Mausi, die Tochter der Würstls, die Würstchenmogule Ankh-Morporks wird entführt. SUSI sieht sich den Tatort an und entdeckt Schauriges
Dafür vergebene Note: 12
Ein wundervoller Frühlingstag begann und legte sich wie ein leichtes beblümtes Seidentuch über die Scheibenwelt. Alles was Sinne hatte fühlte sich beschwingt und glücklich. Ein laues Lüftchen strich sanft über die Metropole Ankh Morpork, was auch nichts an dem permanenten Gestank der Zwillingsstadt änderte. Doch die Hormone machten an diesem Tag daraus den schönsten Duft, den es gab und sogar in den Schatten spielten sich Szenen von Frühlingsgefühlen ab.
Auf dem Hier-Gibts-Alles-Platz tummelten sich bereits sehr viele Leute; Händler, Käufer, die üblichen Verrückten und auch ein paar Wächter die an jedem Morgen Streife gehen mussten. Hier wurde mit dem schönsten Lächeln der Welt ein Apfel verkauft, dort pries Schnapper trällernd seine preisgünstigen Waren an, die ihn ganz nebenbei gesagt in den Ruin trieben. Alles war so friedlich wie ein schlafendes Mäuschen.
Alles?
Am anderen Ende von Ankh Morpork ertönte ein markerschütternder Schrei aus einem der Häuser in der Ankhstrasse:
"Bei den GÖTTERN!!!! Eggart! Komm SCHNELL!! Unser KIND ist verSCHWUNDEN!!"
Mit weit aufgerissenen Augen wuchtete Frau Würstl ihren klobigen Körper durch das Zimmer ihrer Tochter und versuchte dabei zu fuchteln. Was bei ihrem Körperbau allerdings so aussah als würde sie schwerfällig zwei riesige Weißwürste stemmen. Ihr rosaner schmallippiger Mund formte ein O.
Eggart Würstl kam schlaftrunken ins Zimmer, kratzte sich an seinem Hinterteil, fuhr sich mit der Hand über seinen Dreitagebart und sagte:
"Was?"
"Unser KIND!! Eggart!! Ich wollte sie WECKEN, da war sie nicht DA! Sie wurde ENTFÜHRT, Eggart! ENTFÜHRT!"
"Hast du schon im Bad nachgesehen?" jetzt wurde Herr Würstl etwas munterer. Er machte ein besorgtes Gesicht. Louise Würstl zog wie eine Galeere aus dem Zimmer und waberte zum Bad.
"NEIN!! Hier ist sie AUCH nicht!" schrie sie und ließ sich auf den Klodeckel plumpsen. "Was sollen wir nur TUN, Eggart? Ich werde sofort einen Dienstboten losschicken zur STADTwache!"
"Nana, Louise. Nun mal nicht so voreilig. Vielleicht ist sie auch nur kurz raus gegangen um...etwas zu erledigen." Er versuchte seine Frau beruhigend zu umarmen...er gab es auf und tätschelte stattdessen ihre Hand. Aber es spiegelte sich dabei keineswegs Zuneigung in seinem Gesicht, denn er war es schon lange leid, dass sie sich so gehen ließ. Nun ja, jetzt war aber erstmal die Sache mit seiner Mausi wichtiger.
Es klingelte an der Tür. Kurz darauf erschien ein Dienstmädchen in der Tür des Badezimmers.
"Lady, sie haben Besuch von ihrer ehrenwerten Nachbarin Frau von Stahlschmitt erhalten, ich habe sie in den Salon geleitet." Sagte es mit geübter Stimme.
"Ja...ja. Ich...komme GLEICH!"
[1] Louise Würstl war völlig zerstreut und atmete schwer.
Das Mädchen ging fort um Tee und Kekse vorzubereiten.
Die Frau des Würstchenmoguls von Ankh Morpork machte sich daran sich etwas zu schminken und ihre Haare zu richten, dann wackelte sie in den Salon wo ihre besorgte Freundin wartete.
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Als Mausi die Augen aufschlug, fiel ihr zuerst die warme Luft auf, die ihr ins Gesicht blies, unermüdlich. Doch dann spürte sie einen stechenden Schmerz in ihrem Nacken und stöhnte leise auf. Was war passiert? Wo war sie? Warum war sie hier?
"Huhuuuuuu!" rief sie unbedarft. Sie hatte keine Angst, wovor auch? Dunkel war es jeden Tag irgendwann. Niemand antwortete und das Mädchen versuchte etwas zu ertasten, indem sie die Arme ausstreckte... erfolglos. Dann krabbelte sie langsam los und dachte an ihr hellblaues Sommerkleid, was sie nach dieser Aktion hier zur Reinigung bringen lassen müsste.
Nach etwa fünf Minuten gab sie das Krabbeln auf und versuchte aufzustehen. Der Schmerz im Nacken hatte gerade nachgelassen, da stieß sie sich den Kopf an der Decke!
"Autsch! Wer baut denn so einen dummen Raum, wo man nicht einmal stehen kann? Wie schrecklich zwecklos!" zeterte sie und ließ sich wieder auf den Boden nieder um weiter zu krabbeln.
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Senór Herpez bewohnte ein ehemaliges
Pantheon. Es bestand aus einem riesigen, hohen Raum mit Vorbau, wo sich die Eingangstür befand. Auf dem Pantheon prangte eine Kuppel, die wie ein gigantischer Busen gen Himmel ragte.
Die Haupthalle hatte er lediglich mit langen schwarzen Vorhängen in einzelne Räume unterteilt; Schlafzimmer, Arbeitszimmer, Esszimmer. Die Mitte bildete den Wohnraum und Korridor und die Küche hatte man in einem Seitenteil des Vorbaus untergebracht.
Unter dem Hauptteil des Vorbaus und der Küche war ein Kohlenkeller und die Überreste des ehemaligen Gewölbes, was sich einst unter dem ganzen Anwesen erstreckte, doch als man feststellte, dass das Pantheon drohte, einzustürzen, schüttete man den größten Teil zu und ließ eben diesen Rest aus.
Dafür war Senór Herpez, ein dicker Mensch mit streng zurückgekämmten roten Haaren, recht dankbar, bedachte man, dass es für seine düsteren Vorhaben geradezu perfekt war.
