Tod einer Bäckerin

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von Hauptmann Daemon Llanddcairfyn (DOG)
Online seit 19. 10. 2003
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 Außerdem kommen vor: RettichVico van Vermeer

Die Damen im Boucherie Rouge haben ein Problem. Und sie wollen, dass es gelöst wird.

Dafür vergebene Note: 13

Tag 1 :: Ein Stern ist geboren

'Lauf', keuchte es durch den Kopf der Gefreiten, 'Schneller, bevor es zu spät ist.' Sie schlidderte um die Ecke des Flures, rutschte auf dem kleinen Läufer weiter, prallte gegen eine Tür und brach kurz auf die Knie.
'Mist', fluchte die Zwergin in Gedanken und versuchte sich aufzurappeln, als ein Tritt sie wieder umwarf. Schnelle Schritte stampften an ihr vorbei, als sie auf den Boden aufschlug. Es wurde von Tag zu Tag schlimmer. Sie rappelte sich auf und schleppte sich dem Angreifer hinterher. Mühsam zog sie sich die klappernde, wackelnde Holztreppe hinauf und erreichte jappsend die Dachterrasse. Geisterhaft starrte eine große, kantige Konstruktion seine mechanischen Finger in die grauen Morgennebel, der kalte Nieselregen zog ihr schon bei den wenigen Schritten in die Kleidung. Die Gefreite öffnete die Tür zum Obergeschoss und wurde beinahe zurückgeworfen von dem Schwall warmer, fast heißer Luft, der ihr aus dem Gebäude entgegen schlug. Sie schlurfte in den Flur, sich ihrer Niederlage bewusst.
'Schon wieder. Meine Beine sind einfach zu kurz, wie sollen die Anderen da nicht schneller sein?', sie öffnete die zweite Tür im Flur.
"Ah", kam ihr die Stimme des Abteilungsleiters entgegen, "Gefreite Rettich. Mal wieder als Letzte. Nun, du weißt: Hier ist kaum genug Platz, um einer ganzen Abteilung Platz zu bieten. Du wirst dich einfach auf den letzten freien Platz setzen müssen." Die anderen DOG-Mitarbeiter grinsten sie von der Bettkante, dem Nachtschränkchen und im Falle eines gewissen Gnomes vom Himmel des Bettes an, das dem Raum seinen Namen gegeben hatte. Nur von der einzigen freien Stelle im Zimmer, der zweiten Hälfte der großen Matratze, grinste Niemand.
"Nun, setz dich einfach zu mir", lächelte Daemon und klopfte einladend auf die Schlafstätte, auf der er selbst bereits saß, beziehungsweise mehr lag, "Wir wollen mit der täglichen Besprechung gleich beginnen."

*


Hauptmann Daemon war nun bereits einige Wochen wieder Abteilungsleiter der Dienststelle zur Observierung von Gildenangelegenheiten. Natürlich observierte die Dienststelle nicht nur einfach die Gilden, sie examierte, analysierte und infiltrierte die Gebäude, Personen und Machenschaften der Gilden. Aber das mussten die ja nicht unbedingt wissen. Der neue Abteilungsleiter machte als erstes das, was jeder neue Abteilungsleiter der Dienststelle bisher getan hatte:
Er versprach Veränderungen. Da Veränderungen wesentlich mehr Arbeit machten, als das bloße Versprechen, selbige zu bewirken, ernannte er schnell einen Stellvertreter, dem er die meisten seiner Abteilungsleiterpflichten übertrug. Das hatte gleich mehrere Vorteile: Da Mückensturm sich aus irgendeinem Grund nur ungern von dem eigentlichen Büro des Abteilungsleiters – das er mittlerweile in eine Art Waffenmuseum umgebaut hatte – getrennt hätte[1], entschied Daemon, sein Büro zu behalten, was nicht nur die neuen Art der Abteilungsbesprechung auf weichen Daunen zur Folge hatte, sondern auch mit der Beibehaltung einiger äußerst unangenehmer Aspekte des Rosarothen Himmelbeths in Form zweier Büronachbarn, von denen Einer tagsüber und der Andere nachts keine Ruhe gab. Kombinatorisch begabt folgerte der neue Leiter der Dienststelle, dass ein Nachbar nur die Hälfte des Lärms von zwei Nachbarn erzeugen würde und bugsierte einen der Beiden schnell in das Büro des stellvertretenden Abteilungsleiters, dass nicht nur dem neuen Status des Hauptgefreiten entsprach, sondern auch ein ganzes Stockwerk weit entfernt war. So war Robin Picardo zu einer neuen Position aufgestiegen und war gleich mit dem Auftrag bedacht worden, bereits erwähnte Veränderungen zu erdenken, vorzuschlagen, zu beschließen und letztendlich auch auszuführen, womit Hauptmann Daemon seiner Meinung nach eindeutig bewies, dass er es verstand, Verantwortlichkeiten zu delegieren.
Nach einer Woche war alles soweit geregelt, die Mannschaftsdienstgrade hatten mit einiger Mühe und einer äußerst kreativen Einstellung der Architektur des Boucherie Rouge gegenüber die gewaltige TK-Anlage der DOG aus dem Kahrmesinrothen Riterzihmer auf die Dachterrasse geschafft, nachdem bei den Ausbildungsbemühungen von Pigeon einige der Tauben leicht lädiert worden waren, erschien dieser Schritt nur sinnvoll, obwohl die Entscheidungsträger dabei weder das Gewicht des groben Mechanismus, noch die Tragfähigkeit der etwas armseligen Außentreppe zum zweiten Obergeschoss bedacht hatten. Nun stand die gewaltige Geflügel – Abschussvorrichtung im Freien und – was wichtiger war – ein ganzes Stück höher, als zuvor, außerdem war ein wesentliche Erweiterung des Abschusswinkels sowohl horizontal als auch vertikal dabei herausgekommen.
Eine weitere, äußerst gewöhnungsbedürftige Änderung waren die schon mehrfach erwähnten Abteilungsbesprechungen, die nicht nur jeden Morgen stattfanden, sondern zusätzlich auch noch in Daemons Büro, dessen Großteil von einem großen, rosaroten Himmelbett eingenommen wurde. Die mehr als ein Dutzend Mitarbeiter der Dienststelle quetschten sich in den Raum, der nicht größer war, als für seine vorherige Nutzung unbedingt nötig gewesen war. Es herrschte kaum ein Zweifel an der Sinnlosigkeit der täglichen Treffen, noch dazu an der Lokalität, hatten die Mannschaftsdienstgrade direkt in der zweiten Woche unter dem neuen Dienststellenleiter durch brachiales Einsetzen diverser Hämmer, Stemmeisen und steinerner Fäuste zwei der Räume im oberen Stock zu einem großen Besprechungszimmer gemacht, in dem die Abteilungsmitglieder sich bisher nur ein einziges Mal getroffen hatten, und zwar zur Einweihungsfeier, die während der Dienstzeit und daher ohne jeden Alkohol stattgefunden hatte. Die Wächter sahen der nun folgenden Besprechung also ohne große Hoffnung auf Spannung oder Abwechslung entgegen. Man wird bald sehen: Sie irrten sich.

