Der Magus von Krull

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von Obergefreiter Romulus von Grauhaar (RUM)
Online seit 01. 02. 2004
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 Außerdem kommt vor: Irina Lanfear

Romulus tritt seinen Dienst in seiner neuen Abteilung an und beginnt seine Ausbildung als R.U.M.-Ermittler, ohne zu ahnen, dass ihn gleich seine erste Ermittlung auf die Spuren des Mörders eines ehemaligen G.R.U.N.D.-Mitrekruten führt.

Dafür vergebene Note: 12

Der frisch beförderte Gefreite Romulus von Grauhaar wusste nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Auf der einen Seite freute er sich, endlich nicht mehr zu den "Neuen" zu gehören, und in eine "richtige" Abteilung wechseln zu dürfen. Auf der anderen Seite hatte er aber mittlerweile so viele Freunde gefunden, dass ihm der Umzug schwer fiel. Zu allem Überfluss musste er diesen auch noch alleine durchführen, obwohl seine Freundin Mefarina ebenfalls zu R.U.M. wechselte. Das lag daran, dass Meffi sich nach der Beförderung erst mal für einige Tage Urlaub genommen hatte, um für diese Zeit Überwald einen Besuch abzustatten. Missmutig räumte er seine Ecke im Schlafsaal des Wachhauses an der Kröselstraße auf und packte seine Siebensachen. Noch nicht einmal seine ehemaligen G.R.U.N.D.-Mitrekruten waren da, denn sie waren heute noch spät auf den Beinen, weil Kommandeur Rince heute für die Abteilung "Streifenwege üben und einprägen" auf den Dienstplan geschrieben hatte. Alleine öffnete er die Tür des Schlafsaals, alleine ging er durch den Eingangsraum und alleine warf er noch mal einen letzten sehnsüchtigen Blick auf den von langen Tresendiensten nur allzu bekannten Wachtresen. Alleine öffnete er die Eingangstür des Wachhauses und trat alleine auf die Straße, als er plötzlich eine Stimme hinter sich hörte:
"Hallo Gefreiter Romulus!"
Erschrocken fuhr Romulus herum und erkannte seine ehemalige G.R.U.N.D.-Ausbildungsleiterin Irina Lanfear.
"Guten Abend Mäm! Sind Sie auch so spät noch dienstlich unterwegs?"
"Du brauchst mich jetzt nicht mehr siezen Romulus, immerhin bist du kein Rekrut mehr. Übrigens bin ich wirklich noch dienstlich unterwegs. Ich ziehe zurück zum Pseudopolisplatz. Meine Amtszeit als Ausbildungsleiterin ist vorbei und deshalb kann ich wieder zurück in meine eigentliche Abteilung."
Erst jetzt bemerkte Romulus den großen, prall gefüllten Ausrüstungsbeutel, den Leutnant Lanfear bei sich trug.
"Soll ich Ihnen... soll ich dir beim Tragen helfen? Ich bin ja schließlich in die gleiche Richtung unterwegs."
"Danke schön, aber ich kann das sehr wohl alleine tragen. Immerhin musst du ja selber genug schleppen. Für welchen Tschob hast du dich denn beworben?"
"Ich möchte gerne Ermittler bei R.U.M. werden, Mäm!"
"Ja, das wollen viele. Ist eine sehr ehrenvolle und schwierige Aufgabe. Ich hoffe, du wirst deine Ausbilderin nicht enttäuschen."
"Das hoffe ich auch Mäm!"

***


Währenddessen irgendwo in den Schatten
Korporal Larius de Garde hatte die Rekruten in kleine Gruppen von je zwei Personen eingeteilt, die jede einen anderen der Streifenwege, die sie alle in der Ausbildung schon unzählige Male abgegangen waren, entlanglaufen und verinnerlichen sollten. Und so liefen auch die beiden Rekruten Yeri Mye und Magus Exordinarius dei Magica Movimenta et dei Magica Destructiba Grobensalb, von seinen Mitrekruten kurz Grobi genannt, den ihnen zugeteilten Weg ab. Grobi litt, wie es bei ihm des Öfteren der Fall war, an ankhwasserbedingtem Gedächtnisschwund, wodurch er auf die Führung von Yeri angewiesen war. Gerade kamen sie an dem Hauptgebäude der Schmugglergilde in der Affenstraße vorbei, als eine Person ihnen in den Weg trat. Die Gestalt trug eine weite, dunkle Robe mit einer übergroßen Kapuze, die so weit ins Gesicht gezogen war, dass man selbiges noch nicht mal dann gesehen hätte, wenn man eine helle Lichtquelle hineingehalten hätte. Bevor sie auch nur irgendwie auf die Erscheinung reagieren konnte, bekam Yeri einen kräftigen Schlag auf den Hinterkopf und brach sofort bewusstlos zusammen. Grobi fuhr herum und entdeckte hinter sich eine weitere Gestalt, die vom Aussehen der ersten frappierend ähnelte. Die Gestalt hielt ein Schwert in der Hand und Grobensalb fragte sich, wo er eben diese Waffe schon einmal gesehen hatte. Als er nach seiner Schwertscheide tastete wusste er auch, wo: Die Gestalt hatte ihm unbemerkt von hinten das Schwert abgenommen, während Yeri und er gebannt auf die andere Erscheinung gestarrt hatten. Wie peinlich! Nun, mit etwas Pech würde keiner mehr von dieser Peinlichkeit erfahren. Die beiden Gestalten kamen mit gezogenen Schwertern langsam näher...


