Der Fall, der keiner sein sollte

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von Obergefreite Alice (SUSI)
Online seit 16. 02. 2005
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Alice ist nach 6 monatiger Abwesenheit nach Ankh-Morpork und in die Stadtwache zurückgekehrt. Eigentlich soll sie nur eine Zusatzausbildung zum Tatortwächter erhalten aber wegen und von ihrem seltsamen Verhalten auf die Probe gestellt entwickelt sich ein Fall, der eigentlich gar keiner sein sollte...

Dafür vergebene Note: 11

Langsam wand sich die staubige Straße durch die Kohlfelder auf die Stadt zu.
Sie saß am Fenster der Postkutsche und sah auf den nur langsam größer werdenden Fleck, der die Stadt darstellte. Ankh-Morpork. Ihre Heimat. Zumindest eine Heimat, die sie weit über ihren Geburtsort und das Land ihrer Kindheit stellte. Sie hatte sich damals geschworen nie wieder nach Überwald zurückzukehren. Bis ihr Vater sich auf seine letzen Tage ihrer entsann und sie zu sich rief.
Sie schüttelte sich leicht, um die Erinnerung an ihre letzte Reise loszuwerden. Jetzt lag Überwald endgültig hinter ihr, ihre letzte Verbindung zu dieser "Heimat" hatte sie begraben.

Alice schrak aus ihren Gedanken auf, als sie merkte, dass sie die Stadt beinahe erreicht hatten.
Grade fuhr die Kutsche zum immer offenen Stadttor hinein, und der Geruch und die Vertrautheit der Gebäude, die schon von Ferne zu erahnen waren erschlugen sie nun mit ganzer Macht.
Ankh-Morpork. Endlich wieder. Und doch spürte sie neben ihrer Erleichterung zurück zu sein, einen leichten Anflug von Hilflosigkeit. Wohin nun? Sollte sie sehen, ob sie in ihre alte Unterkunft ziehen kann? Oder gleich – sie schluckte bei dem Gedanken – in die Wache?
Zweifel stiegen in ihr auf. Und doch sah sie hier ihren einzigen Weg. Vor mehr als zwei Jahren war sie in die Stadtwache eingetreten, hatte dort relativ schnell und mit viel Freude die G.R.U.N.D. Ausbildung hinter sich gebracht um sich dann bei ihrer Wunschabteilung, S.U.S.I. zu bewerben. Sie wusste bis heute nicht, wieso sie damals dort genommen wurde, sie hatte sich kaum eine Chance ausgerechnet. Doch sie war genommen und zur Spurensicherin ausgebildet worden. Sie war gerade – relativ spät, im Vergleich zu ihren Rekrutenkameraden – zur Obergefreiten befördert worden, und hatte sich vorgenommen sich nun richtig in ihren nächsten Fall zu stürzen, als plötzlich der Bote ihres Vaters sie herausriss und drängte, ihn nach Überwald zu begleiten. Eine eilige Urlaubsbitte an ihren Abteilungsleiter, Pismire, war so ziemlich das letzte, was die Wache von ihr gehört hatte.
Sie hatte zwar einmal von Überwald aus eine weitere Taube geschickt, doch zweifelte sie stark daran, dass diese angekommen war.
Nun, so musste sie eben selber vorsprechen. Erklären, bitten – und versuchen wieder in den Wachedienst aufgenommen zu werden.
Sie zögerte, als ihr aufging dass sie seit dem Verlassen der Postkutsche so in ihre Gedanken versunken war, dass ihre Füße den vertrauten Weg für sie gelaufen waren. Nur wenige Schritte weiter endete die Gasse, in der sie unterwegs war, an den Pseudopolisplatz, an den das Wachegebäude angegliedert war.

Nun denn – auf in den Kampf. Alice betrat das Wachegebäude und eilte in Richtung der S.U.S.I – Räumlichkeiten. Vor dem Büro ihres Abteilungsleiters blieb sie stehen, holte noch einmal tief Luft und klopfte dann höflich an die Tür.
"Herein." ertönte es von innen, und Alice betrat den Raum. Während sie noch heimlich grübelte ob es eine gute Idee war direkt in Reisekleidung zu kommen und die Uniform nur in ihrem Bündel mit sich zu führen, fiel ihr Blick auf den Mann hinter dem Schreibtisch. Alice stockte. Wo sie ihren S.U.S.I. Abteilungsleiter Pismire erwartet hatte, saß nun ihr G.R.U.N.D Ausbilder Humph MeckDwarf.
"Ähm." kommentierte Alice. "Guten Tag , Sir."
MeckDwarf besah sie sich von oben bis unten, rieb sich die Augen und sagte offensichtlich etwas irritiert: "Äh, guten Tag, Miss, was kann ich für sie tun?"
"Äh - sind sie jetzt Abteilungsleiter bei S.U.S.I.? Sir?" fragte Alice erstaunt und setzte, da er sie scheinbar nicht recht erkannte dazu: "Sie waren mein Ausbilder."
"Ach? Ich hab soooo viele Leute ausgebildet ..."
"Alice, Sir"
"Ich kann mir doch nicht jeden... achja.... die Urlauberin, eine Scheibenreise gewonnen?" MeckDwarf grinste.
"Nein, einen Vater begraben, Sir.", antwortete Alice, und betete im Stillen dass nun keine Fragen über dieses Thema kommen würden.
"Oh... Herzliches Beileid, das musste ich auch vor kurzem."
"Hm ...", machte Alice und überlegte wie sie am Besten ihr Anliegen vortragen sollte. "Äh – Danke!" setzte sie hinzu als ihr seine letzten Worte bewusst wurden.
"Ja, also, wie kann ich dir helfen, du warst ja ziiiemlich lange unterwegs."
"Eigentlich ... nun - ich komme um mich zurück zu melden - zum Dienst, Sir."
"Zum Dienst.. äh, ja, was für ein Rang eigentlich?"
"Ich war grade Obergefreite geworden." sagte Alice vorsichtig.
"Äh, ja... äh... Dienstnummer?"
"240484-O-181101" zitierte Alice aus dem Kopf und holte derweil ihre Dienstmarke aus ihrem Bündel, um sie MeckDwarf vorzulegen.
"Und was warst du bei SUSI?"
"Spurensicherin."
"AH. Das ist jetzt aber etwas kompliziert."
"Sir?"
"Obwohl, noch ist es nicht imple..dingst" Mit diesen Worten stand MeckDwarf auf und ging zum Aktenschrank und kramte lange um dann mit einer Akte zurück zu kommen.
"Willst du vielleicht einen Kapputtschino? Du kannst dich übrigens gerne setzen."
"Wenn es keine Umstände macht gerne, Sir." Antwortete Alice, setzte sich unsicher und beobachtete nervös wie ihr Vorgesetzter aufstand, sich kurz mit dem Kapputtschinodämon stritt und dann mit zwei Tassen zurückkam.
"Danke, Sir."
"Vorsicht, SEHR heiß, Philipp übertreibt's manchmal." warnte MeckDwarf, ein keifendes "Ich kündige" vom Kapputtschinodämon ignorierend und blickte wieder in die Akte.
"Also...Du hattest keine großen Verfehlungen, wie ich sehe...wenn man mal davon absieht, dass du ewig weg warst und so ein langer Urlaub normalerweise nicht genehmigt wird."
"Ja, Sir. Ich hatte eine Taube aus Überwald geschickt, Sir, aber ich bezweifle dass sie angekommen ist."
"Die hat spätestens einer der Rekruten zum Frühstück verspeist. Hm. Nun, wie erklär ich das am besten: Die Arbeit des Spurensicherers gibt es in dieser Form eigentlich gar nicht mehr."
"Äh." sagte Alice und schaute ihn erstaunt an. "Sondern?... Sir?"
"Nun, was ich damit sagen will, ist das der Tatortsicherer und der Spurensicherer nun zu einer Spezialisierung zusammengefasst wurde: der Tatortwächter.
"Also gleichzeitig versuchen Spuren zu sichern und eine Menge davon abzuhalten in diesen herum zu trampeln?"
"Das dürfte schwer gehen. Nein, nein, Tatortwächter gibt es nur in 2er- oder 3er-Teams. Einer macht das eine, der andere... äh, das andere."
"Also ähnlich wie früher, nur untereinander austauschbar?" wunderte sich Alice.
"Richtig. Was auch heißt, dass du eine Weiterbildung machen musst."
"Ja. Gerne, Sir." entgegnete Alice erleichtert, als ihr bewusst wurde, dass er von einem Wiedereintritt sprach und sie scheinbar auch in S.U.S.I. bleiben konnte.
"Und dir danach einen Teampartner suchen oder einem 2er-Team als dritte beitreten musst."
"Ja, Sir." Davon war sie zwar weniger begeistert, aber wer würde jetzt Ansprüche stellen?
"Sehr gut. Dann sehe ich eigentlich kein Problem, dass SUSI dich wieder aufnimmt. Du... musst dich nur beim Kommandeur melden und lebend rauskommen.
"Stehen die Chancen sehr schlecht, Sir?" fragte Alice etwas niedergeschlagen.
"Er hatte heute schon seine Rote-Beete-Ration, da isser ganz zahm.", entgegnete MeckDwarf grinsend.
"Danke, Sir."
"Und spätestens morgen früh will ich dich sauber und in Uniform sehen!"
"Ja, Sir, natürlich! Danke, Sir!"

Das Gespräch mit Rascaal Ohnedurst, dem Kommandeur, verlief ähnlich und, zumal Alice ihm schnell erklärte, dass das Problem der Zusatzausbildung schon abgesprochen war, auch erfolgreich.

Am nächsten Morgen wachte Alice bereits früh auf. Schnell nahm sie ihr Frühstück ein und ging sich waschen. Als sie dann – das erste mal, seit fast einem Jahr immerhin! - wieder in ihre Wacheuniform schlüpfte, seufzte sie leise.
Wieder Daheim.
Zu Beginn hatte sie ihre Uniform nicht sehr gemocht, entsprach sie doch so gar nicht dem, was sie sonst zu tragen pflegte und verbarg ihren weiblichen Körper, auf den sie sehr stolz war, mehr als ihr (und einigen Männern) lieb war.
Aber immerhin war sie praktisch. Und machte sie zu etwas. Zu mehr als einer schönen, aber fremden Frau, sie machte sie zu einer Wächterin, einem Mitglied der Stadtwache und der Stadt.
Alice seufzte noch einmal, kämmte sich ihre langen, roten Haare zurecht und verließ pünktlich ihre Unterkunft in Richtung Wache.

"Alice! Dich hab ich ja ewig nicht gesehen, wie geht es dir?"
"Alice, bist du's? Mensch, du lebst ja doch noch!"
"He, pass doch auf... He, Alice, stimmt's? Ewig nicht gesehen..."
"Schön dich wieder zu sehen, Alice! Hast du heute Abend schon was vor?"
Mit immer wachsendem Erstaunen aber ebenso wachsender Freude erkannte Alice die vielen Gesichter die ihr immer wieder nette Begrüßungsworte zuriefen. Einige Gesichter waren ihr gleich bekannt, für andere wiederum musste sie erst in ihrem Gedächtnis kramen. Der da, mit dem hatte sie die G.R.U.N.D-Ausbildung begonnen, jener war ihr bei ihrem letzen Fall über den Weg gelaufen. Viele, die ihr freundlich zunickten waren ihr vollkommen unbekannt, obwohl einige – wie sie mit einem schnellen, unauffälligen Blick auf ihre Abzeichen feststellte – bereits wesentlich höhere Ränge hatten als sie selber.
"Ich war zu lange weg." sagte sie seufzend zu sich selber und überrannte dabei fast einen Rekruten, der sich völlig verwirrt und verschüchtert salutierend und unter vielen Entschuldigungsworten und "mädäm"'s aus dem Staub machte, während man ihm quasi ansah wie er versuchte sich der Bedeutung ihres Abzeichens zu entsinnen.
Und so kam sie trotz ihres frühzeitigen Aufbruches doch erst ganz knapp bei den anderen S.U.S.I an, die bereits auf sie warteten.
Neugierig schaute sie in die Runde der teils vertrauten, teils neuen Wächter, die sie begrüßten.
"Ah, Alice, da bist du ja." begrüßte sie auch MeckDwarf, der gerade aus seinem Raum trat.
"Nun, dann können wir ja anfangen. Ich weiß, dass du die Spurensichererausbildung schon hinter dir hast, wir haben trotzdem noch einen letzen Teil davon vor uns. Schadet sicherlich nicht, noch mal eine Wiederholung zu bekommen, nicht war? Vor allem da du das S.T.Au.B. auch noch nicht kennst. Also bitte alle zur theoretischen Ausbildung!" Zu Alice gewandt fügte er hinzu: "Du hast deine Ausbildung sicher anders erlebt, wir haben grade das zweifelhafte Glück so viele gleich Auszubildende zugleich haben, somit finden einige theoretische Einheiten gemeinsam statt."

