Wie vom Schlager getroffen (ein Musical)

Bisher hat keiner bewertet.

von Obergefreiter Charlie Holm (SUSI)
Online seit 07. 11. 2004
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Ein ansteckender Zauber macht die Stadt unsicher - oder zumindest lauter...

Dafür vergebene Note: 14

Vorwort des Autors, der eigentlich kaum etwas mehr hasst als Autorenvorworte vor Singles: Dieser Text liegt inzwischen fast ein Jahr bei mir herum, und mir ist nie ein vernünftiges Ende eingefallen. Aber da das Ende nun einmal vom Herumliegen auch nicht besser wird, und die Missionsseite gerade so leer wirkt, schicke ich ihn einfach trotzdem mal ein :-) Für den besten Effekt sollte man zuerst herausfinden, auf welchen Liedern die einzelnen Musical-Abschnitte basieren, und das entsprechende Stück dann jeweils als Hintergrundmusik hören.


BILD 1
Das Bühnenbild zeigt eine typische Kneipe. Hinten an der Wand befindet sich ein Regal voll verschiedener Flaschen, davor eine Bar mit Hockern. Weiter vorne sind einige kleine Tische verteilt. Die ganze Ausstrahlung und das gemütliche Aussehen dieser Lokalität weisen darauf hin, dass dies eine Kneipe ist, in die man nicht zur Geselligkeit geht, sondern einfach nur, um in Ruhe und ohne Furcht, dass eine Schlägerei ausbricht, zu trinken. An einem der Tische sitzt OBERGEFREITER CHARLIE HOLM. Vor ihm steht ein Glas Wein, und er hat eine Zeitung aufgeschlagen, so dass das Publikum sein Gesicht nicht sehen kann - nur den Pfeifenrauch, der hinter der Zeitung aufsteigt. Ganz in einer Ecke der Bar sitzt auf einem Hocker ein offensichtlich stark angetrunkener junger ZAUBERER (die Kleidung und der spitze Hut kennzeichnen ihn eindeutig als einen solchen). Mehrere leere Gläser stehen vor ihm auf dem Tisch. Außerdem stehen an der Bar (weiter im Zentrum der Bühne) DREI MÄNNER, die sich in gedämpften Tonfall unterhalten (dies ist keine von den Kneipen, in denen man laut wird). Hinter der Bar steht der WIRT und geht der typisch wirtlichen Beschäftigung des Glasputzens nach.

ZAUBERER (leicht lallend): Wirt! Wirt!

Der WIRT kommt an

ZAUBERER (auf sein Glas deutend): Noch einen Korn bitte.

WIRT: Tut mir Leid, wir haben keinen mehr - das war der letzte.

ZAUBERER (entrüstet): Was?

Auf einmal, wie von einem unsichtbaren Marionettenspieler bewegt, steht der ZAUBERER ruckartig auf. Silbrig glitzernde Funken, fast wie winzige Sterne, erscheinen um ihn herum. Der WIRT macht erschrocken einen Schritt zurück, und sowohl CHARLIE als auch die DREI MÄNNER drehen sich zum Geschehen um. Der ZAUBERER wandert zur Bühnenmitte.

ZAUBERER:
Samstagabend, und mein Kopf ist zu klar.
Schon seit Mittag sitz ich hier an der Bar.
Nach jeder Flasche, die du mir gezeigt, hab ich gewunken.
Jetzt kommst du wieder, denn mein Glas, das ist leer
Und ich sage: "Bring mir noch'n Korn her".
Doch du lachtest und sprachst: "Du hast alles ausgetrunken.."

Weil mir mein Korn fehlt, komm ich nicht mehr her,
Denn ich will trinken, und du gibst mir nichts mehr
Noch kann ich stehen, und mein Durst quält mich sehr
ich will saufen.
Weil mir mein Korn fehlt, bin ich nicht mehr froh,
Und dein Whisky, der stinkt mir sowieso,
Weil mir mein Korn fehlt, muss ich's mir irgendwo
anders kaufen...