Die Leute wussten nur, dass der Keller des Pantheons zugeschüttet wurde, alles andere interessierte sie nicht.
"Nun, Frau
Backenzahn, wie geht’s der Kleinen?"
"Ach sie hat schon gerufen, ich glaube sie ist ganz munter, soll ich schon anfangen?"
"Ja, gerne meine Liebe, aber ich werde sie noch ein paar Minütchen warten lassen, dann gehe ich sie holen." Der Dicke grinste und entblößte dabei seine vom Rauchen gelb gewordenen Zähne.
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"Oh, ach, wie schrecklich muss das alles für sie sein, meine Beste! Noch ein Stück Kuchen?" Frau von Stahlschmitt machte Anstalten mit dem Kuchenheber, doch Frau Würstl winkte ab;
"Nein Danke, ich kann im Moment nichts ESSEN! HA! HU! EGGART!! Hast du was ERREICHT bei der STADTwache?" sie stürmte... oder versuchte es zumindest... auf ihren Ehemann zu, der gerade eben zur Tür hereingekommen war. Er hatte sich selber auf den Weg gemacht, um der Stadtwache diesen Vorfall zu melden, jetzt wich er lieber erst einmal dem rosafarbenen Berg aus, der auf ihn zu stob.
"Ja. Sie äh werden bald hier sein. Reg dich nicht so auf meine Liebe. Es wird bestimmt alles äh gut. Habt ihr noch ein Stück Kuchen für mich?"
"Wie KANNST du jetzt an ESSEN denken, Eggart??"
"Mit leerem Bauch erreicht man gar nichts... das äh sagst du doch selber immer... äh."
"Meine GÜTE! Ich weiß vor Sorge nicht, WOHIN!!" Frau Würstl stand sachte schwankend im Salon und hatte ein puterrotes Gesicht. Dann setzte sie sich wieder. Und stand prustend wieder auf.
"Wann KOMMEN die denn bloß??"
"Bald." Brachte Eggart zwischen zwei Bissen hervor, "Sie ist fast erwachsen, Louise, und dies ist ein schöner Tag, vielleicht ist sie nur an die frische Luft äh gegangen."
"Ist es hier?" fragte Ratti sicherheitshalber noch einmal nach, "Na dann klopf mal an.".
Charlie Holm tat, wie ihm geheißen und klopfte zackig an die Tür.
"OH EGGART!! Da sind SIE!! Schnell mach AUF!" Louise Würstl riss die klobigen Arme hoch und Eggart bewunderte die plötzliche Schnelligkeit seiner Frau, er hatte sie noch nie Sport treiben sehn. Er wischte sich mit der Serviette über den Mund und stand auf um die Tür zu öffnen und sah daraufhin zwei Menschen, einen Mann und eine Frau, in Uniform. Auf der Schulter der Wächterin saß eine Gnomin in einer kleinen Wachetracht. Sie sah etwas grimmig aus, der männliche Wächter schaute neugierig und aus seinen Augen blitze Intelligenz und Selbstsicherheit. Die andere Wächterin war eher unscheinbar, hatte aber sehr schönes blondes Haar und ein hübsches unsicheres Gesichtchen.
"Wir sind von der Stadtwache." Erhob Charlie die Stimme, "Ich bin Obergefreiter Holm, die beiden Damen sind Gefreite Inös und Hauptgefreite Rattenklein."
"Oh äh kommen sie doch herein... äh. Bitte.", sagte Herr Würstl und wandte endlich den Blick von Olga Maria ab. Wirklich schöne Haare, dachte er.
Charlie flüsterte der verunsicherten Olga zu:
"Davon darfst du dich nicht beeinflussen lassen, Olga, zeig uns einfach was du bisher gelernt hast, und pass auch gut auf, dieser Fall ist ein sehr schönes Beispiel für Spurensicherung und ich bin mir sicher, wenn der Kidnapper geschnappt ist, dann..." Er wurde von Ratti unterbrochen:
"Holmiii, fang nicht an zu spekulieren bevor es überhaupt losgegangen ist, okay? Erstmal gucken."
Sie traten in den Flur, die Wände waren in einer Farbe getüncht, die an Wurstpelle erinnerte.
"AH, die Herren und Damen WÄCHTER! Na endlich." Frau Würstl stand immer noch und knetete nervös ihre Hände.
"Nun, damit wir keine Zeit verlieren, erzählen sie doch einfach erstmal was genau passiert ist und seit wann das Mädchen verschwunden ist.", forderte Charlie auf.
"Tja also, " begann Eggart Würstl, "heute morgen sind wir ganz normal aufgestanden. Da hörte ich auf einmal meine Frau furchtbar herumschreien..." er erntete einen bösen Seitenblick seiner Frau. "Und wir stellten fest, dass unsere Mausi verschwunden war. Ich meine ja immer noch, dass sie einfach spazieren gegangen ist, wobei ich sagen muss, dass sie wirklich noch nie so lange weg war. Das ist in der Tat sehr ungewöhnlich für sie. Sie sitzt normalerweise in ihrem Zimmer und macht... irgendwelche...Mädchensachen, äh."
"Sie ist ein BRAVES Kind. Sie würde NIE SOETWAS tun!!" heulte Louise laut auf und setzte sich erneut.
"Und sie haben nichts gehört oder gesehen was auf eine Entführung oder dergleichen hinweisen könnte? Irgendetwas Ungewöhnliches?" fragte der Wächter.
"Nein, ich habe tief und fest geschlafen. Du Louise? Du warst doch in ihrem Zimmer heute Morgen." Herr Würstl sah seine Frau an und zog die Brauen hoch.
"Du WEIßT doch, dass ich einen leichten Schlaf habe! Ich habe nichts vernommen! Ich habe...SCHNIEF...mich nur FURCHTBAR erschrocken!...heute morgen.", kam es als wimmernde Antwort.
"Dann würden wir uns gerne einmal in Mausis Zimmer umgucken, wenn sie gestatten.", warf Olga ein, wofür sie als Zustimmung ein lobendes Nicken von Holm erhielt.
