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von Hauptgefreite Laiza Harmonie (FROG)
Online seit 01. 12. 2004
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Es war ein finsterer Tag in der Zwillingsstadt Ankh-Morpork. Dunkel und schwer schoben sich die Wolken über den Himmel. Der alte Tom schlug lautlos ein Uhr Mittags. Die Kinder klebten neugierig an den Fensterscheiben und blickten zum Himmel empor. Sie warteten auf den nächsten Schnee, der mit seinem wunderschönen Weiß die schmierig schlammige braune Identität der Stadt verschleiern sollte.
Der Wind pfiff eisig durch die Straßen und Gassen der Stadt, an einer kleinen Kreuzung irgendwo in Ankh, riss er von einer Litfasssäule ein mies angeklebtes Plakat. Der Wind wirbelte es durch die Straßen, hinauf und hinab. Es handelte sich um einen Aushang der Ankh-Morpork Times, die seit Neuem wichtige Ereignisse auf solche Art den Bürgern mitteilte. Die Böe klatschte das Stück Papier gegen einen Laternenpfahl. Jeder Interessierte konnte die Überschrift des Zeitungsblattes sehen, bevor das Blatt weiter gerissen wurde:
Die besten Köche der Scheibe werden die Adligen verköstigen |
Im Wachhaus war es warm und auch im Patrizierpalast interessierte man sich nicht für das unangenehme Wetter, das draußen herrschte. Während die Mitglieder der Stadtwache ihren Dienst absaßen (einige spielten Karten oder führten rührende Gespräche mit ihren Waffen), eilten im Palast die letzten Dienstmädchen durch die Gänge. Der große Saal war festlich geschmückt, in einer Ecke bereiteten sich die Musiker vor. Einige Etagen über dem Festsaal machten sich adrette Damen und edle Männer für den Abend fein. Einige Etagen unter dem Saal herrschte große Hektik in der Küche. Der erste Gang des achatenen Festschmauses war so gut wie fertig, während der achatene Meisterkoch Zee Do Dim mit seinen Helfern schon am nächsten Gang arbeiteten.
Der Patrizier saß schon an der großen Tafel, als die ersten Grafen, Gräfinnen, Lords und Ladys den Saal betraten.
Der erste Abend begann, der erste Gang wurde von dutzenden Jungen Frauen in schwarzen Kleidern mit weißen Schürzen herein getragen und aufgetischt.
Das hochherrschaftliche Zusammenkommen hatte keinerlei Konsequenzen für die normalen Bürger der Stadt. Denn diese hatten ihre alltäglichen Probleme zu bewältigen.
Ein kleiner Junge stapfte durch die dünne frische Schneeschicht. Er zog sich am Geländer der Ponsbrücke hoch und blickte auf den Ankh hinunter. Das geruchsintensive Markenzeichen von Ankh-Morpork floss in normalem Zustand extrem träge durch die Stadt, doch im Moment war er zu gefroren. Starr vor Kälte hatte der Ankh eine ganz andere Auswirkung auf das Duftbild der Zwillingsstadt - es war erträglicher. Ein ekelhaftes Geräusch entrang der Kehle des Jungen und wenige Sekunden später flog eine schmierige Substanz durch die Luft, hinunter auf den Ankh, auf dem einige Kinder umhertollten. Ob seine Rotze jemanden traf, konnte der Junge nicht nachvollziehen, denn er rannte sofort los, auf die Götterinsel zu.
Seine Mutter hatte ihn hinaus geschickt wegen der Kälte. Sie war eine gute Mutter, das war ihm klar und weil er der einzige Mann im Haus war, musste er Kaminholz suchen, damit seine Mutter auf die kleinen Geschwisterchen aufpassen konnte -- wie gesagt sie war eine gute Mutter -- und er widersprach seiner Mutter nie, schließlich war er erst acht Jahre alt.
Doch seine traurigen Kinderaugen brachten ihn bei der Holzsuche nicht viel weiter. Der Kleine betrat das Wachehaus verfroren und ungesehen. Er war klein und ging nur bis unter den Tresen, hinter dem einige junge Männer und Frauen standen. Sie redeten wild durch einander, tranken warme komisch riechende Dinge ... er kannte sie ... er hatte einen Mann beobachtet, wie er sich so was bestellt hatte ... Kaffee...
Er zog sich wie zuvor am Brückengeländer an dem Tresen hoch.
"Hallo?"
Ein junger Wächter drehte sich um und sah den Jungen an.
"Ja? Was kann ich für dich tun?"
"Ich möchte Holz."
"Dann musst du dir welches kaufen."
"Ich hab kein Geld."
"Dann geh woanders betteln." Der Wächter machte eine wegscheuchende Bewegung mit der Hand und widmete sich wieder dem Gespräch der Anderen.
Der Junge ließ sich wieder auf den Boden sinken und entfernte sich vom Tresen. Er kam gar nicht darauf das Wachhaus zu verlassen, er hegte jedoch keine bösen Absichten. Als er an einer Tür vorbei kam, die einen Spaltbreit offen stand, drückte er sie auf. Dahinter lag ein kleines Büro. Zwei Schreibtische, vier Stühle, ein paar Schränke und ein kleiner Ofen standen auf engstem Raum beisammen. Am hinteren Schreibtisch saß jemand hinter einem dicken Buch. Der Kleine ging auf die Person zu und klopfte auf das Holz des Tisches. Das Buch senkte sich. Blaue Augen betrachteten den Jungen intensiv.
"Hast du dich verlaufen?" Laiza Harmonie legte das Buch auf den Tisch.
"Nein, ich brauche Holz."
"Du hast dich verlaufen."
Er schüttelte den Kopf.
"Hast du Holz für mich?"
Die Hauptgefreite blickte hinüber zum kleinen Ofen.
"Nun, nein..." Nirgends lag Holz, um die Befeuerung aller Öfen kümmerte sich irgendwer. Dann viel ihr etwas anderes ein, sie zog aus einer Schublade ein kleines Säcken mit Kohlestückchen. Leckereien für die Labordrachen. "Hier bitte", sie reichte es ihm herüber, "du kommst aus den Schatten?"
Er nickte und bedankte sich freudestrahlend. Als er den Raum verließ widmete sich die GiGa wieder ihrem Buch.
"Ich frag mich wer das alles bezahlt? Wahrscheinlich fressen die sich auf unsere Kosten den Bauch voll."
Der Junge ging leise am Wachetresen vorbei.
"Aber auf dem Bankett würd ich gerne sein ... was für ex ... exo... außergewöhnliche Gerichte es da geben wird."
"Klatschianisch kannst du auch hier Essen."
"Genau und Gerichte aus dem Achatenen Reich bekommt man auch."