Während des Gesangs sind die Funken quer durch den gesamten Raum geflogen. Jetzt wendet der ZAUBERER sich wortlos ab und verlässt das Gebäude. Die übrigen Anwesenden haben die Vorstellung erstaunt verfolgt. CHARLIE zieht nachdenklich an seiner Pfeife.

ERSTER MANN: Was war das denn?

WIRT: Keine Ahnung. Die spinnen, die Zauberer...

ZWEITER MANN: Aber gut singen konnte er, das muss man ihm lassen.

DRITTER MANN (zum Wirt): Erik, noch eine Runde von diesem Mangococktail.

WIRT (geht wieder zu den Männern): Ich habe euch schon gesagt, ihr müsst erst eure Schulden begleichen. Vorher gibt's nichts mehr.

Die MÄNNER protestieren.

Der WIRT zögert kurz, als um ihn plötzlich ebenfalls Funken herum tanzen. Er schaut die MÄNNER genervt an.

WIRT
Ihr trefft euch hier täglich um viertel nach acht.
[MANN 1: Ooohoho!
MANN 2: Oh yeah.]
Am Stammtisch, da bleibt ihr bis spät in die Nacht
[MANN 1: Ooohoho!
MANN 2: Oh yeah.]
Und wenn ihr erst loslegt, bestellt ihr reihum,
Erst Whisky, dann Knieweich, dann Cocktails, dann Rum!
Auch Biere: Mal Helles, mal Dunkles, stets Kaltes - aber bitte bezahlt es!

Ihr leert eure Krüge und trinkt hinterher
[MANN 1: Ooohoho!
MANN 2: Oh yeah.]
Noch ein bis zwei Gläser mit Kräuterlikör
[MANN 1: Ooohoho!
MANN 2: Oh yeah.]
Ihr lallt und ihr taumelt, fast geht nichts mehr rein.
Nur ein Kräuterschnaps höchstens, denn Ordnung muß sein.
Alle Arten von Alkohol jeden Gehaltes - aber bitte bezahlt es!

Und es musste so enden, wie man sich das denkt,
[MANN 1: Ooohoho!
MANN 2: Oh yeah.]
Die Schulden, die haben den Rahmen gesprengt.
[MANN 1: Ooohoho!
MANN 2: Oh yeah.]
Darum solltet ihr endlich die Rechnung bezahlen,
sonst endet's für euch nur mit Schmerz und mit Qualen!
Wenn ich jetzt nicht bald Geld seh, dann gibt's was Geballtes, Also bitte bezahlt es!

[MANN 1: Noch ein Gläschen mit Sekt.]
Aber bitte bezahlt es!
[MANN 2: Irgendwas anderes, was schmeckt.]
Aber bitte bezahlt es!
[MANN 3: Oder kann's vielleicht noch ein Bier sein?]


WIRT: Nein verdammt, kann es nicht!

Die vier Männer halten inne und merken erst jetzt, was vorgefallen ist. Sie sehen sich entgeistert an.

MANN 1: Was zum...

WIRT: Verdammter Zauberer!

CHARLIE ist während des Liedes aufgestanden, und in Gedanken versunken mit der Pfeife im Mund zum vorderen Teil der Bühne gegangen. Er zieht einmal an der Pfeife und blickt nachdenklich ins Publikum, während sich die Männer und der Wirt hinter ihm zu zwei Paaren zusammentun und beginnen, Tango zu tanzen.

CHARLIE
Und sie tranken was mit Mango,
Die, die vorn am Tresen saßen.
Und ich saß hier und las Zeitung
mit 'nem Glas voll gutem Wein.

Der Wirt putzte eifrig Gläser,
und da saß ein Herr mit Spitzhut
Er trank ein Glas nach dem andren,
schien schon ziemlich voll zu sein.

Kriminaltango in der Taverne,
seltsame Lieder, funkelnde Sterne
Irgendein Zauber lässt uns hier singen,
Glitzernde Funken zieh'n durch die Luft.

