Bisher hat keiner bewertet.
Ein Mord in den Schatten, 3 kleine Hunde, und mal wieder kein Hinweis. Ein Fall für SEALS, wer würde sich das sonst antun?
Dafür vergebene Note: 10
Es war Mitternacht, als Ikari Gernetod müde vom Dienst nach Hause humpelte. Bei einem Einsatz war ihm ein Stück seines linken Fußes abhanden gekommen, und während er sich eine Zigarette drehte, dachte er über Ersatzfindung nach.
"Vielleicht finde ich in den Schatten etwas", murmelte der Zombie zu sich selbst und schlug den Weg Richtung Schätzchengasse ein.
Die Schatten waren mal wieder ziemlich dunkel. Hier und da sah man noch ein Glühen auf zähflüssiger Masse, was wohl irgendwann mal lebendig gewesen war. Ikari fand ein einsames Katzenauge, welches einsam und verlassen auf dem Weg lag, und ein leichtes Gefühl von Trauer stieg in ihm auf, als er an den armen Stubentiger dachte dem das Ding wohl mal zur besseren Sicht verholfen hatte.
Der Schrei kam direkt danach. Ein Schrei von jemanden, der gerade ein Messer an der Gurgel hatte. Dieses Geräusch war in den Schatten ebenso üblich wie Geschenke in der Sylvesternacht.
Ikari seufzte kurz, riss sich seinen rechten Arm ab und hetzte in Richtung Geräuschquelle. Mehrere kleine Hunde kamen ihm entgegen, und als er die beiden Gauner sah, welche sich über einen älteren Mann beugten, sicher nicht in der Absicht ihm aufzuhelfen, kam einer der Hunde direkt auf Ikari zu.
"Stadtwache von Aaaaaaaaaaaaaaaaaaa......", konnte der Zombie noch rufen, bevor er über das Tier stolperte, hart auf dem Boden aufschlug, und mehrere seiner Zähne verschluckte. Wie auch immer, der kurze Ruf erzielte seine Wirkung, und während sich der Korporal grollend wieder aufrichtete waren die beiden Stinker entflohen. Ikari humpelte zu dem älteren Mann, welcher stöhnend auf den Rücken lag... eine klaffende Kopfwunde verteilte Blut auf dem dreckigen Pflaster.
"Blutsbrüder... finden... bitte...", stöhnte der Mann.
"Ruhig! Nicht sprechen", sagte Ikari. Aber das hörte niemand mehr. Nur die drei kleinen Welpen, welche hilflos zu dem Zombie aufblickten.
***Am nächsten Tag in Ateras Büro***
"Gut Ikari, folgendes: Der Mann war Welpendompteur, wohnhaft unter der kleinen Nordbrücke und scheinbar wurde er nicht ausgeraubt. Seine Börse steckte im Mantel." Atera lehnte sich auf ihren Stuhl zurück, und musterte ihren etwas missgelaunten Stellvertreter.
"Er hat irgendwas von Blutsbrüdern gesagt... "
"Blutsbrüder...", wiederholte Atera nachdenklich, "Blutsbrüder sollten sich aber nicht gegenseitig umbringen. Man mag mich engstirnig nennen, aber solche Blutsbrüder sind nicht unbedingt das, was man sehr gesellschaftsfähig nennen würde."
"Ich glaub auch nicht, dass es seine Blutsbrüder waren... außer sie habens mit dem Schließen besagter Bruderschaft etwas sehr übertrieben. Er hat gesagt 'Blutsbrüder finden'. Das war alles."
"Nun gut. Was haben wir an Fakten vorzuweisen?"
"Einen toten Welpendompteur mit Blutsbrüdern, und drei kleinen Hunden, von denen gerade einer deine Kröte beschnuppert."
Atera sah zu Sir Henry, welcher sich friedlich von den drei kleinen Welpen begutachten ließ, welche aus unerfindlichen Gründen durch Ateras Büro stolperten.
"Nun gut. Das ist doch schon mal was. Also, was machen wir?"