*


"Also was ist jetzt, Gefreite Rettich? Hopp rauf auf's Bettchen, dann kann es los gehen." Daemon klopfte ein weiteres mal auf die Matratze. Die Zwergin schien aus einer verträumten Starre zu erwachen und bewegte sich stockend auf das Bett zu, deutlich spürte sie Hatschas Grinsen, die verdeckte Ermittlerin saß fröhlich wippend auf der Bettkante, Rettich hätte schwören können, dass es die Oberstgefreite gewesen war, die sie auf dem Flur so rüde überholt hatte. Seufzend kletterte sie auf das hohe Bett und sank tief die Matratze.
"Okay", sagte sie, "Bin da. Kann losgehen." Daemon nickte.
"Heute wollen wir uns darüber unterhalten, wie es hier weitergeht. Wir wollen uns gegenseitig informieren, woran wir gerade arbeiten und wie wir einander dabei helfen können.", der Hauptmann machte beinahe exzessiven Gebrauch der ersten Person im Plural, die anderen Wächter sahen sich hilflos an, sich wohl bewusst, womit sie sich derzeit beschäftigten und welcher Art die Untersuchungen waren, die sie im Augenblick durchführten. Laut konnte man die Herzen im Hals jedes Einzelnen klopfen hören. Der Abteilungsleiter holte derweil einen Zettel hervor, beziehungsweise pflückte er ihn aus einem Haufen anderer Blätter, der quer über das Bett verteilt war.
"Wie ich sehe, haben wir gleich drei junge Wächter, die in unserer Abteilung zu Observierern ausgebildet werden. Sehr schön. Zumal wir", der Hauptmann deutete nach oben zum Himmel des Betts, in dem sich an einer Stelle eine verräterische Vertiefung gebildet hatte, "einen wahren Meister dieser Kunst bei uns haben." Die Anwesenden sahen erwartungsvoll hinauf. Nichts tat sich. Daemon räusperte sich.
"Ich sagte: Unser Spieß ist eine wahre Koryphäe auf dem Gebiet des verdeckten Beobachtens!" Die Delle im hellrosa Stoff des Betthimmels bewegte sich nicht.
"Zu schade nur", Daemon löste eine Kordel vom Bettpfosten neben sich, "dass die Arbeit eines Observierer oft nachts durchgeführt werden muss und man so", der Hauptmann wand sich den Strick zweimal fest um die Hand, "manchmal zu müde ist, um aufmerksam an den morgendlichen Abteilungsbesprechungen teilzunehmen.", bei seinen letzten Worten zog er an der Kordel, der Stoff über ihnen spannte sich und ein unterdrückter Fluch war von der Decke des Raumes zu hören, kurz darauf plumpste etwas zurück auf den Stoff. Kurze Zeit später erschien das Gesicht von Harry an der Kante des Himmels und sah finster auf den Hauptmann herab.
"Wie ich gerade sagte, wird Spieß Harry eure Ausbildung übernehmen. Und zwar gleich heute. Nichts ist wichtiger, als ausgebildete Wächter zum Schutz der Stadt. Habe ich Recht?" Undeutliches Gemurmel beantwortete die Frage des Abteilungsleiters.
"Wie dem auch sei, sicher gibt es auch für die Anderen genug zu tun.", er zog ein weiteres Blatt hervor, "Gibt es irgendwelche besonderen Vorkommnisse in der Dienststelle?"
"Vico", antwortete Ecatherina, die auf dem kleinen Nachtschränkchen saß, "Er ist immer noch ein wenig sauer, dass er nicht an den morgendlichen Besprechungen teilnimmt und stattdessen im ersten Stock darauf achten muss, ob Nachrichten per Kurier eintreffen. Zumal so etwas noch nie vorgekommen ist." Daemon sah sich in dem überfüllten Zimmer um. Weich schmiegte sich sein Kissen an ihn, er betrachtete Rettich, die zwar grummelig, aber aufmerksam auf der anderen Hälfte des Bettes saß. Kurz bedachte er die Möglichkeit, Vico van Vermeer dort sitzen zu haben. Und es bestand kein Zweifel daran, dass gerade dieser Gefreite jeden Morgen als Letzter kommen würde.
"Es könnte aber jederzeit dazu kommen. Und wir wollen doch nicht, dass eine Nachricht zu spät ankommt, nur weil Niemand da war, um sie entgegen zu nehmen.", der Hauptmann räusperte sich, "Sonst noch etwas?"
"Na ja, eine Sache wäre da schon.", Hatscha hob vorsichtig die Hand, "Wir haben einen so schönen Besprechungsraum eingerichtet und wir... also die ganze Abteilung... also, wir fragten uns, warum wir eigentlich..."
"Sonst also nichts mehr, sehr schön", unterbrach Daemon und schwang sich vom Bett, "Dann hat ja wohl Jeder etwas zu tun, nicht wahr?"
"Ich nicht", sagte Rettich, bevor sie es zurückhalten konnte. Schnell presste sie sich die Hand vor den Mund.
"Dann finden wir eine Aufgabe für Dich. Zum Beispiel könntest Du mir den Gefallen tun, eine Tasse Kaffee zu besorgen.", er sah den Rest der grinsenden Abteilung an, "Und ihr Anderen: An die Arbeit, das Verbrechen schläft nicht."
"Es dann sehr müde sein muss", grollte Opal, "Wir es leicht fangen können, wenn Verbrechen einschläft wenn vor uns weglaufen."
"Äh", machte der Abteilungsleiter, "Ja. Dann", er schürzte die Lippen, "Nichts wie ran."

*


Es war etwa um die Zeit, als Daemon allen Abteilungsmitgliedern Aufgaben zugewiesen hatte, die Observierer von kleinsten aller Observierer ihr Handwerk lernten, die Bulldoggen sich mit der hoch geschafften TK-Anlage beschäftigten, Rettich Kaffee holte und der Rest tatsächlich versuchte, Fälle zu lösen, als Vico van Vermeer seinen Auftritt hatte. Es war der Augenblick, in dem der neue, alte Abteilungsleiter folgendes lernte: Wenn man allen Anderen Aufgaben gegeben hatte und die Arbeit so weit wie möglich von sich selbst entfernt hatte, war Niemand außer einem Selbst da, um eine plötzlich erscheinende Aufgabe zu erledigen. Vico van Vermeer betrat die Bühne in einer rosaroten Wolke aus fast greifbarem Parfumgeruch, angetrieben von einen nicht unbeträchtlichem Unmut darüber, dass wochenlang Jemand anderes auf dem großen Himmelbett hatte sitzen dürfen, mit dem festen Vorsatz, eine entscheidende Rolle in der Premiere des Stücks 'Daemon hat es nicht anders verdient' zu spielen, von dem er eine ganz entscheidende Requisite in der Hand hielt: Eine Seite aus dem Berichtsheft, mit dem der Gefreite lange Morgen lang im Treppenhaus des Boucherie Rouge gesessen hatte. Und Vico van Vermeer trat auf.
"Herr Hauptmann", säuselte er, der so Angesprochene zog sich zum Schutz seiner olfaktorischen Wahrnehmung an das Kopfende des großen Betts zurück, was der Gefreite zum Anlass nahm, auf das Fußende vorzurücken, "Schauen Sie nur, lieber Hauptmann. Es hat tatsächlich Jemand eine Anzeige erstattet", süffisant lächelte Vico, "Wie gut, dass ich unten war und sie entgegen nehmen konnte, damit sie jetzt bearbeitet werden kann, nicht wahr?" Daemon nahm den hingehaltenen Zettel entgegen.
"Wie?", er schüttelte verwirrt den Kopf, das Parfum und der überraschende Auftritt des Dobermanns brachten ihn kurz durcheinander, "Wie ist das möglich? Wie konnte Jemand diese Anzeige bei Dir abgeben? Du hast doch im Treppenhaus gesessen, wie ich es sagte, oder?", die Buchstaben auf dem Blatt Papier tanzten vor den Augen des Hauptmanns.
"Eine der Näherinnen suchte den Abort auf, der direkt neben meinem Posten liegt, wie du weißt.", Vico lehnte sich etwas vor und ein weiterer Schwall seines Duftwassers traf Daemon, "Sie sah mich und erzählte mir von der Sache, die Mädchen passen auf einander auf, lieber Hauptmann."
"Ein Fall in der Näherinnengilde, also?", der Hauptmann blinzelte, seine Augen tränten etwas, "Gefreiter, du weißt doch, das wir in Frau Palms Gilde nicht investigie..."
"Es geht nicht um die Näherinnengilde.", Vico rückte noch ein wenig näher, "Lies es dir durch, sicher wirst du genau den richtigen Dog bereit stellen können. Genau den Richtigen."

