Wan-Schu

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von Hauptgefreite Drei Hungrige Mäuler (DOG)
Online seit 28. 01. 2005
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Die Vergangenheit holt den achatischen Dobermann ein – womit wird sie Drei Hungrige Mäuler wohl konfrontieren? Und was hat es mit dem roten Löwen auf sich? Wieder ein neuer Fall für die Gildenexpertin – wird sie diesmal ihr ganzes Können unter Beweis stellen? Wir werden sehen....

Dafür vergebene Note: 14


Die Geschichte spielt zu einer Zeit, in der der Abteilungsleiter der D.O.G noch den Rang eines Feldwebels innehatte, Leopold von Leermach sein getreuer Stellvertreter war und die F.R.O.G ihren wohlverdienten "Urlaub" angetreten hatten. Sollte hier jemand ungerechtfertigter weise degradiert worden sein, oder vor der Zeit befördert, bitte ich an dieser Stelle vielmals um Entschuldigung.



***Irgendwo in Morpork***


Dunkelheit umgab die beiden maskierten Gestalten, die ihre Schritte eilig über kiesbestreute Wege lenkten. Dann und wann huschte eine Fledermaus zwischen den Bäumen umher.
"Gratuliere Ede, das war ja wirklich einfach!" Ein zufriedenes Lächeln stahl sich in die, von zuviel Intelligenz verschont gebliebenen, Gesichtszüge des Kleineren.
"Du Idiot!", zischte sein Begleiter, "Natürlich war es einfach!" Ärgerlich schwang er den kleinen Beutel hin und her.
"Aber, E.." Ein dumpfer Laut unterbrach die Schlussfolgerungen des Ersten.
Nicht, dass Ede etwas dagegen gehabt hätte, dass Nicks ständiges Gebrabbel unterbrochen wurde - es ging ihm bereits seit zwei Stunden permanent auf die Nerven – dennoch war diese Gesprächspause nicht Teil des Planes. Irgendwas schien schief zu laufen. Er wandte sich um.
"Na, wen haben wir denn da?" Ein untersetzter Mann in einem schwarz-weiß gestreiften Hemd unter einer dunklen Jacke, ebenso wie Nick und er, mit einer dunklen Augenmaske, stand hinter seinem am Boden liegenden Partner. Lässig ließ er seinen Knüppel hin und her schwingen. Bevor Ede noch reagieren konnte, spürte er die harte und kalte Klinge eines Messers an der Kehle. Verdammt! Jetzt wurde es eng.
Eine Stimme, die aus demselben Material wie das Messer zu bestehen schien, raunte ihm ins Ohr.
"Her mit der Beute, oder ich lasse Schnitter tanzen!"
Heiser versuchte Ede etwas zu seiner Verteidigung vorzubringen. "Kollegen", krächzte er.
"Ach nein, was du nicht sagst", erklang es sarkastisch seitens des Knüppelschwingers. "Wohl neu dabei?"
Die Stimme an seiner Seite drang kalt in sein Gehirn. Eifrig versuchte Ede zu nicken, wurde sich der Präsenz von Schnitter allerdings sofort wieder schmerzhaft bewusst und presste ein dünnes "Ja" zwischen seinen Lippen hervor.
"Oh, ich verstehe", Ede wusste nicht was ihm unangenehmer war – die Stimme oder der Stahl, "dann seid ihr also frisch von der Akademie. In diesem Fall..."
Erleichtert seufzte Ede auf.
"...seid ihr wohl so und so kein großer Verlust!" Grausam schnitten Worte und Stahl durch Edes Fleisch. "Stümper! Wann werden diese Unlizenzierten endlich begreifen? Jeder kleine Gildenschüler weiß, dass dies hier mein Gebiet ist, so wahr ich Johann Börgler heiße!"
Johanns Begleiter war eifrig bestrebt, mit heftigem Nicken, seinem Partner zuzustimmen.
"Was haben sie denn dabei, Chef?"
Börgler nahm dem still verblutenden Ede den Beutel ab. Ein anerkennender Pfiff stahl sich über seine Lippen, als er die Beute herausnahm. Der Mond schob sich zwischen den Wolken hervor und warf sein bleiches Licht auf die Szene. Gieriges Glitzern trat in Johanns Augen.
Es war ein Ring, ein Ring aus massivem Gold, gekrönt von einem gewaltigen Rubin in der Form eines Löwen.

***Erinnerungen***


Gedankenverloren rührte sie einen weiteren Löffel Honig in ihren Tee. Die dampfende Masse wies bereits eine leicht zähe Konsistenz auf, fast wie erhitztes Ankh-Wasser, dennoch bei weitem wohlriechender. Abermals tauchte sie den Löffel in den halbleeren Honigtopf und beobachtete, wie sich die goldfarbene Masse langsam ihrem Schicksal entgegenneigte, ein Schauspiel das entfernt an einen Sonnenaufgang auf der Scheibenwelt erinnerte, als würde sich das Licht zähflüssig über die Landschaft ergießen, um sich mit der weiten grünen Fläche der Kohlfelder in der Ebene zu vermischen.
Doch die Frau mit den dunklen Augen würdigte den erhebenden Vergleich in keinster Weise. Ihre Gedanken weilten an einem anderen Ort, lichtlos, bis auf das flackernde Kerzenlicht auf dem kleinen Tisch neben ihr, das den Gegenständen darauf skurrile Schatten entlockte.
"Ganz ruhig, entspann dich."
Erneut hörte sie die tiefe männliche Stimme, die hinter ihr erklang. Behutsam strichen seine Finger über ihren Oberarm. Ihr Atem ging flach. Sie war aufgeregt, nervös, aber sie wusste, dass er Recht hatte. Je verkrampfter sie war, desto heftiger wäre der Schmerz und sie hatte Angst davor. Dennoch wollte sie es. Fest biss sie die Zähne zusammen und zwang ihre Gedanken in eine andere Richtung, weg von dem Mann, weg von den Geschehnissen.
Ein leichtes Ziehen, verursacht durch die unwillkürliche Anspannung ihres Körpers, brachte sie wieder in die Gegenwart zurück. Sie unterbrach ihr beständiges Rühren und erhob sich aus ihrem Stuhl.
Langsam, vorsichtig, öffnete sie ihre Jacke und ließ sie über die Schulter gleiten. Der Blick in den Spiegel bestätigte es, sie hatte sich verändert letzte Nacht. Mit leuchtenden Augen strich sie sanft über ihren Oberarm. Zärtlich streiften ihre Finger über die Flächen, die er zuvor berührte. Ja, es hatte sich ausgezahlt! Sie spannte ihre Muskeln ein wenig, der leichte, ziehende Schmerz verstärkte sich, doch sie bemerkte ihn nicht. Fasziniert betrachtete sie feinen Linien, den sanften Schwung des Körpers, der sich jeder bewussten Muskelbewegung anpasste. Nie würde sie es bereuen, bei ihm gewesen zu sein, er war einfach der Beste.

"Hey, Dlei, komm mit, wir haben nen neuen Auftrag!"
Jäh wurde die Hauptgefreite aus ihren Tagträumen gerissen. Der drahtige junge Kollege aus Viericks stürmte voll Tatendrang in ihr Büro.
Erschrocken versuchte sie, ihre Uniformjacke rasch wieder überzuziehen, doch zu spät.
Raoul Klopfer, der neue Dobermann im Tiehm, hatte es bereits gesehen. Ungläubig weiteten sich seine braunen Augen.
"Mann, das ist ja 'n Ding!" Staunend näherte er sich der Achaterin und streckte die Hand nach ihrem rechten Arm aus.
"Nicht anfassen!" Leichte Panik schwang in ihrer Stimme mit.
"Keine Sorge", erwiderte Raoul, fasste ihr Handgelenk und zog sie näher heran. Seine prüfenden Blicke waren ihr unangenehm. Eigentlich hatte sie sich vorgenommen, es niemandem zu zeigen, es war eine Sache die nur sie allein anging. Sie und sonst niemanden. Jetzt hatte sie Angst, dass es womöglich bald die gesamte Boucherie wusste.
Der angehende Experte der Anwaltsgilde bemerkte ihr Widerstreben und ahnte den Grund dafür. Mit einem weiteren 'Keine Sorge' versprach er, niemandem zu erzählen, was er gerade gesehen hatte. Doch was genau hatte er eigentlich gesehen?
Entfernt erinnerte es ihn an seine Heimat, die unzähligen Schafe und an die undankbare Arbeit, die manchmal damit verbunden war. Dennoch war dies hier anders. Fremdartig, geheimnisvoll und zugleich eigenartig schön. Ein fast unmerklicher Geruch nach verbranntem Fleisch drängte sich ihm auf. Vielleicht war es auch nur eine Erinnerung, die mit dem Gedanken an die Heimat einherging.
"Was ist das?", neugierig blickte er der Wächterin in die Augen.
"Das ist ...allein meine Angelegenheit." Für Drei Hungrige Mäuler war das Gespräch damit beendet. Sie entwand sich seinem Griff, zog die Jacke über und langte nach ihrem Ikonographen. "So und jetzt elzähl mil mal, wolum es bei dem Auftlag geht", lenkte sie wieder ein.
Die beiden verließen die Boucherie, während Raoul der Achaterin aufgeregt von seiner Unterredung mit Feldwebel Picardo erzählte.

***Irgendwo...anders***


"Wach auf! Jetzt! Wir brauchen dich!" Die Stimme war nicht mehr als ein leiser Windhauch in weiter Ferne.
Dennoch, die Verzweiflung und Dringlichkeit darin ließen ihn aufhorchen. Schläfrig öffnete er ein Auge und blinzelte. Wo war er? Wann war er? Wem gehörte die Stimme, die ihn aus seinen Träumen riss?
Träge dehnte und streckte er seinen gewaltigen Körper und suchte nach dem Sprecher. Undeutlich konnte er die Umrisse einer Frau erkennen. Eine Frau, ganz anders als die, die ihn sonst riefen. Sie war groß und schlank, mit weißem Haar, das ihren Körper umwallte und dunkler Haut. Das einzig Vertraute an ihr, das einzige das er deutlich erkennen konnte, waren ihre Augen. Groß, klar, stechend mit funkelnden Pünktchen darin, die aussahen als wären tausende, winzige Flammen darin gefangen. Verwundert versuchte er mehr zu erkennen, doch das Bild verblasste.
Mit einem schweren Seufzen erhob er sich von seiner Lagerstatt.

***Die Strasse der Geringen Götter***


"Wil sind dafül da, den Kollegen mit unselem speziellen Wissen übel die Gilden bestmöglich zul Seite zu stehen. Natüllich nul dann, wenn sich ein Velblechen in diesen Kleisen eleignet odel die Tat den Veldacht aufkommen lässt, die Gilde hätte ihle Fingel im Spiel", belehrte Drei Hungrige Mäuler den neu hinzugekommenen Dobermann der D.O.G.
Feldwebel Picardo, der Leiter der Abteilung, hielt es für eine gute Idee, neue Hündchen mit erfahreneren Wächtern mitgehen zu lassen, um ein Gespür für ihre Tätigkeit zu bekommen. Die Hauptgefreite fühlte sich zwar selbst noch nicht erfahren genug, um andere in ihre Aufgaben einzuweisen, aber der Gefreite Klopfer war nun mal ihr zugeteilt worden.
Sie versuchte, sich die Zweifel über ihre Eignung als Ausbildner nicht anmerken zu lassen, indem sie dem Viericksianer bereits seit geraumer Zeit einen ziemlich theoretischen Vortrag über die Aufgaben eines Gildenexperten hielt. Dieser war entweder tatsächlich an ihren Ausführungen interessiert, oder aber zu höflich sie zu unterbrechen.

"Erwache! O Erwache Schwester und kehre zurück an den dir vorbestimmten Platz am heimischen Feuer! Besinne dich an deine wahren Aufgaben, dann wird Om dir gnädig sein!" Ein asketischer Mann mit kahl geschorenem Kopf, gehüllt in eine leuchtend orangefarbene Kutte, wedelte aufdringlich mit einer Broschüre vor Drei Hungrige Mäulers Nase.
Kein Zweifel, die beiden Wächter hatten den Tempelbezirk der Stadt erreicht.
Ärgerlich schob der Dobermann den Arm des Predigers zur Seite.
Ein gewaltiger Fehler, wie sich herausstellen sollte. Den fanatischen Gläubigen des großen Gottes Om begegnete man am Besten mit Nichtachtung, denn jegliche Reaktion wurde von diesen als Interesse an der einzigen Wahrheit gewertet.
Es entspann sich ein regelrechtes Handgemenge, als die Achaterin immer wieder verzweifelt versuchte, sich an dem Priester vorbeizudrängen der sie mit unzähligen Schilderungen verschiedenster Höllenqualen bedrängte, sollte sie sich der universellen Weisheit Oms nicht beugen wollen. Hilfe suchend blickte sie sich nach ihrem Kollegen um.
Raoul stand sichtlich erheitert ein wenig abseits und genoss das Schauspiel das die beiden ihm boten. Genauer gesagt bog sich der Gefreite Klopfer vor Lachen.
Wie eine gewaltige Henne, die ihr Nest vor Eierdieben beschützt, flatterte der Kahlköpfige aufgeregt um seine Kollegin, die Arme in dramatischen Gesten ausgebreitet, die Kutte wie Flügel gebauscht und das Gesicht zu komischen Grimassen verzerrt, während die kleine Wächterin verbissen versuchte dem Angriff zu entkommen.
Durch den Gong, der die Gläubigen des großen Gottes zum vierten Gebet des Tages rief, wurde sie erlöst.
Eilig ließ der Priester von ihr ab und lief rasch zu dem kleinen Tempel, schließlich war er mit den Qualen vertraut, die ein zürnender Gott denen in Aussicht stellte, die sich nicht rechtzeitig zu seiner Lobpreisung einfanden.
Völlig erschöpft und mit hochrotem Kopf blieb die Achaterin allein auf der Strasse zurück, eine Broschüre mit Oms Gesetzen in jeder Hand. Perplex über das abrupte Ende der äußerst anschaulichen Predigt hatte sie sich nicht dagegen gewehrt, als ihr der Priester die Druckwerke aufdrängte.
"Los, lass uns weitelgehen", fauchte sie ihren Begleiter an, der mühsam damit rang, die Fassung wiederzugewinnen.
Zurück blieben die geschriebenen Worte Oms, die der Wind bis an die Schwelle des Tempels des blinden Io trug, wo sie ein Tempeldiener angewidert aufhob und mit gebührender Verachtung in das reinigende Feuer zu Füssen der Statue des obersten Gottes warf.

***zurück nach Irgendwo***


Er war jetzt hellwach.
Die Frau, die ihn gerufen hatte, hatte ihm alles erklärt. Die Vorbereitungen waren getroffen, nun lag es an ihm, der Sache eine Wendung zum Guten zu geben.
Es war an der Zeit zu gehen.

***Die Sieben+Eins Schätze***


Die Kunstgalerie lag unweit des Drachenlandeplatzes.
Die Gilde der Anwälte hatte in den letzten Jahren ganze Arbeit geleistet und die Grundstücke nach der Katastrophe billig angekauft. Mittlerweile hatte sie das ehemalige Sanierungsgebiet, natürlich mit beträchtlichen Gewinnen, an diverse Spekulanten weiterveräußert, was zu einem erheblichen Aufschwung der Bauindustrie führte. Die so genannte Räwiedalisierung des Stadtteils trieb mancherorts seltsame Blüten. Viele der dort tätigen Architekten hatten sich stark an ausländischen Monumenten orientiert, so fanden sich djelibebische Pyramiden an der Seite altquirmianischer Prachtbauten wieder, Blockhütten im Stil der nordischen Fjorde standen friedlich neben ephebianischen Säulenhallen und ein kolossaler Tempel mit unverkennbar tezumanischem Einschlag drohte die filigranen Türmchen eines klatschianischen Palastes zu erdrücken.
Das Ziel der beiden Dobermänner lag in einer kleinen Gasse nahe der Stadtmauern, dem Van Swinja Weg, benannt nach dem reichen Kunsthändler Karolus van Swinja, dem auch die Galerie Sieben+Eins Schätze gehörte. Diese Galerie war das Ziel der beiden D.O.G.'s.
Das eigentliche Gebäude lag inmitten eines wundervoll angelegten Parks, mit einem kleinen Goldfischteich, über den sich eine rot lackierte Holzbrücke spannte. Überall waren kleine Pagoden, wie große Vogelkäfige anmutend, steinerne Skulpturen in Form kleiner dickbäuchiger Männer und unzählige rotgoldene Lampions zwischen den nackten Skeletten der Kirschbäume, welche erst wieder im Frühjahr ihr rosarotes Blütenkleid anlegen würden, angeordnet. Die Gehwege waren mit weißem Kies ausgelegt und exakt von den Wiesenflächen abgegrenzt.
Drei Hungrige Mäuler war nicht überrascht, als sie die Ausstellungsräume im Stile eines eingeschossigen achatischen Landhauses verschrobener Adeliger gewahr wurde. Das trapezförmige Dach aus kleinen, roten Tonziegeln ragte einen halben Meter über die Wände hinaus, welche aus dunkel gestrichenen Holzbalken bestanden. Über die gesamte Vorderfront zogen sich zwei große Schiebetüren, deren hölzerne Rahmen und Streben Flächen strahlend weißen Papiers umfassten. Darüber, direkt in den Dachbalken geschnitzt, wand sich ein schlangenförmiger Körper mit vier klauenbewehrten Beinen und einem Drachenschädel. Goldfarbener Lack hüllte die mythische Gestalt in ein prachtvolles Kleid.
Von den Lippen des Viericksianers stahl sich ein anerkennender Pfiff.
"Mann, sieht's bei euch daheim überall so aus?", wollte er von seiner Begleiterin wissen.
"Ach was, nein, nul leiche Spinnel wohnen in so kitschigen Häuseln." Die Achaterin verzog verächtlich das Gesicht. "Nolmalstelbliche bevolzugen eine solidele Bauweise", sie tippte leicht an die dünnen Papierwände.
Als hätte bereits jemand ihre Ankunft beobachtet, wurden die Türen einen Spalt weit geöffnet. Ein untersetzter Mann mit rotbraunen Haaren und kleinen dunklen Augen begrüßte die beiden Wächter. Wider Erwarten war er in einen ganz normalen braunen Anzug gekleidet. Irgendwie wirkte er in dieser märchenhaften Kulisse vollkommen fehl am Platze.
"Guten Tag, Stadtwache Ankh-Molpolk", grüsste die Wächterin und zog ihre Dienstmarke.

***auf dem Weg***


Zielstrebig näherte er sich der Stadt.
Er genoss das Gefühl der Weite der Felder zu seinen Füssen, badete im Licht der kleinen Sonne und freute sich an seiner Freiheit.
Lange hatte er geschlafen, vielleicht zu lange, wer weiß. Die einzigen die es ihm sagen konnten, schwiegen beharrlich. Für sie war er nur eine weitere Figur in deren Spiel. Und wer erklärte diesen schon die Spielregeln?
Bedächtig schüttelte er den Kopf. Es war nicht wichtig.
Mit jeder Minute kamen die fernen Mauern der Stadt näher.
Würde er lange danach suchen müssen? Vermutlich, nach allem was sie ihm über die Stadt erzählt hatte.

***in der Galerie***


"Guten Tag, mein Name ist Karolus van Swinja", die kleinen dunklen Äuglein des Mannes blickten die beiden Wächter interessiert an, während er eine vollendete Verbeugung im Stil der achatischen Etikette vollführte, "wir haben sie schon erwartet. Wenn sie mir bitte folgen würden."
Schwungvoll zog er eine der Türen weiter auf und trat galant beiseite, als die Gildenexpertin, gefolgt von ihrem Kollegen, die Sieben+Eins Schätze betrat.
Glanz und Glorie achatischer Handwerkskunst drohte die Besucher auch im Inneren der Galerie zu erschlagen, was seitens der Hauptgefreiten Drei Hungrige Mäuler mit einem neuerlichen, fast unmerklichen, verächtlichen Verziehen der Mundwinkel quittiert wurde.
Ohne den Wächtern Gelegenheit zu geben, die Eingangshalle der Galerie näher in Augenschein zu nehmen, führte sie der Kunsthändler in einen Ausstellungsraum zur Linken. Diverse bunt bemalte Vasen standen entlang der Rückseite des Raumes, fein säuberlich auf Säulen platziert unter dicken Glasstürzen. Die restlichen Wände wurden jeweils von großen, gläsernen Vitrinen auf dunklen, mit Schnitzereien verzierten Holzsockeln eingenommen. Hauchdünnes Porzellangeschirr lag geschmackvoll arrangiert neben Statuen aus grün schillernder Jade, goldenen Schmuckstücken und prachtvollen Fächern aus feinster Seide.
Inmitten des Schauraumes, mittlerweile umspannt von einem wacheeigenen Absperrband, thronte eine vergoldete Säule, gekrönt von einem nachtblauen, leeren Samtkissen.
Die Kollegen von S.U.S.I hatten offenbar bereits ihre Arbeit getan und den eigentlichen Tatort gesichert. Rings um das Kissen sowie die Säule lagen unzählige Glassplitter verstreut und vier – dem Aussehen nach zu urteilen – Technikdämonen hockten gelangweilt am Rand der Säule. Um ihre Hüften schlangen sich die Reste von hauchdünnen Drähten, wie die beiden hinzugekommenen Gildenexperten beim Näher treten feststellen konnten.
Augenscheinlich handelte es sich hier um einen Diebstahl, aufgrund der Umgebung um einen Kunstraub.
"Ist das nicht furchtbar?" Jämmerliches Klagen bemächtigte sich der Stimme des Kunsthändlers. "Das ist alles, was von meinem Paradeausstellungsstück übrig geblieben ist – ein Haufen Scherben!" Verzweifelt und händeringend umkreiste van Swinja den Tatort.
"Velzeihung, Söl", unterbrach der achatische Dobermann den Inhaber der Sieben+Eins Schätze, "abel wil hatten noch keine Gelegenheit uns mit den Kollegen del Spulensichelung zu untelhalten. Was genau ist denn passielt?"
"Was passiert ist? Was passiert ist? Ja hat man sie denn nicht über den Vorfall hier unterrichtet?" Karolus van Swinja empörte sich derart, dass seine Gesichtsfarbe von gesundem Schweinchenrosa ins Dunkelrote wechselte.
Durch die Lautstärke des Galeriebesitzers alarmiert, betraten zwei weitere Männer den Tatort.
Völlig außer sich, wandte sich der Kunsthändler an den größeren der beiden Neuankömmlinge.
"Herr Pergamon, haben sie schon so etwas erlebt? Und das sind unsere Hüter von Recht und Ordnung! Man befindet es noch nicht einmal der Mühe wert, die eigenen Leute über den Vorfall geschweige denn, das Objekt der Ermittlungen zu informieren. Wie soll man als anständiger Bürger da noch Vertrauen in eine Lösung des Falles setzen? Vermutlich entkommen die Täter heutzutage nur dadurch, weil die Wache vergisst, deren Namen bei der angeordneten Verhaftung mitzuteilen!" Erschöpft von seinem Auftritt verließ van Swinja den Raum mit einer gemurmelten Entschuldigung in Richtung der beiden Zivilisten.
"Verrzeihen sie bitte den, angesichts derr Umstände durrchaus verrständlichen Ausbrruch, meines Mandanten." Der größere der beiden Männer wandte sich entschuldigend an die verblüfften Gildenexperten.
Abgesehen von seinem deutlichen überwaldischen Akzent konnte er seine Herkunft auch vom Äußerlichen her nicht verleugnen. Er wirkte blass, ein wenig zu blass, um es auf die unangenehme Situation von vorhin schieben zu können. Es handelte sich vielmehr um eine Art Leichenblässe, richtigerweise die typische Gesichtsfarbe untoter Mitbürger. Seine überlangen Eckzähne und die Tatsache, dass er über dem teuer aussehenden Maßanzug ein nachtschwarzes Cape gezogen hatte, wiesen ihn zweifelsfrei als Vertreter der Spezies Vampir aus. Die trockene, kratzig-brüchige Stimme ließ weiters darauf schließen, dass Herr Pergamon nicht von gestern war, wohl eher aus einem längst vergangenen Jahrhundert.
Raoul, der die neu hinzugekommenen Herren schon seit einigen Minuten beobachtete, wusste bereits aufgrund der gepuderten Perücke und der unter den Arm geklemmten Dokumentenmappe, dass er einem Mitglied der zukünftig von ihm zu betreuenden Gilde gegenüberstand. Aus dem zweiten Mann jedoch wurde er nicht so recht schlau. Möglicherweise handelte es sich bei dem – für sein Gewicht um etliche Zentimeter zu klein geratenen - kahlköpfigen Mann mit dicker Nickelbrille um einen Sekretär des Blutsaugers.
"Gestatten sie, dass ich mich vorrstelle", kratzten die Worte über die Stimmbänder des Vampirs, "mein Name ist Arrthurr Perrgamon, meines Zeichens Anwalt und Verrtrrauterr des geschätzten Herrrrn van Swinja. Ich hatte berreits das Verrgnügen, ihrren Kollegen mit Rrat und Tat zurr Verrfügung zu stehen. Natürrlich werrde ich ihnen ebenfalls in dieserr Angelegenheit weiterrhelfen." Der Anwalt hielt kurz inne, um eine Akte aus seiner Mappe zu nehmen.
"Ihrre Kollegen haben mich gebeten, ihnen dies hierr zu überrrreichen, vielleicht möchten sie sich vorrerrst einmal einen Überrblick überr diesen Berricht verrschaffen und hierr ein wenig umsehen. Herrrr Dschenerra Lee und ich werrden uns einstweilen um meinen Mandanten kümmerrn. Sie finden uns dann bei Bedarrf im Konferrenzzimmerr nebenan."
Ohne eine Antwort der Wächter abzuwarten, drückte Herr Pergamon dem Gefreiten Klopfer den Bericht von S.U.S.I in die Hand und führte seinen Begleiter, Herrn Lee, mittels einer sachten Berührung seiner eiskalten Hand auf dessen Schulter aus dem Raum.
Ein kräftiger Schlag auf den Rücken hätte den Kahlköpfigen nicht schneller nach Nebenan befördern können.

***die Ankunft***


Er hatte die Stadt erreicht.
Rege Betriebsamkeit umgab ihn, wohin er sich auch wandte. Tausende Gerüche und noch mehr Geräusche umspülten seine Sinne und machten ihn benommen.
Wie sollte er in diesem Chaos etwas finden? Ihre Worte fielen ihm wieder ein.
"Suche die Hunde, sie zeigen dir den Weg."
Ein ärgerliches Knurren entrang sich seiner Kehle.
Warum konnte sie nicht deutlicher werden? Wie sollte er in dieser riesigen Stadt die Hunde finden? Welche verdammten Hunde meinte sie überhaupt? Allein auf dem Platz auf dem er sich befand, konnte er mindestens vier Köter erkennen und es war nur ein kleiner Flecken des Molochs mit Namen Ankh-Morpork.

***der Tatortbericht***


"Dann lass mal hölen, Laoul, was unsele Kollegen von del Spulensichelung festgestellt haben", forderte Drei Hungrige Mäuler den auszubildenden Dobermann auf, den Bericht zu lesen.
Der Angesprochene überflog kurz die erste Seite, während sich die Achaterin neugierig die Exponate der nahegelegenen Vitrine ansah.
"Also, der Bericht ist von Charlie Holm", setzte der Gefreite zum Sprechen an.
"Nein, nein, Laoul", unterbrach ihn die Achaterin, "das Wichtigste zuelst. Schau mal elst nach, ob dem Belicht tatsächlich eine Quittung beigelegt ist. Weißt du, manchmal kann es schon volkommen, dass S.U.S.I illtümlich von einem lizenzielten Velblechen ausgeht, weil am Tatolt eine Bestätigung aufgefunden wulde. Wil kümmeln uns abel elst dann weitel um den Fall, wenn es sich tatsächlich um eine kollekte Quittung handelt. Sonst wäle es ein Fall fül LUM."
In Gedanken fügte sie ein 'denke ich' hinzu.
Umständlich blätterte der Viericksianer die Unterlagen durch. "Tja, sieht so aus, als hätten wir die Sache tatsächlich am Hals, Dlei", er hielt ihr eine Quittung der Diebesgilde entgegen.
Zustimmend nickte die Gildenexpertin. "Dann lies mal, was hiel übelhaupt entwendet wulde, bitte."
Stirnrunzelnd blätterte Raoul im Bericht. "Der Rote Löwe - ein goldener Siegelring aus der Wan-Dynastie, mit einem Rubin in der Form eines Löwen. Hier ist sogar ne Ikonographie dabei, sieh mal."
Die Achaterin musste sich auf die Zehenspitzen stellen, um etwas erkennen zu können.
"Oh, entschuldige", grinsend senkte der Dobermann den Arm mit dem Bild.
"Sehl beeindluckend", kommentierte die Wächterin das abgebildete Schmuckstück. "Del ist sichel einiges welt."
"Natürlich, er ist aus massivem Gold!"
Leises Lachen erklang. "Ihl und euel Gold. Weltvoll ist del Stein, nicht del Ling selbel. Abgesehen davon ist del Löwe ein Zeichen des Kaisels - ich wundele mich, dass ein solches Stück übelhaupt die Glenzen des Achatenen Leichs vellassen hat."
"Vielleicht war's ein Geschenk?"
"Nein", energisch schüttelte Drei Hungrige Mäuler den Kopf, "ehel sowas wie eine Auszeichnung, eine Alt Olden odel so."
Raoul zuckte die Schultern. "Wenn du meinst. Van Swinja wird uns da sicher Näheres erklären können. Was mich vielmehr interessiert, ist der Vermerk des Spurensicherers, dass keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens in das Gebäude gefunden werden konnten."
"Hast du volne an den Tülen Liegel elkennen können?"
"Äh, nein, aber ich hab ehrlich gesagt gar nicht drauf geachtet."
"Ich schon, da gibt’s zwal einen, abel wenn die Galelie nach achatischen Bauplänen konstluielt wulde, dann schließen die Schiebetülen nicht ganz exakt." Sie zwinkerte dem Viericksianer zu.
"Du meinst..."
"Ja, ein gutel Einblechel wülde das wissen und fül sich ausnützen. Kann ich nochmal die Quittung sehen?"
Er reichte ihr das gewünschte Schriftstück.
"Hmm, Bobby Dugall, einel del besten Einblechel, den die Gilde jemals hatte." Versonnen betrachtete die Achaterin die Diebstahlsbestätigung.
"Stimmt doch was nicht damit?" Raoul stupste sie sachte an die Schulter.
"Was? Nein, nein. Alles in Oldnung, abel ilgendwie kommt mil das komisch vol. Ich weiß auch nicht, ilgendetwas wal mit Dugall, abel ich kann mich jetzt nicht elinneln, was."

***grosse Haie, kleine Fische***


Blechernes Scheppern deutete darauf hin, dass Kundschaft eingetreten war.
Elias Blumenkrohn wuselte geschäftig hinter den Tresen, schließlich konnte er es sich in Zeiten wie diesen nicht leisten, mögliche Kunden warten zu lassen. Tja, früher einmal war es anders. Laufend kamen Herrschaften, um seinen Rat über das eine oder andere antike Stück einzuholen. Und was das teilweise für Stücke waren! Wahre Schätze! Viele hatte er damals zu verhältnismäßig günstigen Preisen erwerben können, doch jetzt? Keiner machte sich mehr die Mühe nach wertvollen Dingen zu suchen.
Seufzend trat er an das Verkaufspult, setzte die Brille auf und zu einem überschwenglichen "Einen wunderschönen guten Tag!" an. Ein Blick in die stählernen grauen Augen des Mannes vor ihm, ließ ihn jedoch verstummen.
Wäre sein Gegenüber besser gekleidet gewesen, man hätte ihn für ein Mitglied der Assassinengilde halten können. Elias wusste es jedoch besser. Hier stand niemand geringerer als Johann Börgler, hochrangiger Vertreter der Mannen um Flanellfuss Boggis. Ein brutaler und kaltherziger Dieb, mit den Genen eines gnadenlosen Killers, dem man möglichst nicht in die Quere kam.
Etliche Bürger würden es aus vollstem Herzen bestätigen, wären sie dazu noch in der Lage. Leider befanden sich die meisten mit Steinen an den Füssen auf dem Grunde des Ankh – oder zumindest unter dessen Kruste.
"Was kann ich für sie tun, werter Herr?" Nervös nestelte der Ladeninhaber an seiner Brille.
Wortlos zog sein Gegenüber etwas aus seiner Manteltasche und legte es auf das Verkaufspult.
"Wieviel?" Börgler schaffte es, dem einen Wort den bitteren Beigeschmack einer Drohung beizufügen.
Blumenkrohns Augen weiteten sich. Er setzte die Brille ab. Und wieder auf. Blickte den Dieb ungläubig an und versank in entzückter Betrachtung des Gegenstandes.
"Wenn es, wenn er, wenn", aufgeregt stammelte der Händler herum.
Börgler räusperte sich und das Geräusch brachte Elias umgehend wieder zurück in die nüchterne Realität. Ehrfürchtig hauchte er "Der Rote Löwe!".
Börgler hob fast unmerklich die rechte Augenbraue, als der Kaufmann fortfuhr, nunmehr wieder ganz in seinem Element, "Dreihunderttausend, vielleicht fünfzigtausend mehr, wenn er echt ist. Vor Abzug der Gildenquote, versteht sich. Vorausgesetzt, ich finde einen Interessenten."
Bedauern machte sich in Elias breit, er hätte den goldenen Ring mit dem löwenartig geschliffenen Rubin gerne selbst erworben, doch die Summe überstieg seine Finanzen um ein Vielfaches.
Drohend stütze Johann Börgler seine Arme auf die Theke, Schnitter deutlich sichtbar in der rechten Hand. "Du zweifelst an meiner Ware?", knurrte er.
"Oh, nein, werter Herr, nicht doch. Es ist bloß Routine müsst ihr wissen. Ihr versteht doch, nicht wahr? Bei einem derart wertvollen Stück...". Entsetzt fixierte Elias das Messer. "Überlasst ihn mir für, sagen wir, drei Stunden, dann können wir uns über den endgültigen Preis unterhalten."
"Gut." Der Lizenzierte warf ihm noch einen kalten Blick zu und verließ den Laden.
Elias Blumenkrohn atmete erleichtert auf.

***List und Tücke***


"...sieht sich unsere Gesellschaft gemäß der allgemeinen Faihrsicherungsbedingungen leider außer Stande, ihrem Antrag auf die Auszahlung der Faihrsicherungssumme nachzukommen, werter Herr van Swinja." Dschenera Lee tippte nachdrücklich mit dem Finger auf eine Passage einer Urkunde.
"Das ist doch wohl nicht ihr Ernst!" ereiferte sich der Kunsthändler. "Davon war beim Abschluss der Faihrsicherung niemals die Rede!"
"Aber sie haben mit ihrer Unterschrift unsere Vertragsbedingungen akzeptiert, daher kann der Faihrsicherer davon ausgehen, dass sie den Vertrag in allen Details gelesen und verstanden haben und sich mit den Bedingungen einverstanden erklären. Es tut mir leid, aber im Falle eines lizenzierten Diebstahles kann keine Entschädigung ausbezahlt werden." Der kahlköpfige Mann rückte sich energisch die Brille zurecht und lehnte sich mit verschränkten Armen in seinen Stuhl zurück.
"Das ist ja wohl eine ausgesprochene Frechheit! Herr Pergamon, was meinen sie?"
Der Vampir, der gerade eingehend das Kleingedruckte des Faihrsicherungsvertrages mit Hilfe einer Lupe studierte, hob langsam den Kopf.
"Fürrwahrr, werrterr Herrrr Lee, Punkt 2 Absatz 4 Ziffer 5 Literra dd letzterr Absatz des Verrtrrages bezieht sich auf den Ausschluss einerr geldwerrten Leistung seitens derr Faihrrsicherrungsgesellschaft, im Falle derr Entwendung des faihrrsicherrten Gegenstandes durrch dazu befugte Perrsonen. Allerrdings darrf ich nachdrrücklich darrauf hinweisen, dass diese Forrmulierrung äußerrst unklarr in Bezug auf die Definition derr befugten Perrsonen ist. Aus diesem Worrtlaut kann nicht ohne weiterres geschlossen werrden, dass die Grruppe derr befugten Perrsonen auch lizenzierrte Diebe beinhaltet."
"Natürlich kann man davon ausgehen, dass gerade diese Gruppe hiermit gemeint ist, wir befinden uns schließlich in Ankh-Morpork", der Faihrsicherungsangestellte ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.
"Nein, nein Herrrr Lee, abgesehen davon, dass von dem Laien im Berreich derr Faihrrsicherrungen eine Kenntnis derr orrtsüblichen Vorrgangsweisen vorrausgesetzt wirrd, ohne näherr auf die besonderren Verrhältnisse in eben dieserr Stadt einzugehen, bedeutet dieserr Punkt strreng nach dem Worrtlaut lediglich folgendes", der Anwalt räusperte sich kurz, ehe er fortfuhr, "nämlich, dass im Falle einerr Entwendung des faihrrsicherrten Gegenstandes durrch den Faihrrsicherrten, sprrich den Eigentümerr des faihrrsicherrten Gegenstandes selbst, die Faihrrsicherrungssumme nicht ausbezahlt werrden kann. Ihrre geschätzte Gesellschaft wärre nach meinem Dafürrhalten verrpflichtet gewesen, hierr eine spezielle Errläuterrung derr ankh-morrporrkianischen Verrhältnisse anzuführren. Da dieserr Verrtrrag jedoch ein Standarrdforrmularr fürr sämtliche Gebiete, in denen ihrre Gesellschaft tätig werrden darrf darrstellt, sehe ich mich im Namen meines Mandanten gezwungen, bei einerr Nichtleistung derr Faihrrsicherrungssumme Klage bei Gerricht einzubrringen."
Erleichtert blickte Karolus van Swinja erst seinen Anwalt und danach, mit unverhohlener Schadenfreude, den Faihrsicherungsvertreter an.
"Sie sehen, Herr Lee, im vorliegenden Fall muss ihre Gesellschaft wohl meinem Ansuchen auf Erstattung der Ansprüche nachkommen. Nicht, dass mich die 500.000 AM $ auch nur annähernd über den Verlust dieses einzigartigen Kunstwerks hinwegtrösten würden. Kein noch so hoher Betrag könnte den wahren ideellen und künstlerischen Wert des Roten Löwen repräsentieren. Dennoch empfinde ich es als angemessen, dass ihre Gesellschaft in diesem Fall ihren Teil der Vereinbarungen erfüllt."
Ein hauchzarter Schweißfilm hatte sich auf der Stirn Dschenera Lees gebildet. Die Auszahlung einer derart hohen Faihrsicherungsentschädigung würde die gesamte Gesellschaft in den wirtschaftlichen Ruin treiben. Und es oblag ihm, den Vorsitzenden des Unternehmens darüber zu informieren. Jenen Mann, der vor einigen Jahren höchstpersönlich darauf bestanden hatte, dass er, Dschenera, absolut unanfechtbare Vertragsklauseln entwarf. Krampfartig zog sich sein Magen bei der Vorstellung über das bevorstehende Gespräch mit seinem Boss zusammen.
Gefasst entgegnete er dem Kunsthändler, "Ja, ein derartiger Verlust unschätzbarer Kunst ist wahrlich ein harter Schlag. Doch ich vertraue auf das Können unserer großartigen Stadtwache – ich bin sicher, die Wache wird den Verantwortlichen für die Tat schon bald ermittelt haben."
Dschenera Lee erhob sich.
"Werte Herren, es ist an der Zeit mich einigen Schreibarbeiten in dieser Sache zu widmen. Hinsichtlich ihrer Forderung auf Auszahlung der Schadenssumme werde ich mich noch heute mit meinem Vorgesetzten besprechen. Wir werden ihren Antrag natürlich vordringlich behandeln und sie schriftlich über unsere Entscheidung in Kenntnis setzen. So ferne die Gesellschaft dem Einwand von Herrn Pergamon Folge leisten kann, gilt der Antrag auf Entschädigung als mit heutigem Tage eingebracht. Sollte der Rote Löwe innerhalb der Frist von einem Monat aufgefunden werden, verfällt der Anspruch auf die Faihrsicherungsleistung gemäß Punkt 4 Absatz 1 Ziffer 1 der Vertragsbedingungen. Falls wir ihre Rechtsauffassung allerdings nicht teilen können, werden wir ihnen selbstverständlich ebenfalls eine entsprechende schriftliche Stellungnahme zukommen lassen."