"Heimgehen und endlich mal schlafen?" Ikari sah sie hoffnungsvoll an.
"Falsch. Neuer Versuch."
"Unter der kleinen Nordbrücke nach Anhaltspunkten suchen?" Ikari seufzte vernehmlich.
"Richtig." Atera stand auf und nickte dem Korporal aufmunternd zu. "Also los, gehen wir!"
"Was denn, du kommst mit?"
"Klar, warum nicht?"
"Na ja... dazu musst du raus gehen."
"Ja, und?"
"Raus aus dem Büro, das gemütlich warm ist."
"Ja. Also los."
"Es regnet draußen!"
"Ja. Auf geht's."
"Ich versuche besser gar keinen Einwand mehr zu bringen."
Etwa eine Stunde, vier Gläser Apfelsaft und eine Menge Zigaretten später standen Atera und Ikari unter der kleinen Nordbrücke in der Wohnung des Welpendompteurs. Diese Wohnung setzte sich zusammen aus alten Decken, Ratten, Hundekeksen, Ratten, einigen Kartons, Ratten, einem schmutzigen Herd mit Essensresten und Ratten.
Atera zog angewidert ein verstaubtes Bild aus dem Dreck.
"Sieh mal. Scheint das einzig Wertvolle hier zu sein."
"Was soll das darstellen?", fragte Ikari und beäugte das Gemälde, "Einen Boxkampf im Tunnel?"
"Nein... ich glaube das ist... der Entenkrieg!"
"Entenkrieg?"
"Ja... ein Gemälde von Pfitz Uriweg, einem Künstler aus Überwald. Ist etwa seit 200 Jahren tot und das Bild hier galt als verschollen."
"Ich bewundere deinen Kunstverstand, aber... was macht das Bild hier?"
"Hab ich mal irgendwo aufgeschnappt", winkte die Schäffin ab, "Viel mehr würde mich interessieren wer hier das Wort Blutsbrüder draufgekritzelt hat", erwiderte Atera und deutete auf die Unterseite des Bildes, wo besagtes Wort sehr unordentlich eingeritzt war.
"Ikari, wir sind hier... VORSICHT!"
Um Ikari wurde es plötzlich stockdunkel, und dieser Zustand schien lange anzuhalten. Sein Kopf tat ziemlich weh, als er aufwachte, aber heller wurde es nicht. Wenig später stellte er fest, dass es stockdunkle Nacht war. Er entflammte ein Streichholz und sah sich um. Alles noch da... der Dreck, die Ratten... nur das Bild war weg, und Atera auch, was den Korporal leicht beunruhigte. Er dachte darüber noch einmal in Ruhe nach. Nein, eigentlich beunruhigte es ihn sehr.
Er sah sich noch mal um. Kartons. Ratten. Eine Spur aus Krötenfutter. Ratten...
"Krötenfutter!", entfuhr es dem Zombie. "Sir Henrys ekliges Krötenfutter. Muss Atera verloren haben... oder besser gesagt gestreut."
Der besagten Spur nachgehend, schlenderte Ikari durch einen großen Teil der nördlichen Stadt. Es war nicht sehr einfach der Spur zu folgen und die Suche nahm einige Zeit in Anspruch, doch der Korporal entdeckte immer wieder etwas von dem Futter, mal in den Ritzen zwischen den Pflastersteinen, mal als kleines Häufchen auf einem Fleck.
Während er noch darüber nachdachte, wie viel Futter eine durchschnittliche Kröte eigentlich vertragen konnte, sah er das Ende der Spur. Eine kleine Hütte direkt am Fluss, was einen kriminellen Eindruck erweckte. Für Ikari lebten in kleinen Hütten am Fluss immer Verbrecher, Holzhacker, unglückliche Zwerge oder einsame Künstler.
Er schlich, sofern man die gebeugte Haltung so nennen mag, erreichte die Hütte, sah durchs Fenster, und sah...