*


Daemon hatte das Gefühl, dass der Gefreite etwas zu schadenfroh gewesen war, als der Hauptmann feststellen musste, dass keines der Mitglieder seiner Abteilung für die anstehende Aufgabe zur Verfügung stand oder genügend ausgebildet war. Nachdenklich stapfte er durch die Straßen – ein leichter Sprühregen machte die Luft dunstig und das Licht drang sanft durch die dünne Wolkendecke – und vermerkte sich das Benehmen van Vermeers. Vielleicht hätte er ihn wenigstens ab und zu an den Besprechungen teilnehmen lassen sollen. Er hätte durch die Tür zuhören können oder Ähnliches. Die Anzeige, wenn man sie so nennen wollte, die Vico van Vermeer aufgenommen hatte, stammte von einem der Mädchen aus dem Erdgeschoss des Boucherie Rouge. Eine 'Freundin' aus einem der anderen Häuser der Näherinnengilde, dem 13 Betten, war beunruhigt zu ihr gekommen und hatte sie um Hilfe gebeten. Anscheinend war die Tochter eines Bäckers von zu Hause fortgelaufen und trieb sich nun irgendwo in der Zwischenwelt der Stadt bei Künstlern und Halunken herum. Der Vater, Herr Ohligs, war sehr beunruhigt. Daemon brummte. Eigentlich waren fortgelaufene Töchter kein Fall für die Wache und noch weniger für DOG, doch Mya hatte Vico zu Verstehen gegeben, dass die Gilde der Näherinnen erfreut wäre, wenn sich Jemand dieser Sache annehmen würde. Und damit war Daemon als Abteilungsleiter wohl gefragt, schließlich hing die Dienststelle in gewissem Maße vom Wohlwollen der Gilde ab. Er würde wohl in großen Buchstaben BÄCKERGILDE auf die Akte schreiben, falls Fragen kommen würden, hatte der Llamedonier beschlossen. Durch den nassen Schleier war der Hauptmann jetzt unterwegs zur Bäckerei Ohligs, wo er als erstes den Vater befragen wollte, was vorgefallen war.

Bäcker Ohligs entpuppte sich als ein grollender Mann in den späten Vierzigern, der teils wütend, teils hektisch durch die heiße, stickige Bäckerstube lief und an mehreren Öfen und Tischen gleichzeitig zu arbeiten schien. Mehlstaub schwebte in der Luft und Daemon wagte sich nur bis zur Türschwelle.
"Es ist kaum zu glauben mit den Gören!", rief der Mann gerade und holte einen Laib Brot aus dem heißen Ofen, "Verlassen ihren Vater, lassen die Mutter vor Gram vergehen, alles für ein Leben im Glamour. Und später?" Hitzig knallte er einen Klumpen Teig kräftig auf die Arbeitsplatte. "Einen ordentlichen Beruf lernt sie hier." BAMM!, klatschte der Laib auf die mit Mehl bestäubte Oberfläche, "Später hätte sie alles übernehmen können." BAMM! "Aber nein, Norma-Jean, der Bäckerin ist das nicht gut genug." BAMM! "Will ein Star werden, große Karriere machen!", Herr Ohligs drehte sich schnell zu dem Offizier um, "Eins sage ich dir!", er streckte Daemon mahnend den Zeigefinger entgegen, "Hol mir das Mädchen zurück!", er kniff die Augen zusammen, "Ich weiß nicht, warum die Wache ihre Nase da mit rein steckt, aber wenn du das machst, dann mach es richtig und hol mir wenigstens diese Tochter zurück." Der Hauptmann sah den Bäcker sprachlos an. Erst, als Herr Ohligs seinen Finger langsam senkte, räusperte der Wächter und fragte:
"Ihre Tochter, Norma-Jean...", begann er.
"Norma-Jean, die Bäckerin", nickte Herr Ohligs.
"Norma-Jean, die Bäckerin", wiederholte der Offizier, "ist also von zu Hause fortgelaufen, um eine Berufslaufbahn als Theaterschauspielerin zu beginnen." Der Bäcker nickte. "Ihre Frau lebt nicht mehr?", fragte der Hauptmann und sah sich in der Stube um, in dem sich Niemand außer Herrn Ohligs befand.
"Meine Frau ist vor einem Jahr aus Kummer gestorben.", der Mann beruhigte sich langsam, doch nun lag etwas wie grollende Ungeduld in seinem Blick, "Unsere älteste Tochter, Gina-Ann, verließ uns und geht jetzt... anderen Tätigkeiten nach.", im Gesicht des Mannes zuckte etwas. Daemon nickte und vermutete, es wäre besser, nicht weiter nach den augenblicklichen Tätigkeiten der Tochter zu fragen.
"Und wo könnte sich ihre Tochter Norma-Jean" "Norma-Jean, die Bäckerin." "Norma-Jean, die Bäckerin jetzt befinden? Wissen Sie etwas über ihren Aufenthaltsort?" Herr Ohligs brummte.
"Das letzte, was ich von ihr gehört habe, war eine Einladung zu einer Premiere", er spuckte das Wort beinahe aus, "damit ich sähe, was für ein Star aus ihr geworden ist.", er reichte dem Hauptmann einen kleinen Zettel, "Hol sie mir zurück.", forderte er.