Den Vormittag lang saß Alice nun zwischen alten und größtenteils neuen Kollegen und hörte sich Theorien über die Spurensicherung und die dazu gehörige Ausrüstung an. Erstaunlich, was so alles zur Theorieausbildung gehört ... hatte sie das alles vergessen oder gab es das zu ihrer Zeit noch nicht? Trotz allem war für Alice wenig wirklich Neues dabei, und so ließ sie sich mehr oder weniger von ihres Ausbilders Worten berieseln und wurde erst wieder richtig aktiv als es um die neue Ausrüstung der Tatortwächter ging: das S.T.Au.B.
Erschrocken stellte Alice fest, dass sie wohl auch eine zusätzliche Ausbildung mit der Mini-Armbrust machen müsste, welches sie in der G.R.U.N.D-Ausbildung so weit wie möglich vermieden hatte, wodurch sie mit der Handhabung der Waffe zwar vertraut, im Umgang mit dieser aber kaum erfahren war.

Nach einer kurzen Kaffeepause ging es am Nachmittag bereits weiter mit der (zunächst theoretischen) Ausbildung zum Tatortsichern. Die Theorie war ja noch ganz nett, was Alice fürchtete war die praktische Ausbildung – und Anwendung um genau zu sein.
Drängeln und Leute auf Abstand halten war nie ihr Gebiet gewesen...
Nunja, erst mal weiter sehen...
Zur Theorie des Tatortsicherns gab es nicht viel zu sagen, weswegen es auch noch an diesem Nachmittag zur ersten praktischen Übung ging. Dies fand nicht mehr in der Großen Gruppe statt, sondern nur mit einzelnen, einem jeweiligen Ausbilder zugeordneten Wächtern.

Nach einer Runde Drängelei war Alice bereits völlig k.o. und nur der Hinweis ihres Ausbilders, dass dieses für die meisten aus ihrer Gruppe der letzte Schritt der Ausbildung war und sie mit den anderen Einheiten warten musste, bis wieder genug Wächter damit an der Reihe waren (denn Drängeln mit 2 Wächtern lernen zu wollen macht nun mal nicht viel Sinn, und es waren noch genug in Ausbildung, um Alice solange auf die anderen warten zu lassen) beruhigte Alice halbwegs.

Alices Pech hierbei war allerdings, dass MeckDwarf nicht nur jetzt ihre Tatortwächterausbildung leitete sondern sich nun auch wieder ihrer G.R.U.N.D Ausbildung zu erinnern schien, und so ebenso gut wie sie selber wusste, dass ihr noch einige Übung an der Mini-Armbrust fehlte. Somit bekam Alice den Auftrag sich am nächsten morgen nicht bei S.U.S.I sondern im G.R.U.N.D-Gebäude zu melden, um dort am Training mit der Armbrust teilzunehmen.

Als sie endlich am Abend zurück in ihre Unterkunft kam war sie erschöpft wie lange nicht mehr, und fiel bald in einen tiefen Schlaf, über den sie beinahe das frühe Aufstehen am nächsten Tag versäumt hätte.
Lange nicht so munter wie am Tage zuvor machte sich Alice also fertig, schlüpfte in ihre Uniform, nahm in aller Eile ihr Frühstück ein und machte sich auf den Weg – beinahe auf den falschen, dennoch kam sie grade rechzeitig bei G.R.U.N.D an.
Armbrusttraining, noch dazu mit Rekruten, die häufig wesentlich besser waren als sie selber, das passte Alice gar nicht in den Kram und so brachte sie mürrisch und genervt ihren Vormittag bei G.R.U.N.D herum.
"Alice?" sprach eine Ausbilderin sie in der Mittagspause an. "MeckDwarf hat eine Taube geschickt, du sollst heute Nachmittag erst mal wieder zu S.U.S.I, mit der Armbrust kannst du ein andermal weiter üben."

Hoffentlich hat er nicht genug Leute für ein weiteres Drängel-Training beisammen, hoffentlich hat er nicht genug Leute für ein weiteres Drängel-Training zusammen, hoffentlich ... So trat Alice ihren Rückweg zu S.U.S.I an.

"Hi Alice!" grüßte Jack Narrator sie freundlich, als sie den S.U.S.I Raum betrat. "Wie läuft's so?"
"Anstrengend."
"Scheint so, so wortkarg kenne ich dich ja gar nicht. Wie wär’s mit einem Getränk zusammen am Wachetresen, nach Dienstschluss versteht sich?"
"Ich glaub, ich bin dazu zu müde, danke." sagte Alice und ging weiter zum Büro des Abteilungsleiters, ohne den seltsamen Blick zu bemerken, mit dem Jack ihr nachsah.

"Alice, wo willst du denn hin?"
Erstaunt blickte Alice, die grade an der Tür MeckDwarfs stehen geblieben war um anzuklopfen, sich um. Und sah ebendiesen, wie er in der Tür eines anderen Raumes stand, und an dem sie offensichtlich in Gedanken vorbeigelaufen war.
"Entschuldigung, Sir. Ich sollte mich bei ihnen melden, Sir."
"Jaja, ich weiß." sagte MeckDwarf und sah sie etwas verwundert an. "Kann es sein, dass der Tod deines Vaters dich noch ziemlich beschäftigt?"
"Oh. Nein, Sir, eigentlich nicht. Ich hatte nie großen Kontakt zu ihm, Sir."
"Hm." machte der Abteilungsleiter nur. "Nun, warum ich dich hergebeten habe ist folgendes: ich möchte dass du als Spurensicherin mit praktischer Erfahrung mir bei meinem nächsten theoretischen Vortrag für die Auszubildenden etwas hilft. Sachen demonstrierst, vielleicht von deinen Erfahrungen erzählst. Nur solange du noch selber in Ausbildung bist natürlich."
"Ja, Sir."
"Sehr gut. Wenn du bitte einmal mitkommst..."
Diese Theorieausbildung fand offensichtlich bei den Gerichtsmedizinischen Laboren statt, zumindest war dies die Richtung, in die MeckDwarf sie jetzt führte.
"Es geht hier um die Aufnahme von Stoffen für die Gerichtsmedizinische Untersuchung. Textilproben ohne Fingerabdrücke, unbekannte Stoffe, Blut und so weiter." bestätigte MeckDwarf ihre Vermutung während er ihr die Tür zum Labor aufhielt.
"Hier ist eine Ecke mit Sachen, die die Gerichtsmedizin nicht mehr braucht, Blutampullen, etwas Stoff und so, du kannst dir davon etwas mitnehmen, zum Vorführen ... Alles in Ordnung?" fügte er hinzu als er ihren blasser werdenden Gesichtsausdruck sah.
"Ja, Sir. Nur das Blut, Sir." schluckte Alice.
"Das Blut ... hör mal ich denke das Problem hast du schon während deiner G.R.U.N.D Ausbildung schon so gut wie erledigt. Du kannst doch nicht Spuren sichern wollen, wenn du kein Blut sehen kannst!"
"Es ist in Ordnung, Sir, es geht soweit. Nur – es ist so frisch. Reine Gewöhnungssache, Sir."
"Nun, für Blutproben ist das Blut meist recht frisch, oder irre ich mich?"
"Außerhalb des Körpers ist es meist schon relativ trocken, Sir. Bisher kam ich immer mit einem Stück getränktem Stoff aus, der am Tatort zu finden war." sagte sie blass und fügte, seine Antwort erahnend, hinzu: "Leichen haben wir immer gleich ganz mitnehmen lassen, Sir."
"Ich verstehe... Nun, aber ich denke es sollte trotzdem möglich sein den Auszubildenden etwas zu zeigen, nicht war?"
"Ja, Sir.", schluckte Alice und nahm verschiedene Dinge aus der Sammlung mit, auch eine Ampulle Blut, die sie jedoch schnell in einem Fetzen Stoff verbarg.

Eine halbe Stunde später führte MeckDwarf einige Wächterinnen und Wächter hinein. Eine weitere halbe Stunde erzählte er etwas zum Spurensichern, während Alice immer wieder die Dinge, über die er sprach, demonstrierte. Am Ende seines Vortrages dankte er ihr für ihre Mithilfe, ebenso wie einige Zuhörer, die ihr bestätigten dass es viel mehr Spaß mache wenn die Dinge von einer hübschen Frau wie ihr demonstriert wurden. Alice nickte nur.
"Fühlst du dich wirklich gut, Alice?", fragte MeckDwarf, nachdem er ihr eine Weile beim wegpacken der Sachen zugesehen hatte. "Wenn irgendetwas ist kannst du immer zu mir kommen oder, wenn es dir lieber ist kann ich mal einen Wachepüschologen bitten, ob er etwas Zeit für dich hat?"
"Danke, Sir. Ich glaube das ist nicht nötig, Sir.", antwortete Alice nur. "Brauchen sie mich noch, Sir?"
"Nein, danke Alice. Du kannst wegtreten."

Diese Nacht war sie nach dem Dienst nicht so müde wie die Nacht davor, statt dessen hatte das Bild des frischen Blutes und alles, was sie damit verband, in ihrem Kopf eingenistet. Alice schlief schlecht in dieser Nacht, und als ihr Wecker erklang schrie sie vor Schreck auf und saß hellwach in ihrem Bett, bis sie bemerkte was los war.
Müde und unausgeschlafen und ziemlich durcheinander trat sie heute den Weg zum Wachthaus an. Hätte sie wieder zu G.R.U.N.D gehen sollen? Sie war sich nicht sicher. MeckDwarf hatte ihr für heute morgen keine Anweisung gegeben.

Als sie bei S.U.S.I ankam, war sie bereits wenige Minuten zu spät.
"Ich helfe dir gerne, Humph, aber wenn sie nicht gleich kommt, muss ich echt los!" Diese Worte drangen aus dem S.U.S.I Versammlungsraum, als Alice die Tür von selbigem öffnete und vor Schreck ein wenig zur Seite sprang, als sie den Sprecher dieser Worte zwar nicht als S.U.S.I Mitglied aber als Werwolf identifizierte. Anbetracht seiner Wacheuniform, die ihn zusätzlich als Höhergestellten auswies riss sie sich zusammen und grüßte ihn höflich, eilte aber schnell in Richtung ihres Abteilungsleiters davon.
"Ich denke, du brauchst dir keine Sorgen machen.", sagte der fremde Wächter und eilte von dannen.
"Danke für deine Hilfe!", rief MeckDwarf ihm noch nach, aber da war er auch schon wieder verschwunden.
"Hm, Alice."
"Entschuldigung, Sir."
"Auch wenn du noch nicht vollständig zum Tatortwächter ausgebildet bist, Spurensichern kannst du ja... Ich würde dich heute gerne mit einer Kollegin auf einen kleinen Fall losschicken, ok? Reine Spurensicherung, ich glaube nicht, dass all zu viele Schaulustige abgehalten werden müssen."
"Ja, Sir, gerne!"
"Nun denn, Olga-Maria ist schon eingewiesen, sie wird dir alles erklären. Ich habe jetzt endlich mal anderen Abteilungsleitertätigkeiten nachzugehen." Er drehte sich um und schritt auf sein Büro zu. "Bei diesen ganzen Aus- und Weiterbildungsgeschichten kommt man ja zu gar nichts mehr. Ich bin doch nicht mehr bei G.R.U.N.D.", hörte sie ihn noch grummeln, bevor sich die Tür hinter ihm schloss.
"Äh. Ja, Sir.", murmelte Alice irritiert.

"Hallo!" grüßte eine ihr fremde Wächterin, die sie bisher in der Ecke des Raumes übersehen hatte, sie freundlich. "Ich bin Olga-Marie Inös, wir sind zusammen eingeteilt!"
"Hallo! Worum geht's denn?"
Und während einer heißen Tasse Kapputschino, die Alice sich schnell holte, ließ sie sich von Olga-Marie die Geschichte erzählen. Viel war es nicht: Passanten – ganz offensichtlich Touristen, die die Eigenheiten von Ankh-Morpork nicht kannten – hatten der Wache einen Platz in einer Seitengasse gemeldet, auf dem offensichtlich eine Schlägerei stattgefunden hatte.
"Wenn wir uns jeden Platz ansehen, an dem ein par Flecke Blut auf dem Boden sind, sind wir über Jahre beschäftigt, ohne einen einzigen Kriminalfall zu sehen!", grummelte Alice und sowie sie sich zunächst über einen richtigen Fall gefreut hatte, ärgerte sich nun bereits im Stillen über ihre Einteilung zu grade diesem Fall.
"Ich habe gehört, diejenigen, die den Fall gemeldet haben, haben Verbindungen zum Patrizier, und deswegen sollen wir uns des Falls trotzdem annehmen.", Olga-Maria zuckte entschuldigend mit den Schultern.
"Schon ok, ist ja nicht deine Schuld. Also los?"

