Vorlage: Im "Sandelholz Sanatorium" geschieht ein Mord. Ein ganzer Gebäudekomplex von Verrückten und der Direktor machen es RUM nicht leicht den Fall zu lösen.
Dafür vergebene Note: 11
Es war früher Morgen in Ankh-Morpork. Vom Ankh stiegen Nebelschwaden auf und tasteten sich langsam den Weg durch die Gassen.
Carisa erwachte. Tauben umflatterten sie ungeduldig.
"Uuahh", gähnte die Wasserspeierin, "was wollt ihr denn schon wieder?"
Langsam wurde sie richtig wach und beobachtete einige Zeit den Weg des Nebels von dem Dach aus, wo sie heute Nacht geschlafen hatte, dann drehte sie sich zu den Tauben, die nun erwartungsvoll hinter ihr Aufstellung bezogen hatten. Mit langsamen, noch etwas verschlafen wirkenden Bewegungen wühlte Carisa in ihrem Rucksack, in dem sie alle ihre Besitztümer und alles, was sie für ihre Aufgaben in der Stadtwache brauchte, aufbewahrte. Als die Wasserspeierin die Hand wieder aus dem Rucksack zog, bröselten einige Körner zwischen ihren steinigen Fingern hindurch. Zwei besonders vorwitzige Tauben hüpften gierig heran und begannen die Körner aufzupicken. Carisa warf den restlichen Tauben die Körner hin und sah den Tieren zu, wie sie die Nahrung aufpickten. Vermutlich wäre jede Person, die diese Situation beobachtet hätte, auf den Gedanken gekommen, dass dies ein Trick der Wasserspeierin sei, um sich ihr Frühstück zu sichern. Doch wäre diese Person sicherlich nun sehr überrascht worden!
n. Anstatt sich auf die Tiere zu stürzen, nachdem diese gefressen hatten, stürzten sich die Tauben auf Carisa und nahmen auf ihr Platz. Die Gargoyle lächelte und tätschelte einigen Tieren den Kopf. Nein, fressen bzw. aufessen würde sie diese niemals, erstens weil sie dies noch nie probiert hatte und weil ihr Steine, besonders Silizium, sowieso am besten schmeckten, immerhin war sie ja zur Hälfte Troll und hatte von ihrem Vater immer nur Stein zu essen bekommen. Und zweitens, weil eine innere Stimme, die Carisa üblicherweise als ihre Mutter bezeichnete, gesagt hatte, dass sie Tauben auch gar nicht vertragen würde.
Die Wasserspeierin schüttelte sich kurz und die Tauben ließen sie wieder frei. Ein weiteres Mal griff sie in ihren Rucksack. Sie fand nicht sofort, was sie suchte und fluchte:
"Verdammt, wo ist mein Essen? Ich habe Hunger!"
Wozu brauchst du was, wiegst doch genug, warf die besagte innere Stimme ein.
"Sehr witzig, wirklich, schon mal von einem leichten Wasserspeier gehört?" gab Carisa schnippisch zurück, "du warst gewiss nicht leichter."
Pah, antwortete ihre Mutter und verstummte.
Carisa kramte weiter im Rucksack und fand, nachdem sie ihn komplett ausgeräumt hatte, endlich einen Stein. Als sie gerade in ihr Essen beißen wollte, klimperte es. Ein kleines Stück Metall, das sich als ihre Dienstmarke entpuppte, macht sich langsam hüpfend auf den Weg zur Dachrinne. Die Wasserspeierin ließ den Stein fallen, der nun ebenfalls in Bewegung kam, und machte einen Sprung nach vorn, verfehlte die Marke aber und diese fiel in die Rinne. Schneller als man von einem Wasserspeier erwartet hätte, hangelte Carisa sich nach unten. Dort auf dem Boden war es so neblig, dass man kaum etwas sehen konnte, aber trotzdem fing Carisa die Marke in dem Moment auf, als sie aus der Rinne sprang.
"Puh, ich muss mir doch mal eine Kette für das Ding zulegen, sonst verlier ich die Marke doch noch irgendwann", schnaufte die Gargoyle.
Langsam stieg sie wieder nach oben und packte ihre Sachen in den Rucksack zurück. In einer Wasserspeierminute
[1] begann ihr Dienst.
Wie immer betrat Carisa das Wachhaus am Pseudopolisplatz durch das Fenster ihres Büros im ersten Stock. Hier konnte sie wenigstens Oberleutnant MeckDwarf nicht begegnen und somit den Diskussionen über Fenster und Türen und deren Benutzung entgehen.
"Ich verstehe einfach nicht, warum er unbedingt will, dass ich die Tür benutze. Ich mag ihm mittlerweile gar nicht mehr begegnen."
Aber ich, immerhin vermisse ICH Anthony.
[2]"Weißt du, wie egal MIR das ist?" zischte Carisa ihrer Mutter zu.
War ja klar das du so denkst, beschwerte diese sich.
"Puh, ich kann ja eh nicht verhindern den Schäff zu treffen, aber mir scheint, dass Anthony dich sowieso ignoriert beziehungsweise Humph ihn unter Kontrolle hat."
Du bist so gemein, gönnst deiner Mutter gar nichts, heulte die innere Stimme.
"Wenn du dich erinnern magst, es gibt da auch noch meinen Vater", stichelte Carisa.
Doch ihre Mutter antwortete nicht mehr.
"Oh man, jetzt ist sie wieder beleidigt", dachte Carisa.
Bin ich gar nicht, schnappte ihre Mutter.
Doch die Gargoyle ließ sich nicht zu einer weiteren Diskussion hinreißen und sagte nichts mehr. Sie schüttelte nur den Kopf. Dann überflog sie ihren "Posteingang" auf ihrem Schreibtisch. Sie fand ein Memo von Vinni:
Gefreite, begebe dich zu dem toten Briefkasten in der Quetschbauchgasse und hole die Nachrichten dort ab. Bevor du gehst, lass dir von nefer erklären, was beim Abholen und Weiterleiten zu beachten ist. Grüße Korporal D-N-T Vinni
Carisa las sich das Memo noch einmal genau durch und begab sich dann auf die Suche nach nefer. In deren Büro fand sie diese aber nicht vor. Auch Getier, der kniehohe Hund mit den seltsamen Augen war nicht da. Carisa mochte Getier, wie viele andere Geschöpfe tierischer Natur auch, deshalb fand sie es doppelt schade, dass nefer nicht anwesend war.
"Wo könnte sie sich wohl derzeit aufhalten? Ach, vielleicht hatte sie ja Nachtschicht und ist im Eimer", überlegte die Gargoyle und ging zum Dienstplan.
"Nein, da steht nichts davon, dass sie Nachtschicht hatte. Naja vielleicht trotzdem im Eimer?" murmelte Carisa. Doch gerade in diesem Moment löste sich das Wo-ist-nefer-Problem mit einem Schrei aus der Küche in Wohlgefallen auf.
