igorus energisch und leicht genervt.
"Normal werde ich nicht von dem Geräusch wach, das ein Stift verursacht, der über ein Blatt Papier kratzt", erklärte Neflie.
Es herrschte reges Gedränge auf dem Platz und Igorus hatte leichte Probleme nicht ständig irgendwelche Leute anzurempeln und gleichzeitig die Zeichnungen von den Kindern anzusehen. Er wich einer dicken Frau mit Einkaufskorb aus und wollte gerade etwas auf Neflies Aussage erwidern, als er von zwei Mädchen angerempelt wurde. Sallien fand gerade noch rechzeitig Halt um nicht von der Schulter zu rutschen, während Neflie sich an sein Eichhörnchen klammerte, als ginge es um sein Leben. Die beiden Mädchen hingegen fielen zu Boden und sahen erschrocken zu einem Igor hoch, der ihnen gerade auf die Beine helfen wollte.
"Was ist denn?", fragte er verwundert, als sie ihn nur anstarrten.
Dann fingen sie das Kichern an: "Du willst uns doch nicht etwa helfen?"
"Nein, das kann nicht sein!", lächelte das andere Mädchen, "Wir sind sicher nur auf etwas draufgefallen, was ihm gehört, Annabella."
"Dann sollten wir es aufheben."
Die Mädchen standen auf und sahen verwundert auf die Stelle auf der sie gerade saßen. Schließlich fragte Annabella: "Was haben Sie denn verloren?"
Igorus hatte das Ganze nur aufmerksam beobachtet und schüttelte den Kopf: "Gar nichts. Ich wollte euch eigentlich nur aufhelfen."
Verwirrt starrten ihn die beiden Mädchen an. Es war äußerst erstaunlich wie ähnlich sie sich doch sahen. Als wäre das Eine eine Kopie von dem Anderen. Sie hatten die gleichen langen, schwarzen Haare, das gleiche, schmutzige, geblümte Kleid, ja, sogar das gleiche, unscheinbare Gesicht.
"Meint er das ernst?", fragte eines von ihnen.
"Ich glaube fast...", sagte das andere.
Igorus wollte grade fragen, wo die beiden ihre Mutter verloren hatten, als ihn ein schmerzhaftes Ziehen am Ohr unterbrach.
"Hey, Igorus! Das sind sie!", wisperte ihm Neflie ins Ohr, "Das sind welche von den Zeichnungen!"
"Hä!?", hastig blätterte der Wächter die Blätter durch und zog schließlich zwei davon raus. Dann sah er sich die Zeichnungen darauf genau an und verglich sie mit den Mädchen.
"Du könntest recht haben", stellte er schließlich fest, "Sagt mal, kennt ihr ein gewisses Fräulein Gern?"
Die Mädchen sahen sich an: "Er fragt nach Fräulein Gern!"
"Aber sie ist doch letzte Nacht gestorben."
"Ja, ist sie." Dann wandten sie sich an den Wächter:
"Ja wir kennen sie!" Sie wechselten fragende Blicke mit dem Igor.
Schließlich meinte eines von ihnen mit einem zuckersüßen Lächeln: "Was ist das da auf deiner Schulter?"
Neflie erstarrte vor Schreck. Auf Igorus' Schulter hatte er sich einigermaßen Sicher vor den Kindern gefühlt, weil er da so hoch saß. Sollten diese Gören etwa mit ihm spielen wollen?!?
"Das ist Wächter Neflie", erklärte Igorus ruhig, "Er ist ein Gnom und ein wenig schüchtern."
"Ein
echter Gnom?", erklangen zwei begeisterte Kinderstimmen. Neflie nickte zitternd und malte sich bereits aus was die Beiden mit ihm anstellen würden, wenn sie die Frage stellten, die er am meisten hasste, wenn sie aus Kindermündern stammte. Oder besser gesagt, weil sie aus Kindermündern stammte und nur aus diesen: "Dürfen wir mit ihm spielen?"
Die beiden Mädchen strahlten übers ganze Gesicht.
Natürlich durften sie mit ihm spielen. Wie konnte man das solch süßen Gesichtern auch verbieten? Die beiden Zwillingsschwestern stellten sich als Isabella und Annabella Milla vor. Igorus erklärte ihnen ihre Situation und sie versprachen keinen Ärger zu machen, wenn sie dafür mit Neflie und Sallien spielen dürften.
***
Wo anders ging es weit aus weniger entspannt vor sich. Wächterin Frän Fromm war gerade auf der Suche nach einem bestimmten Haus. Da am Tresen kein zweiter Stadtplan gewesen war und Sallien den einen eingesteckt hatte, fiel es Frän nicht sonderlich leicht die einzelnen Heime erst einmal zu finden und so suchte sie gerade erst das dritte Heim von der Liste, die sie erhalten hatte. Sie fluchte leise über Sallien, - und auch über das Wetter - während sie das nächste Heim suchte. Kaninchenstallstr. 73. das musste hier doch irgendwo zu finden sein! Es war still in der Straße in der sich die Wächterin befand. Jedoch war das keine friedliche Stille, wie in den vornehmen Vierteln Ankh-Morporks, sondern viel mehr eine strenge, bedrohliche Stille wie sie in einem Klassenzimmer herrschte, wenn ein Geiselnehmer gerade nicht damit beschäftigt war mit den Wächtern zu verhandeln.