"Und wenn du was wirklich außergewöhnliches essen möchtest, dann such Schnapper."
Die Anwesenden Wächter verzogen das Gesicht.
"Ja, man kann ihr so was essen, aber im Palast kochen die Besten der Besten."
"Der klatschianische Koch liebt Ratten, zumindest wenn sie gut gewürzt sind", der Wächter nickte wissend.
"Ist er Zwerg?"
"Nein."
Der Junge drehte sich noch einmal zu den Wächtern um und verschwand dann aus dem Wachhaus.
Eine ziemlich massige Frau tupfte sich auf eine vornehme Art den Mund ab, genauso, wie sie es schon seit gestern nach jedem Gang machte. Auch der dritte Gang des viericksianischen Essen - das an diesem Vormittag weiter geführt wurde - hatte ihr wohl geschmeckt. Ein paar zarte Fleischstreifen mit seltsamen gelben Bohnen und außergewöhnlich gewürzter Sauce.
"Was das wohl war?" fragte sie, nachdem sie die Stoffserviette ordentlich gefalten und auf den Schoß gelegt hatte.
"Ratte", antwortete ein alter Herr knapp, der ihr gegenüber saß und das letzte Stück Fleisch zerkaute.
Die Gräfin schluckte und wurde leicht weiß im Gesicht, worauf hin der Mann amüsant lächelte und seiner Aussage weiteres hinzufügte:
"Nicht die Ratten, die wir hier kennen... große, mit langem Schwanz und Riesen Füssen."
"Sie springen herum", fügte ein weiterer hinzu, "In Viericks sind sie eine richtige Delikatesse.
Die Dame nickte und wollte dies alles einfach nur glauben.
Vetinari saß wie gewohnt am Kopf der Tafel seine Fingerspitzen ruhten aneinander und er beobachtete die anwesende Gesellschaft, während sein leer gegessener Teller abgeräumt und sein Weinglas nachgefüllt wurde. Ein Mann in einem beigefarben Anzug saß einige Plätze weiter auf der linken Seite der Tafel. Der dunkelheutige Mann nickte dem Patrizier leicht zu und widmete sich dann wieder seinem Essen.
Im Stock darunter herrschte die typische Hektik eines Armeisenhaufens in der großen Palastküche. Es hingen wundervolle Gerüche in der Luft, die einem das Wasser im Mund zusammen laufen ließen -- zumindest wenn man sie im Einzelnen hätte riechen können. Doch durch die verschiedensten Gerichte aus inzwischen vier Ländern der Scheibenwelt waren die Düfte zu aggressiven Angreifern auf die menschlichen (und zwergischen und trollischen und ...) Geruchsnerven geworden. An einem langen Tisch waren Küchenhilfen damit beschäftigte den letzten Gang des viericksianischen Essens mit einer Wenigkeit auf die blitzblanken Teller zu drapieren.
Ein Mann mit graumeliertem Haar, gekleidet wie ein Pinguin, eilte zwischen dem geschäftigen Personal herum.
"Beeilt euch!" Es waren die von ihm am häufigsten benutzten Wörter in den letzten Tagen. "Was macht die klatschianische Vorspeise!! Mehr Tempo bitte!!"
Eine Junge Frau räusperte sich.
"Die Waffelfüllung ist fertig, Herr", teilte sie mit, "die benötigte Anzahl an Waffeln ist bald erreicht."
Der Pinguin eilte weiter, ohne der Frau das Gefühl gegeben zu haben, dass er ihr zu gehört hatte.
"Wo ist der Chefkoch aus Klatsch!?", rief er stattdessen durch die große Küche.
Im FROG Bereitschaftsraum brannten einige Lampen, die Kerzenstummel waren kurz und das schlechte Wachs brannte schnell herunter. Die Arbeitsschicht würden sie nicht mehr durchhalten.
Die fünf diensthabenden Mitglieder der Einheit nutzten das verbleibende Licht für intensives Kartenspiel. Bereitschaft und die zu duldende Langeweile waren der fade Beigeschmack der sonst so aufregend wirkenden Mitgliedschaft der Spezialeinheit. Normalerweise wurden diese Aspekte Neulingen verschwiegen -- sie fanden es noch früh genug heraus.
Der Türgriff wurde energisch herunter gedrückt, die FROGs zuckten zusammen und drehten sich im selben Moment herum, als die Tür aufgestoßen wurde.
Bregs stand in der Tür. Im Flackerlicht der Kerzenstummel sah er grimmig aus, grimmiger als sonst.
"Abteilungsbesprechung! Sofort!! In meinem Büro!"
So schnell wie er gekommen war, verschwand er auch wieder und ließ die Tür hinter sich weit auf. Die Spielkarten wurden unsanft auf den Tisch geschmissen und in Windeseile verließen die FROGs den Tisch.
Bregs wartete nicht bis es ganz ruhig war, sobald der letzte den Raum betreten hatte und die Tür hinter sich schloss, fing er an zu reden.
"Ihr habt es sicher schon gehört", er hielt einen Zeitungsartikel hoch, "dass im Patrizierpalast gerade ein Bankett stattfindet."
"Hochherrschaftliches Fressen", meinte Laiza, die im hinteren Teil des Raumes auf einem Tisch hockte.
"Genau, vor einigen Stunden hat man den klatschianischen Koch Karim sal Pedra tot in der Speisekammer gefunden... - auf einem Sack Ratten."
Die Augen der FROGs ruhten gespannt auf dem Abteilungsleiter.
"Ähm, Sör", Magane hob die Hand.
"Ja, Obergefreite?"
"Ist das nicht ein Fall für RUM?"
"Lass mich doch einfach ausreden, Obergefreite."
"Ja, Sör..."
"Herr sal Pedra wurde von einem Küchenmädchen entdeckt, zu diesem Zeitpunkt steckte eine Ratte in seinem Mund - eine ganze Ratte."
Einige anwesende Frauen gaben würgende Geräusche von sich.
"Anhand von Mageninhalt und irgendwelchen Blutproben oder so was, konnte SUSI herausfinden, dass er nicht an der Ratte erstickt ist."
"Und wie ist er umgekommen?" fragte Valdimier.
"Im Bericht von SUSI steht etwas von einer Überdosis Zucker", er blickte auf ein Blatt, dass er schon die ganze Zeit in der Hand hielt.
"Er ist an Süßem gestorben?" warf ein FROG ein.
"Genau", der Püschologe nickte, "seine letzte Mahlszeit war Zuckerrübensirup, um genau zu sein ein Kilogramm Sirup."
"Wer bekommt denn ein Kilo Sirup herunter?" fragte Ktrask skeptisch, "Zuckerrübensirup besteht etwa aus sechzig Prozent Zucker..."
"Genau", stimmte Bregs zu, "wir sprechen also von Mord."