Das Zimmermädchen übernahm die Aufgabe, die Wächter ins Zimmer zu führen und schloss die Tür hinter ihnen. Eheleute Würstl warteten im Empfangszimmer.
"Erster Eindruck?", fragte Rattenklein knapp.
"Naja, auf den ersten Blick besorgte Eltern. Der Vater bleibt sachlich, die Mutter kommt um vor Sorge,... das übliche Bild. Ach Olga, wo fängt man in einer solchen Situation als Erstes an, zu suchen?" Charlie verschränkte die Arme auf dem Rücken und schürzte die Lippen.
"Am Fenster... oder so?"
"Na dann mal los, gar kein schlechter Ansatz."
Lady Rattenklein verdrehte die Augen und krabbelte unters Bett um da zu forschen, während Olga Maria sich am Fensterrahmen zu schaffen machte. Holm sah unterdes in diverse Schubladen und öffnete Schränke.
"Am Fensterrahmen kann ich nichts entdecken, kein gesplittertes Holz, keinen Strassendreck, man müsste vielleicht Fingerabdrücke nehmen.", berichtete die Gefreite.
"Also, was ich viel interessanter finde, " kam es gedämpft unter dem Bett hervor, "ist eine leere Spritze ohne Verschlusskappe." Sie hielt die Spritze unterm Bett hervor, sodass Holm sie nehmen und sachgemäß verstauen konnte.
"Oh,
das ist wirklich interessant. Was denkst du was da drin war, Ratti?"
"Kann ich nicht sagen, das müsste man im Labor untersuchen. Ich hoffe, die Restmenge reicht aus. Hast du sonst noch was? Hier liegen nur noch Haare herum, aber die sind bunt gemischt, ich denke von der Mutter, dem Vater, Freundinnen, dem Mädchen selber, dem Hausmädchen. Sollen wir trotzdem eine Probe mitnehmen?"
"Ich denke das gehört zur sauberen Ermittlungsarbeit dazu, aber nimm zusätzlich noch die Haare aus Mausis Haarbürste, dann können wir gleich feststellen ob sie Drogen genommen hat oder nicht.", bedachte der Obergefreite wobei er indes das Fenster abwedelte um Fingerabdrücke zu entnehmen, die wahrscheinlich von demselben Personenkreis stammte.
"Also weiteres fällt mir hier nicht auf.", meldete sich Olga und schaute über den Boden zur Tür. Anscheinend hatte sie doch noch etwas bemerkt, denn sie stutzte und ging zur Tür um etwas aufzuheben. Es war ein künstlicher Fingernagel der unmittelbar vor der Tür lag.
"Hey, den können wir auch noch mitnehmen. Dann könnten wir testen, ob sich darunter Fleischreste befinden!", aufgeregt gab sie ihn Holm, der zwar ihre schnelle Auffassungsgabe bewunderte, doch etwa angeekelt dreinblickte.
"Gut, wir werden jetzt am besten wieder zu den Eltern gehen. Ich schlage vor, wir fragen, ob Mausi eventuelle Drogenprobleme hat, wegen der Spritze. Ich habe gehört, dass neuerdings Drogen wie Platte flüssig gemacht werden können und dann eben auch in den Körper gespritzt werden. Da Mausi ein Kind reicher Eltern ist, und Trends wie etwa künstlichen Fingernägeln nicht nachhängt, könnte es doch sein, dass sie auch hier nicht äh...
out sein will. Kinder von reichen Eltern langweilen sich zuweilen schrecklich, wisst ihr, da kommen sie nun mal auf dumme Ideen. Aber dies ist eine Sache....entweder ist sie jetzt völlig in der Drogenszene verschwunden, oder aber sie hat Geldprobleme, mein Gott...diese armen armen Kinder reicher Eltern...stehen ständig unter Dr.. ."
"Holm...ich glaube für solche Spekulationen ist es immer noch zu früh. Wir sollten bei deinen ersten zwei Sätzen bleiben." Damit marschierte Ratti los.
"DROGEN??? EGGART!! HU... HA ich glaube ich falle in OHNmacht!" Louise fächelte sich Luft zu. Inzwischen hatten sie Frau Stahlschmitt gut gesättigt entlassen und saßen im mit ausgestopften Schweinen
[2] dekorierten Wohnzimmer.
Eggart tätschelte ihre Hand, es hörte sich an als würde er auf einen ungebackenen Brotlaib klatschen.
"Nun, meine Damen und Herren, ich kann nicht sagen ob sie ein Drogenproblem hat. Ich dachte immer ich wüsste das nein, und eigentlich würde ich es auch jetzt noch behaupten. Ich kann mir nicht erklären wo die Spritze herkommt. Was ist denn da drin gewesen?"
"Das müssen wir erst noch untersuchen. Herr Würstl, hatten sie gestern Abend Besuch?" fragte Charlie.
"Nein, wir waren alleine hier. Mausi ging ungefähr um neun ins Bett, ich einige Zeit später und meine Frau kam irgendwann nach...", er sah seine Frau an und wunderte sich, warum im Himmel er nicht gemerkt hatte das sie ins Bett gekommen war. Auf einem vibrierenden Wasserbett auf hoher See zu liegen war normalerweise gar nichts dagegen.
"Können sie sich denn vielleicht auf irgendwelche seltsamen Begebenheiten in letzter Zeit erinnern? Unbekannter Besuch, verirrte Post, Leute die ums Haus geschlichen sind?" fragte Ratti.
"Nein, du Louise?"
Louise saß auf der Chaiselongue und schnappte nach Luft, schüttelte aber sicher den Kopf.
Charlie Holm atmet tief ein, überlegte, ob er noch etwas vergessen hatte und beschloss, alles weitere in der Wache zu besprechen und zu untersuchen.
Auf dem Weg zur Wache beratschlagten sie:
"Wir müssen wissen, woher die Spritze kommt und ob etwas Auffälliges mit dem Nagel ist. Im Moment kann ich von den Personen her nichts erkennen. Wir bräuchten Zeugenaussagen, Leute die gegenüber wohnen oder in der Nähe und etwas gesehen haben könnten. Und wenn wir wissen was für eine Substanz in der Spritze war, dann können wir da auch noch ansetzen. Olga, am besten schnappst du dir heute noch einen SUSI Wächter deines Vertrauens und verhörst die Leute in der Näheren Umgebung, ich habe da keinerlei Bedenken."