Schließlich erblickten Fräns Augen ein Nummernschild an einer Tür, das der Zahl 73 sehr ähnlich sah. Als sie näher hinging stellte sie fest, dass ihre Augen sie nicht getäuscht hatten. Ihr Klopfen klang unangenehm laut und beinahe sofort ging die Tür mit einem lauten Knarren auf. Ein Junge stand auf der Schwelle und sah die Wächterin misstrauisch an.
"Äh .. ja, hallo."
***
"'Wenn ich arbeiten muff, bleibft du mir gefälligft fern!' Bäbäbäbäbää! Ich haffe Herren! Die find immer fo gemein! Aber daff Herrinnen auch fo fief find, hätte ich nicht gedacht."
Nie wäre es Alber' eingefallen so etwas seiner Herrin zu sagen. Keinem seiner Herren hätte er so was ins Gesicht gesagt. Kein Igor, der seinem Herren etwas dergleichen sagte, würde das nicht bereuen. Alber' wusste genau, wie wichtig ihm die Herren waren. Er hatte seinen Herren nicht nur einmal gewechselt. Meist diente er mutigen Kriegern oder älteren Männern, sogar einen Alchimisten hatte er schon überlebt. Seine Herren verweilten zwar nie sonderlich lange bei ihm, aber er war auch nie lange ohne Herren gewesen. Das gehörte sich für einen Igor schlicht und einfach nicht. Dass er eines Tages bei einer Wasserspeierin landen würde, hatte er allerdings nicht angenommen.
Grummelnd schlich er durch die Straßen der Ankh-Morpork-Docks. Daheim hatte er es nicht mehr ausgehalten vor Langeweile und seine wenigen Aufgaben waren längst ausgeführt. Sallien würde auch erst am Abend wieder nach Hause kommen, bis dahin hatte er praktisch frei.
Ein hämisches Lachen riss den Igor aus seinen Gedanken, "Hey, guckt euch den mal an!"
Erschrocken fuhr Alber' herum. Ein paar Halbstarke kamen auf ihn zu.
"Was'n das?", fragte einer von ihnen.
"Keine Ahnung, aber irgendwie sieht's eklig aus", lachte ein anderer und schubste ihn ein wenig.
"Sieht beinah aus wie ein Igor", stellte der Dritte im Bunde fest.
"Ein
was??", wollte einer wissen, während er sich den Igor aus der Nähe ansah.
"W- Waf wollt ihr von mir!?", schrie Alber' bevor die Frage beantwortet werden konnte.
Die drei Jungs sahen ihn verwundert an.
"Da haben wir ja ein ganz mutiges Kerlchen gefunden", stellte einer mit einem breiten Grinsen fest.
***
Die Korridore sahen unerwartet einladend aus. Zumindest taten sie das dann, wenn man nicht auf die vielen, vielen Risse in der Wand achtete, die graue Wandfarbe mochte, das bunte Gekrakel nicht bemerkte und die Risse in den Kinderbildern, die an die Wand gehängt waren, übersah.
"Wo sind denn deine Freunde?", fragte Frän den Jungen, der sie gerade zu dem Büro der Heimleiterin führte.
"Du meinst die anderen Kinder, die hier leben? Die sind alle draußen", meinte er.
"Und du nicht?", im Vorbeigehen betrachtete die Gefreite die Bilder an der Wand.
"Ich hab heute Pfortendienst, weil mich die Manda bei der Trulle verpetzt hat", erklärte der Junge.
"Aha...", auf den meisten Bildern waren lauter Strichmännchen und halb zerfallene Häuser zu sehen, manche wiesen eine gewaltige Fantasie der Kinder auf und zeigten tatsächlich eine
grüne Wiese.
"Da ist das Büro von der Trulle!", der Junge zeigte auf ein leicht demolierte Tür und ging gleich wieder Richtung Eingangstür. Einen Moment lang blieb Frän verwundert stehen und sah dem Jungen nach. Dann ging sie zur Tür und klopfte sachte an.
Ein dumpfes "Herahaain!" erklang hinter der Tür. Leicht zögernd schob die Wächterin die Tür auf und entdeckte eine ältere Dame, die fröhlich summend an einem Schreibtisch saß und sich mit irgendwelchen Unterlagen beschäftigte. Sie wirkte nicht sehr groß, trug ihre Haare zu einem Dutt hochgesteckt und hielt es anscheinend nicht weiter für wichtig von ihren Unterlagen aufzuschauen.
"Guten Tag, mein Name ist Frän Fromm. Ich bin hier, weil ich fragen wollte, ob Sie denn eventuell ein paar Kinder bei sich aufnehmen könnten?"
Endlich sah die Heimleiterin von ihrem Schreibtisch auf und musterte die Person, die nun vor ihr stand. Sie lächelte ihren unerwarteten Gast freundlich an, wobei sich ihre Pausbäckchen rötlich färbten und riesige Hasenzähne zum Vorschein kamen, und meinte schließlich:
"Guten Tag Fräulein Fromm. Setzen Sie sich doch erst mal."
Frän erwiderte ihr Lächeln etwas unsicher und nahm auf einem weniger bequemen Stuhl, der direkt vor dem Schreibtisch der Leiterin stand, Platz.
Dieses Heim ist gruselig!, stellte sie erneut fest,
Diese Frau erinnert mich so ungemein an einen Hasen! Wenn sie jetzt auch noch irgendwie in der Richtung heißt, will ich hier so schnell wie möglich weg!"Worum geht es denn genau?", fragte die Heimleiterin freundlich.