Die Wasserspeierin erschrak. Was war das gewesen. So schnell es ging stürzte sie, wenn man bei einem Wasserspeier mit dem Gewicht von 120 kg von stürzen reden konnte, Richtung Küche. Als sie im Türrahmen stand (diesmal war das Benutzen der Tür nicht zu umgehen gewesen), sah sie eine recht niedergeschlagene nefer mit einer Kelle in der Hand mitten in der Küche vor einem Schrank stehen.
"Was ist denn passiert, warum schreist du so?" fragte Carisa außer Atem.
"Mist, mist, dieses verdammte
Anfängerkochbuch, da hab ich alles so gemacht wie es drinsteht und Getier will es nicht essen. Nicht mal ein untoter Hund frisst was ich koche", fluchte nefer verzweifelt, ja fast weinerlich.
Jetzt erst entdeckte Carisa auch Getier. Er kam in diesem Moment aus einem Schrank gekrochen und zog den Schwanz ein, als er an nefer vorbeiging, trottete zu Carisa und schnüffelte an ihrem Bein. Dann fing er an, an ihr hochzuspringen und sie bückte sich, dass er ihr Gesicht ablecken konnte. Im Gegensatz zu Menschen mochte sie das, immerhin bekundete er damit, dass er sie mochte.
"nef, ich hab da einen Auftrag und ich soll dich fragen, wie das geht", sagte Carisa, nachdem Getier endlich von ihr abgelassen hatte.
"So, worum geht's denn, vor allem, wer glaubt, dass ich dir dabei helfen kann?" fragte nefer.
Carisa hielt ihr den Zettel von Vinni hin und sagte dazu:
"Ich soll in der Quetschbauchgasse einen Briefkasten leeren. Nur weiß ich gar nicht wie das geht."
"Ach, wenn das weiter nichts ist", sagte nef, nachdem sie den Zettel gelesen hatte, "du musst nur ein paar Regeln befolgen, dann kann gar nichts passieren. Da man nicht weiß, ob der Briefkasten nicht entdeckt worden ist, von irgendwelchen Unlizensierten, sollte man beim Abholen vorsichtig sein."
"Was kann denn passieren?"
"Naja, es könnte ja irgendein Gift in einem Umschlag sein oder Knallpulver oder so was."
"Achso, stimmt, was sind den Sicherheitsmaßnahmen dagegen?"
"Also, du nimmst den Umschlag aus dem Briefkasten, steckst ihn in einen Sicherheitsbeutel, die liegen am Tresen, und bringst das Ding sofort zu S.U.S.I. damit die begutachten, ob irgendeine Gefahr von dem Hinweis ausgeht."
"Mmmm, ok, klingt jetzt nicht so schwer. Dann geh ich jetzt mal und hol mir so einen Umschlag", sagte Carisa und wandte sich zum Gehen. Getier sprang ihr noch zwischen den Beinen herum, um wenigstens noch einmal über ihre Hände schlecken zu können. Dann lief er zurück zu nefer und legte sich möglichst nahe am Herd, dort wo es schön warm war, zum Schlafen nieder.
Am Abend zuvor
"Wohin sollen wir jetzt mit der Leiche, verdammt?"
"Warum soll denn ich mich darum kümmern, du verrückter Kerl du? Du hast das Mädchen doch umgebracht."
"DU hast sie immerhin angeschleppt und sie hat nun mal ihre Nase in Sachen gesteckt, wo sie nicht hingehört."
"Vielleicht hätte sie gar nichts verraten."
"Soso, nichts verraten. Die war Pflegerin, so auf die Gesundheit der Menschen bedacht und so weiter, die hätte es bestimmt verraten."
Der heimliche Beobachter der beiden Sprecher duckte sich noch tiefer in sein Versteck. Eigentlich wollte er das Gespräch nicht belauschen. Er war nur dummerweise zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort gewesen.
Unser Beobachter war Dieb. Ein fast ganz gewöhnlicher Dieb, der auf Beute im "Sandelholz Sanatorium" gehofft hatte. Außerdem war er auch Informant für die Stadtwache. Natürlich nicht für unlizensierten Diebstahl, aber für Mord. Und was hier vorgegangen war, musste ein Mord gewesen sein, denn wieso sonst sollte der Leiche dadrüben die Kehle durchgeschnitten worden sein. Außerdem sahen die Typen da nicht unbedingt aus, wie Assassinen. Sie trugen Kleidung, wie man sie in einem Krankenhaus oder Sanatorium bei Patienten erwartete.
"Lass sie uns im Garten vergraben, von den Verrückten hier kommt sicher keiner auf die Idee, im Kompost zu wühlen, hoffe ich zumindest."
Gregor Langzeh, so der Name unseres Diebes, schaute den beiden Männern nach, die die Leiche nun durch den Keller nach draußen schleppten. Gregor nahm alle seine Zehen zusammen, nicht umsonst hieß er Langzeh. Er hatte sich auf Diebstahl mit den Füßen spezialisiert, denn er hatte außergewöhnlich große Zehen, mit denen er gut greifen konnte. Dies war von Vorteil, wenn es darum ging beispielsweise Zwerge zu bestehlen oder einfach, weil man sich mit dem Fuß vortasten und alles aufsammeln konnte, was in den unteren Bereichen des menschlichen Lebens so zu stehlen gab
[3]. Der Dieb folgte den Männern und sah, wo sie die Leiche verbuddelten. Dann sah er die beiden Mörder wieder ins Sanatorium zurückgehen. Gregor wühlte nach einem Zettel
[4] und schrieb dann mit einem Stift, den er so verändert hatte, dass er ihn mit dem Fuß halten konnte, einen Hinweis mit genauer Ortsbeschreibung der Lage der Leiche für die Stadtwache. Diesen Hinweis würde er nachher in der Stadt in einen toten Briefkasten werfen. Als er gerade sein Informantenkürzel unter den Hinweis schreiben wollte, entdeckte er etwas und fluchte:
"Verdammter
Warzengnom! Ausgerechnet am großen Zeh."
Er würde auch noch bei den Alchimisten vorbeigehen müssen, um sich das Mittelchen gegen Warzen neu brauen zu lassen.
Gregor machte sich leise fluchend auf den Weg in die Stadt. Wenn man hauptsächlich mit den Füßen arbeitete war es leider so, dass man häufig Warzen bekam. Irgendwann, wenn er diesen Gnom mal erwischen würde, würde dieser eine ordentliche Tracht Prügel bekommen, das hatte Gregor sich schon lange geschworen.
Am Tresen
Als Carisa gerade am Tresen in einem Regal nach besagten Umschlägen suchte, kam Humph herein.
"Ah, Carisa, nach dir hatte ich schon gesucht. Hat Vinni dir geschrieben, dass du den toten Briefkasten in der Quetschbauchgasse leeren sollst?"
"Ja hat er, Sir, ich hab mich auch schon bei nef erkundigt, wie das geht. Jetzt suche ich gerade die Umschläge", antwortete Carisa und bemühte sich ihrem Schäff nicht in die Augen zu sehen und schien sich deshalb auf einmal sehr für den Smaragd in ihrer Brust
[5] zu interessieren
"Gut, gut, dann nimm doch bitte Mefarina und Romulus mit, die beiden sind neu in der Abteilung, sie müssen das mit den Briefkästen auch noch lernen. Ihr geht dann noch in die Brustwehrgasse und in die Heimlichweiter-Straße und leert da auch die Briefkästen."