***


In der Zwischenzeit hatten Romulus und Rina das große Wachhaus am Pseudopolisplatz erreicht. Während die ehemalige Ausbildungsleiterin ihre Ausrüstung in ihr altes Büro zurückbrachte, begab sich der Werwolf erstmal zum Büro des R.U.M.-Abteilungsleiters Humph MeckDwarf. Er klopfte zaghaft an die Tür. Nachdem keine Antwort zu hören war, klopfte er noch mal, diesmal ein wenig lauter. Erst jetzt fiel ihm ein an der Tür angebrachter Zettel ins Auge, der in unsauberen Buchstaben verkündete:
"Wegen Weksel des Abteilungsleiters vorrübergehigend geschlossen. In dringenden Fällen wendige dich bitte an Myra Schwertschleifer, aber nicht mehr nach Dienstschluss".
Nun gut, dachte sich der Gefreite, dann beziehe ich halt erstmal mein Büro. Gedacht, getan. Der ihm zugewiesene Büroraum [1] war zwar klein, aber doch recht geräumig. Neben einem Schreibtisch samt zugehörigem Stuhl fand er dort einen Schrank und einen Hundekorb vor. Auf dem Tisch lag ein Zettel:
"Hallo Gefreiter Romulus!" las er. "Der ehemalige Besitzer dieses Büros, leider im Dienste von uns gegangen, hat einige Möbel und Gegenstände hinterlassen, die dir vielleicht noch nutzen könnten. Melde dich morgen nach dem Frühstück bei deiner Abteilungsleiterin.
Gez. Myra Schwertschleifer, Stellv. Abteilungsleiter R.U.M."
Romulus überlegte nicht lange und da er ausgesprochen müde war, räumte er schnell seine wichtigsten Ausrüstungsgegenstände weg und begab sich in den Schlafsaal, um sich für den Beginn seiner Ausbildung als Ermittler auszuruhen.
Unsanft rüttelten zwei kräftige Hände an Romulus und eine Stimme rief:
"Aufstehn! Du wirst dringend von deiner Abteilungsleiterin gebraucht!"
Romulus zuckte zusammen, als er erkannte, dass sich ein Zombie über ihn gebeugt hatte und versuchte, ihn wach zu bekommen. Dann erkannte er Herrn Made, den Romulus kurz nach seinem Eintritt in die Wache noch bei G.R.U.N.D. kennen gelernt hatte. Schlaftrunken richtete sich der junge
Werwolf auf. Er beobachtete, wie sich Herrn Mades Blick langsam nach unten wandte und richtete sein Augenmerk auf eben diese Stelle. Wortlos hob der Zombie einen Finger auf und holte Nähzeug aus seiner Tasche. Anscheinend hatte Romulus beim Zusammenzucken Made einen Finger abgerissen. Romulus lief rot an.
"Ent... Entschuldigung, das wollte ich wirklich ni..."
"Schon gut," unterbrach ihn der Zombie, "so was passiert mir ständig. Schau lieber, dass du schleunigst zu Leutnant Lanfear kommst, sie ist wegen dem neuen Fall schon ziemlich fertig mit den Nerven."
"Leutnant Lanfear?"
"Sie ist die neue R.U.M.-Abteilungsleiterin, wusstest du das nicht?"

***


Wenige Minuten später, in Irina Lanfears Büro
"Guten Morgen, Mäm! Melde mich wie befoh..."
"Schon gut. Setz dich! Es tut mir ja ziemlich leid, dich aus deinem gesunden Schlaf wecken lassen zu müssen, aber die Umstände lassen mir momentan nichts anderes übrig. Wir werden deine Ausbildung zum Ermittler sofort beginnen müssen, da du für den aktuellen Fall, der heute Nacht per Eiltaube an mich gesendet wurde, geradezu prädestiniert bist."
"Was für einen Fall denn?"
"Nun ja, es hat sich etwas ... unangenehmes in den Schatten zugetragen... aber lassen wir das erstmal, denn du solltest dich nicht in einen Fall stürzen ohne zumindest einige theoretischen Grundlagen zu den Aufgaben und der Vorgehensweise eines Ermittlers kennen gelernt zu haben. Soviel Zeit muss sein."
Und so verging der Vormittag. Romulus lernte, dass sich Ermittler meistens eher im Hintergrund hielten, um zum Beispiel von den S.U.S.I.-Spezialisten für Spurensicherung wichtige Anhaltspunkte zu erhalten oder erhielten Informationen über die Tätigkeiten verdächtiger Personen von den verdeckten Ermittlern und Informanten. Außerdem spielte es anscheinend eine entscheidende Rolle, die Tatverdächtigen auf eine undurchsichtige, aber gewinnbringende Art zu verhören. Ermittler waren selten an der vordersten Front anzutreffen und arbeiteten lieber mit den Waffen des Verstandes.
"Muss ich als Ermittler eine Armbrust führen, Mäm?"
"Nein, wie kommst du denn darauf? Ermittler brauchen in den seltensten Fällen eine Waffe, sollten aber bei Außeneinsätzen trotzdem möglichst nicht unbewaffnet da stehen, da man immer mit dem Schlimmsten [2] rechnen sollte."
"Gut, dann werde ich außerhalb der Wachhäuser mein Schwert mitnehmen."
"Wie du meinst, Gefreiter. Aber eins lass dir noch von einer erfahrenen Ermittlerin mit auf den Weg geben: Ein Notizbuch dabeizuhaben, zahlt sich eigentlich immer aus."
"Ich werde es mir merken, Mäm."
"So, jetzt aber zu unserem Fall. Am besten wird es sein, wenn du einfach mitkommst ins Labor der S.U.S.I.-Gerichtsmedizin..."
Romulus folgte seiner Ausbilderin durch die Korridore und Treppenhäuser des Wachhauses bis sie zu einem Raum kamen, an dessen Tür das Schild "S.U.S.I. - Gerichtsmedizinisches Labor - G Jack Narrator" verkündete. Nach kurzem Anklopfen hörte man eine Stimme die "Herein!" rief. Leutnant Lanfear betrat den Saal, dicht gefolgt von Romulus.
"Gefreiter Narrator, das ist unser neuer Ermittler, Gefreiter Romulus von Grauhaar. Er wird sich im Rahmen seiner Ausbildung zusammen mit mir um den Fall Grobensalb kümmern!"
Romulus erschrak. Grobensalb? Hatte der Fall etwas mit seinem bis gestern noch Mitrekruten Grobi zu tun? Aber wahrscheinlich war es nur Zufall, schließlich konnte es ja noch mehr Leute mit diesem Namen geben. Er blickte sich im Labor um. Ein kurzhaariger, mürrisch dreinblickender Mann in einem weißen Laborkittel, der Tatsache, dass sich sonst niemand mehr im Raum befand, entnahm Romulus, dass es sich um Jack Narrator handeln musste, stand an einer Mischung aus Bett und Bahre, auf der ein lebloser menschlicher Körper lag. Eine offene Wunde prangte in der Brust, an der Stelle, an der Romulus das Herz vermutete. Der Kopf war mit einem Tuch bedeckt. Erst jetzt bemerkte Romulus den leichten Blutgeruch, der aber nicht mehr besonders intensiv war. Trotzdem zog er vorsichtshalber sein Halstuch soweit nach oben, dass es die Nase bedeckte. Als er bemerkte, dass Narrators Blick ihn traf wurde er verlegen und versuchte, diese Geste zu erklären:
"Weißt du, ich bin leider immer noch nicht ganz immun gegen den Geruch..."
"Dachte ich es mir doch. Noch ein Werwolf. Als ob der Tag nicht schon schlimm genug angefangen hätte. Jetzt schicken die mir auch noch einen Werwolf in mein Sezier-Labor."
Romulus überhörte diese nicht gerade schmeichelhafte Bemerkung absichtlich und wandte sich dem Leichnam zu. Jack folgte Romulus' Blick und herrschte ihn an:
"Lass nur ja deine Pfoten von der Leiche! Sie ist ein wichtiges gerichtsmedizinisches Beweisstück! "
"Wenn du so freundlich wärst, und dem Gefreiten von Grauhaar und mir Einblick in die gerichtsmedizinischen Akten geben könntest, damit wir uns ein Bild vom Tathergang machen können, wäre ich sehr dankbar, " erwiderte Irina mit Engelsgeduld.
Jack übergab der R.U.M.-Abteilungsleiterin eine bereits für R.U.M. angefertigte Kopie seines gerichtsmedizinischen Berichts. Sie bedankte sich und bedeutete Romulus mit einer Geste, das Labor zu verlassen.