Und sie tranken was mit Mango
die, die vorm am Tresen saßen,
Der mit Spitzhut fragt den Barmann:
"Hab'n Sie noch was hiervon da?"

Plötzlich fängt er an zu singen,
und der Wirt der singt als nächstes.
Dieser Zauber, der greift um sich,
es ist wirklich sonderbar.

Kriminaltango in der Taverne,
seltsame Lieder, funkelnde Sterne
Ich werd' um diese Sache mich kümmern,
Bin von der Wache, drum bleibt jetzt ruhig.

Bleibt nur hier bei eurer Mango,
ihr die vorn am Tresen saßet.
denn die Wache wird's schon richten,
bleibt bloß hier an diesem Ort.

Denn der Herr, da mit dem Spitzhut,
der bestimmt ein Magier war,
wird bestimmt so manches wissen,
doch der Herr der ist schon fort

Kriminaltango in der Taverne,
seltsame Lieder, funkelnde Sterne
Abend für Abend immer das Gleiche,
In dieser Stadt hat man niemals frei.


CHARLIE (zum Wirt): Es ist am besten, wenn ihr erst einmal hier bleibt - je weniger Leute sich mit dieser Sache anstecken, umso besser.

WIRT und MÄNNER stimmen, immer noch verwirrt, zu.

CHARLIE ab

BILD 2
Wir sehen den Empfangsraum der Stadtwache von Ankh-Morpork am Pseudopolisplatz. Ein REKRUT sitzt am Tresen und bohrt gelangweilt in der Nase. STABSSPIESS ATERA ist gerade dabei, sich auf den Heimweg zu machen, als CHARLIE HOLM außer Atem den Raum betritt.

ATERA (überrascht): Obergefreiter? Hast du nicht schon lange Feierabend?

CHARLIE (schwer atmend): Ja, aber... es ist etwas passiert. Ich wollte schnell Meldung machen.

ATERA: Was denn?

CHARLIE: Das ist eine lange Geschichte...

CHARLIE zögert kurz, als es um ihn herum zu funkeln anfängt. Der REKRUT spring auf, und er und ATERA weichen einen Schritt zurück.

ATERA: Was ist denn das?

CHARLIE
Es war schon dunkel, als ich durch Morporks Gassen heimwärts ging.
Da war ein Wirtshaus, aus dem das Licht noch auf den Gehsteig schien.
Ich hatte Zeit und mir war kalt, drum trat ich ein.

Da standen einige junge Männer vorne an der Bar,
Und in der Ecke da saß ein Kerl, der sicher Zaub'rer war.
Als er mich sah, da schenkt' der Wirt ein Bier mir ein.

Morporker Bier
ist so wie der Schlamm des Flusses
Mit dem Plaisier
eines alten Blutergusses
Drum bringe doch
Lieber etwas Weißwein her zu mir,
Ich danke dir!

Morporker Bier
trink ich ganz gewiss nie wieder.
Wenn ich's probier
dann streckt der Geschmack mich nieder,
drum trink ich Wein,
denn was ich im Magen hab' verlier
ich sonst hier.

Auf einmal stand dieser Magier auf und sang dem Wirt was vor, Und als er fort war, sang auch der Wirt und hinter ihm ein Chor.
Ja irgendwie hat er wohl alle angesteckt.

Ich lief hinaus um dem Zaub'rer hinterher zu geh'n
doch von ihm war leider weit und breit nichts mehr zu seh'n
Ich suchte noch, doch hab' ihn nirgendwo entdeckt.

Morporker Bier
ist so wie der Schlamm des Flusses
Mit dem Plaisier
eines alten Blutergusses
Drum bringe doch
Lieber etwas Weißwein her zu mir,
Ich danke dir!

Morporker Bier
trink ich ganz gewiss nie wieder.
Wenn ich's probier
dann streckt der Geschmack mich nieder,
drum trink ich Wein,
denn was ich im Magen hab' verlier
ich sonst hier.


