Ein undurchsichtiger Fall

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von Hauptgefreiter Pyronekdan (RUM)
Online seit 25. 07. 2004
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Ganz Ankh-Morpork ist in dichtem Nebel eingehüllt. Kann Pyronekdan Licht in die Sache bringen?

Dafür vergebene Note: 10

Pyronekdan wachte in seinem Zimmer der Unsichtbaren Universität auf, ohne in der Nacht von seinen Teledämonen gestört worden zu sein.
"Wie ist das Wetter draußen?", fragte er Woakie.
"Sonnig und kalt", war die Antwort. "Außerdem fragt Toakie, ob er eine Decke haben kann."
"Ok, ich werde ihm eine bringen."
"Und kann ich meine Glocke wiederhaben?", wollte Woakie noch wissen.
"Nicht bevor ich das Zimmer verlasse", antwortete der Zauberer, und stand auf.
Da so früh noch kein anderer Zauberer auf war, ging er zur Küche, um dort ein kleines Frühstück einzunehmen. [1]
Dann schnitt er mit einem Messer ein Stück aus einem Küchentuch heraus, und machte sich auf den Weg zu Toakie.
Als er das Nebengebäude der Unsichtbaren Universität verließ, konnte er wegen des dichten Nebels die Hand vor Augen kaum sehen.
Das soll sonnig sein?, fragte er sich, und ging zum Kunstturm.
"Wie kannst du behaupten, daß das Wetter sonnig ist", wollte er Toakie fragen, nachdem er keuchend oben angekommen war.
Die Morgensonne, die ihm ins Gesicht schien hinderte ihn daran.
"Schöne Aussicht", sagte er statt dessen, und gab dem Teledämon das Stück Stoff. "Aber nächstes mal sag mir doch auch bitte, wie das Wetter auf der Scheibe ist", fügte er noch hinzu und blickte auf die dichte Wolkendecke unter sich.

Der Weg nach unten war wesentlich leichter, als der nach oben. Trotzdem schaffte er es nicht rechtzeitig zur Wache.
"Wenigstens, wenn du Tresendienst hast, solltest du mal pünktlich kommen, Pyro", meinte Thymian, der schon lange vor ihm da war.
"Toakie hat mich aufgehalten", versuchte dieser zu erklären, und setzte sich hinter den Tresen. "Außerdem wird der Nebel draußen immer dichter."
"Ein Zombie wartet schon darauf, eine Anzeige zu erstatten", berichtete der Anwerber, und zeigte auf eine verwirrt aussehende Gestalt.
"Ich wurde überfallen, und der Dieb gab mir statt einer Quittung ein paar Stiche mit einem großen Messer", erklärte diese.
"Waren sie schon vor dem Überfall tot?", wollte der Zauberer wissen, der unsicher war, ob er das Formular für Raubüberfälle, oder für Morde ausfüllen sollte.
"Ich bin seit zehn Jahren untot", erklärte der Zombie. "Heißt das, daß der Räuber deshalb nicht so schwer bestraft wird?"
"Vielleicht können wir es als Mordversuch hinstellen", meinte Pyronekdan. "Wie heißen sie eigentlich."
"Kodo Kopflos. Ich wohne in der Glatten Gasse."
"Wie sah der Täter denn aus?"
"Ich konnte ihn wegen dem Nebel kaum erkennen. Meine Augen sind auch nicht mehr die besten", meinte Kodo und zeigte sie dem Hauptgefreiten. "Ich glaube er war etwa 160 cm groß, und hatte lange weiße Haare."
"Ja, ja, stecken sie sie wieder ein. Hat er etwas gestohlen?"
"Ich habe einen Zahn verloren", sagte der Zombie.
"OK, dann unterschreiben sie hier. Wir werden uns darum kümmern", beendete Pyronekdan die Aufnahme des Falls, und fragte sich, ob es sich vielleicht doch nur um Mundraub handelte.
Nachdem der Zombie mit XX unterschrieben hatte, verließ er die Wache. Pyronekdan legte den Zettel in die Ablage für ungelöste Fälle [2], und lehnte sich dann zurück.