***


Zurück in Rinas Büro platzte es aus Romulus heraus:
"Sag die Wahrheit: Das war Magus Grobensalb, oder? Mein bis gestern noch Mitrekrut?"
"Ja, ich wollte es erst mal nicht erwähnen, damit du nicht von deinen Pflichten als Ermittler abgelenkt wirst. Wenn du eine kurze Pause einlegen willst, habe ich nichts dagegen."
"Nein, nein, es geht schon..."
Der junge Werwolf schluckte. Dann nahm er sich Jacks Bericht und begann zu lesen. Er stellte fest, dass Jack nicht viel festgestellt hatte. Jedenfalls nicht viel, was ihnen in dem Fall hätte helfen können. Das einzige was man anhand der Leiche definitiv feststellen konnte war, dass die Todesursache ein Schwertstoß gewesen sein musste. Und zwar von einem Schwert, wie es auch die Wache benutzte. Immerhin ein kleiner Hinweis.
"Bei dem Angriff wurde nicht nur Grobensalb getötet, sondern noch ein weiterer Rekrut verletzt. Eine Rekrutin besser gesagt," eröffnete Rina.
"Es handelt sich dabei um Yeri Mye Sie liegt momentan bewusstlos in der Krankenstation. Rogi kümmert sich um sie."
Das beruhigte Romulus in wenig. Schon während seiner Zeit bei G.R.U.N.D. hatte er Rogi Feinstich, die Wachesanitäterin kennen und ihre Arbeit schätzen gelernt.