"Ich werde ins Labor gehen.", sagte Ratti knapp und verschwand in die entsprechende Richtung, mitsamt Fingernagel und Spritze.
+++
Jetzt konnte Mausi aufrecht gehen. Es war ein langer stickiger Gang mit rotem Teppich.
"Hier könnte auch mal wieder sauber gemacht werden.", dachte sie und schaute sich um. Es gab weder Türen noch Fenster und es war schummrig hier drinnen. Immerhin heller, als in dem Raum, wo sie erwacht war. Mausi drehte den Kopf nach allen Seiten und ging stets vorwärts.
Endlich erblickt sie eine kleine Tür. Sie war braun und ohne Rahmen, aber immerhin mit Knauf und ohne zu zögern öffnete das Mädchen sie.
Sie stand vor einer weißen Schürze, die ein dunkelblaues Kleid zierte, woraus ein Kopf ragte, der wie ein Weihnachtsapfel aussah. Als sie genauer hinsah, erblickte sie ein Lächeln auf dem Kopf. Sie sagte:
"Guten Tag
Magd, ich bin Mausi Würstl. Ich würde gerne wissen, wo ich bin und wie ich hier raus komme."
"Guten Tag.", erwiderte die rundliche Frau, "Ich bin Frau Backenzahn, tatsächliche eine Magd, früher jedenfalls. Und ich werde dich jetzt erstmal zu einem netten Onkel bringen." Mit diesen Worten fasste Frau Backenzahn das Mädchen an der Hand und zog sie eine Treppe hinauf. Die schwitzigen feisten Hände hatten einen eisernen Griff, der fast schon wehtat. Doch Mausi war etwas verdutzt und beschloss erst einmal nichts zu sagen. Doch als sie die riesige Halle erblickte platzte es aus ihr heraus.
"WOW! Das ist ja ein Palast! Noch größer als unser Haus! Ich fass es nicht!"
"Doch du kannst es ruhig fassen, denn du bleibst erstmal eine Weile hier, mein hübsches Kind.", raunte eine Stimme von der Seite und ein großer breiter Mann trat vor sie. Er hatte blondes Haar und seine Nase sah aus, wie eine derer von den ausgestopften Schweinen.
"Ich bin Senór Herpez. Und ich bringe dich jetzt in ein schönes Zimmer, dort kannst du dich schminken, so viel du willst und es gibt dort hübsche Kleider, die du alle behalten kannst. Komm mit." Mausi hörte nur
hübsche Kleider und trabte gehorsam hinterher.
Senór Herpez schlug einen Wandbehang zur Seite und öffnete eine Tür. Mausi schlug ein süßer Duft entgegen. Es schien als ob das Zimmer voller Parfum war. Sie fand die Situation eigentlich ganz angenehm, bis jetzt... denn sie wurde unsanft ins Zimmer geschubst mit den Worten:
"In fünf Minuten bist du fertig, warte hier."
Dann schloss sich die Tür hinter ihr und wurde abgeschlossen.
Jetzt fühlte sie zum ersten Mal Unbehagen. Was sollte das alles? Es gab schon merkwürdige Menschen in Ankh Morpork, aber so was hatte sie noch nie erlebt. Trotz all der Zweifel suchte sie sich ein schönes Kleid aus. Es war nach ihrem Geschmack mit vielen Rüschen und so. Und vor allem war es lindgrün, eine tolle Farbe, wie Mausi fand. Als sie sich im Zimmer umsah, bemerkte sie, wie viele Betten hier standen, es waren sehr schöne Betten. Drei mit Himmel, vier Ehebetten und eine Art Pritsche, alles mit vielen flauschigen Kissen verziert. Es hingen Tücher an der Wand und alles hatte einen weichen Touch. Der Geruch kam von insgesamt drei Öllampen, die an der Wand angebracht waren und atmosphärisch flackerten.
Herpez kam zurück und lächelte sie schmierig an: "Du siehst sehr hübsch aus, meine Kleine. Komm, lass uns essen gehen."
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"Also meine Damen und Herren, dann lasst uns noch einmal alles zusammenfassen: Das Zeug in der Spritze war so genanntes
Mupsin. Ein Betäubungsmittel was man nun wirklich fast ausschließlich auf der Strasse bekommt, das wäre dann eine Aufgabe für die SEALS, einen Szenekenner, wie Ikari. In Verbindung mit Mausi, und nun kommen wir zu den Zeugenaussagen,...nun ja, es wirkt eher unwahrscheinlich, dass ein, ich zitiere: "naives, dummes, blondes, nettes, wirklich unbedarftes, und Drogen? Ich lach mich in die Ecke Mann!" ähm... Mädchen mit so etwas zu tun haben könnte. Gestützt wird diese Annahme auch von den Laborwerten der Haarprobe des Mädchens, darin sind keinerlei Einflüsse von Mupsin oder anderen Mitteln zu finden, somit können wir also ausschließen, dass das Mädchen Drogen genommen hat. Charlie, machst du weiter?", Ratti gab an den Obergefreiten ab.
"Weitere Zeugenaussagen," begann Charlie Holm, "besagen eigentlich nicht viel darüber, was in der Nacht geschah, in der Mausi angeblich verschwand. Eine Frau hat einen mit Blumen geschmückten goldenen Wagen gesehen, der vor ihrem Haus gehalten haben soll, aber man muss bedenken, dass diese Frau sowohl fast blind als auch schon 134 Jahre alt ist. Ich denke, diese Aussage können wir getrost fallen lassen. Das war es leider schon gewesen was gesehen... oder angeblich gesehen wurde.