*


Der Zettel nannte den Namen des Theaters und das Stück, in dem die Tochter von Herrn Ohligs spielen würde: Wasserfall. Nach kurzer Zeit erreichte der Wächter sein Ziel. Mak Klinge's fabulöses Schaustücktheater war ein altes, halb zerfallendes Gebäude an dessen dunkler Front ein alter, zerschlissener Baldachin grau-rot lose an seinem Gestänge hing und träge nass im kühlen Wind wogte. An der Wand neben der angeschlagenen, wurmstichigen Tür war ein Plakat angeklebt. Halb zerrissen und durchnässt hing es an den schwarz gewordenen Backsteinen. Darauf war eine junge Frau zu sehen. Darunter stand in großer Schrift 'Wasserfall', der obere Teil des Anschlags war abgetrennt worden, ob vom Wind oder einem Passanten konnte Daemon nicht erkennen, als er daran vorbei zur Tür ging. Er griff an die verbeulte, angelaufene Klinke und drückte sie nieder. Das Holz der Tür knarrte, doch der Weg blieb versperrt. Der Offizier verzog missmutig das Gesicht. Vom Baldachin tropften große, träge Tropfen. Daemon brummte kurz und ging einen anderen Weg in das Gebäude suchen, den er auf der Rückseite in Form eines Hintereingangs fand, vor dem zu seinem Bedauern ein großer Troll postiert war.
"Okay, pass auf", begann der Wächter, "Ich bin von der Wache. Du lässt mich rein oder du bekommst riesigen Ärger." Er versuchte an der Gesteinsformation vorbeizugehen.
"Gäste immer willkommen in Herr Klinge's Theater", antwortete der Troll, "Uns immer freuen über Interessierte an Schau – Bisiness." Daemon verharrte.
"Wirklich? Ich kann einfach reingehen?", fragte er ungläubig. Der Troll brummelte tief.
"Ja. Nur sagen musst, was willst du in Herrn Klinge's Theater." Der Wächter lächelte. Das war ja einfacher, als gedacht.
"Ich möchte zu einer Schauspielerin des Theaters, Norma Jean Ohligs", erwiderte er freundlich und ging einen Schritt weiter, als er eine riesige, steinerne Hand auf seiner Schulter spürte.
"Nicht kennen den Namen. Du nur reindarfst, wenn sagst, was willst du", grollte der Troll. Daemon dachte kurz nach, dann erinnerte er sich an etwas.
"Ah, ich verstehe. Der falsche Name. Ich meinte natürlich, ich möchte zu", er stockte kurz, "Norma-Jean, der Bäckerin." Der Türbewacher brummte tief und sah den Wächter aus tiefliegenden, kleinen Augen an. Der Hauptmann lächelte freundlich.
"Nichts kennen Namen", sagte der Troll und zog Daemon zurück. Der Offizier strauchelte eine Schritte und fiel zu Boden.
"Du sagen musst, was willst Du in Herr Klinge's Theater, dann kannst rein", wiederholte der Troll.
"Okay", Daemon stand auf uns zog die Jacke seiner Uniform zurecht, die der Andere ihm fast vom Leib gerissen hatte, "Ich möchte zu Herrn Klinge."
"Herr Klinge beschäftigt ist. Danke für Besuch von Herrn Klinge's Theater. Bye bye." Der Hauptmann schnaubte und verließ den Troll.

Freedom * Beauty * Truth * Love


Das 13 Betten war ein weiteres Etablissement der Gilde der Näherinnen. Es lag etwa eine halbe Stunde vom Boucherie entfernt und Daemon erreichte es in den ersten Tropfen eines kalten Frühherbstregens, die unangenehm in die Kleidung zogen und ihn frösteln ließen, als er durch die Tür des 13 Betten trat. Die Einrichtung ähnelte dem des Boucherie Rouge, im Eingangsbereich befand sich eine Bar und zwei gemütliche Sofas, die Wände waren holzverkleidet, der Boden mit weichen, dunkelroten Teppich ausgelegt. Daemon ging zur Bar.
"Bist ein bisschen früh dran, Freund", sagte eine Stimme vor ihm, "Oder ein bisschen spät." Der Wächter sah über den Tresen der Bar und sah einen Zwerg, der in einen weißen Anzug gekleidet war und in einer Wanne, die auf dem Boden stand, Gläser spülte.
"Ich suche ein Mädchen", sagte Daemon.
"Die kannst Du hier schon finden, Freund", antwortete der Zwerg, "Aber erst heute Abend. So früh arbeiten die Mädels nicht." Er grinste zu dem Offizier hoch.
"Ich will nicht... Ich wollte das Mädchen nur...", stotterte der Hauptmann.
"Goglo", eine sanfte Stimme sprach dieses Wort hinter ihnen. Daemon wandte sich um, eine der vielen Türen des großen Raumes hatte sich geöffnet und ein Mädchen stand im Rahmen. Sie trug ein dunkelrotes Kleid, "Ich habe dir gesagt, dass ich einen Gast erwarte", fuhr sie fort, "Und dass du ihn zu mir schicken sollst."
"Dann soll er auch sagen, was er will, und nicht, was er nicht will", brummte der Zwerg Goglo.
"Kommen Sie, Hauptmann." Die Näherin ging zurück in ihr Zimmer. Daemon folgte ihr.
Der Raum war zweckmäßig eingerichtet. Eine kleine Waschgelegenheit, ein Sessel, ein schmaler Kleiderschrank und das Bett. Das Mädchen legte sie müde auf das Bett. Sie war etwa 25 Jahre alt, vielleicht jünger – Daemon wusste, dass dieses Geschäft die Frauen schnell älter aussehen sah, als sie waren – ihre Haare waren blond, lang und glänzten. Sie sah ihn musternd an.
"Setzen Sie sich", sagte sie und deutete auf den Sessel. Das Möbelstück knirschte unter Daemons Gewicht, als er der Aufforderung Folge leistete.
"Fräulein...", begann er.
"Satiénne", sagte sie.
"Satiénne", wiederholte der Hauptmann, "Fräulein Satiénne, ich war heute morgen bei Herrn Ohligs.", er sah sie forschend an, "Ich vermute, er ist ihr Vater?" Die Näherin schrak auf.
"Woher...?", fragte sie.
"Er sagte etwas von seiner ersten Tochter, die... er erwähnte sie.", erklärte der Wächter, "Und er erzählte mir von ihrer Schwester, Norma Jean."
"Norma-Jean, die Bäckerin", korrigierte Satiénne tonlos, "Ich mache mir Sorgen um sie. Sie versucht etwas, woran ich schon scheiterte. Sie will ein Star im Theater werden.", sie seufzte, "Sie weiß nicht, wie tief man fallen kann, ohne jemals oben gewesen zu sein.", sie sah ihn traurig an, "Hauptmann, ich kann nicht zurück zu meinem Vater. Meine Mutter... er würde mir nicht verzeihen. Aber meine Schwester kann zurück. Es wäre für sie und ihn besser, wenn sie zurück nach Hause käme."
"Sie denken nicht, dass Norma-Jean", er stockte, "die Bäckerin eine gute Schauspielerin ist?"
"Sie ist großartig. Sie hat etwas, dass sie groß machen könnte. Ich habe sie gesehen, habe sie aufwachsen sehen, sie hat etwas, Glamour.", sie dachte kurz nach, "Star Qualität", antwortete die Näherin, "Aber sie ist so verletzlich, so formbar. Sie wird auch die schlechten Seiten dieses Geschäftes annehmen. Es hat bereits angefangen, ich habe es gesehen."
"Satiénne", sagte Daemon, "Ich will sehen, was ich tun kann, aber ich werde Ihre Hilfe brauchen. Ich war heute bei dem Theater, an dem ihre Schwester auftreten soll, doch dort kannte man sie nicht." Das Mädchen seufzte.
"Das ist es, was ich meinte. Sie nennt sich nicht länger Norma-Jean, die Bäckerin. Als Mak Klinge ihr sagte, dass sie es mit diesem Namen niemals zu etwas bringen würde, nahm sie den Mädchennamen unserer Mutter an. Sie nennt sich jetzt Marlien Monroy." Daemon sah sie irritiert an. "Ich bitte Sie. Sprechen Sie mit ihr. Helfen Sie uns.", Satiénne legte sich ganz auf das Bett, "Und jetzt gehen Sie bitte. Die Nacht war anstrengend und ich bin müde." Der Hauptmann nickte und verließ das 13 Betten in den mittlerweile heftigen, eiskalten Regen.

