Aufnahme eines Verkehrsunfalls

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von Wächter Steven Träumer (GRUND)
Online seit 16. 02. 2004
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Für Rekruten (erste Mission):
Auf dem heutigen Ausbildungsplan steht "Aufnahme von Verkehrsunfällen (reale Unfälle)".
Jetzt müssen die Rekruten nur noch warten bis es wo kracht und dann geht's los.

Dafür vergebene Note: 7

>> Aufstehen, Rekrut Träumer! << rief Hauptmann MeckDwarf, während er dessen
Stube betrat, doch offensichtlich war niemand zugegen.
Verwirrt sah sich MeckDwarf um. >> Rekrut Träumer? Steven Träumer? Bist du
hier irgendwo?! <<
>> Natürlich, Hauptmann Humph MeckDwarf... direkt hinter ihnen. <<
antwortete dieser fröhlich.
>> Wo... << wollte MeckDwarf zu fragen beginnen, doch da Steven die Frage
bereits ahnte, unterbrach er den Hauptmann und antwortete
>> Ein bisschen Frühsport kann doch nicht schaden, oder? << Schweißperlen
standen ihm auf dem Gesicht, er war sichtlich erschöpft, doch scheinbar auch
glücklich. Einmal mehr betrachtete der Hauptmann den schlanken Mann von
durchschnittlicher Größe. Er sah ganz und gar nicht so aus, als ob er viel Sport
treiben würde. Zwar sah er auch nicht nach dem typischem Stubenhocker aus, doch
seine irgendwie kaum vorhandenen Schultern, seine dünnen Beinchen und Ärmchen
ließen nicht gerade auf einen Muskelprotz schließen.
>> Du treibst Sport, Rekrut Träumer? << Die Art, mit der die Frage gestellt
wurde verriet natürlich das Erstaunen des Hauptmanns über Stevens
vermeintliche Tätigkeiten.
>> Natürlich. Ich muss ja schließlich in Form bleiben... << er winkelte
seinen Arm an und versuchte seine Muskeln anzuspannen. Das wirkte ziemlich
lächerlich, denn es tat sich nicht wirklich etwas, auch als Steven sich immer mehr
und mehr Mühe gab.
Verlegen kommentierte er >> Naja, ich laufe ja auch meistens... <<
Der Hauptmann richtete erneut seinen Blick auf Stevens Beine.
>> Naja, die Wirkung wird schon noch kommen, wie? << fragte er und lächelte
ein wenig.
Die Frage ignorierend fragte Steven >> Und was steht heute auf dem Programm,
Hauptmann Humph MeckDwarf? <<

>> Wieso muss ausgerechnet ich immer so etwas langweiliges machen...? <<
sagte Steven hauptsächlich zu sich selbst. Er war auf dem Weg zum
Hiergibtsalles-Platz, denn dort vermutete er das größte Verkehrsaufkommen.
>> Geh und nehm einen Verkehrsunfall auf << äffte Steven den Hauptmann nach.
>> Gibt es was langweiligereres? Nööööööö...! <<
Langsam schob Steven sich durch die Mengen und fragte sich, wie er hier
einen Verkehrsunfall aufnehmen sollte, wo doch gar kein Platz für irgend ein
Gefährt wäre.
Doch er irrte sich. Schon von Fernem erkannte er einen großen Karren, der
sich durch die Menschen, Trolle, Zwerge, Gnome und all den anderen Bewohnern
von Ankh-Morpork quälte. Der Karren kam immer näher, und Steven betrachtete den
Karren so genau wie es ihm möglich war, denn gelegentlich rückte ein Troll
zwischen Steven und den Karren. Der Karren hatte Steven schon beinahe
erreicht, als diesem klar wurde, dass er nur einen Karren entdeckt hatte. Die
Wahrscheinlichtkeit, dass dieser Karren einem Verkehrsunfall zum Opfer fallen würde,
war nicht gerade hoch.