"Hast du schon einmal so einen Nebel erlebt?", fragte Pyronekdan den Obergefreiten, als er hinter dem Zombie durch die geöffnete Tür sah.
"Wenn du Glück hast, finden die Leute die Wache nicht, und es wird ein ruhiger Tag für dich."
Ein Klopfen an der Eingangstür gab ihm sofort unrecht.
"Herein", rief der Zauberer, worauf sich die Tür langsam öffnete.
"Oh, entschuldigung", sagte eine ältere Frau, nachdem sie die Tür halb geöffnet hatte. "Ich habe mich wohl in der Tür geirrt."
"Macht nichts", antwortete Pyronekdan, der froh war, nicht schon wieder eine Anzeige aufnehmen zu müssen. Doch die Frau war schon wieder gegangen.
"Das scheint ja sogar noch schlimmer zu werden", meinte Thymian, und warf einen Blick durch das Fenster nach draußen.
Zumindest versuchte er es. Durch den Nebel blieben ihm aber jegliche weiteren Informationen über die Außenseite verborgen.
Plötzlich betrat Leutnant Irina den Raum. In der Hand hielt sie eine Brieftaub deren zahlreiche Verletzungen notdürftig behandelt worden waren.
"Käfer [3] hat sie uns geschickt", erklärte sie. "Die Taube hat es gerade noch geschafft hierher zu fliegen."
"Was schreibt unsere Informantin denn schönes", wollte Pyronekdan wissen.
"Leider nichts gutes. Sie behauptet, der Nebel sei nicht natürlichen Ursprungs."
"Woher kommt er dann?", erkundigte sich Thymian.
"Das hat sie nicht geschrieben. Am besten geht Pyro zu ihr, um zu sehen, ob sie noch mehr herausgefunden hat. Thymian übernimmt solange den Tresen."
"Sehen ist wohl nicht das richtige Wort", meinte der Zauberer. "Wie soll ich sie bei dem Wetter überhaut hinfinden?"
"Zum Parkweg, wo die Hexe wohnt, brauchst du doch nur immer geradeaus zu gehen", stellte Rina fest.

Als Pyronekdan das Wachhaus verließ, war das einzige Geräusch, das er draußen hörte, seine eigenen Schritte. Außer ihm schien kaum jemand mehr unterwegs zu sein. Die meisten Leute hatten es wohl noch bis zu ihrer Wohnung, oder zu Bekannten geschafft.
Richtig gespenstisch, dachte der Zauberer. Irgendwie passend, daß ich zu einer Hexe unterwegs bin. Hoffentlich kann sie uns auch weiterhelfen.
Natürlich betrat er das Haus durch die Hintertür. Als sein Klopfen nicht beantwortet wurde, ging er unaufgefordert hinein. Die Hexe saß wieder einmal wie tot in ihrem Lieblingssessel.
Ich hoffe, ich bin nicht unterwegs auf sie getreten, dachte der Zauberer, da er wußte, daß sie gerne Insekten borgt.
Als er an dem Sessel ein paar Taubenfedern fand, wurde ihm klar, daß sie die Taube geborgt hatte, um sie auf den schnellsten Weg zur Wache zu bringen.
Die Frage war nur, ob er jetzt die Hexe zur Taube, oder die Taube zur Hexe bringen sollte.
Um den Weg nur einmal laufen zu müssen, legte er die Hexe auf eine Schubkarre, die er im Garten der Hexe fand, und schob sie damit zur Wache.

"Warten sie einen Moment", rief ihm ein Mann zu, der gerade sein Haus verlassen wollte. "Dann können sie meine Schwiegermutter auch noch mitnehmen."
"Wieso sollte ich?", fragte der Zauberer verwundert.
"Sind sie denn nicht der Leichensammler?"
"Nein, das bin ich nicht."
"Können sie sie nicht trotzdem mitnehmen?"
"Nur, wenn sie unlizensiert ermordet wurde", erwiderte der Hauptgefreite, und zeigte seine Dienstmarke.
"Nein, nein, natürlich nicht. War ja nur eine Frage", meinte der Mann und verabschiedete sich schnell.