Gehört wurde etwas von einem kleinen Jungen, der nicht einschlafen konnte und zwar Stimmen auf der Strasse. Nach seinen Aussagen sollen es eine Frau und ein Mann gewesen sein und das etwa um vier Uhr morgens. Doch er konnte nicht verstehen was geredet wurde und er hat auch nicht aus dem Fenster gesehen. Das bringt uns also auch nicht viel weiter.", Holm machte eine etwas resignierte Pause, hob dann aber seine Stimme und fuhr fort:
"Was wir unter dem Fingernagel fanden, ist aber schon interessanter. Das Labor konnte ausschließen, dass es sich nicht um Mausis Haut handelte, die wir gefunden haben. Nun bleibt also noch die Frage von wem diese Haut stammt, wir werden nun so verfahren: Humph MeckDwarf wird Ikari bitten, sich in der Szene umzuhören, bezüglich des Mupsins. Die Zusammenarbeit der beiden Abteilungen ist hier sehr wichtig und wir wären sehr dankbar dafür. Rattenklein wird sich auf die Suche nach dem Vertreiber solcher speziellen Spritzen machen. Und Olga und ich werden noch einmal zu den Würstls gehen und Hautproben von allen im Haus weilenden Personen nehmen. Des Weiteren werden wir Steckbriefe in der Stadt verteilen, ihr wisst schon: Es wird diese Person vermisst... und so weiter. Wer will sich darum kümmern?" Er blickte fragend in die SUSI-Runde, währenddessen Lady Rattenklein ihn darum bewunderte, dass er sich diesmal doch recht spärlich für seine Verhältnisse ausgedrückt hatte. Es meldeten sich Lupos und Akkhuna.
Damit gingen die Ermittlungsarbeiten weiter. Es war schwierig, SUSI stand ein bisschen vor einer Wand, da es noch keine vernünftigen Anhaltspunkte gab und auch kein Erpresserbrief. Jedoch war Mausi jetzt seit zwei Tagen nicht aufgetaucht und es konnte einfach etwas nicht stimmen. An den Toren der Stadt war schon nachgefragt worden, doch sie hatten nichts Auffälliges gesehen in jene Nacht; eine Katze, der eine Sekunde später ein bellender Hund aus der Stadt folgte. Und fünf Minuten später ein Hund dem zehn fauchende Katzen
in die Stadt folgten. Sonst absolut nichts. Das würde bedeuten, dass Mausi sich noch irgendwo in der Stadt befand und wenn sie noch am Leben war, wovon Charlie und die anderen ausgingen, dann würden sie alles dransetzen, um sie zu finden.
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Sie wachte auf und lag auf einem Bett, auf dem Bett, auf dem sie schon so viele Male in letzter Zeit aufgewacht war und sich an nichts erinnern konnte. Ihre Glieder fühlten sich von Mal zu Mal steifer an und ihre Haut hatte eine glänzende Bleiche angenommen. Es war nicht die edle Bleiche, die in ihrer Stellung angemessen war, doch egal was sie versuchte, sich zwickte, leicht biss, die Haut wurde nicht mehr rosiger und das machte ihr Sorgen. Und jeden Morgen brauchte sie länger zum Aufstehen, um ihre Glieder zu strecken und biegen. Eine Gleichmütigkeit hatte sich ihrer bedient, die immer schwerer wurde und den Versuch sich zu bewegen zur Qual machte. Irgendetwas veränderte sich in ihr, aber was?
"Möchtest du was trinken?"
Mausi erschrak dermaßen, dass sie fast aufschrie, doch als sie herumwirbelte und in ein freundliches Gesicht sah, ließ ihre Angst nach. Sie betrachtete das Mädchen genauer. Sie war vielleicht 16 oder 17, auf jeden Fall jünger als sie und hatte ein sehr hübsches Gesicht, bis auf die rechte Seite neben ihrem Auge.
"Was hast du da gemacht?", Mausi deutete auf das rechte Auge.
"Frau Backenzahn hat mich mal mit nem Holzlöffel erwischt, als ich mich am Essen vergreifen wollte."
"Sieht aus wie ein
Rattenauge finde ich."
Beide sahen sich an und mussten plötzlich lächeln.
"Wie heißt du?", fragte Mausi.
"Ich bin Rita. Frag mich aber bloß nicht, wie lange ich schon hier bin. Auf jeden Fall so lange ich denken kann. Ich wurde hier abgegeben, aber war ihm wohl nicht zu schön genug. Seitdem bin ich Dienstmädchen."
"Zu schön?"
"Ja", sie blickte traurig zu Mausi, "Ich fürchte, dieses Glück wirst du nicht haben." Sie starrte einige Zeit vor sich hin, bis Mausi sich endlich traute zu fragen: "Was meinst du?"
Doch genau zu diesem Zeitpunkt trat Frau Backenzahn ein und schrie: "Was fällt dir ein, Mädchen mit ihr zu sprechen! Troll dich in die Küche! SOFORT. Und wehe ich erwische deine Finger wieder in der Brühe! An die
Brutzler denke erst gar nicht!!!"
Rita senkte den Blick und eilte hinaus.
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"Ich bin noch auf eine andere Idee gekommen, Sir.", flüsterte Gefreite Inös, sie wollte Obergefreiten Holm nicht bei seiner Arbeit stören, doch der blickte freundlich auf und nickte, bereit ihr zuzuhören.
"Wie wäre es, wenn wir nachgucken würden, ob noch andere Fälle, ungeklärte frühere Fälle vorliegen, wo Mädchen verschwunden sind?", Olga biss sich auf die Lippen und wartete.
"Ja... ja... jajaja. Das ist kein schlechter Gedanke. Doch wenn dem so wäre, also wenn es ungelöste Fälle diesbezüglich geben würde, wäre das nicht bekannt? Und hätten wir daran nicht gedacht? Also, in unserer Abteilung weiß ich sicher, dass es dahingehend nichts gibt, allerdings würde ich es schon für nicht verschwenderisch halten, wenn du in den anderen Abteilungen mal anfragst, oder frag am Besten auch noch Humph, der kennt sich noch besser als ich damit aus. Aber ein guter Ansatz, Olga, sehr lobenswert."
"Danke, Sir, ich werde sofort fragen gehen.", grinste Olga und stolzierte aus dem Büro. Sie hätte fast Rattenklein übersehen, die herein gerannt kam.