***Ankh Morpork, später Vormittag***


Er irrte nun seit geraumer Zeit durch die Strassen der Stadt. Kein einziger der Straßenköter hatte auffälligere Merkmale als Flöhe, Staupe oder mehr oder weniger frische Bisswunden aufzuweisen. Wie sollten ihm derartige Kreaturen bloß weiterhelfen?

***erste Ermittlungen***


An der Tür zum Besprechungszimmer stießen die beiden Dobermänner fast mit dem Glatzköpfigen zusammen.
Drei Hungrige Mäuler bedeutete ihrem Kollegen mit einem Kopfnicken, dass er an der Reihe war, ihm einige Fragen zu stellen. Sie selbst wollte dem Galeriebesitzer noch einige Fragen über den Tathergang stellen.
Bevor die Hauptgefreite den Raum betrat, vergewisserte sie sich noch, dass Raoul mit seiner Aufgabe zurechtkam. Es schien ganz gut zu klappen, der Gefreite hatte die Situation mit seiner gewohnten Lässigkeit im Griff.
Die Gildenexpertin klopfte kurz an die Türe und betrat den Nebenraum der Galerie.
"Velzeihung, die Hellen, wil wälen jetzt soweit feltig. Ich hätte da alleldings noch ein paal Flagen an sie."
Der Anwalt bedachte sie mit einem berufsmäßig wertfreien Blick, während Herr van Swinja genervt die Augen verdrehte.
"Natürrlich, werrte Dame, womit können wirr ihnen behilflich sein?", schnarrte der alte Vampir.
"Ich bin ja kein Expelte, im Beleich del Kunst, alleldings habe ich mich geflagt, wie ein delalt bedeutungsvolles Stück den Weg in diese Stadt gefunden hat?" Erwartungsvoll wandte sie sich direkt an van Swinja.
"Nun ja, der Ring ist sozusagen ein Erbstück. Ich habe ihn von meiner verstorbenen Frau. Eigentlich sollte ihn meine Tochter zu ihrem neunzehnten Geburtstag erhalten, aber ich fand es schade, ein derart prachtvolles Stück achatischer Handwerkskunst den Augen der Kunstinteressierten vorzuenthalten." Karolus van Swinja gab wider Erwarten bereitwillig Auskunft.
"Oh, ich velstehe, eine Alt Familienelbstück also. Wälen sie vielleicht so fleundlich, mil den Namen ihlel velstolbenen Gattin zu vellaten?"
"Hat das etwas mit ihrren Errmittlungen zu tun?", mischte sich der Anwalt erneut ins Gespräch.
"Nicht dilekt, es wäle im Glunde nul fül den Belicht."
Herr van Swinja, dessen Gesicht einen melancholischen Ausdruck angenommen hatte, fiel dem Rechtsbeistand ins Wort, "Ihr Name war Suzie, Suzie Wong. Eine wundervolle Frau, die mir eine ebenso wundervolle Tochter geschenkt hat." Seine Stimme nahm einen belegten Klang an, als würde er in Kürze seiner Trauer um die vielgeliebte Ehefrau tränenreich Ausdruck verleihen wollen.
Die Achaterin suchte diesem Einhalt zu gebieten. "Vielen Dank, Hell van Swinja. Ich möchte sie auch nicht längel als nötig belästigen, abel da es sich bei dem Diebstahl um einen lizenzielten Laub handelte, muss ich sie flagen, ob sie entsplechend den hiesigen Bedingungen ihle Gildenquote lechtzeitig entlichtet haben?"
"Natürlich, wo denken sie hin. Ich bin im Besitz einer Platinplakette und ich muss sagen, das Messerset ist von vorzüglicher Qualität. Das muss man der Diebesgilde schon lassen, die verstehen etwas von ihrem Handwerk." Im Gegensatz zur Stadtwache, ließ der Kunsthändler zwischen den Zeilen anklingen.
Die Hauptgefreite überhörte den stummen Vorwurf geflissentlich.
"In diesem Fall, Hell van Swinja, scheint es sich dann doch wohl um ein Missvelständnis seitens del zuständigen Gilde zu handeln. Ich bin sichel, dass mein Kollege und ich ihnen schon sehl bald ein positives Elgebnis in diesel leidlichen Angelegenheit pläsentielen können. Vielen Dank einstweilen, fül ihle fleundliche Mithilfe. Sollten wil noch Flagen an sie haben, welden wil uns mit ihnen in Velbindung setzen."

***Wahrheit oder Lüge?***


"Herrrr van Swinja, gestatten sie mirr doch bitte noch eine Frrage", der alte Vampir schob sich die gepuderte Perücke ein wenig aus der Stirn.
"Ja, Herr Pergamon?"
"Sie wissen ja, dass wirr Anwälte eine absolute Verrschwiegenheitspflicht haben?"
"Ja?" Herrn van Swinjas Gesichtsausdruck war ein einziges Fragezeichen.
"Sind sie tatsächlich im Besitz einerr Plakette?" Prüfend besah der Anwalt seinen Mandanten.
"Oh, natürlich, Herr Pergamon. Zweifeln sie etwa an meiner Aussage gegenüber der Wache?"
Karolus hielt es derzeit nicht für angebracht, seinem Rechtsvertreter zu gestehen, dass es sich bei der Plakette bloß um die Fürchtenichts-Ausgabe handelte, denn spätestens in einer Stunde würde eine Platinplakette die Tür seiner Villa zieren.
"Nein, nein. Natürrlich zweifle ich nicht an ihrren Angaben. Aberr es wärre sehrr von Vorrteil, wenn wirr dies in einem allfälligen Rrechtstrreit mit derr Faihrrsicherrungsagenturr verrwenden könnten."

***die Leiden des Elias B.***


Behutsam nahm er den Ring zwischen die Finger und trug ihn in sein Arbeitszimmer, wo er ihn auf ein, mit schwarzem Tuch bezogenes, Brett legte. Danach holte er ein schweres, ledergebundenes Buch aus einem Regal und platzierte es neben das Brett. Gewohnheitsmäßig zog er seine Lupe aus einer Lade des schön verzierten Sekretärs, rückte den Stuhl zurecht, entzündete zwei Öllampen und beugte sich mit der Lupe bewaffnet über das Schmuckstück.
Mit dem geübten Blick eines Kenners folgte er den feinen Linien des aus dem Edelstein geschnittenen Löwen und stutze. Noch einmal betrachtete er die Stelle genauer. Elias Blumenkrohn erbleichte.
Der Gedanke an ein paar stahlgraue, kalte Augen und das dazupassende Messer trieb ihm den Angstschweiß aus den Poren. Was sollte er tun? Wie sollte er es Johann Börgler beibringen? Der Ring war wundervoll auf den ersten Blick, dennoch war er nicht das, was er zu sein schien.
Der Schrecken dieser Entdeckung fuhr im die Glieder. Panik erfasste den renommierten Hehler, er konnte förmlich spüren, wie Börgler hinter ihn trat und ihm die Kehle durchtrennte. Mit einem erstickten Schrei fasste er sich an den Hals. Warme, feuchte Substanz quoll zwischen seinen Fingern hervor.
Scharf ermahnte sich Elias selbst, mit den Phantastereien aufzuhören. Ein großer Schluck Brandy war jetzt wohl genau das Richtige. Mit zittrigen Fingern tastete er blind nach dem Fach des Sekretärs, in dem er seine Medizin für alle Fälle aufbewahrte.
Und verfehlte es. Erneut versuchte er die rettende Flasche zu greifen. Wiederum ohne Erfolg.
Blumenkrohn drehte sich in seinem Stuhl ein wenig zur Seite und erschrak. Er hatte schon tausendmal nach dem Brandy gegriffen und wusste bereits instinktiv, wo er sich befand. So auch diesmal, nur glitt seine Hand direkt durch den Flaschenhals.
"TUT MIR LEID ELIAS, DAS HÄTTEST DU VORHER TUN SOLLEN". Die Stimme, dröhnend, als ob zwei gewaltige Grabsteine aus Granit aufeinander prallten, erklang direkt vor ihm.
Der Händler sah auf. Eine knochige Gestalt in schwarzem Kapuzenmantel stand hinter seinem Arbeitstisch. Die Sense blinkte im Schein der Lampen und die Augen des Besuchers funkelten blau aus tief liegenden Höhlen.
"Aber was? Wer? Der Ring!" Bestürzt wanderte sein Blick auf die Tischplatte. Der Ring war weg.

***früher Nachmittag, Breiter Weg***


Auf dem Rückweg in die Boucherie, beschlossen die beiden Dobermänner den Tempelbezirk zu meiden. Stattdessen schlenderten sie im geschulten Wächtergang in Richtung Götterinsel. Es war ein schöner, sonniger Tag, eine Seltenheit in der Metropole am Runden Meer, nicht nur aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit. Dennoch wehte ein kalter Wind.
Etliche kleine Tavernen und Cafes lockten mit Kuchenduft und dem angenehmen Aroma frisch gebrühten Kaffees. Bei dem hübsch dekorierten Schaufenster des Cafeh's Butterblümchen wurden die beiden Wächter letztendlich doch schwach und ergatterten gerade noch einen der begehrten Tische in dem Lokal.
Nachdem die freundliche Bedienung jedem der beiden eine hübsch bedruckte Karte in die Hand gedrückt hatte, begann für die Mitarbeiter der Dienststelle zur Observation von Gildenangelegenheiten die Qual der Wahl.
"Sieh nur, Dlei, die haben hier heißen Wein aus reanuellen Trauben!"
"Abel Laoul! Wil sind im Dienst. Was denkst du, was IA dazu sagen wülde, wenn dich hiel jemand mit einem Bechel Alkohol elwischt! Abel das hiel klingt gut – Wintelzaubel, heißel Fluchtsaft mit einem Zusatz aus Apfel und Zimt, nach einem oliginal lanclestinischen Lezept."
"Hmm, ja, du hast recht. Aber wieso steht hier klein gedruckt "hauptsächlich aus Äpfeln"?", wunderte sich der angehende Dobermann.
"Keine Ahnung, vielleicht haben sie auch Bilnen dazugetan."
"Ja, wahrscheinlich." Der Gefreite Klopfer winkte der Bedienung und orderte zwei Becher des leckeren Winterzaubers.
Nachdem vor ihnen jeweils ein Becher mit wohlriechender, dampfender Flüssigkeit – serviert auf einem hübschen Holzbrettchen - stand, begann die Hauptgefreite, "Nun gut, Laoul, dann lass uns mal zusammenfassen, was wil bishel wissen. Du beginnst!" Sie bedachte ihren Kollegen mit einem charmanten Lächeln.
Der Dobermannwelpe nahm einen großen Schluck seines Getränks, blätterte den Bericht der Spurensicherung auf und hustete hingebungsvoll.
Besorgt sprang die Achaterin auf, um ihm kräftig auf den Rücken zu schlagen, doch er wehrte mit einer lässigen Handbewegung ab.
"Keine * hust * Sorge, alles in Ordnung. Geht schon wieder. War wohl bloß zu, äh heiß, ja heiß. Bloß zu heiß." Ein schiefes Grinsen überzog sein Gesicht. "Also, was haben wir bisher. Einen lizenzierten Diebstahl mit ordnungsgemäßer Quittung, wobei es sich um ein sehr wertvolles Schmuckstück achatischen Ursprungs handelt. Hab ich dir eigentlich erzählt, dass der Ring ne halbe Million Dollar wert ist?"
"Waaas? So viel? Wohel weißt du das?"
"Nun, der kleine Glatzkopf, Herr Lee, ist kein Mitarbeiter von Pergamon, sondern Angestellter einer Faihrsicherungsgesellschaft, der Universale, bei der der Ring im Falle eines Diebstahls um diesen Betrag faihrsichert worden ist."
"Hmmm", nachdenklich betrachtete die Hauptgefreite die kleinen Dampfwölkchen, die aus ihrem Becher aufstiegen. Dann nippte auch sie von ihrem Becher. Die Wirkung des Winterzaubers setzte unverzüglich ein. Der Hauptgefreiten erging es nicht besser als kurz zuvor ihrem Kollegen. Keuchend schnappte sie nach Luft.
"Alles klar, Dlei?"
Sie nickte hustend. "Ja * keuch * es ist * hust * wohl immel noch zu heiß", log sie tapfer. "Ok, fahl folt, Laoul."
"Hast du leicht eine Idee?", wollte der Gefreite von ihr wissen.
"Möglichelweise, abel lede nul weitel", ermutigte sie ihn.
"Okay, wo war ich? Ach ja, gestohlen wurde bloß dieser Ring, sonst nichts. Keinerlei Spuren eines Einbruchs am Gebäude, keine Beschädigungen, außer an dem mittels Alarmdämonen gesicherten Glasbehältnis des Schmuckstücks. Klarer Fall von lizenziertem Verbrechen, keine weiteren Ermittlungen durch D.O.G. Ende der Durchsage." Raoul Klopfer schlug den Bericht wieder zu. "Fall gelöst, oder Dlei?"
Er hoffte, sein erster Fall würde nicht ganz so unspektakulär verlaufen. Und er sollte Recht behalten.
Drei Hungrige Mäuler rückte ihren Stuhl zurecht und zog ein Notizbuch samt Graphitstift aus der Jackentasche. "Gut, folgende Punkte lassen an del ganzen Sache Zweifel aufkommen. Elstens, walum gab es keine Einbluchsspulen? Elinnelst du dich noch an den Liegel? Als ich sagte, jemand, del wüsste, wie delaltige achatische Tülen gebaut sind, wülde mühelos den Liegel öffnen können?"
Der Gefreite nickte.
"Nun, mil ist nicht bekannt, dass delzeit ein Spezialist fül achatische Alchitektul in del Gilde tätig wäle. Also hat el den Tipp womöglich von jemandem, del sich mit solch einel Bauweise auskennt."
"Na ja", unterbrach sie der angehende Gildenexperte, "vielleicht hat die Gilde ja ein Sonderseminar abgehalten, von dem wir nichts wissen?"
"Wäle zwal denkbal, abel ich denke, wil hätten davon gehölt. Sichel ist bishel, laut dem Belicht von S.U.S.I, dass Hell van Swinja keine Angestellten in del Galelie hat, bloß einen Gältnel, del sich ausschließlich um den Palk kümmelt. Also weiß nul van Swinja selbst und del Baumeistel del Galelie, dass die Tülen nicht exakt schließen."
"Und der Dieb", warf der Gefreite Klopfer dazwischen.
"Ja, und del Dieb, del das entwedel von einem Expelten odel von einem del beiden genannten Pelsonen elfahlen hat." Die Achaterin kritzelte etwas auf den Block. "Weitels wild nul del Lote Löwe gestohlen, ein weltvollel Ling, abel ein sehl auffälliges Stück. Sehl schwielig, das Stück übel einen del gängigen Hehlel zu veläußeln, es sei denn, jemand, ein Kunstsammlel odel jemand, del den Loten Löwen wiedel zulückhaben will, hat den Diebstahl in Auftlag gegeben."
"Ja, stimmt. Die goldenen Ketten oder die Edelsteinskulpturen wären wohl leichter zu verkaufen gewesen. Gut, was wenn kein verschrobener Kunstsammler dahinter steckt, wer sollte den Ring wieder zurückhaben wollen?"
Raoul beäugte skeptisch seinen Becher, schob ihn ein wenig hin und her und wagte sich nach kurzer Überwindung an einen zweiten Schluck, diesmal allerdings ein wenig vorsichtiger. Nichts geschah. Eigentlich, musste er sich selbst eingestehen, schmeckte das Zeug gar nicht mal so schlecht.
"Van Swinja elzählte, dass del Ling eigentlich seinel velstolbenen Flau, einel Dame namens Suzie Wong, gehölt hatte, so eine Alt Familienelbstück. Wenn es sich, wie ich velmute, bei dem Löwen um eine besondele Auszeichnung des Kaisels handelte, fül was auch immel, wäle meine Familie sichel nicht begeistelt, wenn ich diese ehlenvolle Auszeichnung mit ins Ausland nehmen wülde, um sie ilgendwelchen Leuten, die keine Ahnung von del wahlen Bedeutung des Schmuckstücks haben, in einel Ausstellung zu pläsentielen. Also könnte es dulchaus sein, dass die Familie Wong den Ling wiedel in die Heimat blingen möchte."
"Ja, Dlei, schön und gut, aber egal warum der Ring gestohlen wurde, oder wer den Auftrag gegeben hat, es hat nichts mit uns zu tun. Das ist ne Gildenangelegenheit, wenn ich mich nicht irre."
"Gut, dass du die Sache mit del Gilde nochmal ansplichst. Van Swinja meinte, el wäle im Besitz einel Platinplakette. Ich hab abel an del Tül keine gesehen, du etwa?"
"Nein, aber vielleicht hat er sie ja auch zuhause oder in der Schublade seines Sekretärs."
"Ungewöhnlich, abel gut, soweit ist es noch nicht zweifelhaft", stimmte die Hauptgefreite zu, "alleldings gibt die Gilde schon seit längelem keine Messelsets mehl hel und schon gal nicht fül eine Platinplakette, so wie el es mil elzählt hat. Also walum lügt el? Außeldem, wenn van Swinja tatsächlich im Besitz einel solchen Plakette ist, wieso beschwelt el sich dann nicht gleich umgehend bei del Gilde, sondeln velanstaltet ein delaltiges Tamtam um den Diebstahl? Wieso holt el uns Wächtel? Wieso hat el seinen Anwalt dabei? Und walum ist Hell Lee von del Faihlsichelung dolt gewesen?"
Raoul Klopfer ließ die Fragen erst einmal auf sich einwirken, bevor er entgegnete, "Tja, was die Gildensache angeht, das ist seltsam. Meinst du, er hat gar keine Plakette?"
"Ich weiß nicht, abel el hat offensichtlich ein Ploblem damit, sich mit Helln Boggis auseinandelzusetzen. Vielleicht..." Eine Idee formte sich in den Tiefen ihres Gehirns. "Vielleicht hat van Swinja den Diebstahl nul inszenielt, um die Faihlsichelungssumme zu kassielen?"
"Du meinst, so was wie unlizenzierter Faihrsicherungsbetrug? Klingt nicht schlecht, in dem Fall würde er sich hüten der Gilde in die Quere zu kommen. Aber warum? Und was soll dann die Quittung? Du hast doch selbst gesagt, dass die echt ist?"
"Ja, da hast du lecht, die Quittung passt nicht so ganz in das Bild. Wil sollten jetzt elst mal wiedel zulück ins Bülo. Ich möchte da mal was im Alchiv nachschlagen. Wenn du willst, kannst du ja mal velsuchen, etwas mehl übel den Loten Löwen und die Familie Wong in Elfahlung zu blingen."
Der Dobermannwelpe sah nicht gerade glücklich drein, ein Umstand, der durch die Rechnung über vier Ankh-Morpork Dollar für die Getränke, noch wesentlich verstärkt wurde.

***die Wege trennen sich***


Nachdem ihm Drei Hungrige Mäuler den Weg zur Stadtbibliothek beschrieben hatte, machte sich der Dobermannwelpe auf, Näheres über den Roten Löwen in Erfahrung zu bringen.
Schaden könnte es in keinem Fall, selbst wenn sich der Kunstraub als reine Gildeninterna herausstellen sollte. Zumindest würde ihm die Übung für zukünftige Recherchen zu Gute kommen. Abgesehen davon stellte sich der Gefreite Klopfer das Stadtarchiv als behaglichen, ruhigen Ort vor – etwas das durchaus als erstrebenswerte Alternative zu dem immer heftiger werdenden kalten Wind in den Strassen angesehen werden konnte.
Gut gelaunt betrat er die Stätte der monokratischen Alleinherrschaft von Frau Belinda Belesen. (Man muss dem jungen Mann aus XXXX zugute halten, dass er noch nie das Vergnügen mit der Archivarin und ihrem unendlichen Formularkrieg hatte.)
Einige Stunden und etliche Ermahnungen, gefolgt von strengen, tadelnden Blicken, später, verließ er geradezu fluchtartig das Gebäude.
Immerhin, er hatte zumindest ein wenig an Informationen erkämpfen können.

***Monetenplatz, Bezirk Sirupminenstrasse***


Seufzend zog Herr Jeremias Guldentreu, seines Zeichens Leiter der Filiale der B.A.M.B.I-Bank am Monetenplatz, die Liste der säumigen Krähdietkunden und die zugehörigen Formulare über die letzte Mahnung der fälligen Rückzahlungsraten hervor.
Bald würde er in der Zentrale um eine Aushilfskraft für die zu erledigenden Schreibarbeiten ansuchen müssen. Doch bis dahin musste er wohl selbst in den sauren Apfel beißen.
Verächtlich betrachtete er die Namen auf der Liste. Viele der dort aufscheinenden Namen bewahrten nach außen hin den Glanz und die Glorie der Reichen und Schönen Ankh-Morporks, doch in Wahrheit standen sie mit einem Bein bereits in der Türe von Königin Molly.

***Boucherie Rouge, später Nachmittag***


"So, dann schauen wil mal, D, Da,....", die zierliche Gestalt in grauer Uniform stand auf einer der Archivkisten, die, ihrem Zustand nach, noch aus der Gründungszeit der Stadtwache stammen musste, und blätterte eifrig durch das Gildenregister.
Natürlich war der Aktenschrank der Abteilung D.O.G nicht für Menschen ihrer Statur geschaffen und natürlich benötigte sie keinerlei Informationen aus der Lade rechts unten, jene, in der die Registerblätter Y-Z in bequemer Reichweite für den Dobermann lagerten und - klarerweise forderte das universelle Gesetz auch in diesem Fall die Erfüllung des dritten Absatzes – natürlich besaß die Dienststelle im Boucherie Rouge aus büdscheetären Maßnahmen keine geeignete Leiter für größenmäßig untervorteilte Mitarbeiter.
Wäre zu genau diesem Zeitpunkt ein Anwerber der berühmten achatischen Zirkusse im oberen Stock des Boucherie vorbeigekommen, die Hauptgefreite Drei Hungrige Mäuler wäre ohne weiteres vom Fleck weg als Akrobatin engagiert worden.
Doch Zufall war heute nicht besonders guter Laune, außerdem fand er das sich ihm bietende Schauspiel äußerst interessant.
Auf Zehenspitzen balancierte die Achaterin auf der bedrohlich schwankenden Kiste, das zweite Bein in abenteuerlicher Weise auf dem bereits verdächtig knirschenden Griff der Lade M-N abgestützt und versuchte sich gleichzeitig mit der linken Hand am oberen Rand des Aktenschrankes festzuhalten und die mitgebrachte Laterne möglichst weit in ihr Gesichtsfeld zu bringen, ohne den Registerblättern ein ähnliches Ende wie dem der Akten im Zimmer des ehemaligen Kommandeurs zu verschaffen. Mit der rechten Hand blätterte sie so gut sie es vermochte durch das Register.
Hin und wieder zog sie ein Blatt weiter heraus um das Katalogisierungskürzel darauf erkennen zu können. Diese Methode funktionierte ganz gut. Sie brauchte den Kopf nur weit genug in den Nacken zu legen und die Augen ein wenig zusammenkneifen, dann konnte sie die Vermerke am rechten oberen Blattrand zumindest erraten.
Warum sie die entsprechende Lade nicht einfach aus dem Schrank zog? Nun jeder Zugreisende, der mit Müh und Not gerade die untere Kante des Gepäcknetzes zu fassen bekommt, weiß was passiert, wenn man einen Koffer von in etwa dem eigenen Körpergewicht schwungvoll über Kopf herauszieht. Vor allem wenn es sich um ein ziemlich altes Modell handelt, dessen Schließen nur mehr durch gutes Zureden an ihrem Platz verbleiben...
"Da, De, Di, Do, so gleich müsste es kommen, Dw,...?" Irritiert hielt die Achaterin inne. "Was ist denn hiel los? Offenbal hat hiel jemand etwas velleiht." Kopfschüttelnd blätterte sie weiter. Und griff ins Leere.
"Abel das kann doch nicht sein, da fehlt doch die Hälfte!"
Verstimmt schlug sie mit der Faust an die Front des Archivs, eine kleine aber äußerst folgenschwere Bewegung.
Die Kiste, die ohnehin schon die längste Zeit eine Karriere als Brennholz anstrebte, kippte seitwärts, was den Dobermann aus der Balance brachte. Instinktiv erhöhte Drei Hungrige Mäuler daher den Druck auf ihr anderes Bein, mit nur kurzfristigem Erfolg. Mit einem letzten Knirschen verabschiedete sich der Griff vom Rest der Lade. Eine jahrzehntelange Bindung ging somit buchstäblich in die Brüche. Für den Zeitraum einer Hundertstelsekunde war der Hauptgefreiten noch die Illusion gegönnt, sich mit der linken Hand am Kasten festhalten zu können, dann forderte die Schwerkraft nachdrücklich ihr Opfer.
Schicksal, der seinen Kollegen Zufall schon seit einiger Zeit beobachtete, fand es an der Zeit, ein wenig ins Geschehen einzugreifen.
Hart landete die Achaterin daher auf ihrem Rücken, besser gesagt eher dem verlängerten Teil davon. Neben ihr verkündete lautes Klirren das Ende ihrer Laterne. Um die Dramatik in dieser Situation ein wenig zu erhöhen, hatte der letzte Funken der verlöschenden Kerze die ehrenvolle Aufgabe übernommen mit einem todesmutigen Sprung auf das Zopfende der Wächterin das Fortbestehen seiner Rasse zu sichern. [1]
Unbemerkt von Schicksal und Zufall war auch die Lady hinzugetreten.
Schwere Schritte, wie von eisenbeschlagenen Stiefeln, näherten sich dem Aktenschrank, begleitet von einer gesummten Melodie, die stark an den neuesten Hit Gold erinnerte.
Mit einem "Du meine Güte!" sprintete die Gefreite Goldie Kleinaxt auf die Achaterin zu und trat die Flammen, die bereits ein gutes Drittel des geflochtenen schwarzen Zopfes des Dobermanns vernichtet hatten, energisch aus.
Ja, so mussten sich Syxia und ihre heldenhaften Freunde fühlen, wenn sie wieder ein Opfer gerettet hatten!
"Alles ok, bei dir? Was ist denn passiert?" Behutsam half die Zwergin Drei Hungrige Mäuler wieder auf die Beine.
"Ja, ich denke schon." Mit schmerzverzerrtem Gesicht rieb sich die Achaterin ihre in Mitleidenschaft gezogenen Körperteile. "Vielen Dank fül deine lasche Hilfe, ich hatte noch gal nicht bemelkt, dass meine Haale blannten."
Traurig betrachtete der Dobermann die Reste des sich auflösenden Zopfes.
"Ach, die wachsen schon wieder", tröstete Goldie sie. Sie konnte gut verstehen, was in der Hauptgefreiten vor sich gehen musste. Zärtlich strich sie sich über ihre Gesichtszierde.
"Kttrrak rrtk!" Teufel, das schwarze, zwergisch sprechende Eichhörnchen, mischte sich von seinem Stammplatz auf Goldies Schultern ins Gespräch.
"Pah! Davon hast du wohl keine Ahnung!" Die Zwergin wirkte empört.
"Was meint el?", wollte die Hauptgefreite aus sicherer Entfernung von Teufels Zähnen wissen.
"Ach, nicht so wichtig, Dlei. Er glaubt wohl, er muss überall seinen Senf dazugeben." Sie warf dem Tier einen bösen Blick zu.
"Sag mal, Goldie, mil ist aufgefallen, dass Teile des Legistels fehlen, du weißt nicht zufällig, wo die sein könnten?"
Während die Achaterin begann, die Scherben der Laterne aufzuheben, betrachtete die Gefreite Kleinaxt das Chaos genauer. Die zerbrochene Kiste und die halb geöffnete rechte obere Lade des Aktenschrankes sprachen für sich.
"Du meinst, die Teile von 'Du' bis 'Dv'?" Leicht verlegen zwirbelte sie eine Bartsträhne zwischen den Fingern.
"Ja, genau die suche ich", kam es ein wenig überrascht aus Bodenhöhe zurück.
"Ähm, die hatte ich gerade in Arbeit. Der Feldwebel meinte, ich wäre prädestiniert dafür, das Register wieder auf Vordermann zu bringen. Ich wollte mir nicht die ganze Lade mit in mein Büro nehmen, daher hab ich nur die Teile raus genommen, die ich für wichtig fand. Gerade eben wollte ich sie wieder zurückbringen. Tut mir leid, wenn ich gewusst hätte..."
Eilig ging sie ein paar Schritte zurück und hob eine Mappe vom Flurboden auf, die sie während der Rettungsaktion achtlos beiseite geschleudert hatte.
Gepresst klingender Singsang, dem Tonfall nach zu urteilen nicht gerade salonfähiges Achatisch, begleitete sie auf ihrem Weg.
Die Hände voller Scherben erhob sich die Gildenexpertin mühsam vom Boden und entsorgte die Reste ihrer Lichtquelle kurzerhand in einem leeren Blumentopf, der leise im Flur vor sich hin rottete. Wenig später folgten ihnen auch die Teile der Kiste.

***Anwaltsgilde, in etwa zur gleichen Zeit***


Arthur Pergamon, Doktor der Rechtswissenschaften, las das vor ihm liegende Schreiben erneut durch. Da würde seinem Mandanten ein Verfahren vor Gericht wohl nicht erspart bleiben. Sein Blick blieb an einem bestimmten Absatz hängen.
"....sehen wir uns außerstande, ihre Einwände in Bezug auf die Formulierung des Vertrags Punkt 2 Absatz 4 Ziffer 5 Litera dd letzter Absatz anzuerkennen. Verwiesen wird auf Punkt 24, in dem unmissverständlich dargelegt wird, dass der Gerichtsstand in Bezug auf faihrsicherungstechnische Probleme Ankh-Morpork ist. Nach dem Allumfassenden Bürgerrechtsbuch (ABRB) kann sohin der zulässige Schluss gezogen werden, dass allfällige Rechtsstreitigkeiten nach ankh-morporkischem Recht abgehandelt werden, demzufolge sind auch sämtliche zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte nach hiesigen rechtlichen Grundsätzen und Strukturen zu behandeln....."
'Nicht schlecht, dieserr Dschenerra Lee.' Bedächtig nickte der Vampir und faltete das Schreiben der Universale wieder zusammen.
Hatte er doch tatsächlich seine Hausaufgaben gemacht und das winzige Hintertürchen des Gesetzes erkannt und genutzt. Doch nichtsdestotrotz, die Faihrsicherungsagentur würde es mit einem Meister auf dem glatten Parkett des rechtlichen Systems zu tun bekommen.
Er freute sich schon auf ein interessantes Kräftemessen im altehrwürdigen Gerichtssaal der Zwillingsstadt.

***ein paar Stunden vorher***


Diesmal bewirkte die Ladenglocke nichts.
Blumenkrohn erschien nicht, wie gewöhnlich, eilig hinter dem Tresen.
Leise, das Messer gezückt, schritt er durch den Verkaufsraum. Lediglich ein nervöses Zucken seiner Wangenmuskeln verriet seinen aufkeimenden Ärger. Ob sich diese miese Ratte mit der Beute abgesetzt hatte? Nein, er hielt ihn nicht für so dumm, sich den Unmut der Gilde zuzuziehen. Aber man wusste ja nie.
Börgler betrat das Hinterzimmer, das der Händler gewöhnlich als Arbeitsraum nutzte. Vertieft in seine Arbeit saß der Hehler vornüber gebeugt da.
"Und?" Johann erwartete die übliche Reaktion auf seine Worte, doch der Inhaber des Ladens hatte noch nicht einmal den Anstand unmerklich zusammenzuzucken.
Der Dieb trat näher. Verdammt! Irgendjemand musste von seinem Besuch hier Wind bekommen haben. Elias Blumenkrohn lag mit durchtrennter Kehle, die Stirn auf der Tischplatte, da. Das Schlimme daran war jedoch - der Ring war weg!
Außer sich vor Wut machte der Lizenzierte kehrt, heiße Rachegedanken vernebelten ihm die Sinne. Wer auch immer das getan hatte, er würde es mit ihm aufnehmen müssen!
Auf dem Weg nach draußen hielt er kurz inne und krallte sich neben dem Bargeld in der Kasse auch noch einen reich verzierten Dolch klatschianischen Ursprungs.
Nicht dass ein Johann Börgler solche Kindereien nötig hatte, aber es war ein Anflug von Sentimentalität, ein kurzes Gedenken an die Zeiten, als er gerade begann, innerhalb der Gilde Karriere zu machen, das ihn zu diesem Diebstahl veranlasste.
In Anbetracht der Umstände hielt er es allerdings für besser, ausnahmsweise auf eine Quittung zu verzichten.

***wenn es Abend wird in Morpork***


Nichts. Absolut nichts.
Niedergeschlagen wanderte er durch die abendlichen Strassen. Hie und da hörte man dumpfe Laute, ab und zu einen schrillen Schrei.
Es war beruhigend zu wissen, dass die Gilden ihren Aufgaben nachgingen – kontrolliertes Verhalten statt ausufernder Kriminalität, ein unschätzbares Plus in Sachen Lebensqualität. Kein Wunder, dass Ankh-Morpork täglich neue Bürger anlockte.
Er fühlte sich niedergeschlagen, hoffnungslos, schwerstens deprimiert. Ein wenig fröhliche Gesellschaft konnte wohl nicht schaden. Zielstrebig steuerte auf die nächstgelegene Taverne zu, ein gut besuchtes Gasthaus namens Der Eimer.
Abgestandene, warme Luft, Tabaksgeruch, Stimmengewirr, ab und zu übertönt von ausgelassenem Gelächter, das helle Klirren halbgeleerter Flaschen und der tönerne Klang wohlgefüllter Bierhumpen schwappte ihm - einer Flutwelle gleich - entgegen, als er die Wirtsstube betrat.
Ja, das hier war genau richtig um düstere Gedanken zu vertreiben. Er ließ sich an einem kleinen Tisch im hinteren Bereich nieder und betrachtete vergnügt das leichte Wippen der üppigen Rundungen der Schankmaid, die sich mit einem gut gefüllten Tablett den Weg in seine Richtung bahnte. Zufrieden lehnte er sich zurück und genoss das bunte Treiben.