Wenige Minuten später waren die beiden Wächterinnen wieder in den Straßen Ankh-Morporks unterwegs. Während sie sich um ein kleines Gespräch bemühte, musterte Alice ihre Kollegin. Sie sah ... gewöhnlich aus, zwar nicht sonderlich hässlich, aber auch nicht grade hübsch, und Alice ertappte sich bei der Frage, wie sie wohl mit offenen, zurechtfrisierten Haaren und ohne ihre Brille aussähe. Eigentlich schien die Kollegin ja ganz nett, zwar still aber nicht unfreundlich... Welches Bild die beiden wohl zusammen abgaben? Es war nie von Vorteil neben wahren Schönheiten durch die Stadt zu gehen, wenn man von der Männerwelt gesehen werden wollte, aber zu langweilige Personen trübten dass eigene Erscheinungsbild auch, schließlich sehen Männer lieber zwei statt einer hübschen Frau hinterher, oder?
Alice beobachtete ihre Gedanken halb amüsiert, halb erfreut – in Ankh-Morpork fühlte sie sich endlich wieder sicher, und sicher genug um in Flirtlaune zu kommen, und flirten war schließlich eine ihrer größten Freuden.

"Das war aber eine große Schlägerei...", riss Olga-Marie Alice aus ihren Gedanken.
Nun sah auch Alice sich den Platz an.
Es war eigentlich nur ein kleiner Hinterhof zu keinem bestimmbaren Gebäude, etwas, dass dem Anschein nach beim Bau der Häuser einfach so entstanden ist, eine windgeschützte Lücke, von Häuserrückwänden geformt. Und doch sah dieser Platz irgendwie bewohnt aus, als wäre er Zufluchts- oder Versammlungsplatz für eine Gruppe von Leuten. Im Dunkel einer tieferen Nische waren einige leere und reichlich kaputte, jedoch immer wieder geflickte Kisten eilig aufeinander gestapelt, wie aus dem Weg geräumt. Mehr Kisten standen auf dem Platz – Alice nannte ihn in Gedanken schon "Hof" - herum, dazwischen etwas Müll, eine halbvolle Bierflasche.
Unter dieser möbelhaften Einrichtung, im Dreck des Platzes, sah man die Kampfspuren. Blutspuren waren unter den Kisten zu erkennen, jedoch in keine bestimmte Richtung führend, als hätten sich blutende Körper hier im Kampfe gewälzt. Und als hätte jemand, dieses ignorierend, die Kisten darüber platziert und diese als Sitzgelegenheiten ausgenutzt, soviel erkannten sie an den Fußspuren vor und zwischen den Kisten.
Alice zuckte mit den Schultern. "Eine Straßenschlägerei eben. Der Platz ist interessant, ein netter blickgeschützter Ort, ideal für illegale Aktivitäten.. ich nehme an was hier nach der Schlägerei geschehen ist, ist interessanter als die Schlägerei selbst. Aber sonst...? Wir können von dem Blut und dem Krams der hier so rum liegt einiges Mitnehmen. Falls tatsächlich jemand Interesse daran haben sollte die Sachen zu untersuchen. Oh, und die Fußspuren sichern."
Vorsichtig nahmen sie die Bierflasche sowie einen Fetzen Stoff, der an einer der Kisten hing, mit und nahmen eine Probe des Blutes auf der Erde. Zudem sicherten sie so gut es ging die Fußabdrücke, die sich jedoch vielfach überlagerten, so dass sie nur wenige klar herausarbeiten konnten. In der Nische mit den Kisten fand Alice noch einen kaputten "Musik mit Steinen drin" Button, den sie ebenfalls einsteckte.
"Ok, ich denke das war's ... Keine weiteren Dinge zu finden, von allem Abdrücke, Zeichnungen oder Proben mitgenommen? Gut."
"Warte mal, Alice.", Olga-Marie hatte sich bei einer der Kisten hingehockt und betrachtete sorgfältig den Boden. "Die Gruppe bestand nicht nur aus Menschen – hier stand ein Troll!"
"Wie kommst du auf einen Troll?", fragte Alice verwirrt und ein wenig ungehalten, weil sie den Fall gerne an Ort und Stelle abschließen wollte und dabei keine Ungereimtheiten zulassen konnte.
"Von dort, wo du stehst kann man es nicht sehen, aber hier", Olga-Maria deutete auf eine Stelle am Boden, "hier, zwischen den menschlichen Fußabdrücken ist ein Muster im Blutabdruck zu erkennen. Der Abdruckgröße nach ein Troll. Und dort", sie deutete auf eine Stelle außerhalb der großen Blutabdrücke "sieht man einen ganz schwachen Abdruck in Blut, wie von einem Gegenstand, der eigentlich keine Abdrücke macht, wegen dem Material und der unregelmäßigen Struktur, zum Beispiel Stein – ein Trollfuß." Verunsichert von ihrer langen Ausführung und Alices Schweigen, stockte Olga-Maria an dieser Stelle.
Alice schluckte bei ihrem ängstlich-entschuldigenden Blick eine patzige Antwort, die sie schon auf der Zunge hatte, herunter. Sie ärgerte sich über sich selber, dass sie in ihrer Eile und Ignoranz die Abdrücke übersehen hatte und über ihre Kollegin, die schließlich noch keine abgeschlossene Spurensicherungsausbildung hatte, dass diese sie bemerkt und Alice darauf hingewiesen hatte.
"Du achtest sehr auf Details, was?", fragte Alice schroff, und fügte, als sie ihren Tonfall bemerkte, abmildernd ein "Ist in diesem Beruf auch gut so!" hinzu und lächelte ihre Kollegin unsicher an.
"Und außerdem", bei Alices jetzigem Blick versagte Olga-Maria fast die Stimme, "stehen in der Seitengasse dort seit kurzem ein Troll und zwei Menschen im Schatten."

"Toll bemerkt, Bulle.", sagte eine dunkle Stimme aus der von Olga-Maria gedeuteten Richtung und eine Gestalt trat langsam aus dem Schatten und näherte sich den Wächterinnen. "Und nun, willst du uns verhaften? Soweit ich weiß ist es noch nicht verboten in Gassen stehen zu bleiben."
Alice war nun endgültig sauer. Nicht nur ihre neue Kollegin hatte ihren Fehler bemerkt, nun tauchten auch noch Beobachter auf und zeigten nicht das geringste bisschen Respekt vor den Wächterinnen.
"Ein wenig mehr Respekt gegenüber Wächtern würde ihnen nicht grade schlecht stehen!", entgegnete Alice scharf. "Vielleicht haben sie noch kein Vergehen begangen, indem sie dort stehen, aber wenn sie nicht aufpassen..."
"Das ist Polizeiwillkür, jawohl! Nieder mit der Stadtwache!", das war die zweite menschliche Gestalt, die aus den Schatten trat und von dem Troll gefolgt wurde.
"Halt dich zurück, Irrer!", warnte die erste Gestalt.
"Würden sie sich vielleicht mal vorstellen, anstatt uns grundlos zu beschimpfen?", Alice war empört.
"Du hast dich auch nicht grade höflich vorgestellt, meine Hübsche. Aber ich will's dir verzeihen. Den da, den nennen wir nur '"Irrer", keine Ahnung wie der wirklich heißt, weiß er vermutlich selber nicht. Ich bin der Malki, für Mathias. Und ihn nennen wir Edelstein, weil er absolut nichts Wertvolles in sich hat aber ein absolut treuer Kumpel ist, klar?"
"Alice, Stadtwache Ankh-Morpork.", sagte Alice, die seltsame Vorstellung ignorierend. "Wissen sie, was hier vorgefallen ist beziehungsweise können sie uns Hinweise dazu geben?"
"Wächtern können wir gar nichts geben, nicht einmal "Hinweise"", - der "Irrer" genannte Mann äffte ihre Stimme bei diesem Wort nach. "Aber etwas kann ich dir gratis geben, meine Süße, und zwar -"
"Irrer! Halt dich zurück, du brauchst nicht noch mal Ärger mit der Wache!", dies kam von Malki. "Nimm es ihm nicht übel, er hält nicht viel von der Stadtwache – das heißt: noch weniger als der Rest von uns. Hier war nichts, was die Wache interessieren müsste, eine kleine Straßenschlägerei eben. Ihr könnt wieder abziehen."
Und damit winkte er die anderen zu sich heran, und schickte sich an den Platz, an dem die Wächterinnen grade noch Spurensichern waren, über die klappbare Absperrung hinweg zu betreten.
"Einen Moment bitte.", sagte Alice und baute sich, soweit ihre 1,75 das zuließen, vor Malki auf. "Was meinst du, sind wir hier fertig?", fragte Alice ihre Kollegin.
Olga-Marie, die ihren Blick bisher auf die 3 Gestalten gerichtet hatte, nickte.
"Nun gut, dann dürfen sie diesen Platz jetzt wieder betreten.", erklärte Alice dem grinsenden jungen Mann großmütig. "Aber vorher", jetzt zückte sie ihren Notizblock noch mal "Wir müssen ihnen eventuell noch Fragen stellen, wo können wir sie finden?"
"Entweder hier oder gar nicht.", war Malkis Antwort, mit der er endgültig an ihr vorbeistapfte und sich auf einer der Kisten niederließ.
Niedergeschlagen und innerlich rasend vor Wut ging Alice an der Seite ihrer Kollegin zurück zum Wachegebäude.

"Was waren dass nur für Gestalten?", überlegte Alice laut, als sie mit ihrer Kollegin zurück im S.U.S.I Aufenthaltsraum saß. "So respektlos der Wache gegenüber habe ich bisher kaum jemanden gesehen, zumindest nicht nüchtern. Und irgendetwas war mit seiner – also Malkis - Kleidung ... Hast du jemals zerrissene Kleidung so ordentlich gesehen?", Olga-Marie sah sie ob dieser Frage unschlüssig an. "Seine Kleidung war eben abgenutzt, aber gepflegt. Oft so in den armen Schichten Ankh-Morporks. Was dich vermutlich irritiert hat war sein Ring.", - und als sie Alice zu einer Antwort ansetzen sah fügte sie schnell hinzu: "er hatte einen kleinen Ring am Ohr."
Verblüfft klappte Alice den Mund wieder zu. Bilder von hohen Damen kamen ihr in den Sinn, die so viel Schmuck besaßen dass sie ihn sich noch an die Ohren hängten, um ihn gleichzeitig tragen zu können. Aber das waren lange, kunstvolle Gebilde aus Gold gewesen, keine Ringe – und – nunja – es waren Frauen gewesen.
"Ohrschmuck, bei einem Mann?", Alice war mit diesem Gedanken völlig aus dem Konzept geworfen. "Ich habe gar nicht gesehen ...", begann sie, wurde aber von ihrer Kollegin abermals unterbrochen. "Du hast weniger auf seine Ohren geachtet, denke ich.", warf sie ein und war im gleichen Moment überrascht von ihrer Offenheit. "Und außerdem warst du ziemlich wütend.", fügte sie hinzu, als wolle sie Alice entschuldigen.
"Nun ja, man kann ja nun nicht behaupten, dass er schlecht aussah, ich meine .. Aber – wirklich ein Ring?"