"Erst war ich beim alten Munkelberg!" rief sie ohne Zögern. "Der wusste aber nichts von solchen Spritzen. Aber das Zeichen darauf kam ihm bekannt vor, und er gab mir zwei Adressen, die ich noch nicht kannte, und dann bin ich dahin , die eine war nix und bei der anderen war ein Mann da, war voll betrunken der Typ! Er lallte irgendwas von Mumpitzstein & CO.KG und erstklassiger Sch..."
"Beruhigst du dich bitte erstmal? Ich möchte auch alles verstehen was du da von dir gibst. Also, Mumpitzstein, warst du da? Und wenn ja, was hast du herausbekommen?"
"Aaaaalso: Ja ich war da, das ist ein kleiner Handel... sehr suspekt wenn du mich fragst und die haben auch komisch geguckt als ich da rein spaziert bin. Aber na ja, sie haben mir eine Liste der Käufer der letzten paar Monate gegeben. Ich bin sie schon durchgegangen und ein Name fällt besonders auf, weil er erstens in regelmäßigen Abständen immer wieder auftaucht und unter seinem Namen große Einnahmen verbucht werden. Der Name lautet Rudolfo Herpez, schon mal gehört? Hier, ich hab die Listen sogar mit Unterschriften dabei!"
"Rudolfo Herpez hm? Sagt mir nichts. Sehr gut, ich hab hier für dich die Hautproben, die du brauchst, wenn du willst kannst du gleich weiterforschen, ich werde mal zu Ikari gehen und nachfragen was er so gehört hat in der Szene." Holm drücke Ratti einen kleinen Beutel in die Hand, kniff sie leicht in die Wange und ging. Rattenklein fluchte ihm aufgrund der Wangenkneiferei hinterher, doch sie macht sich danach sofort wieder an die Arbeit. Sie marschierte in ihr geliebtes Labor, wo sie Isis antraf.
"Hey Isis! Du kannst mir helfen, wir müssen die Proben hier mit der Fingernagelhautprobe vergleichen, aber pass auf das du die Proben nicht vertauscht, die Namen der Personen dürfen nicht durcheinander kommen."
+++
"Ich nenne es... >Jodiertes Moment<." Senór Herpez schloss die Augen und genoss anscheinend den Klang dieses Namens, er führte Mausi gerade zum hundertsten Mal durch seine Skulpturensammlung... Sie fand, das es hier plötzlich widerlich nach
Dekadenz stank, mehr noch als der süßliche Geruch hinten im Zimmer der irdischen Freuden. Sie wollte hier raus, heute, gleich, sofort. Wie lange war sie jetzt hier? Und was sollte das alles? Tag für Tag wandelte sie nutzlos hier in der Halle oder in einem der Zimmer umher, ihre Glieder immer steifer, ihre Gedanken immer träger. Das Erwachen fühlte sich immer mehr an, als käme sie nur schwer aus einer endlosen Leere, einem Loch, dass sich immer tiefer bohrte und in das sie immer tiefer fiel. Aus dem Traum zu entkommen wurde mit jeder Nacht anstrengender und das sie immer mehr weißlich glänzte, egal wie sie es auch zu überschminken versuchte, ließ sie erschaudern.
Der Faltige guckte sie an und schmunzelte verschmitzt.
"Komm," sagte er, "wir trinken Tee."
"Und dazu gibt es Pfannkuchen mit
Zuckerrübensirup!" Mit rotem glänzendem Gesicht kam Frau Backenzahn um die Ecke. Sie trug ein Tablett, welches duftigen Dampf ausströmte. Süße Pfannkuchen, woran besagter Sirup tropfend und klebrig herunter lief, und köstlicher dunkler Tee wurden serviert.
Mausi sammelte ihren ganzen Mut, der gepaart mit ihrer Hilflosigkeit, dem vermeintlichen Schlafmangel und der angeborenen Trotzigkeit zu einem kleinen Ausbruch wurde.
"Und was ist, wenn ich keinen Hunger habe?", fragte sie also wütend und fügte dann noch hinzu: "Auf diesen Fraß kann ich verzichten, du Fettsack!"
Herpez schluckte und verzog keine Miene. Dann griff er blitzschnell mit der einen Hand nach Mausi, mit der anderen den Teller Pfannkuchen und stopfte ihn ihr ins Gesicht. Er drückte so fest zu wie er konnte und rieb ihn immer hin und her mit den Worten: "Nie wieder, nie wieder, wirst du so frech zu mir sein, Fräulein.", jetzt schrie er, warf den Teller weg und machte Anstalten ihr den heißen Tee ins Gesicht zu schütten, besann sich aber rechtzeitig anders. Dann atmete er einmal tief ein und aus und schien sich zu beruhigen. Er blickte sie mit einem Lächeln an und zum ersten Mal bemerkte das Mädchen, wie falsch dieses Lächeln eigentlich war. Wie aufgesetzt es wirkte und das darunter nicht nur Hass war, nein, es war auch eine Traurigkeit, ja fast Müdigkeit, zu sehen.
"Diesmal," flüsterte er, ohne auf ihr Beisein zu achten, "die doppelte Dosis." Er nahm eine Porzellanklingel in die Hand und klingelte. "BACKENZAHN! Wo zum Kuckuck bleiben die neuen Pfannkuchen??"
+++
"Sag den Namen noch einmal.", bat Holm Ikari.
"Herpez... äh Rufus Herpez."
"Sagt
dir denn der Name etwas Ikari?"
"Nein, aber der Nachname scheint mir hier festzustehen, warum fragst du nicht bei der Stadtverwaltung, oder besser gesagt gleich beim Patrizier. Der kennt bestimmt alle reichen Leute hier. Und dieser Kerl scheint mir wirklich nicht arm zu sein, aber auch nicht besonders schlau. Wer solche Mengen an Mupsin, und auch anderen illegalen Drogen ordert und das auch noch bei mindestens zehn verschiedenen Dealern, dem kann nicht mehr geholfen werden. Doch leider konnte ich nicht mehr über den Mann herausfinden. Damit ist ja noch lange nicht gesagt, dass er ein Kidnapper ist. Vielleicht braucht er das Zeug als Dünger.", grinste Ikari.