Mit Wahrscheinlichkeiten ist das ja so eine Sache. Jeder weiß, dass eine
Wahrscheinlichkeit von 1:1.000.000 ziemlich genau zu 100% eintrifft, sich eine
Wahrscheinlichkeit von 50:50 aber nahe von 0% bewegt. Die Wahrscheinlichkeit,
dass, wenn sich im Zentrum von Ankh-Morpork ein Karren durch die Straßen
drängelt, irgendwer Groll gegen den Fahrer hegt, ein angetrunkener oder sonstwie
aggressiver Troll sich den Karren als kleine Beschäftigung für Zwischendurch
aussucht, oder irgend etwas anderes, wie z.B. ein Straßen-Festchen*
stattfindet, ist praktisch gesehen ziemlich hoch. Eigentlich ist die
Wahrscheinlichkeit dass dem Karren etwas passiert sogar so hoch, dass die Wahrscheinlichkeit bei etwa 1.000.000:1 liegt. Und das wiederum ist so hoch, dass gar nichts
anderes als ein Unfall eintreten dürfte. Wenn da nicht noch ein ganz
entscheidender Faktor mitspielen würde, der unter Fachleuten auch der
"Ich-warte-auf-etwas" - Faktor genannt wird. Und dieser Faktor macht in der Gleichung, die das Schicksal benutzt, um den so genannten "Zufall" zu berechnen, so
viel aus, dass der Rest noch kaum noch etwas ausmacht. Steven irrte sich und
hatte doch Recht.

So wartete Steven also Stunde um Stunde auf dem Hiergibtsalles - Platz und
Karren um Karren fuhr unbehelligt an ihm vorbei. Nach einiger Zeit wurde ihm
das Ganze dann zu blöd, er hatte Hunger und Durst, und wollte einfach nur noch
weg. Das Aufstehen war nach einer so langen Zeit des Sitzens aber gar nicht
so leicht. Nicht dass Steven schon so alt wäre, dass er nicht mehr hoch käme,
doch die Spinnweben, die mittlerweile zwischen ihm und einer Mauer in seiner
Nähe befestigt worden waren, hatten doch eine Gewisse Festigkeit, zumal sie
von 2 Meter großen Spinnen stammten, die die Stadt angegriffen hatten.**

So kam es also, dass Steven, der noch weitere 2 Stunden damit beschäftigt
war sich aus den "Klauen" der Spinnweben zu befreien.*** Nach diesem
unerwünschtem Zwischenfall war Steven so genervt, dass er die Stadt verließ um etwas
Ruhe zu finden und sich zu entspannen, er hatte nun immerhin mehr als 12 auf
einen Verkehrsunfall gewartet und 2 Stunden lang erbittert gegen Spinnweben
gekämpft... nun war er es leid. Und davon abgesehen war er sich sicher, dass es
egal wäre, wie lang er noch auf einen Unfall warten würde, keiner geschehen
würde. Steven wandere nun also so, wie er es "damals" immer getan hatte, als
er noch "zu Hause" gelebt hatte. Er erinnerte sich an die endlos tiefen
Wälder, die Tiere, die ihm dort immer viel freundlicher und ausgeglichener
vorgekommen waren. Irgendwie war immer alles viel schöner gewesen. Steven dachte oft
und gerne an diese Zeit, doch er wusste, dass dies nie wiederkehren würde,
er war freiwillig gegangen und würde auch nie wieder zurückkommen.
Und wie er sich immer weiter von Ankh-Morpork entfernte, und die Wache
zumindest für einen kleinen Moment vergaß, da schrumpfte die Wahrscheinlichkeit
für einen Verkehrsunfall immer mehr in Richtung 1:1.000.000. Davon ahnte Steven
natürlich nichts, während er in Erinnerungen schwelgte und die Ruhe um sich
herum genoß.
Sekunden vergingen, Minuten zerflossen, die Wahrscheinlichkeit sank. Als sie
nun endlich die Magische Grenze von 1:1.000.000 erreichte, ließ eine näher
kommende Rauchwolke am Horizont bereits ein Ereignis erahnen. Die Rauchwolke
bewegte sich genau auf Steven zu, der sie nicht im geringstem zur Kenntnis
nahm. Als endlich auch ein bedrohliches Rumpeln der Karren auch den
verträumtesten unfreiwilligen Augenzeugen ihre Existenz ins Bewusstsein rief, wurde
Steven auf die beiden aufmerksam, die sich scheinbar ein kleines Rennen
lieferten.