Ihr Gespräch wurde unterbrochen als Humph MeckDwarf den Raum betrat.
"Na, diskutiert ihr über schöne Männer?", fragte dieser als er das mit seinem Erscheinen auftretende Schweigen Alices bemerkte.
"Sir, wir reden über den Fall, Sir.", entgegnete Alice und überraschte Humph mit ihrer ungewohnt kühlen Antwort.
"Fall? Welcher Fall, meine liebe Alice? Soweit ich mich entsinnen kann solltet ihr einen Platz begutachten, auf dem eine Straßenschlägerei stattgefunden hat. Eine Schlägerei in den Straßen Ankh-Morporks." betonte er. "Entweder ihr habt Spuren dass dies ein Fall für eine andere Abteilung ist, D.O.G oder was-weiß-ich, oder aber der Fall ist kein Wachefall."
"Es gibt Ungereimtheiten, Sir.", sagte Alice kalt, denn nun fühlte sie sich endgültig von ihrem Vorgesetzten betrogen, einen Fall vorgesetzt bekommen zu haben, den er nicht nur selber für Blödsinn hielt, sondern dessen weitere Behandlung er von vornherein ablehnte.
"Ungereimtheiten die den Fall noch keiner anderen Abteilung zuordnen lassen, sondern Sache von S.U.S.I sind. Ich spreche da weniger von der Schlägerei selber als von dem, was später an diesem Platz geschehen ist. Da gibt es eine gemischte Gruppe aus Menschen und einem Troll, die scheinbar irgendetwas zu verbergen haben. Außerdem warten wir noch Ergebnisse von den Gerichtsmedizinern ab und zudem waren sie sehr unhöflich und haben versucht den Fall herunterzuspielen und uns wegzuschicken und einer von ihnen hatte auch schon mal Ärger mit der Wache, und gedroht hat er uns auch, und sie wollten einfach über die Absperrung."
Nach diesen wild heraus gestoßenen Sätzen, bei denen Alice selber feststellen musste dass ihre Grammatik und Ausdrucksweise unter ihrer Wut litt und diese offenbarte, musste sie erst mal tief Luft holen, bevor sie sich traute ihren Vorgesetzten wieder anzusehen.
Sie hatte kein gutes Bild abgegeben, dass wusste sie, und sie legte viel Wert auf ein gutes Bild, auch und grade in ihrer Wut.
"Gut.", sagte MeckDwarf und warf ihr abermals einen leicht irritierten Blick zu. "Ich erwarte einen Bericht, aus dem sich hoffentlich klarer erschließt, warum ihr glaubt den Fall fortsetzen zu müssen. Morgen Abend erwarte ich dann weitere Ergebnisse oder den Abschluss des Falles." Mit diesen Worten drehte er sich um und machte sich auf in Richtung seines Büros.

Niedergeschlagen sank Alice wieder ihrer Kollegin gegenüber in den Sitz.
"Dabei weiß ich selber noch nicht wie."
"Der Troll ist der Selbe wie der, dessen Fußabdrücke wir gesehen haben, dessen bin ich sicher." sagte Olga-Maria, wohlweislich nicht auf Alices Ausbruch eingehend. "Mir fällt nichts Besseres ein als sich noch mal um die Gruppe zu kümmern und diese zu befragen. Und der andere von uns muss den Bericht für MeckDwarf verfassen."
Alice seufzte. "Berichte schreiben, statt etwas zu tun, das ist der Teil, mit dem ich gar nichts anfangen kann. Würdest du vielleicht...?"
Olga-Maria starrte einen Moment stumm hinter Alice in die Luft, in die Richtung in die der Abteilungsleiter zuvor verschwunden war. "Ok.", lenkte sie ein, als Alice sich schon umdrehen wollte um zu schauen ob es dort etwas zu sehen gab.
"Danke!" strahlte Alice, griff sich ihren Mantel und zog von dannen. Ohne ihren Abteilungsleiter zu bemerken, der sich noch etwas tiefer im Schatten verbarg nachdem Olga-Maria seine stumme Gestikulation offenbar verstanden hatte und Alice allein aufgebrochen war.

Obwohl die Sonne noch hell am Himmel stand war es bereits dämmrig in der Gasse, in die Alice jetzt zurückging, um nach der seltsamen Gruppe zu suchen. Ja, hier war es, nun links um die Ecke ... Sie stockte, als sie den Platz vor sich sah, nicht nur besetzt von den bekannten Dreien, sondern gefüllt mit Menschen, sogar einigen Zwergen und dem Troll. Sie vermutete zumindest dass dies der "Edelstein" genannte war, sie sah ihn nun von hinten und da sahen für sie wirklich alle Trolle gleich aus.
Grade waren einige der Menschen dabei, verschiedene Gegenstände auszupacken, und Alice versuchte sich im Schatten etwas näher an die Gruppe heran zu schleichen, um zu sehen, was es wohl war, in diesem Moment schaute einer der Menschen auf, die erkannte ihn als Malki, und sah direkt zu ihr herüber.
Alice erschrak, er musste sie gesehen haben, was sollte sie tun wenn er die ganze Horde, es handelte sich jetzt mindestens um 20 Personen, auf sie hetzte? Tatsächlich rief er einem von ihnen etwas zu, lachte dann kurz über dessen Antwort und schlenderte betont langsam in ihre Richtung. Doch keiner der anderen folgte ihm auch nur mit einem Blick, und trotz seines langsamen Tempos stand er schnell bei ihr und hatte sie beim Arm gepackt, bevor sie sich umdrehen und flüchten konnte.
Er zog sie einige Schritte von der Gruppe weg mit sich, bevor er sie sanft aber bestimmt gegen die Hauswand drückte.
"Du begibst dich hier in gefährliches Gebiet, Süße.", sagte Malki leise. "Nicht alle hier sind so höflich wie ich, die meisten haben schon die eine oder andere Prügelei mit der Wache hinter sich, und wenn Irrer ihnen sagt dass du unangenehme Fragen stellst, werden sie nicht zögern dich als nächstes dran zu nehmen."
Ängstlich wand sich Alice in seinem Griff. "Und sie? Wenn sie dazugehören, warum warnen sie mich dann? Und wenn sie anders sind, warum halten sie mich fest?", fragte sie stockend.
Malki zuckte mit den Schultern. "Lass das meine Sorge sein.", mit diesen Worten ließ er sie los, blieb aber so dicht vor ihr stehen dass an Flucht ohne Kampf nicht zu denken war.
"Was willst du hier, und auch noch alleine?"
"Fragen stellen.", antwortete Alice trotzig. "Herausfinden, was hier geschehen ist und was weiterhin hier läuft."
Malki sah ihr eine Weile offen ins Gesicht, offenbar überlegend, wie weit er ihr antworten sollte. Alice nahm diese Gelegenheit erstmalig war, ihn genauer zu betrachten. Tatsächlich, er hatte einen Ring am Ohr, jedoch nicht wie die reichen Damen vom Ohrläppchen baumelnd sondern oben, um den Ohrrücken. Sie lehnte den Kopf an die Wand, um das Gesamtbild überschauen zu können. Ein feines, ebenmäßiges Gesicht hatte er, aber doch nicht weiblich dabei. Und der seltsame Ohrring schien seine männlichen Züge seltsamerweise zu betonen statt abzumildern...
"Hier ist nichts geschehen, was die Wache interessieren muss.", sagte Malki. "Eine Prügelei, es wollte sich jemand mit mir anlegen, etwas Gruppeninternes. Es betrifft damit nur mich, und da ich keine Anzeige erstatte hat er sich für euch erledigt."
"Das hat es nicht!", entgegnete Alice, nun wieder etwas mutiger geworden. "Es wurde Anzeige erstattet, und diese steht nahe mit dem Patrizier in Verbindung. Und außerdem weiß ich noch nicht was ihr seid, und was ihr tut. Und ..."
"Malki, bist du gleich mal fertig? Du sollst nicht die ganze Straße vollkacken, das Publikum wartet!", diese leicht angeheiterte Stimme kam aus Richtung des Hofes, und Alice erkannte eine Figur am Rande der Gruppe, die in die Finsternis in ihre Richtung spähte.
"Komme gleich, immer mit der Ruhe!", rief Malki zurück und wandte sich wieder Alice zu.
"Wenn der Patrizier dahinter steckt wundert’s mich nicht, nur dass er dann Leute wie dich schickt. Scheiß doch auf die hohen Herren, ich dachte sie hätten mehr Hirn. Oder hast du den Auftrag mich zu verführen?"
Alice sah ihn mit großen Augen an. "Warum sollte ich... nein!", brachte sie heraus, nun zutiefst verwirrt und aufgebracht.
"Nun, dann ist ja gut, Süße.", sagte er und strich ihr eine Haarsträhne aus dem Gesicht.
"So meine Kleine, das war's für dich für heut Abend, ich muss spielen. Du solltest weg sein, bevor wir fertig sind und die Menge besoffen ist. War nett dich zu sehen", grinste er und wandte sich von ihr ab.
"Warte – warten Sie.", sagte Alice verwirrt. "Ich muss noch mehr wissen, ich weiß gar nicht was sie meinen mit ... Wo kann ich sie wieder treffen, können sie mir mehr erzählen? Was spielen sie?", Die letzte Frage hatte sie noch versucht zu verschlucken, doch sie war frech und fröhlich ihrer Zunge entschlüpft.
"Hör zu, ich hab jetzt wirklich keine Zeit für dich, und mitnehmen kann ich dich nicht. Komm, wenn es denn sein muss nachts wieder, so gegen 1 müssten alle soweit verschwunden oder betrunken sein, dass ich abhauen kann. Aber lass dich nicht sehen, husch!"
Und damit drehte er sich endgültig von ihr weg und eilte auf die inzwischen laut lärmende Gruppe zu.

Wozu Alice jetzt am wenigsten Lust hatte, war zum Wachegebäude zurückzukehren und von diesem wenig informativen Gespräch zu berichten, doch genau das musste sie jetzt tun. Etwas unentschlossen und sehr nachdenklich schlenderte sie zurück.

Alice sah erneut auf die Uhr. Erst kurz vor Mitternacht, noch konnte sie nicht los. Warum überhaupt zog es sie so zu dieser Gruppe, warum wollte sie so unbedingt mehr herausfinden? Im Prinzip könnte sie mit Malkis Aussage, es hätte einen Gruppeninternen Streit gegeben, den Fall schließen. Sie hatte auch mit Olga-Maria abgemacht, dass sie es morgen tun, wenn sie nun nichts Wichtiges mehr herausfand. Vermutlich hätte Olga-Marie den Fall lieber heute schon abgeschlossen, sie schien Alices Vorschlag gegenüber höflich, aber nicht wirklich überzeugt... Überhaupt schien sie sich Alice gegenüber anders zu verhalten als noch am Vormittag ... aber vielleicht lag dieser Eindruck nur an Alices größer werdenden Müdigkeit und ihrer inneren Unruhe ...