Na ja, und dann bin ich gleich hierher gekommen. Ich denke, jemand von SEALS kann da besser...

ATERA: Willst du damit sagen, dass du mich jetzt auch angesteckt hast?

CHARLIE: Nun, so wie es aussieht...

ATERA: Na herzlichen Dank! Pass auf: Du gehst jetzt noch einmal, findest den Zauberer und klärst die Sache - und zwar möglichst noch vor morgen früh, klar? Solange es Nacht ist, werden sich noch nicht zu viele Leute daran stören...

CHARLIE: Aber... ich habe doch gesagt, ich habe den Zauberer nicht gefunden! Und SEALS ist doch...

ATERA: Von wegen! Erstens habe ich schon lange Feierabend, und zweitens bist du der einzige, der weiß, wie dieser Kerl aussieht. Bei welcher Taverne warst du?

CHARLIE: Sie heißt 'Tropfen'. Da gehe ich öfter mal nach Dienstschluss hin.

ATERA: Der Tropfen? Dann frag mal das Stinkende Trio. Das sind drei Bettler, die eigentlich immer in einer kleinen Gasse schräg gegenüber von der Taverne sitzen. Die haben deinen Zauberer bestimmt gesehen. Und wenn du ihn nicht findest, dann lauf zur Universität und sag dort Bescheid, dass die Zauberer sich darum kümmern sollen.

CHARLIE (zweifelnd): Na gut...

CHARLIE salutiert und ab

BILD 3
Eine leere Straße, im Hintergrund eine Häuserfront. Links drei BETTLER, die um ein brennendes Fass hocken, rechts liegt auf einer Bank reglos der ZAUBERER, eine leere Flasche neben sich. Der Scheinwerfer ruht auf den BETTLERN, während der ZAUBERER im Dunkeln liegt. CHARLIE tritt von links auf.

CHARLIE (räuspert sich): Äh... hallo?

BETTLER 1: Wasnlos?

CHARLIE: Entschuldigt, wenn ich störe, aber habt ihr hier vor einer Stunde oder so einen Zauberer gesehen?

BETTLER 2: Hau ab, Wächter. Wir haben zu tun.

CHARLIE (mustert die Bettler skeptisch): Zu tun?

BETTLER 1: Wir betteln. Also, selbst wenn wir ihn gesehen haben, haben wir echt keine Zeit, dir zu helfen.

CHARLIE: Betteln? Erstens ist es mitten in der Nacht, und zweitens ist Betteln doch nicht gerade anstrengend, oder...

BETTLER 1 (entrüstet): Was? Nicht anstrengend! Ha!

BETTLER 1
Das bisschen Betteln, macht sich von allein,
[BETTLER 2 UND 3: Sagt der Mann!]
Das bisschen Schnorren kann so schwer nicht sein,
[BETTLER 2 UND 3: Sagt der Mann!]
Wie sich ein Bettler überhaupt beklagen kann, ist unbegreiflich, [BETTLER 1, 2 UND 3: Sagt der Mann!]

Das bisschen Sitzen oh wie wohl das tut,
[BETTLER 2 UND 3: Sagt der Mann!]
die Münzen fliegen von selber in den Hut
[BETTLER 2 UND 3: Sagt der Mann!]
Wie denn ein Bettler nur darüber stöhnen kann,
ist ihm ein Rätsel,
[BETTLER 1, 2 UND 3: Sagt der Mann!]

ALLE BETTLER:
Und was der Mann sagt, stimmt haargenau,
er muss das wissen, er ist ja furchtbar schlau.


BETTLER lachen.

CHARLIE: Also ist er hier vorbeigekommen.

BETTLER 1: Ja... er hat so'n komisches Lied gesungen, uns 'ne Flasche Fusel abgekauft, und ist zum Park gelaufen.

CHARLIE: Zum Park? Danke!

CHARLIE wandert weiter. Das Licht über den BETTLERN geht aus, während das über dem ZAUBERER langsam angeht. CHARLIE nähert sich dem - offensichtlich schlafenden - ZAUBERER. und packt ihn an der Schulter.