Die FROGs tuschelte und dann meldete sich Magane wieder zu Wort:
"Und was haben wir damit zu tun? ...Sör?"
Bregs räusperte sich und fuhr fort: "Bislang weiß nur das Küchenpersonal von sal Pedra's tragischen Tod. Keine Ahnung wie SUSI die Leiche ohne Aufsehen aus dem Palast gebracht hat..." Bregs hielt kurz inne, bevor Magane ihre Stimmbänder in Bewegung setzten konnte redete er weiter, "Der Patrizier wünscht äußerste Diskretion, die anwesenden Gäste sollen von dem Vorfall nichts mitbekommen."
"Und wer kocht nun das klatschianische Essen?" fragte Kanndra, "Soweit ich das mitbekommen habe, ist das Essen des klatschianischen Kochs der Höhepunkt des ganzen Banketts."
"Soweit ich weiß wird das Kochen von den persönlichen Kochassistent-Dingsbums irgendwelchen Leuten übernommen."
Ein tiefes Durchatmen war zu hören und dann:
"Und was haben wir damit zu tun?"
Bregs atmete ebenfalls tief durch, allerdings viel leiser als die Triffinsziel.
"RUM ist damit beschäftigt das Küchenpersonal zu verhören. Wir müssen das Personal observieren und auch sonst unsere Augen und Ohren offen halten."
"Ah, okay", meinte Magane nur.
"Ich teile euch jetzt ein, leider werden nicht alle mitkommen, weil wir hier weiterhin einen Trupp haben müssen, der bei Notfällen einspringt..."
"Wo ist Veni eigentlich?" fragte Sidney
"Sie besorgt sich eine goldene Kette."
"Eine goldene... ?"
"Das spielt jetzt keine Rolle!" er räusperte sich, "Ihr bekommt jeder eine Rolle, eure Aufgabe besteht natürlich hauptsächlich darin, unbeachtet zu bleiben. Haltet eure Ohren auf, ihr werdet unterstützend mitermitteln."
"Und was genau sollen das für Rollen sein?"
Bregs durchbohrte Magane mit seinem Auge.
"Dich kann ich mir gut als Zimmermädchen vorstellen", er grinste fies und amüsierte sich köstlich über die Reaktion der Obergefreiten. "Ich werde euch nun Zettel austeilen, mit euren Rollen, ihr habt zwei Stunden Zeit um euch einzukleiden und eure Texte auswendig zu lernen."
Ktrasks Hand hob sich.
"Ja?" fragte Bregs.
"Gibt es schon einen Verdächtigen?"
"Allerdings. Laut der bisherigen Zeugenaussagen, können wir darauf schließen, dass es ein Racheakt gewesen sein muss, von einer anderen Kochcrew. Und zwar hatten sal Pedra und Tihuan Azcatl aus dem Tezumanischen Reich ein und dasselbe Rezept für ein Gemüsegericht mit Schafsfleisch oder so. Tihuan Azcatl wurde verboten dieses Gericht zu kochen."
"Und deshalb bringt man jemanden um?" Skilla blickte skeptisch.
"Vielleicht, leider gibt es keine Beweise."
"Wieso nimmt RUM den Typ nicht einfach fest? Mit samt seiner Crew?" schlug Magane vor.
"Ich redete vorhin von Diskretion, Magane!"
"Ja, Sör..."
"Die Tezumaner müssen observiert werden. Das ist eure Aufgabe, habt ihr das verstanden?" Bregs musterte Magane. Von den FROGs kam ein einstimmiges "Ja".
Laiza meldete sich noch einmal zu Wort.
"Aber wieso hatte er eine Ratte im Mund?"
"Wahrscheinlich ist der Mörder einfach nur ein Perversling", meinte Kanndra.
Sie fühlte sich so gedemütigt ... diskret zog sie am Kleidchen, in der Hoffnung, dass es doch noch über die Knie gehen würde. Erfolglos strich die Hauptgefreite Harmonie über das schwarze Kleid. Skilla, ebenfalls in einem kurzen Stück Stoff, reichte ihr eine weiße Spitzenschürze und half ihr die am Rücken mit einer schönen Schleife zu zubinden.
"Das stand nicht in der Stellenbeschreibung von FROG"; meckerte die GiGa und lies drei kleine Ampullen in das Täschchen der Schürze fallen. Die kleinen Glasbehälter waren ihre einzige Waffe. Sie fragte sich wo Skilla ihre Armbrüste versteckte...
Sie seufzte.
"Dann lass uns mal losgehen", meinte die leichte Armbrustschützin.
Laiza seufzte erneut.
Die zwei jungen Frauen verließen den Raum, der in einem der oberen Stockwerke des Palastes lag; ihr Weg führte sie in die Palastküche.
Valdimier van Varwald, ganz ungewöhnlich in schwarz-weiß karierter Hose und weißem Hemd gekleidet, stand ein wenig verwirrt in der riesigen Küche. Immer noch wurde das klatschianische Essen zubereitet. Man hatte die Spezialitäten aus Llamedos vorgeschoben, bis der Schock der klatschianischen Kochcrew sich gelegt hatte.
"Du da!", die Stimme gehörte einem kleinen dunkelhäutigen Mann, der dieselbe Kleidung wie Valdimier trug und auf seinem Haupt thronte ein blauer Turban.
An seinen Händen klebte Teich und Mehl.
Der Vampir blickte sich um: "Meinen sie mich?"
"Natürlich!"
"Was ist denn?"
"Wasch den Inhalt der zwei Schüsseln", er machte eine hastige Handbewegung zu zwei große metallene Behältern, wodurch ein Klumpen Teig durch die Gegend flog und vor einer der Schüsseln aufklatschte.
Der Korporal krempelte die Ärmel hoch: "Jaa...", er ließ Wasser in ein großes Becken und schüttete den Inhalt der ersten Schüssel hinein.
Verschiedenes Grünzeug schwamm im Wasser. Valdimier bewegte es ein wenig hin und her und dann wurde es auch schon von einem Helfer heraus gefischt und rasant klein gehackt. Er griff nach der zweiten Schüssel und schüttete den Inhalt ins Becken.
Einige Stockwerke über dem Festsaal griffen behandschuhte Hände nach einem Federkissen, das auf dem großen raumfüllenden Himmelsbett lag. Nichts lag unter dem Kissen, leise wurde es aufgeschüttelt und ordentlich zurückgelegt, auch die kleine Nachtkommode war leer.
Die Suite wirkte wie unbewohnt; doch dem war nicht so, schon seit ein paar Tagen lebte Tihuan Azcatl in diesen Räumlichkeiten.