"Ist gut Sir, ich suche die beiden dann gleich, sobald ich die Umschläge habe."
Carisa wurde langsam fahriger, in ihr schlug ihre Mutter Terror, die versuchte die Kontrolle über Carisa zu bekommen.
Ich will mit Anthony reden, kreischte sie und Carisa musste sich sehr anstrengen sie zu kontrollieren.
"Carisa, die Umschläge sind hier", sagte der Oberleutnant, auch etwas gezwungen, vermutlich musste er den gleichen Kampf in seinem Kopf schlagen, nur hatte er immerhin noch Hilfe von Murphy.
Carisa nahm ihm die Umschläge aus der Hand und verschwand schnell, wobei sie den Türrahmen erwischte und leicht demolierte. Humph schaute ihr nach und murmelte:
"Die Arme, sicher quält ihre Mutter sie, wie du mich Vater."
Ha, ich dich quälen? Du quälst mich, ich will zu ihr, zu diesem lieblichen Geschöpf, wenn ich könnte würde ich dich ausschalten, damit du mich nicht so unterdrücken kannst, bekam er zur Antwort.
Humph seufzte, wand sich um und ging auf die Straße, in der Hoffnung die frische Luft würde Anthony zur Ruhe bringen. Leider war dem nicht so und so führten die 3 Persönlichkeiten mehr oder weniger lautstark Streit miteinander, auf der einen Seite Anthony und ihm entgegen Humph und Murphy.
Carisa ging in den Aufenthaltsraum. Romulus war scheinbar nicht anwesend, aber Meffi saß an einem der Tische und schrieb etwas.
"Hallo Mefarina", sagte Carisa und setzte sich gegenüber der Werwölfin auf einen Stuhl. "Ich bin Carisa, Humph hat gemeint, dass ich dich und Romulus mitnehmen soll, wenn ich jetzt die toten Briefkästen in der Quetschbauchgasse, der Heimlichweiter-Straße und in der Brustwehrgasse leere, weil ihr das auch noch nicht wüsstet wie das geht."
Meffi schaute auf, blickte die Wasserspeierin an und meinte dann:
"Ach du bist also die Wasserspeierin bei RUM, nett dich kennen zu lernen. Was sind die toten Briefkästen?"
"Das sind die Stellen, wo unsere Informanten ihre Informationen unentdeckt hinterlassen können. Nur kann es sein, dass irgendwelche Gauner mal einen Briefkasten entdecken und vielleicht einen Anschlag drauf verüben. Es ist dann möglich, dass wir eine Briefbombe haben und deshalb müssen alle Briefe erst mal zu SUSI und das sollen wir lernen."
"Achso, ich versteh. Wann wolltest du denn losgehen? Romulus ist nämlich derzeit noch mit Syphar unterwegs."
"Wann kommen sie denn wieder", fragte Carisa.
Meffi wollte antworten, wurde jedoch von dem Aufschwingen der Tür unterbrochen. Es trat ein großer schlanker Mann mit saphirfarbenen Augen in Begleitung eines Wolfes ein.
"Nun, ich glaube unser Problem hat sich wohl gerade gelöst", sagte Meffi und stellte Carisa Syphar vor.
"Nett dich kennen zu lernen, würde es dir was ausmachen, dich mal eben umzudrehen?" sagte Syphar nachdem er Carisa die Hand gegeben hatte.
"Wieso soll ich mich, achso, ja klar, kein Problem", antwortet Carisa zunächst etwas verwirrt.
Romulus verwandelte sich, zog sich seine Uniform an und Carisa konnte auch ihm mitteilen, was sie machen sollten.
"Tja, dann lasst uns mal los", meinte er und hakte sich bei Meffi unter.
"Ich werde noch ein Stück mitkommen, die Quetschbauchgasse liegt auf meinem Weg zum Wachhaus in der Kröselstraße", schaltete Syphar sich wieder ein, "da habe ich in 2 Stunden einen Vortrag über Infiltrationsmanöver mit anschließender
Infiltrationsmanöverdemonstration bei Rina, leider, das wird bestimmt nicht sehr spannend."
Carisa nickte etwas mitleidig, genauso wie Romulus und Meffi, die alle diesen Vortrag bei Rina schon hinter sich gebracht hatte, und die Gruppe verließ das Wachhaus.
Am späten Nachmittag
"Ah Gefreiter, wo ist der Schäff?"
Diese Worte waren an Pyronekdan gerichtet, der erschrocken von der neuesten Ausgabe der "Times" aufsah. Er sah in graue Augen und ein faltiges Gesicht, das von grau-weißen Haaren eingerahmt war. Mittlerweile war er von Rauch eingehüllt, da die Person vor ihm genüsslich eine Pfeife rauchte, während sie auf eine Antwort wartete.
"Ähm, ja, also der Schäff, nuun, ich glaube der ist in seinem Büro", antwortete Pyronekdan irritiert, da er die Person vor sich nicht erkannte.
"Ich danke dir", antwortete die Person und wandte sich in Richtung Treppe.
Pyronekdan wollte noch etwas in der Art "du kannst doch hier nicht einfach allein rumlaufen, du weißt doch gar nicht wo das Büro ist" hinterher rufen, doch in diesem Moment machte es "klick".
"Ach entschuldige Leutnant, ich hatte dich gar nicht erkannt", mit diesen Worten salutierte er und bekam als Antwort ein scheinbar wohlgemeintes Lächeln von Pismire zurück, der nun die Treppe hochging und verschwand.
Der Gefreite unten im Aufenthaltsraum seufzte.
"Wie peinlich, da schaue ich Pismire an und erkenne ihn nicht, nein wie peinlich. Was ist denn mit mir los?"
Pismire klopfte und trat dann in Humphs Büro ein.
"Oh hallo Pis, schön dass du so schnell kommen konntest, es geht um Mord", begrüßte MeckDwarf ihn.
"Darum geht es meistens, wenn du mich sprechen willst", bekam er als Antwort.
"Ja, natürlich", der Oberleutnant schüttelte den Kopf, "also, wir haben eine Information bekommen, dass eine Frau im Sandelholz Sanatorium ermordet wurde und im Kompost verbuddelt worden ist. Hier ist die Ortsbeschreibung. Wir sollten uns möglichst schnell dorthin begeben. Ich werde einige Leute zusammentrommeln."
Pismire betrachtete die Ortsbeschreibung und stellte fest:
"Euer Informant hat eine interessante Schrift, weißt du das, es sieht so aus, als ob er mit den Füßen schreiben würde."
"Du hast Recht, unser Informant benutzt hauptsächlich die Füße für seine Tätigkeiten. Woher wusstest du das?"
"Man sieht es an diesen Bögen an den Buchstaben. Aber wir wollen jetzt nicht weiter die Schrift deines Informanten analysiere, du kannst ihm nur noch mitteilen lassen, dass er auch eine Warze an der Ferse hat. Das wird ihn sicher interessieren. So ich werde jetzt meine Leute zusammentrommeln, wir treffen uns dann am Sanatorium", stellte Pis fest und stand auf.