***


Solange Yeri noch nicht wieder zu sich gekommen war, konnte sie auch nicht vernommen werden, was die Ermittlungsarbeiten natürlich ein wenig behinderte. Aber es gab ja noch genug andere Dinge zu tun. Irina hatte Romulus den Befehl gegeben, alleine am Tatort weiterzuermitteln, während sie sich um die Dinge kümmern musste, mit denen sich Abteilungsleiter den ganzen Tag nun mal so herumschlugen.
Also begab sich der angehende Ermittler in die Affenstraße. Er war noch nicht ganz beim Gebäude der Schmugglergilde angekommen, als er sah, dass dort die S.U.S.I.-Spurensicherung tätig war. Ein relativ großer junger Mann mit schwarzen Haaren und einem weiten Umhang war über eine Stelle am Boden gebeugt, während ein anderer, deutlich älter anmutender Mann mit langem Bart mit einer Lupe an einer menschenförmigen Kreidezeichnung zu schaffen machte. Als Romulus näher kam, erkannte er in zweiterem Korporal Sillybos, den er kurz zuvor noch als Ausbilder bei G.R.U.N.D. kennen gelernt hatte. Als der Philosoph aufstand und Romulus bemerkte, salutierte dieser.
"Hallo Romulus. Steh nicht so angewurzelt da, du bist nicht mehr in der Grundausbildung. Warum bist du hier? Also damit meine ich jetzt nicht die philosophische Betrachtung deines Daseins auf dieser Welt, sondern einfach nur den direkten Grund deiner Anwesenheit an diesem Ort."
"Ich ermittle im Fall Grobensalb und derzeit ist der Tatort mein primäres Ermittlungsziel."
"Das trifft sich gut. Ich wollte sowieso gerade ins Wachhaus zurückkehren und unsere Ergebnisse an R.U.M. weiterleiten."
"Habt ihr irgendwelche wichtigen Indizien gefunden?"
"Ich nicht, aber frag doch mal Leo da drüben, der scheint eine wichtige Entdeckung gemacht zu haben."
Romulus wandte sich dem Vampir zu, der immer noch den Boden absuchte.
"Hallo. Du hast also etwas Wichtiges gefunden?"
"Nicht direkt. Ich habe besser gesagt, etwas Wichtiges nicht gefunden," entgegnete der Spurensicherer.
"Und was hast du nicht gefunden?" fragte Romulus, der seine Konfusion bezüglich der seltsamen Formulierung nicht zeigen wollte.
"Ein Schwert. Der Angreifer hat nichts entwendet. Alle Wertsachen waren noch da. Das einzige was gefehlt hat war ein Schwert. Und zwar das Schwert von Grobensalb. Das andere Schwert, was gefunden wurde, gehörte Yeri Mye, was an der Waffennummer eindeutig zu erkennen war."
"Was könnte so besonders an Grobis Schwert gewesen sein, dass der Mörder es mitgenommen haben könnte?"
"Keine Ahnung. Es war ein ganz normales Standard-Wacheschwert, so wie das, was du gerade mit dir herumträgst."
Ein Standard-Wacheschwert also. Hatte Jack nicht in seinem Bericht geschrieben, dass Grobi mit einem Schwert wie den Wacheschwertern getötet wurde? Romulus erinnerte sich an Rinas Rat und zückte seinen Notizblock. Er kritzelte einige Wörter hinein und verstaute ihn wieder in den unergründlichen Tiefen seiner Uniform.
"Habt ihr bei euren Untersuchungen irgendwelche verdächtigen Personen gesehen? Ich habe gehört, Mörder kehren immer wieder zum Tatort zurück."
"Dann wären sie schön blöd. Wir hätten sicher einige Fälle wesentlich schneller gelöst, wenn der Mörder einfach zum Tatort gekommen wäre und einen verdächtigen Eindruck gemacht hätte."
Insgeheim musste Romulus dem Vampir in dieser Hinsicht Recht geben, auch wenn er es nicht aussprach.
"Aber vielleicht hat GeN jemanden gesehen, frag ihn doch mal."
"Wer ist denn GeN?"
"Unser Tatortsicherer. Da hinten kommt er gerade angestelzt."
Der Werwolf wandte sich um und erblickte einen grünhaarigen Gnom, der anscheinend versuchte, auf zwei Stelzen die Affenstrasse besser zu überblicken. In der Hand hielt der Gnom eine Rolle Absperrband.
"Oh ein Neuankömmling!" ließ sich der Gnom verlauten. "Bist du nicht der neue R.U.M.-Ermittler?"
"Scheint sich ja schnell herumgesprochen zu haben. Ich heiße Romulus und mit wem habe ich die Ehre?"
"Gnomen est Nomen, aber die meisten nennen mich einfach GeN."
"Hast du irgendwelche verdächtig wirkenden Personen bemerkt?"
"Ja. Aber das spielt keine Rolle, weil in Ankh-Morpork grundsätzlich fast alle Personen verdächtig wirken."
Das leuchtete Romulus ein. Er überlegte, was er als nächstes tun sollte.
"Ich werde wohl am besten mal die Bewohner der anliegenden Häuser befragen. Und ich fange bei der Schmugglergilde an," erklärte er.
"Tu dir keinen Zwang an," erwiderte Gnomen und stelzte weiter die Straße hinab.

***


In der Zwischenzeit, ein einem düsteren Raum eines unauffälligen Gebäudes in einem Vorort von Ankh-Morpork
In der Düsternis für das ungeübte Auge kaum erkennbar zwei Gestalten, die sich auf einer fremdländischen Sprache in nicht gerade freundlichem Ton unterhielten [3].
"Wieso habt ihr ihn mit seinem eigenen Schwert getötet? Wir wollten doch jede Spur vermeiden!"
"Entschuldige, ehrenwerter Inhota Kyyneltyä, wir hatten in der Eile unsere eigenen Waffen im Gebäude liegen gelassen."
"Und warum habt ihr das Mädchen am Leben gelassen? Sie hat euch doch sicher gesehen!"
"Nein, wir hatten die Kutten an. Du weißt schon, die mit den
großen Kapuzen."
"Die mit den
seeeeehr großen Kapuzen?"
"Genau die. Wir dachten, dass niemand unschuldiges sterben soll."
"Wollen wir hoffen, dass ihr Recht behaltet. Geh mir nun aus den Augen. Du bist so...
feucht!"
Das letzte Wort sprach die Person mit Namen Inhota Kyyneltyä aus wie einen Fluch.