Magane seufzte und blickte noch einmal auf den kleinen Zettel, auf dem die Zimmerbelegung festgehalten war. Leise öffnete sie die Tür zum Gang und blickte schnell auf das goldene Schild mit der Zimmernummer, um dann die Tür sofort wieder zu schließen. Sie hatte sich nicht vertan. Richtige Nummer. Richtiger Name. Die Obergefreite steckte den Zettel wieder in ihre Schürze und ging auf den kleinen Sekretär zu. Das Möbelstück stand einsam an der Wand, der dazu gehörige Stuhl stand neben dem Kleiderschrank auf der gegenüberliegenden Seite. Die Triffinsziel wäre davon ausgegangen, dass der Stuhl mit Kleidungsstücken überhäuft sei. Zumindest würde ein Stuhl in der Nähe von Magane's Kleiderschrank so genutzt werden. Der Sekretär war auch ohne Stuhl interessant und die Tatsache, dass er verschlossen war und kein Schlüssel steckte machte ihn noch viel interessanter.
Für eine ehemalige Diebin stellte solch ein lächerliches Schloss kein Hindernis da.
Das Fest ging weiter, ohne von den Geschehnissen gestört zu werden.
Rogi stand neben der großen Flügeltür, die zum Saal führte. Sie war schwarz gekleidet, nur mit Widerwillen hatte sie sich von ihrer Uniform getrennt. Zum Glück waren es höchstens drei Tage, die sie so verbringen musste, dann war das große Fressen vorbei. Niemand beachtete sie, dass war schließlich Teil ihres Jobs, aber sie beobachtete alle. Bregs saß in der Mitte der großen Tafel. Er blickte grimmig drein und saß steif vor seiner klatschianischen Suppe, die endlich den Weg nach draußen gefunden hatte, nachdem der Koch tot aufgefunden wurde.
Die Serviererinnen, die tratschend durch die Flügeltür traten und die Teller abräumten und neue Gänge herein brachten, schienen ebenfalls unwissend zu sein. Rogi hörte wie sie sich über die neuste Mode oder die Intrigen der Adligen unterhielten. Kein Wort über den mysteriösen Tod von Karim sal Pedra. Die Kommunikations-Expertin seufzte, ihr war nicht ganz klar, wie man auf solch einer Weise einen Mord auf decken sollte, zumal sie nur wenig Zeit hatten. Wohl oder übel musste man Magane zustimmen, dass es einfacher wäre alle Verdächtigen in Gewahrsam zu nehmen. Irgendwer würde schon ein Geständnis erzwingen können, notfalls Sidney.
Valdimier fühlte sich von hunderten von Augen beobachtet -- wortwörtlich. Kleine Kugeln mit dunklen Pupillen schwammen in dem großen Becken. Er musste sich zusammen reißen, damit sich sein Magen nicht umdrehte. Mit Abscheu beobachtete er, wie der Koch mit dem blauen Turban die Augen nach einander aus dem Wasser nahm und in eine Teigtasche packte.
Und das bezeichnet man als kulinarische Köstlichkeit?
Der Vampir verließ rückwärts den Küchenbereich. Und das war erst eine der Vorspeisen... was würde noch kommen?
"Ich hätte mich doch um die oberen Stockwerke kümmern sollen", wurde Kanndra ins Ohr geflüstert. Im Gegensatz zu den anderen weiblichen FROGs trug sie einen langen Rock und eine Bluse, die wenig Dekolleté zeigte. Bregs hatte etwas von Anstandsdame oder ähnlichem geredet und fügte hinzu: "Steh einfach nur da, sei freundlich, rede nicht zuviel mit den Leuten und schreite ein wenn es irgendwelche Unsittlichkeiten gibt. Ach ja, und beobachte gut, aber das brauch ich dir ja nicht wirklich sagen."
Sie drehte sich vorsichtig um und blickte in das bleiche Vampirgesicht.
"Gehörst du nicht in die Küche?" erwiderte sie, nachdem sie sichergestellt hatte, dass Niemand sich in Hörweite befand.
"Schon mal Auge in Teigmantel gegessen?"
"Mit Sicherheit nicht, aber ich habe davon gehört, die Adligen fahren voll auf das Zeug ab", Kanndra verzog angewidert das Gesicht.
"Auf Augen?"
"Ja, Rattenaugen."
"Leben in Klatsch so viele Zwerge?"
Kanndra zuckte mit den Achseln und eh sie sich versah war Valdimier verschwunden, als ein junger Mann den Gang entlang kam.
Bregs nickte dankend, als eine Junge Frau den Suppenteller vor seiner Nase entfernte. Normalerweise aß er alles, aus dem einfachen Grund, da es eine Zeit gegeben hatte, in der er kaum etwas zu essen hatte. Aber Klatschianisches Essen war wirklich nicht sein Ding. Genauso wenig die adlige Gesellschaft. Nichtsdestotrotz harrte er aus. Er lauscht den Gesprächen der Gäste und blickte jeden grimmig an, der versuchte eine Konversation in Gang zu bringen.
Schräg gegenüber von ihm fing ein Zwerg schon an zu schmatzen, als er sah wie die zweite Vorspeise herein getragen wurde.
Er blickte auf die Speisekarte. Bregs tat's ihm gleich.
"Rattenaugen in Teigtaschen!"
Der Abteilungsleiter von FROG schluckte angewidert. Das war aber nicht sehr klatschianisch -- oder doch? Vielleicht unterschied sich das klatschianische Essen, dass man in Ankh-Morpork verspeiste von jenem, dass in Klatsch zubereitet wurde. Er wimmelte die Serviererin mit einer energischen Handbewegung ab.
"Ich liebe die Speisen von Karim sal Pedra, er ist so ein guter Koch!" ließ der Zwerg verlauten.
War, dachte Bregs, er war ein guter Koch -- mehr oder weniger.
Bregs studierte das erste Mal, seitdem er hier war, die Speisekarte. Der nächste Gang klang recht ansprechend, gebratene Schlange und diversen Beilagen. Zum Glück aß er alles -- ähm -- fast alles. Nach zwei kleinen Snacks aus anderen Ländern folgten klatschianische Gerichte mit diversem Rattenanteil. Der Püschologe war sich ganz sicher, dass in keinem der Berichte von SUSI oder RUM von einem Zwerg die Rede war. Karim sal Pedra war Mensch, aber vielleicht fühlte er sich tief in seinem Inneren als Zwerg. So was gab es, bestimmt hätten dem Koch einige püschologische Sitzungen gut getan. Aber nun war es zu spät. Er sah sich um, beobachtete wie das gute silberne Besteck seiner Tischnachbarn durch den warmen Teigmantel glitten. Er sah wo anders hin.
In der mit Eisenbeschlägen verzierten Holzkiste unter seinem Stuhl klapperte es, schon seit längerem.