"Eine Warze an der Ferse? Wie kannst du... Ach egal, ja wir treffen uns dann dort", bekam er von einem sichtlich verwirrten Humph zur Antwort.
Als Pismire das Büro verlassen hatte, schrieb der Oberleutnant ein Memo an Romulus und Thymian sowie an Vinni. Zwischendurch murmelte er: "Eine Warze an der Ferse, komisch, komisch."
Sandelholz Sanatorium, im Garten
"Tot, tot, sicher, dass sie tot ist?"
"Ja ganz sicher, mit einer Wahrscheinlichkeit die bei über 1:1 000 000 liegt", antwortete Pismire einem eindeutig sehr verstörten Dr. Holzkopf, der seine Frage nun zum zehnten Mal gestellt hatte.
"Kannst du schon irgendwas dazu sagen?" fragte jetzt Humph von der anderen Seite.
"Wie du wohl erkennen kannst, ist diesem Mädchen hier die Kehle durchschnitten worden. Lange kann sie auch noch nicht in diesem Komposthaufen gelegen haben, sonst wären schon Verwesungsspuren zu sehen, aber genaueres kann ich erst nach der Ob... em nach der ... em... Leichenöffnung sagen", antwortete Pismire ruhig.
"Ach was du nicht sagst", sagte Thymian, dem es durch den Anblick der Leiche fast den Magen umdrehte.
"Ja, ansonsten werden wir jetzt noch versuchen Spuren zu sichern, aber dank des Regens der letzten Tage wird da wohl eher weniger sein", meinte Pis noch, bevor er sich zu Jack Narrator umdrehte und mit ihm über die bevorstehende Leichenbeschauung zu diskutieren begann.
Oberleutnant MeckDwarf drehte sich zu Thymian um.
"Der Informant hat nicht zufällig die Mörder erkannt und kann sie genau beschreiben?"
"Nein Sir, er hat zwar gesehen, dass die beiden Typen Klamotten wie die Insassen hier anhatten und auch wieder ins Sanatorium gegangen sind, aber sonst nichts, was weiterhelfen würde."
MeckDwarf drehte sich um und sah genauso wie Murphy und Anthony einige der Insassen des Sanatoriums, die im Garten herumstanden. Romulus war gerade dabei einen zu befragen. Es schien nicht besonders einfach zu sein, etwas aus dem Irren herauszubekommen. Romulus zuckte gerade mit den Schultern und ging dann zum nächsten Mann, der gerade damit beschäftigt war ein wenig Gras von der Wiese zu essen.
Lauter Irre hier, da würdest du gar nicht auffallen, sagte Anthony zu Humph.
Ich würde eher sagen, dass sie hier gut hinpassen würden, Herr Anthony, stichelte Murphy.
"Ruhe", dachte Humph, ich will nichts hören.
Insgeheim, so weit das überhaupt möglich war, aber konnte er Anthony zustimmen. Ein verrückter Oberleutnant, der mehr als eine Person im Kopf hatte, gehörte einfach ins Irrenhaus. Aber war das Wachhaus nicht auch immer mehr ein Irrenhaus. Humph hatte zu Ohren bekommen, dass es jetzt schon zwei Rekruten gab, die ein Hirngespinst im Kopf sitzen hatten.
Und dann ist da noch diese Wasserspeierin mit ihrer wuuundervollen Mutter, warf Anthony ein.
Der Oberleutnant schüttelte den Kopf, aber in diesem Moment kam ihm eine Idee.
"Romulus, komm einmal her."
Der Werwolf drehte sich um, weg von dem grasessenden Menschen, den er in den letzten 2 Minuten mehr als 5 mal vergeblich angesprochen hatte.
"Was gibt's denn Schäff?"
Der Chef von RUM zog Romulus in eine Ecke des Gartens, wo sie unbelauscht miteinander reden konnten.
"Sieht so aus, als ob es nicht so einfach ist, diese Irren zu befragen, oder?" fragte er möglichst leise.
"Richtig, bisher habe ich nur Dinge gehört, mit denen ich nicht viel anfangen kann. Einer hat davon gesprochen, dass man die große Gefahr einer Ölpest, die von einem gesunkenen Tanker im Atlantik ausgeht, mit einem
Ölteppichauffangnetz verhindern könnte. Dann hat er noch etwas genuschelt, dass nach Grünem Frieden klang."
"Was du nicht sagst, was ist eine Ölpest? Hat das was mit Fett zu tun? Klingt irgendwie so."
"Ich habe nicht die geringste Ahnung, aber Sir, was wolltest du denn von mir?"
Humph versuchte sich zu sammeln, das mit diesem Teppichnetz klang doch sehr seltsam.
"Em, ach ja, ich dachte daran, dass wir einen verdeckten Ermittler bemühen sollten und ich weiß auch schon wen. Sag mal, was ist ein Atlantik?"
Romulus zuckte mit den Schultern.
"Das mit dem Atlantik war das, was ich am wenigsten verstanden habe, aber die Idee mit dem Ermittler ist gut."
Am nächsten Morgen, im Büro von D.N.T. Vinni
"Also Gefreite du hast sicher von dem neuen Fall mitbekommen und ich habe eine Aufgabe für dich, die dich angemessen auf deine Arbeit als verdeckte Ermittlerin einstimmen wird. Es geht darum, dass wir in diesem Mordfall nicht weiterkommen, weil die Leute, die Zeugen sein könnten, verrückt sind."
"Ja ich habe was über diesen Fall gehört. Das war doch im Sandelholz Sanatorium. Aber was habe ich als verdeckte Vermittlerin damit zu tun?" fragte Carisa, die Vinni gegenübersaß.
"Nun ja, hier kommen wir dann an den Punkt, der mir etwas unangenehm ist. Also, Humph meinte, dass du dich ausgezeichnet für diese Aufgabe eignen würdest, da du, nun ja, also, weil du nun einmal eine zweite Persönlichkeit in deinem Kopf hast", versuchte Vinni der Gargoyle zu erklären.
Hey, er spricht von mir.
"Als ob ich das nicht bemerkt hätte", antwortete Carisa ihrer Mutter in Gedanken.
Laut sagte sie: "Ich verstehe, ich muss also nur ich selbst sein und meiner Mutter manchmal die Kontrolle geben, damit man mich für verrückt hält?"
"So hatten wir uns das vorgestellt. Ein Arzt hat schon eine Überweisung geschrieben, wo drin steht, dass du in dieses Sanatorium musst, weil in der Öffentlichkeit wegen deiner zweiten Persönlichkeit Gefahr von dir ausgeht. Romulus und Meffi werden dich bis kurz vor das Sanatorium begleiten. Danach bist du auf dich allein gestellt", meinte Vinni.
"Aber wie bekommt ihr denn mit, wenn ich etwas herausgefunden habe?" fragte Carisa, die zwar nachvollziehen konnte, was sie machen sollte, aber doch ein mulmiges Gefühl hatte.