Freedom * Beauty * Truth * Love


Daemon kam am frühen Abend wieder zu Mak Klinge's fabulöses Schaustücktheater. Er trug einen einfachen Anzug, den er in einem der Schränke im Boucherie gefunden hatte und fand mit der Premierenkarte, die er von Herrn Ohligs bekommen hatte, schnell Einlass. Schon bald zwängte er sich zwischen die engen Reihen durch die Besucher zu seinem Platz in dem dunklen, winzigen Besucherraum. Seufzend ließ er sich nieder. Er war am Nachmittag nicht mehr dazu gekommen, das Theater zu besuchen und Norma-Jean, die Bäckerin zu besuchen, von der er nun wusste, dass sie dort unter einem anderen Namen bekannt war – Von Zeit zu Zeit nahm die Abteilungsleitung ihm die Möglichkeit, sich mit irgendetwas anderem zu beschäftigen. Er richtete seinen Anzug und sah sich kurz um. Hinter ihm, nach zwei weiteren Stuhlreihen, befand sich die Ausgangstür des Theaters in die kleine Vorhalle, rechts waren nur die übrigen Besucher zu sehen, die Bühne war in diesem Moment noch durch einen dunklen, löchrigen Vorhang verhangen und links...
"Oh, Hallo Herr Hauptmann", begrüßte ihn Vico van Vermeer direkt neben ihm. Eine Wolke süßen Parfums hüllte den Offizier ein. Er schreckte zurück.
"Van Vermeer!", entfuhr es ihm, "Was um Schicksals Willen tust Du hier?" Er rückte ein Stück weit nach rechts.
"Aber Herr Hauptmann.", der Wächter rückte hinterher, "Alle sprechen von der jungen Dame, die hier gleich auftreten wird.", er hielt seinem Vorgesetzten eine kleine Tüte entgegen. Vorsichtig spähte der Llamedonier hinein. Es schienen sich Erdnüsse und ähnliche Knabbereien darin zu befinden. Stirnrunzelnd griff er hinein und wollte einige heraus nehmen, als sich die Hand Vicos, die die Tüte hielt, schloss und die beiden Wächter händchenhaltend in dem Theater saßen. Schockiert erstarrte Daemon und sah den Gefreiten mit weit aufgerissenen Augen an, der ein wenig rot wurde und kicherte.
"Hach", seufzte Vico, "Diese kleinen Trickschen.", er ließ die Hand des Hauptmanns los, der sie schnell zurückzog. Daemon setzte zu einer Antwort auf die Aktion an, als im vorderen Bereich des Raumes Lichter entzündet wurden und der Vorhang zur Seite glitt. Das Stück begann. Insgesamt war 'Wasserfall' nicht sehr interessant, doch dann trat die Hauptdarstellerin auf die Bühne. Erstaunen und Überraschung wogte über das Publikum, Daemons Kinnlade klappte herunter und selbst Vico seufzte auf, als Marlien Monroy auftrat, ihr weißes Kleid floss um ihren Körper, ihre blonden Haare wallten über ihre Schultern, ihr Lächeln blitzte und ihre Augen schienen Jeden direkt anzusehen und zum Tanz aufzufordern. Ein Strahlen schien von diesem jungen Mädchen auszugehen, ein Leuchten, das alle einfing und ihr Untertan machte. Erst, als sie nach einer Szene die Bühne verließ, war der Hauptmann in der Lage, den Blick von der Bühne zu wenden. Van Vermeer schien ebenfalls von diesem Zauber erfasst worden zu sein, er flüsterte etwas von Glamour. Verklärt sah er Daemon an.
"Herr Hauptmann", sagte er und unterbrach sich dann selbst, "Sehen Sie, da vorne in der ersten Reihe!", Daemon sah in die ihm bedeutete Richtung und sah einen dicken Mann mit einem dünnen, schwarzen Schnurrbart und Halbglatze, der unbeeindruckt auf die Bühne sah und sich Notizen machte.
"Das ist Alfonso Literari. Er ist ein Talentsucher der Scheibe.", der Wächter fuhr sich mit seiner feingliedrigen Hand zum Mund, "Wenn er die Monroy jetzt sieht. Sie wird ein Star. Eine richtige Schauspielerin." Daemon nickte. Der Gefreite hatte ganz Recht. Was immer der Vater von Norma-Jean, der Bäckerin auch sagte: Marlien Monroy hatte genau die Starqualität, um ganz nach oben zu kommen. Der Rest des Stücks raste an ihnen vorbei, immer beschienen vom Glamour der jungen Schauspielerin.



Tag 2 :: Strahlend, im Zenit

Daemon saß grummelnd und leise vor sich hin murmelnd auf dem Bett.
"Lies es noch mal", forderte er Vico auf, der neben ihm auf der Matratze hockte.
"Nur zu gerne, Herr Hauptmann", lächelte der Gefreite ihn an und las in hoher Fistelstimme ein weiteres Mal aus der Times vor. Der Rest der Abteilung saß unbeteiligt daneben und folgte dem Geschehen.
"Die Aufführung von 'Wasserfall' am gestrigen Abend auf der kleinen und bisher unbekannten Bühne des Mak Klinge wurde überraschend zu einem Feuerwerk der Kunst. Dies lag weder am Drehbuch, noch an der Regie des Stücks, die beide nur als mittelmäßig bezeichnet werden können, sondern am Auftreten der sagenhaften Marlien Monroy, eine junge Schauspielerin, die gestern ihr grandioses Debüt feierte. Die Monroy spielt mit Begeisterung und ein Zauber umgibt sie, der den Zuschauer schon bei ihrem ersten Satz einfängt. Für weitere Berichte zu 'Wasserfall' und Marlien Monroy lesen sie weiter auf Seite 2 bis 5 und die Leserbriefe, die wir heute auf einer ganzen Seite drucken.", der Wächter blätterte um und las weiter, "Ein Stern ist geboren! Gestern im..."
"Das reicht", unterbrach Daemon ihn. Vico sah ihn beleidigt an und legte die Zeitung beiseite. Der Abteilungsleiter stand auf und eilte zur Tür des vollbesetzten Raums.
"Korporal", sagte er, sein Vertreter schreckte auf, "Teil die Leute ein. Irgendetwas muss ja zu tun sein. Ich muss weg." Picardo sah ihm verwirrt nach, als sein Chef das Zimmer verließ.

*


"Was?", brüllte Herr Ohligs, "Ein Star?!", er warf ein Ofenblech wütend in die Ecke der heißen Backstube, "Jetzt ist es genug! Ich hole sie mir zurück!" Daemon hob beruhigend die Hände.
"Herr Ohligs, bitte. Bleiben Sie ruhig. Ich werde...", sagte er, doch der Bäcker war schon an ihm vorbei in den Regen gelaufen. Seufzend folgte ihm der Wächter.