"Nun, es gab in dem Kinderheim am Ankh einen tragischen Todesfall. Das Fräulein Gern ist unglücklicherweise von uns geschieden. Daher sind die Kinder, die unter ihrer Obhut lebten, zur Zeit ohne ein richtiges zuhause und ich wurde beauftragt Sie zu fragen ob Sie denn die Güte hätten sich ihrer anzunehmen", erklärte die Wächterin mit einem leicht flehenden Blick.
Dieser wurde wiederum von einigen bemitleidenden Tränen auf Seiten der Heimleiterin erwidert: "A- Aber sicher hab ich die Güte... Welch tragischer Verlust... Wie viele Kinder sind denn nun ohne Obdach?"
"Zehn an der Zahl..."
"ZEHN?!"
Frän nickte bedrückt und wollte gerade schildern wie tragisch es diese Kinder doch hatten und welch Glück es doch sei, dass es Menschen gäbe, die sich ihrer annehmen, als sie groß unterbrochen wurde:
"Also davon war nicht die Rede!!", verkündete die Mensch gewordene Hasengestalt, "Ich komme ja mit meinen Rotzlöffeln kaum über die Runden! Wie soll ich da noch weitere
zehn Bengel aufnehmen? Kommt ja so gar nicht in die Tüte!!"
Die Wächterin löste sich aus der Starre des Schocks und versicherte der Heimleiterin: "Ich habe ganz sicher nicht die Absicht gehabt, ihnen
alle elf Kinder anzuvertrauen! Jedoch wäre es sehr freundlich von ihnen, wenn sie zumindest ein paar wenige dieser bedauernswerten Kreaturen bei sich aufnehmen könnten."
Die Trulle sah die Wächterin argwöhnisch an und schien nachzudenken, wobei sie ihre Hasenbäckchen aufzublähen und die Zähne hervorzuschieben schien. Frän versuchte so bemitleidenswert dreinzublicken, wie es ihr möglich war, während ihr immer wieder der Gedanke durch den Kopf zog:
Ohren! Es fehlen nur noch die Ohren! Dann könnte sie als die Frau von Meister Lampe durchgehen!.
"Zwei!", riss Frau Lampe die Wächterin aus ihren Gedanken, "Allerhöchstens!"
Mit einem zuckersüßen Lächeln bedankte sich Frän: "Zu Gütig! Danke ihnen, Fräulein.. äh.."
"Lanpe. Rosa Lanpe", beendete die Heimleiterin ihren Satz.
"Äh.. Lanpe. Gewiss. Werd ich mir merken", mit einem etwas schiefen Lächeln erhob sich die Wächterin von ihrem Stuhl und bewegte sich langsam, aber stetig auf die Türe zu, "Dann noch ein wunderschönen Tag ihnen, Frau Lanpe, ich möchte noch ein paar weitere Heime aufsuchen."
"Verständlich", lächelten die Hasenzähne der Wächterin zu.
"Dann, auf Wiedersehen. Ich meld mich später noch mal, wegen der Kinder und so", mit einem halb verschluckten "Tschühüüs." verschwand sie dann entgültig hinter der Tür und eilte aus dem Haus heraus.
***
Die Kreuzung war gar nicht so schlimm. Der Hafen an sich auch nicht, aber die vielen Männer, die hier arbeiteten, machten ihr Angst. Sie war sich sicher, dass jeder von ihnen sie böse anstarrte. Ob das Sklavenhändler waren? Vor dem Meer hatte sie jedenfalls wesentlich weniger Angst. In dem Meer konnte man nämlich nicht wirklich ertrinken - selbst als Nichtschwimmer. Man verhungerte viel eher oder man erstickte, wenn man besonders ungeschickt hineinfiel. Von
hineinfallen konnte auch nicht wirklich die Rede sein. Viel mehr von
drauffallen und steckenbleiben.
Sie stand an einer Straßenecke und beobachtete die Sklavenhändler und Seeleute aufmerksam. Es herrschte reges Treiben und niemand schien sie zu bemerken.
"Kleines?", ertönte es plötzlich direkt neben ihr.
Erschrocken fuhr sie herum und starrte das Wesen an, das sie gerade angesprochen hatte. Es war nicht annähernd so groß wie das Fräulein Gern es war, aber es sah erschreckend und sehr sonderbar aus mit seinen großen Ohren und den vielen Schuppen, die gräulichgrün schimmerten.
"Schon gut, Kleines. Ich tu dir ja nicht!", vergewisserte es ihr, "Guck! Ich bin von der Stadtwache. Ich heiße Sallien."
Sie starrte auf die Dienstmarke, die ihr gezeigt wurde und erinnerte sich daran, was Fräulein Gern ihr über die Stadtwache erzählt hatte. Sie lachte immer über sie und meinte: "Die Stadtwache ist so ziemlich das Sinnloseste, was Lord Vetinari zugelassen hat, aber sie sind harmlos. Sei also freundlich, wenn du einem Wächter begegnest." Sie sah sich das Wesen mit der Dienstmarke noch mal an und stellte fest, dass es immer noch sehr sonderbar aussah, aber längst nicht so erschreckend, wie auf den ersten Blick.
"I- ich bin Hannah", stellte sie sich schließlich vor.
Sallien lächelte sie freundlich an: "Sag mal was machst du hier, Hannah?"