"Wie du vermutlich schon mitbekommen hast, haben wir ja keine Verbindungswächter und deshalb wird die Aufgabe, mit dir Kontakt aufzunehmen von Humph und mir übernommen. Wir werden zum Schein in den nächsten Tagen immer mal wieder zu Zeugenbefragungen ins Sanatorium kommen und auch dich befragen."
"Gut, verstehe. Gibt es sonst noch irgendetwas Besonderes zu wissen?"
"Zu sagen wäre noch, was unser Informant über die Mörder weiß, sprich, was er gesehen hat", antwortete Vinni.
Etwa eine halben Wasserspeierminute später stand Carisa im Aufenthaltsraum und wartete auf die Wächter, die sie zum Sanatorium bringen sollten. Sie hatte ihre Dienstmarke bei Vinni gelassen und ihre sonstige Ausrüstung in ein Regal gelegt. Jetzt befanden sich in ihrem Rucksack nur noch ein wenig Taubenfutter und ein kleines Stückchen
Marmor, welches sie nachher noch essen wollte.
Meffi und Romulus erschienen.
"Na Carisa, hast ja einen seltsamen Auftrag", wurde sie von Meffi begrüßt.
"Ja, aber was soll ich machen, ich passe halt ganz gut hin und Humph, der ja auch passen würde, ist ja da schon bekannt."
"Dann werden wir jetzt wohl mal losgehen müssen, oder?" fragte Romulus und winkte mit dem Zettel, auf dem die Einweisung ins Sanatorium genauer begründet wurde.
Carisa nickte und nahm den Zettel an sich.
"Na dann los", sagte sie noch und ging zur Tür.
In diesem Moment wurde eben diese Tür aufgerissen und vor der Wasserspeierin stand der Chef von RUM.
"Ah, bist du schon auf dem Weg?" fragte MeckDwarf.
"Wir wollten gerade losgehen, Sir", antwortete Meffi für Carisa.
Für einen Bruchteil einer Sekunde veränderte sich die Welt. Dieser Bruchteil reichte aber aus, dass Carisas Mutter und Anthony eine Vereinbarung trafen, die die beiden Wächter sehr verändern sollte. Aber als die Welt wieder in die eigentliche Normalität zurückkehrte, wusste weder Carisa noch Humph, was diese Verabredung beinhaltete.
Im Sanatorium
"Ich habe hier eine Überweisung von Doktor Hufbeschlag. Ich soll hier wegen meiner multiplen Persönlichkeit aufgenommen werden", versuchte Carisa dem Pförtner zu erklären.
"Wieso kommen sie da zu uns?"
"Weil sie ein Sanatorium für pychische Krankheiten sind."
"Was für pychische Krankheiten?" fragte der Pförtner.
Carisa hatte den Eindruck, dass man hier vor allem sein Gedächtnis verlieren konnte, obwohl sie nicht bei der klatschianischen Fremdenlegion vor der Tür stand.
"Wie wär es, wenn sie einfach den Direktor holen und mich mit ihm sprechen lassen?"
Scheinbar verstand der Pförtner zumindest das. Er verschwand im Haus und kam nach einigen Minuten mit Dr. Holzkopf zurück.
"Oh, eine Wasserspeierin. Herzlich Willkommen in unserem Sanatorium. Mit welchen Beschwerden kommen sie zu uns?" fragte er freundlich.
Carisa hielt dies für einen angemessenen Zeitpunkt die Kontrolle an ihre Mutter zu übergeben.
"Mein Problem, meine Beschwerden? Dieses steinige Etwas, was mich nie machen lässt, was ich will, obwohl ich seine Mutter bin."
"Ich verstehe nicht ganz", antwortete der Direktor etwas irritiert.
Carisa schüttelte den Kopf und übernahm wieder die Kontrolle. Glücklicherweise sträubte sich ihre Mutter nicht dagegen.
"Das ist meine Beschwerde. Ich habe meine Mutter im Kopf und sie übernimmt dann und wann die Kontrolle", erklärte sie Holzkopf. "Ich würde sie liebend gern loswerden. Könnten sie mich dementsprechend behandeln?"
"Sicher ist das möglich. Ich schlage vor, dass sie zunächst ihr Zimmer, ach nein, sie werden wohl kein Zimmer wollen, also, sich zunächst einen gemütlichen Platz auf dem Dach suchen und dann so in 2 Stunden in mein Büro kommen. Dort besprechen wir dann über ihre Beschwerden und das Vorgehen dagegen."
Auf dem Dach stellte Carisa fest, dass es hier überhaupt keinen gemütlichen Platz gab. Sie musste wohl oder übel im Stehen Schlafen und das mochte sie gar nicht.
Nachdem sie ihre Sachen abgestellt hatte, begab sich die Gargoyle ins Haus. Am Ende der Treppe, die vom Dachboden in den Aufenthaltsraum führte, standen zwei Insassen und flüsterten miteinander. Als sie Carisa kommen sahen, stoben sie förmlich auseinander. Es schien, als ob sie etwas zu verbergen hätten.
Sehr verdächtig, die zwei solltest du mal im Auge halten, meinte Carisas Mutter.
"Ausnahmsweise gebe ich dir recht", flüsterte Carisa ihr zu. Sie versuchte sich die Gesichter der beiden Männer einzuprägen und ging in Richtung Aufenthaltsraum.
"Ah, die junge Wasserspeierin, haben sie einen schönen Platz gefunden?" wurde Carisa in ihren Gedanken von Dr. Holzkopf unterbrochen, der soeben aus der Küche kam.
"Äh, ja, danke der Nachfrage", log die Gargoyle. "Wollten sie nicht mit mir über das Vorgehen gegen meine Krankheit sprechen?"
"Ja, ja, ach natürlich, das können wir jetzt machen, kommen sie doch, folgen sie mir. Ich habe gerade noch ein wenig Zeit, man muss sich um so viele unschöne Dinge kümmern, wenn man Direktor eines solchen Hauses ist."
"Unschöne Dinge? Was meinen sie denn damit?" fragte Carisa, die hellhörig geworden war.
"Ach wissen sie, vorgestern wurde hier die Leiche einer jungen Pflegerin gefunden. Ihr ist die Kehle durchgeschnitten worden. Viele unserer Patienten stehen sozusagen noch unter Schock. Fräulein Sorgummich war sehr beliebt."
"Das ist ja furchtbar, haben sie denn schon eine Ahnung wer der Mörder sein könnte?"
Der Direktor schüttelte den Kopf. "Nein noch nicht, die Stadtwache ermittelt, aber da kommt ja auch nichts raus bei."
"Ja haben sie denn einen Verdacht?" erkundigte sich Carisa, als ob es sie nichts weiter anginge.
"Die Stadtwache nicht, ich auch nicht."
"Tja seltsam, vielleicht finden die Wächter ja noch eine Spur. Sie sollen ja auch Werwölfe beschäftigen, die können da vielleicht an der Leiche etwas erspüren."