"Huhu, Alice! Träumst du?", sprach Jack sie – zum wiederholten Male, wie Alice jetzt auffiel – von der Seite an.
"Entschuldige, ich bin etwas müde. Hast du etwas gesagt?", fragte sie in der groben Erinnerung, dass er schon eine ganze Weile auf sie einredete.
"Du scheinst mir tatsächlich zu müde zu sein.", entgegnete dieser etwas enttäuscht. "Warum bist du denn noch hier? Ich habe gleich Dienstschluss, soll ich dich nach Hause bringen?"
"Nein nein, danke.", ihr gelang mit Mühe ein freundliches Lächeln. "Ich bin heute noch verabredet. Hat etwas mit meinem Fall zu tun!", ergänzte sie eilig, als ihr einfiel was sie sagte.
"Ich gehe besser schon los!", fügte sie schnell hinzu und schwang sich von ihrem Sitz herab hinaus ins nächtliche Ankh-Morpork, bevor der Kollege auf die Idee kam ihr zu folgen.
Langsam schlenderte sie in Richtung des Hinterhofes, wobei sie feststellen musste dass die Gassen bei Nacht – nunja – wesentlich dunkler waren, und sie sich beinahe verlief, um dann aus der anderen Richtung kommend beinahe direkt auf den Hof zu platzen, anstatt sich wie geplant im Schatten zu halten.
Der Schreck fuhr Alice in die Glieder, als eine Gestalt ihr hastiges stehenbleiben offenbar bemerkte und unvermittelt und mit einer Bierfahne die ihr alleine schon fast den Atem raubte aus der größtenteils sitzenden Gruppe auf sie zuschoss.
"Ein Bulle allein unterwegs. Was für ein Zufall.", grinste die Gestalt hämisch, und entblößte dabei ein Gebiss bei dem Alice an ihren plötzlichen Erinnerungen an Überwald beinahe das Bewusstsein verlor. Ausgerechnet ein Werwolf musste sie entdecken, eines der Wesen vor denen sie auf der ganzen Scheibe am meisten Angst hatte.
Unfähig sich zu verteidigen oder auch nur ein Wort herauszubringen presste sich Alice so fest wie möglich an die hinter ihr liegende Wand, während hinter dem Werwolf langsam mehr Gestalten zusammenkamen. "Na, was machst du hier so alleine, herumschnüffeln? Eine Grundlage schaffen für neue Straftaten, die du harmlosen Bürgern andichten kannst?"
"Die war doch am Tag schon mal da, mit so 'ner Anderen zusammen. Wollte was über den Kampf wissen.", sagte eine Stimme hinter ihm, und Alice erkannte zu ihrem Erschrecken den "Irren", der ihnen schon am Vormittag gedroht hatte.
"Die Kleine wieder? Ach lasst sie in Ruhe.", sagte die wesentlich ruhigere und ihr sehr viel willkommenere Stimme Malkis.
"Seit wann ergreifst du für Wächter Partei, Malki?", lachte der Werwolf höhnisch.
"Seit du dich an Schwächeren vergreifst, Wuffi."
Dieser Satz traf den Werwolf offensichtlich, oder aber es war der unschmeichelhafte Spitzname, den Malki ihm gegeben hatte. Auf jeden Fall fuhr er herum und knurrte Malki an: "Was willst du damit sagen? Willst du dich mit mir anlegen?"
"Sie ist eine Frau, menschlich und alleine, und sie steht mit dem Rücken zur Wand. Du bist ein männlicher Werwolf, überragst sie mindestens um eine Kopflänge, und stehst mit dem Rücken zum Platz hin, umgeben von Leuten auf deren Unterstützung du dich verlassen kannst. Wo also ist hier die Fairness, die du propagierst? Dein Aufstand ist keine Rebellion der Unterdrückten gegen Herrscher sondern dein sich aufplusterndes Ego, dass gerne eine Wacheuniform zerreißen möchte, um ein idiotisches Zeichen zu setzen dafür dass du ja ach-so-stark bist. Doch damit bist du hier falsch."
Der Werwolf merkte dass Malki's Worte die Masse auf seine Seite gezogen hatten, und gab knurrend auf. "Nun denn, sieh zu was du mit ihr anfängst! Ich für meinen Teil hol mir noch 'n Bier und sauf auf den Untergang der Wache! Prost!"
Und damit lief er scheinbar unbekümmert zurück zu den Sitzkisten der Gruppe.
"Gut gemacht.", flüsterte einer der Umstehenden Malki zu. "Damit hast du es ihm gegeben.", ergänzte er unter dem zustimmenden Gemurmel und Genicke der Gruppe.
"Und was hast du jetzt mit der Kleinen vor?", fragte eine andere – wie Alice erstaunt bemerkte weibliche – Stimme aus der Gruppe. "Sie sieht ja jetzt noch aus als würde sie gleich umkippen vor Angst!", fügte sie halb höhnisch, halb mitleidig hinzu.
Anstatt einer Antwort nahm Malki nun Alice beim Arm, führte sie an eine der Sitzgelegenheiten und ließ sie sich setzen.
"Neugier befriedigt?", fragte er sie unvermittelt.
Alice schüttelte nur stumm den Kopf. "I-ich...", stotterte sie, gab es aber auf als ihr die Stimme versagte.
"Gebt ihr mal 'n Bier!", sagte die weibliche Stimme, und jetzt erst gelang es Alice diese Stimme einer Person zuzuordnen. Sie war klein und eher schmächtig, hatte kurzes Haar dass ihr in neongrünen Büscheln wirr vom Kopf abstand und trug zu ihrer zerrissenen Hose ein aufgeschnittenes Hemd, das ihr beinahe von den Schultern rutschte.
Langsam begann Alice nun auch den Rest der Gruppe in Individuen zu unterteilen und zu betrachten. Da gab es einen mit fast Hüftlangem, sehr verzottelten aber sauber wirkendem Haar, der zu einer Lederhose ein verblichenes "Musik mit Steinen drin" -Oberteil trug, einen anderen mit schulterlangen, blauen Haaren, die er in geflochtenen Zöpfen trug, dazu ein zerrissenes, mit Metallnadeln gespicktes (geflicktes?) Oberteil zu einem Kilt ...
Malki reichte ihr eine Bierflasche, die Alice dankbar annahm und von der sie gleich einen kräftigen Schluck nahm.
"Besser?", fragte Malki nach einer Weile.
Alice nickte, obwohl ihr der Kopf – und nicht nur vom Alkohol – schwamm.
"Dann kannst du uns jetzt wohl sagen, was du hier willst.", sagte eine ruhige, aber nicht unbedingt freundliche Stimme aus der Gruppe um sie herum, und erinnerte sie einmal mehr an die Gefahr, in der sie immer noch stand.
"Ich will wissen, wer – und was – ihr seid. Warum und was ihr gegen die Wache habt, und warum ihr Passanten erst bedroht und dann in eure Mitte einladet. Warum ihr so herumlauft wie ihr es tut, warum ihr so neugierig seid, mal so rüde und mal so gescheit redet und so leidenschaftliche Reden schwingt. Und", fügte sie nach einem kurzen Zögern hinzu "wo ihr euer Bier herhabt." Und damit nahm sie einen weiteren Schluck aus ihrer Flasche, teils um ihre Angst zu verbergen und sich der direkten Blicke der anderen zu entziehen, teils weil sie das Gefühl hatte gleich einfach umzukippen und hoffte, dass sich dies durch das Bier verbesserte. Leider tat es das nicht, und so nahm sie die mal prüfenden und mal anerkennenden Blicke um sich herum nur durch einen leichten Nebel wahr.
"Das Bier, dass du die Ehre hattest zu kosten ohne dass man mich gefragt hätte ist mein Selbstgebrautes.", raunte eine Stimme neben ihr und sie wäre vor Schreck fast aufgesprungen, als sie sah dass sie direkt neben dem Werwolf gesessen hatte, ohne ihn wahrzunehmen.
"Keine Sorge", grinste er sie schadenfroh an. "Ich werde dir die Kostprobe schon nicht wieder aus deinen Adern saugen, ich bin ein Werwolf, kein Vampir."
"Lieber zehn Vampire...", murmelte Alice still in sich hinein, nickte aber nur stumm.
"Was deine weiteren Fragen angeht – müssen wir uns glaub ich vorher noch beraten.", fügte er in einem entschlossenen, und in Richtung Malki warnenden Tonfall hinzu.
"Selbstverständlich.", antwortete Malki, der die Spitze wohl bemerkt hatte. "Vielleicht kannst du uns etwas über dich erzählen solange.", fügte er zu Alice gewandt hinzu. "und uns sagen woher dieses Interesse an uns stammt."
"Die Kleine wird wohl noch hinter ihrem vermeintlichen Kampf her sein.", antwortete Irrer in die entstandene Stille hinein für Alice.
"Nein.", sagte Alice erschöpft. "Das ist es nicht – nicht mehr. Deswegen waren wir hier, Meck – das ist mein Abteilungsleiter – hat uns diesen Fall aufgetragen, obwohl er selbst nicht daran geglaubt hat, dass es hier etwas zu ermitteln gibt. Der Fall wird morgen eingestellt wenn ich nicht noch mit neuen aufregenden Ergebnissen aufwarte. Als Straßenschlägerei."
Sie sah nicht, wie ihre Zuhörer sich bei diesen Worten zunickten. "Ich ... Ich bin wiedergekommen um etwas über euch herauszufinden. Glaube ich. Ich – habe nie zuvor Ohrschmuck dieser Art gesehen, Haare in diesen Farben, habe nie zuvor so ehrliche aber ablehnende Reden gehört, habe außerhalb der Wache nie einen Troll gleichgestellt mit Menschen gesehen..." Hier überkam sie wieder der Nebel in ihrem Kopf und eine leichte Übelkeit im Magen und sie schloss den Mund, in der Hoffnung ihren Mageninhalt auf diese Art bei sich zu behalten.
"In der Wache werden Trolle gleichbehandelt?", fragte eine ungläubige Stimme aus dem Hintergrund.
"Natürlich!", Diese Stimme erkannte sie als die Stimme des "Irren". "Klüger sind Menschen, die sich freiwillig der Tyrannei unterordnen sicherlich nicht, dass ist die innere Gleichheit. Und den hohen Herren ist es egal, wer ihnen Speichellecker ist und ihre Befehle ausführt, dass ist die äußere Gleichheit."
Diese Worte wurden mit johlendem Gelächter belohnt, und Alice begann sich zu fürchten in diesem furchtbaren Gelächter zu ertrinken.
"Menschen, Zwerge, Trolle, Vampire, Wasserspeier, Golems, ... alle werden in der Wache zu Wächtern, egal was sie sonst sind." zitierte sie leise einen der Grundsätze der Wache.
Auch dieses wurde mit Gelächter belohnt, teils freundlichem, teils ungläubigem.
"Und", fügte Alice mit hoher Willenskraft nur hinzu: "Wir sind keinen hohen Herren und keinem Tyrannen untergeordnet, nur dem Gesetz. Es geht das Gerücht dass sogar der Patrizier sich einmal verhaften ließ, als er des Kriegsverrates – oder so – angeklagt war."
"Weißt du was, Alice? Das mag sogar stimmen. Aber sobald es nur um Ankh-Morpork geht, und kein anderer Staat die Finger im Spiel hat, solange schreibt der Patrizier das Gesetz. Und zwar ein ungerechtes, in dem den Armen keine Macht bleibt sich zu erheben, und in denen die Reichen die Gesetze immer wieder beugen dürfen. Das ist meine Meinung, und deswegen stehe ich gegen die Stadtwache.", diese Worte stammten von Malki, und Alice schüttelte nur verzweifelt den Kopf, wusste aber nicht wie sie sich erklären sollte.
"Lassen wir das Thema für jetzt.", entschied die Stimme des Blauhaarigen aus dem Hintergrund. "Ich denke wir sollten einiges diskutieren bevor wir uns weiter einer Wächterin öffnen. Um deinem Beruf Sorge zu tragen: wir tun hier nichts, dass gegen geltendes Gesetz verstößt."
Alice nickte nur stumm und stand mit einiger Mühe auf. "Danke.", flüsterte sie noch, und versuchte einige Schritte, als sie schon Malkis stützenden Arm an ihrer Seite spürte.
"Ich glaube fast dir war das Bier zu stark.", grinste er fröhlich. Alice nickte wieder nur stumm.
"Dürfen Wächter eigentlich trinken?", fragte er, während er sie langsam von der Gruppe der anderen wegführte. "Wo musst du eigentlich hin?"
"Im Dienst nicht. Hier links", brachte Alice heraus.
"Und wann beginnt dein Dienst wieder?"
"Morgen um 8 muss ich auf der Wache sein.", antwortete sie schwach und fragte sich im gleichen Moment wie spät es wohl sei.
"Na, dann hast du bestimmt noch gute 5 Stunden!", entgegnete Malki fröhlich und führte sie weiter in die Richtung, die sie ihm wies.
"Eines musst du mir aber noch verraten.", forderte er. "Warum ist Wolle so viel Angst einflößender als ich?"
Sie brauchte einen Augenblick um seine Frage zu verstehen.
"Ich – mag Werwölfe nicht." erklärte sie vorsichtig. "Hängt mit meiner Heimat zusammen, ich komme selber aus Überwald."
"Das, was da in deinen Augen stand war mehr als "nicht mögen".", Stellte Malki fest. "Ich nehme an, du willst nicht darüber reden?"
"Nein!" rief Alice erschrocken aus. "nein, nein..." doch schon überkamen sie trotz allem die gefürchteten Erinnerungen, und ein Zittern ging durch ihren Körper. "Sie waren so viele ..." flüsterte sie. Und meine Mutter ...Nein!" und nun begann sie haltlos zu weinen, Malki nahm sie vorsichtig in den Arm und ließ sie erzählen.
Und Alice erzählte – zum ersten Mal in ihrem Leben – einem Menschen die ganze Geschichte. Die Geschichte des Todes ihrer Mutter, ihre verhassten und in Angst ertränkten Jugendjahre in Überwald, und zuletzt wie sie gegen ihren Schwur nie wieder zurück zu kehren zu ihrem Vater ging, der sie kurz vor seinem Tode zurück zu sich gerufen hatte.
Als sie damit fertig war, weinte sie immer noch still in die Schulter Malkis, der sich nun langsam wieder ein wenig von ihr löste um sie weiter zu führen.
Verlegen wischte Alice sich ihre Tränen ab. "Es .. tut mir leid...", stammelte sie, doch er legte ihr den Finger auf die Lippen und führte sie stumm weiter.
Vor ihrer Haustür angekommen, schickte sich Alice noch mal an etwas zu sagen, doch wieder verbot er ihr das Wort. "Schlafe dich jetzt aus, kleine Wächterin." sagte er nur. "Ich habe dir die halbe Nacht gestohlen, zu starkes Bier gegeben und dich Gefahren und Schrecken ausgesetzt die für dich größer waren als ich gedacht habe. Aber in dein Bett musst du nun noch alleine finden. Ich nutze niemals eine Situation wie diese aus."
Und noch bevor sie seine Worte ganz verstanden hatte, hatte er sich umgedreht und war wieder in der Dunkelheit verschwunden.