"...siehst, gelinde gesagt, furchtbar aus!"
Gesprächsfetzen vom Nachbartisch wehten herüber zu ihm.
"...endlich einmal schlafen!" Ein abgrundtiefer Seufzer folgte den Worten.
Der Mann, der mit dem Gesicht zu ihm saß, sah tatsächlich sehr müde aus. Die ansprechenden Gesichtszüge wirkten angespannt, ungesunde Blässe zeichnete sich trotz der natürlichen leichten Bräune seines Teints ab und dunkle Ringe lagen tief unter seinen Augen. Er wirkte älter, obwohl er vielleicht gerade mal Dreißig war, verhärmt.
Unwillkürlich folgte er der Unterhaltung mit gesteigertem Interesse.
"...und jetzt muss ich mich auch noch mit all dem lästigen Papierkram rumschlagen! Als ob ich nicht ohnehin schon genug um die Ohren hätte!" Ein weiterer Seufzer ertrank in einem kräftigen Schluck Bier.
"Das sagst du gerade mir?" Der schlanke Mann mit den glatten schwarzen Haaren drehte sich zur Seite um lächelnd jemandem zuzuwinken.
Dadurch hatte er Gelegenheit dessen lange Eckzähne zu erkennen.
"Hallo Kollegin!"
Der Neuankömmling, eine Frau mit furchtbar vielen Narben im Gesicht, gekleidet in eine grüne Uniform näherte sich und ließ sich schließlich ebenfalls am Nachbartisch nieder.
"Na, Lance-Korporal, wie läuft es drüben in der Kröselstrasse, alles klar, oder treibt euch der Nachwuchs in den Wahnsinn?" Die Stimme des Vampirs klang ein wenig spöttisch.
"Ja, allef klar bei unf. Daemon, Romuluf und ich haben fie alle unter Kontrolle."
Entgegen ihrer optischen Erscheinung, er dachte erst, er hätte es mit einem Zombie zu tun, wies die Sprechweise der seltsam zusammengenähten Frau sie als Vertreterin der großen Igorfamilie aus.
"Fagt mal, war Romuluf eigentlich fon hier?", fragend blickte die Igorina in die Runde.

***wenn es Abend wird in Ankh***


Das schicke Lokal war zum Bersten voll mit jungen Berufssöhnen und -töchtern der Reichen und Adligen der Zwillingsstadt.
Ricardo Cavalli, geboren irgendwo in Brindisi, ein großer, gut gebauter Mittzwanziger bahnte sich seinen Weg an die Bar. Er unterschied sich optisch nicht wesentlich von den anderen jungen Burschen, zumindest was die Kleidung betraf. In seinem Beruf war es unumgänglich, mindestens vier verschiedene Anzüge berühmter Modeschöpfer zu besitzen.
Am Ziel angekommen, rückte er das schwarze Jackett über seinem ebenso schwarzen Seidenhemd zurecht, strich sich die schwarzen, schulterlangen Locken aus der Stirn und schenkte der Dame neben ihm ein umwerfendes strahlendes Lächeln, das seine perlweißen Zähne perfekt ins Bild rückte.
Er orderte einen der berühmten Cocktails des Hauses, eine "Blaue Kuh". Eigentlich verabscheute er die bunten, widerlich süßen Getränke, die mit lächerlichem Firlefanz am Glasrand serviert wurden, doch man musste sich anpassen, wollte man beruflich erfolgreich sein.
Er nippte kurz an dem hellblauen Getränk, das ihm der Kellner hinstellte und hätte just in diesem Moment einiges für ein kühles Bier in seiner Stammkneipe gegeben. Lässig lehnte er sich an den blank polierten Tresen und taxierte die Menge mit geübtem Blick. Richtigerweise muss dazu bemerkt werden, dass er nur einen bestimmten Teil der Menge betrachtete, jenen, den manch Dichter als 'holde Weiblichkeit' bezeichnete.
Eine gelungene Bezeichnung, wie Ricardo fand. Charmant, höflich und immer treffend, sollte man in die Verlegenheit kommen, eine faustdicke Lüge mit Zuckerguss verzieren zu müssen.
An diesem Abend schien ihm die Lady gewogen zu sein. Cavalli hat sein nächstes Opfer erblickt. Eine ausnehmend hübsche junge Dame, klein, zierlich und wären nicht die rotbraunen Locken gewesen, man hätte sie durchaus als exotische Schönheit vom Gegengewichtskontinenten halten können. Sie saß an einem kleinen Tisch in der hinteren Ecke des Lokals und unterhielt sich angeregt mit einer Freundin. Er erkannte diese als Tochter von Lord Windigohr, alter ankh-morporkianischer Adel, gut situiert, allerdings liefen die Pferdewetten des alten Lords in letzter Zeit nicht mehr so gut wie früher. Es war bloß eine Frage der Zeit, bis der Stern der Windigohrs niedergehen würde.
Der Brindisianer straffte seinen Körper und warf sich in die Schlacht, ohne sich weiter um die schmachtenden Blicke der jungen Frau neben ihm an der Theke zu kümmern.

***im Eimer***


So, so, dies waren also Mitglieder der Stadtwache. Sie hatte ihm ein wenig davon erzählt.
Ganz in seine eigenen Gedanken versunken, hatte er der Unterhaltung der Wächter keine Aufmerksamkeit mehr gezollt, als eine Bemerkung plötzlich wieder sein Interesse erweckte.
"...ja, zwei Dobermänner und zwei Terrier, aber es ist nun mal keine leichte Ausbildung, nicht wahr, Leo?" Der Herr-mit-den-Ringen-unter-den-Augen hatte die letzten Worte mit einer gewissen Schärfe versehen. Offenbar galt diese Spitze dem Untoten, der plötzlich ein wenig verlegen wirkte.
Mit einem nervösen Hüsteln, stimmte er zu, "Ja, ein Terrier muss nun mal eine sorgfältige Ausbildung erhalten, das dauert eben seine Zeit. Ich weiß wovon ich spreche."
Dobermänner, Terrier – das waren doch Hunde, nicht? Sollte vielleicht die Stadtwache...Daran hatte er ja noch gar nicht gedacht! Wo die wohl ihre Zwinger hatten?
Er musste an diesen Leuten dranbleiben, unbedingt, vor allem an dem Vampir. Der war offensichtlich der Trainer der Vierbeiner.
Langsam wurde die Stube voll, sogar an seinem Tisch hatten bereits einige Kerle Platz genommen. Er beschloss ein wenig frische Luft zu schnappen. Irgendwann würden die Wächter wohl auch ans Heimgehen denken, er würde eben einstweilen draußen auf sie warten.

***einige Zeit später***


"Und? Geht's dir jetzt wieder ein wenig besser? Auch andre Abteilungen haben so ihre Probleme..."
Der Hundeführer und sein müder Kollege verließen die Taverne und schlenderten die nächtliche Strasse entlang.
"Jaaaa....und ich bin froh, dass ich mich nicht mit solchen Dingen herumschlagen muss, obwohl..."
"Obwohl was, Robs?"
"Na ja, Raoul und Dlei...irgendwie..."
"Ach wo, die verstehen sich bloß gut, das ist alles."
"Wenn du meinst. Da fällt mir ein, haben wir eigentlich schon einen Bericht von unseren beiden Dobermännern?"
"Nicht dass ich wüsste. Woran arbeiten die beiden eigentlich?"
"Also wirklich, Leo, als stellvertretender Abteilungsleiter solltest du dich auch ein wenig um den Papierkram kümmern. Die ermitteln in der Kunstraubsache bei dem reichen van Swinja."
Tadelndes Kopfschütteln wurde mit einem Schulterzucken erwidert.

Verwirrt folgte er den beiden weiterhin.
Seit wann verfassten Hunde Berichte? Waren die Städter denn tatsächlich so fortschrittlich, dass sie eine Methode gefunden hatten, mit Hunden zu kommunizieren? Sehr seltsam.
Er runzelte die Stirn und hätte die beiden Männer fast verloren, als diese ein Gebäude betraten. Offenbar hatten sie nicht vor, mit einem Bier nach Dienst den Abend schon zu beenden, wohl eher, ihn ein wenig extravaganter ausklingen zu lassen.
Na schön, er konnte warten. Allerdings drinnen, nicht dass ihm die beiden durch den Hinterausgang entkamen, den derartige Etablissements standardgemäß aufzuweisen hatten.
Die samtigrote Eingangshalle war leer, bis auf eine attraktive Brünette hinter dem Empfangschalter. Kein Wunder, denn zu dieser Stunde herrschte üblicherweise Stosszeit bei der Gilde der Näherinnen.
Er bezog seine Stellung in einer dunklen Ecke des Flurs, direkt neben der Treppe ins Obergeschoss und ging in Warteposition.
Dann und wann drangen Geräusche an seine Ohren, Türen gingen und glückselig lächelnde Männer verließen erschöpft diesen Teil des Paradieses. Die beiden Wächter allerdings waren noch nicht wieder aufgetaucht.

***irgendwo in Ankh***


Beschwingt betrat Helena van Swinja die elterliche Villa, eine wundervolle rote Rose fest an ihre Brust gepresst. Der Gedanke an den Abend entlockte ihr ein glückseliges Lächeln. Sie hätte tanzen und singen können, sie fühlte sich als könnte sie die ganze Welt umarmen, mit Ausnahme ihrer Stiefmutter.
Ja, Helena war verliebt. Verliebt bis über beide Ohren in einen jungen Mann namens Ricardo Cavalli.

***Boucherie Rouge, früher Abend***


Das kleine Zimmer im zweiten Stock des Gebäudes Springstrasse 21 war eigentlich recht gemütlich, sofern man blauen Samt mochte. Blauer Samt, an dem alles förmlich danach schrie, endlich in die heilige Liste der Top 100 der scheibenweltlichen Antiquitäten aufgenommen zu werden.
Ansonsten gab es an und für sich nichts weiter an dem Raum auszusetzen, abgesehen von der Tatsache, dass von dem Raum nicht allzu viel zu erkennen war, außer einem riesigen roten Diwan. Einem wirklich extrem großen, äußerst bequemen Diwan, der – ganz entfernt – an exotische Tiere erinnerte.
Nein, nein, die Formgebung des Möbelstücks war durchaus normal, fast schon geschmackvoll, es wies lediglich einen feinen, kaum wahrnehmbaren Duft nach nassem, zotteligem Tier auf.
Dem Laien mochte es als Mischung zwischen Hund, Wasserbüffel und einem Schuss wochenlang nicht gereinigtem Katzenklosetts erscheinen, der Experte konnte es jedoch treffsicher in die Kategorie "Tapir, regendurchweicht", einordnen.
Aber all dies tat der anheimelnden Atmosphäre der klatschianischen Überraschunk keinen Abbruch.
Es war und blieb eigentlich recht gemütlich.
Die Hauptgefreite Drei Hungrige Mäuler war fest dazu entschlossen, ihr neu zugewiesenes Büro auf diese Weise zu betrachten. Man musste schließlich allem etwas Positives abgewinnen, noch dazu, wenn man ein striktes Verbot bezüglich der Entsorgung von Dienstmobiliar erteilt bekommen hatte.
Der Dobermann hatte bereits einige erfolglose Versuche, den eigentümlichen Geruch des Diwans zu beseitigen, hinter sich. Sie betrat ihr neues Arbeitszimmer, warf die Uniformjacke achtlos über die Türklinke und die Mappe, die ihr Goldie vorhin in die Hand gedrückt hatte, auf eine winzige Frisierkommode (die irgendjemand einst erfolgreich zwischen Wand und Diwan zwängen konnte). Dann trat sie auf das überdimensionierte Sofa zu, nahm die darauf befindliche Papiertüte in die Hand und zog triumphierend die neueste Geheimwaffe in Sachen Geruchsbekämpfung daraus hervor - eine Zweiliterflasche Petit Cherie - das neueste Produkt am Markt in Sachen Hundekosmetik.
Frankie, der Inhaber der Hundeschuranstalt in der Ankertaugasse, hatte Stein und Bein geschworen, dass nur ein Tröpfchen des Parfums ausreichte, um einen räudigen Straßenköter mir nichts dir nichts in ein Schosshündchen betagter Ladies zu verwandeln. Geruchsmäßig natürlich nur, versteht sich.
"Also gut, du Monstlum, jetzt zeig ich dil, wel hiel auf del Siegelstlasse untelwegs ist!"
Mit einem bösartigen Lächeln öffnete die Gildenexpertin die Flasche - die praktischerweise einen Zerstäuber aufzuweisen hatte - und sprühte. Und sprühte und sprühte und hustete und sprühte und keuchte und - wankte benommen in den rettenden Flur, wo sie erst einmal tief Luft holte.
Nach einigen Minuten wagte sie erneut probeweise einen Schritt zurück in ihr Büro. Es war furchtbar! Petit Cherie war geradezu gierig von den samtverkleideten Wänden aufgesogen worden, die Couch jedoch zeigte sich gänzlich unbeeindruckt von Frankies Wundermittel.
Unerschütterlich stand das knallrote Ding da, verströmte den exquisiten Duft feuchter Dschungelbewohner und schien die Achaterin hämisch anzugrinsen.
"Veldammtel Mist! Fünf Dollal fül A und F [2]!"
Resigniert zündete sie die Kerzen in dem sechsarmigen Leuchter auf der Kommode an und zog die Schublade auf. Im Raum herrschte mittlerweile ein süßlich-schwülmodriger Geruch. Entschlossen griff sie zu dem Tiegel mit Spezialsalbe, den ihr die Kollegen aus der Gerichtsmedizin netterweise überlassen hatten und schmierte sich eine gute Portion der scharfen eukalyptushaltigen Creme unter die Nase. Sofort verkrochen sich sämtliche Geruchsnerven in den hintersten Winkel des Körpers der jungen Frau.
Versuchsweise schnupperte Drei Hungrige Mäuler nochmals an der roten Gefahr.
Nichts, bloß ein wenig verschwommene Sicht, denn die Salbe überlagerte zwar effektiv jegliche Gerüche, allerdings trieben die scharfen Kräuter einem unweigerlich Tränen in die Augen.
Der Dobermann griff sich die Akte, rückte den Leuchter zurecht, wischte sich kurz über die Augen und machte es sich rücklings auf dem Diwan bequem. (Ja, er war wider Erwarten bequem - man musste nur die durchgesessenen Stellen und die vereinzelten bockigen Sprungfedern meiden, dann hatte das Sitzmöbel durchaus seine Berechtigung.)

***Reich und Schön***


Gutgelaunt saß Karolus van Swinja mit seiner jungen, attraktiven Frau im geschmackvoll eingerichteten Salon seiner Privatvilla in der Fliederallee, im nobelsten Viertel des Stadtteiles Ankh.
Seine neue Gattin, er hatte vor einiger Zeit wieder geheiratet, nachdem er das Leben als Witwer satt hatte (auch wenn dieser Zustand bei ihm nicht allzu lange angedauert hatte), eine schlanke Person mit langen, glänzendschwarzen Haaren und schräg gestellten dunklen Augen, schenkte ihm gerade das zweite Glas Kognak ein.
Fu war gebürtige Achaterin und er hatte sofort gewusst, als er sie damals im Club auf der Bühne tanzen sah, dass er sie unbedingt zur Frau haben musste. Ja, er hatte schon immer eine Schwäche für achatische Dinge gehabt, das konnte er nicht leugnen.
"Wie kannst du nul so heitel sein, mein Liebel, nach dem was passielt ist?" Der typisch fröhliche Singsang der Achaterin konnte nicht über ihre Besorgnis hinwegtäuschen.
Der Kunsthändler leerte das Glas mit der scharfen, bernsteinfarbenen Flüssigkeit in einem Zug.
"Ach, Fu, Schätzchen, wenn du wüsstest!" Amüsiertes Lachen quittierte ihren zweifelnden Gesichtsausdruck. Verschwörerisch beugte sich van Swinja zu ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Das kurze Zögern in ihrer Haltung bemerkte er nicht.

***Dienstschluss***


Schritte näherten sich ihm von oben. Instinktiv zog er sich weiter in die dunkle Ecke zurück.
Die Stufen knarrten leise, als schwere Stiefel sie berührten. Jetzt waren sie so nahe, dass er die Beine zwischen den Streben des Geländers hindurch sehen konnte. Kurze Beine in eisenbeschlagenen Lederstiefeln, graues Tuch bis zum Gürtel und darüber noch mehr graues Tuch, teilweise verdeckt von einem gepflegten Bart.
Die Gestalt hielt inne. Leises Gemurmel und Geschnatter war zu vernehmen.
"Was? Natürlich werde ich ein guter Dobermann!"
Wieder das Schnattern.
"Nein, kein breites Hinterteil vom Brüten über den Akten! Was erlaubst du dir eigentlich! Wenn du nicht sofort still bist, bring ich dich auf der Stelle zurück, Zeuge hin oder her!"
Weiteres Knarren von Holz kündigte ihm an, dass die Person weiterging. Endlich konnte er sie zur Gänze sehen. Es war ein Zwerg. Ein Zwerg mit einer komischen schwarzen Ratte auf der Schulter, gekleidet in eine graue Uniform und er stapfte wütend die letzten Stiegen hinab und verließ das Gebäude.
Hatte er ihn richtig verstanden? Er war ein Dobermann? Blitzartig gestattete sein Gehirn eine Schlussfolgerung. Das also suchte er! Eine Person, kein Tier! Und nach der Uniform des Zwerges zu beurteilen, gehörte er ebenfalls zur Stadtwache, denn bis auf die Farbe war sie der der narbenübersäten Wächterin in der Taverne ähnlich.
Am Liebsten hätte er laut gejubelt, was in seiner derzeitigen Lage allerdings nicht unbedingt ratsam gewesen wäre.
Er zwang sich dazu, weiterhin logisch zu denken. Also suchte er jemanden von der Wache, einen von den Grauen, die sich nach Hunden benannten und offenbar über ein gutes Einkommen verfügen mussten, denn Etablissements wie die Boucherie Rouge - wie er es an der Fassade draußen gelesen hatte - waren teuer und dennoch hatten es an diesem Abend bereits drei Wächter besucht.
Nachdem er jetzt wusste, worauf er seine Suche eingrenzen musste, blieb nur noch eine Frage offen - wie sollten ihm diese "Hunde" helfen können?

***ein weiterer Feierabend***


"Ha! Ich wusste es!" Aufgeregt setzte sich die Gildenexpertin auf.
Ihre Bedenken hinsichtlich der gefundenen Quittung bei Herrn van Swinja hatten sich bestätigt. Rasch lief sie in das Büro ihres Kollegen Raoul. Der sympathische junge Mann aus Viericks glänzte allerdings durch Abwesenheit. Ein Umstand, der aufgrund der Uhrzeit nichts Außergewöhnliches war, andere Kollegen hatten, im Gegensatz zu ihr, offenbar ein ausgefülltes Privatleben.
Ein wenig enttäuscht kehrte Drei Hungrige Mäuler zurück in ihr eigenes Büro. Es war an der Zeit nach Hause zu gehen.
Sie löschte die Kerzen, warf die Akte auf den Diwan und schnappte sich ihre Jacke.

***Verwirrung***


Gerade als er seine schützende Deckung verlassen wollte, kam erneut jemand die Treppe herunter.
Noch ein Wächter! Diesmal allerdings war er ziemlich verwirrt. Die Person war weiblich, ihr schwarzes Haar zerzaust und ihre Wangen gerötet. Offenbar hatte sie es sehr eilig hier wegzukommen, denn sie zog sich erst im Treppenhaus komplett an.
Sie war doch wohl nicht auch Kunde hier? Oder besserte sie ihr Gehalt ein wenig auf?
Was auch immer ihr Geheimnis sein mochte, vielleicht konnte er es zu seinen Gunsten ausnützen. Schattengleich heftete er sich an ihre Fersen. Ob sie wollte, oder nicht, sie würde ihm helfen!

***Bezirk Sirupminenstrasse, später Abend***


Lautes Schnarchen aus der Richtung der Anrichte zeugte von einem gesegneten Schlaf Nikkons. Da Drei Hungrige Mäuler keine Lust auf eine Diskussion mit einem frühzeitig geweckten Technikdämon hatte, schlich sie sich auf Zehenspitzen durch die dunkle Küche.
Das Gefühl, nicht alleine zu sein, verstärkte sich zusehends.
"Max, lass das! Du weißt, dass ich das nicht leiden kann!", zischte sie in den ebenso dunklen Flur.
Müde schlich sie die Treppe hoch in ihr Schlafzimmer. Die Luft dort war stickig und heiß, aber wenigstens roch es hier nur leicht nach Ankh-Morpork und nicht nach nassem Tapir.
Seufzend entledigte sie sich ihrer Uniform, bevor sie die Kerzen auf der Kommode entzündete. Noch einmal tief durchgeatmet, dann stellte sie sich ihrem Spiegelbild.
Tränen schossen ihr bei dem Anblick in die Augen und dies war nicht mehr auf die Salbe der Gerichtsmediziner zurückzuführen. Ihre Haare, gerade noch mal schulterlang, hingen ihr wirr ins Gesicht.
Warum musste so etwas gerade ihr passieren! Hätte Goldie nicht ein paar Sekunden früher auftauchen können? Dann wäre ihr langer Zopf vielleicht noch heil! Aber was dachte sie bloß?
Es war unfair, ihrer Kollegin die Schuld an der Misere zuschieben zu wollen! Und, um ehrlich zu sein, sah sie nicht gerade ein wenig erwachsener aus mit offenen Haaren? Ein wenig weiblicher? Sie lächelte ihrem Spiegelbild versöhnlich zu, als sie eine Bewegung in den Schatten hinter ihr zu vernehmen meinte.
"Max, bitte, lass das sein. Ich bin müde und hab keine Lust auf delaltige Spielchen!"
Die Achaterin wandte sich um und erwartete insgeheim, dass der Schwarze Mann mit betretenem Gesichtsausdruck aus den Schatten hervortreten würde. Nichts geschah.
"Ach, tut mil leid. Ich bin nul ein wenig geleizt heute. Schon gut, komm laus!"
Nichts. Er war beleidigt.
Achselzuckend löschte sie die Kerzen und ging zu Bett. Kaum hatte ihr Körper die weiche Matratze berührt, fielen ihr schon die Augen zu. In Gedanken ließ sie den Tag noch einmal Revue passieren, als...
"Oh nein!" Kerzengerade fuhr sie hoch.
Sie erinnerte sich plötzlich an eine Notiz auf dem Küchentisch.
"Binne am Weg ins Trainingslager! Bis in einer Woche!", hatte ihr ihr Untermieter Maximilian R. Schreckt in seiner unverkennbaren krakeligen Handschrift mitgeteilt.
Wenn es nicht Max war, was war es dann?
Vermutlich bloß eine Einbildung. Kein Wunder, sie musste endlich aufhören bis spät in die Nacht zu arbeiten!
Sie ließ sich wieder zurücksinken. Ein leichter Windhauch streifte ihren Arm und die winzigen Wunden begannen zu prickeln. Bleierne Müdigkeit senkte sich auf ihre Lider und sie schlief ein.

***die Entdeckung***


Wenn doch alles im Leben so einfach wäre! Er war ihr bis nach Hause gefolgt, ein kleines Häuschen am Rande der Schatten, gerade noch innerhalb des Bezirks Sirupminenstrasse.
Sie wohnte zwar nicht allein, wie er dem Schnarchen aus der Ecke in der Küche entnehmen konnte, doch er schenkte dem keine Beachtung. Vielleicht war es bloß eine Katze. Viele allein stehende Frauen hatten derartige Viecher zuhause.
Er sah sich kurz um, dann folgte er ihr die Treppe hinauf - sie musste oben sein, denn im Flur gab es bloß noch eine einzige Türe und die führte in den Keller.
Ja, da war sie. Die Türe stand einen spaltbreit offen. Er konnte sie sehen, wie sie vor dem Spiegel stand. Seltsam, irgendwie wirkte sie vertraut. Woran erinnerte sie ihn nur?
"Max, bitte, lass das sein. Ich bin müde und hab keine Lust auf delaltige Spielchen!"
Oh verdammt! Er hätte besser aufpassen sollen! Sie hatte etwas bemerkt. Den Göttern sei dank hielt sie ihn aber für ihren Kater.
Da! Sie wandte sich um.
Seine Augen wurden plötzlich groß und er hörte ihre Worte nicht mehr. Völlig gebannt starrte er auf ihren Arm. Dann umhüllte ihn Dunkelheit. Vermutlich war sie zu Bett gegangen.
Leise schlich er ins Zimmer. Er näherte sich dem Bett.
Fast wäre er rücklings über einen Stuhl gestolpert, als sich die junge Frau unvermittelt aufrichtete. Oh nein! Hatte sie ihn etwa doch bemerkt? Wie konnte er bloß so unvorsichtig sein! Dämlich, ja, unverzeihbar dämlich war das.
Ohne die leiseste Muskelbewegung verharrte er vor dem Bett der "Hündin".
Aber da lag sie, entspannt, ihr Arm unverhüllt. Es schien zu leuchten, ihn zu rufen. Leises Atmen verriet ihm, dass sie eingeschlafen war.
Erneut trat er auf sie zu. Dann erkannte er.

***des Nachts in Ankh***


Mit jedem Atemzug wehte ihr eine Wolke aus Kognak entgegen. Sie lag wach und das schon seit geraumer Zeit. Vorsichtig entwand sie sich der Umarmung ihres Gatten und schlüpfte aus dem Bett. Eigentlich sehnte sich Fu bloß nach einem heißen Bad, doch dafür blieb jetzt keine Zeit. Angewidert betrachtete sie den Schlafenden, während sie sich leise angekleidete.

***ein neuer Tag beginnt***


Schweißgebadet erwachte Drei Hungrige Mäuler. Sie hatte wieder von der Frau mit den weißen Haaren geträumt und von ihrer Tante, Zwei Silberne Löffel. Undeutlich konnte sie sich noch an prunkvolle Räume erinnern, die in rotes Licht getaucht waren und an ein helles blaues Leuchten.
Ein Leuchten, wie das, das sich vor den geschlossenen Vorhängen ihres Schlafzimmers abzeichnete.
"Guten Morgen!" Die tiefe Stimme schien direkt in ihrem Kopf zu sein.
Das konnte nur eines bedeuten – sie war über Nacht verrückt geworden.
"Endlich habe ich dich gefunden", setzte die Stimme fort. Sie war wohltönend, mit einem tiefen Timbre, aber dennoch irgendwie körperlos, zerfasert, als ob sie von einem Sturmwind verweht würde.
Die Hauptgefreite fasste sich an die Stirn. Ihre Fingerspitzen berührten kalten Schweiß. Ganz klar, sie war nicht verrückt, sie hatte lediglich hohes Fieber.
"Alles in Ordnung mit dir?"
Konnten Fieberphantasien besorgt klingen? Drei Hungrige Mäuler war sich nicht sicher.
Das Leuchten wurde eine Spur dunkler.
Sie quälte sich aus dem Bett. "Eine heiße Tasse Tee, ja, das wild mil guttun!", murmelte sie. Amüsiertes Lachen erklang hinter ihrer Stirn.
"Natürlich, wie konnte ich das nur vergessen. Ohne eure Tasse Tee seid ihr nur halbe Menschen!"
Die Achaterin runzelte die Stirn. "Vielleicht sollte ich einen Schuss Leisschnaps dazugeben, ich glaube nicht, dass das schaden kann!"
"Oho, das ist mir neu! So früh morgens schon? Na ja, wenn du meinst. Ich halte zwar nichts davon, aber in Anbetracht deiner nächtlichen Aktivitäten kann es wohl wirklich nicht schaden, nicht wahr?"
Das Leuchten hatte die Form eines riesigen Schädels angenommen, der ihr mit einem Auge zuzwinkerte.
Fassungslos starrte der Dobermann das Hirngespinst an. Es musste ein Hirngespinst sein, auch wenn es zugegebenermaßen ziemlich echt aussah. Aber was hatte ihre Großmutter immer gesagt?
'Kind, du bist mit einel gloßen Poltion Phantasie gesegnet!'
Ja, vermutlich hatte sie recht gehabt. Zuviel Phantasie gepaart mit hohem Fieber.
Vielleicht sollte sie auf den Tee verzichten und in der Drogigerie zum listigen Igel vorbeischauen, Frau Hedghogg hat sicherlich ein gutes Mittel gegen Fieberträume. Hexen hatten gegen alles ein gutes Mittel.
"Warum siehst du mich so an? Habe ich mich derart verändert?" Ein Hauch von Zweifel lag in der tiefen Stimme. "Oder erkennst du mich nicht, Frau?"
"Nein!" Drei Hungrige Mäuler sprang aus dem Bett, krallte sich ihren Regenmantel, ihre Börse und hastete aus dem Schlafzimmer, die Treppe hinunter, fegte durch die Küche und lief in Richtung der Drogigerie.
An der nächsten Straßenecke prallte sie mit jemandem zusammen.
"Autsch! Oh, Velzeihung, S..!" Jäh hielt sie inne. Das durfte doch nicht wahr sein! Warum gerade er? Der Tag konnte nicht mehr viel schlimmer werden. Völlig aufgelöst, mit verfilzten Haaren, den Regenmantel notdürftig über ihrem Nachthemd zusammenhaltend stand sie da, knallrot vor Verlegenheit.
"Ist alles in Orrdnung mit dirr?" Der Vampirbarde, Flavius E. Strawinskowitsch, zog sich seinen Umhang wieder zu recht. "Du siehst ein wenig – nun jaaaa", er wusste nicht wie er den Aufzug der Achaterin höflich umschreiben sollte.
"Äh... klank... Hedghogg", stammelte sie.
Warum musste sie gerade in diesem Zustand ihrem Idol in die Arme laufen? Und warum führte sie sich auf wie jemand der nicht mehr alle Tassen im Schrank hatte? Ach ja, vermutlich weil sie am besten Wege war, die eine oder andere darin zu zerbrechen.
"Es tut mil leid, abel ich fühle mich nicht besondels wohl. Ich hoffe, ich habe sie nicht velletzt?" Zu spät. Die Worte waren ausgesprochen, sie konnte sie nicht mehr zurücknehmen.
'Oh ich Idiot! Er ist schließlich ein Vampir!' Die Gildenexpertin verzog das Gesicht. Sie hätte in diesem Moment nichts dagegen gehabt, wenn sich der Boden aufgetan hätte.
Rettung nahte allerdings in anderer Form.
"Na, Flavius, gibt's Probleme mit Groupies?" Korporal von Grauhaar trat hinzu und zwinkerte seinem Nachbarn grinsend zu. "Oh, du bist es, Dlei", stellte er mit einem skeptischen Blick auf den Dobermann fest. "Alles in Ordnung mit dir?"
"Äh, ja, Söl, nein Kolpolal", stammelte die Angesprochene. Der Tag konnte tatsächlich noch schlimmer werden. Jetzt fehlte bloß noch Raoul, der sie in diesem Zustand sah, oder gar Feldwebel Picardo. Oh ihr Götter, war das hier peinlich!
"Ja oder Nein?" Der Werwolf runzelte fragend die Stirn.
"Ich fülchte, ich bin klank, Söl. Ich wal gelade auf dem Weg zu Flau Hedghogg und..."
"Verstehe. Soll ich eine Taube mit deiner Krankmeldung in die Springstrasse schicken?", bot er der Kollegin von DOG hilfsbereit an.
"Oh, ja, Söl, das wäle sehl fleundlich", erwiderte sie erleichtert.
"Kein Problem. Dann beeil dich mal lieber und sieh zu, dass du rasch wieder ins Bett kommst, du siehst, mit Verlaub, nicht besonders gut aus."
Mit einem verlegenen Lächeln und angedeutetem Salut verließ Drei Hungrige Mäuler fluchtartig den Ort des Geschehens.

***neuer Tag und neues Glück***


Die Zeilen, die Helena ihrem Tagebuch anvertraute, waren geheim. Klarerweise, handelte es sich doch um ein Tagebuch und nicht um irgendwelche Geschäftsbücher ihres Vaters.
Im Wesentlichen, abgesehen von den unzähligen Herzen, handelte es sich um diverse Variationen von 'ich würde alles für ihn tun, mit ihm fliehen, ihn sogar heiraten, würde er mich nur fragen'.
Ricardos Auftritt war ein voller Erfolg. Er wusste es. Auch ohne Helenas Tagebuch. Er war schließlich schon seit Jahren in diesem Geschäft tätig.
Gutgelaunt verließ er das Gildengebäude in der Alchimistenstrasse und lenkte seine Schritte in Richtung Zephirstrasse. Es war Zeit für ein kleines Präsent von Wienrich und Böttcher, hübsch verpackt und mit einer Karte versehen.
Die Karte hatte er bereits beim Frühstück geschrieben - die richtige Mischung aus romantischer Poesie, feuriger Leidenschaft und natürlich einer genauen Zeit- und Ortsangabe für ein neuerliches Treffen.

***Springstrasse 21, Büro des Abteilungsleiters***


"Hmm, viel ist das ja nicht. Vor allem vermisse ich handfeste Beweise. Ich würde meinen, wir belassen es bei einem lizenzierten Diebstahl und schließen die Akte." Feldwebel Picardo schob den Bericht über den Kunstraub in Richtung des 'erledigt' Stapels.
"Aber Sir, Dlei meinte, dass mit der Quittung etwas nicht in Ordnung sei." Raoul fühlte sich um seinen ersten richtigen Einsatz betrogen.
"Ach ja? Und was bitte schön? Hier steht nichts darüber im Bericht."
Ein wenig verlegen gestand der Dobermannwelpe, dass er diesbezüglich auch nichts Genaueres wüsste.
Da er momentan keinen dringenden Ersatzfall zu bearbeiten hatte, ließ sich der Abteilungsleiter von der Enttäuschung des Viericksianers erweichen.
"Also, gut, in Ordnung. Klär doch bitte mit Dlei die Quittungssache, ich werde den Fall noch nicht abschließen. Morgen erwarte ich nähere Informationen." Mit einer müden Handbewegung entließ er den angehenden Dobermann.
"Keine Sorge, Sir, wir werden das Kind schon schaukeln." Der Gefreite grinste und verließ das Zimmer mit einem kurzen Antippen der Hutkrempe. Seine Art des Salutierens.

Kurz darauf traf Raoul auf dem Flur auf Hatscha al Nasa. Er wollte eben an die Bürotür seiner Kollegin Drei Hungrige Mäuler klopfen, als ihm der Husky mitteilte, dass sich die Hauptgefreite krank gemeldet hatte. Er war darüber ziemlich verwundert, hatte der Dobermann tags davor keinerlei Anzeichen einer Krankheit erkennen lassen.
Doch der Gefreite ließ sich nicht davon abhalten, seinen ersten Fall zu lösen. Würde er eben bei ihr zuhause vorbeischauen. Er war ohnehin neugierig, wie sie wohnte.

***ein Häuschen am Rande der Schatten***


Ein wenig ruhiger als vorhin, betrat die Hauptgefreite ihr Zuhause. Frau Hedghogg hatte zwar ein wenig überzogene Preise, aber immerhin hatte sie ein Mittel gegen Halluzinationen parat gehabt.
"Na, Frollein, machen wir heute blau?" Nikkons verschlafene Stimme empfing sie, kaum hatte sie die Tür zur Küche geöffnet.
"Nein, ich bin klank", entgegnete Drei Hungrige Mäuler schärfer als beabsichtigt.
"Oh, Verzeihung, gnä' Frau." Eingeschnappt zündete sich der Technikdämon eine Frühstückszigarette an.
Das unangenehme Schweigen, das sich in der Küche auszubreiten drohte, wurde durch energisches Klopfen unterbrochen.
Verwundert trat die Achaterin zur Türe und öffnete. Vor ihr stand niemand anders als Raoul Klopfer.
"Hallo, Laoul, was machst du denn hiel?"
"Ach, ich war grad zufällig in der Nähe und", Notlügen waren nicht sein Spezialgebiet.
"So? Zufällig hiel in del Nähe, velstehe." Sie glaubte ihm kein Wort, dennoch ließ sie ihn eintreten. "Komm lein. Möchtest du eine Tasse Tee?"
Neugierig sah sich der junge Dobermann in der Küche um. "Ja, bitte, das wäre nett. Hübsch hast du's hier." Raoul ließ sich am Küchentisch nieder. Jetzt erst fiel ihm auf, wie seine Kollegin zurechtgemacht war.
"Du bist wirklich krank, nicht wahr?"
Nach ihrem Besuch in der Drogigerie hatte Drei Hungrige Mäuler gerade mal den Regenmantel abgelegt und vollkommen darauf vergessen, dass sie lediglich mit ihrem Nachthemd bekleidet in der Küche herum hantierte. Die vertraute Röte der Verlegenheit machte sich zum dritten Male an diesem verkorksten Morgen auf ihrem Gesicht breit.
"Oh, ich, ja...Entschuldige mich bitte kulz, Laoul!" Die Gildenexpertin hastete in ihr Schlafzimmer hoch, um sich ein wenig passendere Kleidung überzuziehen.
Bevor sie den Raum betrat hielt sie jedoch kurz inne. Würde das Mittel der Hexe gewirkt haben, oder würde sie nach wie vor mit ihren Halluzinationen konfrontiert werden? Vorsichtig trat sie ein. Das Leuchten war weg, die Stimme ebenso. Erleichtert kleidete sie sich an und band ihre Haare zusammen.
Als sie die Küche neuerlich betrat, bot sie ein vertrautes Bild. Sogar ihr übliches, freundliches Lächeln war zurückgekehrt.
"Ich glaube, die Medizin von Flau Hedghogg hat gewilkt, ich fühle mich schon viel bessel!", verkündete sie strahlend.
"Großartig, Dlei, aber weshalb bist du eigentlich heute zuhause geblieben?", erkundigte sich der angehende Experte der Anwaltsgilde.
Kurz erzählte sie ihm von ihren Problemen.
"Sag mal, wo hast du denn das Ding auf deinem Arm machen lassen?" Raoul äußerte eine Vermutung, "Kann es nicht sein, dass deine Wahnvorstellungen davon kommen?"
Energisch schüttelte die Achaterin den Kopf.
"Nein, Belts heiße Nadeln ist ein sehl angesehenes Untelnehmen, du glaubst doch nicht, dass Belt hiel ilgendwelche seltsame Substanzen velwendet, das könnte el sich übelhaupt nicht leisten. Und die Nadeln walen alle desin...desf...sehl saubel, ich habe gesehen wie el die fül mich extla aus del Oliginalvelpackung genommen hat."
Der Gefreite resignierte. Egal was er alles einwenden würde, sämtliche Bedenken würden an ihrer Überzeugung abprallen. "Wie du meinst. Wenigstens fühlst du dich jetzt wieder besser", versuchte er einzulenken.
Während seine Kollegin den Tee servierte, fiel ihm auf, was ihn die ganze Zeit an ihrem Erscheinungsbild irritierte.
"Du warst gestern noch beim Friseur?"
Drei Hungrige Mäuler blickte kurz auf. "Äh, ja. Ja. Sozusagen."
"Steht dir gut."
"Danke. Jetzt abel mal laus mit del Splache. Es fleut mich, dass du mich besuchen kommst, abel ich glaube nicht, dass das del Glund fül dein Kommen wal, nicht?" Sie machte es sich auf einem Stuhl ihm gegenüber gemütlich.
Kleine Rauchwölkchen zogen über den Küchentisch und mischten sich mit dem Dampf des heißen Tees. Nikkon hielt sich zwar weiterhin mit seinen Kommentaren zurück, schließlich war er beleidigt, dennoch quälte ihn die Neugier, was es mit dem Besucher auf sich hatte. Still lehnte er an seiner Behausung und verfolgte paffend das Gespräch.