"Das haben sie wohl versucht, aber durch den Regen war nichts mehr zu riechen und die Leiche lag im Kompost", seufzte der Direktor. "Ach die arme, arme Hermeline. Das sie so sterben musste."
Carisa nickte mitleidig. Mittlerweile waren sie im Büro des Direktors angekommen.
"Was wollen sie denn nun eigentlich gegen meine Krankheit machen? Gibt es da Medikamente oder so?" fragte die Gargoyle, um das Gespräch in eine andere Richtung zu lenken.
"Ich weiß nicht, ob wir noch solche Medikamente haben. Es gibt welche, die die Erscheinungen ihrer Krankheit unterdrücken, sprich, dass die andere Person Gewalt über sie bekommt, aber die haben wir nicht mehr", antwortete der Direktor.
"Wieso haben sie sie nicht mehr?" wunderte Carisa sich.
"Hier verschwinden seid einiger Zeit Medikamente, irgendeiner der Pfleger lässt sie wohl verschwinden", erzählte Dr. Holzkopf.
"Oh, das ist aber komisch. Medikamente verschwinden? Was kann man denn damit machen?"
"Vielleicht werden sie verkauft. Medikamente kann man sehr gut verkaufen, manche werden sogar von den verschiedensten Kreaturen als Drogen benutzt", meinte der Doktor.
"Drogen? So wie Platte?"
Dr. Holzkopf nickte. Dann wand er sich einem Blatt Papier zu und schien Carisa für eine Weile zu vergessen.
"Doktor? Was ist denn jetzt mit meiner Behandlung?" fragte diese nach einigen Minuten, in denen sie das Zimmer in dem sie saß genauer angeschaut hatte. Auf einer Seite stand ein Schrank, der Bücher enthielt. Viele von ihnen schienen in der anderen Sprache geschrieben worden zu sein. Sie hatten Titel wie "Pychoanalystiker und ihr Vorgehen" oder "Manicomius conducirum
[6]". An der anderen Wand hingen Bilder verschiedener Männer und Frauen, darunter standen die entsprechenden Namen, wie "Freund, Sieglinde" oder "Jung, G.C.". Daneber hingen verschiedene Zeichnungen über den Körperbau von Menschen, Zwergen und Vampiren.
"Ach sie sind ja noch da", schreckte Dr. Holzkopf auf.
"Ja bin ich, ich möchte gern wissen, wie sie mich behandeln wollen."
"Em nun ja, ich werde mir Gedanken machen. Vielleicht hilft die Hypnotose. Das können wir morgen einmal ausprobieren. Jetzt können sie gehen wohin sie wollen, lernen sie ein paar ihrer Mitbewohner kennen. Aber tun sie mir den Gefallen, erwähnen sie nicht Fräulein Sorgummich und beim Heulenden Heinrich erzählen sie keine traurigen Geschichten."
"Warum soll ich die Pflegerin nicht erwähnen?" wunderte Carisa sich.
"Weil sie, wie ich schon sagte sehr beliebt war. Sie kannten sie ja nicht, also bitte reden sie nicht über sie. Die armen Kreaturen da unten
[7] sind so schon verstört genug und reden genug darüber, da sollten sie lieber keine Fragen stellen oder Aussagen machen, die zu sehr an das Geschehene erinnern."
"Stellt denn die Wache keine Fragen?" erkundigte sich Carisa.
"Doch doch, aber das ist schon schlimm genug. Diese Wächter sind einfach nicht einfühlsam genug." Der Direktor winkte kurz ab und fuhr dann fort zu lesen. Er schien Carisa wieder völlig vergessen zu haben. Die Gargoyle ging leise aus dem Raum.
In der Vorratskammer des Sanatoriums
In der Kammer war es stockduster. Nicht einmal eine Katze würde hier drin etwas erkennen können. Wäre Licht gewesen, hätte ein Beobachter zwei Männer in Anstaltsklamotten zwischen 2 Töpfen Einlauf sehen können.
"Die Wache schnüffelt die ganze Zeit hier rum", meinte der erste.
"Du meintest doch, dass niemand in dem Komposthaufen graben würde."
"Ja, ja ich weiß, aber was machen wir jetzt? Das Gebräu ist fast fertig, es fehlt nur noch Schwellstärke und wir können eine neue Testreihe starten."
Wenn man nun noch genauer hätte hinsehen können, hätte man gesehen, dass beiden Männern die Augenbrauen fehlten.
"Wo kriegen wir denn die Schwellstärke her?" fragte die andere Gestalt.
"In dem Mittel gegen Überfresssucht ist sie drin, wir brauchen sie nur da raus zu filtern. Lass uns ins Labor gehen."
Die zwei Männer verließen die Vorratskammer, schlichen über einen Flur zu einer Treppe, die in den Keller führte.
Aufenthaltsraum des Sanatoriums
"Hallo, du bist die Neue, oder?" wurde Carisa von einer Gestalt angesprochen, die einen riesigen Buckel auf dem Rücken hatte.
"Äh ja, und wer bist du?" gab die Wasserspeierin zurück.
"Ich bin Quasimodro, war früher für den Alten Tom zuständig. Aber dann wurde ich hierher gebracht, weil man fürchtete dass eine Gefahr von mir ausgeht. Dabei habe ich nur diesen Buckel", war die Antwort des Mannes.
"Du meinst die Glocke, die immer Stille verbreitet?"
"Ja genau die, ich spreche von der Zeit, in der diese Glocke noch richtig schlug", erzählte Quasimodro. "Aber um es noch mal zu verdeutlichen, ich bin nicht so verrückt wie die anderen hier, willst du ein paar von ihnen kennen lernen? Ich kenne fast alle, ich bin schon so lange hier."
"Ja warum nicht, gern", antwortete Carisa und hoffte dabei wenigstens etwas Brauchbares herauszubekommen.
"Gut, fangen wir an. Also der kleine Kerl da drüben am Fenster ist Bolum, er spricht immer nur von einem Armband, was er einmal besessen hat und wiederhaben will. Brauchst nicht zu versuchen mit ihm zu reden, er erzählt dir nur immer wieder davon und zwischendurch verfällt er in ein Gebrabbel aus dem man nur noch "Bolum" heraushört. Ach schau, da an dem Tischbein, das ist der Katzenmann. Er hält sich für eine Katze. Schnurrt und miaut den ganzen Tag. Manchmal hat er aber einen klaren Moment und erzählt sehr interessante Geschichten, da solltest du dann mal zuhören. Er war mal Abenteurer. Muss irgendwann mal mit einem Löwen oder so zusammengestoßen sein. Ich glaube, der Löwe ist mal irgendwann in Klatsch aufgetaucht und wollte was zu essen kaufen. Der da drüben in Frauenkleidern ist Nathanael, er hat einige Persönlichkeiten, die immer mal durchwechseln, derzeit scheint er die Frau zu sein. Sie setzt sich häufiger mal durch."
Nach und nach stellte Quasimodro der Wasserspeierin alle Insassen, die sich im Raum aufhielten vor. Doch Carisa interessierte sich derzeit für etwas ganz anderes, was ihr gerade aufgefallen war.