"Ich weiß nicht...", stellte sie fest, "Fräulein Gern hat geschlafen... und sie ist nicht mal aufgewacht, als ich ihre Lieblingsvase kaputtgemacht habe. Die Jungs haben gesagt sie ist tot... und dann bin ich mit ihnen rausgegangen..."
"Weißt du wo die Jungs jetzt sind?", fragte die Wächterin das Mädchen.
"Weg!", erklärte diese schlicht.
"Ah ja... Sag mal, hast du Fräulein Gern gemocht?"
Hannah nickte ein wenig verlegen.
"Möchtest du nicht wieder mit deinen Freunden in ein schönes Heim kommen und mit anderen Kindern spielen?", fragte die Wächterin weiter.
Wieder ein schüchternes Nicken.
"Hilfst du mir dann deine Freunde zu suchen?", die Wächterin steckte sich ihre Marke wieder an die Uniform und streckte ihr ihre Hand einladend entgegen. Das Mädchen sah sie plötzlich begeistert an und nickte eifrig.
***
Es wurde langsam Mittag und unsagbar heiß in Ankh-Morpork. Der Durst wurde größer, die Arbeit mühsamer und die Flüche heftiger. Frän stand mittlerweile vor einem weiteren Kinderheim. Dies mal war es deutlich typischer als das letzte Heim. Drinnen konnte man hören, wie die Kinder miteinander spielten, sich gegenseitig irgendwelche Sachen streitig machten oder sich wegen sonstigen Angelegenheiten beinahe an die Gurgel sprangen.
Die Wächterin stand schon seit ein paar Minuten vor der Türe und anscheinend dachte auf der anderen Seite kein einziger daran, ihr Klopfen zu erhören und ihr die Türe zu öffnen. Schließlich hatte sie genug vom Warten, öffnete die Tür und schlich sich hinein. Drinnen machte sie mit einem Phänomen Bekanntschaft, das jedem auffiel, der in einem Kindergarten die kleinen Geschwister oder gar die eigenen Kinder abholten musste: Man konnte die Kinder hören, obwohl man sie nicht sehen konnte!
Was daran lag, dass die betreffenden Kinder nicht im Flur rumlungerten sondern sich in den Gruppenräumen aufhielten. Ein wenig irritiert ging Frän durch den Flur an den Garderoben, die sich dort befanden, vorbei und las die Schilder, die an den verschiedenen Türen hingen. Als sie "Haimlaitunk" entdeckte, warf sie einen Blick in ein leeres Büro und entschied sich weiter zu gehen, um nach der dazugehörigen Person zu suchen.
Als die Wächterin gerade eine verdächtig wirkende Tür - es stand "Grupenrahum" auf dem dazugehörigen Schild - am Ende des Flurs öffnen wollte, sprang ihr diese entgegen und ein kleines Mädchen rannte gegen sie, so dass nur noch die Tür diesen Zusammenprall im Stehen überdauerte.
"Oh! Mein Ohm! Ist ihnen etwas passiert, gnä' Frau?", erschallte eine Stimme aus dem Gruppenraum. Eine zierliche Frau kam angerannt und half Frän sofort auf die Beine.
"Es tut mir aufrichtig Leid, gnä' Frau. Melanie, entschuldige dich gefälligst!"
Das Mädchen stand auf, rieb sich das Gesäß und meinte höflich: "Entschuldigung. Ich wusste nicht, dass Sie hinter der Tür standen."
"Äh, ach, schon okay. Ist ja nichts passiert", winkte Frän ab.
"Sicher?", vergewisserte sich die magere Frau ungläubig.
"Wenn ich's doch sage."
"Da bin ich aber beruhigt!", lachte sie und schickte Melanie und die Kinder, die sich dazugesellt hatten - sie gaben hervorragende Ankh-Morporker Gaffer ab - fort. Dann gingen sie in das Büro der Heimleiterin, die sich als Frau Drexel vorstellte, um nicht den Lärm der Kinder überschreien zu müssen. In dem Büro erklärte Frän ihr den Grund ihres Besuches, während ihr die Heimleiterin aufmerksam lauschte. Fraen entwickelte langsam ein Talent dafür, diese Geschichte so herzergreifend und traurig rüberzubringen, dass Frau Drexel zuletzt nicht anderes übrig blieb, als mit Tränen in den Augen zu sagen: "Aber sicher hab ich genug Platz um diese armen Kinder bei mir aufzunehmen! Wie könnte ich auch anders?"
"Ohm sei Dank, dass es so jemanden, wie sie noch gibt", meinte Frän sehr höflich und stand zum Gehen auf, "Ich möchte mich hiermit verabschieden, um die Kinder zu holen."
"Aber natürlich! Ich hoffe wir sehen uns bald wieder - mit den Kindern versteht sich."
Frau Drexel begleitete die Wächterin noch zur Tür und verabschiedete sie dort.
***
Endlich hatte er sie gefunden!! Da war sie nun! Die Unsichtbare Universität!
Seit er sich erinnern konnte, wollte er sie sich mal von Nahem ansehen. Begeistert lief er von einem Eck zum Nächsten und wieder zurück. Er fragte sich wie es wohl drinnen aussah. Ob er vielleicht reingehen sollte? Wieso eigentlich nicht...
***
Hannah entpuppte sich, als ein sehr anhängliches Mädchen. Kaum dass sie merkte, dass Sallien zu den "harmlosen" Wesen der Scheibenwelt gehörte, klammerte sie sich an ihr fest. Und als ihr Zahnstein vorgestellt wurde, klammerte sie nur noch ein wenig fester. Weil es Sallien als störend empfand ein Kind am Bein hängen zu haben, hängte sie sich schließlich um ihren Hals.