***ebendort***


Er hatte sich in den zweiten Raum im Obergeschoss zurückgezogen. Hier war er ungestört. Offensichtlich kam hier nur selten jemand herein, denn die kleinen, goldenen Figuren auf der Kommode waren, wie auch der Rest der Einrichtung mit einer dünnen Schicht aus Staub überzogen.
Langsam wanderten seine Blicke über verstaubte Ikonographien. Auf einem Bild, einem Gruppenbild, lachten ihm drei Frauen entgegen. Zwei davon kannte er nur zu gut, die dritte jedoch war ihm fremd. Sie standen vor einer Mauer, die mit Fahnen geschmückt war. Fahnen, auf denen achatische Zeichen prangten. Eine der Frauen trug einen kleinen Vogelkäfig mit einer Nachtigall darin in der Hand.

***Hunde auf Spurensuche***


"...tja, jedenfalls macht der Schäff jetzt ordentlich Druck. Wenn wir ihm nicht mit handfesten Beweisen kommen, dann gilt der Fall als erledigt." Der Viericksianer rührte lustlos einen weiteren Löffel Zucker in seinen Tee.
"Beweise, so", Drei Hungrige Mäuler versuchte ihre Gedanken wieder vollends auf den Fall zu konzentrieren. "Gesteln habe ich etwas lausgefunden, was Bobby Dugall betlifft. Ich wollte es dil noch elzählen, abel du walst nicht mehl im Bülo."
Täuschte er sich, oder schwang hier ein leichter Vorwurf in ihren Worten mit?
"Was denn?" Gespannt schob der Gefreite seine Tasse beiseite.
"Dugall kann nicht vol Olt gewesen sein, del sitzt nämlich seit einigel Zeit hintel Gitteln. Eine dumme Sache, genaueles weiß ich leidel nicht, abel jedenfalls hat el sich den Unmut von Helln Boggis zugezogen."
"Und da lebt er noch? Ich dachte, die Gilde würde nicht lang fackeln, wenn es gilt, unliebsame Personen aus dem Verkehr zu ziehen?"
"Nolmalelweise schon, Laoul, abel Dugall ist einel del Besten. Solange die Gilde keinen passablen Elsatz palat hat, halten sie ihn sichellich am Leben."
Die Achaterin wartete auf die erfreute Reaktion ihres Kollegen. Sie blieb aus. Stattdessen verzog er missmutig das Gesicht.
"Und? Das heißt, dass der Fall tatsächlich nichts mehr hergibt. Boggis beurlaubt seinen besten Mann, schickt ihn zu van Swinja, holt den Ring und alles ist bestens gelaufen. Keine weiteren Ermittlungen seitens D.O.G mehr nötig und wir können uns wieder irgendwelchen Routinearbeiten zuwenden."
Der Gefreite machte Anstalten zu gehen. All seine Qualen in Frau Belesens Reich umsonst.
"Hey, Laoul, bleib mal sitzen und übelleg doch", Drei Hungrige Mäuler hielt ihn zurück, "wil haben noch nicht Jahlesende, die Gilde hat also noch Zeit genug, die von Lold Vetinali festgesetzte Quote zu elfüllen. Hell Boggis wäle dumm, wenn el jetzt schon mit diesem Laub die Obelglenze del Quote elfüllen wülde. Wie soll el seine Männel bis zum Ablechnungsstichtag dann beschäftigen? Nein, die Gilde steckt nicht dahintel. Noch dazu, wenn es stimmt, dass van Swinja im Besitz einel Platinplakette ist. Boggis wülde mit so einel Aktion gegen die Gildenlegeln velstossen! Das wäle sein Ende als Volsitzendel. Boggis ist machtgielig, abel nicht dumm, velgiss das nicht."
Raoul überlegte und nahm wieder Platz. "Gut, also du meinst, Dugall kann es nicht gewesen sein. Von wem stammt dann diese verdammte Quittung am Tatort?"
"Wusstest du, dass Bobby einen Bludel hat? Ein ausgezeichnetel Fälschel, del nach del Inhaftielung seines Bludels aus del Gilde ausgetleten ist? Nick Dugall, albeitslos, auf del Suche nach einem lohnenden Auftlag, del ihm ein neues Leben ilgendwo auf del Scheibe elmöglicht. Ein leichtes fül ihn, die Quittungsblöcke von Bobby zu olganisielen und dessen Untelschlift zu fälschen. Genug Velwillung fül alle Beteiligten, denn es sieht ja nach einem lizenzielten Velblechen aus. In del Zwischenzeit kann el lockel den Ling velkaufen und sich absetzen. Na, was meinst du jetzt?"
Der Dobermannwelpe, der sich zwar schon an die Aussprache seiner Kollegin gewöhnt hatte, aber bei längeren Reden immer noch Probleme hatte, ihr zu folgen, nickte langsam, während er ihre Informationen verarbeitete.
"Gute Theorie, klingt plausibel, jetzt bräuchten wir bloß noch irgendwas in der Hand, das die Vermutungen bestätigt. Was ist eigentlich mit deinen Verdächtigungen gegen van Swinja? Die Sache mit dem Faihrsicherungsbetrug?"
Drei Hungrige Mäuler führte ihre Theorie fort. "Was wäle, wenn van Swinja Nick Dugall angeheuelt hat, den Ling nul zum Schein zu stehlen? El kassielt von del Univelsale und velsplicht dem Dieb einen Teil davon. Del jedoch findet es velnünftigel, den Ling an jemanden weitelzuvelkaufen, del ihm ein besseles Angebot macht? Vielleicht an die Familie Wong?"
Sie wusste, dass die Theorie nicht ganz perfekt war, aber es war immerhin eine Idee. Eine Idee, die sie vielleicht auf die eine oder andere Spur bringen konnte.
"Ach ja, die Wong's. Ich hab gestern ein wenig über die verstorbene Frau van Swinjas herausbekommen, Suzie."
"Ja genau! Du walst ja gesteln bei del leizenden Flau Belesen." Die Gildenexpertin lächelte unschuldig.
Wollte sie ihn auf den Arm nehmen? Oder war sie tatsächlich geistig nicht ganz auf der Höhe? "Wie oft musst du denn deine Medizin nehmen, Dlei?" Dezenter konnte der Wink wohl nicht mehr ausfallen.
"Zweimal täglich, wieso?"
"Schon gut", Raoul winkte ab, "ist mir nur grad eingefallen."
Rasch brachte er das eigentliche Thema wieder zur Sprache. "Wusstest du, dass Suzie Wong mal in einem Schuppen namens Glücklicher Buddha gearbeitet hat? Ein Club für reiche Männer, geleitet von der Stripperinnengilde?"
Die Hauptgefreite machte große Augen.
"Unauffällige Familie, eher ärmlich, Suzie war die einzige, die es geschafft hat, sagen wir mal Karriere zu machen, als sie Karolus van Swinja geheiratet hat. Kein Wort im Zusammenhang mit dem Ring zu finden und ich hab alle Ausgaben der hiesigen Zeitungen durchgeblättert. Allerdings ist ihr Tod ziemlich spektakulär gewesen. Sie wurde bei einem Brandanschlag auf eine Villa in der Nähe von Quirm getötet."
"Seltsam, wie kommt Suzie dann an einen delalt weltvollen Ling? Wil sollten mal die Familie Wong ein wenig nähel in Augenschein nehmen, was meinst du Laoul?"
"Wird wohl ein wenig schwierig, es sei denn der Schäff erlaubt uns einen größeren Urlaub. Die Wong's leben nach wie vor drüben in der alten Heimat, im achatenen Reich."
"Mist! Und jetzt?" Die Achaterin hatte das Gefühl schnurstracks in eine Sackgasse gelaufen zu sein.
"Hey, keine Sorge, der gute Raoul hat in Sachen Ermittlungstechniken gut aufgepasst!" Grinsend zog er ein Blatt Papier aus der Uniformjacke und schob es ihr hin.
Die Sackgasse wies eine offene Türe in der Mauer am Ende auf.
"Weißt du, ich dachte mir, es kann ja nicht schaden mal den einen oder anderen Hehler aufzusuchen und vielleicht sollten wir ja doch mal im Buddha nachfragen, ob uns jemand ein bisschen was über die gute Suzie erzählen kann. Irgendwo sollte es doch eine Spur zu dem Roten Löwen geben, nicht?"

***die Fährte wird aufgenommen***


Die beiden Dobermänner hatten einen Plan aufgestellt. Drei Hungrige Mäuler wollte einen Sprung bei der Gilde vorbeisehen, um van Swinjas Aussage über die erworbene Plakette nachzuprüfen, danach hatte sie vor, sich mit dem Gefreiten Klopfer bei dem Händler in der Rankengasse 56 zu treffen.
Er schien ihr der vielversprechendste Hehler auf Raouls Liste zu sein, war er doch laut seinem Firmennamen im Bereich der antiken Kunst tätig. Vielleicht hatte er den Ring ja gesehen oder wusste zumindest näheres über dessen Geschichte.
Der Viericksianer sollte inzwischen versuchen, einen Husky für eine Ermittlung in dem Stripperinnen-Club zu gewinnen. Die Achaterin dachte an Patrick Nichts und grinste still vor sich hin, als sie sich das mögliche Gespräch zwischen den beiden vorstellte.

***überraschende Wendungen***


Als die Hauptgefreite in der Rankengasse ankam, bot sich ihr ein unerwartetes Bild. Das Geschäft war umringt von einem der typisch ankh-morporkianischen Mobs, bestehend aus vielen neugierigen Bürgern und einigen die bloß zufällig dabeistanden.
Vor der Türe bemerkte sie einen Troll in Uniform und einen Mitarbeiter von S.E.A.L.S, die damit beschäftigt waren, die Leute und vor allem die Neuigkeitenschreiber der Presse von dem Antiquitätenladen fernzuhalten.
Drei Hungrige Mäuler, inzwischen korrekt in Uniform zog ihre Dienstmarke und bahnte sich ihren Weg ins Innere des Ladens. Blechern schepperte die Glocke an der Eingangstür. Im Verkaufsraum waren zwei Wächter damit beschäftigt Spuren zu sichern.
"Velzeihung", wandte sich die Gildenexpertin an einen der Kollegen, "ich suche den Gefleiten Klopfel."
"Im Hinterzimmer", kam es kurz und bündig zurück.
"Laoul?", rief die Wächterin, die keine Ahnung hatte, in welcher Richtung das Hinterzimmer lag.
"Ja, hier bin ich!" Der angehende Dobermann winkte sie zu sich.
"Was ist denn hiel passielt?"
"Wirst du gleich sehen, wenn du hier rein kommst", entgegnete er kryptisch.
Der weibliche Dobermann betrat den Raum. Es handelte sich um eine Art Arbeitszimmer. Die Wände waren mit Bücherregalen voll gestellt, doch der wuchtige, schön verzierte Sekretär in der Mitte des Raumes zog ihre Blicke auf sich. Davor stand ein lederüberzogener Stuhl, auf welchem ein kleiner Mann mit schütterem dunklem Haar saß, vornüber gebeugt, die Hände auf dem Schreibtisch. Er schien konzentriert an etwas zu arbeiten. Lediglich die durchgeschnittene Kehle des Mannes trübte die Szene ein wenig.
"Guten Tag, Hell Holm.", grüsste die Wächterin den anwesenden Mitarbeiter von S.U.S.I, sie kannte ihn zwar nicht persönlich, doch sie hatte schon viel von ihm gehört, einige ihrer Fälle begannen mit einem Bericht des Spurensicherers.
"Guten Tag", der Angesprochene unterbrach kurz seine Tätigkeit, die darin bestand, eifrig in ein kleines Notizbuch zu kritzeln, um ihr die Hand zu schütteln.
"Sieht aus, als wülden wil hiel den nächsten Fall haben", bemerkte die Achaterin.
Charlie Holm hob überrascht eine Braue. "Den nächsten Fall für D.O.G?", zweifelte er. "Ich fürchte nicht, dies hier ist eher ein Fall für R.U.M. Wir haben keine Assassinenquittung gefunden. Inspäctor Kolumbini sollte jeden Augenblick hier eintreffen. Da fällt mir ein, wieso seid ihr eigentlich hier?"
"Wil elmitteln in del Kunstlaubsache bei Helln van Swinja. Eigentlich wollten wil von dem Inhabel hiel ein paal Infolmationen übel den Loten Löwen", kam Drei Hungrige Mäuler ihrem D.O.G.-Kollegen zuvor.
"Aha, ja, diese Sache." Der Spurensicherer machte sich eine neuerliche Notiz. "Nun, Elias Blumenkrohn, der Inhaber dieses Geschäfts wird euch nichts mehr sagen können. Wie kommt D.O.G eigentlich genau auf diesen Laden hier?" Gespannt blickte Charlie Holm von einem Hund zum anderen.
"Nun, Herr Kollege, dies hier war laut unseren Informationen der wahrscheinlichste Hehler der etwas über den gestohlenen Ring wissen konnte. Und wie's aussieht, war er vermutlich tatsächlich in die ganze Sache verwickelt", beeilte sich der Gefreite Klopfer zu erklären.
"Interessant. Also ist oder besser gesagt war das Opfer sozusagen in einem gildennahen Bereich tätig."
Der Spurensicherer sah bereits eine Diskussion über die Zuständigkeit der Abteilungen auf sich zukommen. Andererseits, ihm konnte es ja gleich sein, wer den Fall zu lösen hatte. S.U.S.I brauchte sich nach den ersten Untersuchungen glücklicherweise nicht mehr darum streiten, wer im Endeffekt Überstunden schieben musste.
"Gibt es schon elste Hinweise auf den Tätel?" Drei Hungrige Mäuler, die den Wächtern Platz machte, die den Leichnam in die Gerichtsmedizin transferieren sollten, blickte Holm erwartungsvoll an.
"Nein, leider. Nichts. Wir haben bisher bloß die Fingerabdrücke des Opfers sicherstellen können. Das einzige, das wir mit Gewissheit sagen können ist, dass Blumenkrohn mit einem sauberen Kehlenschnitt von hinten getötet wurde."
"Gibt es ilgendwelche Hinweise auf einen gestohlenen Ling?" Die Achaterin gab so schnell nicht auf.
"Nein, das Opfer hat zwar offensichtlich gerade irgendwelche Untersuchungen angestellt - er hielt noch zum Todeszeitpunkt, der in etwa vor vier bis sechs Stunden gelegen haben muss, sein Vergrößerungsglas in der Hand. Anhand der Stellung des Toten dürfte es sich bei dem von ihm untersuchten Objekt um etwas Kleines gehandelt haben."
Die Gildenexpertin hatte mittlerweile ein ziemlich abgegriffenes Buch auf dem Schreibtisch entdeckt und wollte es gerade in die Hand nehmen.
"Nicht anfassen! Bitte. Wir müssen die Sachen erst ins Labor bringen um mögliche Spuren des Täters ausfindig machen zu können."
"Oh, Velzeihung Hell Holm." Drei Hungrige Mäuler besah sich den Buchtitel. "1001 Schätze der Scheibe" - das klang doch ziemlich viel versprechend.
An den Spurensicherer gewandt, bat sie, "Wäle es eventuell möglich, dass sie dieses Buch hiel nach den Untelsuchungen in die Bouchelie schicken könnten?"
Vielleicht konnte Elias Blumenkrohn doch noch etwas zur Lösung in der Sache Roter Löwe beitragen. Wenn sie sich nicht irrte, steckte sogar ein Lesezeichen zwischen den Seiten des Schmökers.

***die Qual der Wahl***


Zum x-ten Mal löste Helena ihre Zöpfe um sie anschließend wieder neu zu flechten und mit anderen Bändern verziert erneut zu arrangieren. Auch das Kleid war seit Beginn ihrer Zeremonie schon des Öfteren gewechselt worden. Der Inhalt ihres Kleiderschranks wies bereits große Lücken auf, wo hingegen ihr Bett unter einem enormen Haufen diverser Garderobe begraben schien.
Noch immer war sie mit ihrem Erscheinungsbild nicht zufrieden und sie hatte nur noch zwei Stunden Zeit, bis sie den Mann ihres Herzens wieder sehen sollte. Langsam sollte sie ein Kleid finden, das für die Gelegenheit passend war, denn es war mittlerweile zu spät, bei "Madame's" vorbeizufahren, um ein neues Outfit zu erstehen.
Seufzend betrachtete sie sich im Spiegel. Ja, das Taubenblaue war schon in Ordnung, aber irgendwie wirkte es zu mädchenhaft und bieder. Sie brauchte etwas, in dem sie einen nachhaltigen Eindruck hinterließ, etwas wie...ihr Blick fiel auf ein hautenges, rot-gelb gemustertes Etwas.
DAS war es! Das Kleid, das ihre Mutter getragen hatte, als sie ihren Vater zum ersten Mal traf. Es konnte nicht falsch sein, schließlich hatte es zwischen ihren Eltern damals auch gefunkt.
Rasch kleidete sich Helena aus und zwängte ihre Rundungen in das Erbstück ihrer Mutter. Mit leuchtenden Augen betrachtete sie sich im Spiegel. Wahnsinn! Sie wirkte erwachsen und sehr, sehr weiblich. [3] Warum war sie nicht schon vorhin auf diese Idee gekommen?
Einzig die seltsamen Verschlüsse an dem Kleid waren ein wenig gewöhnungsbedürftig. Ziemlich leicht zu öffnen und an strategisch wichtigen Stellen platziert. So etwas hatte sie nie zuvor an einem Kleidungsstück gesehen. Vielleicht war dies ja auch bloß eine traditionell achatische Gewandung, die ihre Mutter aus der alten Heimat mitgebracht hatte.
Egal, es war auf alle Fälle bestens für ihre Verabredung mit Ricardo geeignet. Sie nahm seine Karte in die Hand. Nicht, dass sie die wenigen Zeilen nicht schon auswendig konnte, aber dadurch fühlte sie ihn in ihrer Nähe.
Später Nachmittag an der alten Eiche im Apothekergarten! Ihr Herz schlug schneller bei dem Gedanken an das baldige Treffen.
Vorsichtig legte sie die Karte zurück auf ihren Frisiertisch. Wenn sie bloß wüsste, wer von den neugierigen Dienstboten die Karte geöffnet hatte, bevor man sie ihr brachte! Wäre ihre Mutter noch am Leben gewesen, hätte sie solch eine Unverschämtheit beim Personal nicht geduldet. Aber nein, Vater musste ja Fu, diese Hexe, damit beauftragen die Dienerschaft zu beobachten und gegebenenfalls zu ersetzen.
Der Zorn auf ihre Stiefmutter ließ Helenas Augen glänzen und bezaubernde Röte überzog ihr Gesicht. Ohne Zweifel, Helena sah wirklich umwerfend aus!

***weitere Spuren***


"Tja, sieht aus, als hätte unser Täter einen enormen Vorsprung. Hoffentlich finden die Kollegen noch etwas mehr raus."
Die beiden D.O.G.-Mitarbeiter konnten im Fall Blumenkrohn vorerst nicht weiterhelfen, also änderten sie ihren bisherigen Plan und wollten Nick Dugall einen Besuch abstatten.
Hoffentlich war das Archiv am neuesten Stand, denn die dort verzeichnete Wohnadresse des ehemaligen Gildenmitglieds lag eine halbe Stunde Fußmarsch von der Rankengasse entfernt, in der Nähe der Docks. Die Hauptgefreite nickte zustimmend.
"Was hat eigentlich deine Nachforschung bei der Diebesgilde ergeben? Hat van Swinja eine Platinplakette, oder nicht?"
"Ob du's glaubst odel nicht, Laoul, ja el hat eine - alleldings elst seit gesteln abend."
"Das is ja 'n Ding. Gut geraten, Frau Kollegin. Und jetzt?"
"Jetzt schauen wil mal, ob wil bei Nick etwas in Elfahlung blingen, dann sehen wil weitel."

***Rendezvous mit Hindernissen***


Unter der alten Eiche im Apothekergarten herrschte bereits Dämmerung.
Helena, die ein wenig zu früh am Treffpunkt ankam, wollte es sich gerade auf einer Parkbank gemütlich machen, als sie jemand von hinten umfing und ihr die Augen zuhielt.
"Oh, Ricardo! Lass das", kicherte sie vergnügt.
Allerdings nicht lange, denn kurz darauf presste ihr derjenige ein äthergetränktes Tuch auf den Mund. Fräulein van Swinja schwanden die Sinne.

***Morpork, Docks - früher Nachmittag***


"Wasch'n losch?" Ein mürrischer Kerl in Unterkleidung, die knapp seinen Bierbauch verhüllte, öffnete den beiden Gildenexperten die Türe. Eine Fahne resultierend aus billigem Fusel schlug den Wächtern entgegen, als sie vor dem heruntergekommenen Zinshaus an den Docks standen.
Der Gefreite Klopfer zog seine Dienstmarke. "Stadtwache. Wir möchten zu Herrn Nick Dugall."
"Schu Niggy? Der isch scheit Tagen nischt mehr hiergeweschen, diescher Schohn einer räudigen H*icks*...Wasch wolldd ihr vonne dem?"
"Wir würden ihm gern ein paar Fragen stellen, nichts weiter. Wissen sie, wo wir ihn erreichen können?"
Der Hausbewohner schwankte ein wenig zur Seite, griff irgendwo hinter der Tür nach etwas und nahm einen tiefen Schluck aus der zutage geförderten Flasche. Ein herzhafter Rülpser ließ Drei Hungrige Mäuler noch weiter als bisher schon zurückweichen.
"Woheaa scholl isch dasch wischen?", lallte der widerliche Kerl. "Aba wenn ihr ihn scheht, schagt ihm, dasch er schisch erscht wie*hicks*da hier bliggen laschen scholl, wenn er mir die ausch...sch...schdändigge Miedde beschalt, der Dreggschkeal!"
Der Vermieter von Nick Dugall drohte endgültig umzukippen, glücklicherweise war das einzig Stabile an dem Haus die Türklinke, an der er sich krampfhaft festhielt.
Mehr oder weniger würdevoll traten die beiden Wächter den Rückzug an.
"Na, der hat uns auch nicht wirklich geholfen, der alte Säufer!" Raoul kämpfte noch immer mit seinem Magen, der erheblich gegen die Begegnung mit dem Hausmeister revoltierte.
"Leidel, abel immelhin wissen wil, dass Bobbys Bludel bis vol kulzem hiel gewohnt hat. Vielleicht könnte sich ja Hally mal nähel hiel umsehen, vielleicht findet del noch was Blauchbales, das uns weitelhelfen könnte."
Der weibliche Dobermann schlug den Weg in Richtung Springstrasse ein.
"Zuelst einmal sollten wil Lob..äh, Feldwebel Picaldo übel die Eleignisse infolmielen. Ich glaube nicht, dass wil den Fall schon so schnell abschließen können."

***Apothekergarten, in etwa zur gleichen Zeit***


Langsam begannen Zweifel an Ricardo zu nagen. Sollte er sich im Falle Helena geirrt haben? War sein Charme tatsächlich so wirkungslos? Er konnte es nicht glauben, so wie ihn die Tochter des reichen Kunsthändlers bei ihrem Abschied letzte Nacht angeblickt hatte.
Doch wo blieb sie nur? Natürlich kannte er die Eigenheiten junger Damen - zuerst der ewig andauernde Garderobenwechsel, dann die endlosen kritischen Blicke in den Spiegel, ob auch wirklich kein Pickel die Frechheit besaß, just vor dem Rendezvous aufzutauchen und letztendlich die gewollte Verspätung, um seine ernsthaften Absichten zu testen.
Aber diesmal stimmte etwas nicht - seit einer geschlagenen Stunde saß er bereits hier unter der Eiche und noch immer keine Spur von der gut betuchten Tochter van Swinjas. Womöglich hatte sie Hausarrest?
Kurzerhand machte sich Cavalli auf, die junge Dame zu Hause aufzusuchen.

***Morpork, einige Stunden vorher***


Seitdem sie kurz nach dem fremden Grauen das Haus verlassen hatte, war er ihr wieder gefolgt, schattengleich.
Er musste unbedingt mit ihr sprechen. Allein.
Ein Umstand, der sich bisher noch nicht wieder ergeben hatte.

***der Plan***


"Oh nein, nein, DAS kannst du nicht von mir verlangen! Hatschiii!" Die kürzlich zur Lance-Korporal beförderte Hatscha al Nasa schüttelte energisch den Kopf.
"Ach komm schon, ich blauche dich. Wil haben sonst niemanden del dafül geeignet wäle!" Drei Hungrige Mäuler setzte all ihre Überredungskraft ein.
Der Husky wedelte aufgebracht mit dem Informationsblatt der Stripperinnengilde durch die Luft.
"Ich werde mich sicherlich nicht bloß mit Federn bekleidet auf - hatschi - eine Bühne stellen. Nicht mal, wenn ich für den Einsatz gleich zwei Stufen auf einmal auf der Karriereleiter steige."
"Wel sagt denn,.."
"Und ich werde schon gar nicht die in Paragraph Zwei angeführten Dinge tun - weder exotisch noch klatschianisch!"
"Jetzt beluhige dich doch elst mal, Hatscha", erneut versuchte die Gildenexpertin ihre aufgebrachte Kollegin zum Zuhören zu bewegen, "höl mal, es ist alles ganz einfach. Ein Infolmant wild uns in den Club einschleusen, wil welden die Dame bei ihlel Show im Hintelglund untelstützen und sie dann gleich danach am Weg in die Galdelobe abpassen. Dann stellen wil unsele Flagen und sind auch schon wiedel weg. Keinel wild etwas melken."
Skeptisch blickte sie der Husky an. "Du meinst wir tragen keine knappen Dinger und hüpfen auf der Bühne rum, während uns alte Tattergreise mit Geifer in den Mundwinkeln anstarren?"
"Nein." Die Hauptgefreite bemühte sich um einen aufrichtigen Tonfall. Bei den knappen Dingern war sie sich nämlich nicht so sicher...
Was tat man nicht alles, um eine scheue Künstlerin über ermittlungstechnisch relevante Sachverhalte zu befragen!
"Na gut, ich mach's. Was bleibt mir schon übrig", resignierte die verdeckte Ermittlerin schließlich.
Wie unangenehm auch immer die Einsätze sein mochten, sie hatte sich nun mal für den Posten entschieden und der Dobermann hatte recht - es gab nicht viele D.O.G.'s, die für eine derartige Ermittlung in Frage kamen.
"Wundelbal! Vielen Dank Hatscha, wil sehen uns also dann spätel volm Klub. Bis nachhel und lass mil ein bisschen was aus dem Fundus übel." Die Achaterin zwinkerte der frischgebackenen Lance-Korporal fröhlich zu und machte sich auf den Weg in die klatschianische Überraschunk.
Langsam ließ sie das Gespräch mit Feldwebel Picardo nochmals Revue passieren.
Nach anfänglichen Zweifeln, hatte sie es geschafft, den Abteilungsleiter davon zu überzeugen, dass im Fall "van Swinja" noch lange kein Schlussstrich unter die Akte gezogen werden konnte. Zu viele Fragen hatten sich während der Ermittlungen noch aufgeworfen und je tiefer die Wächter in die Materie vordrangen, umso unklarer wurden die Motive der einzelnen Beteiligten. Glücklicherweise platzte Patrick Nichts mitten in die Unterredung der beiden Dobermänner und lieferte einen kurzen Zwischenbericht über seinen "Besuch" im Klub.
Drei Hungrige Mäuler konnte sich während seiner Erläuterungen, die mit einer gewissen Verlegenheit vorgebracht wurden, ein Grinsen kaum verkneifen. Warum nur hatte sie geahnt, dass Raoul gerade ihn für diese Mission ausgewählt hatte?
Patrick hatte es geschafft jemanden aufzutreiben, der die erste Frau van Swinjas gut gekannt hatte, allerdings gab es ein kleines Problem. Die mögliche Informantin, eine Tänzerin namens San'Da Niko Pan, zählte zu der äußerst menschenscheuen Gattung und war nicht bereit, so ohne weiteres mit der Wache zu kooperieren.
Wie sie ihre Haltung mit dem Beruf vereinbaren konnte, wussten bloß die Götter und vielleicht sogar nicht einmal die.
Doch sie wären keine Hunde, würden sie eine einmal gewitterte Fährte mir nichts dir nichts aufgeben. Die beiden Dobermänner und der Husky entwickelten einen Plan...einen Plan, der den Oberstgefreiten zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit in den Glücklichen Buddha führte.

***Resignation?***


Fast hätte er es geschafft, sie endlich zu einem vertraulichen Gespräch in ihrem "Arbeitszimmer" bewegen zu können, wäre sie nicht sofort wieder verschwunden. Langsam wurde die Zeit knapp und er hatte keine Lust mehr, ihr länger nachzulaufen.
Seufzend machte er es sich auf dem üblen, roten Diwan so bequem als möglich und Sekunden später glitt er hinüber ins Reich der Träume.

***Morpork, nachmittags***


Gemächlich schlenderte der Gefreite Klopfer durch die Strassen der Stadt. Er konnte seiner Ausbildnerin im Moment nicht bei den Ermittlungen im Fall des Roten Löwen helfen, also hatte er beschlossen, dem Vertreter der Universale einen Besuch abzustatten. Eigentlich war es mehr sein Empfinden von Recht und Unrecht, das ihn dazu veranlasste.
Nach einer Weile hatte er das kleine, aber saubere Büro der Faihrsicherungsgesellschaft erreicht und betrat es nach kurzem Anklopfen.
Dschenera Lee, der ihn sogleich erkannte, kam erfreut auf ihn zu.
"Ah, der Herr Wächter. Guten Tag, guten Tag. Was kann ich für sie tun? Derzeit hätten wir ein günstiges Paket an individuell abgestimmter Altersvorsorge im Angebot. Ich weiß, in ihrem Alter macht man sich noch nicht allzu viele Gedanken an die ferne Zukunft, aber ich sage immer, man kann nie früh genug an seine Rente denken!"
Geschäftig zog der Kahlköpfige den angehenden Gildenexperten auf einen Stuhl und hatte ihm fast in der gleichen Sekunde einen Stapel diverser Formulare in die Hand gedrückt. Raoul warf einen kurzen Blick auf die Unterlagen, auf denen sich unzählige, unübersichtliche Paragraphen tummelten. Überfordert mit der Lektüre, schob er die Blätter von sich.
"Nun, Herr Lee, ich bin eigentlich nicht in eigener Sache hier..."
Hoffnungsvoll blickte ihn der Faihrsicherungsangestellte an. "Haben sie, ich meine, hat die Stadtwache den Roten Löwen mittlerweile sichergestellt?"
Dies würde ihm die Kräfte zehrende Verhandlung mit dem ausgefuchsten Anwalt van Swinjas am nächsten Tag ersparen. Die Götter allein wussten, weshalb es dem alten Pergamon so schnell gelungen war, die leidige Streiterei um den Anspruch auf Auszahlung der Faihrsicherungssumme vor Gericht zu zerren.
Umso größer war seine Enttäuschung, als seine Hoffnungen durch ein Kopfschütteln des Wächters zerschlagen wurden.
"Nein, leider, der Ring ist bisher noch nicht aufgetaucht. Aber wie unsere Ermittlungen ergeben haben, ist Herr van Swinja erst nach dem Diebstahl in den Besitz einer Platinplakette gelangt. Ich dachte, diese Information könnte ihnen in der Faihrsicherungsangelegenheit vielleicht dienlich sein."
"Sie meinen, er hat die Gildenquote erst nach dem Einbruch entrichtet? Wirklich?" Ein strahlendes Lächeln begann sich auf dem Gesicht des Achaters auszubreiten.
Zustimmend nickte der Dobermannwelpe.
"Das ist ja großartig! Somit kann mir der Blutsauger", mit einem verschämten Blick auf den Viericksianer fuhr er fort, "ich meine, Herr Pergamon, nicht mehr damit kommen, dass der Diebstahl von einer nicht berechtigten Person erfolgte!", jubelte Dschenera höchst erfreut.
"Junger Mann, mit dieser Information haben sie vermutlich nicht nur meinen A..., äh meinen Posten hier gerettet, sondern unser ganzes Unternehmen!"
Herr Lee machte Anstalten, dem Gefreiten um den Hals zu fallen. Rasch erhob sich Raoul, um der Dankesbezeugung zu entgehen.
"Es freut mich, wenn die Stadtwache ihnen und ihrem Unternehmen behilflich sein konnte", entgegnete er distanziert.
"Oh ja und wie sie uns damit geholfen haben. Wären sie vielleicht interessiert daran, ich weiß ja, dass ihr Leute im Dienst nichts annehmen dürft, aber würden sie vielleicht gerne bei der morgigen Gerichtsverhandlung dabei sein? Nichtbetroffenen ist es normalerweise nur mit gesonderter Genehmigung erlaubt, an einer Verhandlung teilzunehmen, aber sie könnten als mein Gast dem Geschehen beiwohnen. Ich muss sagen, die altehrwürdigen Hallen des Gerichts sind allein für sich schon einen Besuch wert und ich kann ihnen versichern, eine Verhandlung wie die morgige wird es so schnell nicht wieder geben!"
Der Gefreite überlegte kurz und kam zu dem Schluss, dass eine Einladung zu Gericht nicht als Bestechung gewertet werden konnte, zumal er ja in ebendieser Sache zu ermitteln hatte. Noch dazu konnte er sich ohne große Anstrengung mit seinem zukünftig zu betreuendem Gebiet vertraut machen. Erfreut nahm er die Einladung des Faihrsicherungsangestellten an.
"Wunderbar! Dann treffen wir uns morgen gegen neun im Cafeh Richter?", erkundigte sich Dschenera Lee.
"Ist gebon.., ich meine gerne, Herr Lee. Vielen Dank!" Mit einem kräftigen Händedruck verabschiedete sich Raoul.
"Keine Ursache, das ist wohl selbstverständlich." Dschenera brachte ihn, immer noch freudig lächelnd, bis zur Tür.