"Sag mal, gibt es hier eigentlich keine Pfleger, bisher habe ich nur den Pförtner und den Direktor kennen gelernt", sagte sie.
"Pfleger? Nun, es gibt hier Pfleger, aber die wirst du wohl nicht von den Verrückten unterscheiden können. Die einzige die normal war, war Hermeline, aber die ist ja nun tot. Ich wünschte, ich könnte der Wache helfen ihren Mörder zu finden."
"Der Direktor hat mir gesagt, dass ich von ihr nicht sprechen soll, weil es alle so traurig gemacht hat."
"Das ist typisch für ihn. Wahrscheinlich sollst du denken, dass er so ein einfühlsamer Mensch ist, dass er nur an seine Insassen denkt. Nein, so ist das nicht, wir sind zwar alle sehr traurig, aber jeder der einigermaßen reden kann, redet darüber. Bei dem Direktor muss man aufpassen, was er sagt. Er ist im Grunde nur auf seinen eigenen Vorteil aus und kein bisschen einfühlsam. Aber er kann gut Menschen und auch andere Kreaturen manipulieren. Hier sind viele, die ihm aufs Wort gehorchen würden, wenn er ihnen sagte, dass sie in den Ankh springen sollen."
In diesem Moment öffnete sich die Tür und der Direktor kam herein. Carisa und Quasimodro drehten sich um.
"Liebe Insassen, die Stadtwache ist einmal mehr hier, um euch zu befragen. Denkt daran, ihr müsst nicht antworten, wenn ihr nicht wollt. Die von der Wache wollen euch nur ausfragen, später machen sie sich lustig über euch, traut ihnen nicht. Hier kann niemand etwas für den Mord an Fräulein Sorgummich." Nachdem er dies gesagt hatte, drehte sich der Direktor um und verließ den Raum wieder.
Carisa sah sich um. Sehr viele der ungefähr 30 Insassen nickten. Nur Quasimodro machte ein grimmiges Gesicht. In diesem Moment betraten Vinni und Humph den Raum.
"Hallo, wir sind von der Stadtwache und haben noch ein paar Fragen an sie. Sind alle anwesend?" fragte Vinni in die Runde.
"Es fehlen noch Herr Isotop und Herr Fluor. Ich werde sie suchen gehen und herholen", sagte Quasimodro. Humph nickte und der Bucklige verließ den Raum.
"So weit ich sehe haben wir die meisten von ihnen schon befragt. Oh, eine Wasserspeierin. Sie habe ich noch nicht hier gesehen", wandte sich Humph an Carisa, "würden sie mir bitte in den Nebenraum folgen?"
"Natürlich, S..., ähm, sicher", stammelte Carisa.
Vinni blieb im Raum zurück und begann sich mit Bolum zu unterhalten. Später würde er alles über die Geschichte des verlorenen Armbands der Macht erzählen können, aber das wusste er ja jetzt noch nicht.
"Also Carisa, hier können wir ungestört reden. Hast du schon etwas herausgefunden?" fragte Humph, als er die Tür geschlossen hatte.
"Nun, ich habe mit dem Direktor länger gesprochen. Es scheint, dass die Pflegerin sehr beliebt war. Dann hat er noch was erzählt, dass Medikamente verschwinden, die als Drogen verkauft werden könnten. Da habe ich überlegt, dass das vielleicht etwas mit der Pflegerin zu tun haben könnte. Sie könnte versucht haben die Medikamente zu verkaufen und ist einem Drogenverkäufer in die Quere gekommen."
"Das wäre ein Ansatzpunkt. Ich werde mal Thymian beauftragen sich umzuhören. Hast du irgendwas aus den Irren rausbekommen?"
"Nein, Sir noch nicht. Ich hatte noch nicht genug Zeit etwas herauszubekommen", antwortete Carisa. "Ach eins noch. Mir sind so zwei Typen aufgefallen, die miteinander tuschelten und als ich kam so taten, als hätten sie sich nicht miteinander geredet. Die kamen mir etwas seltsam vor. Das sind wohl die beiden, die Quasimodro holen wollte, weil die Männer, die ich gesehen habe, waren eben nicht im Aufenthaltsraum."
"Verstehe. Gut, ich denke, wir werden heute noch ein paar von denen drüben vernehmen. Um den Direktor kümmere ich mich dann auch noch. Du solltest diese beiden Männer mal beobachten. Wir werden morgen Nachmittag wieder vorbeikommen."
"Aber Anthony wie soll ich nur so lange ohne dich aushalten?" fragte Carisas Mutter in die Unterhaltung. Carisa hatte sie nicht mehr zurückhalten können. Die Worte waren ausgesprochen und nun antwortete Humph mit Anthonys Stimme.
"Du brauchst es nicht ohne mich auszuhalten, ich komme zu dir."
Für einen Moment hatte Carisa das Gefühl ihr Kopf würde platzen. Sie fiel vom Stuhl und knallte auf dem Boden. Als sie sich wieder berappelte, konnte sie spüren, dass sie nicht mehr mit ihrer Mutter allein war. Sie konnte auch spüren, was ihre Mutter mit dieser anderen Person machte.
"GENUG", schrie die Wasserspeierin, aber sie wurde einfach ignoriert.
"Carisa, Carisa, alles ok mit dir?" hörte sie aus der Nähe jemand fragen. Ihre Gedanken schienen immerhin unbeeinflusst, sie konnte antworten.
"Ja, ich glaube schon. Nur dass ihr Vater sich gerade in meinem Kopf breit gemacht hat", stöhnte sie. "Sir, sie wollen gar nicht wissen, was die da machen."
"Ich glaube damit könntest du Recht haben. Ich habe gemerkt, dass er weg ist. Nur ich kann ihn nicht zurückholen. Tut mir Leid", seufzte der Oberleutnant.
Die beiden Wächter sahen sich an.
"Tja, da kann man dann wohl nichts machen", sagte Carisa resigniert. Sie stand auf. "Ich werde dann mal wieder rüber gehen und versuchen zu ignorieren was da in meinem Kopf vor sich geht."
MeckDwarf nickte und schaute Carisa mitfühlend nach, als diese den Raum verließ.
Beim Frühstück am nächsten Morgen
"Ähm, Quasimodro, ist das eigentlich normal, dass der Katzenmann anderen Leuten an den Beinen langstreicht?" fragt Carisa, der eben dies gerade geschah. Normalerweise hatte sie ja nichts gegen Tiere, sofern sie wie Tiere aussahen.
"Wenn er das macht, zeigt er dir, dass er dich mag. Am besten tätschelst du ihm den Kopf und kraulst ihn unterm Kinn", bekam die Wasserspeierin zur Antwort.
"Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass der Katzenmann das mag, wenn er von einer Steinhand getätschelt wird", kam von der anderen Tischseite der zynische Kommentar von einem großen Mann ohne Augenbrauen.
"Man muss ja nicht gleich in einem solchen Ton reden, Herr Fluor", gab Quasimodro zurück und wand sich dann an Carisa.
