Kaltes Fleisch

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von Korporal Rascaal Ohnedurst
Online seit 26. 06. 2000
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Bei einem nächtlichen Kontrollgang durch die Stadt entdeckst Du rege Aktivität
an einer Lagerhalle für Zukunftsschweinefleisch.
Was geht dort vor sich?

Dafür vergebene Note: 13

Der Werwolfgefreite Knut und Korporal Rascaal Ohnedurst hatten die Nachtschicht fast hinter sich gebracht. Rascaal dachte schon voller Freude an den alten Holzbalken in seiner Gruft an den er sich gemütlich kopfüber ranhängen würde, sobald seine erste Nachtschicht vorbei wäre. Der Vampir hatte, zu seinem Leidwesen, bisher immer in der Tagschicht seinen Dienst verrichtet, konnte Korporal Harry aber überreden die Dienste zu tauschen.
Sie schlugen einen Bogen und marschierten durch den Südzipfel der Schatten. Als untote Wächter war es für sie weit weniger gefährlich, nachts durch die Schatten zu laufen, als für andere Wächter. Einmal tot, schwer nochmal zu töten. Das wußte der Abschaum aus den Schatten natürlich auch und ignorierte die beiden Wächter.
Es war fast Vollmond und bei Knut war schon wieder seine Wolfshaarallergie ausgebrochen.
"Ha-, Ha-,Hatschüüüü! Verdammt, isch glaube, isch musch misch morgen krank melden. Isch scheh die Schtrasche scha kaum noch, scho tränen meine Augen!"
"Ich weiß, ich sollte mehr Mitgefühl zeigen, aber kann ich dann deine Nachtschicht haben?" fragte Rascaal hoffnungsvoll.
"Klar, Kumpel, ich rede gleich morgen mit Leutnant Ptraschy und dann ..." Knut brach mitten im Satz ab und blieb erstaunt stehen.
Rascaal folgte seinem Blick und sah einen Menschenauflauf vor dem Lager für Zukunftsschweinefleisch in der Morporkstraße.
"Wasch ischt denn da losch?" fragte Knut neugierig, als die beiden Wächter eilenden Schrittes auf die Versammlung zuliefen.
"’n Abend Leute! Ich bin Korporal Ohnedurst und das ist Gefreiter Knut. Wir sind von der Stadtwache, kamen hier ganz zufällig vorbei und dachten uns: Wenn sich so viele Leute in den Schatten versammeln, muß etwas sehr interessantes oder grausames passiert sein. Also?"
Ein vierschrötiger Mann löste sich aus der Menge. Ein vergilbter Lappen ersetzte eine Augenklappe über dem linken Auge und quer über seinen rechten Unterarm zog sich eine schlecht verheilte Narbe. Er hatte Hammer und Meißel in der Hand und schwitzte, als wenn er gerade schwer am schuften gewesen war.
"Wir brauchen keine Hilfe der Wache! Hier in den Schatten lösen wir unsere Probleme auf unsere Weise!" fuhr der Mann Knut und Rascaal an.
Rascaal trat 2 Schritte vor und blickte dem Mann direkt in die Augen.
"Wie heißt Du?" fragte der Korporal.
Der Mann sah etwas in Rascaals Augen, das ihn sich fragen ließ, ob er nicht doch einen Fehler gemacht hatte. (Rascaal konnte sehr überzeugend sein, wenn er nur wollte. Zumindest nachts.) Hinter sich hörte Rascaal seinen Kollegen leise kichern.
"Pasch auf!" flüsterte Knut einem neben ihm stehenden Passanten zu "Gleisch kommt schein Rote-Beete Trick! Echt schuper!"
"Mein Name ist Honk Allesmein." antwortete der Mann unsicher.
"Also, Herr Allesmein," sagte Rascaal, holte eine Knolle aus den Untiefen seines Umhangs hervor, biß herzhaft rein und fing an zu saugen. "was Angelegenheiten der Wache sind und was nicht, können wir ganz gut selber beurteilen! Ist das klaaaaaar?"
Beim letzten Wort atmete Rascaal aus und Herr Allesmein bekam einen Schwall Rote-Beete Duft ins Gesicht geblasen. Schlagartig wich ihm alle Farbe aus dem Gesicht, er ließ Hammer und Meißel fallen und taumelte 3 Schritte zurück.
Knut hielt sich den Bauch vor lachen. "Siescht Du, es klappt jedeschmal!"
"Also," sagte Rascaal und hob Hammer und Meißel auf "dann sag mir doch mal was Du mit dem Werkzeug willst. Ist das ein kollektiver, unlizensierter Einbruch in das Lagerhaus?"
"Kein Einbruch!" keuchte Allesmein und versuchte den Würgereflex zu überwinden."Ich versuche nur, mein Eigentum zu holen."
"Dein Eigentum?" schaltete Knut sich ins Geschehen ein. "Wenn Dein Eigentum da drinnen wäre, dann hättescht Du doch beschtimmt einen Schlüschel für die Tür, oder? Hatschüüü!"
"Nein, mein Eigentum hat sich selber dort eingesperrt!" gestand Allesmein.
"Äääh, könntest Du das bitte etwas näher erklären ?" fragte Korporal Ohnedurst, dem böses schwante.
"Ich habe während der Hitzewelle neulich von einem fahrendem Händler (die meisten Händler sind nur so lange in Ank-Morpork, wie sie unbedingt müssen) ein Trollfräulein gekauft. Ein echtes Schnäppchen: kräftig, kaum Verschleiß und braucht nur eine Schaufel Kohle am Tag ! Heute wollte ich Inventur bei meinem Schweinefleisch machen, doch kaum waren wir drinnen, da schaut sie mich mit einem Mal so komisch an, packt mich und setzt mich vor die Tür. Danach hat sie alles verrammelt und verriegelt!"