***der Klub***


Lance-Korporal Hatscha al Nasa und Hauptgefreite Drei Hungrige Mäuler standen verschämt in dem dunklen Flur, der zum Hintereingang des Glücklichen Buddha führte.
Beide hatten sich Mühe gegeben, möglichst authentische Mitglieder der Gildenvereinigung von Betty Bang Bang Buuuummmm Fiedler darzustellen. Die im D.O.G.-eigenen Fundus vorhandenen Stücke hatten sie mit einigen geliehenen Sachen der Damen aus dem Erdgeschoss der Boucherie kombiniert.
Zitternd standen sie nun in der frischen Abendluft und warteten auf den von Patrick Nichts versprochenen Informanten.
Lediglich der Blick des ranghöheren Huskys ließ auf eine gewisse innere Hitze schließen. Kochende Wut brodelte wie Lava in den Venen der stets verschnupften verdeckten Ermittlerin. Feurige Blicke versuchten die Achaterin zur Kapitulation zu zwingen, doch der Dobermann blickte stur auf die ausgetretenen Fliesen des Gangs.
"Wie war das noch mal mit 'von wegen knappe Kostüme'?", zischte Hatscha und zog zum wiederholten male ihr Lieblingstaschentuch aus dem Mantel um ein heftiges Niesen zu dämpfen. Bevor Drei Hungrige Mäuler zu einer Entgegnung ansetzen konnte, öffnete sich die Türe und eine junge Frau winkte die beiden Wächterinnen herein.
"Seid ihr die Freundinnen von Joe?"
Hatscha blickte verwundert, während ihre Kollegin eifrig nickte.
"Ja, das sind wil. Und el waltet beleits volm Knochen auf euch."
"Hat er die Karten?", wollte die Informantin aufgeregt wissen.
"Natüllich. Zwei Stück, eine fül dich und eine fül deine Kollegin", versicherte der Dobermann ihr.
"Hach, wundervoll! Endlich können wir auch einmal zu einem Livekonzert von F.E.S! Vielen Dank, dass ihr für uns einspringt!"
"Ogg, geine Uhsache, mahen wi doh gene", schnaubte die Lance-Korporal hinter ihrem Taschentuch. Der beabsichtigte Zynismus blieb ob der undeutlichen Aussprache leider auf der Strecke.
"Dann kommt rasch mit, ich erklär euch noch schnell, was ihr tun müsst." Die Tänzerin trippelte in Richtung einer Türe mit der Aufschrift "Künstlergarderobe".
"Joe!" Verächtlich schnaubte der Husky ein letztes Mal in sein Taschentuch. "Da hat unser lieber Herr Nichts ja ausgesprochene Kreativität walten lassen bei diesem Decknamen."
Die beiden Wächterinnen folgten der jungen Frau in eine kleine Kammer. Eine Frisierkommode mit Spiegel schien neben einem Hocker das einzige Mobiliar zu sein. Der Rest des Raumes war mit glitzernden und hauchfeinen Kostümen voll gestopft.
Während sich die Tänzerin zivilere Kleidung überwarf, erläuterte sie der vermeintlichen Vertretung die anstehenden Aufgaben.
"Also ihr wartet im hinteren Bereich der Bühne, keinesfalls dürft ihr nach vorne gehen, oder irgendwie die Aufmerksamkeit auf euch ziehen, Madame wird sonst furchtbar wütend, wenn ihr jemand die Show stiehlt, oder ihr auch nur zu nahe kommt. Wenn sie das Cape fallen lässt, tretet ihr rasch und unauffällig vor, hebt es auf und legt es hinter der Bühne auf den kleinen Tisch. Dann habt ihr noch etwas Zeit, bis sie Freddy über die Schultern herunter gleiten lässt. Nehmt ihn ihr ab und verschwindet hinter die Bühne. Wenn der Vorhang wieder zugeht, legt ihr ihr den Umhang wieder um und folgt ihr mit Freddy in ihr Zimmer. Das wär's, also keine Hexerei, nicht?"
Erleichtert schüttelten die beiden Hündinnen den Kopf.
"Sehr gut. Also dann "Hals und Beinbruch" und nochmals danke fürs Einspringen! Wer weiß, vielleicht werdet ihr ja doch noch entdeckt." Sie zwinkerte ihnen noch kurz über die Schulter zu und war auch schon auf dem Weg zum Konzert.
"Siehst du Hatscha, alles kein Ploblem. Keinel wild uns bemelken."
"Das will ich auch hoffen, Dlei." Die verdeckte Ermittlerin schauderte kurz bei dem Gedanken daran, was Melas wohl dazu sagen würde, könnte er sie in diesem Aufzug sehen.
Die Gedanken der Hauptgefreiten kreisten allerdings um ein anderes Problem - woher sollte sie jetzt noch schnell Ersatzkarten für das morgige Konzert von Flavius herbekommen? Patrick war bereit gewesen, seine für diesen Einsatz heute zu opfern, aber er hatte nachdrücklich auf Ersatz der heiß umkämpften Tickets bestanden.
Sie zuckte die Schultern. Egal. Hauptsache war, dass der Oberstgefreite ihnen mit seiner Idee die Möglichkeit bot, mehr über den Roten Löwen herauszufinden.
Um alles andere konnte sie sich später noch sorgen.

***nach Einbruch der Dunkelheit***


"Und nun, wertes Publikum [4], aus den geheimnisvollen Palästen des goldenen Kontinents direkt zu ihnen in das Herzen Ankh-Morporks gebracht - die einzigartige, wundervolle, großartige - Königin der Nacht! Begrüßen sie mit mir - San'Da Niko Pan!"
Der Ansager breitete die Arme zu einer weit ausladenden Geste und verließ unter donnerndem Applaus die Bühne.
Vom Podest der Musiker erklangen die ersten Takte einer Melodie, die unweigerlich in die Hüften fuhr und diese zu rhythmischem Wiegen animierte. Während der Sänger die erste Strophe mit rauchiger Stimme in den Saal hauchte, begannen sich die schweren, dunkelroten Samtvorhänge der Bühne zu teilen und gaben den Blick auf den verhüllten Rücken der sehnsüchtig erwarteten Künstlerin frei.
"...nur nach Einbruch der Dunkelheit"
Als ob sie auf das Stichwort gewartet hätte, wandte sich die Königin der Nacht langsam unter laszivem Wiegen ihres Körpers um.
Das dunkle Cape, welches in schweren Falten um ihre Schultern floss teilte sich ein wenig und ließ endlose, nackte Beine erahnen. Ein allgemeines Aufstöhnen zog sich durch die Reihen des erwartungsvollen Publikums.
"...ich frag mich nur, warum erst nach Einbruch der Dunkelheit?"
Mit einer geschmeidigen Bewegung entledigte sich die Tänzerin des hinderlichen Kleidungsstücks.
Rasch schlich sich die Lance-Korporal mit gesenktem Kopf auf die Bühne und hob den Umhang auf.
Dummerweise warf der Star der Show just in diesem Moment den mit einer Federkrone geschmückten Kopf in den Nacken, als sich auch der Husky wieder aufrichtete. Die Federn strichen Hatscha sanft über das Gesicht.
"Ha-ha-hatschi!"
Es war unvermeidlich. Die Königin der Nacht warf ihr einen vernichtenden Blick über die Schulter zu. Glücklicherweise hatte niemand aus dem Publikum etwas bemerkt.
Gebannt blickten die Männer auf die exotische Erscheinung von San'Da Niko Pan. Zierliche Füße setzten sich unterbrochen von schlanken Fesseln schier endlos nach oben hin fort, wobei ein knapp bemessenes Höschen die Phantasie der Anwesenden eher beflügelte, denn behinderte. In dem ebenso knappen Oberteil der Tänzerin fand sich ein würdiger Gegenpart in Sachen kreativen Gedankenguts. Abgesehen von dem minimalen Kostüm und der Federkrone war die Künstlerin nackt. Langes, seidig glänzendes schwarzes Haar, das den wunderbaren Körper der Frau umspielte sowie eine riesige wiewunderländische Baumpython, die sich um Nacken, Schultern und den Grossteil ihres Oberkörpers wand, verhinderten jedoch einen ungetrübten Blick auf die prachtvolle Weiblichkeit.
Selbst im hinteren Bereich der Bühne konnten die beiden Wächterinnen erkennen, dass etliche Besucher des Klubs bereits zu geifern begannen. Angewidert verzog der Husky das Gesicht und gab der Hauptgefreiten mit einer eindeutigen Geste zu verstehen, dass sie nicht daran dachte auch nur einen weiteren Schritt in Richtung Bühnenmitte zu setzen.
"...ich bin bei ihr, komm' in Bedrängnis – das Fieber steigt, sie ist mein Verhängnis..."
Musik, Rhythmus, Frau und Schlange verschmolzen zu einer Einheit aus Sinnlichkeit und Erotik. Die Atmosphäre begann zu sieden, Wellen aus Verlangen und Begierde schwappten vom Zuschauerraum auf die Bühne.
Drei Hungrige Mäuler bemerkte dies alles nicht. Seit dem Zwischenfall mit Hatscha beherrschte die Achaterin nur ein Gedanke - Freddy!
Warum in aller Götter Namen musste diese Frau unbedingt mit einem derartigen Riesenvieh ihre Schau abziehen?
Der Gesang wich einem instrumentalen Teil der Nummer und die Königin der Nacht machte Anstalten, sich des Reptils zu entledigen. Der gewaltige Körper der Python hing mittlerweile nicht mehr ganz so reizvoll wie vorhin zu gut zwei Dritteln über den Rücken der Stripperin.
"Dlei!" Nervös zischte Hatscha al Nasa ihrer Kollegin zu. "Jetzt!"
Wie in Trance bewegte sich der Dobermann in Richtung Bühnenmitte, um Freddy von seinem Frauchen zu lösen.
Widerstrebend griff sie nach der Schlange. Sie war schwer und wider Erwarten fühlte sie sich warm und glatt an. Vorsichtig löste Drei Hungrige Mäuler das Tier von den Schultern der Frau und begann gleichzeitig den Rückzug.
Unvermittelt bäumte sich die Python jedoch auf und mit weit geöffnetem Maul schoss der Kopf der Schlange auf ihr Gesicht zu. Die Gildenexpertin stieß einen schrillen Schrei aus, der in dem anhebenden Jubel des Publikums ungehört verhallte.
San'Da Niko Pan hatte sich geschmeidig an den Rand der Bühne bewegt und begann nunmehr über die Tische des Zuschauerraumes zu tänzeln.
Keuchend und schwitzend stolperte die Hauptgefreite über die hintere Treppe der Bühne und betete still zu allen Göttern, die ihr in den Sinn kamen, dass der Auftritt der Künstlerin bald vorübergehen möge.
Freddy hatte seine anfängliche Abneigung mittlerweile überwunden und schlang sich liebevoll um den schmächtigen Körper der Wächterin. Auch die halbherzigen Versuche der verdeckten Ermittlerin, ihre Kollegin von dem Vieh zu befreien, schlugen fehl.
Er fühlte sich wohl und nichts konnte ihn dazu bewegen seinen neuen Platz zu verlassen.

***Alchimistenstrasse/Unterer Breiter Weg***


Niedergeschlagen betrat Ricardo die Flasche - das Ziegelgebäude im Hof der Gilde, in dem neben den Schulungsräumen auch die Kantine untergebracht war. Gerade als er für sich und seinen Humpen Bier einen freien Platz an den überfüllten Tischen suchen wollte, winkte ihm Tim, ein kleiner rothaariger Bursche, seines Zeichens Kleinganove und Taschendieb, aufgeregt zu.
Cavalli bahnte sich seinen Weg zu seinem besten Kumpel, mit dem er ihn ihrer Ausbildungszeit, schon so manchen Professor, dank ihrer Streiche, zur Weißglut getrieben hatte. Wider Erwarten hatte er es geschafft, die Strassen Ankh-Morporks hinter sich zu lassen, Tim jedoch zählte nicht zu den Glücklichen. Andererseits hatte sein Freund auch kein Problem damit, seinen Lebensunterhalt mit Beutelschneiden zu verdienen.
Der Rothaarige begrüßte ihn mit einem Schulterklopfen.
"Hey, Ricci, schön dich mal wieder hier zu treffen!"
Sein Grinsen verblasste ein wenig, als er die hängenden Schultern des Brindisianers bemerkte.
"Was isn los, Kumpel? Keinen Erfolg gehabt? Hat dich die schöne Helena abblitzen lassen?"
Ricardo warf ihm einen giftigen Blick zu. Neuigkeiten verbreiteten sich schnell innerhalb der Gilde, vor allem wenn Tim involviert war.
Seufzend nahm er auf der Bank, Tim gegenüber, Platz.
"Ach Tim, du und deine lose Klappe."
Dennoch erzählte er dem Taschendieb seine Probleme und äußerte seine Vermutung, dass mit Helenas Abwesenheit irgendetwas nicht mit rechten Dingen zuging.
"...bin ich also nach ner geschlagenen Stunde rüber zur Villa von van Swinja und der Stallbursche hat mir gesteckt, dass sie vor einiger Zeit, 'aufgedonnert wie ein Pfingstochse', das Haus verlassen hat. Tim, sie hätte rechtzeitig dort sein müssen, aber keine Spur von ihr!"
Am Nebentisch unterbrach ein Kollege seine Tätigkeit, die darin bestand, seine Nägel mit einem fremdartig verzierten Dolch zu säubern und lauschte angestrengt dem Gespräch der beiden.
"Weißt du was, Ricci?" Tims Wangen zeigten eine leichte Rötung, ein untrügliches Zeichen, dass er einen Plan entwickelte. "Ich finde, du solltest zur Stadtwache gehen und ne Vermisstenanzeige aufgeben!" Er strahlte über das ganze Gesicht.
"Mann, Tim, bist du komplett durchgeknallt? Was hab ich mit denen zu schaffen? Du glaubst doch nicht, dass der Haufen schneller was rausfindet als wir hier!"
Tim blickte ihn verständnislos an, "Sag mal, Ricci, hast du eigentlich noch nichts davon gehört?"
"Gehört? Was gehört?"
"Na von dem Bruch bei dem alten Swinja, dem Herrn Papa deiner Holden! Wenn jemand was über die weiß, dann die Wache."
Rasch wechselten Informationen den Besitzer.
"Tim, du bist ne Wucht!" Cavalli erhob sich. "Danke Kumpel und erinner mich, ich schuld dir'n Bier beim nächsten Mal!"

***Informationen***


Endlich verebbte der Applaus und der Vorhang schloss sich wieder. Stolz schritt die Diva, ohne die beiden Wächterinnen eines Blickes zu würdigen, über die Bühnentreppe.
Mit einem Fingerschnippen verlangte sie das Cape und Hatscha beeilte sich, ihr den schweren Umhang über die Schultern zu legen. Wie es die junge Tänzerin erzählt hatte, schritt San'Da Niko Pan wortlos den Gang entlang und betrat ihre Garderobe. Die beiden Hündinnen folgten ihr eilig, zumindest die Hauptgefreite versuchte es, denn Freddy war immer noch ein wenig hinderlich um ihren Körper geschlungen.
Kaum war die Türe der Garderobe zugefallen, wandte sich die Künstlerin, die bereits an ihrem Frisiertisch Platz genommen hatte, um. In der Hand eine kleine Armbrust, in den Augen ein mörderisches Glitzern.
"Also gut, wer seid ihr und was wollt ihr?", zischte sie drohend.
Die Lance-Korporal nestelte am Ausschnitt ihres bordeauxfarbenen Mieders und förderte ihre Dienstmarke zutage.
"Stadtwache Ankh-Morpork! Legen sie die Waffe beiseite und hatschii!" Fieberhaft kramte sie nach ihrem Taschentuch, das allerdings in ihrem Mantel in einer anderen Garderobe auf sie wartete. Ein wenig verlegen, die freie Hand vor der Nase, wandte sie sich an den Star, "Hätten sie vielleicht zufällig ein Taschentuch?"
Perplex langte die Angesprochene in eine der unzähligen Laden der Spiegelkommode und hielt der verdeckten Ermittlerin das Gewünschte hin. Langsam senkte sie die Waffe. Ein derart skurriles Pärchen konnte wohl nicht gefährlich sein.
Drei Hungrige Mäuler versuchte immer noch die anhängliche Python loszuwerden. Flehend blickte sie zu der Stripperin.
"Mäm, wälen sie vielleicht so fleundlich und könnten mil Fleddy abnehmen?"
Mit einer knappen Handbewegung deutete diese auf eine Stange, die in einer Ecke der Garderobe stand. Die Hauptgefreite trat darauf zu und siehe da - ohne weiteres schlängelte sich die Python um ihr angestammtes Plätzchen.
"Chu zi Sum Dim?", wollte die Tänzerin nunmehr wissen.
"Ja, Mäm, ich stamme von dolt. Abel ich wülde es volziehen, wenn wil uns in del hiesigen Landessplache untelhalten könnten."
Ein knappes Nicken der exotischen Schönheit signalisierte ihr Einverständnis.
Der Dobermann hatte nunmehr ebenfalls seine Dienstmarke aus den Unmengen Watte befreit, die dem klatschianischen Oberteil aus dem Fundus von D.O.G. die ideale Passform verliehen und hielt sie ebenfalls hoch.
"Wie schon meine Kollegin, Lance-Kolpolal Hatscha al Nasa, gesagt hat, sind wil von del Stadtwache. Mein Name ist Hauptgefleite Dlei Hunglige Mäulel und wil hätten einige Flagen an sie, betleffend ihlel Bekanntschaft zu del velstolbenen Flau van Swinja."
Erschrocken riss die Königin der Nacht die Augen auf. "Was...wieso..."
Die beiden Hündinnen wechselten einen kurzen Blick.
"Sie kannten also Suzie?", bohrte die Achaterin nach.
Panisch blickte sich die vermeintliche Informantin um, als ob sie befürchtete, jemand könnte das Gespräch belauschen. Dann winkte sie die beiden Wächterinnen näher zu sich.
"Ja, wir waren beide hier im Klub beschäftigt, damals, als er gerade eröffnet wurde", flüsterte sie. "Aber kurz darauf hat sie Karolus geheiratet und ein Kind bekommen."
Drei Hungrige Mäuler nickte. Das war nichts Neues und auch nichts, das die Geheimnistuerei der Künstlerin rechtfertigte.
"Seltsam ist bloß, dass sie durch einen Unfall", sie betonte das Wort, als wäre es mehr als lediglich ein Unfall gewesen, "in Quirm ums Leben kam. Sie kannte doch niemanden dort."
"Und was hat sie dann dolt gewollt?"
"Ich weiß es nicht, aber vielleicht wissen es die gütigen Schwestern des Tempels."
Die Gildenexpertin hob überrascht eine Augenbraue. "Welchen Tempel meinen sie?"
"Ein kleines Gebetshaus am Latschenden Tor, Suzie war immer wieder dort."
Die Lance-Korporal verlor langsam die Geduld mit der Informantin.
"Das ist ja alles schön und gut, aber das ist doch wohl nicht alles?"
Ein erneutes Niesen ließ ihre Befragung ins Stocken geraten, "Beshalb die ganse Heimblichduerei?" Sie schneuzte sich herzhaft in das geliehene Taschentuch.
"Nun, ich wusste nicht allzu viel von Suzie's Privatangelegenheiten, allerdings kam kurz vor ihrem Tod eine neue Tänzerin hier in den Klub. Sie nannte sich "die Tigerin". Karolus hat sich ungeniert an sie herangemacht und ...und kurz darauf kam Suzie ums Leben." Sie schwieg bedeutungsvoll.
"Und weiter?", der Husky ließ nicht locker.
"Nun, als die Tigerin erfahren hatte, dass ich mit Suzie befreundet war, fragte sie mich immer wieder über sie aus. Wo wir uns treffen und wo Suzie immer hinging und solche Sachen. Und vor allem wollte sie immer wissen, ob an den Gerüchten, dass Suzie einen besonderen Talisman hatte, etwas dran sei und was das Besondere dran wäre..."
In den Augen des Dobermanns blitzte es kurz auf.
"Sie splechen von dem Loten Löwen, nicht wahl?"
San'Da Niko Pan zuckte zusammen und presste die Hand an ihre Lippen. Nach einer Weile nickte sie erneut.
"Was wissen sie dalübel?"
"Es, ich, ich kann nicht. Ich darf es ihnen nicht sagen." Heftig schüttelte sie den Kopf.
"Mäm, wil sind hiel, um ein Velblechen aufzuklälen. Es ist wichtig, dass sie uns sagen, was sie übel die ganze Angelegenheit wissen, vol allem was den Ling betlifft", versuchte es die Wächterin erneut.
"Bu xing da shan dian ye ying", flüsterte die Informantin aufgeregt und setzte lauter hinzu, "Ihr seht eurer Tante wirklich sehr ähnlich, meine Liebe, kein Zweifel!"
Fassungslos starrte Drei Hungrige Mäuler die Frau an. "Ihl kanntet Zwei Silbelne Löffel?"
"Nun, nicht ganz so gut wie Suzie, aber sie war ein, zwei Mal hier, um Suzie abzuholen."
Gedämpfte Schritte waren am Flur zu vernehmen. Rasch sprang San'Da Niko Pan auf und schob die Armbrust unter ein Tuch, das zerknüllt auf der Kommode lag.
Verborgen, aber noch immer in Griffweite, wie die Lance-Korporal feststellte.
Nunmehr wieder ganz die unnahbare Königin der Nacht, herrschte die Tänzerin die beiden Wächterinnen an, "Und nun geht, lasst mich alleine, ihr habt für heute schon genug angerichtet!"
Mit einer herrischen Bewegung scheuchte sie die Hündinnen aus der Garderobe.

***in der Diebesgilde***


"Guten Abend, Cavalli, mein Freund!"
Ricardos Nackenhaare sträubten sich beim Klang der bekannten, verhassten Stimme. "Börgler!", presste er hervor.
Die beiden standen abseits, in den dunklen Schatten des Innenhofs der Gilde. Der Brindisianer konnte den harten Stahl der Klinge von Börglers ständigem Begleiter an seinen Rippen fühlen.
"Wie schön, dass du dich an mich erinnerst, mein Freund."
"Was willst du?" Ricardo wagte es nicht, die Stimme zu erheben, um auf sich aufmerksam zu machen. Er wusste, dass sich in diesem Fall wohl nur mehr der Totengräber um ihn kümmern würde.
"Oho! Spricht man so zu jemandem, der einem bloß einen guten Abend wünschen möchte?" Unangenehm kratzte Johann Börglers Stimme an seinem Bewusstsein.
"Aber zugegeben, du hast recht. Ich will tatsächlich etwas von dir."
Cavalli versuchte sich aus Börglers Griff freizukämpfen, erfolglos.
"Vielmehr", setzte der brutale Einbrecher fort, "will ich etwas, das deine reizende Freundin hat, Cavalli. Finde sie und gib mir das, was die kleine Mörderin gestohlen hat, dann bin ich bereit, euch zu verschonen. Andernfalls..."
Die Klinge von Schnitter bohrte sich schmerzhaft in Cavallis Fleisch. Börgler brauchte seine Drohung nicht auszusprechen, Schnitter hatte eine gut verständliche Wortwahl.
Mit einem kräftigen Stoß, der Ricardo auf seine Knie beförderte, ließ Börgler sein Opfer frei.
Als sich der Brindisianer umwandte, lag das Trainingsgelände der Gilde ruhig und friedlich und vor allem menschenleer hinter ihm.

***Überlegungen***


Die beiden Hündinnen trotteten, eng in ihre Mäntel gehüllt, zurück in die Springstrasse.
Die spätabendlichen Strassen waren still und schienen wie leergefegt. Offenbar hatten die nachtaktiven Gildenmitglieder ihren Tätigkeitsbereich weg von diesem Viertel verlegt.
Noch nicht einmal ein Unlizenzierter, oder ein Betrunkener kreuzte ihren Weg. Wären die beiden Wächterinnen nicht so mit sich beschäftigt gewesen, dieser Umstand wäre einen Eintrag unter verdächtige Nichtaktivität in das Reg/Gil wert gewesen.
Nach einigen Minuten des Schweigens, in denen beide ihren Gedanken nachhingen, fragte die Lance-Korporal, "Sag mal, Dlei, was hat dir die Stripperin vorhin eigentlich zugeflüstert?"
'Ich soll mich bei der Schwesternschaft der Nachtigall über den Ring erkundigen', schoss es der Hauptgefreiten durch den Kopf. Laut erwiderte sie, "Ich soll auf mich aufpassen".
Sie versank wieder in Schweigen.
"Dir ist sicher auch aufgefallen, dass sie vor irgendetwas oder irgendjemandem Angst hat, nicht? Allein die geladene Waffe in Griffweite...", Hatscha ließ nicht locker.
"Mhm", kam es eintönig zurück.
"Und die Anspielung auf den Unfall, ich glaube, sie wollte uns mitteilen, dass diese Tigerin was damit zu tun hat, nicht?"
"Ja." Die Achaterin war gegen ihre Natur nicht gerade gesprächig.
"Sag mal, Dlei, was ist los mit dir? War der ganze Zirkus umsonst? Hat sie nichts gesagt, was uns in dem Fall weiterbringt? Oder", ein unterdrücktes Niesen stoppte den Redefluss des Huskys vorübergehend, "oder ist es wegen deiner Tante?"
Mitfühlend blickte sie den Dobermann an, "Vermisst du sie?"
Die Gildenexpertin blieb stehen und sah ihrer Kollegin fest in die Augen.
"Weißt du, Hatscha, ja manchmal velmisse ich sie, abel was mil viel mehl zu schaffen macht", sie seufzte kurz auf, "immel wenn ich es mit ehemaligen Landsleuten zu tun bekomme, taucht del Name meinel Tante auf. Findest du das nicht auch sehl seltsam? Was wal mit ihl los? Wolin wal sie bloß velwickelt? Und walum ist sie untel genauso mysteliösen Umständen ums Leben gekommen, wie ihle Fleundin Suzie?" Müde strich sich die Hauptgefreite eine widerspenstige Haarsträhne aus der Stirn.
Ein wenig hilflos zuckte die verdeckte Ermittlerin mit den Schultern. Was konnte sie ihr auch sagen? Dass auch ihre privaten Beziehungen dunkle Geheimnisse umwehten?
"Ach, mach dir mal nicht zu viele Gedanken. Vielleicht erfährst du ja in dem Tempel mehr."
"Ja, vielleicht."
Die Achaterin war sich nicht so sicher, ob sie wirklich wissen wollte, in welchem Spiel Zwei Silberne Löffel ihre Hände mit drin gehabt hatte.
Den Rest des Weges ins Hauptquartier der Grauen legten sie ohne weitere Worte zurück.
Im Erdgeschoß wandte sich Drei Hungrige Mäuler nochmals an die ranghöhere Wächterin, "Vielen Dank übligens fül deine Hilfe, Hatscha."
"Keine Ursache, ich hoffe nur, dass ich länger keinen Einsatz mehr in dieser Gilde habe." Aufmunternd zwinkerte sie dem Dobermann zu.

***das Erbe der Wächterin***


Müde und ausgelaugt betrat Drei Hungrige Mäuler, immer noch in die knappen Teile des Kostüms gekleidet, die klatschianische Überraschunk.
Aus dem Dunkel erklang ein unwirsches "Da bist du ja endlich!"
Die Stimme kam ihr vertraut vor, doch sie konnte sie im ersten Moment nicht zuordnen.
"Laoul? Bist du das? Wieso machst du dil denn kein Licht?"
Blindlings stolperte die Gildenexpertin zu der kleinen Anrichte, doch bevor sie noch nach den Streichhölzern griff, tastete sie nach der Salbe aus der Gerichtsmedizin. Wenn sie den Geruch des Diwans nicht bald in den Griff bekommen würde, musste sie wohl oder übel bald wieder die Kollegen von S.U.S.I. um Nachschub anbetteln.
Kaum stieg ihr der scharfe Geruch der Kräuter in die Nase, verschwamm ihr wie gewohnt die Sicht. Dennoch schaffte sie es, eine Kerze zu entzünden. Überraschend begann ihr Oberarm wieder zu prickeln und instinktiv legte sie ihre Hand auf die Stelle.
"Ich bin gut getroffen, nicht wahr?"
Schlagartig wurde ihr bewusst, dass nicht der Gefreite Klopfer in ihrem Büro auf sie gewartet hatte. Raoul hatte nicht annähernd eine derart tiefe Stimme und sie erklang auch gewohnheitsmäßig nicht in ihrem Kopf. Vor lauter Aufregung an diesem Tag hatte sie auf ihre Medizin vergessen und ihr Körper rächte sich mit neuerlichen Halluzinationen.
Widerwillig drehte sich die Achaterin um. Sie hatte es geahnt.
Blaues Leuchten wirbelte über das rote Monstrum, das den Großteil des Raumes für sich beanspruchte.
Ihr Oberarm begann dumpf zu pochen. Die Hauptgefreite schob den Ärmel ihres Kostüms hoch und betrachtete das Bildnis.
Der mächtige Körper des Drachen schlängelte sich von der Schulter bis fast zu ihrem Ellbogen. Smaragdgrün leuchtete der Körper, hie und da blitzten goldgelbe Schuppen auf. Die rubinroten Augen in dem mächtigen Schädel schienen sie spöttisch anzufunkeln. Sie konnte nicht glauben, dass jemand, der ein derart lebensechtes Abbild der achatischen Mythologie erschaffen konnte, so wie es Bert vollbracht hatte, mit illegalen Substanzen hantierte.
Doch womöglich hatte Raoul Recht - die Halluzinationen gingen einher mit dem Kribbeln der Tätowierung.
Sie schüttelte den Kopf, um ihre Gedanken wieder klar zu bekommen.
"Lass es gut sein, du kannst es nicht leugnen. Du kannst mich nicht verleugnen! Ich bin dein Erbe. Ich bin..."
Wie schon am Morgen formte sich das Leuchten zu einem riesigen Drachenschädel, ein Schädel der dem Bildnis auf ihrer Haut bis hin zu den Barthaaren rund um die Schnauze des Wesens, genau glich.
Der Körper der Wächterin beschloss, dass es einen äußerst einfachen Weg gab, sich aus der Affäre zu ziehen - ohnmächtig sank sie auf das ramponierte Möbelstück.

Sie musste wohl einige Zeit ohne Bewusstsein gewesen sein, die Kerze auf der Anrichte war bereits ein gutes Stück heruntergebrannt.
Automatisch tastete sie nach ihrem Oberarm. Das Kribbeln war weg.
Vorsichtig blickte sie sich um. Nichts. Kein Leuchten.
Sie seufzte erleichtert auf. So konnte es nicht weitergehen, sie durfte keine Zeit mit diesen Trugbildern vergeuden, schließlich hatte sie einen Fall zu lösen, einen Fall, der ihr über den Kopf zu wachsen drohte.
Die Sache entwickelte sich immer mehr in eine Richtung, die ihr nicht behagte. Es war, als wollte man ein wirres Durcheinander verschlungener Fäden aufwickeln, doch egal an welchem Ende sie begann diese aufzuwickeln, es wurde immer verworrener.
Mühsam richtete sie sich auf. Was sie jetzt brauchte, war eine Tasse starken, heißen Kaffees.
Die Hauptgefreite verließ ihr Büro.
Und jemanden zum Reden, jemanden wie...
"Verzeihung, ich suche..."
Der Mann, der ihr auf dem Flur entgegentrat, sah gut aus. Verdammt gut. Und er hatte ein äußerst sympathisches Lächeln. Und wundervolle dunkle Locken. Und herrliche Augen. Und...er hatte absolut nichts hier oben verloren!
"Ich fülchte, mein Hell, ihl habt euch im Stockwelk geillt. Das was ihl sucht, findet ihl unten im Eldgeschoss."
Erstmals beneidete Drei Hungrige Mäuler die Damen im unteren Stockwerk der Boucherie.
"Ach ja? Tatsächlich?" Skeptisch musterte sie der Fremde. Mit einer lässigen Handbewegung deutete er auf ihre freizügige Kleidung, die ein wenig mitgenommen wirkte und warf einen vielsagenden Blick auf den Diwan, den man durch die halb geöffnete Türe erkennen konnte.
Die Achaterin fühlte, wie ihr die Röte rasend schnell zu Kopf stieg.
"Ich, äh,..."
Nun, immerhin, dies war die Boucherie Rouge. Was sonst sollte ein Außenstehender hier auch anderes vermuten?
Energisch schob sie den Fremden zur Treppe.
"Tut mil leid, Söl, abel ich habe dienstflei. Wenden sie sich bitte an die Lady am Empfangsschaltel unten. Guten Abend!"
Unbewusst war sie von der verbindlich-höflichen Ausdrucksweise in ihren dienstlichen Tonfall verfallen.
Mit verschränkten Armen wartete sie, bis der Dunkelhaarige die Treppe wieder hinunter gestiegen war. Dann beeilte sie sich, endlich aus dem Kostüm und wieder in ihre gewohnte Uniform zu schlüpfen.

***Kunstgalerie, später Abend***


Der Kunsthändler saß an seinem Schreibpult in der Galerie und zerknüllte das Schreiben, welches ihm seit geschlagenen zwei Stunden die Ruhe raubte.
Was sollte er tun? Was konnte er tun? Morgen Vormittag war die erste Anhörung vor Gericht in der Faihrsicherungssache, die Götter allein wussten, wie Pergamon derart rasch einen Verhandlungstermin bekommen konnte, andererseits war er lange genug im Geschäft, sodass der eine oder andere Richter ihm sicherlich einen Gefallen schuldig war.
Erneut las er den Brief, dessen Text aus fein säuberlich ausgeschnittenen Zeitungsbuchstaben bestand.

"wIr HabeN deINE tochtER! WiLLSt du SIE WieDERsehEn, brinG uNS Den äChten LOEwen, SONst plATzt DIE boMBe For GeRICHt!! KAINe tricKs!"

Sie wussten also um seinen Plan.
Verzweifelt fuhr er sich durchs Haar.
Woher? Und wer waren sie? Seine Leute konnten es nicht sein, dazu fehlte ihnen die nötige Intelligenz. Hatten sie noch jemanden in den Plan eingeweiht? Aber wieso wussten die Entführer seiner Tochter, dass sein Ring eine Fälschung war?
"Bleib ruhig Karolus, denk nach!", ermunterte er sich selbst.

***erhärteter Verdacht***


Drei Hungrige Mäuler saß allein im Matratzenlager der Dienststelle zur Observation von Gildenangelegenheiten und nippte an ihrem heißen Kaffee.
Sie wagte es nicht, aus Angst vor weiteren Halluzinationen, zurück in ihr Büro zu gehen. Zugegeben, es war albern, aber dennoch fühlte sie sich hier besser.
Vor ihr lag eine Kopie des Berichts von S.U.S.I mit ergänzenden Bemerkungen von R.U.M, den sie in Raouls verlassenem Büro gefunden hatte. Wieder war es spät und wieder war sie hier alleine, anstatt sich wie alle anderen endlich einmal intensiver um ihr Privatleben zu kümmern. Wer weiß? Vielleicht war Raoul ja auch auf dem F.E.S-Konzert und amüsierte sich mit den beiden Tänzerinnen aus dem Klub?
Der Gedanke daran versetzte ihr einen leichten Stich. Was sagte ihre Großmutter noch gleich bei derartigen Dingen?
"Eifelsucht, mein Kind, ist eine Leidenschaft, die mit Eifel sucht, was Leiden schafft"
Ein wenig abgedroschen, aber durchaus eine berechtigte Feststellung, wie sie zugeben musste.
Sie verscheuchte die Gedanken und wandte sich wieder den Unterlagen zu.
Mit dem Bericht über den Tod von Elias Blumenkrohn war auch das Buch, das auf dem Schreibtisch des Opfers lag, geschickt worden.
Neben den Erläuterungen über die Todesursache, war lediglich auffällig, dass es keine verwertbaren Spuren in Bezug auf den möglichen Täter gab, oder viel zu viele, wenn man die Sache anders betrachtete. Nun, angesichts der Tatsache, dass Blumenkrohn den ehrenwerten Beruf eines Hehlers ausübte, war es nicht weiter verwunderlich, dass sich etliche Fingerabdrücke zwielichtiger Bürger der Stadt fanden, nichts was sie sonderlich beunruhigte.
Komisch war allerdings, dass neben dem Bargeld aus der Kasse auch ein wertvoller Wurfdolch klatschianischen Ursprungs gestohlen wurde, am Tatort fand sich eine peinlich genaue Aufstellung sämtlicher Waren, die das Opfer feilgeboten hatte.
Doch keine Fingerabdrücke an der Kasse, die nicht von dem Ladeninhaber selbst stammten. Auch keine eindeutigen Hinweise auf den Roten Löwen, lediglich der Vermerk, dass der Hehler während der Untersuchung eines vermutlich kleinen Gegenstandes (aufgrund der am Tatort gefundenen Arbeitsmaterialien und der gebeugten Haltung des Opfers) ermordet wurde.
Die Hauptgefreite langte nach dem Buch. Das Lesezeichen, welches sie vor Ort entdeckt hatte, war noch zwischen den Seiten.
Neugierig schlug sie den Schmöker an der Stelle auf. Fehlanzeige! Es war bloß eine Abhandlung über eine tezumanische Götterstatue.
Sie blätterte zurück, in der Hoffnung ein Inhaltsverzeichnis zu finden.
Da! Da war es, Seite 511, der Rote Löwe!
Kurz überflog sie die Angaben die Zusammensetzung, Herkunft und Wert des Ringes betrafen. Genau wie sie zu Beginn der Ermittlungen erfahren hatte, war der Rote Löwe das persönliche Zeichen der im Achatenen Reich seit Jahrhunderten regierenden Wan-Dynastie, das Zeichen des Kaisers.
"...der Rote Löwe eine Auszeichnung an engste Vertraute des Kaisers, sozusagen der Schlüssel, der auch die heiligsten Räumlichkeiten des kaiserlichen Palastes öffnete..."
Das also war es, was den Roten Löwen tatsächlich unbezahlbar machte - ein Freibrief, um bis zum höchsten Herrscher selbst ungehindert vordringen zu können!
Hinter Suzie Wong, der ersten Frau van Swinjas, musste mehr gesteckt haben, als es den Anschein hatte.
Drei Hungrige Mäuler war beeindruckt. Nicht auszudenken, wenn der Löwe in die falschen Hände geriet! Interessiert las sie weiter
"...im Gegensatz zu einer Kopie, ist das Original durch die so genannte "Feuerprobe" eindeutig zu identifizieren. Wird der Ring kurz großer Hitze ausgesetzt, erscheint das Motto der Wan-Dynastie...."
Feuerprobe? Soweit sie sich erinnern konnte, war am Tatort lediglich eine Öllampe. Diese würde wohl nicht ausreichend große Hitze produzieren und an einen Kamin mit prasselndem Feuer konnte sie sich nicht erinnern.
Angestrengt dachte der Dobermann nach. Was wenn diese letzte Überprüfung gar nicht nötig war? Was wenn der Hehler herausgefunden hatte, dass der Ring eine Fälschung war? Eine Fälschung, deren Diebstahl van Swinja in Auftrag gegeben hatte, um die Faihrsicherung um ein erhebliches Sümmchen zu erleichtern? Der ganze Fall lediglich eine Farce? Aber wer hatte den Hehler umgebracht? War es van Swinja selbst, der verhindern wollte, dass sein Betrug an der Universale aufflog oder ein Beauftragter?
Alles passte plötzlich perfekt zusammen - der gestohlene Dolch, mit Sicherheit die Tatwaffe, der verschwundene Ring, der den Makel einer Fälschung aufwies, die Sache mit der gefälschten Unterschrift auf der Quittung...
Nun, ein Geständnis aus van Swinja herauszulocken, blieb wohl in erster Linie an R.U.M hängen, die in der Aktennotiz deutlich darauf hingewiesen hatten, dass der Mord an Blumenkrohn ihn ihre Zuständigkeit fiel.
Rasch erhob sich die Gildenexpertin und lief zur hauseigenen TK-Anlage, um die Abteilung Raub und Mord über den dringenden Tatverdacht des Karolus van Swinja in dem Fall Blumenkrohn zu informieren.
Danach hinterließ sie eine kurze Nachricht im Büro von Feldwebel Picardo, der wie alle anderen der D.O.G, offenbar ebenfalls seinen wohlverdienten Feierabend genoss, wie sie leicht erbittert feststellte.
Die Unterlagen über den Fall Blumenkrohn deponierte sie gut sichtbar daneben.