Alice schlief traumlos diese Nacht, als sie aufwachte kam sie sich gedankenleer vor und musste sich erst selber daran erinnern, warum sie eigentlich so früh aufstehen sollte.
Als sie auf dem Weg zum Wachhaus war erst fielen ihr die Ereignisse der letzen Nacht wieder ein. Nachdenklich und wesentlich zu spät betrat sie das Wachegebäude und den S.U.S.I Aufenthaltsraum.
"Na Alice? Wie war's nun? Haben wir einen Fall oder nicht?", fragte Olga-Maria sie neugierig.
"Hm.", antwortete Alice nur und holte sich erst mal einen Kapputtschino, mit dem sie sich zu ihrer Kollegin an den Tisch setzte.
"Was hab ich dir bisher erzählt?"
"Nur, dass sich jemand bereit erklärt hat mit dir zu sprechen, aber erst später Zeit hatte."
"Hm.", Alice überlegte. "Nach Wacheuniform und Kenntnis von Ankh-Morpork würde ich sagen: da ist irgendetwas faul. Nach eigener Menscheneinschätzung würde ich sagen: die sind nur seltsam, aber ok." Alice überlegte noch ein Stückchen länger. "Das einzige was mich wundert ... ich hätte gedacht, dass der Blutfleck, die Schlägerei oder was auch immer nichts mit ihnen zu tun hat, nur der Ort zufällig der gleiche ist. Aber sie benehmen sich als wüssten sie etwas, wollten alles damit zusammenhängende verbergen..."
"Hat dein Informant – oder wie auch immer – dir nichts darüber erzählt?"
Alice schüttelte den Kopf. "Ich habe ihn nicht alleine befragen können." berichtete sie und stutzte kurz, als ihr auffiel, das dies nicht einmal ganz der Wahrheit entsprach. "Ähm. Egal. Also – ich war bei der ganzen Gruppe... 12 Leute oder so, und die wollten mir nichts ohne Absprache erzählen."
"Hm. Ich glaube... wir müssen entweder zu MeckDwarf damit gehen, ihn befragen oder wir müssen den Fall abschließen."

"Ich bin dafür dass ihr mal zu mir reinkommt." Diese Worte kamen von ihrem Abteilungsleiter, der grade aus seiner Bürotür getreten war, ein Stück Papier wedelnd.
Neugierig folgten Alice und ihre Kollegin MeckDwarf in sein Büro.
"Ich habe grade euren Bericht gelesen. Was hat das zu bedeuten?"
"Sir, das sind die Sachen, die wir dort gefunden haben, Sir. Und die Personen, die wir dort getroffen haben und unser Gespräch. War etwas falsch an dem Bericht?", Olga-Marie sah etwas betroffen aus.
"An dem Bericht? Nein, in dem Bericht! Ich weiß gar nicht was ihr dort schreibt, das ist nicht das was ihr hättet ermitteln sollen!"
"Was hätten wir denn mit den Spuren ermitteln sollen?", fragte Alice etwas aggressiv.
"Einen unlizensierten Raub, mit eventueller Todesfolge, also einen Fall für R.U.M. Aber nicht mit diesen Spuren. Meine liebe Alice, hast du schon einmal etwas von einem Test gehört?"
Dies verschlug Alice erst mal die Sprache. "Ein Test, Sir?", fragte sie nach einigem Luftholen.
"Unwichtig.", unterbrach MeckDwarf sie. "Die Frage ist warum ihr nicht die vorbereiteten Spuren gefunden habt und was mit dieser seltsamen Gruppe los ist. Ihr wolltet weiter ermitteln, was ist dabei herausgekommen?"
"Entschuldigung, Sir.", fragte Olga-Marie. "Was waren denn ihre Spuren, Sir? Wir haben ja zeitlich leicht unterschiedliche Spuren gefunden."
"Herrje.", MeckDwarf kramte in einer Akte und holte ein beschriebenes Blatt mit einer Skizze hervor. "Eine Blutlache, ein blutiges Haarbüschel, eine leere Brieftasche.", las er vor. Und eine Spur von kleineren Bluttropfen in Richtung Ankh. Moment.", er stockte als er eine Randnotiz las. "Offenbar haben die Kollegen dort in der Nähe eine Verhaftung gemacht. Eine Person, männlich, stark alkoholisiert, versuchte wohl einen Streit mit den Wächtern anzufangen. Vielleicht solltet ihr erst mal herausfinden ob der zu dieser Gruppe gehört."
Er sah von seiner Akte auf. "Es ist doch wirklich unglaublich, da legt man unter so vielen Spuren, die im Nirgendwo enden eine falsche, und diese führt auf eine echte..."
"Warum ein Test, Sir?", Bei dieser Frage klang Alices Stimme nach einer Mischung aus verletzt und sehr, sehr wütend.
"Alice, hast du gehört was ich gerade gesagt habe? Ihr könnt wegtreten." Mit diesen Worten wand MeckDwarf sich wieder seinen Akten zu und Alice blieb nichts anderes übrig als Olga-Maria aus dem Raum zu folgen.
Nachdem die Tür hinter ihnen zugefallen war Schritt Alice stumm zum nächstem Kapputtschinodämonen und holte sich eine Tasse, verbrannte sich den halben Mund als sie sich ihr viel zu heißes Getränk in den Mund schüttete, verkleckerte den Rest des Becherinhaltes auf den Fußboden und ihre Wacheuniform und lief fluchend weiter ins Bad.
Als Olga ihr einige Minuten später folgte, lehnte Alice an der Wand und hatte die Augen geschlossen. "Alles in Ordnung?" fragte Olga-Maria vorsichtig und bekam von Alice nur ein stummes Nicken als Antwort.
"Wollen wir mal nach dem Verhafteten sehen, ob er noch hier ist?" fragte Olga-Maria einige Minuten später. Wieder nickte Alice stumm, richtete sich diesmal jedoch zum gehen auf, öffnete die Augen und verlies den Raum.

Wenig später waren sie an den Ausnüchterungszellen angelangt und erfuhren hier dass der von ihnen gesuchte Festgenommene noch da war. Offensichtlich war es ihm irgendwie gelungen Alkohol an den Wächtern vorbei in die Zelle zu schmuggeln und so hatte er sich gleich wieder betrunken und selbst durch die geschlossene Zellentür versucht mit den anwesenden Wächtern Streit anzufangen. Gerade war er wieder friedlich am Schlafen, so konnten die beiden Wächterinnen ihn in Ruhe betrachten.
Olga nickte. "Der sieht aus, als könnte er zu der Gruppe dazugehören. Was meinst du?"
Stummes Nicken.
"Wissen wir seinen Namen?", fragte Olga-Maria den vor Ort Dienst habenden Wächter. "Er selber bezeichnet sich offenbar als A.B.J. oder so, aber keine Ahnung was das bedeuten soll und ob er sich damit wirklich selber meint. Eigentlich ist das wohl die Abkürzung für so einen bescheuerten Architekten der schon etliche Zeit tot ist, keine Ahnung."
"Der absolut bekloppte Johnson oder so, ich erinnere mich. Nun, ich denke damit können wir erst mal zurück zu MeckDwarf, was meinst du Alice?"
Stummes Nicken.
Alice folgte Olga-Maria den Weg zum Haupteingang der Wache zurück, blieb davor stehen und sah dieser nach wie sie im Gebäude verschwand. Sie überlegte kurz und ging dann am Eingang vorbei zurück in die Stadt hinein.

"Eigentlich macht die Tatsache, dass es ursprünglich nur ein Test sein sollte den Fall interessanter, findest du nicht?", versuchte Olga-Maria ihre Kollegin gerade aufzumuntern, als ihr bewusst wurde dass sie nicht nur keine Antwort erhielt sondern auch keine Schritte mehr hinter sich hörte. "Alice?", fragte sie, während sie umkehrte und aus dem Eingang herausschaute. Von ihrer Kollegin war jedoch keine Spur mehr zu sehen.

Alice ging derweil durch die engen Gassen Ankh-Morporks, bis sie den Platz erreichte, den sie letzte Nacht zuletzt gesehen hatte. Er war verlassen, nur die Kisten und einige leere Bierflaschen zeugten von der Gesellschaft, die sie gestern noch hier angetroffen hatte. Sie setzte sich auf eine der Kisten und schloss die Augen.

Nach was ihr eine Ewigkeit erschien hörte sie Schritte näher kommen.
"Wieder am rumschnüffeln, kleine Wächterin? Oder willst du wieder nur so privat etwas über Punkt herausfinden?"
"Willst du ein Bier?" Das Grinsen des zweiten Sprechers konnte sie in seiner Stimme hören.
Alice zuckte nur mit den Schultern.
"Bist du denn noch im Dienst?", dies war Malki.
Wieder Schulternzucken.
"Na was ist los, Süße?"
Alice öffnete die Augen auch bei dieser Ansprache nicht, sie zuckte nur wider mit den Schultern. "Gehört A.B.J. zu euch?"
"Was interessiert dich, wer zu uns gehört?", die Stimme klang nun misstrauisch.
"Er befindet sich nur in der Ausnüchterungszelle. Vermutlich ist er heute Abend schon wieder hier. Sie haben ihn nur mitgenommen, weil er Streit mit ihnen anfangen wollte."
"Und um uns das zu erzählen bist du hier?", fragte eine andere Stimme. "Oder willst du uns aushorchen? Wir haben immer noch nichts der Wache zu berichten. Hier ist nichts geschehen was euch interessieren müsste."
"Nein. Hier ist nichts geschehen, was euch interessieren muss. Ihr habt die Spuren gefunden, nicht war? Und gedacht, A.B.J. hätte etwas angestellt. Deswegen hatte ich dass Gefühl dass ihr etwas zu vertuschen versucht. Er hat damit nichts zu tun, er wurde vorher festgenommen."
"Und was davon sollen wir dir glauben, kleine Wächterin?"
"Alles. Ich habe es nicht nötig zu lügen. Ihr wolltet ihn schützen, doch es gibt nichts zu schützen. Ich würde wetten er ist heute Abend wieder hier, und bestätigt meine Geschichte."
"Was willst du dann noch hier, meine Hübsche?" Dies war eine Stimme, die sie zuordnen konnte, die Stimme Malkis.
"Ihr seid genauso hereingefallen wie wir. Ich wollte sichergehen, dass ich mich nicht wieder irre. Ich glaube ihr dachtet er hätte etwas getan, und ihr wolltet ihn schützen. Aber er hat nichts getan. Ich wusste nicht einmal, dass es ihn gibt. Ich dachte nur, irgendetwas versucht ihr zu verbergen. Jetzt weiß ich, was es war." Sie öffnete die Augen und sah in Malkis Gesicht.
"Stimmt's?"
"Ich denke nun hast du uns erst mal etwas zu erzählen, bevor du eine Antwort verlangen kannst.", Malkis Stimme klang nun freundlicher, aber vorsichtig.
Alice drehte sich weg und schüttelte den Kopf. "Ich habe nichts zu erzählen. Ich wollte nur sagen, dass ihr euch getäuscht habt." Ihre Stimme klang sehr leise bei diesen Worten.

Malki schüttelte nur den Kopf, zog sich eine Kiste heran und setzte sich zu ihr.
"Und was, meine Hübsche, ist mit dir?"
Der Rest der Gruppe schien bei dieser Frage das Interesse an der Wächterin zu verlieren, setzten sich auf diverse andere Kisten und begannen selber leise und lautere Gespräche.
Alice begann wieder trotzig den Kopf zu schütteln, hörte damit jedoch auf als Malki seinen Arm um sie legte und sie zu sich heran zog.
"Es war ein Test." flüsterte sie leise. "Warum testen sie mich? Ich habe nichts falsch gemacht, warum testen sie mich?"
"Die Wache?" fragte Malki.
Alice nickte. "Sie haben den Platz präpariert, als Test. Warum? Ich habe meine SpuSi-Ausbildung lange abgeschlossen, ich muss nur eine Zusatzausbildung machen zum Tatortsichern. Warum testen sie mich? Warum auf Spuren sichern? Warum überhaupt?"
"Bist du sicher dass es um dich ging? Du warst ja nicht alleine hier, was ist mit der Anderen?"
Alice stutzte. "Olga-Maria? Aber sie ist noch in Ausbildung, und ganz lieb. Ich glaube nicht, dass sie etwas getan hat. Ich kenne sie ja erst seit meiner Rückkehr ..."
"Aus Überwald? Du hast mir davon erzählt. Wie lang warst du weg und seit wann bist du wieder hier?"
Alice überlegte. "Fünf Tage. Und ca. ein halbes Jahr war ich – dort."
"Und du glaubst du kannst jetzt einfach wieder so in die Wache einsteigen ohne dich verändert zu haben."
"Ich ... ich will doch nur dass alles so wird wie vorher.", flüsterte sie leise. "Doch alles ist anders. Zusatzausbildung ist eins, aber irgendwie sind alle komisch und – ich weiß nicht was der Test bedeuten soll und ...", sie zuckte verzweifelt mit den Schultern.
"Süße, ich kenne dich grade seit gestern und merke schon dass bei dir was nicht stimmt derzeit, was meinst du was deine Wachekollegen, die dich vorher kannten sich wundern wenn du nun so auftrittst."
"Wieso stimmt was nicht mit mir?", fragte Alice bissig. "Und wieso glauben Sie, das einschätzen zu können?"
"Zum einen Süße, legst du eigentlich sehr viel Wert auf dich selber, nur dass du derzeit nicht das dazugehörige Selbstbewusstsein ausstrahlst. Es nervt dich immer noch, dass ich dich einfach duze, das passt dir nicht. Du reagierst schroff auf jede Anspielung von uns, obwohl du dich hermachst als seist du nur zum flirten auf der Scheibe, als wärst du von allem überfordert. Du legst dich unnötigerweise mit Leuten an, begibst dich gedankenlos in Risiko, indem du hier einfach dauernd hertaperst, obwohl du weißt wie wir auf die Wache zu sprechen sind. Du weißt nicht, warum du hier bist, ob du ein Bier willst und ob du im Dienst bist und stehst permanent fast in Tränen, sobald dir irgendetwas zustößt. Reicht das?"
Widerwillig und niedergeschlagen nickte sie.
"Geh doch hin zu deiner Wache und frag warum sie dich testen. Bist du auf die Idee schon mal gekommen?"
Nicken. Kopfschütteln.
"Ok. Dann los?"