Als er am Pseudopolisplatz ankam, ging es der Taube schon wieder etwas besser.
"War doch gar nicht so schwierig den Weg zu finden, oder?", fragte die RUM-Cheffin den Zauberer.
"Das schon, nur in der Oper war man nicht sehr begeistert darüber, als ich die Schubkarre hindurchschob."
"So wörtlich hatte ich das mit dem geradeausgehen auch wieder nicht gemeint", erklärte Rina.
"Ich sollte bei Insekten bleiben", meinte die Hexe, die kurz darauf erwachte. "Das mit den Vögeln ist nichts mehr für mich."
"Warum haben sie nicht geschrieben, daß wir die Taube zurückbringen sollen?", wollte Pyronekdan wissen.
"Ich dachte, ich würde es alleine zurück schaffen. Doch der Nebel wurde immer dichter."
"Was wissen sie noch über den Nebel?", wollte Rina endlich wissen.
"Nicht viel, nur, daß er nicht natürlich ist. Denn selbst die Tiere wurden von ihm überrascht."
"Wie können wir nur den Ursprung des Nebels finden?", rätselte die RUM Cheffin.
"Ist das nicht eigentlich ein Fall für SEALS?", fragte der Zauberer, und hoffte sich so einer weniger anstrengenden Tätigkeit widmen zu können.
"Die beschäftigen sich auch schon damit", erklärte Rina. "Da sie aber noch nicht wissen, um was für eine Tat es sich handelt, und mindestens eine Person im Nebel ausgeraubt wurde, müssen auch wir uns damit befassen."
Plötzlich hatte Pyronekdan eine Idee.
"Wenn der Nebel nicht weiter nach oben gestiegen ist, müßte man vom Kunstturm aus das Zentrum sehen können."
Zu spät fiel ihm ein, daß diese Bemerkung einen zweiten Aufstieg an diesem Tag für ihn bedeuten könnte. Dann kam ihm eine noch bessere Idee. Warum sollte er sie den Turm hinaufsteigen, wenn Toakie schon oben war, und sie Woakie nur fragen brauchten, was er sah.
"Ich werde mitkommen", meinte Irma. "Wenn es etwas mit Hexenmagie zu tun hat, brauchst du mich nicht noch einmal nachzuholen."
Die Hexe und Pyronekdan machten sich also auf den Weg zur Unsichtbaren Universität. Der Weg dorthin war dank des Geruchs des Ankh, trotz des Nebels, einfach zu finden.

Nach dem sie eine halbe Stunde durch verlassene Straßen gegangen waren [4], kamen sie in der Universität an.
"Wir waren das nicht!", erklärte der Erzkanzler, dem sie zufällig begegneten, und der Pyronekdan in seiner Uniform nicht gleich erkannt hatte.
"Wir wollen auch nur sehen, von wo der Nebel herkommt", erklärte der Hauptgefreite. "Und der Kunstturm ist dazu bestens geeignet."
"Wird diese Frau etwa auch auf den Kunstturm steigen?", fragte er, als er Pyro's Begleiterin bemerkt, und als weibliches Wesen identifiziert hatte.
"Das wird nicht nötig sein", meinte der Angesprochene.
"Dann viel Erfolg", wünschte der Erzkanzler, und machte sich auf den Weg zum Speisesaal.

