Michael wohnte in seiner kleinen Wohnung in den Hinterhöfen des Steinbruchwegs. Die Wohnung war wohl eher ein Zimmer mit Kochplatz, unweit der Wache in der Kröselstraße. Wenn man es genauer betrachtete war es dort ziemlich dunkel, aber außer einem Bett, einem Tisch und einem Stuhl sowie einem Brett an der Wand, das als Regal diente wäre sowieso nichts zu sehen gewesen. Auf den ersten Blick unterschied es sich nicht weiter von einem anderen ankh-morporkianischen Zimmern. Er war zur Wache gekommen, nachdem sein Lehrmeister, ein Arzt aus den Schatten, durch grausame Weise ums Leben kam. Doch das war schon einige Zeit her. Jetzt lag er im Bett und schlief. Er schlief eben so gut, wie man schlafen kann, wenn das Bett um zwei Handbreit zu kurz ist. Es war noch stockfinster, zumindest in seiner Wohnung, als plötzlich Jemand an die Tür klopfte.
"Hallo Machwaf? Könnteft du bitte aufftehen?" tönte es durch die Tür. Langsam begann Michael zu realisieren, dass es außerhalb des Zimmers schon helllichter Tag war. Er antwortete noch ziemlich verschlafen:
"Ja? Was iss'n?" und dann erschrocken "Oh, ich hab mal wieder total verpennt!" Da hörte er auch schon Rogi Feinstich:
"Könnteft du dich bitte ein biffchen beeilen? Wir warten dann alle unten auf dem Efelfwagen auf dich."
"Ich komme gleich!" rief Michael, schlüpfte schnellstmöglich in seine Wachenuniform, packte seine Verbandstasche zusammen, befestigte diese neben seinem Kurzschwert am Gürtel und machte sich dann auf. Als er die Haustüre erreicht hatte, kam ihm gleißende Helligkeit entgegen. Es musste schon mindestens neun Uhr sein.
"Guten Morgen, bist ja mal wieder früh dran!" schallte es ihm im Chor entgegen. Die gesamte restliche Ausbildungsgruppe saß auf dem Eselswagen und kringelte sich vor Lachen. Nachdem Michael etwas Ordnung in sein Gesicht und seine Frisur, die aussah als währe ein Sumpfdrache neben ihm explodiert, gebracht hatte, saß auch Michael auf.
"Daf könnte der Grund fein, warum Rekruten eigentlich im Wachhaus flafen.", murmelte seine Ausbilderin und schnalzte mit der Zunge. Nun ging es zur Kröselstraße, in die Ausbildungswache, um wie jeden Tag erst einmal etwas Theorie zu Lernen. Nun saßen sie alle im Ausbildungsraum und lauschten aufmerksam Rogis Worten.
Einfatffahrten mit dem Efelfkarren.
So ging das noch einige Zeit weiter, bis plötzlich ein leises Schnarchen aus der zweiten Reihe zu hören war. Michael war mal wieder eingeschlafen. Biene, die heute neben ihm saß, stupste ihn in die Seite
"Michael", außer einem "Hm?" mit anschließendem Schnarchen bekam sie keine Antwort, auch als sie das zweite Mal mit etwas mehr Elan versuchte, ihn zu wecken erntete sie keinen größeren Erfolg. Erst als sie ihm den Ellenbogen in die Rippen rammte und ihm lautstark "Michael aufwachen!" ins Ohr rief, wachte er auf. Den restlichen Vormittag verbrachte Michael, mal mehr, mal weniger wach, damit zu lernen wann ein Wachen-Eselskarren besondere Rechte besitzt, wie und wann diese in Anspruch genommen werden können und dürfen. Zudem war heute ein Abschnitt Gesetzeskunde dran:
Lizenzbestimmungen für/gegen Eselkarrenlenker [1]Eben dazu gab es vormittags noch die praktische Übung. Jeder Rekrut, der an diesem Kurs teilnahm, musste seine Lizenz zum "Führen von Eselskarren mit und ohne Sonder- und Wegerecht, so wie zum Personentransport" beantragen. Rogi Feinstich begab sich mit den Rekruten zur Lizenzstelle für Beantragungslizenzen. Sie verteilte das erste Formular:
Formular zur Beantragung eines Antrags. Waren diese ausgefüllt, und vom Verwalter korrekt abgestempelt, bekamen sie den
Antrag zur Beantragung einer Beantragungslizenz . Nach einiger Zeit war auch dieser Antrag ausgefüllt, und Jeder bekam seine Beantragungslizenz ausgehändigt. Nachdem noch diverse Formulare ausgefüllt wurden, erhielten die Rekruten auch das Formular zur
Beantragung eines Antrags zum Führen eines Eselskarrens mit weitergehender Qualifikation in Sicherheitsaufgaben für Stadt und Land Ankh Morpork. Mit diesem Formular gingen alle erst einmal Mittagessen in einer Kneipe unweit des Verwaltungshauses. Nachdem alle ihren Hunger gestillt und das Formular ausgefüllt hatten
[2] begaben sie sich zur Antragsstelle. Dort erhielten sie nach einigem Hin und Her dann auch ihre Eselskarrenfahrlizenz. Für die Sonderrechtslizenz waren noch einige fahrpraktische Übungen notwendig, die diesen Nachmittag an der Reihe wahren. Von der Lizenzstelle fuhr Rogi mit den Rekruten zum Klebengeblieben-Platz. Dort verkündete sie:
"Bitte Abfitfen" und als alle vom Eselskarren abgestiegen waren "Fo, jetft werden wir noch die für die Fahrerlaubnif notwendigen farpraktifen Übungen durchführen. Michael und Llana, baut ihr bitte einen Flalom auf? Danke" Nach aufstellen der rot bemalten Eimer berichtete Llana
"Ma'am. Sllallom fertig gestellt!" Michael sollte den Slalom nun schnellst möglich durchfahren. Rogi ermahnte ihn noch einmal:
"Denk bitte an Paragraf Fünf, du bift für deine Fahrt felbft verantwortlif." Doch Michael hörte ihn schon nicht mehr, er hatte dem Esel die Sporen gegeben
[3]. Steine spritzen zur Seite und trafen einige Passanten, als Michael, der sich verkrampft mit der einen Hand an der Sitzbank festhielt, den Esel in eine Kurve lenkte. Leider war der Esel der Ansicht, dass er sich nicht an den abgesteckten Slalom halten müsste, und schoss kreuz und quer über den Klebengeblieben-Platz. Wieder direkt vor Rogi und der Gruppe angekommen blieb der Esel dann abrupt stehen. Michael hingegen teilte seine Ansicht nicht komplett, sondern bewegte sich trotzdem mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, und landete leicht verwirrt auf dem Rücken des Esels. Als er vorsichtig am Hals des Esels heruntergerutscht war und alle vor lachen am Boden liegen sah, fragte er nur:
"Wer will als Nächstes?" und plötzlich war Ruhe. Jeder sah in irgendeine andere Richtung, und Biene begann an eine zufällige Melodie zu Pfeifen.