Er seufzte.
Hatte er nicht schon genug seltsame Blicke auf sich gezogen? Musste sie jetzt für noch mehr Aufsehen sorgen? Der Püschologe griff nach der klappernden Kiste und stellte sie auf dem Schoß ab.
Durch die kleinen Luftschlitze, die sich im Deckel befanden, sah man nichts als Schwärze. Bregs öffnete den Riegel der Kiste.
Ein Zischen drang aus dem Inneren.
"Wie konntest du mich bloß soooo lange hier drin lassen! Eine Unverschämtheit", die Stimme versuchte leise zu schreien. "Lass mich heraus!!"
Bregs schaute noch grimmiger drein, als er es sonst schon tat und öffnete die Kiste, damit Venezia heraus klettern konnte. Die stellvertretende Abteilungsleiterin der FROGs klopfte sich auf den Anziehsachen herum. Es wirkte wie ein stiller Vorwurf; Du bist Schuld! Sieh her wie ich ausschau! Nach der langen Zeit in der Kiste!. Die Gnomin rückte ihr Goldenes Halsband zurecht und zog die daran befestigte Goldkette aus der Kiste hervor.
"Glaub bloß nicht, dass wäre nur für dich peinlich!" flüsterte sie grimmig.
Sie kletterte auf Bregs Schulter und spürte schon die ersten seltsamen Blicke auf sich ruhen.
"Ach, sie haben auch so ein neumodisches Haustier", meinte eine ältere Dame schnippisch und piekste in ihre Augapfeltasche.
Veni knurrte.
"Ich finde so Schoßgnome total süß", die Worte kamen über die Lippen einer jungen Frau, sie war noch mehr ein Mädchen, und blickte Bregs lächelnd an; nicht das erste Mal, seitdem der Püscho hier war. "So niedlich", sie blinzelte.
Veni brummte etwas vor sich hin.
Der Abteilungsleiter seufzte und zog an der Goldenen Kette von Veni.
"Sei still", wies er sie zurecht.
Die Gnomin knurrte noch einmal. Ein leises böses murmeln kam über ihre Lippen:
"Wenn du noch einmal so fest an der verdammten Kette ziehst, wirst du lernen was es heißt, mein Büro mit einem Gnomenwischmop zu putzen!"
Bregs seufzte innerlich und ignorierte seine Stellvertreterin, die sich noch nicht wirklich daran gewöhnt hatte nicht mehr Schäffin zu sein, von da an. Er sah sich um, erblickte Rogi hinter der großen Tür und winkte sie herbei.
"Ja, Meifter?" fragte sie, als sie neben ihm erschien.
"Würdest du bitte die Kiste an dich nehmen?"
"Ja, Meifter." Die Igorina griff nach der Holzkiste und blickte an dem Püschologen vorbei, auf den Tisch.
"Waf ift daf, Meifter?"
"Auge... in Teigtasche ..."
"Mhh", drang es aus Rogis Mund.
"Hast du Hunger?"
"Oh, ich nehme ef gerne an mich, Meifter!"
Bregs wirkte erleichtert und reichte den Teller an die Igorina weiter, als diese die Kiste unter den Arm geklemmt hatte.
Inzwischen hatten sich unter die Turbane auch Eisenhelme gemischt.
Sidney, in Palastuniform gekleidet, betrat die volle Küche und sah sich um. Er registrierte etwa zehn Zwerge mit ordentlich geflochtenen Bärten und polierten Helmen.
Zu erst hatte der Werwolf den Duft von Frischem Brot in der Nase, doch irgendwie konnte sich solch ein Geruch nicht mit Zwergen vereinbaren und Brot gehörte auch nicht zu den nächsten Gängen der Klatschianer. Valdimier war damit beschäftigt Gemüse klein zuschneiden und bemerkte den Mitwächter nicht.
Sidney durchquerte die große Küche und bevor er sie wieder verließ stibitze er einige Schokoplätzchen von einem großen Backblech. Hier schien alles in Ordnung zu sein, befand der Chief-Korporal. Sein weiterer Weg führte in den Keller, der Palast war durchlöchert mit Geheimgängen, vielleicht fand er ja etwas Nützliches, bevor der Tag endete.
Beendet wurde der Abend mit einem Glas Met. Der süße Duft drang Skilla in die Nase. Sie wünschte sich in normale Sachen - und vor allem in normale Schuhe - und in den Eimer, mit netter Umgebung und einem guten Getränk - leider würde sie den Palast so schnell nicht wieder verlassen.
Bregs nahm das Glas dankend von ihr entgegen.
Das Mädchen ihm gegenüber lächelte und nippte an ihrem Met.
"Mhh", sie schloss die Augen und genoss den Schluck. "Was für ein honiglicher Geschmack", sie leckte sich mit der Zungenspitze über die Lippen. "Diesen Met müssen sie unbedingt probieren Lord Breguyar von Canis Maior Alpha."
Seit dem Bregs sich der jungen Frau vorgestellt hatte, war sein Titel das häufigste was er von ihr hörte. Er fand die Adelsgesellschaft schon schrecklich und wünschte sich von dieses Ort weit weg, doch junge heiratswillige Adlige setztem dem ganzen Übel noch das Sahnhäubchen auf, plus Cocktailkirsche.
Veni grummelte und drehte sich auf Bregs Schulter um, damit sie dieses erbärmliche Schauspiel nicht mit ansehen konnte.
Der Püschologe griff nach dem Glas und trank es in einem Zug aus.
"Ja, köstlich", er lächelte gezwungen und stand auf. "Eine ruhige Nacht wünsch ich ihnen."
Rogi folgte ihm, als er den Festsaal zusammen mit Veni verließ.
Schweigend gingen die drei freiwilligen Helfer durch einen langen Gang im dritten Geschoß des Palastes. Links und rechts gingen Zimmertüren ab.
Es schien eine Besenkammer zu sein, vor der Bregs stehen blieb - zumindest stand dies als Information auf dem Türschild - doch der Raum hinter der war erstaunlich groß.
In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch, um den sich die Frogs verteilt hatten. Rogi schloss hinter Bregs leise die Tür.
"Es sind ja gar nicht alle da", meckerte Venezia, die immer noch auf der Schulter des Feldwebels saß.
Magane, Skilla und Laiza saßen nebeneinander und schienen sich immer noch nicht an ihre Arbeitskleidung gewöhnt zuhaben. Sidney hatte es sich in einem alten Ohrensessel am Fenster bequem gemacht.
Draußen fielen Schneeflocken.
"Valdimier fehlt", bemerkte Bregs und setzte sich an den Tisch. "und..."
Die Tür ging auf.
"... Kanndra...", Bregs drehte sich um, "...da bist du ja."
"Entschuldigung, hab ich was verpasst?"