***


Nachdem sich Romulus durch die komplette Schmugglergilde gefragt hatte, war sein Notizzettel immer noch so gut wie leer. Keiner konnte ihm einen brauchbaren Hinweis liefern, wer denn der Mörder von Grobensalb hätte sein können. Er wollte das Gebäude soeben verlassen, als sich das Eingangsportal öffnete und eine kleine, fremdländisch anmutende Person die Gilde betrat. Der Werwolf überlegte nicht lange und hielt zielstrebig auf diesen Mann zu.
"Entschuldigung, ich führe Ermittlungen für die Stadtwache und möchte dir ein paar Fragen stellen."
"Nur zu, junger Freund," sagte der verhutzelte Mann in perfektem Ankhianisch, machte dabei allerdings ein nicht gerade freundliches Gesicht.
"Erst mal muss ich deinen Namen notieren," begann der Gefreite.
"Man nennt mich 'Schmuggelhein, den Großen'."
Romulus verkniff sich ein Lachen angesichts der körperlichen Ausmaße von Hein. Er fuhr fort:
"In der letzten Nacht wurde hier ein Wächter erschlagen. Hast du..."
"Ich weiß," unterbrach ihn Schmuggelhein.
Romulus Mund blieb wohl eine Sekunde zu lange offen stehen, so dass der Schmuggler sein Erstaunen deutlich bemerkte.
"Na ja, man hört so einiges, wenn man die richtigen Leute kennt," winkte Hein müde und alles andere als freundlich lächelnd ab.
Von Grauhaar hatte sich jetzt wieder besser in der Gewalt.
"Und was hast du so gehört?" fragte er.
"Nicht viel. Nur dass der Wächter ein Rekrut war, und dass man nicht viel über ihn weiß."
"Da weißt du schon ziemlich viel. Hast du auch seinen Namen gehört?"
"Nein, aber ich denke, du wirst ihn mir jetzt gleich nennen."
Das seltsame Lächeln stand ihm immer noch im faltigen Gesicht. Romulus überlegte, ob er solche Details in der Gegenwart von Zivilpersonen nennen durfte, fand aber keinen Haken daran.
"Er nannte sich Magus Grobensalb. Keiner von uns wusste, wo er herkam. Sogar er selbst nicht. Er litt nämlich unter einem bösen Gedächtnisschwund."
Ein lautes, knallendes Geräusch erklang und der Schmuggler wandte abrupt seinen Kopf. Dann wandte er sich wieder Romulus zu und zischte:
"Ich muss jetzt leider schnell weiter. Sei um halb zehn Uhr in der Geflickten Trommel, dann werde ich dir ein paar interessante Dinge über deinen Grobensalb erzählen."
Dann wandte er sich um und lief davon.
Romulus lief ein paar Schritte hinterher, nach draußen, um gerade noch rechtzeitig zu bemerken, wie Schmuggelhein um eine Straßenecke verschwand. Dann zückte er seinen Notizblock und kritzelte hastig einige Worte hinein, bevor er sich zurück zum Wachhaus begab, um mit Rina die ersten spärlichen Ergebnisse zu besprechen.

***


Fünf vor halb zehn Uhr stand Romulus vor dem Eingang der Geflickten Trommel. Er passierte den Zerreisser-Troll am Eingang, der irgendwie geistesabwesend wirke und setzte sich im Schankraum an einen etwas abgelegenen Tisch, der aber trotzdem einen Blick auf die Eingangstür bot. Nach einer Weile trat der Wirt an den Tisch, um eine Bestellung aufzunehmen.
"Was darf's sein? Beeil dich, ich hab auch noch andere wartende Kunden"
"Bring mir ein Bier. Ich warte noch auf jemanden."
Der Wirt drehte sich wortlos um, und verschwand hinter seinem Tresen. Nach einigen Minuten kam er mit einem Krug zurück, in dem sich die Flüssigkeit befand, die in der Trommel "Bier" geschimpft wurde. Er stellte den Bierkrug auf dem Tisch ab, nahm einige Münzen von Romulus entgegen und wandte sich um zum gehen. Doch er ging nicht wirklich davon, sondern zog aus einer Tasche seiner Schürze einen kleinen Zettel hervor, den er Romulus, dem er weiterhin den Rücken zukehrte, hinhielt. Der Ermittler in Ausbildung griff unauffällig nach dem Zettel und ließ ihn unter seinem Bierkrug verschwinden. Der Wirt begab sich indessen wieder hinter den Tresen.
Als Romulus glaubte, unbemerkt zu sein tat er so, als würde er nur aus seinem Krug trinken, tatsächlich aber nahm er den Zettel mit der anderen Hand und las seine Aufschrift.
"H. empfiehlt, erst austrinken und dann rauszugehen."
Seltsamer Schrieb, dachte sich der Werwolf, entschied sich aber, der Empfehlung zu folgen. Er leerte seinen Krug, stand auf und begab sich wieder zum Ausgang.
Kaum war er wieder auf der Straße angekommen, als sich der Troll zu ihm hinabbeugte und so leise, wie es einem Troll möglich war, sagte: "Du sein der Mann, der auf den Großen gewartet?"
"Ja," antwortete Romulus wahrheitsgemäß.
"Dann du solltest das nicht so laut herumposaunen," empfahl der Troll. "Du den Großen treffen wirst am Platz der gebrochenen Monde in viertel von einer Stunde."
"Vielen Dank," erwiderte von Grauhaar, doch der Troll schien wieder völlig geistesabwesend dazustehen.
Der Gefreite machte sich also auf den Weg zum Platz der gebrochenen Monde.
Bein auf halben Weg, unweit vom Patrizierpalast, landete eine Brieftaube auf Romulus' Schulter. Romulus entnahm die Nachricht und begann zu lesen:

Hallo Romulus.
Yeri ist aufgewacht. Keine weiteren Hinweise. Das einzige was sie gesehen hat, ist eine Gestalt mit dunkler Robe, bei der das Gesicht mit einer Kapuze verdeckt war.
Gruß, Rina


Kein Anhaltspunkt, auf den man aufbauen konnte, dachte er, hoffentlich bringt das Gespräch mit Hein etwas Neues. Mittlerweile war er am Platz der gebrochenen Monde angekommen, wo trotz der späten Tageszeit immer noch allerhand los war. Vergeblich hielt er nach Schmuggelhein Ausschau und wandte sich enttäuscht zum Gehen um. Diesmal nahm er den Weg am Ankh-Ufer entlang, um zum Pseudopolisplatz zurück zu kehren. Auf dem Hiergibt'salles-Platz befand sich eine große Menge gaffender Zuschauer, die dem alljährlichen Spektakel des "Arme-Studenten"-Brauches beiwohnten, bei dem die Senior-Zauberer aus den Fenstern der Universität die Studentenschaft, die auf dem Platz versammelt war, mit Brotlaiben bewarfen. Romulus war zwar noch nicht so lange in der Stadt, aber er war in seiner Grundausbildung mit den seltsamen Gebräuchen der Unsichtbaren Universität vertraut gemacht worden, so dass ihn diese Aktion nicht überraschte.
Doch plötzlich wurde ihm schwarz vor Augen und das letzte was er wahrnahm war eine kleine Gestalt, die ihm das Schwert abnahm.