"Alfo, wer ift der nächfte Freiwillige?" fragte Rogi,
"Keiner? Dann nehme if an, daff Biene fahren will, da fie fo fröhlif pfeift." Doch auch Bienes erster Versuch, und auch der der meisten anderen Rekruten war nicht von Erfolg gekrönt. Eine Ausnahme war Xantes, der sich einfach auf den Kopf des Esels setzte, und den Esel so lange zuquatschte, bis dieser ihm folgte
[4]. Doch nach und nach bekamen auch die anderen den Karren in den Griff und überstanden den Nachmittag mit mehr oder weniger Blessuren, wobei sich Michael darüber freute, zwischendurch mal seine Kenntnisse im Wundnähen auffrischen zu können und sich auch noch einige Tipps von Rogi holte. Das Rückwärtsfahren war noch eine Sache für sich. Wo hatte denn dieser **** Esel seinen Rückwärtsgang. Nach einiger Zeit erinnerte sich Michael an einen Trick aus seiner Kindheit.
"Ma'am ich würde gerne schnell zum nächsten Gemüsehändler gehen, darf ich?" fragte er.
"Darf if wiffen waf du da willft?" Fragte Rogi.
"Möhren" antwortete Michael.
"Na gut, aber beeil dif, ef ift fon relativ fpät" sagte Rogi. Michael spurtete zum nächsten Gemüsehändler, kaufte dort einige
frische Möhren. Jetzt lockte er den Esel mit den Möhren rückwärts, und erntete dafür anerkennende Blicke. Zum Abschluss gab es dann noch eine realistische Übung, bei der die Rekruten einen schnellfahrenden Eselswagen verfolgten. Nachdem auch das vollbracht war, und die Rekruten damit die Sonderrechtsprüfung bestanden hatten, ging es zurück auf die Wache. Auf dem Rückweg war noch das lautstarke Knabbern von Möhren zu hören, was unter den Passanten etwas Verwirrung hervor rief
[5]. Dort wartete schon Daemon Llanddcairfyn auf sie. Rogi sagte:
"Ftellt euch bitte ftramm in einer Reihe auf."
"Rekruten, vorgetreten!" sagte Daemon, Rogi ergänzte:
"Rekruten, falutiert!". Wie aus einem Mund antworteten die Rekruten
"Ja, ma'am !" und salutierten. Daemon erläuterte sein Verhalten
"Ich beglückwünsche euch. Vom heutigen Tage an, ist Jeder von euch berechtigt einen Eselskarren der Stadtwache im Einsatz zu führen." Er machte eine kurze Pause,
"Bitte tretet jetzt nacheinander vor, damit ich euch die Lizenz übergeben kann." Nachdem Jeder seine Lizenz erhalten hatte, sagte Daemon noch:
"Also achtet auf euch, und denkt immer daran, andere nicht in Gefahr zu bringen. Also Rekruten, für heute ist Feierabend. Rekruten, Achtung, Wegtreten!" Wie die meisten ähnlichen Ereignisse wurde das ausgiebigst in der Geflickten Trommel gefeiert. Nachdem Michael endlich heimgekommen war und seine Uniform für den nächsten Tag hergerichtet hatte, fiel er nur noch in das Bett und schlief schon bevor er die Matratze erreichte.
[1] Siehe Die Gesetze und Verordnungen der Städte Ankh und Morpork
[2] Es dauerte eben doch einige Zeit, den Namen der Tante seiner Urgrosmutter und deren Cousins herauszufinden
[3] Bildlich gesprochen. Genauer gesagt hatte sich der Esel umgedreht, gesehen das ein Rekrut aufsteigt, beschlossen, dass er das heute nicht schon wieder ertragen wollte und versuchte schnellstmöglich das Weite zu suchen
[4] Was nicht hieß, dass der Esel ihn verstand, er hatte nur genug von der unverständlichen Stimme in / hinter seinem Kopf
[5] Wann sieht man schon einmal dass der Kutscher des Eselskarren und nicht der Esel Möhren futtert
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