"Nein, wo ist Valdimier?"
"Er ist noch in der Küche und muss spülen", die Späherin setze sich ebenfalls.
"Gut, dann fangen wir schon mal an", schlug Bregs vor; "Was habt ihr bis jetzt erfahren können?"
"Das einige Herren ein lockeres Handgelenk haben ...?" Maganes Augen funkelten grimmig, als sie an den Klaps auf ihren Hintern dachte, "Aber ich bin total ruhig geblieben, Sör! Ich habe keine Nase gebrochen!"
"Toll", der Abteilungsleiter nickte schmunzelnd, "Irgendetwas Brauchbares?"
Magane meldete sich wieder zu Wort:
"In der Suite von Tihuan Azcatl habe ich nichts gefunden. Sie ist wie unbenutzt."
"Wenn ich jemanden umgebracht hätte, dann würd ich auch nicht überall was rumliegen haben", entgegnete Laiza.
"Lasst ihn uns festnehmen!"
Bregs ignorierte die Triffinsziel und wandte sich an Kanndra:
"Was macht unser RUM-Ermittler?"
"Er verhört immer noch Personal der Kochcrews."
"Und daf Perfonal hält erftaunlich dicht, För", fügte Rogi hinzu, "Ef wird wohl noch länger dauern bif die Verhöre abgefloffen find."
Es klopfte.
"Frösche??" drang es leise durch das Holz der Tür. Rogi öffnete und ließ Valdimier eintreten. Der Vampir setzte sich auf einen freien Platz am Tisch.
"Gibt es was neues bei dir?"
"Oh ja, Unmengen von Gerüchten", fing er an, "eine gehen davon aus, dass es Tihuan Azcatl war, andere meinen das es vielleicht jemand aus den eigenen Reihen war."
"Jemand von sal Pedras Personal?"
"Ja, er war wohl ein guter Koch, aber kein guter Mensch."
Bregs nickte und blickte herüber zu den drei Jungen Frauen.
Skilla und Laiza blickten sich an:
"Nun", fing die leichte Armbrustschützin an zu reden, "viel haben wir nicht erfahren, die Serviererinnen wissen wie es scheint alle nichts vom Mord..."
"Oder sie werden zum Schweigen gezwungen", fügte die Hauptgefreite ein.
"Ja, genau", sprach Skilla weiter, "Aber ich habe mit einigen Adligen gesprochen, sie fragten, welcher Koch nun dieses eine Gericht kochen würde."
"Die Streitigkeiten waren schon vorher bekannt", erklärte Bregs.
"Soweit ich es mit bekommen habe, kennen sich sal Pedra und Azcatl schon seit einigen Jahrzehnten."
Das war für Bregs leider nichts neues, all das hatte RUM in fünf Minuten heraus bekommen...
"Ernüchternd.... sehr ernüchternd ..."
"Wir hätten direkt jemand festnehmen sollen, dann hätten wir uns nicht so lächerlich machen brauchen", sagte Laiza. Magane sah sie grimmig an:
Das sind meine Worte du fiese kleine Giftnudel...!
"Es gibt da aber noch was, Sör!" sagte Magane.
"Ach ja?"
"Mir kam es etwas seltsam vor, wie Karim sal Pedra vorgefunden wurde."
"Mit einer Ratte im Mund?" sagte Kanndra.
"Ja, genau, vor allem, weil er nicht an ihr gestorben ist."
"Und vorauf willst du hinaus Obergefreite?"
"Nun ja, Ratten sind ja eigentlich Zwergensache ..."
"Jaa?"
"Ich habe mir mal ... erlaubt ... mir mal die zwergische Partei dieses Fressfestes anzusehen."
Bregs Auge funkelte argwöhnisch.
"Giselle Goldrose, heißt die gute Köchin."
"Goldrose?" unterbrach Sidney.
"Ja, ähm Künstlername."
"Oh meine Güte..."
"Magane."
"Ja, Sör?"
"Hattest du nicht einen klaren Befehl?"
"Oh, natürlich Sör", sie lächelte, "Ich sollte die Suite von Tihuan Azcatl durchsuchen."
"Beinhaltete mein Befehl noch irgendetwas anderes?"
"Ähm", die Triffinsziel überlegte kurz, "Nein, Sör."
Er hätte ihr natürlich jetzt eine Predigt über Auslegung von Befehlen halten können, allerdings hatte er ihr nicht befohlen kein anderes Zimmer zu betreten ... und dieser Tag war so mies gewesen. Wenn er die Augen schloss hörte er diese ätzende Streichmusik, das Gemurmel der Adligen und sah das lüsterne Lächeln dieser blaublütigen Göre. Er wollte das hier schnellst möglich hinter sich bringen.
"Du warst also in der Suite dieser Goldglocke?"
"...Rose."
"Egal, hast du irgendetwas Nützliches herausgefunden?!"
"Allerdings, Sör!"
"Und die wären?"
"Schein eine ziemlich moderne Zwergin zu sein. Trägt Röcke und schminkt sich", begann Magane, "In Ihrem Sekretär habe ich interessante Pamphlete gefunden."
"Was für Pamphlete?"
"Unter anderem ruft sie die Zwerginnen zu mehr Mut auf, sie sollen moderner werden. Aber sie will die Zwerge auch zu Vegetariern machen."
"Was ist daran schlimm?" fragte Laiza.
"Sie ist gegen Rattenfleisch! Und das als Zwerg!" motzte Magane.
"Klingt nach einem Fall von Dekadenz...", wisperte Bregs.
"Bitte was?" fragte Skilla.
Bregs seuftze:
"Dekadenz."
"Dekadenz?", wiederholte Laiza.
"Ja, Dekadenz!! Anscheinend will diese Goldrose die zwergische Kultur niederreißen."
"Ich glaub wohl kaum, dass sie das schafft. Ein Zwerg kann nicht ein ganzes Volk vom Rattenessen abhalten."
"Aber ein Zwerg kann es versuchen", meinte Kanndra.
"Und Karim sal Pedra war ein absoluter Freund von Ratten", sagte Bregs, "Die meisten seiner Gerichte haben Rattenanteil."
"Ja, außerdem hatte er eine Ratte im Mund", meinte Valdimier.
"Dann lasst uns diese Giselle Goldrose festnehmen", meinte Laiza.
"Wir haben keine handfesten Beweise", entgegnete Bregs.
"Allein der Name ist Grund genug sie festzunehmen!" platzte es aus der Triffinsziel.
"Ich finde es gibt genug Gründe."
"Rogi, sende bitte eine Taube zum Pseudopolisplatz und informiere sie über das Neuste."
"Ja, Bregf", antwortet die Igorina und verließ den Raum.