Was Salliens Wohlbefinden auch nicht sonderlich verbesserte. Eine ganze Weile gingen sie nun schon durch den Hafen und suchten nach den Jungs, wie Hannah sie nannte.
"Bist du dir sicher, dass sie immer noch hier sind?", erkundigte sich die Wasserspeierin nun nicht zum ersten Mal. Und wieder antwortete ihr ein Nicken.
"Gut, dann suchen wir weiter. Sag bescheid wenn du sie siehst."
Sie gingen wohl keine 20 Meter weiter, als ein flehendes "MA'AM!?!" aus einer Gasse tönte. Sallien fuhr erschrocken herum, während Hannah sich festklammerte um nicht runterzufallen. Mit Entsetzen stellte sie fest, dass ihr Igor gerade von drei Halbstarken in die Mangel genommen wurde.
"Meter!?"
"Ach du Sch..!", machte einer der Halbstarken seine Kumpels auf die Wächterin aufmerksam.
"Was will die Braut?", fragte ein anderer von den Drei.
"Frag sie doch", schlug der erste wieder vor.
Sie wechselten bedeutende Blicke bevor er kurz entschlossen ein paar Schritte auf sie zuging und mit "Was willst du von uns?!", begrüßte.
Sallien war leicht überrascht, dass die Jungs nicht klug genug waren sofort die Flucht zu ergreifen. "Ich will, dass ihr meinen Igor sofort in Ruhe lasst", sie wand sich an Hannah und stellte sie auf dem Boden ab, "Warte mal kurz bei Onkel Zahnstein auf mich."
Mit einem leisen Jammer lies diese die Wasserspeierin los und gesellte sich zu Zahnstein, der das Ganze hinter der Hausecke beobachtete.
"Und was ist, wenn wir ihn nicht in Ruhe lassen wollen?", wandte der Junge ein.
"Dann bin ich gezwungen dich wegen Belästigung eines unbescholtenen Bürgers fest zunehmen", erklärte Sallien gelassen, als sie auf ihn zuging. Der Junge fühlte sich ein Stück weit von ihrem Blick bedroht und wich einen Schritt zurück.
"Was ist denn los, Frank?", fragte einer der beiden Anderen.
"Sie will mir an den Kragen! Ganz sicher!", antwortete er seinem Kumpel.
"Wie kommst du darauf?", fragte dieser weiter.
"Na, sie guckt schon so finster!", erklärte Frank seine Annahme.
"Ich würde vorschlagen das Weite zu suchen", meinte der Dritte.
"Gute Idee, Alfred!", Frank und seine Kumpel wollten sich gerade zum Gehen wenden, als sie Hannah an der Hauswand entdeckten. Diese ging schnurstracks auf die Wasserspeierin vor ihnen zu und tippte sie an.
"Nicht jetzt, Hannah", meinte Sallien, während sie sich auf die Jungs konzentrierte. Hannah wartete zwei Sekunden und tippte sie nochmals an. "Hannah, ich hab gesagt nicht jetzt!", erklärte sie abwesend. Erneut wartete sie zwei Sekunden bevor sie die Wächterin wieder antippte.
"Was ist denn?", platzte es aus Sallien heraus.
"Ich sollte doch bescheid sagen, wenn ich die Jungs sehe", erklärte Hannah leicht eingeschüchtert.
"Ja, und?"
Sie deutete auf die Halbstarken, die sich gerade von ihrer Überraschung erholt hatten und sich aus dem Staub machen wollten: "Ich wollte nur Bescheid sagen, dass sie da sind."
"Oh!", lächelte die Wächterin vielsagend und setzte zum Flug an. Sie flog nur wenige Meter bis sie direkt vor den Dreien landete, "Hallo, Jungs."
"W- was haben sie mit uns vor?", fragte Alfred.
Frank meinte: "Sie können uns nichts tun! W- wir sind nämlich in der Überzahl!"
Der dritte stimmte ihm mit einem entschlossenen Nicken zu.
"Och, nichts weiter! Mein Kumpel Zahnstein und ich wollen euch lediglich in ein neues Zuhause bringen", erklärte Sallien und deutete auf den Troll, der geduldig vor der Gasse stand und auf seine Kollegin wartete. Nebenbei hatte er eine einschüchternde Wirkung auf die drei Knaben, so dass sie beschlossen es für besser zu halten sich den Wächtern nicht weiter zu widersetzen. Alber' hatte sich währenddessen wieder aufgerappelt und Hannah lief Sallien entgegen und hängte sich zugleich wieder an ihr Bein, als diese die Jungs zurück begleitete. Frank, Alfred und der dritte Junge - er hieß übrigens Peter - gingen vor zu Zahnstein, während Sallien von Alber' aufgehalten wurde.
Waf macht diefef Gör bei meiner Herrin?, ging ihm durch den Kopf, als er Hannah und Sallien anstarrte,
Daf ift doch nicht möglich! Diefef Wefen von einem Kind hängt fich da einfach an Fallienf Bein! Und fie fagt noch nicht mal etwaf dagegen! Und daf im Dienft!!!"Was ist denn, Meter?", unterbrach Sallien seinen Gedankenmonolog.
"Ma'am! Fie haben mich enttäuft!", verkündete er.