*


Die Schauspieler johlten. Unmengen von Alkohol flossen die krächzenden, jubelnden Kehlen herunter. Die Armen und die im Schatten waren heute die Könige. Huren und Schauspieler, sonst die Geschöpfe der Unterwelt, hatten sich erhoben und für einen Tag die Herrschaft übernommen, ergingen sich in einer Orgie aus Absinth und entblößten Körpern. Die Kulissen waren hochgezogen worden und das Ensemble feierte ausgelassen auf der Bühne und im Bereich dahinter. Daemon starrte auf die Szenen, die sich in Mak Klinge’s fabulösen Schautheater abspielten, Herr Ohligs stand neben ihm, bebend vor Wut. Als ein Zwerg mit einer blonden Perücke und einem Walkürengewand sich über Marlien Monroy beugte, die vor Lachen weinend auf einem Sofa lag, und ihr eine Flasche Wein über die Brust goss, schrie ihr Vater laut in das Gegröle und stürmte in den Raum. Seine Schreie reflektierten hohl aus dem schwarzen Zuschauerraum. Rasend riss er einen Baum aus Pappmaché um und schlug einen torkelnden Schauspieler nieder, der ihm ein Glas mit einer grünen Flüssigkeit anbot. Das Lachen und Johlen brach ab. Bebend stand Herr Ohligs vor seiner Tochter.
"Du!", brüllte er, am ganzen Leib zitternd, "Steh auf und komm nach Hause!" Kalt sah Marlien ihn an. Langsam stand sie auf, ihr Kleid hing unordentlich an ihr und eine dunkelrote Lache floss von ihrer Brust herab, als sie vor ihrem Vater stand.
"Nein", sagte sie fest und starrte ihm in die Augen.
"Du wirst", Herr Ohligs streckte den Zeigefinger in ihre Richtung, "Dir etwas anziehen und mit mir nach Hause kommen!" Marlien funkelte ihn an.
"Nein. Das werde ich nicht", antwortete sie, während sich langsam die Gestalten der Schauspieler hinter ihr sammelten.
"Du bist keine Schauspielerin!", schrie der Bäcker, "Du bist eine..."
"Fräulein Monroy ist die beste Schauspielerin, die diese Stadt jemals gesehen hat", unterbrach eine leise, ölige Stimme ihn. Ein kleiner, dicker Mann in einem roten Frack, an dem unzählige gelbe und goldene Verzierungen angenäht waren, trat zu ihnen, "Und deshalb wird sie nicht länger hier tätig sein."
"Das stimmt", bestätigte Herr Ohligs, "Sie wird..."
"Sie wird von nun an in der Scheibe auftreten. Und ich, Mak Klinge, werde ihr Manager sein." Er lächelte triumphierend, "Der Vertrag ist bereits in der letzten Nacht unterschrieben worden." Die Schauspieler grölten und jubelten auf, Gelächter und Kreischen wurde wieder laut, Daemon musste Herrn Ohligs stützen, als er den bestürzten Mann nach draußen begleitete.

*


Satiénne lag flach auf ihrem breiten, weichen Bett. Ihr Gesicht war bleich, ihr Blick ging ins Nichts. Daemon stand unsicher vor ihr.
"Die Scheibe", hauchte die Näherin schließlich, "Ich hätte es wissen müssen." Der Wächter schluckte.
"Sie ist wirklich gut. Ich habe sie spielen sehen", sagte er.
"Hauptmann", erwiderte Satiénne leise, "Geben Sie auf sie Acht. Holen Sie Norma-Jean, die Bäckerin dort heraus." Daemon seufzte.
"Satiénne. Ich weiß nicht wie. Und um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, warum.", er setzte sich auf die Bettkante, "Sicher ging es heute im Theater etwas... erregter zu. Aber es war nur eine Feier wegen dem Vertrag." Die junge Frau richtete sich abrupt auf.
"Es war nicht nur eine Feier. Es war das Showgeschäft. Dort gibt es nur Ganz Oben oder Ganz Unten.", sie sah ihn bitter an, "Und es interessiert mich nicht, wie gut Marlien Monroy spielen kann oder wie gut es Marlien Monroy dort gefällt, wo sie ist.", sie nahm vorsichtig Daemons Hand, "Ich weiß, dass Norma-Jean, die Bäckerin zu schwach dafür ist. Ich bitte Sie. Helfen Sie meiner Schwester." Der Offizier drückte sacht die kleine, weiße Hand in seiner. Seufzend nickte er.
"Fräulein Satiénne", flüsterte er.
"Gina-Ann", sagte sie leise. Der Llamedonier nickte.
"Gina-Ann. Ihr Vater braucht jetzt Jemanden. Er ist allein und ratlos." Die Näherin biss sich auf die Unterlippe. Dann nickte auch sie.

*


Daemon betrat niedergeschlagen das Boucherie Rouge und schleppte sich die Treppen hoch. Er saß kaum auf seinem Bett und starrte an den rosaroten Himmel, als es an der Tür klopfte. Kurz darauf steckte Vico van Vermeer den Kopf ins Zimmer.
"Oh, Herr Hauptmann", er schlüpfte hinein, "Das Bett sieht ja gemütlich aus.", er machte Anstalten, zu seinem Vorgesetzten auf die Matratze zu krabbeln, als Daemon schnell aufstand.
"Gefreiter", sagte er, "Was willst du hier?" Vico trippelte näher.
"Haben Sie es gehört?", flüsterte er dem Hauptmann leise zu, "Es ist so aufregend."
"Was ist aufregend?", fragte Daemon ungehalten.
"Die Monroy. Sie hat einen Vertrag mit der Scheibe", freute sich der Wächter und hüpfte fast.
"Ich weiß", erwiderte der Hauptmann, "Ich habe es heute morgen erfahren." Dem Gefreiten fiel die Kinnlade herunter.
"Sie wissen es seit heute morgen, Herr Hauptmann?", er trat näher und legte seine Hand auf Daemons Brust, "Ja, warum haben Sie denn nichts gesagt?" Sein Vorgesetzter trat einen Schritt zurück
"Klatschen gehört wohl kaum zu den Pflichten eines Wächters, Gefreiter.", er sah Vico streng an, "Ich hörte allerdings, dass Mak Klinge ihr Manager ist und diesen Kontrakt in die Wege geleitet hat.", er brummte kurz, "Sonst noch etwas, Gefreiter?" Der Angesprochene fuhr auf.
"Aber ja.", er kam wieder näher, Daemon fühlte die Wand in seinem Rücken, "Die Männer", seufzte der Gefreite.
"Was, was ist mit den Männern?", stotterte der Offizier, das Schlimmste befürchtend.
"Die Monroy hat sagenhaftes Glück. Einige der reichsten Männer der Stadt haben ihr Blumen geschickt.", Vico zwinkerte zu Daemon hinauf, "Und wie man hört, nicht nur Blumen. Josef DiMaggi, der Stadtrat von Quirm, soll ihr einen Antrag gemacht haben.", fügte er fast flüsternd hinzu. Der Hauptmann befreite sich mit einem schnellen Schritt von der Wand.
"Es ist nicht zu glauben mit ihr. Alle Welt warnt sie und was tut sie? Sie rennt immer weiter hinein", er seufzte ärgerlich, "Es nützt nichts, ich muss es noch einmal versuchen. Ich muss noch ein letztes Mal zurück in Mak Klinge's fabulöses Schautheater."