"Aber was machen wir denn dann?" fragte Sidney, sein Magen knurrte und so griff er in die Hosentasche, in der er immer noch die stibitzten Kekse hatte.
"Wir müssen den morgigen Tag abwarten, also richten wir unser Augenmerk auf diese Zwergin - hat jemand sie schon gesehen."
Valdimier nickte.
"Sie war heute schon einmal in der Küche um ihrem Personal auf die Finger zu schauen."
"Und was macht sie für einen Eindruck?"
"Sie ist eine ziemlich moderne Zwergin... mehr kann man eigentlich nicht sagen."
Ein böses Knurren erklang aus der Ecke wo Sidney saß. Die Augen des Werwolfes funkelten Böse.
"Äh...", meinte Skilla.
Sidney spuckte etwas in seine Hand und sprang auf.
"Diese Zwergin... sie wird ..." knurrte der Chief-Korporal, doch Bregs unterbrach ihn.
"Was ist los?"
Er hielt seinem Schäff die Hand hin, auf dem ein Stück seines Backenzahns lag.
"Zwergenkekse...", knurrte er.
"Der Zahn wächst wieder nach."
"Gib mir eine halbe Stunde und ich habe diese Goldi zu einem Geständnis gebracht", er rieb sich die Hände.
"Nein nein, so läuft das nicht. Wir warten den morgigen Tag ab, wir brauchen wenigstens ein Beweismittel. So, nun gehen wir alle schlafen!"
Donner grollte und schlug auf den Tisch.
"Du hast noch nicht gewonnen!" beschimpfte er Offler. Der Krokodilgott kratzte sich mit vier Händen gemütlich am Bauch. "Ich bin mir sicher, dass der Zwerg der Täter ist."
"Aber du weift es nicht Hundertprofentig", entgegnete Offler.
"Wieso auch? Bin ich denn Hellseher?"
"Aber ef kann trotfdem noch jemand anderef fein."
"Aber die Wache will ihn festnehmen...!" grollte Donner, seine Worte hallten im Pantheon wider.
"Die Wächter find auch keine Hellfeher", meinte das Krokodil.
"Vielleicht ist es auch jemand ganz anderes", meldete sich ein geringerer Gott zu Wort.
Die beiden Götter sahen ihn grimmig an.
"Daf fagte ich doch!" maulte Offler.
"Ich rede von jemand ganz anderem", seufzte der geringe Gott, "jemand außerhalb des Palastes."
"Ach, quatsch, es muss jemand von der Konkurrenz sein", grollte Donner.
"Nein", der geringe Gott seufzte erneut, "ihr seit ja alle so blind, die Wache ist so dumm. Ist euch aufgefallen, dass nur aus Klatsch ein offizieller Regierungsrepräsentant anwesend ist?"
Das Frühstück war traditionell. Vom Stammpersonal der Palastküche zubereitet. Rührei, warme Brötchen, Speck und was sonst noch so auf einen morgendlichen Frühstückstisch stehen musste.
Die angereisten Köche saßen alle gemeinsam an einer separaten großen Tafel und frühstücken ebenfalls.
Tihuan Azcatl saß ebenfalls am Tisch, still am Ende der Tafel. Er schmierte sich gerade ein Brötchen und ließ einige Kräuter auf die Butter fallen. Er wirkte verstört, vielleicht kam es Laiza auch nur so vor, die gerade Tee an den Tisch brachte.
Die GiGa hatte großes Verlangen nach einer Zigarette, doch in ihrem knapp bemessenen Dress hatte keine Zigarettenschachtel und kein Streichholz mehr gepasst.
Sie lächelte freundlich, doch er nickte nur mit einem ausdruckslosen Gesicht und biss in sein Brötchen.
Doch Giselle Goldrose, die nun die neue Hauptverdächtige war sah alles andere als betrübt aus. Sie bis gerade in eine Tomate und füllte das Kreuzworträtsel in der Ankh-Morpork Times aus.
Alles wäre viel leichter, wenn man sie einfach festnehmen würde.
Aber nur weil Vetinari kein Aufsehen erregen möchte, mussten die Wächter ein dämliches Versteckspiel spielen.
Leichte Unterhaltung durch die Narrengilde löste das Frühstück ab. In der Küche wimmelte es von Serviererinnen die darauf warteten, dass der erste Gang des heutigen Tages fertig wurde.
Die freiwilligen Helferinnen, Skilla und Laiza, standen, aufgrund der frischeren Luft im Gang vor der Küche. Etwas weiter entfernt saß Kanndra auf einem Stuhl und war in einem Buch vertieft, zumindest schien es so, doch als sich eine männliche Person der Küche näherte blickte sie kaum merklich auf. Zuerst ordnete sie die Person der klatschianischen Kochcrew zu, die Kleidung war weiß und der Mann trug einen Turban. Doch als er an ihr vorbei war und sie den Kopf hob merkte sie, dass sie diesen Mann noch nie in der Nähe der Küche gesehen hatte.
Kanndra stand auf und legte das Buch auf den Stuhl.
Er lächelte den zwei Frauen zu, die freundlich zurück lächelten und beiseite traten.
Ohne Umschweife betrat er die Küche.
Kanndra kam hektisch auf die zwei Kolleginnen zu.
"Wer ist das?!"
Skilla zuckte mit den Achseln.
"Woher sollen wir das wissen? Er ist irgendeiner der Adligen", antwortete Laiza.
Kanndra öffnete die Tür und blickte in die Küche.
"Ich hätte gerne noch einen."
"Aber die Brutzler gab es gestern, Herr Abdulah Bayrak", entgegnete eine junge Klatschianerin dem älteren Mann.
"Egal, ich hätte gerne Brutzler, anstatt dieses komische Gemüse, das als Vorspeise angeboten wird", beharrte Bayrak.
"Was ist denn jetzt los", wisperte Laiza. Kanndra antwortete mit einem Schulterzucken und trat ein.
"Kann ich irgendwie behilflich sein?" lächelte Kanndra.
"Ich will einen Brutzler!"
"Aber es gibt jetzt ..."
"Kommen sie junge Dame, sie haben ja keine Ahnung", der Klatschianer schob die junge Frau bei Seite, "ich will jemand sprechen, der Ahnung hat."
Kanndra seufzte und trat näher an ihn heran.
"Hallo, kann ich ihnen behilflich sein?"
Der Mann sah sie von oben bis unten an.
"Wohl kaum."
"Wo ist Karim sal Pedra! Er wird mir mit Vergnügen einen Brutzler zu bereiten!"
Der schwerwiegende Verdacht, dass irgendetwas drohte schief zu laufen machte sich bei den anwesenden FROGs breit. Valdimier stand in einer hinteren Ecke der Küche und hatte aufgehört Gemüse zu schneiden.
