Gerüchte in Schwarz

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von Korporal Rascaal Ohnedurst
Online seit 01. 08. 2000
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In der Stadt geht das Gerücht um, dass Kommandeur Tod nachts heimlich Damenkleider trägt. Wer hat dieses Gerücht in die Welt gesetzt? Werden die Wächter ihn schnappen?
Kann Tod's Ruf wieder hergestellt werden? Und...trägt Tod eigentlich NICHTS unter seiner schwarzen Robe???

Dafür vergebene Note: 12

"Ohmistohmistohmist, was soll ich bloß tun?" Kommandeur Rincewind wanderte ratlos in seinem Büro auf und ab und murmelte immer wieder die selben Worte vor sich hin.
Er konnte es einfach nicht glauben. Hing doch tatsächlich heute morgen ein anonymer Zettel am schwarzen Brett der Wache am Pseudopolisplatz, der besagte, Kommandeur Tod von der Wache in der Kröselstraße würde nachts Frauenkleider tragen.
Normalerweise hätte er so ein Geschmiere ignoriert, aber nun fingen seine Wächter an, schlechte Witze über die Kollegen in der Kröselstraße zu reißen, der Berg der zerrissenen Witze wurde immer höher und niemand räumte ihn weg. Es war nur eine Frage der Zeit, bis es zu Spannungen mit dem anderen Wachhaus kommen würde und das konnte Rince nicht gestatten.
Er öffnete die Tür seines Büros und schritt durch den Gang zum Büro Rascaal Ohnedursts, der dieses gestern erst bezogen hatte. Rince klopfte herrisch an die Tür. Keine Antwort.
- Verdammt, dachte er bei sich, ich bin der Chef hier und kann in jedes Büro marschieren. Wann immer ich will! -
Sich an diesen Gedanken klammernd riß er die Tür auf... und konnte nicht fassen, was er dort sah! Rascaal Ohnedurst hing - in Menschengestalt - von seinem neu installierten Balken und schnarchte, daß sich selbiger fast bog. Neben ihm hing Ayami - ebenfalls in Menschengestalt - und schnarchte wesentlich fraulicher. Auf dem Balken saß Obergefreite Knurblich und knabberte genüßlich an einem von Schnappers Würstchen.
"KOOOORPORAAAL OOOHNEDUUURST, AAAACHTUNG!" brüllte Rince ziemlich genervt.
Ruckartig rissen Ayami und Rascaal die Augen auf, verloren prompt ihren Halt und krachten recht unsanft auf den mit Wurststummeln bedeckten Boden. Auch Venezia erschrak sich fürchterlich, verlor das Gleichgewicht und segelte dem Boden entgegen.
"Verdammt, ich sagte dir doch, daß es nur in Fledermausgestalt sicher ist!" schimpfte Ayami und rieb sich den Hinterkopf.
"Ja, ja, du hast ja recht. Aber frische Eichenbalken üben eine magische Anziehungskraft auf mich aus. Oh..., hallo Herr Kommandeur!" gab Rascaal zu, streckte die Hand nach hinten aus und fing Venezia sanft auf.
"Mensch Rascaal, du bist im Dienst und da wird nicht gepennt!" rüffelte der Kommandeur; "passiert das noch einmal, dann lasse ich den Balken wieder abbauen! ...Ich brauche eure Hilfe bei einer diskreten Invirsti...Instevesta... na, bei einer diskreten Ermittlung eben!"
"Oh, ich liebe diskrete Ermittlungen!" sagte Venezia und stieg von Rascaals Hand.
"Trifft sich gut, Obergefreite, weil ihr beiden Damen auch dabei sein werden." sprach Rince breit grinsend.
"Warum habe ich bloß das Gefühl, daß sich gerade Ärger in meine Richtung auf den Weg macht!" murmelte Rascaal, hörte aber trotzdem aufmerksam zu.
Peinliche Stille füllte Rascaals Büro, als Rince mit seinen Erklärungen fertig war.
"Nun, werdet ihr es machen?" fragte Rince scheinheilig.
"Haben wir eine Wahl?" fragte Ayami, die keine Lust hatte, Kommandeur Tod womöglich in Unterwäsche zu sehen, obwohl sie Rince Antwort schon kannte.
"Eigentlich nicht!" gab Rince lächelnd zurück, wurde aber gleich darauf wieder ernst. "Seid bitte ganz vorsichtig, okay? Die Stadtwache kann sich keinen Skandal erlauben!"
Spät in der Nacht trafen sich die drei Wächter in der Nähe des Wachhauses in der Kröselstraße.
"Also, wie abgesprochen: Venezia, du dringst durch ein Fenster im Erdgeschoß in die Wache ein und schleichst Dich zu Tods Büro, während Ayami und ich es, nun, von außen versuchen." erklärte Rascaal es noch einmal seinen Kolleginnen.
"Wie wollt ihr denn von außen...oh, verstehe! Bin schon unterwegs!" sagte Venezia und verschwand in der Nacht.
"Wollen wir?" fragte Rascaal die Vampirin, obwohl er wußte daß sie sowieso keine andere Wahl hatten.
Ayami zuckte nur mit den Schulter, war kurz in eine Dunstwolke eingehüllt und flatterte gleich danach als Fledermaus durch die Nacht.