Freedom * Beauty * Truth * Love


Es war Nacht geworden. Strömender Regen prasselte auf die kalten Straßen der Stadt, als der Wächter Mak Klinge's fabulöses Schaustücktheater erreichte. Lautes Schreien war schon weit davor zu hören, als er die jetzt unbewachte Tür öffnete, kam ihm ein Schwall heißer Luft, süßestem Parfums und einer Menge Alkohol entgegen. Laut kamen die Geräusche aus dem Theaterhaus, Lachen, Stöhnen, Kreischen, Schreien, noch mehr Gelächter. Glas klirrte, Holz barst, die Schauspieler erreichten den Höhepunkt der Feier. Nackte Körper lagen in dunklen Ecken, nasse Kleidung lag herum, Betrunkene lachten wild, Frauen kreischten. Verwirrt versuchte sich der Wächter in dieser abstrusen Mischung aus Schlägerei und Orgie zurechtzufinden, Marlien Monroy in diesem Exzess aus Alkohol zu erblicken und schnell, nur schnell dieses Irrenhaus wieder zu verlassen. Schließlich sah er sie, noch immer auf der Couch, deren Lehne zerbrochen war, lag sie, lachend, hochrot im Gesicht und versuchte hilflos spielerisch, einen großen, schwarzbärtigen Mann abzuwehren, der grölend an ihrem Kleid zerrte. Wie der Vater des Mädchens zuvor, bahnte sich der Offizier seinen Weg zu ihr, stieß Leute hart zur Seite, trat Trümmer ehemaliger Möbel und Kulissen weg und packte den Kragen des Mannes, der sich nun am Rock des Mädchens zu schaffen machte.
"Hey, was soll das?", brummte der Mann und wandte sich ärgerlich trunken um. Die Faust des Wächters traf ihn hart im Gesicht und warf ihn rückwärts auf die Lehne des Sofas, die ganz zerbarst. Daemon griff nach dem Arm von Marlien und riss sie hoch.
"Was fällt dir ein. Hier einfach so...?", begann sie wütend und fiel beinahe hin, als sie auf wackeligen Knien neben ihm stand.
"Wir gehen", antwortete der Wächter nur und zog sie mit sich, als grelles Pfeifen und dumpfes Klopfen am Eingang ertönte und kurz darauf zwei Trolle durch die Doppeltür zum Zuschauerraum brachen. Schnell tauchten dahinter weitere Wächter auf. Daemon erkannte Knüppel und Schilde, konnte jedoch keine Schwerter oder Armbrüste sehen.
"Achtung!", rief eine ihm sehr bekannte Stimme, "Dies ist die Stadtwache!", ruhig trat Cim in die eingetretene Stille, "Also gut", fuhr er fort, "Wer ist hierfür verantwortlich?", er sah sich um. Trümmer und stöhnende Menschen nahmen den Hauptteil seiner Wahrnehmung ein. Dann sah er Etwas, das ihn sehr verwunderte.
"Hauptmann!", rief er, "Was tust du hier?", er trat auf die Bühne zu.
"Ich hatte etwas zu erledigen", antwortete der Angesprochene und ließ Marlien langsam los, die auf die Couch sank und dort verstört sitzen blieb, "Was tut ihr hier?", er deutete auf die langsam vorrückenden SEALS.
"Die Nachbarn haben sich über die immense Lautstärke hier beschwert", erklärte Cim, "Und wenn ich Nachbarn sage, meine ich die Bewohner des halben Viertels. Wir sind hier, um diese Feier zu beenden." Der Hauptmann nickte. Cim runzelte die Stirn.
"Also gut!", rief er, "Jeder, der noch stehen kann zur Wache und in die Zellen, die Übrigen auf die Straße, der Regen wird sie ausnüchtern." Weufolt Garnichtgut und Dennis Schmied sprangen schnell die Bühne rauf. Der Eine packte die Schultern des Schwarzbärtigen und schleifte ihn nicht gerade vorsichtig nach draußen, der Andere griff nach Marlien Monroy.
"Nein.", Daemon sah den Hauptgefreiten scharf an, "Sie nicht." Der Wächter setzte zu einer Erwiderung an, schloss dann aber den Mund und nickte. Bald darauf waren der Hauptmann und die Schauspielerin allein.
"Was wollen Sie von mir?", fragte sie aufgeregt.
"Ich bringe Sie nach Hause", antwortete der Wächter, "Sie gehören nicht in diesen Dreck, Sie gehören zu ihrem Vater."
"Dreck?", fuhr sie auf, "Was sie Dreck nennen, ist mein Leben!", sie richtete sich auf und funkelte ihn stolz an. Ihr Kleid hing halb heruntergerissen von ihr, der Weinfleck klebte wie Blut an dem Stoff und ihrer Haut, ihre Haare waren unordentlich und sie atmete wütend. Und doch umgab sie ein Strahlen, ein Leuchten und der Wächter sah wieder, was er am Abend zuvor auf der Bühne erblickt hatte. Und das junge Mädchen sagte ihm, was er sah:
"Ich bin Marlien Monroy! Die größte Schauspielerin aller Zeiten!" Sie prallte hart zurück, als der Hauptmann ihre Oberarme packte. Mit vor Angst weit aufgerissenen Augen starrte sie zu ihm hinauf, als er schrie:
"Nein, das bist Du nicht! Du bist Norma-Jean, die Bäckerin!", die Beiden sahen einander stumm an. Er spürte ihr Zittern und erkannte dann, dass er selbst auch am ganzen Leib bebte. Langsam ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. Dann taumelte er, als ihn ihre Ohrfeige traf. Brennend zog der Schmerz über sein Gesicht und kurz sah er Sterne.
"Wie können Sie es wagen?", Marlien Monroy sah ihn wütend an.
"Dies ist nicht der Ort für...", Daemon versuchte tief Luft zu holen.
"Gehen Sie!", forderte sie ihn auf, "Sofort!" Der Wächter senkte den Kopf und nickte. Langsam verließ er das Theater, trat in den strömenden Regen in die Nacht, aus der einige der Betrunkenen zurück in das Haus krochen und stolperten, um die Feier ein weiteres Mal beginnen zu lassen. Müde ging der Offizier durch die kalten, einsamen Straßen, mit brennendem Gesicht und gebrochener Hoffnung.

*


Vico hatte im Rosarothen Himmelbeth auf ihn gewartet, war aufgeregt aufgesprungen, als Daemon das Zimmer betreten hatte. Sorgen hatte er sich gemacht, sagte er, wo er nur gewesen wäre. Ganz nass sei der liebe Herr Hauptmann, sicher würde er sich erkälten. Doch bevor der Gefreite dazu kam, damit zu beginnen, Daemon abzutrocknen, stieß dieser ihn wütend weg und begann laut sich über das gesamte Showgeschäft aufzuregen, über diese Scheinwelt, diese Zwischenwelt, in der das Falsche Richtig sein konnte, in der junge Mädchen in einen Abgrund liefen und man dies Aufstieg nannte, wo die ekelhaftesten Dinge normal waren. Wütend war Daemon durch das Zimmer gerannt und schließlich nass auf das Bett gefallen.
"Das ist alles verkehrt, Vico", sagte er leise. Der Gefreite setzte sich neben ihn.
"Es ist nur etwas, das Sie nicht verstehen, Herr Hauptmann.", er legte ihm die Hand auf das Knie.
"Nein!", der Abteilungsleiter fuhr auf, "Ich lasse das nicht zu. Ich lasse nicht zu, dass sie in diesem Sumpf versinkt.", er sah Vico entschlossen an, "Morgen früh werden wir in dieses Theater gehen. Und wenn ich Venezia um Hilfe anflehen muss, wir holen sie daraus und bringen sie dorthin, wo sie hingehört."
"Aber die Monroy...", der Gefreite hob die dünnen, feinen Hände.
"Es geht nicht um die Monroy, Vico.", der Hauptmann straffte sich, "Wir bringen Norma-Jean, die Bäckerin nach Hause.", er wandte sich um und begann die nasse Kleidung auszuziehen, "Und jetzt raus hier, Gefreiter. Es ist spät." Der Dobermann seufzte leise und ging zur Tür, die geöffnet wurde, kurz bevor er sie erreichte.
"Wissen Sie, Sör", sagte Robin, der davor stand, die Augen winzig zusammengekniffen und in einen karierten Schlafanzug gekleidet, "Es wäre schön, wenn zur Abwechslung mal hier etwas Ruhe wäre."