"Was verdammt ist ein Brutzler?" fragte Laiza.
"Ein Delikatesse!" empörte sich Bayrak. "Und nun will ich den Chefkoch sprechen."
"Das geht nicht", meinte Kanndra, hakte sich in seinem Arm ein und führte ihn aus der Küche.
"Was erlauben sie sich eigentlich!"
"Was ist ein Brutzler ...?" fragte Laiza noch einmal, als sich die Tür hinter den Beiden langsam schloss."
"Irgendein Fleisch, in einem Topf mit ganz viel Käse, der am Rand ne Kruste hat in der Mitte Blasen wirft."
"Ach dieses Zeug.
"Ich will sofort Karim sprechen!" beharrte Bayrak und wurde zunehmend lauter, "Er versprach mir jeden Wunsch bezüglich des Essens zu erfüllen!"
Kanndras Gedanken rasten. Was sollte sie bloß machen ... hilfesuchend blickte sie zur Küchentüre, die eifrig hin und her schwang. Jemand hatte die Küche verlassen.
Jemand versuchte auf seinen Stöckelschuhen das Gleichgewicht zu halten, während sie durch die Gänge rannte.
Die GiGa wurde vor der großen Saaltür langsamer, um zu vermeiden mit großem Aufsehen in die Menge zu platzen. Diskretion, rief sich Laiza in Erinnerung, obwohl die schon längst verflogen war.
Japsend kam Laiza auf Rogi zu. Die Igorina stand wie auch am vorherigen Tag neben der großen Tür.
"Rogi", wisperte sie, "Es gibt Probleme! Bregs und Veni müssen sofort zur Küche kommen!"
"Waf ift denn ...?"
"Keine Zeit verschwenden!"
"Okay..."
Laiza fühlte sich beobachtet. Kurz blickte sie sich um, bevor sie den Saal wieder verließ und sah Vetinari. Er saß in seiner gewohnten Position, mit an einander gelegten Fingerspitzen, am Kopf der Tafel.
"Okay, er war anwesend", meinte der geringe Gott.
Es war ätzend wenn man in die Zukunft blicken konnte. Der Geringe Gott seufzte. Zumindest war es ätzend, wenn man in die Zukunft blickte und so gut wie nichts sah.
Die drei Götter, Offler, Donner und der geringe Gott blickten auf die Welt hinab. Dort sahen sie mehr, als in der nahen Zukunft.
Die Wächter kamen fast gleichzeitig an der Küche an. Skilla hatte die RUM-Ermittler geholt, die immer noch ihre Verhöre im Palast durchführten. Der klatschianische Repräsentant schien kaum zu bändigen, er gestikulierte wild mit den Armen und lief rot an.
"Bild ohne Ton ist echt zum Kotzen", meckerte der Geringe Gott.
"Der Schäff schläft, also püüscht!" fuhr ihm Donner über den Mund.
"Mufft du gerade fagen!", grummelte Offler leise. "Du bift doch fo laut!"
Abdulah Bayrak flüchtete aus dem Kreis der Wächter und rannte fluchend den Gang entlang. Zumindest schien er zu fluchen, denn er bewegte hektisch die Lippen und sah sehr sauer aus.
"Davon wird der Patrifier gar nicht begeiftert fein..." kommentierte Rogi die Situation.
"Wohl war", stimmte Valdimier zu, der gerade aus der Küche trat.
"Lasst uns diesen halben Meter endlich festnehmen und dann hat sich die ganze Sache hier!!"
"Wir haben aber keinen Beweis, Sid", wies Bregs noch einmal darauf hin.
"Dann werde ich jetzt einen suchen!"
"Genau! Einfach festnehmen, der Junge gefällt mir!" grollte Donner.
"Püüüüft!"
"Püüüscht!"
"Jaaa, is ja gut ..."
Inzwischen war sein Backenzahn natürlich wieder nachgewachsen, doch dass spielte jetzt keine große Rolle. Er hatte den Zahn verloren, oder zumindest ein Stück und das war was zählte. Sidney streifte durch die Küche. Alle Anwesenden hatten ohne Kommando ihre Arbeit gestoppt und blickten ängstlich zu dem Werwolf.
Bregs hoffte, dass er nichts Unüberlegtes tat.
Er knurrte als er die Kekse wieder entdeckte, er griff nach einem.
"Zwergenkekse!!" er hob ihn in die Luft, "Richtig?"
Ein Zwerg nickte zaghaft.
Er schmiss ihn über die Schulter weg und streifte weiter umher.
Rogi räusperte sich laut.
"Fidney? Ich glaub du brauchft nicht mehr fu fuchen..."
Alle Blicke wandten sich zur Igorina, die darauf hin auf die Speisekarte zeigte, die an die Wand gepinnt war.
"Damit hat fich unfer Dienft wohl erledigt. Erfte Vorfpeife von Gifelle Goldrofe: Fwergenkekfe mit Fukerrübenfirup!"
Von den FROGs kam ein erleichtertes Schnaufen.
"Gut", meinte Veni und löste die dämliche Halskette. "Soll sich RUMs drum kümmern und die ganze Zwergenmannschaft festnehmen. Schluss mit diesem Kinderkram. Ich hoffe ich muss nie wieder dein Haustier spielen!" meckerte die Gnomin den Abteilungsleiter an.
"Na, dass hoffe ich auch!"
"Das war es jetzt?" fragte Magane vorsichtig.
"Ja, mit dem Rest haben wir nichts zu tun."
"Der Beweis ist geliefert", meinte Veni.
"Aber ...", hörte man den leisen Einwand eines Ermittlers.
Die Freiwilligen Helfer wechselten freudige Blicke. Dieses schnelle Ende war genau das richtige, das sie jetzt brauchten. Raus aus den Stöckelschuhen, weg vom Küchendunst ...
Und wenn sie ...
"... auf der falschen Spur waren?" wandte der geringe Gott ein. "Vielleicht war es jemand ganz ..."
"Halt die Klappe."
"Genau, fei ftill."
Der geringe Gott grummelte.
Sollten die Adligen ohne wächterliche Aufsicht weiter fressen. Wenn das Fest überhaupt noch weiterging ...
"Mit Diskretion hatte das wohl nicht mehr viel zu tun", meinte Skilla.
Bregs musste leider zustimmend nicken.
"Das könnte noch Ärger geben."
"Und alles wegen einem Haufen brutzelndem Käse mit Fleisch drin."
Der Wind pfiff eisig.
Ein Aushang der Ankh-Morpork Times klammerte sich mit aller Macht an einer Häuserwand.
Der Star-Koch Karim sal Pedra tot! Der Klatschianische Repräsentant Abdulah Bayrak abgereist! Wache nahm Zwergen-Köchin fest!! |
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