In Rascaals und Knuts Augen fing es an, gefährlich zu blitzen.
"Wie heischt dasch Mädchen?" knurrte Knut und sein Haarwuchs nahm bedrohlich zu und damit leider auch sein Schnupfen.
"Kieshaufen."
Die beiden Wächter gingen zielstrebig auf die Tür des Lagerhauses zu.
"Um Dich kümmere ich mich später!" sagte der Korporal im vorbeigehen zu Herrn Allesmein.
In den beiden Wächtern brodelte es. Knut hätte sich am liebsten verwandelt und diesen Idioten zerfleischt und Rascaal war kurz davor sein Vegetarierdasein über Bord zu werfen und den Mann auszusaugen, wie eine Knolle Rote-Beete. Sie hatten Trollkollegen und zu einige Ihrer besten Freunde waren Trolle. Sie fanden es grausam, daß manche Menschen immer wieder den schwachen Punkt der Trolle ausnutzten, um ihre Kraft auszunutzen.
"Fräulein Kieshaufen?" rief Rascaal.
"Wer seid ihr, was wollt ihr und warum ist es mit einem Mal so ruhig da draußen!", kam eine knirschigen Stimme von drinnen.
Allein schon die Tatsache, daß die Trollfrau einen so langen Satz ohne grammatikalische Fehler bilden konnte, zeigte, wie kalt es in dem Lagerhaus sein mußte.
"Hör mal! Wir sind Korporal Rascaal Ohnedurst und Gefreiter Knut von der Stadtwache. Wir wollen Dir helfen. Dir wird niemand etwas tun! Komm bitte heraus, damit wir alles regeln können."
"Nein, wenn ich rauskomme und es wird warm, dann werde ich wieder dümmer und wenn es heiß wird, werde ich einen Fehler machen und schon haben sie mich wieder. Ich will niemandes Eigentum sein !"
"Du bist niemandes Eigentum! Wir kenne genug Trolle, die dafür sorgen werden, daß du nicht mehr belästigt wirst! Einige davon sind sogar Wächter!", versuchte Rascaal, den Troll zu beruhigen.
"Glaub ich nicht!" kam eine unsichere Stimme von innen.
Rascaal wandte sich an Knut: "Gefreiter Knut, lauf mal sofort zur Wache und hol Malachit her und sollte der Kommandeur irgendwo herumliegen, dann bring den auch gleich mit!"
Knut drehte sich um, jappste so schnell er konnte die Straße hinunter und war bald außer Sichtweite.
Herrn Allesmein schwante böses und so versuchte er sich klammheimlich zu verdrücken, doch Rascaal packte ihn kurzerhand am Kragen und rammte ihn gegen die Hauswand.
"Hör zu, ich sagte, daß ich mich später um Dich kümmere. Also bleib hier stehen und rühr Dich nicht, oder ich zwinge Dich meinen gesamten Rote-Beete Vorrat zu verspeisen!" drohte Rascaal.
Panik glänzte in Allesmeins Augen und er nickte heftig.
20 MM später trafen Knut, Malachit und einen völlig außer Atem geratener Kommandeur Rince am Tatort ein. Da Knut sie auf dem Weg schon über den Sachverhalt aufgeklärt hatte, trat Rince sofort auf die Tür des Lagerhause zu, während Malachit sich bedrohlich Herrn Allesmein näherte.
"Ich übernehme. Fräulein Kieshaufen,...japs...hier spricht Kommandeur ...japs... Rince von der ...japs... Stadtwache. Ich versichere ihnen, daß ihnen nichts geschehen wird, wenn sie die Tür öffen. Bei mir habe ich übrigens den Trollgefreiten Malachit, der sich mit dir mal unterhalten möchte."
Die Neugier gewann die Oberhand und Kieshaufen öffnete die Tür und trat heraus. Malachit drehte sich um, und sah eine (für Trollverhältnisse) wunderschöne Trollfrau aus dem Lagerhaus kommen.
"Du sehen, das doch gar nicht gewesen sein so schlimm." sagte der Trollwächter "Du jetzt erst einmal kommen mit zur Wache und wenn es Dir gefallen, dann Du vielleicht eintreten."
"Ja, du wärst eine Bereicherung für die Wache, denn wir haben noch keine Trollfrau!" ergänzte Rince, der inzwischen wieder zu Atem gekommen war.
Fräulein Kieshaufen schaute zu Malachit, der sie freundlich anlächelte. Dann nickte sie schüchtern und ging mit Rascaal und Knut davon. Die Menschenmenge hatte sich schnell aufgelöst, da es nichts mehr zu sehen gab.
Kommandeur Rince wandte sich an Malachit, der Herrn Allesmein noch immer festhielt.
"Malachit, Du weißt, daß wir ihm nichts beweisen können?"
Der Troll nickte grimmig.
"Ich werde jetzt zurück zur Wache gehen." fuhr Rince fort "Wie wäre es, wenn Du Herrn Allesmein noch nach Hause begleiten würdest?"
Mit diesen Worten drehte sich der Kommandeur um und ging fort.
Langsam wandte sich der Troll zu dem Menschen um.
"Wir wollen spielen etwas auf dem weg nach Hause?" fragte der Troll grinsend "Du kennen ‘Ankh-wie-tief-du-wirklich-sein’?"
Malachit ging die Straße hinauf in Richtung des Ankhs und zog Herrn Allesmein einfach hinter sich her.



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