"Na klar, du Schlauberger.", grinste Holm zurück. "Aber ich will dem trotzdem einen Besuch abstatten. Ich werde gleich eine Telegramm hinschicken und mich erkundigen. Der Patrizier
ist ja gewissermaßen die Stadtverwaltung."
Gesagt getan, das Telegramm beinhaltete nur die frage , wo ein gewisser Herr Herpez seinen Wohnsitz hatte, und das er durchaus auch einen anderen Vornamen haben könnte, als die angegebenen.
Überraschenderweise kam die Antwort schon nach fünfzehn Stunden.
"Hier steht: >Früher Pantheon am Friedhof, heute tot<. Mehr nicht. Nun, dann würde ich vorschlagen, begeben wir uns gleich mal dorthin. Rattenklein? Komm mit."
"Aye Sir!"
Eine Stunde später standen sie hinter einem Gebüsch am Pantheon. Es war Neun Uhr abends.
"Meine Güte," zischte Ratti, "In der Bruchbude würde ich ja nicht mal wohnen wollen... jetzt verstehe ich warum der Kerl schon tot sein soll, liegt bestimmt auf dem Friedhof der hier genau daneben ist."
"Und warum scheint dann Licht aus dem Fenster da?" fragte Charlie und deutete durch den Busch hindurch nach oben.
"Naja, warten wir erstmal ab, ich wette da sitzen irgendwelche Obdachlosen drin."
"Obdachlose mit Besuch?", Holm beugte sich weiter vor, als er jemanden am Eingang des Gebäudes erblickte. Es war ein Mann, dunkel und elegant gekleidet. Er wurde nach einen leisen Klopfen eingelassen, jedoch sah man nicht, von wem. Und dann war wieder Stille. Holm und Rattenklein starrten gebannt auf die Tür, mit der lange, lange Zeit nichts passierte, außer, dass ein Igel vorbeikam und dagegen urinierte.
Dann öffnete sie sich.
Die Lady konnte ihren Augen nicht trauen und vergewisserte sich bei Charlie:
"Ist das etwa... die Würstl?? Das glaub ich ja nicht, dann war diese Spritze von ihr und der feine Herr Möchtegerntotsein ist ihr Verkäufer für solchen Unfug!"
"Ja, ja! Du hast Recht. Wir müssen uns Verstärkung holen und dem Herpez einen Besuch abstatten, warte hier, ich bin spätestens zwei Stunden wieder da!" damit macht sich Charlie auf den Weg und verschwand in der Dunkelheit des Friedhofs.
Als er wiederkam brachte er Jack Narrator und Larius De Garde mit.
"Wollen wir? Ich würde sagen, wir beide bleiben erstmal draußen, und kommen erst dazu, wenn's ungemütlich wird, ok?
Falls es ungemütlich wird.", bestimmte Larius.
"Na dann mal los!" rief Ratti so leise sie konnte.
Als sie vor der Tür standen und Charlie angeklopft hatte, sagte Ratti zu Ihm:
"Hab ich dir eigentlich erzählt, dass die Hautreste und dem Fingernagel von Frau Würstl stammen?", Holm konnte sie nur noch verdutzt angucken, denn die Tür öffnete sich. Es kam kein Hallo, sondern:
"Castello, du bist zu früh, wir haben dich doch erst später erwartet! Du wirst von meinem neuen Objekt begeis.... oh... Guten Abend."
"Hallöchen, werter Herr. Sie sind nicht zufällig Herr Monsieur Senór Wieauchimmer Herpez, nicht wahr?", fragte die Hauptgefreite gleich.
"Ähem, wer will das wissen?"
"Der Schneevater.", antwortete Ratti, doch schob gleich hinterher: "Nein das war nur ein kleiner Scherz, haha, wir sind von der Stadtwache. Können wir bitte erst einmal hineinkommen?"
"J..ja, achso, kommen sie doch hinein, ich habe... genügend Platz hier..."
Als sie in einer Ecke der Halle saßen fuhr Charlie Rattis Anfänge fort:
"Nun Herr Herpez, ich will ganz offen fragen: Was haben sie mit Mupsin zu tun?"
"Nichts." Er biss sich kräftig auf die Lippen und hoffte, dass jetzt nichts passierte, was ihn reinreißen könnte, denn sonst müsste er zu drastischen Mitteln greifen.
"Kennen sie denn eine Frau Louise Würstl?"
"Wer kennt sie nicht mein Herr? Sie ist die Frau des Würstchenmoguls, eine wunderbare Dame! Ich habe mich einmal mit ihr zum Würstchenessen getroffen, aber ich habe schon länger keinen Kontakt mehr zu ihr, wissen sie?"
"
Wir wissen, dass sie vor etwa zwei Stunden aus ihrem... Haus gekommen ist, Herpez. Sie wollen doch nicht etwa die Stadtwache anlügen?" Lady Rattenklein musste sich beherrschen. "Was haben sie mit ihr zu tun? Verkaufen sie ihr nicht zufällig ein bisschen Mupsin?", Holm kam eine Idee und er dachte sich fragen kostet nichts:
"Und was zum Henker hat das alles mit ihrer Tochter zu tun?"
Senór Herpez verschluckte sich an seinem Drink. Und brachte prustend und vor Schreck hervor:
"Mausi? Wieso die denn auf einmal? Ich will bestimmt nichts mit diesem Kind zu tun haben! Nein, sie ist mir zu ungezogen. Und um ihnen nun doch die Wahrheit zu sagen, Frau Würstl hat mir erzählt, sie sei ein dummes Gör mit schlechten Marnieren. Ja, ich kenne Frau Würstl... wissen sie, ich will nicht, dass der gute Eggart leidet, bitte sagen sie nichts! Ich... wir beide, Louise und ich. Sie wissen schon." Er senkte in gespielter Resignation den Kopf und hoffte, dass die Wächter damit zufrieden waren.
"Senór Herpeeeheeez!!" hallte es mit der durchdringenden Stimme Frau Backenzahns durch die Halle. Er zuckte zusammen und konnte nicht rechtzeitig eingreifen:
"Senóooohoor, sie ist fast so weit! Wirklich ein schönes Exemplar, muss ich sagen. Nur noch eine Portion, morgen ist es vollbracht, ganz sicher! Hallloooooooohooooooo? Wo sind sie denn um Himmels W..."