"Ein einfaches ‘Ja, Rascaal’ hätte auch genügt!" brummelte Rascaal und verwandelte sich ebenfalls.
Kräftig mit ihren Fledermausflügeln schlagend erreichten die Beiden die abgewandte Seite des Gebäudes an der Tods Büro lag.
Rascaal mußte sich ganz schön anstrengen um in den 2. Stock zu fliegen, hatte er doch aus Nervosität über den Auftrag eine ziemlich große Anzahl Rote-Bete-Knollen leergesaugt. (Zu Ayamis großem Bedauern hatte er es in ihrer Anwesenheit getan).
Sie erreichten Tods Fenster, schauten herein... und hätten vor Erstaunen fast vergessen mit den Flügeln zu schlagen.
Dort, in seinem Büro, stand Tod in seiner ganzen Größe und trug etwas, daß man mit etwas Phantasie tatsächlich als Kleid ansehen konnte. Es hatte eine mit Spitze abgesetzte Kapuze und einen sehr dunkelgrauen V-Auschnitt vorne. Außerdem konnte man bei genauerem Hinsehen erkennen, daß das "Kleid" in regelmäßigen Abständen mattschwarz glänzende Streifen hatte. Das "kleiderischste" Merkmal allerdings war, daß der Umhang tailliert war , was Tod ein wenig lächerlich aussehen ließ.
An den wechselnden Schatten am Schlüsselloch konnte man erkennen, daß auch Venezia ihren Standort erreicht hatte, an der Türlinke hing und vor Aufregung hin und her baumelte.
Plötzlich drehte sich Tod um, und schaute ihnen direkt in ihre kleinen Fledermausaugen.
"WARUM KOMMT IHR NICHT EINFACH HEREIN, DANN REDET ES SICH LEICHTER!!!" donnerte Tods Stimme in den Köpfen der Vampire und gleichzeitig schwang das Fenster wie von Geisterhand auf.
Da es unmöglich ist, dieser Stimme zu widersprechen, flatterten die beiden Vampire hinein und verwandelten sich in Menschengestalt. Auch Veni erging es nicht viel besser. Mit einem Mal schwang die Tür, an dessen Türklinke sie hing, nach innen auf und es gab nichts, wo sie sich verstecken konnte. "AUCH DU BIST HERZLICH EINGELADEN, OBERGEFREITE!!!" dröhnte es in ihrem Kopf.
"Schade eigentlich, hätte ja auch zur Abwechslung mal etwas klappen können!" sagte Venezia und ließ sich auf den Boden fallen.
"Hör mal, Kommandeur Tod, es ...!"setzte Rascaal an, doch kam er nicht weiter.
"SCHWEIG; KORPORAL, ICH WEIß SCHON,WAS JETZT KOMMT! HATTE MICH SCHON GEFRAGT, WIE LANGE ES DAUERN WÜRDE, BIS RINCE AUF MEINEN HÜBSCHEN AUSHANG REAGIERT!" sprach Tod direkt in die Köpfe der Anwesenden.
"Äääh...dein Aushang?" fragte Rascaal und merkte, daß das Gespräch anders verlaufen würde, als er es angenommen hatte.
"JA, MEIN AUSHANG! ICH WOLLTE MAL SEHEN, WIE ES IST, WENN GERÜCHTE ÜBER EINEN VERBREITET WERDEN UND WENN MAN EINEN 'RUF' HAT! ICH DACHTE, DASS ES EINEN MENSCHLICHER MACHEN WÜRDE!" erklärte Tod.
Tods Bedürfnis, ein wenig menschlicher zu wirken, war legendär.
Gespannt, was noch kommen würde, zog Rascaal eine Rote-Bete-Knolle aus den Untiefen seines Umhangs hervor und schickte sich an, seine Fangzähne hineinzuschlagen.
"ICH WÄRE DIR SEHR DANKBAR, WENN DU DAS DING WIEDER WEGSTECKEN KÖNNTEST! DIESE KNOLLEN MACHEN MICH NERVÖS!" sagte Tod streng.
Seltsam berührt, daß sogar der Tod keine Rote-Bete ausstehen konnte, steckte Rascaal die Knolle wieder ein.
"AUF ALLE FÄLLE WIRD DAS GEFÜHL EINES GUTEN GERÜCHTS VOLLKOMMEN ÜBERBEWERTET UND IST DEN GANZEN AUFWAND NICHT WERT. WERDE DIE LEUTE GLEICH MORGEN DAZU BRINGEN ES ZU VERGESSEN: ICH HAB DA SO MEINE TRICKS!", fuhr Tod fort.
"Und dein ...Äh...Umhang?" fragte Ayami ganz vorsichtig.
Der Tod schaute nachdenklich an sich runter und berührte die Spitze mit seinen Knochenfingern.
"NUN, VOR KURZEM IST SOGAR EINE FRAU BEI DEN ASSASSINEN AUFGENOMMEN WORDEN. FRAUEN MACHEN HEUTZUTAGE FAST ALLES UND DA IST ES BESTIMMT NUR EINE FRAGE DER ZEIT... NUN VIELLEICHT IRGENDWANN GIBT ES JA AUCH MAL EINEN WEIBLICHEN TOD. MAN MUß MIT DER ZEIT GEHEN. ABER ICH BIN GERNE VORBEREITET UND HABE DESWEGEN DEN UMHANG HIER ANGEFERTIGT." schloß Tod.
"SO, NUN WISST IHR ES ALSO. DER UMHANG IST FERTIG UND IHR KÖNNT EUREM KOMMANDEUR BERICHTEN, DASS ICH NICHT ÜBERGESCHNAPPT BIN! GEHT NUN, ICH WILL MICH UMZIEHEN!" sprach Tod und plötzlich fanden sich die drei Wächter vor seiner Bürotür wieder, die mit einem Mal ziemlich undurchdringlich aussah.
Rascaal, Ayami und Venezia gingen runter und an dem schnarchendem Wachhabendem vorbei in die Nacht. Jeder in Gedanken versunken, wie man Rince so eine Geschichte auftischen könnte, ohne den Sold gekürzt zu bekommen.



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