***


Romulus erwachte in einem dunklen kalten Raum auf einer Art Bett. Neben ihm saß an einem Tisch kein geringerer als Schmuggelhein der Große.
"Ah, du bist wach. Es tut mir Leid, dass ich es auf diese Art und Weise lösen musste, aber sie waren mir auf der Schliche und deswegen kann man nie vorsichtige genug sein," hörte er den Schmuggler sagen, verstand aber nur Mietkutschenstall [4]. Benommen setzte er sich auf und blickte den Schmuggler an.
"Ich versteh das nicht. Was soll das ganze?"
"Man ist mir auf den Fersen. Ich arbeite nebenberuflich in einem ähnlichen Tschob wie du, ich bin nämlich für die Schmugglergilde als Spürhund tätig, um unlizensierten Schmuggel aus Krull aufzudecken. Von dort werden nämlich viele Dinge hier hineingeschmuggelt, zum Beispiel Platte und andere Rauschmittel. Und ich bin einem angesehenen Hydrophoben auf der Fährte, für dessen illegale Schmuggeltätigkeiten ich zwar noch keine hieb- und stichfesten Beweise habe, aber doch einige sehr guten Anhaltspunkte."
"Warum hast du mir das nicht einfach früher gesagt?"
"Das ging nicht. Kurz bevor ich dich im Gebäude der Gilde getroffen habe, hatte ich eine ernsthafte Auseinandersetzung mit einem seiner Handlanger. Ich habe nämlich herausgefunden, dass sich Inhota Kyyneltyä zur Zeit in Ankh-Morpork aufhält, um sich dort einiger seiner ärgsten Feinde zu entledigen."
"Inhota Küwas?"
"Kyyneltyä. Das ist der Name des Hydrophoben, der wohl in den illegalen Schmuggel verwickelt ist."
"Moment, sagtest du, er wollte sich seiner ärgsten Feinde entledigen? Hat das was mit Grobensalb zu tun?"
"Ich dachte schon fast, du wirst den Zusammenhang nie erkennen. Natürlich war er es, der Grobensalb ermorden ließ. Darüber besteht gar kein Zweifel."
"Wie kannst du dir da so sicher sein? Grobi war doch nur ein Rekrut in der Stadtwache, wie so viele andere auch. Was sollte ihn zum ärgsten Feind eines angesehenen krullianischen Hydrophoben machen?"
"Bist du hier der Krullianer oder ich?"
"Du bist Krullianer?"
"Natürlich. Du glaubst doch nicht, dass die Schmugglergilde den Tschob einem dahergelaufenen Ankh-Morporkianer gibt, der alles vermasseln würde."
"War Grobensalb den auch Krullianer?"
"Raffiniertes Bürschchen, bist ja doch nicht so langsam im Denken. Aus dir könnte vielleicht noch mal was richtig Erfolgreiches werden."
Schmuggelhein senkte die Stimme und fuhr in einem unheilvollen Tonfall fort.
"Magus Exordinarius dei Magica Movimenta et dei Magica Destructiba Grobensalb war, bevor er nach Ankh-Morpork kam, ein angesehener Zauberer der magischen Universität zu Krull. Sein einziges Problem war, dass er wohl auch ins Schmuggelgeschäft verwickelt war. Er war für den unlizensierten Platte-Handel nach Ankh-Morpork zuständig und verdiente zusammen mit seinem Partner Inhota Kyyneltyä ein kleines Vermögen. Doch weder Grobensalb noch Kyyneltyä war nicht so ehrenhaft, wie alle Welt glaubte. Bei einer Geschäftsreise nach Ankh-Morpork wurden beide von den Spitzeln der Schmugglergilde ertappt, wie sie eine große Eselskarrenladung Platte auf dem Schwarzmarkt verscherbeln wollten, und Grobensalb schob alle Schuld auf seinen Geschäftspartner, der sich auf seine persönliche Weise rächte: Die Spitzel der Gilde wurden allesamt nie wieder gesehen und Grobensalb passierte dieser Unfall, der ihn sein Gedächtnis für immer verlieren lassen sollte. Er landete nach einem magischen Duell auf dem Ankh, und wurde dort mehrere Meilen flussabwärts getragen, bis er in Ankh-Morpork zufälligerweise von einem Wächter aus dem Fluss gezogen wurde. Den Rest der Geschichte solltest du selber kennen."
"Ja, aber warum hat ihn der Hydrophobe dann umgebracht?"
"Hat er ja gar nicht. Er würde sich nie selbst die Finger schmutzig machen. Aber er war sicher der Auftraggeber, der hinter diesem Mord steckt. Genau kann ich nicht sagen, warum er jetzt noch mal hierher zurückgekehrt ist, aber ich vermute, dass irgendjemand auf den Gedanken kam, Grobensalbs Gedächtnis zurückzuholen, um wertvolle Informationen über Kyyneltyä herauszubekommen."
Plötzlich ging ruckartig eine Tür auf, die Romulus bisher gar nicht bemerkt hatte, da sie sich hinter ihm befand. Zwei Gestalten in Kapuzenmänteln kamen auf den Werwolf und den Schmuggler zu und versuchten. den beiden vor Schreck wie gelähmten, Jutesäcke über den Kopf zu stülpen, bevor sie irgendetwas dagegen unternehmen konnten. Hein schrie aus Leibeskräften und zappelte in seinem Kartoffelsack wie ein auf den rücken gedrehter Hirschkäfer, und bekam als Folge davon einen kräftigen Hieb mit einem Knüppel, der in zum Verstummen brachte. Romulus wehrte sich daraufhin nicht mehr. Allerdings fiel ihm etwas auf: Anscheinend waren sich die beiden Angreifer nicht darüber im Klaren, dass sie es mit einem Werwolf zu tun hatten, denn nirgends war ein Anzeichen eines silbernen Gegenstandes zu sehen. Der eine war mit einem Knüppel bewaffnet, der andere hielt ein Kurzschwert aus Obsidian in der linken Hand. Der Wächter beschloss, diesen Vorteil noch nicht auszunutzen, und erst einmal näheres über den Angriff herauszubekommen. Deshalb stellte er sich friedlich und ließ sich wehrlos fesseln und einsacken. Durch den Sack seines Augenlichts beraubt, verließ sich der junge Werwolf jetzt vollständig auf seinen Geruchssinn.
Die beiden Gefangenen wurden mit dem Knüppel aus dem Gebäude getrieben, dass sich, dem Geruch und den Außengeräuschen nach zu urteilen, nicht in der Innenstadt Ankh-Morporks befinden konnte [5]. Die beiden Gefangenen wurden auf eine Kutsche geladen, jedoch, zu Romulus erstaunen, wurden sie voneinander getrennt. Den Kartoffelsack mit werwölfischem Inhalt lud man auf die Ladefläche, während der Sack, der den Schmuggler enthielt, von den Angreifern mit auf den Kutschbock genommen wurde.
Als die Kutsche Fahrt aufnahm, beschloss der Gefreite, dass es nun an der Zeit war, sich unauffällig aus den Fesseln zu befreien, was sich als nicht besonders schwer herausstellte. Durch eine Verwandlung in die Wolfsgestalt war es Romulus innerhalb weniger Sekunden möglich, sich aus den Schnüren und auch dem Jutesack zu lösen, ohne dabei ein auffälliges Geräusch verursacht zu haben. Anscheinend kannte man in Krull keine Werwölfe, sonst hätten sie es ihm bestimmt nicht so leicht gemacht.
Von Fesseln und Sack befreit, warf Romulus einen verstohlenen Blick zum Kutschbock und traute seinen Augen nicht: Da saß Schmuggelhein der Große doch zwischen den beiden Angreifern, völlig ohne Fesseln und schien mit den beiden in ein leises, jedoch intensives Gespräch verwickelt zu sein. Die lauten Geräusche der Kutsche jedoch verhinderten auch für ein geübtes Werwolfsohr, dass irgendwelche Gesprächsfetzen zu ihm herüberklangen. Romulus' Gedanken rasten. Er musste verschwinden, bevor die anderen etwas bemerkten. Vor allem musste er sowohl seine Kleidung als die zerrissenen Fesseln und den Jutesack mitnehmen, damit seine Gegner keinen Hinweis auf sein besonderes Geheimnis bekamen. Also packte er mit den Zähnen den Sack, in dem sich noch die zerrissenen Stricke und die Kleidung befanden und sprang mit einem eleganten Sprung von der Kutsche. Er musste dringend Verstärkung holen. Doch jetzt roch er wieder klar: Er wusste, dass er sich etwa 3 Meilen von Ankh-Morpork entfernt mitten in den Kohlfeldern der Sto-Ebene befand. Also lief er so schnell seine Beine ihn trugen zurück zur Stadt. Nach knapp einer Meile erreichte er das Gebäude, in dem er das aufschlussreiche Gespräch mit Schmuggelhein geführt hatte. Für eine Durchsuchung des selbigen war allerdings keine Zeit, aber er beschloss, in der Wache sofort einen entsprechenden Durchsuchungs-Antrag bei S.U.S.I. zu stellen.