"Du bist heute aber früh zurück", meinte Woakie zu Pyronekdan, als der Wächter und die Hexe das Zimmer betraten. "Und du hättest ruhig sagen können, daß du Besuch mitbringst."
"Glaubst du wirklich, daß er uns helfen kann?", fragte Irma.
"Ist das Wetter auf dem Turm noch klar?", erkundigte sich der Zauberer.
"Ja, und immer noch ziemlich kalt."
"Kann Toakie sehen, wo das Zentrum des Nebels liegt?"
"Ja, etwa zwei Kilometer randwärts von hier scheint der Nebel sich nach allen Seiten auszubreiten."
Pyronekdan nahm Woakie mit, und verließ die Unsichtbare Universität.
"Das ist nicht randwärts!", beschwerte sich Woakie.
"Hast du etwa einen Kompass dabei?", fragte Pyronekdan überrascht.
"Nein, aber Toakie kann fühlen, wo ich mich befinde. Deshalb weiß er, wohin ich mich bewege."
"Wir mußten schließlich zuerst durch das Tor gehen. Heißt das eigentlich, daß er uns direkt zum Zentrum des Nebels führen kann?"
"Ja, wenn es sein muß."
"Kannst du uns die genaue Richtung zeigen, in die wir gehen müssen?"
Der Wächter folgten den Anweisungen seines Teledämons, bis zum Ufer des Ankhs.
"Wenn wir in diese Richtung weiter gehen, bekommen wir wohl nasse Füße", meinte die Hexe.
"Vielleicht auch nicht", erwiderte der Zauberer, der den Fluß genau kannte. "Aber wir sollte doch besser eine Brücke benutzen. [5]
Nachdem sie den Weg über die Wasser-Brücke gefunden hatten [6], zeigte Woakie immer noch randwärts.
"In der Richtung ist eine Wand", bemerkte die Hexe. "Langsam glaube ich nicht, daß die Teledämonen eine große Hilfe sind."
Nach vielen Umwegen erreichten sie schließlich die Überresten eines Gebäudes, daß die Quelle des Nebels zu sein schien. Traditionsgemäß hockte davor ein Mann mit völlig zerfetzter Kleidung, und einem vor Ruß schwarzem Gesicht. [7]
"Was ist denn hier passiert?", wollte Pyronekdan gerade fragen, doch die Hexe kam ihm zuvor.
"Wir wollten nur etwas Rauch herstellen", erklärte der Mann. "Leider ist mir dabei ein kleiner Fehler mit der Dosierung unterlaufen."
"Wen meinen sie mit 'Wir'?", fragte Pyronekdan mißtrauisch.
"Die Alchimistengilde. Dies ist doch unser neues Gebäude für gefahrlose Experimente."
"War, würde ich eher sagen", korrigierte ihn der Zauberer, und lehnte sich an eine stehen gebliebene Wand. "Kann man den Nebel irgendwie abstellen?"
Die Wand hielt aber dem Gewicht des Zauberers nicht stand, und stürzte auf einen riesigen Kessel, aus dem der Nebel nun nicht mehr stieg.
"Wieso fragst du eigentlich, wenn du weißt, wie es geht?", wollte die Hexe wissen.
"Ich wollte nur wissen, ob er es auch weiß", antwortete Pyronekdan wenig glaubhaft, stand wieder auf, und befreite sich von dem Staub.
"Du machst ja fast mehr Dreck, als die Alchimisten", meinte Irma daraufhin lachend.

Nachdem sich der Nebel langsam verzogen hatte, gingen die Wächter wieder zurück zur Wache.
"Sollten wir den Alchimisten nicht mitnehmen?", wollte die Hexe wissen.
"Ich glaube nicht, daß es der Alchimistengilde verboten ist, Nebel zu produzieren", erwiderte Pyronekdan. "Und ihre Gebäude jagen sie schließlich jede zweite Woche in die Luft."
"Ich meinte auch eher, daß wir ihn vielleicht zu Rogi hätten bringen sollen. Nachdem wir ihn aus den Trümmern der Wand befreit hatten, sah er wirklich nicht mehr sehr gesund aus."
"Für einen Alchimisten waren das nur ein paar Kratzer. Wir hätten ihn höchstens fragen können, wo sie das nächste mal bauen. Damit wir nicht wieder so lange suchen müssen."
Plötzlich sprang ihnen ein weißhaariger Mann mit einem Messer in den Weg. Die Tatsache, daß der Nebel sich zurückzog, überraschte ihn ein wenig. Und als er erkannte, daß er sich eine Hexe und einen Zauberer als Opfer ausgesucht hatte, verwandelte sich die Überraschung in Panik.
Widerstandslos ließ sich der Mann festnehmen, und zur Wache bringen.

"Das ist der Mann", meinte Kodo später bei einer Gegenüberstellung. "Wie konnten sie ihn bei dem Nebel so schnell finden?"
"Als der Nebel nachließ hat er sich freiwillig gestellt. Mehr oder weniger", meinte der Zauberer.

[1] Also ca. fünf Scheiben Brot, drei Eier und einen halben Schinken.

[2] In das Fach X, das wohl schon bald vergrößert werden mußte.

[3] Das ist der neue Deckname von Irma Immergrün aus der Multi "Steinzeit"

[4] zu mindest konnten sie Niemanden sehen

[5] Es ist tatsächlich schon mal ein Auto im Nord-Ostsee-Kanal gelandet, weil ein GPS-System dort eine Brücke statt einer Fähre angezeigt hatte.

[6] und Pyronekan sich wieder einmal fragte, wieso die Brücke wohl so hieß

[7] Da der Nebel grau war, hätte man eher diese Farbe vermutet, aber gegen Traditionen kann man eben nichts machen.

Kritik erwünscht.



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