CHARLIE (schüttelt den ZAUBERER): He! Wach auf!

ZAUBERER (schreckt auf): Hm? Was iss'n?

Der ZAUBERER schaut CHARLIE verständnislos und verkatert an.

CHARLIE: Das ist eine gute Frage. Alle möglichen Leute in der Stadt fangen auf einmal zu singen an, und ich bin sicher, du kannst mir sagen, wieso.

ZAUBERER: Ich... äh... wieso... (seufzt und blickt CHARLIE traurig an) Na gut. Hör zu...

ZAUBERER
Wir lagen träumend im Gras,
die Köpfe voll verrückter Sachen,
da sagte er nur zum Spass:
"Komm, lass uns einen Zauber machen."
Doch der Spruch ging daneben
und Ronny wusste nicht, was geschah
wir sahen Licht und Farben.
Danach war's nicht, wie's früher einmal war!

Am Tag, als Ron den Zauber sprach und alle Leute sangen-
Am Tag, als Ron den Zauber sprach und der Effekt zu stark zu sein schien Das war ein schwerer Tag, weil in mir eine Welt zerbrach.

Er sagte "Ich schaff' das allein",
das gab mir wieder neuen Mut.
Ich redete mir ein,
bald ist wieder alles gut
Doch als sich nichts zu ändern schien,
da kriegte ich Angst, was die Zukunft bringt.
Leute würden mich doch hassen,
wenn ich Schuld bin, dass jeder Mensch hier singt.

Am Tag, als Ron den Zauber sprach und alle Leute sangen-
Am Tag, als Ron den Zauber sprach und der Effekt zu stark zu sein schien Das war ein schwerer Tag, weil in mir eine Welt zerbrach.

Zum Abschied da sagte er
"Ich werd' jetzt nach Hause gehen"
Ich schrie ihn an, "oh komm zurück",
doch da war er schon nicht mehr zu sehen.
Ich hatte nicht einmal mehr Hoffnung,
ich hatte alles gezaubert, was ich kann.
Ich wusste nicht mehr weiter,
Drum ging ich fort, und fing zu trinken an.

Am Tag, als Ron den Zauber sprach und alle Leute sangen-
Am Tag, als Ron den Zauber sprach und der Effekt zu stark zu sein schien Das war ein schwerer Tag, weil in mir eine Welt zerbrach.


Der ZAUBERER wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel

ZAUBERER: So, jetzt weißt du es.

CHARLIE: Das heißt also, du und ein Freund, ihr habt Mist gebaut, und jetzt seid ihr zu feige, für eure Taten gerade zu stehen, ja?

ZAUBERER (druckst verlegen herum): Nun ja...

CHARLIE: Wo ist dein Freund, dieser Ronny, jetzt?

ZAUBERER: Ich weiß es nicht. Er hatte gesagt, er geht in seine Wohnung zurück und dort weiter versuchen, den Zauber rückgängig zu machen. Aber da war ich schon, da ist er nicht.

CHARLIE: Hat er Angst vor den Konsequenzen von eurem kleinen Zauber gekriegt, ja? Na gut - dann würde ich vorschlagen, wir beide gehen jetzt zum Erzkanzler und bitten den um Hilfe.

ZAUBERER: Zum Er... Erzkanzler? Aber... aber...

CHARLIE: Wenn ihr es nicht selbst schafft, euren Fehler gut zu machen, bleibt euch wohl nichts anderes übrig, oder?

ZAUBERER: Aber... der Erzkanzler... ich meine... man hört da Geschichten, was er... ich...

CHARLIE: Was für Geschichten denn?

ZAUBERER: Als ich noch studiert habe, da hatte ich da einen Freund, und eines Tages saßen wir zusammen auf unserer Bude, und...