***


Irina Lanfear hatte einen arbeitsreichen Tag hinter sich und war froh, dass er nun zu Ende zu sein schien. Jedoch sollte sie sich da irren. Sie schloss gerade ihre Bürotür ab, als ein fix und fertig aussehender Romulus von Grauhaar den Korridor entlang gelaufen kam.
"Mäm, ich habe einige dringende Dinge mit ihnen zu besprechen. Es geht um den Fall!"
Leutnant Lanfaer seufzte.
"Romulus, du weißt doch, dass du mich nicht mehr siezen musst."
Mit diesen Worten drehte sie den Schlüssel zu ihrer Bürotür wieder in die entgegengesetzte Richtung und begab sich schweren Herzens zurück an ihren Schreibtisch.
Romulus folgte ihr schwer atmend.

***


In den nächsten Tagen geschahen einige Dinge:
Ein S.U.S.I.-Trupp nahm sich das Haus vor, in dem Romulus mit Schmuggelhein die Unterhaltung geführt hatte. Diese Aktion hatte auch einen gewissen Erfolg, denn man fand deutliche Hinweise auf illegalen Schmuggel von Rauschmitteln, größere Mengen Platte und eindeutige Beweise, dass Schmuggelhein mit Inhota Kyyneltyä unter einer Decke stecken musste. Anschließend erfuhr man in der Schmugglergilde näheres über den angeblichen Schmuggler-Polizist. Er war anscheinend wirklich von der Gilde eingestellt worden, wegen seiner Kontakte zu den krullianischen Schmugglerbanden. Außerdem erzählte ein Kollege, dass Hein sich damit gebrüstet hatte, die nächsten Tage bezahlten Urlaub in Sto Lat zu verbringen.
Eine entsprechende Suchaktion brachte die Erkenntnis, dass sich Hein über Nacht in Sto Lat aufgehalten haben musste, anschließend aber weitergereist war.