Atera in der Mitte des Raumes auf einem Stuhl sitzend, nicht unbedingt gut gelaunt, und zwei Männer deren Silhouetten dem Korporal irgendwie bekannt vorkamen. Beide bauten sich vor Ikaris Schäffin auf, einer der beiden hielt das Bild in der Hand. Der andere löffelte irgendetwas aus einem Glas.
"Das wird euch den Kerker bringen meine Herren, einen tiefen und dunklen Kerker. Ich hoffe, der Wärter verliert den Schlüssel. Kaltblütiger Mord, Körperverletzung eines Wächters, Entführung einer ranghohen Wächterin... ihr werdet alt dort unten!"
"Mord? Wer spricht von Mord?", fragte einer der beiden unschuldig. Er stopfte sich einen Löffel voll mit einem wabbligen dunkelroten Irgendwas in den Mund und schluckte es hastig hinunter.
"Willst du denn leugnen, dass ihr den Welpendompteur umgebracht habt?", fragte Atera scharf. Sie war weder an den Stuhl gefesselt, noch gekettet, aber die Waffen der beiden lagen in deren Reichweite und nicht in ihrer. Natürlich gab es keinen Grund für einen Zombie sich um diesen Umstand zu kümmern, aber wenn Verbrecher reden wollten, sollte man sie auch reden lassen.
Atera hatte alle Zeit der Welt.
"Ach das... ein unglücklicher Unfall. Der sture alte Erbschleicher ist gestürzt, und wir wollten ihm helfen, dann kam dieser stinkende Zombie angerannt, und na ja... wir sind eben weggerannt."
"Ja. Und der alte Mann ist tot, durch eure Schuld."
"Geschieht ihm recht. Er hätte uns nicht betrügen sollen. Das Bild gehörte nicht ihm. Er gehörte nie richtig zur Familie... er war nur ein Halbbruder." Der Mann wedelte mit dem Löffel in seiner Hand.
"Und ihr?", fragte Atera "Seid ihr Blutsbrüder?"
"Allerdings. Ich bin Bib und das ist mein Bruder Bob."
"Ja", sagte Bob "So ist das. Dieses Bild hat unser Vater besessen, der große Kunstdieb Bab. Und er hat es uns vererbt, nicht diesem dahergelaufenen Beb."
"Eure einfallsreiche Namensgebung verwirrt mich ein bisschen."
"Wie auch immer", sagte Bib, "Das Bild steht uns zu. Viel Geld wert. Aber Beb hat sich bei Papa eingeschleimt. Und das Bild vererbt bekommen. Nur weil wir uns nicht um ihn kümmern konnten, in den letzten 17 Jahren seines Lebens. Ist doch keine Zeit... sag mal... was stinkt hier eigentlich so...?" Er ließ den Löffel sinken, den er eben noch hatte zum Mund führen wollen.
Atera wusste längst was hier so stank. Und mit dieser Gewissheit versetzte sie dem verdutzten Bib einen Kinnhaken, der ihn zu Boden streckte. Der Löffel flog im hohen Bogen davon, verteilte Zartbittermarmelade in dicken roten Klecksen an die nächste Wand.
Ikari, Quelle des neu aufgetretenen Geruches, schlug im nächsten Moment das Fenster ein, welches Bob zur Unruhe bewegte. Er ließ entsetzt das Bild fallen, hob seine Arme, und ließ sich widerstandslos festnehmen.
Einige Stunden später, wieder in Ateras Büro.
"Nun dann. Feierabend Ikari!"
"Ähm... was passiert mit den Hunden?"
"Ach die... kannst du mitnehmen."
"Hat Beb nicht noch irgendwelche Verwandtschaft... vielleicht? Ich mag keine Hunde."
"Ach, die sind doch... äh.." Atera betrachtete die verlausten Köter. "...süß. Und nein, keine Verwandtschaft mehr. Seine beiden Halbbrüder sitzen in unserer tiefsten Zelle, und dummerweise habe ich den Schlüssel verlegt."
"Ich verstehe. Und wenn ich mich weigere die Hunde mitzunehmen?"
"Das ist ein Befehl, Ikari!"
"Zu Befehl. Ich habe ohnehin Hunger."
ENDE
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