"Bitte was!?"
"Ich hätte nicht gedacht, daff fie fo ein Flittchen find!", heulte der Igor.
Fragend sah sie ihren Igor an. Sallien dachte über Alber's Worte nach, konnte sie sich jedoch nicht begreiflich machen, erklärte den Grund für seine Worte schließlich für egal und wurde einfach wütend darüber als "Flittchen" bezeichnet worden zu sein.
Sie holte zu ein paar heftigen Schlägen und Tritten aus.
"SAG MAL GEHT'S DIR NOCH GUT!!! WAS FÄLLT DIR EIGENTLICH EIN MICH ALS
'FLITTCHEN' ZU BEZEICHNEN!!??!! DU MISSGEBURT VON EINEM IGOR!!"
"ÄNTFULDIGUNG!! EF TUT MIR LAAAID!", heulte Alber' und machte sich schon bereit die Schläge seiner Herrin zu spüren, als er ihr Fluchen vernahm:
"LASS MICH GEFÄLLIGST RUNTER, ZAHNSTEIN!!!"
Der Troll hielt sie an den Flügeln in der Luft und Hannah klammerte sich erschrocken an die zappelnde Wasserspeierin.
"Du kleinem Mann dann weh tun?", fragte der Troll besorgt.
"DA KANNST DU DRAUF WETTEN!!"
"Das heißen ja?"
"JA!!"
"Dann ich dich nicht lassen los", verkündete Zahnstein entschlossen.
"DU SOLLST MICH RUNTERLASSEN!! UND ZWAR SOFORT!! ODER ICH WERDE MÄCHTIG SAUER!!", drohte Sallien in ihrer eigentlich hilflosen Situation.
"Na und?", fragte Zahnstein.
"Wie? 'na und'?", Sallien erstarrte und Hannah nutzte die Gelegenheit um ihren Griff zu festigen. Jetzt erst erkannte sie, dass der Troll doch nicht so blöd war, wie sie immer angenommen hatte.
"Du schon seien sauer, also egal, wenn du sauer werden", stellte der Troll fest.
Die Wasserspeierin musste feststellen, dass diesem Satz eine gewisse Logik beinhaltet war.
"Sag mal, Zahnstein, wieso kannst du mich nicht einfach runter lassen?"
"Weil du dann weh tust kleinem Mann", antwortet der Troll.
"Könntest du nicht mal ein normaler Troll sein und mich in Ruhe auf andere Leute einprügeln lassen, wenn ich wütend bin?"
"Sallien, könntest du ihm nicht einfach versprechen niemanden zu verprügeln, damit er uns wieder auf dem Boden absetzt!?", meldete sich Hannah zu Wort, "Ich möchte nämlich den Boden nicht besser kennen lernen! Zumindest nicht aus dieser Höhe!"
***
"Sag mal, Igorus, bist du dir sicher, dass wir überhaupt noch in Ankh-Morpork sind?"
Annabella hielt gerade einen bewusstlosen Gnom in der Hand und streichelte diesen, weil sie annahm er würde lediglich ihr Kind spielen und dieses gerade seinen Mittagsschlaf brauchen. Isabella stand neben ihr und versuchte das Eichhörnchen in ihren Händen dazuzukriegen ebenso schön 'Vater-Mutter-Kind' mitzuspielen, aber Sallien hatte dazu keinerlei Interesse und versuchte nur sich aus Isabellas Händen zu befreien.
"Soll ich ehrlich sein?", zweifelte Igorus.
"Jaaa", ertönte der zweistimmige Kinderchor.
"Ich glaube nicht...", stellte Igorus fest, während er auf ein weites unbebautes Feld blickte.
Die Zwillinge seufzten synchron.
"Isabella? Annabella?", tönte es auf einmal übers Feld, "Seid ihr das?"
Ein Mädchen kam weinend auf sie zugelaufen, "Bin ich froh euch zu sehen!!"
"Hermine!?", vor Schreck ließ Isabella Sallien entwischen.
"Was machst du hier?", fragte Annabella, während Isabella sich bemühte Sallien wieder zu fangen.
"I- ich hab mich verlaufen!", heulte Hermine.
"Ähm, ist sie auch aus eurem Heim?", mischte sich Igorus in das Gespräch.
"Ja. Und der Typ, der dort angelaufen kommt auch", der Zwilling deutete auf einen Jungen, der gerade genauso wie Hermine übers Feld lief.
"Der Andi ärgert mich schon die Ganze Zeit!", heulte Hermine wieder und Isabella - sie hatte es inzwischen aufgegeben Sallien fangen zu wollen - tröstete sie.
"Was macht ihr denn hier?", wunderte sich der Junge, als er in Hörweite gelang, "Und was ist das für'n Onkel?"
"Der Onkel ist Igorus!", blaffte ihn Isabella an.
"Er sucht uns schon den ganzen Tag, nur damit wir ein neues zu Hause finden", führte Annabella ihren Satz stolz zu Ende.
Andi sah ihn groß an: "Du willst uns
adoptieren?"
Sallien hüpfte Annabella auf die Schulter und Isabella funkelte sie böse an. Daraufhin streckte ihr das Eichhörnchen die Zunge raus und achtete darauf nicht von der Schulter zu fallen.
"Eigentlich dachte ich an ein anderes Heim für euch. Mit vielen neuen Freunden und so", stellte Igorus seine Absichten richtig. Die Kinder sahen ihn enttäuscht an.