***neue Aufgaben***


Die Frau hatte erneut Kontakt mit ihm aufgenommen. Es wurde immer drängender, soviel hatte er aus ihren Worten vernommen. Doch diesmal waren ihre Worte nicht so klar und deutlich zu verstehen wie sonst.
Nur soviel hatte herausgehört, dass er die Hündin zum Tempel bringen musste. Aber wie sollte er das anstellen? Die Kleine war ja noch nicht mal bereit mit ihm zu sprechen!

***Pseudopolisplatz, Wachhaus***


Die Eiltaube der D.O.G keuchte hingebungsvoll, bevor sie ihren Ballast am Schreibtisch von Leutnant Lanfear ablud.
Diese war gerade vertieft in eine Nachricht, die sie mit eben jener Taube, aus der Boucherie empfangen hatte.
"Inspäctor Kolumbini! Zu mir!", rief sie nach Beendigung der Lektüre laut und griff nach einer Akte.
"Und bring um Himmels willen ein Tuch mit!"
Angewidert versuchte sie den Taubendreck auf ihrer Hand wieder zurück auf den Aktendeckel zu befördern.
Die Taube schloss genüsslich die Augen und gurrte zufrieden.

***der Fremde***


Guten Gewissens, ein Gefühl das gelöste Fälle unweigerlich mit sich bringen, verließ die Hauptgefreite Drei Hungrige Mäuler die Boucherie, den Regenmantel gewohnheitsmäßig übergezogen.
Es wurde langsam an der Zeit, dass sie sich ein geeigneteres Kleidungsstück für trockene Tage zulegte. Wenn sie sich nicht irrte, hatte Meister Keuchhust erst letztens einen hübschen Umhang in der Auslage liegen gehabt. Mal sehen, was er dafür verlangte.
"Hat aber lange gedauert, bis ihr tatsächlich dienstfrei hattet, nicht Madame?"
Zum zweiten Mal an diesem Abend stand der Fremde, dem sie schon auf dem Flur begegnet war, vor ihr.
Einer der hartnäckigen Sorte offenbar, der ein einmal erwähltes Opfer nicht so leicht losließ.
'Das kann noch heiter werden', dachte der Dobermann bei sich.
Laut fügte sie hinzu, "Ich wüsste nicht, dass ich ihnen Lechenschaft schuldig wäle, mein Hell."
"Oh, nein, nein, Madame. Ganz und gar nicht. Verzeihen sie mir bitte mein schlechtes Benehmen."
Charmant fasste er ihre Hand und hauchte einen Kuss darauf, während seine dunklen Augen ihren Blick suchten.
"Schon gut." Drei Hungrige Mäuler zog ihre Hand zurück, nicht ohne Bedauern, wie sie sich eingestehen musste.
Aber es war spät und sie wollte unbedingt noch wissen, was es mit dem mysteriösen Tempel auf sich hatte. Andererseits - dies hier war wohl die perfekte Gelegenheit, ihr Privatleben einmal in Schwung zu kriegen!
Schade, dass sie der Fremde für eine Näherin hielt. Dennoch, immerhin hatte sie das Quartier der D.O.G vorhin nicht preisgegeben, eigentlich sollte ihr dies wichtiger sein, als dieser - verdammt charmante - Fremde.
Die Achaterin seufzte auf.
"Ach, wie unhöflich von mir! Ihr seid vermutlich müde und ich stehe hier und stehle eure Zeit."
Wie konnte sie solch einem Blick widerstehen..."Ist schon in Oldnung, abel ihl habt lecht, ich bin müde und möchte so schnell wie möglich nach Hause."
Warum klang ihre Stimme bloß so schroff?
"Dann darf ich es wagen, Madame heim zu geleiten?"
Dieses Lächeln! Die Gildenexpertin wollte schon verneinen, dann überlegte sie, dass der Weg zum Latschenden Tor doch ein wenig weit war. Mit einem Begleiter - einem derart attraktiven noch dazu - wäre es vermutlich nicht nur kurzweiliger, sondern auch sicherer.
"Es ist abel ein sehl weitel Weg, mein Hell."
Galant bot er ihr seinen Arm. "Mit euch an meiner Seite, ist mir kein Weg zu weit", beeilte er sich ihr zu versichern.
Puh! Ein wenig mehr Süßholzgeraspel und sie würde ihre Meinung über den Fremden nach unten korrigieren müssen.
Krampfhaft suchte Drei Hungrige Mäuler nach einem Gesprächsthema.
"Und? Habt ihl volhin gefunden, wonach ihl gesucht hattet?"
Ein neuerliches Lächeln ließ die blendend weißen Zähne des südländisch anmutenden Mannes aufblitzen.
"Natürlich, Madame, ich habe euch gefunden. Auch wenn ich ein wenig warten musste."
Sie warf ihm einen skeptischen Seitenblick zu. "Wie bitte? Ihl habt mich gesucht?" Leises Lachen erklang von ihrem Begleiter.
Oh nein! Er hatte es wohl nicht so wörtlich gemeint. Wie sie diese Komplimentiererei verabscheute! Die Gildenexpertin war dankbar, dass die Straßenlaterne, an der sie gerade vorbeikamen, nicht funktionierte.
"Nun, in Wahrheit war ich auf der Suche nach zwei Mitgliedern der Stadtwache."
Unwillkürlich zuckte die Hauptgefreite zusammen. Ob er es wohl bemerkt hatte?
"Vorsicht, Madame, die Strassen bei Nacht sind ein wenig tückisch", er zwinkerte ihr zu.

***die Kammer des Schreckens, irgendwo in Ankh***


Mühsam versuchte sich die geschundene Frau in dem rot-gelben Kleid aufzurichten.
Die Liege war hart, die dunkle Kammer roch nach muffigem Stroh und Rattenkot und ihre Knochen schmerzten fürchterlich. Mit wunden Fingern strich sie sich über die Lippen und riss dabei die leichte Kruste wieder auf. Neuerlich sickerte warmes, klebriges Blut aus der Wunde.
Wann würde endlich jemand kommen und sie von hier wegholen? Wo war Ricardo? Wieso suchte er sie nicht? Wo war ihr Vater? Warum befreite sie niemand aus dieser Hölle?
Bittere Tränen flossen über ihr schmutziges Gesicht.
Da! Schritte näherten sich ihrer Zelle. Ihr Gehirn signalisierte Hoffnung, jedoch der restliche Körper wusste es besser.
Helena begann zu zittern.
Mit einem kräftigen Stoss wurde die Kerkertüre geöffnet. Ihre Peiniger waren zurück.
"Na, Schätzchen, hast du es dir mittlerweile überlegt?"
Die Stimme war genauso unnahbar und kalt wie die anderen, auch konnte sie nicht erkennen, wer unter dem schwarzen Kapuzenmantel steckte. Aber diese Stimme gehörte nicht zu den brutalen Schlägern, die sie bisher gefoltert hatten. Diese hier war anders. Unerbittlich. Grausam.
Helena wimmerte leise.
"Aber, aber, mein Täubchen. Es liegt allein an dir, dies hier zu beenden. Du brauchst uns bloß zu sagen, wo der Löwe ist. Dann lassen wir dich gehen."
"Aber...ich...weiß...nicht", schluchzte die Tochter des Kunsthändlers van Swinja. "Ich hab ... gesagt...nichts...weiß", ihre Stimme erstarb.
"Wie du meinst. Vielleicht wird dir ein wenig Gesellschaft gut tun? Möglicherweise helfen dir ein paar Kameraden, dich wieder dran zu erinnern...".
Leises Zischen und Klackern, als ob überdimensionale Käfer in dem Raum umherkrabbelten, war zu vernehmen.
Helenas Nerven waren zum Zerreißen gespannt. "Was...ist...das?" Panik schwang in jedem zittrigen Wort.
"Nichts, nur ein wenig Gesellschaft", leises, bösartiges Lachen begleitete die verhüllte Gestalt zur Türe.
Danach war sie wieder allein. Allein mit irgendwelchen schaurigen Kreaturen, die mit leichtem Getrappel durch das Zimmer liefen und ihre neue Umgebung eifrig inspizierten. Helena schrie auf. Und schrie. Niemand kam.

***dumm gelaufen***


"Wie gesagt, ich war auf der Suche nach zwei Wächtern. Es geht um eine sehr private Angelegenheit und die Wachhabenden in der Kröselstrasse meinten, dass ich ruhig hinüber in die Springstrasse gehen sollte, um mein Anliegen vorzubringen. Ich hoffte, dass ihr mir helfen könntet."
Der Dobermann keuchte auf. Seine Gedanken rasten. Wer war der Fremde? Ein Assassine?
Nun, nein er schien nicht so gekleidet. Aber halt, er trug schwarze Kleidung. Wie viele von Witwenmachers Leuten hatte sie denn schon kennen gelernt? Schwarz war wohl deren Markenzeichen und das Tuch seines Anzugs fühlte sich edel und teuer an.
Wie konnte sie bloß so dämlich sein? Allein mit einem Fremden in einer kleinen, verlassenen Gasse mitten in Ankh-Morpork! Dennoch - es fehlte etwas.
Drei Hungrige Mäuler fiel ihr Bewerbungsgespräch bei D.O.G wieder ein. Auch dort ging es um die Meuchelmörder und ihre Kennzeichen. Was...der Schal! Der Fremde trug keinen Schal!
"So, so. Ihl hofftet also, ich könnte euch helfen? Wobei genau?", fragte sie unschuldig und trat ein wenig zurück, wie um ihm besser in die Augen blicken zu können.
Lässig trat auch der schwarz gekleidete Fremde ein wenig zur Seite.
Ein amüsiertes Funkeln in seinen Augen machte deutlich, dass sie erkannt hatte, dass er ihr damit den Fluchtweg abgeschnitten hatte.
Zorn kochte in der kleinen Wächterin hoch. Musste er auch noch Spielchen spielen?
"Habt ihl nicht eulen Schal velgessen?", knurrte sie drohend und machte sich innerlich bereit einen Kampf auszutragen, dessen Ende sie auch ohne die Gabe des zweiten Gesichts voraussagen konnte.
Verblüfft wiederholte er ihre Worte. "Meinen Schal vergessen? Madame, ich verstehe nicht ganz, worauf ihr hinauswollt!?"
"Wel seid ihl und was wollt ihl von mil?" Instinktiv suchte die Achaterin nach einer geeigneten Deckung für den bevorstehenden Kampf.
"Natürlich! Wo habe ich nur meine Manieren gelassen?"
Mit einer knappen Verbeugung setzte er fort, "Mein Name ist Cavalli, Ricardo Cavalli."
Er hielt es in diesem Fall für besser, größtmögliche Ehrlichkeit an den Tag zu legen und verzichtete auf einen Decknamen. "Und der eure, Madame?"
Verunsichert stand die Hauptgefreite da. Verhielten sich so Assassinen?
"Schön, Mistel Cavalli, sehl elfleut. Abel ihl habt nicht auf meine Flage geantwoltet", stellte sie fest.
"Und ihr nicht auf meine. Ich habe euch meinen Namen genannt, Madame", er griff sich mit der rechten Hand in den Nacken, "die Höflichkeit gebietet wohl, dass ihr mir den euren nennt?"
Drei Hungrige Mäuler erkannte die beiläufige Geste als ein Zeichen. Ein Zeichen, womit ihr ihr Gegenüber signalisierte, dass er vorhatte, mit offenen Karten zu spielen. Aber wenn sie sich irrte? Sie beschloss, es auf einen weiteren Versuch ankommen zu lassen.
Ohne weiter auf seine Bitte einzugehen, warf sie ihm an den Kopf, "Ihl seid ein Tscholn, Mistel Cavalli."
Insgeheim dankte sie Mademoiselle Escroc für das kleine grünquirmianische Wörterbuch, das ihr diese einst, allerdings unter anderen Voraussetzungen, überlassen hatte.
Ricardo verzog verärgert das Gesicht. "Nun, Madame, wenn ihr mich einen Gauner bezeichnen wollt, bitte sehr. Auch wenn ich es schmeichelhafter fand, dass ihr mich erst einer anderen Gildenzugehörigkeit verdächtigt habt."
Ihm war bewusst geworden, warum sie auf den fehlenden Schal anspielte.
"Allerdings habt ihr mir soeben bestätigt, dass ich tatsächlich auf der Suche nach euch war, Frau Wächterin, wobei mich unsere erste Begegnung doch ein wenig verwirrt hatte." Unverschämt grinste er sie an.
"Wohel..?"
Das Mitglied der Diebesgilde legte ihr einen Arm über die Schulter und schob sie sanft weiter die Strasse entlang. Währenddessen flüsterte ihr ins Ohr, "Niemand von uns würde in einem Etablissement wie der Boucherie Rouge Straßenjargon verwenden, meine Liebe. Also konntet ihr keines von Rosies Mädchen sein. Lasst uns jetzt aber nicht weiter auf der Strasse reden, vorne an der Ecke ist eine gemütliche, kleine Kneipe, wo wir uns besser unterhalten können."

***Freude***


Er konnte sein Glück kaum fassen! Da ging die Kleine doch tatsächlich ohne sein Zutun in die richtige Richtung!

***später Abend, Kunstgalerie***


Inspäctor Kolumbini und die Gefreite Agnetha vom Ankh - auf die unmissverständliche Bitte ihres erfahrenen Kollegen in einigem Abstand hinter ihm - schritten energisch über den Kiesweg, der zur Galerie Sieben+Eins Schätze führte.
Dank der immer wieder propagierten und mittlerweile auch funktionierenden Zusammenarbeit der einzelnen Abteilungen der Wache, hatten sich die beiden Ermittler von R.U.M einen vorerst unnötig scheinenden und langen Fußmarsch in die Fliederallee erspart.
Die Semaphorennachricht einer S.E.A.L.S-Streife, dass in der Kunstgalerie Licht brannte, erreichte die Wächter gerade noch rechtzeitig. Daraus zog Kolumbini den Schluss, dass der gesuchte Verdächtige im Mordfall Blumenkrohn mit großer Wahrscheinlichkeit nicht in Ankh, sondern an seinem Arbeitsplatz zu finden war.
Vor dem Eingang zur Galerie wandte sich der Inspäctor an seine Begleiterin, "Ich denke Gefreite, du bleibst vorerst vielleicht einmal hier draußen und sicherst den Eingang, sollte unser Mann zu flüchten versuchen."
Er wollte bereits energisch anklopfen, zögerte jedoch, als er gewahrte, dass die Eingangstüre großteils aus Papier bestand. Verstand da noch einer diese Gegengewichtler!
Kurz entschlossen klemmte er sich seine Pfeife zwischen die Zähne und versuchte, die großen Schiebetüren auseinanderzuzwängen. Leicht glitten diese zur Seite.

***miese Geschäfte***


Nachdem sich Cavalli, durch mehrmaliges Umsehen, vergewissert hatte, dass ihnen niemand gefolgt war, betraten er und die Gildenexpertin eine schmuddelige, winzige Kneipe.
Das Lokal, selbst zu unbedeutend, um einen Namen zu haben, war eine Zuflucht für all die Namenlosen der Stadt, wobei sich die wenigen Gäste, die noch aufrecht stehen konnten, an der Theke festklammerten.
Cavalli gab dem Wirt ein Zeichen und schob die Achaterin auf eine leere Bank in einer dunklen Ecke. [5] Gleich daneben schnarchte ein heruntergekommener Kerl und schlief gleich direkt in der Wirtsstube seinen Rausch aus.
Ohne Umschweife begann Cavalli, nachdem ihnen der Wirt zwei Becher eines undefinierbaren Getränks auf den Tisch knallte, zu reden.
"Du bist also die zuständige Beauftragte für unsere Gilde."
"So, bin ich das?", schnappte sie zurück. "Was macht dich hiel so sichel?"
Lässig erwiderte Ricardo, "Punkt eins, du bist Wächterin, das hatten wir eben ja schon geklärt. Punkt zwei, du kennst Zeichen und Begriffe, die eigentlich nur unsere Leute kennen sollten. Punkt drei, jede Gilde hat einen zuständigen Betreuer in der Wache. Reicht das? Wie heißt du?"
"Hauptgefleite", entgegnete sie knapp.
"Und wie weiter?"
"Fül dich nul Hauptgefleite, Cavalli."
Etwas das ihr schon längst auf der Zunge brannte, konnte nicht mehr länger warten.
"Wie hast du mich gefunden?"
"Das sagte ich dir schon, Frau Hauptgefreite. Deine Kollegen in der Kröselstrasse haben mich in die Boucherie geschickt."
"Quatsch! Du weißt so gut wie ich, dass das eine Lüge ist. Also noch Mal, wie?"
"Okay, okay. Das war gelogen, gut. Na und? Sagen wir es einfach so, es ist bekannt in unseren Kreisen."
"Ach, intelessant. Wen allel umfasst denn diese Bezeichnung?"
Konnte es denn sein? War die Gilde tatsächlich informiert, wo D.O.G ihr Hauptquartier hatte? Sie hatte immer gedacht, die Boucherie wäre eine ausgezeichnete Tarnung.
Ricardo empfand ein wenig Mitleid, mit der zerknirscht dasitzenden Frau.
"Nun, lass uns mal weiter davon ausgehen, dass ich bloß ein gesteigertes Interesse an deiner Person hatte und daher ein wenig besser informiert bin, als manch anderer Kollege. Kurzum, ich brauche deine Hilfe."
"Das soll ich glauben?" Drei Hungrige Mäuler, die sich einfach nicht überwinden konnte, das zweifelhafte Gebräu zu probieren, schob ihren Becher hin und her.
"Seit wann blauchen Boggis' Männel Hilfe von del Stadtwache?"
"Weil es Boggis' Männer sind, die mich in der Hand haben. Vielmehr ist es einer, einer von den Großen, der mir im Nacken sitzt. Hätte ich genügend Zeit, hätte ich mich selber drum gekümmert, aber dem ist nicht so und deshalb sitz ich mit dir hier."
"So, so. Du blauchst also meine Hilfe, was wenn ich dil abel nicht helfen will, mein liebel Cavalli?"
"Dann sehe ich mich gezwungen, gewisse Informationen über ein gewisses Etablissement einem größeren Interessentenkreis zur Verfügung zu stellen."
Cavallis Lächeln wirkte nicht annähernd so charmant und anziehend wie zuvor.
"Das ist Elplessung", erwiderte der Dobermann.
"Genau. Gut erkannt."
"Wel galantielt mil, dass du deine Infolmationen fül dich behältst, wenn ich dil helfe?"
Warum musste immer sie in solche Situationen geraten? Wenn doch nur Feldwebel Picardo hier wäre, der wüsste sicher besser mit der Sache umzugehen!
"Du hast mein Wort darauf", kam die Antwort auf ihre Frage.
"Das ist alles? Das Wolt eines Diebes?" Verächtlich verzog die Gildenexpertin das Gesicht. "Nicht gelade sehl veltlauenelweckend."
Bevor sie noch Anstalten machen konnte aufzustehen, hatte Cavalli sie blitzschnell an der Kehle gepackt und zog sie näher zu sich.
"Pass mal auf, kleine Wächterin", zischte er ihr ins Ohr, "dir bleibt nichts anderes übrig, als auf mein Wort zu vertrauen. Und glaub mir", fügte er hinzu als er ihr schmerzverzerrtes Gesicht erblickte, "es gibt andere in der Gilde, die nicht so zimperlich mit dir umspringen."
Kurz meinte er Börglers Klinge wieder zwischen den Rippen zu spüren.
"Also was ist, kommen wir ins Geschäft, oder nicht?"
Der Dobermann versuchte zu nicken, wurde an seinem Griff jedoch daran gehindert.

***das Lied der Nachtigall***


Gelähmt vor Angst, hatte sich die junge Frau auf ihrer Pritsche zusammengekauert.
Ihre Gedanken schweiften ab, zurück in die Kindheit.
Sie dachte an die glücklichen Abende, an denen ihre Mutter, begleitet vom Gesang der Nachtigall, die in ihrem Käfig auf und ab sprang, sie zu Bett brachte und ihr das Lied vorsang. Eigentlich seltsam. Seit jeher hatte sie immer einen dieser Vögel in ihrem Zimmer. Sie wusste gar nicht mehr warum.
Ein wehmütiges Lächeln huschte über die Gesichtszüge der jungen Frau, als sie wieder an ihre verstorbene Mutter dachte.
Vor jedem Einschlafen erklang deren schöne Stimme, als sie in die Melodie des Vogels einstimmte.
Überwältigt von ihren Erinnerungen, begann auch sie zu singen, leise, krächzend.

In königlich' Mauern, in der Kammer ganz hinten,
sein Feuer geschützt vor Schnee, Sturm und Winden,
da lebt ein Wesen, und träumt einen Traum,
ganz friedlich schläft es unter dem Baum.

Süß und hell die Nachtigall singt,
weit übers Land ihr Liedchen erklingt.


Der Gesang füllte die dunkle Kammer, übertönte das Kratzen vielfüßiger Wesen und drang durch die Lüftungsschlitze nach draußen.
Höher und höher stiegen die Töne hinauf, bis in das Kaminzimmer, wo dunkle Gestalten in hohen Lehnstühlen still dasaßen und zuhörten. Aufmerksam zuhörten.

Das Lied gab ihr Kraft, füllte ihr Herz mit leiser Freude und verscheuchte das Grauen der Dunkelheit.
Helena sang weiter.

Tief unten, in der Erden Schoss,
da liegt ein See, ganz ruhig und groß,
Inmitten auf dem Felsgestein,
ruht ein Löwe, und ist ganz allein.

Süß und hell die Nachtigall singt,
weit übers Land ihr Liedchen erklingt.

Mit dem Herrscher aus fernem Land,
den Löwen tiefe Freundschaft verband,
kehrt stets zurück, wenn Unheil droht,
steht bei dem Kaiser in großer Not.

Süß und hell die Nachtigall singt,
weit übers Land ihr Liedchen erklingt.



"Nun denn, unser Vögelchen singt also doch", ein zufriedenes Lächeln flackerte kurz im Antlitz eines Mannes auf und milderte für Sekundenbruchteile dessen grausame Züge.
"Los, geht und holt sie herauf!", befahl er den beiden hünenhaften Gestalten die die Eingangstür des Kaminzimmers flankierten. "Und vergesst nicht, die Skorpione wieder einzufangen!"
Kaum hatten die beiden den Raum verlassen, erhob sich eine weitere Gestalt mit geschmeidigen, katzengleichen Bewegungen, aus einem der hohen Lehnstühle.
"Geh und mach dich bereit. Nimm mit, wen du benötigst!", herrschte sie der Sprecher von vorhin, offenbar der Anführer der versammelten Personen, an.
"Ja mein Lord und Bruder", schnurrte die Katzengleiche.

***neue Wendungen***


Gedankenverloren rieb sich die Achaterin die schmerzenden Druckstellen an ihrer Kehle.
Da hatte sie sich ja wieder in einen gehörigen Schlamassel reingeritten.
Sie war dabei die gesamte Tarnung der Abteilung zu gefährden und musste einem Gauner vertrauen! Wenn das herauskam, riskierte sie mehr als einen Vermerk in ihrer Akte und ein Verhör bei IA.
Doch der Gipfel ihrer Dummheit war wohl, dass Fräulein Mir-kann-nichts-passieren, ohne Waffe im nächtlichen Ankh-Morpork unterwegs war!
Dumpf pochte die Tätowierung an ihrem Arm.
Na großartig! Zu allem Überfluss würden sich in Kürze auch noch die Halluzinationen einstellen.
"Was ist? Hörst du mir überhaupt zu?", verlangte Cavalli zu wissen und riss die Hauptgefreite aus ihren düsteren Überlegungen.
"Velzeihung, wie wal das nochmal?"
"Ich wollte dir gerade erklären, warum ich deine Hilfe brauche", brummelte Cavalli.
"Oh, ja, dann fang endlich an, ich hab noch andele Dinge zu elledigen", giftete sie das Diebesgildenmitglied an.
"Die Sache ist die, ich bin, sozusagen, quasi der Verlobte von Helena van Swinja."
Schnauben.
"Ja, is ja gut. Ist auch egal", setzte der Brindisianer seine Erklärung fort, "jedenfalls wollten wir uns heute treffen und sie ist nicht gekommen."
"Wen wundelts?"
Ricardo war drauf und dran die Nerven zu verlieren, doch noch beherrschte er sich.
"Sie ist nicht gekommen und bei ihr zuhause hieß es, sie wäre weggegangen." Das mit dem aufgedonnerten Pfingstochsen ließ er vorerst beiseite. "Jedenfalls hätte sie pünktlich auftauchen müssen."
"Ja und? Glaubst du wil sind dafül da, deine Fleundin an den Haalen zu eulem Lendevouz zu zellen? Sie wild schon gewusst haben, walum sie nicht elschienen ist."
"Jetzt mach aber mal halblang, Kleine. Ich denke, sie wurde entführt. Allerdings ist Börgler, derjenige der mich bedroht, der Meinung, Helena hätte jemanden ermordet und etwas gestohlen, das ihm gehört. Wenn ich es ihm ausliefere, lässt er sie und mich am Leben, andernfalls..."
Drei Hungrige Mäuler starrte ihn mit weit aufgerissenen Augen an. "Du glaubst doch wohl nicht, dass ich dil das abkaufe, odel?"
Ricardo starrte böse zurück. "Hör mal zu, auch ich hab noch andere Dinge zu erledigen. Ich bin nicht hier um dir eine Lügengeschichte aufzutischen. Aber Ti.., jemand, hat mir gesagt, du wärst an der van Swinja-Sache dran. Also, hinter welcher Sache ist Börgler her?"
Etwas, das sich verdammt nach einem Dolch anfühlte, drückte der Gildenexpertin in die Seite.
"In Oldnung, steck dein Messel wiedel weg", kam es kleinlaut von ihr zurück. "Du sagst also, die Tochtel von van Swinja ist weg. Seit wann?"
"Seit heute Nachmittag."
"Und diesel Bölglel veldächtigt sie, jemanden elmoldet und ihm etwas gestohlen zu haben."
"Ja, du brauchst nicht alles zu wiederholen, sag mir lieber was ich noch nicht weiß!"
"Schon gut, ich übellege ja nul. Was sagt dil Blumenklohn?"
"Einer unserer Leute, wurde mit nem sauberen Kehlenschnitt ins Jenseits befördert. Ganz die Handschrift von Börgler."
"Das glaube ich nicht, dass es del wal. Höl mal, die ganze Sache mit dem Diebstahl des Lings wal nichts als eine Falce. Van Swinja ließ den Ling, eine Fälschung, zum Schein stehlen. Ilgendwas ist schiefgelaufen und Blumenklohn hat den Löwen in die Hände bekommen. El wal es, del ihn als Kopie elkannt hat. Bevol el die Sache aufdecken konnte, hat van Swinja ihn getötet und den falschen Ling wiedel zulückgeholt. Odel, so wie du elzählst, seine Tochtel hat das elledigt. Del Vatel ist übligens beleits bei uns zum Velhöl."
"Was?" Ricardo keuchte auf. "Das ist ja mal ne Neuigkeit. Hör mal, dann jagt Börgler also dem falschen Ring nach. Aber ich kenne Helena, sie könnte niemanden töten. Außerdem, selbst wenn ich mich irre und ich habe jahrelange Berufserfahrung, ich irre mich selten, warum sollte Helena erst jetzt fliehen? Warum mit einem falschen Ring? Irgendwas passt hier nicht."
Cavalli überlegte weiter, "Auch der alte Swinja kann es nicht gewesen sein, das hat Börgler sicher schon überprüft. Wäre er es gewesen, würde Helenas Vater nicht mehr leben und er nicht hinter Helena her sein."
"Wel hätte dann den Ling?"
Der Dobermann bereute es mittlerweile, bei der Festnahme des Kunsthändlers nicht dabei zu sein. Wie es aussah, war der Fall doch nicht so einfach gelagert.
"Vol allem, wenn du meinst, deine Liebste, wulde entfühlt - von wem? Wel käme in Flage?"
"Keine Ahnung, vielleicht ihre Stiefmutter Fu?", schlug Ricardo vor.
"Ihle Stiefmuttel? Na ja...nul weil sie ihle Stiefmuttel ist? Nicht alle sind böse." Drei Hungrige Mäuler zwinkerte ihrem Begleiter belustigt zu. "Lass uns noch weitel..."
Cavalli erschrak, weil ihn die Wächterin plötzlich am Arm packte.
"Was hast du eben gesagt? Wie heißt ihle Stiefmuttel?"
"Fu, warum? Was ist denn auf einmal mit dir passiert?"
Fu! Fu - die Tigerin!
Die Gildenexpertin sprang auf und schob den Brindisianer energisch vorwärts.
"Los, schnell! Komm mit!"
Völlig überrumpelt ließ Cavalli sich mitzerren.
Nachdem sie dem Kneipenwirt, nach dessen lautstarken Protest, zwei Kupfermünzen auf den Tresen geworfen hatten, stolperte das ungleiche Paar aus der Kaschemme.
"Wohin gehen wir?", verlangte Ricardo zu wissen.
"Zum Latschenden Tol. Komm jetzt, beeil dich und flag nicht so viel!"
Die Achaterin hastete die Strasse entlang, dicht gefolgt von ihrem unfreiwilligen Partner.

***in den Sieben+Eins Schätzen, noch späterer Abend***


Der Ermittler der Abteilung Raub und Mord betrat die Eingangshalle der Galerie.
Von irgendwo weiter links konnte er gedämpftes Stimmengemurmel hören. Van Swinja war also nicht allein. Neugierig folgte der Inspäctor den Lauten.
Vor einer geschlossenen Türe, offenbar dem Büro des Kunsthändlers, stand ein Troll. Ein äußerst missmutig dreinblickender Troll, in einem überdimensionalen Nadelstreifanzug, eine lächerlich wirkende Melone auf dem Kopf und eine schwer beeindruckende Keule locker in der Hand.
"AAArgh!!" Ein gequälter Schrei drang aus dem verschlossenen Raum.
"Guten Abend, Stadtwache Ankh-Morpork. Mein Name ist Inspäctor Kolumbini", stellte sich der Wächter in dem schlecht sitzenden Mantel vor.
Schweigen.
"Ich möchte zu Herrn Karolus van Swinja. Es ist dringend", setzte der Ermittler nach.
"Du nicht können hinein."
"Was heißt hier, ich kann nicht hinein?" Entrüstet zog Kolumbini etwas aus einer Manteltasche und hielt es dem Troll unter die Nase. "Hier! Meine Dienstmarke!"
Unbeeindruckt blickte der Troll auf das Ding in der Hand des Inspäctors. "Das sein Tabak für Pfeife."
"Oh, Verzeihung!" Er stopfte den Beutel zurück in seine Manteltasche und nach einigem Suchen fand er die gewünschte Marke. "So, hier meine Marke. Und nun...wenn sie mich jetzt bitte freundlicherweise zu Herrn van Swinja..."
"Du nicht können hinein." Stur hielt der Wächter an seiner Weigerung fest.
Kolumbini hatte eine Idee.
"Agnetha! Könntest du bitte liebenswürdigerweise doch herkommen?", rief er in Richtung des Einganges.
Die Gefreite vom Ankh kam der Aufforderung umgehend nach. Eigentümlicher Geruch zog sich durch die Galerie, legte sich sanft über die Sinne, kroch in alle Ritzen des Gebäudes. Ja, die geringe Göttin nahte. Unverkennbar.
Rasch flüchtete sich der Geruchssinn des Ermittlers in sein geheimes Versteck.
Der Gestank gewann an Intensität, verfestigte seine Substanz bis er nahezu körperlich greifbar schien.
Die Türe des Raumes wurde aufgerissen.
"Was bei allen Dämonen der tiefsten Hölle stinkt denn hier so erbärmlich?"
Der Sprecher, ein weiterer Anzugträger, allerdings menschlicher Herkunft, trat in den Flur.
"Ja, Inspäctor?" Agnetha gesellte sich zu ihrem Kollegen.
"Schon gut Gefreite, alles in Ordnung. Danke!"
Rasch zwängte sich Kolumbini an dem Mann im Nadelstreif vorbei.
"Halt! Sie können da nicht hinein!" Der Mann würgte die Worte regelrecht heraus.
Kolumbini ignorierte ihn.
Die Dienstmarke gezückt, wandte sich der Ermittler an die im Raum versammelten Männer, "Guten Abend, Inspäctor Kolumbini von der Abteilung Raub und Mord, Stadtwache Ankh-Morpork. Wer von ihnen ist Herr Karolus van Swinja?"
"Um Himmels willen, Scotty, mach endlich die verdammte Tür zu!" Gefasster wandte sich ein gut gekleideter Herr, wie alle anderen ebenfalls mit Melone und schwarzem Anzug ausgestattet, an den Wächter.
Sein dünner Schnauzbart und die verschlagen blinzelnden Augen in einem Gesicht, das einer Bulldogge Respekt abverlangt hätte, erweckten nicht gerade den Eindruck freundlicher Gesinnung. Dennoch rang er sich relativ höfliche Worte für den Inspäctor ab.
"Herr Wächter, ich gehe davon aus, dass mein Mitarbeiter sie darauf hingewiesen hat, dass wir hier eine geschäftliche Besprechung mit Herrn van Swinja zu führen gedenken, bei der wir keinesfalls gestört werden möchten. Ich fürchte, sie müssen sich ein wenig gedulden. Wenn sie freundlicherweise draußen warten könnten", er vervollständigte seinen Satz nicht.
Dies war für Alois "Al" Kapaun, einem engen Mitarbeiter von Herrn Boggis persönlichem Krisenstab für gewöhnlich auch nicht notwendig.
Kolumbini, der seine Pfeife wieder an den ihr vorbestimmten Platz geführt hatte, kaute bedächtig an deren Stiel. Den rechten Zeigefinger nachdenklich an die Stirn gelegt, betrachtete er die sich ihm bietende Szene.
Hinter einem Schreibtisch saß ein ziemlich blasser Mann, vermutlich der verdächtige Kunsthändler, flankiert von zwei Männern mit brutalen Gesichtszügen, die ihm jeweils eine ihrer großen Hände auf die Schultern pressten.
Vor dem Schreibtisch, in betont entspannter Haltung, saß die Mensch gewordene Bulldogge und blickte dem Ermittler fest in die Augen. [6]
"Tjaa, Herr, äh, wie war doch gleich nochmals ihr Name?" Kolumbini trat ein Stück näher an den Schnauzbärtigen heran.
"Kapaun, Alois Kapaun, vielen eher unter Al Kapaun bekannt", gab dieser Auskunft.
"Ah ja, Al Kapaun. Nun, Herr Kapaun - sind sie eigentlich mit dem berühmten Maler aus Pseudopolis verwandt?"
Verdutzt weiteten sich die Augen des Mannes. "Nein, nicht dass ich wüsste."
"Oh, entschuldigen sie bitte vielmals. Nun, also Herr Kapaun, ich fürchte, hier liegt ein großes Missverständnis vor. Ich bin hier, um Herrn van Swinja für eine Vernehmung in einem Mordfall mitzunehmen. Meine Kollegin wird ihnen dies sicher gerne bestätigen. Soll ich sie hereinbitten?"
Scotty, jener Unglückselige, der die Quelle des erbärmlichen Gestankes aus nächster Nähe erleben musste, schüttelte panisch den Kopf.