"Was bedeutet Punkt?", fragte sie unvermittelt und brachte Malki damit zunächst völlig aus dem Konzept und dann in einen kleinen Lachkrampf.
"Das fragst du dich, nicht wahr Kleine?", kicherte er. "Sie möchte wissen, was Punkt ist." erklärte er den wieder aufmerksam gewordenen Umstehenden.
"Tja, meine Süße da gibt's nun zwei Varianten, welche ist dir lieber? Größtenteils ist Punkt eine Musikszene. Einige behaupten es steht für 'politische ungewöhnliche natürliche kommunikative tiefgreifende' Musik. Für mich klingt das eher nach nachträglich erfunden. Eine andere Theorie besagt, dass die ersten PUNKT Musiker, die Urväter sozusagen, nach ihrem Musikstil gefragt, antworteten, dass sie "einfach nur Musik. Punkt." spielen. Sie meinten damit natürlich, dass sie keinen Namen und damit keine Einschränkung für ihren Stil haben wollten. Während die Musiker damit ausdrücken wollten, dass diese Diskussion für sie damit beendet war, interpretierten ihre Zuhörer dieses "punkt" aber als den Namen für diesen Stil und seit dem heißt er so. Punkt."
"Und das ist alles? Darum das Getue?" Alice war wieder einmal verwirrt.
"Süße, du hast das "politisch" übersehen. Diese Interpretation mag zwar nachträglich erfunden worden sein aber sie passt schon zum Inhalt. Wir stehen zu den politisch unterdrückten und gegen die Ungerechtigkeiten dieser Regierung."
"Also gegen den Patrizier?"
"Wir sind Punkte, nicht lebensmüde. Nichts gegen den Patrizier selber, wir merken nur an dass seine Politik nunja – manchmal falsch ist und treten für die Unterdrückten dieser Stadt ein. Dies ist einer der Gründe warum ich dich und jeden anderen in dieser verdammten Stadt duze. Ungleichheiten. Solange die hohen Herren auf die anderen herabsehen und sich von ihnen durch ein "du" oder "sie" abgrenzen spiele ich dieses Spielchen nicht mit. Letztendlich sind alle Menschen unter Menschen gleich. Genauso wie Zwerge, Trolle und sonstige Rassen."
Diese Ausführung wurde mit kleinem Applaus der Umstehenden gefeiert, während Alice staunte.
"Die ursprüngliche Idee des Punkt ist es, niemanden an der Macht zu haben, und keine Gesetze, so dass wirklich alle friedlichen nebeneinander her leben können. Wir haben dazu unterschiedliche Meinungen, ich halte dies für nicht möglich, da sich immer irgendjemand durchsetzt die anderen zu Unterdrücken. Nunja. Das ist – grob gefasst – Punkt. Nur normalerweise in Musik gefasst."
"Und..."
"Und du, meine Süße, überlegst dir jetzt ob dir was an der Wache liegt. Wenn ja gehst du jetzt hin und fragst nach und wenn nein nimmst du dir ein Bier und bleibst hier."
Alice schüttelte den Kopf. "Ich kann nicht hier bleiben."
"Dann los, hau ab!", schimpfte er halbernst. "Vielleicht wartet dein Bier ja auf dich.", fügte er sanfter hinzu. "Jetzt mach dass du weg kommst"

Zurück im Wachegebäude machte sich Alice sofort auf den Weg zu S.U.S.I, dort angekommen blickte sie sich nur kurz um, ob die Olga-Maria irgendwo entdeckt und lief dann entschlossen weiter zum Zimmer ihres Abteilungsleiters.
"Ja, was ist?", fragte MeckDwarf mürrisch als sie an die Tür klopfte.
"Ich bin es, Sir.", sagte Alice in den Raum hinein, in dem Olga-Maria offensichtlich gerade dabei war MeckDwarf die Fakten zu erläutern.
"Mit ungenehmigtem Urlaub hast du es wohl?", knurrte dieser Alice an. "Olga erzählt sie glaubt, du seiest zu dieser Gruppe zurückgekehrt um dich der Fakten zu vergewissern. Warum muss sie glauben, meine liebe Alice? Und warum bist du dann zwei geschlagene Stunden ohne ein Wort aus dem Dienst verschwunden?"
"Sir, ich habe tatsächlich die Fakten überprüft. Die Punkte haben nichts angestellt. Sie haben ABJ vermisst und die Blutlache und so vorgefunden, dann dachten sie eben er hätte etwas angestellt und wollten ihn soweit decken. Deswegen hatten wir das Gefühl, dass sie etwas verbargen, obwohl sie eigentlich gar nichts getan haben. Entschuldigung, Sir."
Alice wurde sich bewusst, dass sowohl MeckDwarf als auch Olga-Maria sie erstaunt ansahen.
"Was zur Hölle meinst du mit Punkten, Alice?"
"Oh. Die Gruppe, Sir. Sie nennen sich Punkte, weil sie Punkt-Musik machen."
"Das ist ja wirklich sehr interessant, aber erklärt nicht, warum du dich nicht abgemeldet hast, zumindest bei deiner Kollegin. Ihr bearbeitet den Fall schließlich gemeinsam. Tatortwächter arbeiten nur in Teams, also solltest du dich schnell daran gewöhnen, wenn dir an der Ausbildung noch etwas liegt."
"Ja, Sir. Deswegen bin ich hier, Sir. Darf ich sie kurz alleine sprechen, Sir?"

Nachdem Olga-Maria den Raum verlassen hatte, setzte Alice sich in den freigewordenen Stuhl und sah den erwartungsvoll blickenden Abteilungsleiter an.
"Sir, es wäre mir wichtig ... Ich wüsste gerne wem der Test galt und warum, Sir."
"Meine Güte, Alice ich habe dich für professioneller gehalten, als das so etwas dich aus der Ruhe bringen könnte."
"Aber nicht für professionell genug um ohne Test bestehen zu können, Sir." Sie schaffte es gerade dies wie eine reine Feststellung klingen zu lassen und die Enttäuschung in ihrer Stimme herunter zu schlucken.
"Keiner zweifelt an deinen Fertigkeiten in der Spurensicherung, Alice."
"Woran dann, Sir?" fragte sie leise.
"Nun Alice, dein Verhalten seit deiner Rückkehr entspricht nicht nur nicht immer den allgemeinen Wachewerten, wie Pünktlichkeit und Arbeit im Team, es entspricht auch durchaus nicht mehr dem, was dir vor deinem Urlaub eigen war. Du wirst unprofessionell, Alice, und in einem Stil in dem wir es für besser befunden haben dich ein wenig im Auge zu behalten. Du hast sicherlich neulich Sidney hier bemerkt? Den Werwolf, du bist fast an die Decke gesprungen als du ihn gesehen hast."
Alice nickte stumm.
"Nun, er hatte den Auftrag einmal 'nachzuriechen' ob dir in Überwald nicht irgendetwas zugestoßen ist, was du der Wache hättest melden müssen. Er hat zwar bestätigt, dass dies nicht der Fall ist, aber deine Reaktion auf ihn und auch das Blut z.B. waren sehr – extrem. Die Frage die ich mir nun stelle ist: warum? Und: wie verträgt sich dies mit der Wache? Jetzt kommt dazu noch dein unabgemeldetes Verschwinden für zwei Stunden – mach weiter so und I.A. Wird auf dich aufmerksam. Und das macht sich nicht so gut, wenn man grade von 6 Monaten nicht genehmigtem Urlaub zurückkehrt."
MeckDwarf sah Alice einen Moment lang fest an. "Sind deine Fragen hiermit beantwortet?"
"Ja, Sir, danke."
"Und kannst du mir nun Antwort geben?"
"Ich fürchte Nein, Sir. Mir wurde nur... von einem Freund geraten zu fragen warum ich getestet werde. Die Antworten kenne ich nicht genau."
"Wie schön zu hören, dass du noch Freunde hast, mit denen du sprichst. Mit den Wächtern die dich kannten scheinst du es nicht mehr so zu halten." Alice bildete sich ein, ein wenig Bitterkeit aus diesen Worten zu lesen.
"Nein, Sir, das liegt nicht an den Wächtern, Sir. Ich denke Überwald hat mich etwas überanstrengt, Sir. Ich – werde mir Mühe geben, Sir."
MeckDwarf sah sie streng an.
"Das hoffe ich, meine liebe Alice. Nun denn. Ich denke dieser Fall, der ja nun eigentlich keiner war, ist soweit gelöst, ihr beiden könnt mit eurer Ausbildung fortfahren. Ich denke ich habe auch genug Auszubildende für ein erneutes Drängeltraining zusammen. Ich nehme an ich kann dich also morgen früh pünktlich zum Dienst erwarten."
"Ja, Sir, natürlich."
"Gut. Sei so lieb und schick mir noch einmal Olga-Maria hier rein, ja? Du kannst wegtreten."

Dieses Mal widerstand Alice der Versuchung, direkt zu den Punkten zurück zu kehren.
Sie eilte zunächst in ihre Wohnung und zog sich um. Dann hantierte sie etwa 20 Minuten mit einer Schere und ihren Nähsachen herum, um sich dann noch dreimal umzuziehen. Etwa eine Stunde später verließ sie ihr Haus und eilte zu dem ihr inzwischen schon vertrauten Platz.
"Wer ist denn die Schnecke?", brüllte ihr ein relativ besoffener Punkt entgegen, den sie als den ABJ genannten erkannte.
"Was habt ihr nur mit ABJ gemacht?", fragte die weibliche Punkt Alice, als sie diese erkannte. "Er war fast nüchtern als er hier aufgetaucht ist! So hab ich ihn seit Jahren nicht gesehen. Nettes Oberteil übrigens."
"Danke.", freute sich Alice. "Eigentlich sollte es ganz anders werden aber irgendwie hat es nicht anders gepasst ..."
"So entstehen hier wohl die meisten Moden!", lachte die Punkt sie freundlich an, und wandte sich dann wieder ihrem Bier zu.
"Dich werden wir wohl nicht mehr los, was?", dies war der Irre.
"So schnell nicht. Aber ich schnüffle auch nicht mehr."
"Hey Süße, wo hast du denn deine Schlagfertigkeit her?", Malki war von seiner Kiste aufgestanden wo er vorher etwas auf einer Gitarre rumgeklimpert hatte und grinste sie fröhlich an. "Bist du gekommen dir dein Bierchen zu holen?"
"Vielleicht auch ..."
"Fall abgeschlossen oder Job verloren?"
"Fall abgeschlossen. Ausbildung leider noch nicht ... aber was soll’s ... Für heut Abend hab ich frei."
"Ach schade, und ich hab so gehofft ich könnte dich mitnehmen morgen früh zur Jobsuche.", grinste er Augenzwinkernd.
"Warum – suchst du einen Job?"
Nun lachte er. "Hast du tatsächlich gedacht, wir tun nichts anderes als hier rum sitzen und saufen? Nein, dass kann sich auch keiner von uns leisten. Einige haben feste Jobs, Roland zum Beispiel", er deutete auf den blauhaarigen, "schreibt und liest Briefe und sonstiges für solche, die selber nicht schreiben und lesen können. Die meisten von uns machen so dies und das, jede Woche was anderes, wo immer grade wer gebraucht wird. Derzeit ist viel Kistenschleppen und so angesagt, am Hafen wo die Handelsschiffe einlaufen. Die meisten haben eine feste Mannschaft, aber ein oder zwei Hilfskräfte werden immer gebraucht."
"Und wage es lieber nicht uns vorzuschlagen in die Wache zu gehen.", warf ein anderer Punkt ein. "Nur weil wir arbeiten heißt es noch nicht dass wir uns zu Knechten und Verfechtern ungerechter Gesetze machen."
Alice seufzte. "Ich hab ja gar nicht vor euch zu rekrutieren, aber ihr seht die Wache immer noch falsch...", an dieser Stelle stockte sie, weil sie einen leichten Ellbogenstoß in den Rippen spürte. Sie drehte sich um und sah die weibliche Punkt.
"Lass sie, sie sind glücklicher wenn sie auf jemanden schimpfen können.", flüsterte sie ihr zu und zwinkerte sie dabei freundlich an.
Alice schüttelte den Kopf: "Irgendwie seid ihr kompliziert..."
Wenig später fand Alice sich in einer netten Unterhaltung und eifrigen Pläne schmieden mit Anna, so hieß die Punkt, wieder.
"Meinst du das geht?", fragte sie grade, als Malki sich von der Seite versuchte sich in das Gespräch zu mischen.
"Na klar, ich helf dir dabei. Sieht sicher klasse aus! Und das mit dem Drängeln kriegen wir auch noch hin ... Was glaubst du wie ich mich hier immer durchsetzen muss! Morgen?" fragte Anna.
Alice nickte. "Ja, gerne!"
"Ich glaub, heut stör ich wohl nur noch... wir sehen uns dann morgen!", grinste sie Malki und Alice an und verschwand im Getümmel der anderen Punkte.