"War ja klar!", motzte Andreas, "Hätt' mich auch gewundert, wenn es tatsächlich wen gäbe, der jemanden wie uns haben wollen würde."
"Halt die Klappe, Andi!", fauchte Annabella sofort.
"Es stimmt doch! Niemand kann so Kinder wie uns leiden! Nicht einmal unsere Eltern!"
Eine halbe Sekunde später schwankte Andi ein paar Schritte zurück und hielt sich seine blutige Nase, während Igorus damit beschäftigt war Isabella davon abzuhalten ihm noch mehr Körperteile blutig zu schlagen.
"Du verdammter Mistkerl!!", fluchte sie und strampelte wild herum, "Wenn du das noch mal sagst schlag ich dir die Birne ein!!!"
"Hey! Hey! Beruhigt euch doch!", redete der Wächter auf die Kinder ein, während Hermine bereits wieder das Heulen anfing. Andi achtete gar nicht weiter auf ihn, "Es ist doch die Wahrheit!"
"Zumindest hattest du so etwas wie eine Familie!", brüllte Isabella und sank in Tränen aufgelöst zu Boden.
***
Die drei Stunden, die Sallien mit Igorus verabredet hatte, waren längst rum, als die Wächter Sallien und Zahnstein die gefundenen Kinder in der Wache absetzten. Die Wächterin gab ihrem Kollegen den Auftrag im Aufenthaltsraum auf die Kinder aufzupassen, was Zahnstein anscheinend nicht sonderlich zusagte. Trotzdem ging er pflichtbewusst und leise vor sich hingrummelnd mit den Gören in den Aufenthaltsraum.
Hannah hatte inzwischen ein gewisses Interesse für Alber' entwickelt. Sie schien ihn für den idealen Teddy zu halten und handhabte ihn entsprechend, während sie Zahnstein in den Aufenthaltsraum folgte.
Sallien ging währenddessen zum Tresen um nachzufragen ob die Anderen nicht zufälligerweise doch schon da waren. Als Wächter Spindel sie von weitem entdeckte, konnte man seine Gedanken - die durchaus nachzuvollziehen waren - praktisch schon von seinen Augen ablesen.
"Hallo Sallien", grüßte er die Wasserspeierin.
"Hallo, sag mal, sind Igorus und Neflie zufällig hergekommen? Wir wollten uns eigentlich schon vor einer Stunde hier treffen..."
Falko dachte kurz nach: "Nee, ich bin mir ziemlich sicher sie zuletzt heut morgen gesehen zu haben. Aber ich glaub ich hab hier was anderes, was dich interessieren könnte."
Er deutete auf einen kleinen Jungen, der gerade damit beschäftigt war einen Fluchtversuch durchzuführen. Jedoch erstarrte er, als ihn der Wächter an der Schulter packte und zu Sallien hin schob.
"HEY! Was soll das!", quengelte er, "Das tut weh, Mann!"
"Er wurde vorhin hier abgesetzt. Hat anscheinend in der Unsichtbaren Universität Unsinn angestellt", erklärte Falko, "Er meinte, er wohne bei einer Leiche am Ankh. Nerviger Junge."
"Aha...", Sallien sah den Jungen interessiert an, "Wie heißt du den, Kleiner?"
"Fritz!", blaffte Fritz.
"Ich heiße Sallien", gab sie freundlich bekannt, "Wenn du brav mitkommst, stell ich dir einen ganz netten Troll Namens Zahnstein vor. Wär das was?"
Fritz sah sie groß an: "Einen echten Troll?"
"Komm mit und sieh ihn dir selbst an", sie nahm ihn an der Hand und verabschiedete sich von einem ziemlich überraschten Falko, während sie zu Zahnstein in den Aufenthaltsraum zurückging.
Spindel blieb noch einen Moment lang verdutzt neben dem Tresen stehen. Eine solche Freundlichkeit gegenüber Kindern hätte er von keinem Wasserspeier erwartet. Vor allem dann nicht, wenn es sich um Sallien handelte. Ein Türknall riss den Wächter aus seinem Erstaunen. Wächterin Fromm hatte soeben den Raum betreten und torkelte geradewegs auf ihren Kollegen zu.
"F- Frän!? Was ist denn los mit dir?", er stützte die Vampirin.
"D- D- D- Du-", stammelte diese.
"Ich?", riet Falko.
"DURST!!"
***
Wo war er hier nun wieder gelandet? Irgendwie kam ihm alles fremd vor. Dabei wohnte er doch schon seit seiner Geburt in dieser Stadt. Ob er vielleicht jemanden fragen sollte wo er sich gerade befand? Vielleicht sollte er versuchen wieder nach Hause zu finden? Vielleicht suchten die anderen ja schon nach ihm?
Vielleicht auch nicht.
Komisch... waren das nicht eben die hübschen Zwillinge aus dem Mädchenzimmer? Oder war das Einbildung? Er sah in die Richtung in der er sie vermutete. Tatsächlich... Da waren auch Andreas und Hermine! Suchten sie vielleicht doch nach ihm? Er lief den Kindern hinterher.
***
"Der Kack hier nervt!"
Frank verpasste dem Tisch vor ihm einen Tritt gegen die Platte, "Wieso müssen wir hier rumhocken? Ist doch total sumpfsinnig!"
"Stumpfsinnig nicht sumpfsinnig", korrigierte Alfred gelassen.