Tag 3 :: Goodbye Norma-Jean Baker

Die Wächter fanden sich langsam und zögernd im Rosarothen Himmelbeth ein. Schweigend saßen sie in dem Zimmer, blickten zu Boden, zur Decke, räusperten sich von Zeit zu Zeit leise, bissen sich auf die Lippen. Robin hatte die Nachricht heute Morgen ins Boucherie Rouge gebracht und kurz danach hatte Vico die Times von einem kleinen Jungen auf der Straße gekauft und hatte sie dem Abteilungsleiter gebracht. Das Haus war ruhig. Hauptmann Daemon saß auf dem Bett. Sein Blick ging ins Leere. Auf seinem Schoß lag die Zeitung. Und auf der ersten Seite stand in großen Lettern die Schlagzeile des Tages: Marlien Monroy ist tot.

*


Norma-Jean Ohligs wurde am Morgen des 5. Sektober in den Räumen des 'Mak Klinge's fabulösen Schaustücktheater' tot aufgefunden, Die Leiche war entblößt, Spuren von Misshandlungen waren bis auf leichte Hämatomen an den Oberarmen nicht feststellbar. Die Druckstellen befanden sich in halber Höhe auf beiden Oberarmen und deuteten auf ein Festhalten der Schauspielerin hin, waren jedoch zum Zeitpunkt des Todes bereits mehrere Stunden alt. Als Todesursache stellten die Gerichtsmediziner einen plötzlichen Herzschlag fest, zu dem die Einnahme von mehreren Einheiten einer bisher unbekannten Droge in Verbindung mit großen Mengen Alkohol während einer Feier in den Räumen des Theaters geführt hatte. Die Leiche befand sich in der Garderobe der Schauspielerin, die von innen verschlossen war. SUSI geht davon aus, dass es sich um eine ungewollte Selbsttötung handelt.
Der Hauptmann legte den Bericht auf den Tisch. Pismire sah ihn fragend an.
"Der Name ist falsch. Er lautet: Norma-Jean, die Bäckerin", sagte er.
"Aber...", begann der Oberleutnant.
"Und tu mir einen Gefallen", fuhr der Andere leise fort, "Bevor das hier ins Archiv geht, lass die Sache mit den Hämatomen streichen." Pismire runzelte die Stirn und musterte Daemon forschend.

Freedom * Beauty * Truth * Love


Daemon sah von seinem kleinen Bänkchen aus über die Menge, die sich auf dem feuchten Gras versammelt hatte. Perlen, Edelsteine und Goldfäden glänzten matt in der trüben, kalten Morgenluft. Feuchte Nebel zogen hinter ihnen über den Totenacker. Die Creme de la Creme der Schauspielkunst Ankhs stand dort, um ihren jüngsten Stern zu begraben. Auf weißem Marmor stand in goldenen Lettern ihr Name bei dem ausgehobenen Loch im Boden.
MARLIEN MONROY
Der Hauptmann schüttelte sich. Hinter den Schaustellern, Theaterintendanten und Regisseure in ihren feinen und teuren Gewändern sah er zwei Personen, die der versammelten Menge nur schwer zugehören konnten. Gina-Ann Ohligs – Satiénne – stand bei ihrem Vater, der wortlos auf den großen Grabstein starrte. Jemand schluchzte in der Nähe. Daemon wandte sich um und nickte Vico van Vermeer zu. Der Gefreite hatte die Organisatoren der Beerdigung, Mak Klinge und ein paar seiner Freunde, gebeten, einen eigenen Beitrag leisten zu dürften und der Hauptmann hatte nur genickt, als Vico ihn gefragt hatte, ob er ihn dabei unterstützen würde, denn der Gefreite konnte nur einen Teil selbst leisten. Langsam glitt der Llamedonier über die Tasten des weißen Flügels, den sie im Fundus der Scheibe entdeckt hatten und der jetzt auf dem nassen Gras stand. Vico van Vermeer tupfte sich mit einem rosaroten Taschentuch über seine Augen und holte tief Luft. Dann nickte er zurück. Daemon spielte ein kurzes Melodiestück. Die Menge sah auf, einige runzelten die Stirn, dann sang Vico.

Leb wohl, Norma-Jean,
obwohl ich Dich – niemals gekannt,
warst Du doch die mir nah ging
und Dein Spiel hat mich gebannt.


Von acht Männern getragen, erschien der weiße Sarg am Ende der Gasse zwischen den Leuten.

Du kamst von Brot und Semmeln,
Und sie sprachen, flüstern Dir zu,
Sie nahmen Dir die Freiheit
und den Namen gleich dazu.


Langsam wurde der Sarg abgesetzt und ein Priester vollführte lahme Gesten darüber.

Und es sieht so aus,
Dein Leben war
wie ein kleiner Kerzenschein,
der zu Höherem hinstrebte
gern ein Stern wollt' sein.


Die Träger ließen ihn langsam hinab in die Erde und wandten sich steif ab. Daemon blickte beim Spielen über den Flügel hinweg zu Herrn Ohligs, dem die Tränen über die Wangen liefen.

Und zu gern wollt' ich Dir helfen,
doch ich war nur im Publikum.
Wie Deine Kerze schnell erloschen ist,
so hoch war des Sternes Ruhm.


Die letzten Akkorde klangen durch die Nebelschleier und die Kälte. Daemon wusste: Herr Ohligs weinte nicht um Marlien Monroy, eine Schauspielerin aus Ankh-Morpork, berühmt und vergöttert nach so kurzer Zeit, dass sie in der Hitze ihres Erfolges umkam, Herr Ohligs weinte um das Mädchen, das fortgegangen war, um Marlien Monroy zu werden, das Mädchen, das kaum Jemand kannte und um das nur wenige trauern würden. Nur wenige würden sich erinnern, dass in dem Grab mit dem großen, weißen Stein Jemand anders lag, der mit der hellsten Flamme scheinen wollte und darin verbrannt war. Und nur Herr Ohligs weinte jetzt um Norma-Jean, die Bäckerin.



[1] Der Hauptmann hatte schnell herausgefunden, dass der Fähnrich für seine Zeit in GRUND eine Art Alarmanlage direkt hinter die Tür des Büros gebaut hatte. Die Anlage bestand aus einer selbstauslösenden Quattro-Spitzbolzen-Armbrust und der Alarm aus dem lauten – und kurzen – Schrei, den der unvorsichtig Eintretende von sich gab.

Zählt als Patch-Mission.



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