Der ZAUBERER hält kurz inne, bevor er zu singen anfängt:

ZAUBERER
Und nach dem Abendessen sagte er,
lass mich noch eben mit dem Kanzler sprechen geh'n,
Die Prüfung letzte Woche war nicht fair,
ich werd ihn bitten, nochmal nachzuseh'n,
er zog die Tür zu, ging stumm hinaus,
ins große, graue Treppenhaus,
es roch nach gutem Wein und Abendbrot,
und auf der Treppe dachte er, wie wenn das jetzt vergebens wär,
wahrscheinlich grinst er nur und lacht sich tot,
und lacht sich tot

Ich war noch niemals wirklich dort
ich war noch niemals bei dem Herrn
ging nie zu seiner Tür und blieb nie davor steh'n
Ich war noch niemals wirklich dort
ich blieb ihm immer lieber fern
ich müsst' verrückt sein, um in sein Büro zu geh'n.

Und als er oben vor der Türe stand,
klopfte er und wartete auf ein "Herein"
doch die erhoffte Reaktion blieb aus,
drum öffnete er und trat zögernd ein.
Er spürte einen Luftzug dort am Ohr,
und trat noch ein, zwei Schritte vor,
Als mitten im Raum er den Kanzler sah.
Der hielt 'ne Armbrust in der Hand, ein Bolzen steckte in der Wand,
Da war vor Schreck er einer Ohnmacht nah,
einer Ohnmacht nah...

Ich war noch niemals wirklich dort
ich war noch niemals bei dem Herrn
ging nie zu seiner Tür und blieb nie davor steh'n
Ich war noch niemals wirklich dort
ich blieb ihm immer lieber fern
ich müsst' verrückt sein, um in sein Büro zu geh'n.

Dann wandte er sich voller Grauen ab
und rannte wie verrückt hinab,
durchs Treppenhaus mit gutem Wein und Abendbrot,
ich fragte "Mann, was ist denn los, du zitterst ja, was war denn bloß?",
er sagt: "Was los ist? Ich wär' jetzt fast tot!"

Ich war noch niemals wirklich dort
ich war noch niemals bei dem Herrn
ging nie zu seiner Tür und blieb nie davor steh'n
Ich war noch niemals wirklich dort
ich blieb ihm immer lieber fern
ich müsst' verrückt sein, um in sein Büro zu geh'n.


CHARLIE (unbeeindruckt): Tja, du hast die Wahl: Entweder kommst du mit, oder die ganze Stadt erfährt morgen, dass du für diesen Schlamassel mitverantwortlich bist.

ZAUBERER (unwillig): Okay, okay... (steht auf und macht sich bereit, Charlie zu folgen)

CHARLIE (im Gehen): Wie heißt du eigentlich?

ZAUBERER: Bernd.

BILD 4
Eine schwere zweiflüglige Tür trennt die linke Hälfte der Bühne von der rechten. Vor der Tür steht, in die traditionelle Uniform gekleidet, ein BRÜLLER - einer der Pförtner der Unsichtbaren Universität. Von links treten CHARLIE und BERND auf.

BRÜLLER: HALT! NACHTS KOMMT HIER NIEMAND REIN! DIE ZAUBERER SCHLAFEN!

CHARLIE (murmelnd zu sich selbst): So, wie du brüllst, jetzt sicher nicht mehr... (laut:) Ich bin Obergefreiter Charlie Holm von der Stadtwache. Ich möchte den Erzkanzler sprechen.

BRÜLLER: DANN SPRICH DEN ERZKANZLER MORGEN, OBERGEFREITER CHARLIE HOLM VON DER STADTWACHE! DIE ZAUBERER SCHLAFEN!

CHARLIE: Aber es geht um einen missratenen Zauber. Ich brauche fachkundige Hilfe.

BRÜLLER (deutet auf Bernd): UND WAS WILL ER HIER?!

CHARLIE
Er gehört zu mir, ja wir sind gemeinsam hier.
Also öffne die Tür!
Bitte lass uns jetzt zum Kanzler rein,
[BRÜLLER: NAAA NAA NAA NA, NA NA NA!]
denn sonst muss ich wohl brutaler sein,
[BRÜLLER: NAAA NAA NAA NA, NA NA NA!]
Ich bin von der Wache
[BERND: Uuuhhhuuuhhuuu!]
das steht hier auch drauf
[BERND: Uhuuuhuu!]
und ich sage mache
den Eingang jetzt auf!