***der Tempel der Nachtigall***


In der Umgebung des Tores befanden sich einige Wohnhäuser und ein paar Geschäfte. Überall waren die Läden geschlossen. Irgendwo bellte ein Hund, aufgeschreckt durch den letzten Schrei eines Bürgers.
Fieberhaft sah sich die Gildenexpertin um. Nichts das irgendwie auf einen Tempel hindeutete.
In den Nischen der Stadtmauer waren unförmige Lumpenhaufen zu erkennen, in die hie und da Bewegung kam, als sich dessen Besitzer im Schlaf oder auch im Suff umherwälzte. Seit jeher war die Stadtmauer ein beliebter Zufluchtsort für Bettler und Obdachlose.
Gerade als der Dobermann auf einen der Penner zutreten wollte, um ihn nach dem Tempel zu befragen, hörte er ein Geräusch. Es klang, als versuchte jemand verzweifelt einen klemmenden Fensterladen zu schließen.
Drei Hungrige Mäuler wandte sich um und sah, im trüben Licht einer Straßenlaterne, eine gebückte Gestalt, die sich an einem der Fenster einer winzigen, baufälligen Hütte zu schaffen machte.
Die Hauptgefreite änderte ihr Vorhaben und lenkte ihre Schritte in die Richtung der Gestalt. Die würde ihr vermutlich für eine Auskunft kein Geld abknöpfen wollen. Cavalli folgte ihr unaufgefordert.
Als sie näher kamen, konnte sie die langen, weißen Haare der krummen Alten erkennen, der Rest von ihr war durch den zerschlissenen Kapuzenmantel nicht zu erkennen.
"Velzeihen sie bitte, abel ich suche dlingend nach einem Tempel hiel. Können Sie mil weitelhelfen?"
Verbissen ruckelte die Alte an den morschen Holzbrettern.
"Hallo? Gute Flau, wissen sie wo ich den Tempel finde?"
Endlich hatte sie es geschafft, und das verklemmte Teil gelöst. Sie wandte sich langsam zu der Wächterin um.
"Du suchst nach einem Tempel, mein Kind?"
Seltsam, die wohlklingende Stimme wollte so überhaupt nicht zu der restlichen Erscheinung passen. Auch Cavalli dürften ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen sein, wie Drei Hungrige Mäuler mit einem raschen Seitenblick auf ihren Begleiter feststellen konnte.
"Ja, den Tempel del Nachtigall. El muss gleich hiel ilgendwo sein."
"Nun denn, mein Kind, tritt ein. Du hast ihn gefunden." Die Alte trat auf die windschiefe Türe der Hütte zu und gab ihnen mit einem Wink zu verstehen, ihr zu folgen.
"Du waltest hiel", flüsterte der Dobermann dem Brindisianer zu.
Entgegen ihres vorherigen Benehmens hatte die Alte doch ein gutes Gehör.
"Nein, nein. Folgt mir. Alle beide."
"Abel", setzte die Wächterin an.
"Ich sagte folgt mir alle beide."
Etwas in der Stimme der alten Frau duldete keinen Widerspruch. Ein leiser Windhauch strich durch das Innere der Baracke, an der absolut nichts an einen Tempel erinnerte.
Die Tätowierung der Achaterin pochte stärker als je zuvor, doch da auch vorhin in der Kneipe keine Halluzination aufgetreten war, beunruhigte sie das nicht weiter. Leicht massierte sie sich die Stelle auf dem Oberarm.
"Wie ist dein Name?", wollte die Alte wissen.
Automatisch setzte Drei Hungrige Mäuler zum Sprechen an, als sie erstaunt feststellte, dass die Frage gar nicht ihr galt.
"Cavalli", entgegnete ihr Begleiter kurz angebunden.
Leicht wippten die Schultern der Greisin, als diese leise lachte.
"Wie passend. Das bedeutet "Pferd" auf ankh-morporkian, nicht?"
Ohne weitere Erklärung wandte sie sich der einzigen weiteren Türe des Raumes zu und bedeutete ihnen ihr zu folgen.
Der zweite Raum unterschied sich vom ersten lediglich dadurch, dass ihn ihm einige Stühle rund um ein kleines Feuerbecken standen, ansonsten war er genauso kahl.
Die Flammen zitterten leicht. Auch hier zog es ein wenig, auch wenn es ausgesprochen warm in dem Zimmer war.
"Du kannst den Mantel und die Jacke ruhig ausziehen, mein Kind!"
Das hatte sie ohnehin vorgehabt, auch ohne die Aufforderung der - was war die Alte eigentlich? Tempeldienerin, Priesterin oder eine Hellseherin? Ihre Uniformjacke war unter dem gelben Regenmantel nämlich nicht zu erkennen.
Cavalli hatte es sich bereits auf einem Stuhl gemütlich gemacht. Er konnte auch im Sitzen abwarten, was auf ihn zukommen würde. Mit ausdrucksloser Miene sah er Drei Hungrige Mäuler zu, wie sie ihre Überkleidung auszog und über einen Stuhl breitete.
Die nunmehr sichtbare Tätowierung entlockte ihm einen anerkennenden Pfiff.
Unbeachtet von beiden hatte sich auch die Alte ihren Umhang von den Schultern gezogen. Aufrecht und majestätisch stand die dunkelhäutige Frau nunmehr da, das lange weiße Haar umspielte ihre Hüften, die schrägen Augen leuchteten im Schein der Flammen.
"Nun, da wir endlich versammelt sind, lasst mich euch verkünden die Wahrheit der Sterne."
Drei Hungrige Mäuler unterdrückte einen Schrei. Das war Sie, Sie, die Frau aus ihren Träumen! "Ich kenne euch!", platzte sie heraus.
"Ich weiß", entgegnete die Dunkelhäutige ruhig.
"Abel, wel seid ihl?"
"Ich bin La Serpente, mein Kind."
Blaues Leuchten umspielte die ausgebreiteten Arme der krullianischen Magierin. Nach und nach gewann es an Substanz und formte sich zu einer Gestalt, die dem Dobermann nur zu vertraut war.
"Und Wan-Schu hast du ja bereits kennen gelernt", fuhr La Serpente fort.
Cavalli drehte sich ein wenig zur Seite, um sich den neu hinzugekommenen Gast anzusehen, doch da war niemand!
Mit einem Ausdruck, der deutlich erkennen ließ, dass er an der geistigen Gesundheit der vermeintlichen Tempelpriesterin zweifelte, fragte er "Wan-Schu?"
"Ja, mein Freund, der grüne Drache ehrt uns mit seiner Anwesenheit."
Wie zur Bestätigung ihrer Worte, streifte ein leichter Luftzug durch seine dunklen Locken.
"Doch nun höret die.."
"Is das jetz'n Scherz, oder was?" Ricardo fand, dass es an der Zeit war zu gehen und schickte sich an, den Ort des Geschehens zu verlassen.
"Setz dich!", befahl La Serpente und bevor sie erneut unterbrochen werden konnte, begann sie die Prophezeiung auf angemessene Art und Weise zu verkünden.
Die Flammen glühten in hellem Rot, loderten kurz auf und warfen gespenstische Schatten an die nackten Wände des Tempels, während sie - die Arme in einer theatralischen Geste erhoben - majestätisch dastand und mit klangvoller Stimme psalmodierte.

"Wenn dereinst die Nachtigall nicht mehr singt,
kein Ton mehr ans Ohr des Kaisers vordringt,
dann ist der Löwe in höchster Gefahr,
gerät in die falschen Hände er gar -
Tod und Verderben das Land überziehn,
drum handelt schnell und findet ihn!

Vier werden kommen, den Schlüssel zu retten,
der Herr der Winde, nun nicht mehr in Ketten.
Des Drachen Odem allein hat die Kraft,
öffnet leicht, was sonst nur der Ringwächter schafft.
Die Schlange hernach, gar listig und schlau,
wird weisen den Weg, sie kennt ihn genau.
Doch braucht es den Hund, der stets treu und gut,
zu stellen den Tiger, mit all seinem Mut.
Am End' entscheidet die Schnelligkeit vom Pferd,
zu retten den Löwen, den jeder begehrt."


"Äh..?"
Selten waren sich Wächter und Gildenvertreter derart einig.
"Ihr seid gekommen, über den Roten Löwen zu erfahren - das ist, was die Sterne über euer Schicksal, eure Aufgabe, verkünden. La Serpente, die Schlange und Wan-Schu, der grüne Drache, Herrscher über Sturm und Wind, werden euch begleiten."
Cavalli und die Hündin hatten sich wesentlich eindeutigere Antworten und Hinweise erwartet. 'Ratlos' war eine unzureichende Beschreibung für deren momentanen Zustand.
Ricardo fing sich als erster.
"Also, Madame, eigentlich hofften wir, etwas mehr über die Familie van Swinja zu erfahren, um herauszufinden, wo sich der gestohlene Ring", er unterbrach sich, als er die Grimasse der Wächterin bemerkte, "also wo sich meine Verlobte und möglicherweise der gestohlene Ring, befinden könnten", korrigierte er sein Ansuchen.
'Wir hatten nicht vor, den Gutenachtgeschichten einer Verrückten zu lauschen', fügte er im Stillen hinzu.
"Die Sterne haben klar und deutlich gesprochen", schnappte die Seherin beleidigt, "du musst nur lernen, ihren Hinweisen zu trauen, Herr Cavalli."
Dem Mitglied der Diebesgilde riss der Geduldsfaden. "Ach, tatsächlich, Madame? Eure Geschichte ist wohl hübsch und ergreifend, aber Drachen? Ich sehe keine Drachen, oder sind eure Brüder und Schwestern gerade dabei, einen solchen zu beschwören? Oder meint ihr eine der lächerlichen Kreaturen des Sonnenscheinheims? Sitzt hier in eurem Kessel vielleicht ein kleiner grüner Sumpfdrache?"
Ricardo trat auf das Feuerbecken zu und hätte vermutlich in seiner aufwallenden Wut mit bloßen Händen die heißen Kohlen durchwühlt, hätte ihn nicht ein erschrockenes "Nicht Cavalli!" seitens der Gildenexpertin zur Besinnung gebracht.
Rasch zog er seine Hand von den Flammen zurück.
"Und was ist mit euch Madame? Ihr bezeichnet euch als die listige Schlange, die uns den Weg weisen soll? Also dann, sagt uns, wo wir suchen müssen!"
Aufgebracht trat er auf La Serpente zu, die seinen Ausbruch mit Gelassenheit über sich ergehen ließ.
"Hättest du mich nicht unterbrochen, mein Freund, wären wir bereits auf dem Weg."
"Wel odel was seid ihl, La Selpente? Wieso sollten wil euch tlauen?" Auch der Dobermann hatte seine Sprache wieder gefunden.
"Ich bin die, die euch führen wird. Du solltest mir vertrauen. Deine Tante hat es ebenso getan."
"Ihl kanntet sie?"
Da war es wieder - das Gefühl, dass jeder, außer ihr selbst, besser über Zwei Silberne Löffel Bescheid wusste, als deren nächste Anverwandte.
"Sie war meine Schülerin, eine der Besten und ich war eine ihrer engsten Vertrauten außerhalb der eigentlichen Schwesternschaft."
"Was untellichtet ihl, Mäm?"
"Magie."
"Ihl seid eine Hexe?"
Empört stemmte die Weißhaarige die Hände in die Hüften. "Ich bin eine Magierin!"
Verblüfft über diese Information, wollte die Achaterin wissen, "Ihl habt meine Tante in Magie untellichtet? Hiel an del Unsichtbalen Univelsität? Die Zaubelel nehmen doch sonst keine Flauen auf, odel?"
Dies galt ihrem Begleiter, der heftig den Kopf schüttelte.
"Pah! Nicht hier an dieser rückständigen Institution natürlich, mein Kind. Die, die ihr hier Zauberer nennt, sind doch nur mehr ein Abklatsch dessen, was man gemeinhin als Magier bezeichnet. Natürlich habe ich niemals hier unterrichtet, sondern in meiner Heimat Krull, an der dortigen Akademie."
Die Neuigkeiten über ihre Tante, beschäftigten Drei Hungrige Mäuler sosehr, dass sie an nichts anderes mehr denken konnte.
So schien es ihr, genau wie ihrem Begleiter, als würde La Serpente zu leerer Luft sprechen, als sie befahl, "Geh voran, wir folgen dir!"
"Und wohin, bitte sehr, erhabene Magierin?" Ricardo war alles andere als überzeugt, von dem Auftritt der Krullianerin.
"Zu den alten Gemäuern des königlichen Palastes", erwiderte diese, ohne auf die Spitze seiner Bemerkung einzugehen.
"Zum Haufen?"
"Ja, genau dorthin."

***Gilde versus Wache***


"Ein Missverständnis, Inspäctor?" Der bullige Mann im Nadelstreif erhob sich drohend, langte in die Innentasche seiner Jacke und zog - nicht die von Kolumbini befürchtete Miniaturarmbrust sondern - ein Schriftstück hervor.
Es war nicht irgendein Schreiben, sondern eine Lizenz.
Skeptisch musterte der Ermittler diese. "Diebesgilde?" Gedankenverloren kratzte er sich den Kopf.
"Genau, Inspäctor. Uns ist bekannt geworden, dass Herr van Swinja hier", er nickte kurz zu dem bleichen Mann im braunen Anzug, "gegen das, von Lord Vetinari bestätigte, Gesetz der Diebesgilde verstoßen hat. Somit erhebe ich im Namen unserer Gilde den vordringlichen Anspruch auf Vernahme und gegebenenfalls Verurteilung ihres Verdächtigen." Al Kapaun blickte finster auf den kleinen Wächter im Trenchcoat.
"Verstehe, verstehe. Gildenangelegenheit, ja." Kolumbini klopfte sich kurz gegen sein Glasauge.
"Dabei fällt mir ein, nur eine kurze abschließende Frage, für den Bericht sozusagen. Sie verstehen?"
Kapaun wirkte gereizt. "Was denn noch?"
"Nun, ich frage mich, ob es in ihre Zuständigkeit fällt, wenn es sich, sagen wir zum Beispiel, um unlizenzierten Mord handelt?"
"WAAAAS?" Der Kunsthändler meldete sich erstmals zu Wort. Entrüstet versuchte er sich aus seinem Bürostuhl zu erheben, wurde allerdings von Boggis' Mannen neben ihm daran gehindert. Kapaun hob überrascht eine Augenbraue.
Diese für ihn eher ungewohnte Bewegung verursachte ein leichtes Zittern der Falten seiner Backenregion.
Forsch setzte er zu einer Antwort an.
"Inspäctor, sagen wir es so, sollte unsere Befragung etwas in dieser Richtung ergeben, wird sich Herr Boggis natürlich umgehend mit Lord Witwenmacher in Verbindung setzen. Sie sehen also, egal wie sie's drehen und wenden, es bleibt in jedem Fall eine Sache der Gilden."
Boggis Vertrauter legte dem Wächter nachdrücklich eine seiner Pranken auf die Schulter und drehte den Lance-Korporal in Richtung Türe.
"Kein Grund also für die Stadtwache, sich weiter den Kopf über diese Sache zu zerbrechen."
Kolumbini konnte die Drohung in Al Kapauns Worten nahezu greifen.
Kampflos einen Fall aufzugeben war normalerweise nicht seine Art, aber in dieser Sache...Sollte sich doch die Schäffin darüber Gedanken machen, oder noch besser, den Fall Blumenkrohn als Gildensache an Picardo abschieben. R.U.M hatte auch ohne diese Sache hier genug am Hals.

***Aufbruch***


Unsanft wurde Helena in die Kutsche gestoßen. Gleich neben einen hünenhaften Kerl, an dem lediglich die schräg gestellten Augen sowie Haut- und Haarfarbe an seine achatische Herkunft erinnerten. Ein zweiter, ähnlich gebauter Mann, zwängte sich an ihrer anderen Seite auf den Sitz. Vor der geschlossenen Türe der Kutsche unterhielt sich jemand leise.
Hin und wieder konnte sie Fetzen des Gesprächs aufschnappen. Eine Stimme erinnerte sie an den dunklen Kerker und die Aura des reinen Grauens, die diese Stimme verströmte, die andere gehörte einer weiblichen Person, deren Klang ihr entfernt vertraut vorkam.
Gerne hätte sie gewusst, worüber die Beiden sich unterhielten, vielleicht hätte sie erfahren, wo sie hingebracht werden sollte, doch sie verstand kein Wort. Die Unterhaltung wurde auf achatisch geführt. Wenn doch wenigstens ihr Vater hier wäre, der hätte vielleicht den einen oder anderen Brocken verstanden.
Offensichtlich hatten sich der Mann und die Frau geeinigt, denn die Unterhaltung verstummte. Leichtes Ruckeln des Wagens zeigte an, dass der Kutscher soeben auf seinen Sitz kletterte. Neuerlich klappte die Wagentüre auf und eine weitere Person stieg ein. Mit einem kalten Lächeln auf den schön geschwungenen Lippen, ließ sie sich auf der Bank gegenüber nieder.
Helena erbleichte.

***bei den Ruinen***


"Ihr bleibt hier beim Wagen und haltet die Augen offen!", kommandierte die schöne Achaterin. Zu Helena gewandt fuhr sie fort, "Und du mein Schätzchen, kommst mit mir!"
Widerwillig ließ sich diese von der zweiten Frau des Karolus van Swinja mitzerren.
Ein heftiger Wind wehte hier oben auf dem Hügel. Unten, an seinem Fuß, lag der Stadtteil Ankh in nächtlichem Frieden.
Ein bleicher Mond warf sein spärliches Licht auf die Ruinen des alten Königspalastes der großen Wahoonie.
Fu's Griff war eisern. Unerbittlich umfassten die Klauen der Tigerin das Handgelenk ihres Opfers und zogen es zum nördlichsten Teil der ehemaligen Festung.
Dort musste einst ein Wachturm gestanden haben, von dem aus die Soldaten bequem die umliegenden Ebenen überblicken konnten, um nach etwaigen Feinden des Herrschers Ausschau zu halten. Nunmehr zeugten lediglich knapp drei Meter hohe wuchtige Steinmauern von seiner ehemaligen Größe.
Zielstrebig lenkte Helenas Stiefmutter ihre Schritte in deren Richtung.
Helena, deren geschundener Körper gegen diese neuerliche Anstrengung revoltierte, stolperte blindlings hinterdrein.

***noch ein Aufbruch***


Sie hatten enormes Glück. Gleich am Ende des Viehmarkts hörten sie das unverkennbare Rattern und Klappern eines der Karren der EKG.
Die Gilde des Öffentlichen Verkehrs hatte unlängst vom Patrizier - zu Probezwecken wie seitens der Ankh-Morpork Times bekannt wurde - eine Sondergenehmigung erhalten, den Betrieb der Hauptverkehrslinien auch des Nachts aufrechtzuerhalten. Ein Umstand, der nicht nur den nachtaktiven Gilden und deren Mitgliedern zugute kam, sondern auch der kleinen Gruppe unserer Helden.
Mit dem geübten Blick für potentielle Kundschaft hielt der Karrenlenker unaufgefordert neben den unfreiwilligen Weggefährten.
"Fahlen sie zufällig zum Gelingsten Tol?", erkundigte sich die Hauptgefreite Drei Hungrige Mäuler, der die Nummer an der Seite des Karrens - dort prangte eine windschiefe 40 in roten Lettern - nichts sagte.
Mit einem Blick auf die leere Ladefläche des Karrens brummte der Lenker eine Zustimmung.
"Macht nen Dollar für alle drei, Lady." Der Angestellte von Herrn Schaffnähr kratzte sich genüsslich den verfilzten Bart.
"So teuel? Nolmalelweise kosten die Tickets doch nul zwanzig Cent?"
"Tjaaa", fieberhaft suchte der Eselskarrenlenker nach einer Ausrede für den erheblichen Aufpreis. Ein kurzes Aufleuchten seiner Augen zeigte, dass sein Gehirn einen Ausweg aus dem Erklärungsnotstand gefunden hatte.
"Nachtzuschlag und Aufpreis für die Schatten."
Stolz über seine gedanklichen Höchstleistungen gestattete er sich ein Lächeln. Und einen tiefen Schluck aus seinem Flachmann.
"Hat mal jemand von euch noch fünfzig Cent?"
Der Dobermann wandte sich an Cavalli und La Serpente.
Mit vereinten Kräften brachten sie den Fahrpreis auf und kletterten in den Wagen.
Rasch fuhren sie an den Schatten vorbei, quer durch den Bezirk Sirupminenstrasse, über die Schlechte Brücke und in weit gemäßigterem Tempo durch den besseren Teil der Stadt, vorbei am Apothekergarten, die Königsstrasse entlang und nach einem sehnsüchtigen Blick des Fahrers auf die Rennbahn, der fast mit dem Stillstand des Karrens einherging, kam ein Stück vor ihnen der Haufen, die Ruinen des alten Königspalastes, in Sicht.
"Nächster Halt, Kurweg!", rief ihnen der Mitarbeiter der EKG über die Schulter zu.
Nach Mitternacht erreichten sie schlussendlich den Fuß des Hügels.

Unbemerkt von allen, folgte ihnen seit dem Viehmarkt - natürlich immer in entsprechend unauffälligem Abstand - ein kleiner Einsitzer.
Diese Miniaturkutschen, gezogen von einem einzigen Pferd, erfreuten sich bei den begüterteren Bürgern der Stadt immer größerer Beliebtheit.

Die drei ungleichen Partner begannen den Hügel hinaufzusteigen.
Da der Spazierweg hinauf zu den Ruinen ungleich länger gedauert hätte, kletterten sie querfeldein - auf direktem Wege, wie La Serpente betonte. Dummerweise hatte sie nicht bedacht, dass die ehemaligen Wald- und Wiesenflächen schon lange nicht mehr von der Gilde der Gärtner betreut wurden, sodass stellenweise dichtes Gestrüpp den Aufstieg behinderte.
Ricardo hatte sich allem Anschein nach, dem Schicksal gefügt. Wortlos schritt er voran. Was blieb ihm auch anderes übrig, als auf seine Begleiterinnen zu vertrauen? Er konnte nur hoffen, dass sie tatsächlich auf der Spur des Ringes waren - egal, ob sie nun der Fälschung, oder möglicherweise dem Original hinterher jagten - Hauptsache er konnte damit Börgler besänftigen. Schließlich wären die heiratswilligen jungen Damen der "Hai-Sosaiedi" untröstlich, wenn ihr liebster Betreuer den Fischen (Gab es im Ankh denn eigentlich Fische?) oder anderen Dingen Gesellschaft leisten müsste.
Der Brindisianer legte ein ziemlich hohes Tempo vor. La Serpente und Drei Hungrige Mäuler hatten Mühe, ihm zu folgen.
Als die beiden Frauen wieder einmal Haare und Umhang aus einem Dornenbusch zu befreien suchten, nützte die Hauptgefreite die Pause zu einem Gespräch.
"Ihl habt also Zwei Silbelne Löffel gut gekannt?"
Eigentlich lagen ihr viel mehr Fragen nach dem Was, Wann und Warum auf der Zunge, doch sie wusste nicht, wo sie beginnen sollte, das Geheimnis ihrer verstorbenen Tante zu lüften.
Die Magierin jedoch ahnte, was in der Achaterin vorging.
Ruhig erwiderte sie, "Ja, das habe ich. Sie war Mitglied der Schwesternschaft der Nachtigall, eine der Besten und die letzte, die die Triaden versucht hatte aufzuhalten. Dass es ihr nicht wie geplant gelungen war, hast du ja wohl bereits aus dem Bericht eurer Grünen erfahren."
"Sie hatte mit der achatischen Mafia zu tun?"
Verblüfft über diese Neuigkeiten griff die Wächterin nach einer Ranke, die sich in ihrer Hose verfangen hatte. Genau auf eine der spitzen Dornen.
"Autsch!" Rasch zog sie ihre Hand zurück und leckte sich das Blut vom Finger.
"Ja, alle Mitglieder der Schwesternschaft. Ein Großteil des Bundes kam bei einer - vermeintlich - geheimen Zusammenkunft in Quirm ums Leben, als Lord JangTse und seine Männer das Hauptquartier sprengten. Ich vermute, dass sie einen Spion der Triaden in ihren eigenen Reihen hatten."
Quirm! Suzie Wong!
Der Dobermann begann, die Zusammenhänge in seinem aktuellen Fall zu erkennen.
"Abel was genau ist die Aufgabe diesel Schwestelnschaft? Wozu hat Zwei bei dil Magieuntellicht genommen?"
"Die Schwesternschaft stand in direkter Verbindung zum Kaiser. Sie waren überall auf der Scheibe tätig, um die Vorhaben der Triadenbosse auszukundschaften und wenn möglich zu vereiteln und ihm die Informationen zuzuspielen. Manchmal war es auch vonnöten, persönlich mit dem Herrscher zu sprechen - dafür war der Rote Löwe gedacht. Sie brauchten ihn, um ungehindert in die Privatgemächer des Kaisers vorzudringen, ohne jedes Mal lange mit den Palastwächtern und seinen Beratern verhandeln zu müssen. Und nun sind die Triaden auf den Ring gestoßen. Vermutlich planen sie einen Anschlag auf das Leben des Kaisers - du kannst dir vorstellen, was geschieht, wenn einer von denen die Macht in der alten Heimat an sich reißt."
Die beiden Frauen hatten sich endlich aus dem Gebüsch befreit und bahnten sich weiter ihren Weg durchs Unterholz.
Auf einer Lichtung des kleinen Wäldchens stießen sie wieder auf Cavalli, der an einen Felsbrocken gelehnt dastand und auf sie wartete.
Drei Hungrige Mäuler war ein wenig enttäuscht darüber, gern hätte sie noch mehr von der Magierin erfahren.
"Los, kommt schon, wir sind gleich oben", empfing sie das Mitglied der Diebesgilde unwirsch.

***das Tor***


Nachdem die beiden Frauen die Reste des steinernen Wachturms betreten hatten, entzündete die Tigerin eine mitgebrachte Fackel.
"Such den Baum!", herrschte sie die Tochter des Kunsthändlers an.
Helena sah sich im Schein der Flammen um. Der untere Teil des Turmes war wider erwarten recht gut erhalten. Neben der Decke war auch ein Großteil der Innenwände noch vorhanden. Durch den Eingang sickerte bleiches Mondlicht herein.
Die junge Frau tat wie geheißen, doch zwischen den Ritzen der behauenen Steine wuchsen lediglich kümmerliche Flechten und ein wenig Moos. Kein Baum. Dennoch wagte sie nicht, ihre Stiefmutter zu fragen, wonach genau sie suchen sollte.
Ziellos ging sie von einer Seite des großen Eingangsraumes zur anderen.
"Dort rein!", kommandierte die Tigerin und wies auf den niederen Torbogen im hinteren Teil des Turmes.
Helena bückte sich und betrat einen weiteren kleinen Raum. Erst als ihr Fu mit der Fackel folgte, konnte sie erkennen, dass sie sich in einer Kammer ohne Fenster und weiteren Türen befand. Es ähnelte dem dunklen Verlies, in dem sie sich noch vor wenigen Stunden befunden hatte.
Panik kroch erneut in ihr hoch, als sie leises Getrappel hörte.
"Bloß Ratten", brummte die Achaterin.
Irgendetwas stimmte nicht mit der Kammer, das fühlte die junge Frau, konnte aber nicht genau sagen, was es war. Ein unachtsamer Tritt auf dem unebenen Boden des Raumes brachte sie ins Stolpern. Instinktiv versuchte sie sich vor einem Sturz zu bewahren und griff nach einem Halt. Die Flechte, die sie erwischt hatte, löste sich mit einem Ruck aus der Wand und gab eine grobe Skizze frei, die in den Stein geritzt worden war. Mit ein wenig Phantasie konnte man das Bildnis eines Baumes erkennen.
Zufrieden trat die Tigerin darauf zu und strich mit der freien Hand über die groben Linien. Nach einigen Versuchen hatte sie Erfolg. Ein verborgener Mechanismus klickte leise, dann schob sich ein Teil der Wand des Turmes nach Innen.
Bevor Helena ihrem Erstaunen Ausdruck verleihen konnte, wurde sie bereits unsanft durch die Öffnung geschoben.
Es war dunkel, feucht und kalt. Glitschige, grob behauene Treppenstufen führten weiter hinab ins Dunkle.
Fu zwängte sich dicht hinter ihr ebenfalls durch den Spalt.
"Los, runter mit dir!"
Vorsichtig tappte sie die Stufen hinunter, dicht hinter ihr die verhasste Stiefmutter mit der Fackel. Die Hitze der Flammen streifte ihren Nacken.
Ein weiteres Klicken, das ihr in dem engen Gang weit lauter erschien, als vorhin in der Kammer und ein Geräusch von übereinander schabenden Steinen war zu vernehmen.
Der geheime Zugang hatte sich wieder geschlossen.

***dunkle Schatten***


Gekonnt lenkte der Fahrer die einsitzige Kutsche auf eine ungepflegte Rasenfläche am Fuß des Haufens.
Eine Gruppe alter, durch Wind und Wetter gebeugter Bäume verbarg den Wagen vor den neugierigen Augen zufällig vorbeikommender nächtlicher Wanderer.
Rasch zog er unter dem Sitz vier Lederflecken hervor und umwickelte die Hufe seines Pferds. Danach schirrte er den Braunen ab und schwang sich behände auf dessen Rücken. Ein kräftiger Schenkeldruck und der Hengst trabte bereitwillig den Weg entlang nach oben zu den Ruinen. Nahe seinem Ziel, an einer der letzten Wegbiegungen, zügelte er sein Pferd, stieg ab und band den Braunen an eine schlanke Buche.
Das Tier war bestens geschult und verhielt sich so leise wie sein Reiter.
Der Wind drehte und wehte ihm geflüsterte Worte in einer für ihn fremden Sprache entgegen. Bleiches Mondlicht fiel auf kalten Stahl und ließ ihn kurz aufleuchten.
Johann Börgler legte die letzten Meter nach oben zu Fuß zurück. Geräuschlos und schnell eilte er im Schutz der nächtlichen Schatten voran.
Drei Männer standen dort bei einem Wagen, dessen Verschlag keinerlei Wappen oder Zeichen aufwies. Zwei davon waren sehr groß und breitschultrig, der dritte etwa in seiner Größe und Statur, offenbar der Kutscher, da er immer wieder versuchte, die beiden Pferde zu beruhigen, denen der Platz auf dem Hügel nicht behagte.
Nervös ruckten ihre Ohren und ständig tänzelten sie auf der Stelle. Da lobte er sich sein eigenes Pferd. Der Braune war zwar teuer gewesen - nicht teuer im üblichen Sinne - dennoch war es ein schwieriger Coup gewesen, in den Besitz des Hengstes zu kommen. Doch der Aufwand hatte sich bisher allemal bezahlt gemacht.
Börgler konzentrierte sich wieder auf die Szenerie vor ihm.
Der miese kleine Heiratsschwindler Cavalli hatte sich wohl doch den Rat der rothaarigen Beutelschneideratte zu Herzen genommen und die Wache eingeschaltet.
Netter Zug von ihm, dass er nicht nur seine Beute zurückholen würde, sondern ihm auch gleich das Pack an Unlizenzierten ans Messer lieferte. Kalt schmeckte Rache tatsächlich noch besser. Kurz überlegte er seine Vorgehensweise, zog auch noch den klatschianischen Dolch, spannte seinen Körper, beide Klingen fest in Händen und näherte sich der Kutsche.
Mochte der letzte Tanz beginnen - er war bereit.

Nach getaner Arbeit ließ sich Börgler auf den Kutschbock sinken. Verborgen in den Schatten des Wagens wartete er auf seinen Gildenkollegen.
Langsam sollten er und die beiden Wächterinnen - wieder mal typisch für Cavalli, dass er sich nur mit Weibern abgab - die Ruinen erreicht haben.
Der Wind wurde stärker und Börgler hüllte sich in den warmen Umhang, den er sich von dem Kutscher geliehen hatte. Was sollt's? Der brauchte ihn ohnehin nicht mehr.
Kurz darauf konnte er zwischen den Mauerresten des alten Palastes die Schatten dreier Gestalten erkennen.
Endlich! Cavalli war da, jetzt würde es nicht mehr lange dauern, dann konnte er seinen Schatz wieder in Empfang nehmen.

***das Labyrinth***


Die Treppe endete in einer weiteren kleinen Kammer, von der unzählige Gänge abzweigten. Die meisten waren jedoch von Schutt und Erde verstopft, lediglich drei Gänge führten weiter ins Erdinnere.
Ratlos stand Helena da.
"Nun, Schätzchen, welchen wollen wir nehmen? Du darfst dir einen aussuchen", die Stimme der Tigerin strafte die freundlichen Worte Lügen.
Helena zuckte die Schultern und trat in den nächst besten freien Gang. Nach wenigen Metern blockierte ein Fels den schmalen Durchgang. Dieser führte wohl nirgendwo hin. Sie seufzte und machte kehrt.
Beinahe wäre sie mit Fu zusammengestoßen, die ihr - wie auch schon zuvor - dicht auf den Fersen war.
"Pass auf!", blaffte ihre Stiefmutter erbost, denn fast hätte sie die Fackel fallengelassen.
Zurück in der Kammer wählte sie erneut. Der zweite Gang verlief einige Schritte eben, um dann sachte abzufallen.
Die beiden Frauen folgten dem Gang eine Weile. Nach einer scharfen Biegung weitete er sich zu einer kleinen Kaverne. Ein kleiner See lag ruhig da, in dessen Mitte erhob sich ein Fels. Die Flammen tanzten über einen wackeligen, morschen Holzsteg.
Triumph spiegelte sich in den schönen Zügen der Tigerin.
"Los, rüber mit dir zur Insel und hol den Löwen!"
Der Befehl wurde durch eine gezückte Miniaturarmbrust untermauert, die Fu blitzschnell aus der Innentasche ihrer Jacke gezogen hatte. Starr vor Angst fixierte Helena die Waffe.
"Mach schon, los!"
Die Spitze des Armbrustbolzens schimmerte rot im Schein der Flammen. Rot wie Blut. Rot wie ihr Blut, würde sie der Aufforderung der Achaterin nicht nachkommen.
Mit zittrigen Gliedern betrat die junge Frau den Steg, der bei jedem Schritt verdächtig knarrte. Sie hatte kaum die Hälfte des Wegs geschafft, als eines der Bretter brach.
Bis zur Hüfte versank sie in eiskaltem Wasser. Etwas Schlangenartiges streifte ihre Beine. Helena stieß einen Schrei aus, der von den Wänden der Höhle widerhallte.
Panik verlieh ihr neue Kraft und sie stemmte sich mit den Armen hoch. Beim zweiten Mal gelang es ihr, ihren Körper wieder auf den Steg zu ziehen. Zitternd und keuchend blieb sie bäuchlings auf den Brettern liegen.