"Na, Kleine, zufrieden?", fragte er sie.
"Fast.", Antwortete Alice ihm vergnügt.
"Was denn los?", hierbei legte er wieder den Arm um ihre Schultern.
"Ihr habt zu große Bierflaschen.", seufzte Alice und blickte auf den Rest in ihrer Flasche hinab. "Ich muss morgen noch zum Dienst..."
Malki grinste. "Kein Problem, Süße.", sagte er, wand ihr schnell das Bier aus der Hand und leerte es selber mit einem Zug. "Problem gelöst?"
"Hm.", grummelte Alice, fing dann aber doch an zu lachen.

Am nächsten Morgen war Alice pünktlich im S.U.S.I.-Gebäude. Während sie auf ihren Ausbilder wartete, bemerkte sie endlich, wie stumm es um sie geworden war. Mehr als einen höflichen Gruß hatte keiner der anderen Wächter ihr entgegengebracht, Jack blickte sogar über sie hinweg und schrieb stumm an einem Bericht weiter, über dem er saß, und Olga-Maria warf ihr nur einen schüchternen Blick zu.
Alice seufzte und ging zu ihrer Kollegin herüber. "Du, Olga, ich muss mich entschuldigen, ich war die letzen Tage nicht so gut drauf ... Eigentlich bin ich es immer noch nicht, aber ich gebe mir Mühe, ok?", fragte sie vorsichtig.
Olga-Maria antwortete mit einem ebenso vorsichtigen Lächeln. "Klar, ist ok."
In diesem Moment betrat MeckDwarf den Raum und ersparte ihnen dadurch weiteres Gespräch, in dem keine von beiden so richtig gewusst hätte, was sie sagen sollte.
Er rief neben Alice noch einige ihr fremde Wächter heran und so begann ihr zweites Drängeltraining, dass sie hauptsächlich überstand indem sie sich auf diesen Abend und Annas Versprechen freute. Diese wollte mit ihr auch das Drängeln üben, allerdings – wie sie sagte – auf eine "frauenschonende Art"...
"Alice, du sollst nicht einschlafen beim Drängeln.", bemerkte MeckDwarf mit einem Seufzen bevor er eine Mittagspause einschob. "Konzentrier dich bitte, sonst muss ich mit dir noch extra üben und dazu haben wir glaub ich beide keine Lust. Heut Nachmittag ist übrigens Theorie, da kannst du wieder bei G.R.U.N.D mit der Armbrust üben."
Also machte Alice sich nach einer kurzen Mittagspause wieder auf den Weg zum Armbrusttraining. Von einigen anfänglichen Glückstreffern motiviert arbeitete sie diesmal sogar relativ konzentriert, wenn auch nicht grade erfolgreicher als zuvor. Vor Dienstschluss meldete sie sich nochmals bei ihrem Vorgesetzten.
"Morgen ist wieder Drängeln angesagt. Bitte versuche dieses Mal dich etwas mehr zu konzentrieren, sonst sitzen wir da wirklich noch ewig dran."
"Ja, Sir."
"Gut. Ich sehe dass du dir Mühe gibst, weiter so. Du kannst wegtreten."
"Ja, Sir. Gute Nacht.", wünschte sie noch als sie voller Vorfreude aus dem Wachegebäude in Richtung der Punkte ging.

Am nächsten Morgen war sie bereits eine Stunde zu früh im Dienst, hatte den Kapputtschinodämonen geweckt und beschäftigte ihn mit einem Auftrag nach dem Anderen.
"Ist bald mal genug?", keifte dieser sie nach einer Weile entnervt an.
"Mach du mal beim Drängeltraining mit.", entgegnete Alice müde. "Und dann motz noch mal rum."
"So, das reicht jetzt! Du bekommst heute keinen Kapputtschino mehr von mir!", verkündete der Dämon aufgebracht und lies sich von Alices Drohen und Bitten nicht mehr erweichen.
Zum Glück kamen nun nach und nach die anderen S.U.S.I. Kollegen zum Dienst und wunderten sich über die übernächtigte Alice und den keifenden Dämonen.
"So pünktlich Alice? Aber nicht ausgeschlafen wie ich sehe", seufzte MeckDwarf als er sie sah.
"Es ging nur eines von beiden, Sir.", antwortete diese müde. "Aber das Drängeln schaffe ich trotzdem, denke ich, Sir."
Er sah sie eine Weile irritiert an. "Hast du deine Haare in den Kapputtschino hängen lassen?" fragte er nach einer Weile.
"Nein, Sir."
"Du hast –äh – etwas im Haar."
"Ja, Sir. Ich weiß."
"Ähm nun gut.", irritiert blickte er nochmals Alice an, zuckte dann mit dem Schultern und ging in sein Büro.
Alice grinste hinter seinem Rücken.
Doch gut, dachte sie, dass ich erst nur mit den schwarzen Strähnen angefangen habe... Stolz nahm sie einige Strähnen ihres Haares in die Hand und führte sie sich vor Augen, um sie besser betrachten zu können. Sorgsam reihte sich eine ihrer naturroten Strähnen neben eine schwarz gefärbte, dann wieder eine rote ...
"Alice?", Alice strich rasch ihre Haare wieder nach hinten um in Olga-Marias grinsendes Gesicht blicken zu können.
"Kommen demnächst auch noch Ohrenringe dazu?", fragte sie lächelnd.
"Ich habe eher an die Nase gedacht ...", antwortete Alice mit einem Grinsen und zwinkerte ihr verschwörerisch zu.
Olga-Maria grinste zurück. "Na dann is ja gut. Heute gar keinen Kapputtschino?"
"Er gibt mir keinen mehr.", seufzte Alice und deutete auf den inzwischen wieder schlafenden Dämonen.
"Na denn fröhliches Drängeln.", wünschte Olga-Maria ihr und verschwand in Richtung Gerichtsmedizin.

"Alice, wer hat gesagt dass du deinen Gegnern den Rücken zuwenden sollst ehe du sie zurückdrängst? Und von Springen hat auch keiner was gesagt!", MeckDwarf beobachtete Alices neuen Trainingselan mit Misstrauen.
"Wissen sie – vorne tut es mir weh, auch mit Brustplatte. Hinten tut es den andern weh. Und springend habe ich mehr Kraft – stehend die anderen.", erklärte Alice ihrem erstaunten Ausbilder was Anna ihr in der Nacht zuvor gezeigt hatte. Dass es so außerdem noch Spaß machte und man sich an die Punktklänge und das Getobe vom Vorabend erinnern konnte erwähnte sie lieber nicht. Nach einigen Minuten der "Theorie" mit Alice hatte Anna gestern die anderen animiert mit zu machen, und kurz darauf hatten Malki, Irrer und einige, deren Namen sie nicht kannte ihre Instrumente geholt und Punkt gespielt. Die Feier und das Gedrängle hatten bis zum frühen Morgen gedauert, als die ersten Punkte sich auf den Weg zur Arbeit machen mussten. Dies war auch der Grund gewesen warum Alice lediglich zum Waschen, nicht aber zum Schlafen nach Hause gegangen war vor ihrem Dienst.
"Du sollst die Leute aber nur hindern den abgesperrten Bereich zu betreten und sie nicht zu einer besseren Straßenschlägerei einladen oder sie verletzen.", knurrte ihr Ausbilder.
"Ja, Sir", antwortete Alice niedergeschlagen. "Ich gebe mir Mühe."
Und am Abend dieses Tages hatte sie tatsächlich eine Taktik des Drängelns gefunden, mit der sowohl sie als auch ihr Ausbilder sich zufrieden gaben.
"Schaffst du es morgen wohl ausgeschlafen zu sein?", fragte ihr Ausbilder.
"Ich gebe mir Mühe, Sir.", antwortete Alice und schlurfte davon.

"Darf ich dich eine Runde entführen?", fing Malki sie auf ihrem Weg ab.
"Aber nur kurz, ich muss heute echt mal schlafen...", antwortete sie und er nickte, nahm sie beim Arm und führte sie in die dunkler werdende Stadt hinein. In der Nähe des Palastes auf einem Hof hieß er sie warten und verschwand über eine kleine Mauer in ein verlassenes Gebäude.
Kurze Zeit später kam er mit einem kleinen, aufgerollten Teppich über der Schulter wieder zum Vorschein und bat sie abermals, ihm zu folgen, diesmal auf eine relativ abenteuerliche Klettertour auf das abgeflachte Dach des nächsten Gebäudes.
"Hier schlafen einige der Bürger, die sich zwar für hoch genug halten, auf die anderen herabzuschauen aber nicht hoch genug sind sich gegen Assassinen besondere Schutzmechanismen leisten zu müssen.", erklärte er Alice, als sie bei ihm ankam.
"Wenn sie wüssten, dass wir es uns auf ihrem Dach gemütlich machen ..." er grinste, rollte den Teppich aus, setzte sich hinauf, holte zwei Bierflaschen aus einer Tasche und winkte der erstaunten Alice sich zu ihm zu setzen.
Und als er sie in seinen Arm zog und stumm auf die sich unter ihnen erstreckenden Häuser Ankh-Morporks blickte seufzte er leise.
"Sicherlich nichts gegen den Kunstturm oder so aber für eine so hässliche Stadt doch ein recht passabler Ausblick, findest du nicht? Hier sitze ich oft wenn ich nachdenken und neue Lieder entwerfen will. Über den Misthaufen dieser Stadt."
Alice blickte ihn von der Seite an. "Ist das so was wie Punkt-Romantik?", fragte sie leise.
"Vielleicht..."
Nach einer Weile sprach er sie wieder an: "Hör mal Kleine ... Ist für dich jetzt alles gelöst?"
Sie blickte ihn eine Weile an und nickte stumm.
"Sehr gut..." und er zog sie näher zu sich heran um sie sanft zu küssen.
Zählt als Patch-Mission.



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Feedback:

Von Ophelia Ziegenberger

28.02.2005 22:13

Lob: Originelle Beschreibung des Scheibenweltäquivalents zum Punk. Schöne Darstellung eines ausgefallenen, selbstbewussten Charakters (Zumindest ursprünglich ja wohl mal). Prima Idee zum Fall, der zwar gegeben aber relativ ungefährlich und unbedeutend, dennoch für die Hauptfigur privat bedeutungsvoll wird. Was mir auch zusagte war die schonungslos 'ehrliche' Darstellung des unfairen Verhaltens, das aus der inneren Bedrängnis heraus resultierte.

Kritik: -----

:wink: Habe natürlich auch dementsprechend gewertet.

Von Alice

03.03.2005 21:30

danke dir für dein lob .... :)


hm ich habe erst nachdem ich die single online gestellt habe gesehen dass die meisten ein "kritik: ja" - oder ähnliches unter ihren Missionen haben .. braucht man soetwas seit neustem um kritik zu bekommen? wenn ja hiermit nachträglich: ohne kritik kann ich mich nicht weiterentwickeln, also immer her damit! :)

Von Hatscha al Nasa

03.03.2005 22:00

*g* Das mit der Kritik ist so: Es gab Leute, die keine Kritik auf ihre Singles haben wollten, also wurde das in der Mission vermerkt und der Thread über die Mission im Lob und Verbesserungen Forum sofort geschlossen.
Du solltest nur deinem Korrektor bescheid geben, ob du Kritik haben willst, bzw besser, wenn du keine haben willst. Das ist eigentlich das ganze Geheimnis. Ich hoffe, ich hab das jetzt einigermaßen verständlich rüberbringen können :)

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