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Umso erstaunter war Romulus also, als es einige Tage später an seiner Bürotür klopfte und nach dem obligatorischen "Herein!" kein geringerer als Schmuggelhein der Große den Raum betrat.
"Hallo, Herr von Grauhaar. Wie geht es deiner Familie in Überwald?"
Bei dem Gedanken an seine verhasste Familie zog Romulus blitzschnell sein an den Schreibtischstuhl gehängtes Schwert.
"Aber, aber!" beschwichtigte ihn der Krullianer. "Wir werden doch nicht gewalttätig werden. Ich habe ein kleines Geschäft mit dir vor."
"Ich werde kein Geschäft mit einem Kriminellen abschließen, Schmuggelhein, oder wie auch immer dein wirklicher Name sein mag. Ein kurzer Ruf genügt, und ein Troll wird dich in Handschellen in eine hübsche kleine Arrestzelle bringen, wo du darüber nachdenken kannst, wen du übers Ohr hauen willst."
"Warum nennst du mich einen Kriminellen? Ist es kriminell, für seine Gilde verdeckt zu ermitteln? Immerhin habt ihr auch solche Leute, die in 'geheimer Mission' unterwegs sind, so sagt man doch, oder?"
"Willst du mich jetzt Glauben machen, du hättest das Ganze mit dem Überfall nicht von vorne herein geplant?"
"Nicht nur das. Ich will dir auch handfeste Beweise liefern, dass Kyyneltyä der Drahtzieher hinter dem Mord deines Mitrekruten war."
Romulus steckte das Schwert wieder in die Scheide.
"Was sagst du da?"
"So taub scheinst du doch gar nicht zu sein. Immerhin bist du ein Werwolf. Jaaaaa, ich weiß das und ich wusste es auch schon, als ich die beiden Dummköpfe, die sich der ehrenwerte Hydrophobe da als Handlanger ausgesucht hatte, abgelenkt hatte, um dir die Flucht zu ermöglichen. Kyyneltyä jedenfalls war schlau. Er hatte mich anscheinend durchschaut und wollte mich zusammen mit dir 'entsorgen'. Und ich muss gestehen, hätte er selbst diesen Überfall durchgeführt, hätte ich nicht die geringste Chance gehabt, zu entkommen. Aber er hat genau zwei entscheidenden Fehler gemacht: Erstens schickte er seine dummen Handlanger, weil er in seiner typischen Arroganz und seinem Ekel vor allem Lebenden und vor allem wasserenthaltenden Dingen die Drecksarbeit nicht selbst erledigen wollte. Und zweitens hatte er nicht die geringste Ahnung, dass er es bei dir mit einem Werwolf zu tun hatte."
"Du sprachst von Beweisen..." setzte Romulus an.
"Ja richtig," unterbrach ihn der Schmuggel-Polizist. "Der Beweis sitzt gefesselt in einer Arrestzelle der Schmugglergilde. In Sto Lat konnte ich mit Hilfe einer Kontaktperson die beiden Handlanger überwältigen und zurück nach Ankh-Morpork bringen. In der Zwischenzeit hatten sie genug Gelegenheit, über ihre Taten nachzudenken, und schließlich gestanden sie alles. Sie waren die beiden verhüllten Gestalten, die Yeri Mye niederschlugen und Grobensalb mit seinem eigenen Schwert erstachen. Sobald die Verhörspezialisten der Stadtwache mit ihnen gesprochen haben, können sie verurteilt werden. Die beiden ziehen es übrigens vor, der Gerichtsbarkeit der Assassinengilde unterworfen zu werden, weil sie Angst haben, von der Wache noch härter bestraft zu werden, weil sie einen Wächter getötet haben."

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Einige Verhörspezialisten der Stadtwache wurden ins Verließ der Schmugglergilde gebracht und die beiden Gefangenen machten kein großes Aufhebens um ihr Geständnis, dass sie ja schon gegenüber der Schmuggler-Polizei getätigt hatten. Ihre Aussagen deckten sich mit denen von Hein, so dass dieser frei allen Verdachts eine Belobigung der Schmuggelgilde erwarten durfte.
Die beiden Mörder wurden der Assassinengilde übergeben, über ihren Verbleib decken wir lieber mal den Mantel des Schweigens [6]. Die Aussagen der beiden Mörder stellten den Hydrophoben Inhota Kyyneltyä eindeutig als den Auftraggeber hervor, so dass sich die R.U.M.-Ermittlungen der nächsten Tage hauptsächlich um den Aufenthaltsort des besagten Krullianers drehten. Doch der ehrenwerte Hydrophobe konnte nirgends ausfindig gemacht werden. Wahrscheinlich ist er nach dem Bekanntwerden seiner kriminellen Aktivitäten mit dem nächstbesten Schiff in seine Heimat geflohen.
So wurde auch dieser Fall leider ein Teil der unerledigten Akten, die auf weitere Ereignisse wartend in einem selten genutzten, verstaubten Schrank in den Räumlichkeiten der Stadtwache von Ankh-Morpork herumstehen.
Romulus von Grauhaar, frisch zum Obergefreiten befördert, war jedenfalls glücklich, dass auf seinem Büro-Schild ab sofort zu lesen war: OG Romulus von Grauhaar, Ermittler


[1] an der Tür wies ein kleines Schild auf "G Romulus von Grauhaar, Ermittler i.A." hin

[2]  Das Schlimmste wäre ja wahrscheinlich ein Wesen aus den Kerkerdimensionen oder vielleicht Romulus' Verwandtschaft gewesen, aber Irina meinte damit doch wahrscheinlich eher einen bewaffneten Tatverdächtigen, der die Ermittlungen auf seine höchst persönliche Art behindern wollte

[3]  Der Einfachheit halber wurde dieser Dialog für den Leser synchronisiert

[4]  Das Scheibenwelt-Äquivalent zum "nur-Bahnhof-verstehen"

[5]  Und das hätte auch ein Nicht-Werwolf deutlich riechen und hören können, denn abgesehen von den Angreifern und den beiden Gefangenen war es absolut still, und der Geruch ging viel stärker in Richtung Kohl als es beim typischen Innenstadt-Odeur der Fall war.

[6]  Jeder einigermaßen kundige Leser kann sich bestimmt ein ziemlich genaues Bild von der "Gerichtsbarkeit" dieser Gilde machen. Vielleicht wären sie ja als Gefangene der Wache gar nicht mal so schlecht drangewesen.

Zählt als Patch-Mission.



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