Ratti schaute sich um und blickte in das feiste, vor Schreck verzogene Gesicht Frau Backenzahns, sie sah zu Senór Herpez, der noch erschrockener schaute, blickte Charlie an, der nickte und dann pfiff sie so laut sie konnte durch die Zähne.
Auf dieses Kommando setzte sich einiges in Bewegung; die Tür wurde gewaltsam aufgestoßen, Herpez sprang auf und versuchte wegzurennen, doch mit einem Satz war Holm bei ihm und versuchte ihn festzuhalten, Frau Backenzahn schrie nur noch und sämtliche Türen wurden aufgerissen, aus denen verdutzte gut und fein angezogene Männer auf die Szenerie starrten.
Jack und Larius kamen Charlie zur Hilfe und brachten den dicken Mann zu Fall. Ratti rannte los ohne zu wissen wohin, aber sie wollte Mausi finden. Jetzt kam alles zusammen: Die Spritze, die Haut unter dem Fingernagel, Frau Würstl und Herpez als
dicke Freunde... Bei der dritten Tür die sie aufriss, sah sie ein Zimmer aus dem es eigenartig nach frischer Farbe roch. Auf einem Bett war ein blondes Mädchen mit einer seltsam glänzenden, blassen Haut. Sie saß aufrecht da, die Arme an der Seite und leicht angewinkelt, die Beine steif nach vorne gerichtet. Das Mädchen hatte die Augen starr geöffnet, in denen sich das Licht eigenartig spiegelte. Ihr Mund war leicht offen und zu einem seltsam künstlich aussehende Lächeln verzogen. Ratti klettert zu ihr aufs Bett und blicke in Mausis glasigen Augen. Ihr Spiegelbild blickte ihr entgegen, die Pupille veränderte sich nicht.
"Bei den Göttern...", flüsterte die Gnomin und fragte sich, was mit ihr passiert war.
Draußen waren inzwischen Senór Herpez und Frau Backenzahn festgenommen, bereit zum Abtransport.
Charlie kam zu Ratti ins Zimmer und konnte ebenfalls nicht fassen was er da sah.
"Wir müssen einen Arzt holen.", murmelte er und klopfte leicht gegen die Stirn des Mädchen. Es klang als klopfe man auf eine Vase.
+++
SUSI-Bericht
Die Gerichtsmediziner Jack Narrator und die Laborantin Lady Rattenklein fanden schließlich heraus, dass das Mädchen eine Substanz verabreicht wurde, die einen Porzellanisierungsprozess im menschlichen Körper bewirkte. Die Haut des Opfers verwandelt sich dabei langsam in eine Porzellanschicht, die es dem Ebengenannten immer schwieriger machte, sich zu bewegen, bis schlussendlich der Prozess abgeschlossen ist. Wir vermuten, dass sich nach dem Ablauf die Knochen des Menschen brüchig werden und sich die Muskeln langsam zurück bilden, was unweigerlich zum Tod der Person führt. Was mit dem Geist dieses Menschen passiert ist bisher unklar, aber laut Aussage von Mausi Würstl befindet man sich in einer Art Traum, wodurch (hoffentlich) aus zu schliessen ist, dass nach der vollendeten Porzellanisierung das Opfer bei ihren Sinnen ist. Es wurden noch sieben weitere "Porzellanpuppen" gefunden. Sie wurden den Zauberern der Unsichtbaren Universität übergeben, die sich nun bemühen, diese Leute zu retten. Die Abteilungen RUM und SEALS konnten dadurch fünf Vermissten-Akten und zwei Mord-Akten schließen. Es ist zu hoffen, dass die Familien der jungen Damen die selbigen bald wieder in die Arme schließen können. Meiner Einsicht nach besteht dazu durchaus die Chance. Mögen unsere Gebete bei ihnen sein.
Gez.: Humph MeckDwarf, Abteilungsleiter SUSI+++
Auszug aus dem RUM-Verhör:"Meine GÜTE! Würden sie so eine Tochter nicht hassen?? Dieses NUTZLOSE Ding! So hat sie mir wenigstens GELD eingebracht!" schrie Louise Würstl beim Verhör, sie versuchte gar nicht erst, den Sachverhalt zu leugnen. "Sehen sie mich doch AN! Ich wiege mittlerweile 680 PFUND! Von dem Geld hätte ich mir eine OPERATION leisten können!!", sie versuchte wieder mit ihrem Armen zu fuchteln, aber dieses Mal ging es nicht, weil sie Handschellen anhatte.
Dieses war das letzte Verhör in dem Fall Mausi. Das Gericht beschloss, Sie wegen Beihilfe zum Kidnapping und Beihilfe zur Veränderung des körperlichen Zustandes von minderjährigen Menschen zu verurteilen. Senór Herpez bekam zu diesen Delikten noch die Anklage wegen Verstoßes gegen das AMBTMG
[3] und illegalen Verkauf von "minderjährigen Menschen mit verändertem körperlichen Zustand" hinzu. Genauso wie Frau Backenzahn, die Beihilfe zu all diesen Verstößen geleistet hatte. Die fein angezogenen Männer, die an diesem Tag zur Auktion neuer so genannter "Herpez-Puppen", zeigten sich überrascht und empört über diese Neuentwicklung. Obwohl die Wache argwöhnte, dass sie sehr wohl wussten, was sie erwerben wollen, konnte es bisher nicht nachgewiesen werden. Von den "Herpez-Puppen", deren Lächeln immer als
honiglich angepriesen wurde, wurde fortan nichts mehr gehört.
Mausi aber hat von diesen acht Tagen einen ungesunden blassen Teint und ein unnatürliches, andauerndes Lächeln behalten.
ENDE
[1] Frau Würstl hatte sich im Laufe der Jahre angewöhnt viele Worte noch mehr zu betonen, ja fast zu schreien. Sie fand es gebe ihrer Person mehr Ausdruckskraft...
[2] Es waren Lieblingsschweine von Eggart, er hatte besonders leckere Würstchen daraus gefertigt, eigens für den Familienverzehr
[3] Ankh Morpork Betäubungsmittelgesetz
Zählt als Patch-Mission.
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