Er gehört zu mir, ja wir sind gemeinsam hier,
Also öffne die Tür!
sonst hol ich mir einen Troll dazu
[BRÜLLER: NAAA NAA NAA NA, NA NA NA!]
und der bricht das Tor hier auf im Nu
[BRÜLLER: NAAA NAA NAA NA, NA NA NA!]
Du kannst selbst entscheiden
[BERND: Uuuhhhuuuhhuuu!]
was die Zukunft bringt
[BERND: Uhuuuhuu!]
um Unglück zu vermeiden
öffne geschwind!

Schau, bisher hab ich's dir leicht gemacht
[BRÜLLER: NAAA NAA NAA NA, NA NA NA!]
hab' noch nicht Verstärkung mitgebracht
[BRÜLLER: NAAA NAA NAA NA, NA NA NA!]
doch jetzt werd' ich sauer
[BERND: Uuuhhhuuuhhuuu!]
und hol einen Troll
[BERND: Uhuuuhuu!]
der kommt durch die Mauer,
wenn's denn so sein soll.

Er gehört zu mir... ganz sicher zu mir...
ganz sicher zu mir...


(CHARLIE wird langsam leiser)

BRÜLLER (nach kurzer Pause): ICH SAGE DEM ERZKANZLER BESCHEID, OBERGEFREITER CHARLIE HOLM! WARTET HIER!

(BRÜLLER ab)

BERND: Das hat ihn anscheinend überzeugt.

CHARLIE: Ja. Hoffentlich kann Ridcully uns auch helfen.

BERND: (grummelt etwas Unverständliches)

CHARLIE: Wie bitte?

BERND: Ich sagte, Ronny kann sich auf etwas gefasst machen, wenn ich den Feigling erwische. Er hat das ganze Chaos verursacht, und jetzt versteckt er sich, damit ich die Strafe kassiere.

BERND:

Er ging von mir in einer Stunde, es war die Stunde Null.
Sein Zauber ging daneben, das nahm ich ihm nicht krumm.
Doch plötzlich da war keiner mehr da und half mir, auch nicht er, Jetzt bin ich hier der Sündenbock, dabei tat er doch viel mehr!

Verzaubern, Versagen, Verschwinden, Versteckt,
verdammt bin ich wütend, warum ging er weg?
Ich habe doch alles, alles versucht,
es zu beheben, doch war's nicht genug.
Verzaubern, Versagen, Verschwinden, Versteckt,
verdammt bin ich wütend, warum ging er weg?
Ich habe doch alles, alles versucht,
es zu beheben, doch war's nicht genug.

Jetzt wart' ich hier auf den Kanzler,
hab' die Kneipe hinter mir.
Die Fakultät bestraft uns wohl,
darum traut er sich nicht her.
Denn plötzlich da war keiner mehr da und half mir, auch nicht er, Jetzt bin ich hier der Sündenbock, dabei tat er doch er viel mehr!

Verzaubern, Versagen, Verschwinden, Versteckt,
verdammt bin ich wütend, warum ging er weg?
Ich habe doch alles, alles versucht,
es zu beheben, doch war's nicht genug.
Verzaubern, Versagen, Verschwinden, Versteckt,
verdammt bin ich wütend, warum ging er weg?
Ich habe doch alles, alles versucht,
es zu beheben, doch war's nicht genug.


Während BERND die letzten Zeilen singt, erscheint von rechts ERZKANZLER MUSTRUM RIDCULLY und öffnet das Tor. RIDCULLY trägt ein reich verziertes Nachthemd, eine lange, spitze Schlafmütze und Häschenpantoffeln.

RIDCULLY: Was ist denn hier los? Der Brüller, der mich aufgeweckt hat, hat mir etwas von einem Zauber vorgesungen - oder sollte ich besser sagen: vorgebrüllt?