***Wan Schu***


Cavalli und die beiden Frauen nützten die Deckung der Mauerreste um näher an den alten Palast heranzukommen.
Etwas weiter entfernt konnten sie die Umrisse einer Kutsche erkennen.
Die Magierin deutete stumm auf die Reste des alten Wachturms. Dorthin mussten sie gelangen, ohne gesehen zu werden.
Ein kleiner Flecken vor dem Tor des Turms lag bar jeglicher Deckung im Mondlicht. Sie würden sich an der Außenmauer entlang vorbeischieben müssen, um die Dunkelheit für sich nutzen zu können.
Um kein Risiko einzugehen, zog die Wächterin ihren Regenmantel aus und deponierte ihn hinter einem Felsen. Kalter Wind fuhr ihr unter die Uniformjacke und verursachte eine Gänsehaut. Oder war es wieder die Drachensache, die ihr die feinen Härchen auf den Armen aufrichten ließ?
Die anderen beiden waren bereits auf dem Weg zum Turm und Drei Hungrige Mäuler beeilte sich ihnen zu folgen.
Die Kutsche fest im Blick, schoben sich die drei - mit dem Rücken zur Wand - zum Eingang des Turms. Niemand hatte sie bemerkt. Im Inneren atmeten sie erstmals erleichtert auf.
"Hat jemand von euch eine Fackel mitgebracht?" Die Stimme des Diebesgildenmitglieds war ein Flüstern in der Dunkelheit.
"Nein", antwortete die Wächterin kleinlaut, "nicht mal ne Kelze."
Kurz darauf verdrängte grünliches Leuchten einen Teil der Dunkelheit.
La Serpente hielt ein Amulett, das sie die ganze über an einer Kette um den Hals getragen hatte, behutsam in ihren Händen. Es sah aus wie ein Kristall und das Leuchten kam aus seinem Inneren.
"Ich hoffe, Herr Cavalli, dass dies ihre Zustimmung findet?"
Die Magierin trat weiter ins Innere des Turmes und schirmte den Kristall nur mehr mit einer Hand ab.
Wo das Licht auf die Dunkelheit traf, entbrannte ein kurzer Kampf, doch die Schwärze hatte dem Kristall nur flackernde Schatten entgegenzusetzen. Das Licht hatte gesiegt.
"Die Tigerin ist bereits hier, ich kann es spüren", meinte La Serpente. "Sucht nach einem Eingang, nach Fußspuren, irgendetwas. Es muss hier einen Zugang nach unten geben."
Cavalli lehnte sich beleidigt, ob der zynischen Bemerkung der Magierin von vorhin, an die Innenwand des Turmes und war nicht bereit, sich an der Suche zu beteiligen.
Der Dobermann, die Augen fest auf den Boden gerichtet, näherte sich dem zweiten Raum.
"La Selpente?", flüsterte er, "Kannst du mal bitte helkommen?"
Im Schein des Kristalls zeigten sich Spuren. Eine der spärlich in den Mauern wachsenden Flechten lag samt den Wurzeln auf dem Boden. Die Wand dahinter, jene an der Cavalli auf der anderen Seite lehnen musste, wies seltsame Kratzer auf.
"Ich denke, sie walen hiel. Ilgendwo in diesem Laum muss del Zugang sein."
Die Krullianerin nickte. "Aber wo?"
Angelockt durch die Neuigkeiten, trat Cavalli hinzu.
"Vielleicht ilgendwo im Boden, eine Falltüle?"
Die beiden Frauen begannen, den Boden nach verdächtigen Ritzen abzusuchen.
Mit einem kurzen Blick auf den Raum, trat der Brindisianer erneut in die Vorhalle. Kurz danach kehrte er zurück.
"Ich weiß, wo der Zugang sein muss", verkündete er stolz. "Keine Falltüre, sondern hier." Er klopfte kurz an die zerkratzte Wand.
"Ach ja? Und wohel weißt du das plötzlich?"
"Ganz einfach, Frau Wächterin, die Außenwand dieser Kammer beträgt sechs Schritte, innen jedoch sind es gerade mal vier."
Triumphierend stand er, die Arme verschränkt, vor seinen immer noch knienden Begleiterinnen.
"Nicht schlecht, Cavalli", meinte die Hauptgefreite beeindruckt, "vielleicht solltest du dil mal übellegen, ob du nicht del Wache beitleten möchtest? Jemanden wie dich könnten wil sichellich gut geblauchen."
Sein verächtliches "Pah!" brachte eindeutig zum Ausdruck, was er von dem Vorschlag hielt.
"Hört auf zu streiten und sucht lieber nach irgendeiner Öffnung, einem Spalt in der Wand. Irgendwie muss es hier einen Auslöser für einen geheimen Mechanismus geben."
La Serpente machte sich ihrerseits bereits an der Wand zu schaffen.
"Hiel sind bloß Klatzspulen." Auch die Gildenexpertin war näher getreten und fuhr leicht mit den Fingern über die Skizze.
Die Wand reagierte mit leisem Klicken und einem gequälten Schnarren auf ihre Berührung.
"Mist! Ich glaub ich habs gefunden, abel es tut sich nichts!"
Ricardo schob sie zur Seite. "Lass mich mal versuchen."
Doch auch er hatte keinen Erfolg.
"Irgendwie scheint hier was zu klemmen", teilte er seinen Begleiterinnen mit.
"Dann ist es wohl an der Zeit, einen weiteren Teil der Prophezeiung zu erfüllen. Rufe den Drachen!", wandte sich La Serpente an die Achaterin.
"Waaas? Ich? Abel el ist doch nul ein...", protestierte sie.
"Ein was? Ein Hirngespinst? Nein, das ist er keineswegs. Er existiert genauso wie du und ich. Jetzt geh und rufe ihn!"
Verwirrt stolperte Drei Hungrige Mäuler in Richtung Ausgang.
"Nein!" Die Magierin hielt sie zurück. "Du brauchst dich nur auf ihn zu konzentrieren!"
"Abel...wie? Ich kann das nicht!"
"Doch du kannst es. Alle unverheirateten Frauen, in deren Adern das Blut der Hao-Dynastie fließt, können das. Anfangs brauchen sie allerdings noch etwas, worauf sie ihre Gedanken konzentrieren können, so wie das goldene Amulett deiner Tante, das du ja großzügigerweise verschenken musstest." Der tadelnde Blick La Serpentes traf die Hündin.
Woher wusste sie davon?
"Aber ich habe einen anderen Weg gefunden", setzte die Krullianerin fort, "ich habe dir Wan-Schu's Bildnis in deinen Träumen geschickt und ich muss sagen, derjenige, der es dir in den Arm geritzt hat, hat ihn außerordentlich gut getroffen."
Unwillkürlich hatte der Dobermann seine Tätowierung vor Augen - den gewundenen Körper, die Klauen, den Schädel mit den roten Augen. Und auch die tiefe Stimme.
"Du hast mich gerufen?", hallte es durch ihren Kopf.
Der Drache hatte sich hinter den drei Helden materialisiert.
"Ähm, keine Ahnung...", zögerte die Hauptgefreite, "velmutlich habe ich das."
"Womit kann ich dir helfen?", verlangte der Drache zu wissen.
Wie hatte La Serpente ihn noch genannt? Wan Schu , den Herrn des Winds?
"Wil müssen da dulch", die Wächterin deutete vage auf die Turmwand.
"Ah, ich sehe, meine Aufgabe der Prophezeiung ist gekommen. Dann tretet alle mal ein Stück zur Seite." Wan Schu's Stimme klang fast fröhlich.
Die Magierin, die den Drachen vermutlich nicht nur sah, sondern auch verstehen konnte, zog sich in eine Ecke zurück. Cavalli hingegen stand wie angewurzelt da und versuchte sich offenbar selbst davon zu überzeugen, dass er lediglich übergeschnappt war, wie Drei Hungrige Mäuler an seinem Gesichtsausdruck erkannte.
Vielleicht sah er lediglich das blaue Leuchten, vielleicht sogar die undeutlichen Umrisse Wan Schus. Sie konnte es ihm nachfühlen, was gerade in ihm vorging.
Sachte zog sie den Brindisianer mit sich und sie gesellten sich zu der Magierin.
Der Drache trat an die Wand und erhob seinen mächtigen Schädel. Sein Brustkorb hob sich, als er tief Luft holte. Wan Schu brüllte.
Feiner Sand rieselte aus den Zwischenräumen der Mauersteine, einige kleinere Felsbrocken lösten sich.
Erneut holte der Drache Luft und ein weiteres Brüllen erschütterte die Wand.
Der Stein ächzte und mit einem scharrenden Geräusch schob sich ein Teil der Turmwand nach innen.
Sein drittes Brüllen brachte ein scharfes Knacken irgendwo im Inneren des Gemäuers mit sich. Der Mechanismus war gebrochen, das Tor schwang zur Gänze auf.
Erschöpft lag Wan Schu vor dem geheimen Zugang.
Ricardo starrte fassungslos die Öffnung an. Was war hier passiert?
Als die kleine Wächterin zu sprechen begonnen hatte, waren überall im Raum kleine, tanzende blaue Lichtpunkte zu sehen, dann frischte der Wind auf und drei Sturmböen trafen nacheinander die Turmwand, bis diese nachgab und einen Durchgang freilegte.
War an dem ganzen Gewäsch mit dem Drachen vielleicht doch etwas Wahres dran? Oder war er schon zu lange mit den beiden Frauen unterwegs und verlor über deren haarsträubenden Geschichten den Verstand? Andererseits, La Serpente, verrückt oder nicht, war Magierin - vielleicht hatte sie ja die Türe magisch verschoben?
Hoffentlich fanden sie bald die Kleine und mit ihr den Ring. Dann konnte er mit Börgler den Deal abschließen und seiner gewohnten Tätigkeit nachgehen.
Aber vorher würde er mit Tim einen heben gehen, oder besser zwei.
"Vielen Dank für deine Hilfe, Wan Schu", ergriff La Serpente das Wort. "Warte am Besten hier oben auf uns."
Sie zog Cavalli und Drei Hungrige Mäuler mit sich in den Gang, den nur unwesentlich früher Fu und Helena betreten hatten.

***der Rote Löwe***


Als Helena wieder einigermaßen zu Atem gekommen war, kroch sie auf allen vieren weiter.
Der Steg ächzte unter ihrem Gewicht, hielt aber glücklicherweise.
Mühsam erklomm sie die Felseninsel inmitten des Sees, wohl wissend, dass Fu die geladene Armbrust im Anschlag hielt. Die junge Frau sah keinen anderen Ausweg, als den Ring und auch ihr Leben der Willkür der verhassten Stiefmutter auszuliefern.
Sie wagte es nicht, sich in das eisige Wasser des Sees gleiten zu lassen und nach einem anderen Ausweg aus der Höhle zu suchen.
Blind tappte sie auf dem Fels umher, denn sie konnte hier oben lediglich zwischen Düsternis und Schwärze unterscheiden. Das einzige Licht waren die Flammen von Fus Fackel, die nur einen kleinen Bereich des Ufers beleuchteten.
Da! In einer kleinen Vertiefung des Gesteins fühlte sie etwas. Eine kleine Schachtel mit eingeritzten Mustern. Das musste es sein, darin war mit Sicherheit der Ring verborgen.
Sie strich leicht über die Vorderseite des Kistchens und fühlte den Verschluss. Eine weitere leichte Berührung und der Deckel klappte auf.
Helena griff hinein - gebettet in weichen Samt lag er da, still und friedlich. Sie zog den Ring heraus und probierte ihn. Er war zu groß für ihre schlanken Finger, daher packte sie ihn wieder zurück.
"Hast du ihn?" Die Stimme der Tigerin wurde von den Kavernenwänden vielfach zurückgeworfen.
"Ja", gab sie zurück.
Die Schatulle fest in ihrer rechten Hand kroch sie zurück zum Steg.

***Begegnungen***


La Serpentes Kristall tauchte den unterirdischen Gang in unnatürlich helles Licht.
Langsam kletterten die drei, La Serpente voran und Drei Hungrige Mäuler als letzte, die Steintreppe hinab.
"du ihn, ihn, ihn?" Ein entferntes Echo drang an ihre Ohren.
"Hier entlang!" Die Magierin wies auf einen der Gänge, die von der Kammer am Fuße der Treppe abzweigten. Rasch folgten sie dem Klang der fremden Stimmen. An der Biegung des Ganges hielten sie inne. Die Stimmen wurden deutlicher.
"Nun mach schon, komm herüber!" Fus Befehl hallte durch die Höhle.
Helena, die Angst hatte, nochmals durch den morschen Steg zu brechen, fasste all ihren Mut und sprintete los, auf das andere Ufer zu. Mit dumpfem Krachen brachen weitere Bretter, als Helenas Füße sie berührten, doch sie war schneller. Mit einem Satz erreichte sie das rettende Ufer.
"Wunderbar! Gib ihn mir!" Forsch streckte die Tigerin die Hand nach dem Kästchen aus, nachdem sie die Fackel in den sandigen Boden der Höhle gesteckt hatte.
"Nein, Tigerin, er ist nicht für dich bestimmt!"
Überrascht wandten sich die beiden Frauen um.
La Serpente hatte die Höhle betreten, gefolgt von der Hündin und Cavalli.
"Ricardo!" Die junge Frau in den zerrissenen, schmutzigen rot-gelben Fetzen lief auf den Brindisianer zu.
Keiner von ihnen konnte den Bolzen mehr aufhalten. Fu hatte blitzschnell reagiert und die Armbrust auf Helena abgefeuert.
"Nein!"
Noch bevor Helenas Körper auf dem Boden aufschlug, waren Drei Hungrige Mäuler und Cavalli losgerannt. Der Brindisianer erreichte die sterbende Frau in etwa zur gleichen Zeit, als die Tigerin, die Waffe nachgeladen hatte.
Bevor sie den Abzug drücken konnte, sprang der Dobermann dazwischen, die Rechte fest um ihr Handgelenk geschlossen.
Überrascht drückte Fu ab, der Bolzen schlug irgendwo in die Kavernenwand.
Beide Achaterinnen gingen zu Boden.
Die durchtrainierte Tigerin schaffte es, der Hündin die Armbrust gegen den Kopf zu schlagen, doch Adrenalin pumpte durch den Körper der Wächterin, sodass sie den Schlag kaum wahrnahm. Verbissen rangen die beiden am Seeufer.
Beim Aufprall ihres Körpers, wurde die Schatulle mit dem Ring aus der Hand der jungen Frau geschleudert und der Deckel klappte auf. Der Rote Löwe rollte ein Stück weiter.
Cavalli, der nur Augen für den Bolzen in Helenas Rücken und den sich rasch vergrößernden Blutfleck hatte, bemerkte dies nicht.
Behutsam kniete er sich nieder und nahm die Sterbende in seine Arme. Blut quoll zwischen ihren Lippen hervor, ihre Lider flackerten.
Sie schlug die Augen ein letztes Mal auf.
"Ricardo", hauchte sie, "ich lie..".
Ihre Stimme erstarb in einem Röcheln. Ihr Blick brach.
Nie würde er diesen Anblick vergessen können. Mit Tränen in den Augen strich er sanft mit seiner Hand über ihr zerschundenes Gesicht und schloss ihre Lider.
Lautes Klatschen ließ alle Anwesenden überrascht aufblicken.
"Welch amüsantes Schauspiel", Börglers stahlharte kalte Stimme hallte von den Kavernenwänden wider.
Die Tigerin nutzte die Ablenkung und rammte der Hündin ihr Knie in den Bauch. Stöhnend lag Drei Hungrige Mäuler zusammengekrümmt am Rande des Sees.
Unbemerkt lud Fu ihre Armbrust und erhob sich langsam.
"Cavalli, den Ring!", bellte der Lizenzierte.
"Er gehört mir!", kreischte Fu und hechtete auf die Stelle zu, wo der Rote Löwe zum Liegen gekommen war. Sie schloss ihre Faust fest um den Ring, richtete sich auf Knien auf und wandte sich dem neu Hinzugekommenen zu.
Zeitgleich feuerten Börgler und die Tigerin ihre Waffen ab.
Börglers Treffer war wirkungsvoller. Der klatschianische Wurfdolch steckte tief in ihrer Brust, während ihr Bolzen lediglich Börglers Oberschenkel durchbohrte.
Nutzlos fiel die Waffe der Tigerin zu Boden.
"Mein Bruder und Lord wird mich rächen", keuchte die Tigerin, beide Arme zur Brust gehoben.
Doch anstatt den Dolch herauszuziehen langte sie blitzschnell in ihre Jacke und zog etwas hervor. Das Innenfutter der Jacke zerriss.
"Chou shajn Jang T'se, fan tian!" [7]
Zwei achatische Wurfsterne bahnten sich ihren Weg durch die feuchte Höhlenluft.
Durch einen Nebel aus Schmerz realisierte die Gildenexpertin, dass die Tigerin, die Schwester des Mörders ihrer Tante, mit der letzten Silbe ihrer Verwünschung ihr Leben aushauchte.
Der tote Körper des Triadenmitglieds sackte zusammen und fiel zur Seite, dabei riss er die Fackel aus seiner Verankerung.
Börgler, trotz seines verletzten Beins zeigte er außergewöhnliches Reaktionsvermögen, wich dem ersten Wurfstern mit einem Sprung zur Seite aus. Den zweiten hatte er jedoch unterschätzt. Schmerzhaft bohrte sich dieser in seinen Oberarm. Vor Schmerz und Überraschung krümmte sich das Gildenmitglied.
Drei Hungrige Mäuler, die das Abgelenktsein von Börgler zu ihrem Vorteil auszunutzen gedachte, kroch auf die tote Fu zu.
Durch deren Sturz war nicht nur der wahre und einzige Rote Löwe erneut zu seiner Freiheit gelangt, sondern auch der zweite Ring, die Fälschung, die die Tigerin in einer Innentasche der Jacke aufbewahrt hatte. Durch das Zerreißen des Innenfutters muss wohl auch die Tasche beschädigt worden sein.
Beide Löwen lagen unschuldig neben der Toten.
Die Flammen der umgestürzten Fackel leckten gierig an einem der goldenen Reifen. Schwache Linien tauchten auf, durchbrachen die glatte Fläche des Goldes.
Geistesgegenwärtig warf der Dobermann eine Handvoll Sand auf die Flammen und drückte das Originalsiegel des achatischen Kaisers tief in den weichen Boden der Kaverne.
Die Höhle lag plötzlich im Dunkeln.
Auch La Serpente hatte die letzten Augenblicke genutzt und war verschwunden.
"Den Ring, Cavalli! Und mach gefälligst Licht!", bellte Börgler in die unvermittelt eingetretene Dunkelheit.
Wie auf sein Kommando hin erhellte der Schein einiger Fackeln plötzlich den Zugang zur Höhle.

Den blutigen Riss auf seinem Oberarm mit der Hand fest zusammendrückend, humpelte Börgler auf die Wächterin und den Körper der toten Fu zu, sein Messer fest in der verletzten Hand.
"Her mit dem Ring!"
Doch auch Cavalli blieb nicht länger untätig. Rasch lief er auf den Gildenkollegen zu und trat ihm kräftig gegen das verletzte Bein. Börgler jaulte auf.
Mühsam zog sich die Hündin auf alle viere und versuchte schwankend auf die Beine zu kommen. Ihr Kopf dröhnte, ein dünnes Rinnsal Blut floss über ihr Gesicht, dort wo die Armbrust der Tigerin eine hässliche Platzwunde hinterlassen hatte.
"HALT!"
Fünf Männer, zwei mit je zwei Fackeln, alle anderen mit einer geladenen Burlich & Starkimarm No.6 im Anschlag, betraten die Kaverne.
Cavalli und Börgler drehten sich um.
"Al Kapaun!" Ricardo keuchte auf.
"Sehr richtig, mein Junge." Der Schnauzbärtige mit dem Bulldoggengesicht deutete mit der Waffe kurz auf die beiden Leichen.
Einer der Fackelträger steckte seine Last links und rechts des Höhleneinganges in den Boden und näherte sich dem leblosen Körper Helenas.
"Nein, ich..", setzte Ricardo an.
"Möchtest sie wohl selber tragen, Junge?"
Der Begleiter der Wächterin nickte knapp.
"Also gut, Scotty nimm die andere. Zeit hier ein wenig aufzuräumen. Und ihr", Kapaun wandte sich an die beiden Bewaffneten, "bringt Börgler nach oben, der Boss wird sich später um ihn kümmern."
Der Anführer der Männer trat näher auf Drei Hungrige Mäuler zu.
"Ihr erlaubt, Verehrteste?"
Die Armbrust fest in der Rechten streckte er ihr fordernd die linke Hand entgegen. Widerstandslos händigte der Dobermann dem Bewaffneten den gestohlenen Ring aus.
"Vielen Dank. Wenn ihr uns dann bitte nach oben begleiten würdet, Herr Boggis wünscht mit euch zu sprechen, Frau..?"
"Hauptgefleite Dlei Hunglige Mäulel, Gildenexpeltin del Stadtwache", stellte sich die Wächterin vor.

***Die Kunst der Magie***


Kaum hatten alle, die Lebenden, wie die Toten, die Kaverne verlassen, holte La Serpente den Kristall unter ihrem Kleid hervor. Blassgrün schimmerte das Licht in der dunklen Höhle und spiegelte sich auf den leichten Wellen des Sees, als die Magierin sich wieder aus dem Hintergrund löste.
Zugegeben, es war nicht gerade die hohe Kunst der Magie, die sie angewandt hatte, um unentdeckt zu bleiben. Aber sich selbst unsichtbar zu machen, erforderte einige Konzentration und vor allem Zeit, Zeit die sie nicht gehabt hatte.
Dennoch, der alte Trick, den üblicherweise nur Hexen anwandten, war gut und effektiv. Ja, die schwarzen Frauen wussten so einiges, auch wenn ihre simplen Tricks meilenweit entfernt von richtiger Magie anzusiedeln waren. [7a]
Langsam schritt die Krullianerin zum Seeufer, wo die erloschene Fackel der Tigerin unverändert im sandigen Boden lag.
La Serpente bückte sich, grub ihre Finger tastend in den weichen Untergrund und fand, was sie gesucht hatte.

***des Dobermanns Kontakte***


Müde schloss Drei Hungrige Mäuler die Tür des Hauses Nummer 44 auf und trat in die dunkle Küche.
Nun, wer hätte gedacht, dass sie den Punkt 2.3 ihrer Postenbeschreibung, "offizieller Kontakt zur Gilde", auf diese Art und Weise ausüben würde?
Im Dunkeln tappte sie die Stufen in ihr Schlafzimmer hoch und warf sich rücklings auf ihr Bett. Nochmals ließ sie die letzte Stunde in Gedanken Revue passieren.
Nachdem Al Kapaun sie aus der Kaverne geleitet hatte, wurde sie zu einer kleinen Kutsche gebracht, in der niemand anders als das oberste Mitglied der Diebesgilde, Herr Boggis, auf sie wartete. Alle anderen hatten bereits den Haufen verlassen, vermutlich mit der Kutsche der Tigerin. Kapaun hatte Boggis den Ring übergeben und sich auf den Kutschbock geschwungen.
Auf der Fahrt zurück, die beiden Männer hatten die Wächterin bis zum Hyde Park mitgenommen, war Herr Boggis, nach einigen höflichen Floskeln, auf den Punkt gekommen.
Um dem Ansehen der Gilde nicht zu schaden, hatte ihr der Gildenvorsitzende eine offizielle Version rund um die Ereignisse um den Roten Löwen vorgeschlagen. Sehr nachdrücklich vorgeschlagen. Er konnte ja nicht zulassen, vor Lord Vetinari sein Gesicht zu verlieren, wenn dieser in Erfahrung brächte, dass die Triaden ungeniert in seinem Zuständigkeitsbereich agierten.
Allerdings konnte er nicht ahnen, dass er der Hauptgefreiten damit nur einen sehr großen Gefallen erwiesen hatte.
Wächter und Gildenvertreter waren übereingekommen, die Wahrheit über den versuchten Faihrsicherungsbetrug (van Swinja hatte den Mannen um Al Kapaun nach einigen "Verständigungsschwierigkeiten" bereitwillig sein Vorhaben berichtet) nur in einem kleinen Punkt ein wenig abzuändern. Da Johann Börgler ohnehin bald eine Karriere als Wetterfahne anstrebte, hatten sie vereinbart, dass der Mord an Blumenkrohn getrost auf dessen Konto verbucht werden konnte.
Was die Ermordung Helenas betraf - nun Boggis würde ihren Tod mit einem perfekt inszenierten Verbrechen ehren. Es war ja in einer Stadt wie Ankh-Morpork nicht auszuschließen, dass eine junge, hübsche Frau, allein und unbewaffnet unterwegs, einem Gewaltverbrechen zum Opfer fiel. Einem Gewaltverbrechen, das vermutlich erst dann zu weiteren Untersuchungen führen würde, wenn der Körper der jungen Frau die harte Kruste des Flusses durchstoßen würde.
Der Dobermann war sich sicher, dass dieser Fall wohl nicht eintreten würde. Die Diebesgilde war in vielen Dingen äußerst gründlich.
Kein Wort über die Triaden und die Ereignisse am Haufen.
Da Herr Boggis ihr keine Auskunft geben wollte, wie die Gilde eigentlich auf den alten Königspalast gekommen war, konnte sie bloß vermuten, dass Karolus van Swinja zumindest den ungefähren Ort des Verstecks wusste und ihn im Zuge des "Verhörs" durch Al Kapaun preisgegeben hatte.
Was Nick Dugall anbelangte, hatte der Dobermann ein gutes Gespür bewiesen.
Nick und sein Kumpel Ede waren tatsächlich von dem Kunsthändler beauftragt worden, den gefälschten Ring zu stehlen. Leider waren sie im alleinigen Revier von Johann Börgler tätig geworden und ihm vermutlich in die Quere gekommen.
Tatsache war und blieb, dass diese Beiden als verschollen galten - unerheblich ob der Zeitpunkt ihres Verschwindens vor oder nach dem Auftauchen des Ringes bei Blumenkrohn anzusetzen war.
Dank Herrn Boggis hatte sie nunmehr auch das Motiv für den geplanten Faihrsicherungsbetrug. Karolus van Swinja war Krähdietkunde bei der B.A.M.B.I-Bank und hatte erhebliche Probleme, die geliehene Summe vereinbarungsgemäß zurückzubezahlen, ein Manko, das er mit dem Geld der Universale auszugleichen gedachte.
Ein Fehler, über den er noch ein Weilchen in einem der Kerker der Gilde nachdenken konnte, bevor er nach dem geltenden Gildengesetz verurteilt werden würde.
Und was den echten Roten Löwen betraf - die Hauptgefreite war auf dem besten Wege die Kunst unverfrorener Lüge zu perfektionieren - der war im Handgemenge in der Kaverne leider in den See gefallen...sie selbst hatte ihn aus Fus Hand gleiten und in den dunklen Fluten versinken gesehen.
Abgesehen davon gab es in der offiziellen Version, welche sie für ihren Bericht zu verwenden gedachte, ohnehin nicht die geringste Spur zu dem wahren Löwen.

***des Löwen neue Heimat***


Ein Päckchen lag auf dem Diwan, als Drei Hungrige Mäuler frühmorgens die klatschianische Überraschunk betrat. Neugierig wickelte sie es aus.
Es war ihr Regenmantel, den sie oben bei den Ruinen vergessen hatte und - der Ring.
Der wahre Rote Löwe.
Ein kleines Stückchen Papier war um das Schmuckstück gewickelt. In schön geschwungener Handschrift war eine Notiz darauf geschrieben:

"Wir haben unsere Pflicht erfüllt. Nunmehr bist du die Letzte aus der alten Schwesternschaft der Nachtigall. Wache gut über den Löwen. La Serpente"

Und nun? So wie es aussah, hatte sie den Ring wohl oder übel am Hals.
"Genau wie dich", zornig trat sie dem roten Diwan, der nach wie vor seinen unverkennbaren Duft verströmte, in die Seite.
Was sollte sie mit dem Roten Löwen machen? Wo ihn verstecken?
Missmutig hockte sie sich auf den Rand des Sofas. Aber...wäre das nicht die ideale Lösung?
Drei Hungrige Mäuler beugte sich über das Möbelstück und suchte nach einem Riss.
Vorsichtig tastete sie in den Spalt zwischen Lehne und Liegefläche. Sie wurde fündig. Im Bezug, nahe der rechten Lehne des Diwans, war ein kleines Loch. Gerade groß genug, um den Ring durchzuzwängen.
So schnell würde hier wohl niemand das persönliche Zeichen des achatischen Kaisers finden!

Zufrieden mit sich, machte sie sich auf, eine Tasse Kaffee zu holen.
Danach würde sie Feldwebel Picardo über gewisse Zusammenhänge in den Fällen "van Swinja" und "Blumenkrohn" in Kenntnis setzen. Zusammenhänge, die ihr durch Informationen ihres "geheimen Kontaktmannes" aus der Gilde der Diebe, Betrüger und artverwandter Berufe, klar geworden waren.
Schließlich war sie sich der Aufgaben eines Dobermanns vollkommen bewusst und niemand würde sich daran stoßen, dass sie über Dinge Bescheid wusste, die ihr ein mysteriöser Informant zugetragen hatte, ganz im Gegenteil! Es war ja sogar ausdrücklich erwünscht über inoffizielle Kontakte zu den Gilden zu verfügen. Dies garantierte Wissen aus erster Hand seitens verlässlicher Quellen. Und sollte jemals irgendwer Nachforschungen in dieser Richtung anstellen wollen - ihre Version würde sich in allen Punkten mit Herrn Boggis Aussagen decken.
Dann blieb nur noch der Bericht von R.U.M abzuwarten, der die Festnahme des Kunsthändlers durch die Gilde nur bestätigen konnte. Aber, Moment...hier fehlte noch eine plausible Erklärung, weshalb sie parallel zu ihrer Meldung an Leutnant Lanfear's Abteilung noch Erkundigungen auf eigene Faust einholte.
"Veldammt!" Die Wahrheit nach eigenen Bedürfnissen umzubiegen, war tatsächlich eine Kunst für sich - man musste wirklich jede kleinste Kleinigkeit bedenken, sonst lief sie Gefahr in Stücke zu brechen.
Verstimmt fuhr sie sich mit der Hand über die Stirn und berührte dabei die Wunde, die ihr die Tigerin mit ihrer Armbrust zugefügt hatte.
Vielleicht sollte sie doch bei den tatsächlichen Ereignissen bleiben? Robin alles erzählen und mit ihm gemeinsam an einer hieb- und stichfesten Darstellung der "Tatsachen" arbeiten? Die Idee schien ihr plötzlich äußerst verlockend.
Aber nein, es war einfach nicht möglich. Je mehr Leute von der Schwesternschaft wussten, desto größer war die Gefahr, dass sie in die Machenschaften der Triaden hineingezogen werden würden. Irgendwann. Es war ausgeschlossen, Robin auch noch damit zu belasten - er hatte wohl schon genug eigene Probleme. Seine immer tiefer werdenden Augenringe kamen ihr in den Sinn. Nein, womit auch immer er sich herumschlagen musste, es raubte ihm bereits einen Großteil seiner Kräfte.
Wer käme sonst in Frage? Raoul? Konnte sie es verantworten, den jungen Dobermann den dunklen Machenschaften der achatischen Mafia auszuliefern? Nein, ebenfalls ausgeschlossen.
Sinnierend, den vollen Kaffeebecher in der Hand, lehnte sie an der Innenseite ihrer Bürotüre.
Ihr blieb nichts anderes übrig, als den schmalen Grat zwischen Wahrheit und Lüge weiter zu beschreiten.
"Also mal übellegen, wie blinge ich den Infolmanten glaubhaft untel, ohne den Veldacht aufkommen zu lassen, dass ich Leutnant Lanfeal die Velnehmung des Veldächtigen nicht zutlauen wülde?" Lediglich die gerunzelte Stirne gab einen Hinweis auf ihr konzentriertes Nachdenken. Die Kruste, die sich auf ihrer Wunde gebildet hatte, ziepte dadurch ein wenig.
Ach ja! Die Platzwunde würde sie auch noch erklären müssen!
Für den Bruchteil einer Sekunde zeigte sich eine Szene vor ihrem inneren Auge. Nächtliche Gassen, ein Mann mit einem Knüppel und eine Frau, die letzteren schmerzhaft zu spüren bekam.
Natürlich! Ein lizenzierter Überfall! Nichts Besonderes in einer Stadt wie dieser. Dies wäre eine Möglichkeit, beide Fliegen mit einer Klappe zu schlagen.
In Paragraph Drei des Gildengesetzes der Diebe hieß es ausdrücklich, dass Schläge im Zusammenhang mit der Tätigkeitsausübung rücksichtsvoll und mit Bedacht auszuführen waren - bei einer Wunde wie der ihren konnte man durchaus von einer Gesetzesüberschreitung sprechen.
Drei Hungrige Mäuler spann die Geschichte weiter.
Auf dem Weg zur Gilde, wo sie sich über den Lizenzierten beschweren wollte, traf sie ihren Bekannten, dessen Namen sie aus verständlichen Gründen nicht nennen konnte, mit dem sie ein äußerst aufschlußreiches Gespräch über die Ereignisse rund um den Kunstraub führte.
Ja, diese Variante entbehrte nicht einer gewissen Glaubwürdigkeit. So würde sie ihrem Vorgesetzten die Fakten präsentieren.
Sie stellte den Kaffeebecher auf die Anrichte, rückte ihre Uniform zurecht und nahm die zerknüllte Ausgabe der drei Tage alten Times, in der ihr Regenmantel und der Ring eingewickelt worden waren, um sie der Gefreiten Saiyana ibn Abyadh als Heizmaterial für ihren Ofen vorbeizubringen.
Unvermittelt dachte sie an Wan-Schu.Was wohl aus dem Drachen geworden war?
Vermutlich war er nach Hause zurückgekehrt, in sein Reich.
Das Reich der Phantasie.
Oder?

***Nachtrag***


Schwerfällig setzte sich die Mietkutsche in Bewegung und rollte durch die gut gepflasterten Strassen von Ankh. Der Fahrgast wünschte ohne Verzögerung zum Hafen gebracht zu werden. Eigentlich seltsam - das einzige Schiff, von dem der Kutscher wusste, dass es heute auslaufen würde, war die "Milka" - nicht gerade das passendste Transportmittel für einen feinen Herrn.
Und sein Fahrgast war definitiv ein Gentleman, wie er im Buche stand.


[1] Der Eifer, den Feuer diesbezüglich entwickelt, lässt sich wohl am Besten mit einem Beispiel aus der Tierwelt untermauern. Das Oryctoloagus cunigulus, oder auch Kaninchen, ein unscheinbares, liebenswertes und wohlschmeckendes Tier zählt in dieser Hinsicht wohl zu einem Seelenverwandten – beide vermehren sich rasend schnell, allerdings ist Feuer nicht durch lästige Tragzeiten an seiner Ausbreitung behindert.

[2]  die achatischen Zwillingsgötter der Nächstenliebe

[3] in einem gewissen palm'schen Stil, aber junge Mädchen sehen das nicht so eng

[4] auf die Anrede verehrte Damen und Herren konnte aufgrund der Zusammensetzung der Zuschauer getrost verzichtet werden, da sich die einzigen weiblichen Wesen entweder auf der Bühne oder hinter dem Tresen befanden

[5] wo, wenn nicht in einer solchen Umgebung, sollte man sonst geheime Dinge besprechen

[6] nun ja, eigentlich das Auge, aber dies ist für den weiteren Verlauf der Ereignisse nicht wirklich von Relevanz

[7] Du wirst Jang T'se mit deinem Leben büssen, für den Verlust seiner Macht!

[7a] der Hexentrick, sich selbst so in den Hintergrund der Szenerie zu rücken, dass man mit der Umgebung verschmolz, war dennoch nicht so einfach zu bewerkstelligen. In diesen Tagen beherrschten ihn auch nur mehr wenige der Hexen selbst, die bekannteste von ihnen war und ist wohl Esmeralda Wetterwachs.

Kritik erwünscht

Zählt als Patch-Mission.



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Feedback:

Von Ophelia Ziegenberger

06.02.2005 11:23

Lob: Eine wunderschöne Geschichte! Besonders gut gefiel mir, dass Du sie mit Hauptaugenmerk auf Dleis Hintergrundgeschichte geschrieben hast. Es ist sehr spannend, sie besser kennenzulernen. Auch gefiel mir, dass Du in deinen Beschreibungen einen eindeutigen Schwerpunkt auf ihre Erlebnisse gelegt hast. Die Szenen, in denen sie nicht auftaucht, sind selten und dann auch genau so nötig, um die Ereignisse zu verstehen. Auftritte der Gildenmitglieder, deren Vorgehensweisen und die Tatsache, dass doch tatsächlich auch (unschuldige) Tote zu verzeichnen sind (und zwar keine sinnlos Niedergemetzelten, sondern folgerichtig eingebaute Opfer), war angenehm überraschend. Der Schluß war meiner Meinung nach von genau der richtigen Länge, um wieder auf den Teppich zu kommen. Natürlich freut man sich über ein Happy End, das mit Dleis zusätzlicher Involvierung irgendwie schon gegeben ist. Es macht die Figur noch interessanter. :wink:

Kritik: Auch dies keine richtige Kritik. Ich liebe Geschichten, die einen echten Plot und Hoch und Tiefs haben, Singles die über Tiefgang verfügen. Mein Problem war dennoch irgendwie die Länge. :D Ich konnte nicht alles in einem Rutsch durchlesen, weil mir dazu einfach die Zeit fehlte. Also habe ich etwa drei Tage lang immer wieder zu dieser Mission "zurückgefunden". Momentan darf ich ja noch nicht werten aber wenn es denn mal so weit ist... ich bin heut früh mit dem Lesen fertig geworden, nachdem ich mit Entsetzen feststellte, dass die Bewertungszeit schon abgelaufen war. Im Ernstfall wäre ich also, aufgrund des Umfangs etwas zu spät gekommen. 8)

Von Goldie Kleinaxt

06.02.2005 16:54

Einfach eine tolle Geschichte! :)

Stil und Handlung waren großartig!!
Als einziges kleines Manko habe auch ich die Länge empfunden.
Ansonsten TOLL!!!

Goldie

Von Kolumbini

06.02.2005 19:07

guude!

Ich persönlich finde es schade, dass du für diese überaus geniale Geschichte "nur" 14 Punkte bekommen hast, denn meiner Meinung nach hättest du auf jeden Fall 15 verdiehnt. Für mich ist eine Single nämlich nur dann zu lange, wenn sie schlecht geschrieben ist und das war hier definitiv nicht der Fall.
Die Geschichte hat diese Länge gebraucht, damit sie wirken konnte und eine Kürzung hätte sie nur verschlechtert. Dein genialer Schreibstil und die wunderbar spannende Geschichte wären meiner Meinung nach einen goldenen Ribbon wert gewesen. Ich habe sie in einem Rutsch durch gelesen, was meine Mutter leicht aufgeregt hat, weil sie deshalb nicht an den Computer konnte :D .
Also alles in allem fand ich die Geschichte super!!

Weiter so!

Tschö!

Von Übrigens Gernegroß

07.02.2005 02:29

Die Geschichte ist GEMEIN!!!

...man kann einfach nicht aufhören zu lesen...

:daumenhoch: Hut ab! :daumenhoch:

Wer hat eigentlich zu verantworten, daß am Ende nur 14 Punkte rausgekommen sind? :D

Von Maximilian R. Schreckt

27.02.2005 18:31

Endlich hab ichs auch trotz des momentanen beruflichen Stress die Zeit gefunden die Geschichte zu Ende zu lesen. Is echt war hat man mal begonnen sie zu lesen kann man nimma aufhörn. :-D Sowas von witzig und spannend... Mit sicherheit gehört sie zu den besten Gschichten die ich hier gelesen hab und mir geht auch nicht ein warum sie nur eine 14 gekriegt hat. Ich hab echt hier 15er Storys gelesen die nicht annähernd das gleiche Lesevergnügen bereitet haben. Ich bereues es nun echt sehr, dass nicht früher die Zeit gefunden hab sie zu lesen und mit meiner Stimme dazu beitragen hätte können, dass sie die verdiente Gold bekommt. Asche auf mein Haupt :( Aber es hat mir auch sehr zu denken gegeben... Wieder einmal hat sich keiner von denjenigen, die offenbar nicht maximal bewertet haben, die Zeit genommen zu begründen warum sie seiner/ihrer Meinung nach nicht Gold wert waren. Mir is schon klar dass Geschmäcker verschieden sind aber ich finde Ehre wem Ehre gebührt und wenn es jemand einem anderen nicht gönnt warum dann schlecht bewerten?? Ich weiss schon daß dieses Problem schon oft dikutiert wurde und ich will hier in diesem Forum nicht wieder so ne Diskusion anleiern. Ändert aber nix daran, dass ich mir dass jetzt von der Seele schreiben musste, und dass ich hoffe daß jemand der mit weniger als 14 bewertet hat dies auch nachträglich noch begründet. Ich fänds echt fair Dlei gegenüber!

Danke Dlei für deine wirklich spannende und lustige Geschichte ich hab sie gestern und heut in einem Stück zu ende gelesen und dabei meine Zahnschmerzen völlig vergessen. Bitte lass dich durch die Note ned entmutigen und schreib weiter so tolle Geschichten.

herzelige Grüssige
Max

Von Araghast Breguyar

28.02.2005 15:00

Ich kann Max nur zustimmen. Besser geht es zumindest meiner Meinung nach gar nicht.

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