All in a days work

"Was soll das heißen, ich bin kein Vektor mehr?"
Lagan stand vor seinem Vorgesetzten, die Augen weit aufgerissen, und die Hände in die Seiten gestemmt. Der Verkehr auf der kurzen Strasse brandete links und rechts an ihnen vorbei.
"Tut mir ..", begann Cim Bürstenkinn beschwichtigend, wurde aber gleich wieder unterbrochen.
"Ich hab alles so gemacht wie Du gesagt hast! Ich hab sogar das Leben der Blumenverkäufern gerettet. Nicht mal der Verbrecher ist zu Schaden gekommen."
"Das stimmt alles", gab Cim zu.
"Hab ich nicht reagiert, nicht gehandelt wie ein Vektor?"
Cim schüttelte den Kopf "Du hast vorbildlich agiert, Lagan!".
"Was ist es dann? Warum bin ich kein Vektor mehr?"
"Nun, unser Kommandeur fand, dass wir zuwenig Zeit mit der eigentlichen Ausbildung verbracht haben. Er meinte es sei zuwenig zufällig das Richtige zu tun, ohne fundierte Ausbildung die sich nachweisen lässt." Cim machte eine eindeutige Geste in Richtung eines besonders unflätig schimpfenden Wagenlenkers.
In diesem Moment klopfte etwas hart an seinen Kopf. Der Korporal wollte schon aufbrausen, als er sah, dass ein altes Muttchen mit ihrem Stock an ihm pochte.
"Können Sie mir helfen? Meine Katze ist auf das Dach geklettert, und traut sich nicht mehr runter! Das arme Tierchen wird noch herunterstürzen und sich verletzen."
"Ich geh schon", sagte Lagan mürrisch, während Cim die alte Frau beruhigte.
Behände kletterte Lagan an der Regenrinne nach oben, konnte nach kurzer Überredung auch die Katze überzeugen, dass es in seinen Händen sicherer war, als am Dachfirst, und kurze Zeit später landeten beide wieder sicher am Boden.
"Vielen herzlichen Dank, Jungens! Hier: zur Belohnung!" , und drückte beiden ein hartes Stück Karamell in die Hand. Die Katze fester an sich gepresst als gut war für das Tier wackelte die alte Frau davon.
"Also wo waren wir? ", versuchte Lagan den roten Faden ihrer Unterhaltung wieder aufzunehmen. "Wir haben also zuwenig Zeit mit Ausbildung verbracht. Kennt der Herr Kommandeur eigentlich unseren Dienstplan? Ich dachte er war mal..".
Lautes Kreischen an einem Hauseingang unweit der beiden unterbrach den Gefreiten erneut.
"Gib mir mein Kind zurück, oder ich schreie", schrie die junge Frau den Mann an, der den Knaben, er mochte vielleicht 3 Jahre alt gewesen sein, hoch über seinem Kopf hielt.
Ohne ein weiteres Wort darüber zu verlieren, ging Lagan hin und sprach mit dem Mann.
"Mein Name ist Lagan!"
Der Mann schreckte herum, und funkelte den Wächter an.
"Keinen Schritt näher sonst..."
"Shhhh", unterbrach Lagan ihn," Haben sie überhaupt eine Ahnung welchen Schaden sie schon mit ihren Worten bei dem Kind anrichten können? In seinem Alter entscheidet sich, wie der Filter aussehen wird, durch den er die Welt sehen wird. Ob er anderen Leuten vertrauen kann, oder nicht. Ob er ein rechtschaffenes Mitglied einer Gemeinschaft werden kann, oder nicht. Wollen sie Schuld daran sein, dass sein Leben zerstört ist? Wollen Sie ihm in einigen Jahren in die Augen schauen, und feststellen, das die Härte dort von ihnen erzeugt wurde? Sie sind verantwortlich für die Zukunft dieses Jungen, egal ob er ihr Sohn ist oder nicht. Sind sie bereit für diese Verantwortung?"
Misstrauisch sah er zu dem Wächter, dann zu der Frau, die bei Lagans Monolog ebenfalls ruhig geworden war. Schließlich zu dem Jungen hoch. Zwei kleine Tränen hatte sich auf dem Weg aus den Kinderaugen gemacht, und rollten nun am Arm des Mannes nach unten. Sein Blick folgte ihnen, bis sie endlich in seinem Ärmel verschwanden.
Langsam und vorsichtig, als könnte er etwas damit wieder gut machen, setzte er das Kind zu Boden, das sofort wieder zu seiner Mutter lief.
"Es ....es tut mir leid", stammelte er, nun selbst den Tränen nahe, und sah flehentlich zu der Frau.
"Möchten sie eine Anzeige machen, Madame?", fragte der Gefreite, doch die Frau sah ihn zornig an, schnappte den Mann beim Arm, und sagte "Komm reden wir darüber!".
Die drei verschwanden wieder im Haus. "Gerne geschehen, Madame!", sagte Lagan zu niemand bestimmten, und ging zurück zu Cim.
"Das hat lange gedauert. War etwas besonderes?", fragte der Korporal
"Nein, nein. Ganz normal. Aber zurück zu unserer Sache: Wie komme ich nun zu einer Ausbildung, die auch den Kommandeur zufrieden stellt?"
Cim zuckte mit den Schultern. "Wenn ich das nur wüsste, Lagan."
Sie gingen weiter auf der Kurzen Strasse, ein Vektor und einer in Ausbildung.