Am nächstem Morgen hatte Hauptmann MeckDwarf folgenden Bereicht auf dem
Schreibtisch liegen:
An denn Herrn Hauptmann, Humph MeckDwarf:
Wie gewünscht habe ich einen Ferkehrsunfall beobachtet:

Heute Abend, mein Taschendämon meinte, es wäre Acht Uhr, Vierzehn Minuten
gewesen, näherten sich mir zwei Karren, die beide eine hohe Geschwindigkeit
hatten. Aber keiner war viel schneller als der andere. Und beide waren etwa
gleich auf. Bis dann einer meinte, er müsse schneller sein als der andere und
wollte den anderen überholen. Das fand der andere aber nicht gut und hat
angefangen den anderen zu rammen. Und weil keiner der Karren stabiler war als der
andere sind dann nach kurzer Zeit von beiden Karren ein Rad abgebrochen, die
beiden Karren haben sich überschlagen und sind zum Stehen... oder zum Liegen
gekommen. Ich habe dann die beiden Beteiligten vernommen. Beide behaupteten,
dass der andere Schuld wäre und ich hatte Mühe, sie davon abzuhalten sich
gegenseitig anzugreifen.
Ihre Namen sind John & Jessie Walton, sie sind Brüder und wohnen in
Ankh-Morpork in der hohlen Gasse 13. Die Karren waren nicht beladen und ich habe
darauf verzichtet einen der beiden zu verhaften, denn sie haben sich
entschuldigt. Auch wenn sie das erst nicht wollten. Aber am Ende haben sie dann einen
Wagen repariert und sind nach Hause gefahren.

Bericht von Steven Träumer, Rekrut.





* Straßen-Festchen sind in Ankh-Morpork eine ziemlich beliebte
Freizeitbeschäftigung. Im Prinzip ist es nur ein Grund wie jeder andere, um einen
Straßenkampf anzuzetteln, doch da es sich um keinen Festtag zu Ehren eines Gottes
(oder einer Göttin) handelt müssen die Teilnehmer nicht befürchten sich den Zorn
desjenigen (oder derjenigen) zuzuziehen.

** Wo diese Spinnen herkamen, das weiß niemand. Viele machten die Zauberer
oder Studenten der Unsichtbaren Universität dafür verantwortlich, die schon
des öfteren Löcher zwischen den Dimensionen geschaffen hatten und damit auch
den ... Dingen aus den Kerkerdimensionen den Weg in die Dimension der
Scheibenwelt bereitet hatten. Diese wehrten sich mit der Tatsache, dass die Spinnen
weder Tentakel noch irgendetwas vergleichbares gehabt hätten. Da die Spinnen
von einem wütendem Mob von Händlern, die es nicht gerne sahen, dass ihre Kunden
von Riesenspinnen gefressen wurden, vertrieben und nie wieder gesehen. Arme
Spinnen.

*** Übrigens war die Wahrscheinlichkeit, dass die Spinne, die ihn
eingesponnen hat, ihn nicht gefressen hat 1:1.000.000 ****

**** Genauso hoch war auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Spinnen die
Karren in Ruhe lassen würden *****

***** Ganz davon abgesehen wäre Steven sich eh nicht sicher gewesen, ob das
als "Verkehrsunfall" zählen würde.




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