"Wen kümmert's!? Ich hau hier ab!", entschied Frank, "He Zahnstein! Du bist doch ein freundlicher Troll, nicht wahr? So hilfsbereit und zuvorkommend."
Zahnstein fühlte sich ein wenig geschmeichelt - auch wenn er sich über die Bedeutung des Wortes 'zuvorkommend' nicht sicher war - und nickte verlegen.
"Sag mal, findest du es nicht auch etwas heiß hier drin?", fuhr der Halbstarke fort, "Ich würde jetzt so gern raus gehen. Nur für 'nen kleinen Augenblick."
"Sallien sagen warten hier bis sie zurück sein", erklärte der Troll freundlich.
"Mensch Zahnstein! Es ist aber so heiß hier drin. Und ich wär ganz sicher gleich zurück", er legte seinen Arm auf Zahnsteins Schulter.
"Du nicht abhauen?"
"Könnte
ich etwa abhauen? Sehe ich etwa tatsächlich so aus?", Frank machte eine erschütterte Geste. Alfredo und Peter gesellten sich zu ihm und versuchten so zuverlässig und unschuldig dreinzublicken, wie es ihnen nur möglich war.
"Sallien sagen warten hier bis sie zurück sein", erklärte der Troll erneut.
"Mann, des bringt nix!", motzte Frank, als er sich wieder seinen Kumpels zuwandte und mit denen ans andere Ende des Zimmers verschwand. Während Hannah fröhlich mit Alber' spielte, stellte Fritz den gesamten Raum auf den Kopf, indem er etwas suchte von dem er noch nicht wusste, dass etwas dergleichen überhaupt existierte. Sobald er etwas gefunden hatte, rannte er damit zu Zahnstein und fragte den, was der betreffende Gegenstand für ein Ding sei und was man damit mache. Das bedeutete, dass der Junge alle zwei bis drei Minuten zu ihm gerannt kam und fragte "Was ist daaaaas?"
"Das sein ... Dingsbums", erklärte Zahnstein.
"Bei euch heißen aber viele Sachen 'Dingbums'...", stellte Fritz fest,
"Was macht man damit?" Der Junge setzte sich neben den Troll und fing an das Dingsbums zu untersuchen. Zahnstein setzte zu einer Antwort an, als plötzlich die Tür aufging und Fraen Fromm gefolgt von Igorus, Sallien und einer Horde Kinder auftauchten.
***
Sallien ging eine dunkle Straße entlang. Soeben hatte sie das letzte Kind in einem Gruselheim untergebracht. Sie mochte Kinder ja sehr, aber in Zukunft hielt sie es für besser sie in kleinen Portionen zu genießen. Alber' hing an ihrem Schwanz und schlief inzwischen glücklich und zufrieden. Aus einem der Häuser fiel Licht auf die Straße und gedämpfter Lärm deutete darauf hin, dass sich eine größere Menschenmenge darin versammelt hatte. Die Wasserspeierin sah zu dem Schild über dem Eingang. Ja, hier war sie richtig. Ein Besuch im Eimer nach Feierabend war immer richtig. Sie trat in die Taverne ein und atmete erst einmal tief durch. Allein schon der Geruch von Knieweich, verkohltem Schnitzel und Erbrochenem weckte die Lebensgeister in ihr. Sie nahm am Tresen Platz und bestellte sich ein Bier, als plötzlich Frän neben ihr auftauchte und lauthals "HERR KÄSE!! NOCH MAL DREI BIER, BITTE!!" schrie.
"Bist ja ganz schön gut drauf, Frän", kommentierte Sallien.
"Hä? Ach Sally!! Bist du auch endlich da?! Ich dachte schon, du hättest dich wieder mal verlaufen. Komm doch zu uns an den Tisch!", sie drückte ihr eines der Biere in die Hand und zerrte sie mit an einen Tisch, an dem bereits Igorus und Neflie saßen und sich unterhielten. Das heißt, Neflie war nicht mehr wirklich in der Lage eine Unterhaltung zu führen, er saß auch nicht wirklich am Tisch. Er lag vielmehr darauf und ließ sich von Igorus über seine neusten Ideen und Erfindungen zutexten.
"Guckt mal wen ich hier gefunden habe!", rief Frän den beiden fröhlich entgegen.
"Sallien!", stellte Igorus fest, "Auch schon da?"
"Hallo Leute!", grüßte Sallien, als sie sich an den Tisch setzte und Biere abstellte.
"Wie wär's, wenn wir auf den abgeschlossenen Fall anstoßen?", schlug Frän vor.
"Schon wieder?", murmelte Neflie und warf einen gequälten Blick auf sein halbvolles Bierglas.
"Das geht doch nicht. Zahnstein ist doch gar nicht da!", warf Sallien ein.
"Genau!", stimmte ihr Neflie zu, "Dann geht das gar nicht!"
"Ach, Quatsch mit Soße!", winkte Frän lachend ab, "Dann stoßen wir eben noch mal drauf an, wenn er endlich mal aufkreuzt!"
"Na gut", gab sich die Wasserspeierin geschlagen und hob ihr Glas, "Auf den gelösten Fall!"
"Auf das es bald wieder kühlen Fisch gibt!", Frän hob auch ihr Glas.
"Auf das wir nie wieder mit Kindern arbeiten müssen!", Igorus hob sein Glas.
"Auf da-- AAH!!", Neflies Prostspruch ging in einem Blubbern unter.
"PROST!!"
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