CHARLIE setzt zu einer Erklärung an, aber BERND fällt ihm ins Wort

BERND: Ja, äh... Herr... also, es ist... wir... und dann... und Ronny...

RIDCULLY: Ganz ruhig, ja? Ich stehe doch nicht mitten in der Nacht auf, um mir zusammenhangsloses Gestotter anzuhören. (Er murmelt etwas, und ein kleiner oktariner Funke fliegt von seinem Finger gegen BERNDs Nasenspitze) Jetzt noch mal langsam, ja?


BERND (jetzt ganz ruhig): Ja, Herr. Danke, Herr. Also, es war so:

BERND
Wir wollten uns bloß den Abend vertreiben,
Ein bisschen was zaubern, er kam bei mir an.
Es sollte doch alles ganz harmlos nur bleiben,
ich dacht' nicht im Traum, dass was passieren kann.
Ich weiß nicht wie ewig wir zwei das schon machen,
schon im Studium ha'm wir immer so gemeinsam geübt,
Wir zeigten einander verschiedene Sachen,
Doch an jenem Abend, da ha'm wir's versiebt.

Tausendmal probiert
tausendmal ist nix passiert.
Tausend und ein Versuch,
doch es war nicht genug.

Oh wie viele Stunden, haben wir uns bemüht,
den Zauber zu stoppen, eh' er and're befällt.
Doch hatten wir leider keinen Erfolg, wie man sieht,
wir hatten es uns nicht so schwer vorgestellt.

Schließlich ging er fort, ließ mich alleine steh'n,
Jetzt stehe ich hier und ich schäm mich echt dafür,
was ist bloß passiert, das sollte nie geschehn,
alles hab' ich versaut, und jetzt steh' ich vor dir,
jetzt steh' ich vor dir.

Tausendmal probiert
tausendmal ist nix passiert.
Tausend und ein Versuch,
doch es war nicht genug.


RIDCULLY: Auf gut Morporkianisch, ihr habt Mist gebaut und wart zu feige, um euch hier zu melden, ja? Womit ihr gegen etwa 16 Universitätsauflagen verstoßen habt.

BERND: Äh... ja, Herr.

RIDCULLY: Gut, darüber unterhalten wir uns gleich. (Zu Charlie:) Danke, äh... Obergefreiter. Wir werden uns sofort darum kümmern - in spätestens einer Stunde ist der Spuk vorbei, das verspreche ich. (RIDCULLY verlässt die Bühne nach rechts, den betrübt dreinblickenden BERND im Schlepptau)



CHARLIE tritt nach vorne, während sich hinter ihm der Vorhang schließt.


Charlie (seufzend): Was für eine Stadt...

Er schreitet weiter nach vorne, während er zu singen beginnt.

CHARLIE
Wenn stets ein Zauber den Frieden bedroht,
Dann sind wir mitten in Morpork.
Und wenn wir riechen, den Fluss, wie er stinkt
Wie sonst nichts auf der Welt,
Dann haben wir am Ankh gelebt.

Wenn dunkle Kulte Dämonen beschwör'n,
Dann sind wir mitten in Morpork.
Wenn man die Diebe bezahlen muß, nur
Um nicht ihr Opfer zu zu sein,
Dann haben wir am Ankh gelebt.
Dann haben wir am Ankh gelebt.

Aber irgendwie klappt alles immer doch,
Diese Stadt ist zwar das allerletzte Loch,
Doch obwohl mich hier rein gar nichts hält,
Ging ich nicht fort, für alles Geld der Welt.

Wenn mancher Mörder nie bestraft werden kann,
Dann sind wir mitten in Morpork
Wenn ein Diktator unerbittlich regiert,
Und sich niemand beschwert,
Dann haben wir am Ankh gelebt,
Dann haben wir am Ankh gelebt.


Während der letzten Zeilen dreht er sich um und verschwindet hinter dem Vorhang. Licht.


ENDE




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