"Beachte ihn nicht, er ist immer unfreundlich, genauso wie Herr Isotop. Die beiden hadern wohl noch immer damit, dass sie hier eingewiesen wurden, weil sie das Gildenhaus der Alchimisten in die Luft gesprengt haben. Und das zum dritten Mal. Da hat wohl auch die Gilde gemeint, dass sie verrückt sind. Die meiste Zeit sind sie sowieso im Keller. Sie scheinen dort an irgendetwas zu basteln. Wenn man sie fragt, erzählen sie etwas davon, dass sie einen Weg suchen viel Geld zu machen, um ihre Schulden bei der Gilde abzubezahlen. Aber eine Idee scheinen sie noch nicht zu haben", erklärte Quasimodro der Wasserspeierin.
"Jetzt wird es langsam interessant", dachte Carisa.
Davon kannst du ausgehen, sagte eine männliche Stimme in ihrem Kopf und wand sich zum wiederholten Male der weiblichen Persönlichkeit zu.
Carisa stöhnte. Sie hatte die halbe Nacht nicht schlafen können, ob der Dinge, die in ihrem Kopf getan und gesagt wurden.
"Geht es dir gut, Carisa?" fragte der Bucklige neben ihr.
"Ja, ja. Danke, ich denke ich werde mich noch ein wenig ausruhen. Lasst euch nicht bei euerem Frühstück stören. Sag mal, was hat die Frau dadrüben eigentlich für ein Ding?" fragte die Gargoyle. Gerade eben hatte sie gesehen, wie eine junge Frau mit langen Haaren versuchte eben diese mit einem Gegenstand zu kämmen, den Carisa nicht kannte.
"Ach das Agathe Knolle, die habe ich dir noch nicht gezeigt, sie war irgendwann mal Kohlkönigin in der Sto Ebene. Damals musste sie immer ihr Haar ordentlich glatt kämmen. Irgendwie gefiel ihr das so gut, dass sie das immer und überall machte. Sie tat gar nichts mehr anderes. Sie ist dann mal in ihrer Funktion als die Kohlkönigin nach Ankh-Morpork gekommen. Dort hat sie sich an den Ankh gesetzt und ihre Haare gekämmt. Innerhalb von 2 Stunden sind 5 Schiffe gekentert, weil alle Schiffer nach ihr geschaut haben. Deshalb hat der Patrizier sie verhaften und hierher bringen lassen. Wegen dem ständigen Kämmen hat sie sich die Kopfhaut schon ein paar Mal verletzt. Wir haben ihr deshalb einen
Kartoffelschäler gegeben. Damit kann sie sich nicht wehtun, da er stumpf ist und die Spitze weggeschleift wurde. Sie ist übrigens in Nathanael verliebt, aber der ist ja nur an der Frau in seinem Kopf interessiert. Genauso wie all die anderen Personen in ihm."
"Seltsame Leute gibt es hier", meinte Carisa dazu, "da bin ich ja noch richtig normal, ich habe immerhin nur eine, ach nein, zwei Personen im Kopf. Nun ja, ich werde mich dann jetzt mal ausruhen gehen."
"Mach das, achso, ich soll dir sagen, dass du heute Mittag eine Hypnotosebehandlung hast. Die wird im Büro des Direktors von ihm gemacht. Sei nicht zu spät."
Carisa nickte und begab sich dann in Richtung Treppen. Dort ging sie aber nicht nach oben, sondern nach unten in den Keller. Sie wollte sich dieses Labor der beiden Alchimisten doch einmal genauer anschauen.
"Seltsam, ein Brief von der Gilde mit einem Auftrag für ein Mittel für Männer", murmelte Carisa. Sie hatte schon einiges gefunden, leere Medikamentenpackungen und Reagenzgläser. Das Interessanteste war aber ein weißes Pulver, das mit "Viagro 2" gekennzeichnet war. Daneben lag ein Zettel, wo verschiedene Namen drauf standen. Dazu noch das Datum von heute. Die Wasserspeierin verstand absolut nicht, was das zu bedeuten hatte.
Als sie gerade zwischen einigen Reagenzgläser herumsuchte, hörte sie von der Treppe her Stimmen. Mit einem gewagten Satz, in diesem Fall unter einen Tisch, der eine Wasserspeierin gerade so verbergen konnte, rettete Carisa sich gerade so vor dem Entdeckt werden.
Herr Fluor und Herr Isotop betraten den Raum.
"Mal schauen, wie sich die Sache läuft. Ich habe jetzt dem Katzenmann vor einer Stunde das Mittel gegeben und seit etwa einer halben Stunde streicht er nur noch um Agathe rum", sagte Herr Isotop.
"Nathanael hat schon gleich angefangen die Frau in seinem Kopf zu verführen", führte Herr Fluor aus.
"Wie hat er das denn angestellt?"
"Nuun, ich weiß es nicht genau, aber den Lauten nach zu folgen, die er von sich gegeben hat, ist unser Medikament ein Erfolg."
"Da gebe ich dir Recht. Mal sehen, ob der Direktor auf die Köchin reagiert. Wenn das funktioniert, dann können wir der Gilde bescheid geben, dass wir die richtige Zusammensetzung gefunden haben."
Bei Carisa schrillten in diesem Moment alle Alarmglocken. Jetzt hatte sie verstanden, es ging um heimliche Tests, ob ein Mittel funktionierte. Scheinbar war die Sache sogar von der Gilde direkt in Auftrag gegeben worden.
"Sag mal, die Wache, haben die dich schon wegen dem Mädchen befragt?" meinte Herr Fluor zu Isotop.
"Nein, noch nicht. Aber sie werden sicher noch. Wir sollten uns etwas einfallen lassen. Ich schlage vor, dass du mir ein Alibi gibst und ich dir. Dann kann uns nichts mehr passieren."
So, die zwei haben also etwas zu verbergen. Na dann wird ich Humph mal auf sie ansetzen. Schade, dass ich hier keinen Aufzeichnungsdämonen habe. Aber vielleicht bekommen die anderen ja noch etwas mit.
Schau mal hinter dich, sagte in diesem Moment ihre Mutter, die soeben von Anthony abgelassen hatte und nun wohl wieder ihre Tochter nerven wollte.
"Mama, lass mich doch bitte in Ruhe denken", dachte Carisa zurück und wollte sich wieder auf das Gespräch von den beiden Alchimisten konzentrieren.
Schau nach, sage ich dir, und deine Probleme sind gelöst.
Carisa drehte den Kopf und traute ihren Augen nicht. Dort lag in eine alte Ausgabe der "Times" eingewickelt ein blutiges Etwas. Vorsichtig, ohne einen Laut zu machen, zog Carisa das Ding zu sich.
"Wir sollten wieder hoch gehen, um zu sehen was mit dem Direktor und der Köchin ist", schlug gerade Herr Isotope vor.
Carisa atmete erleichtert auf. Wenn die beiden aus dem Raum waren, konnte sie auch von hier verschwinden und das blutige Etwas mitnehmen.
"Eine gute Idee", antwortete Fluor und begab sich zur Tür.
Als alles wieder ruhig war, krabbelte Carisa aus ihrem Versteck. In der steinernen Hand hielt sie ein Messer, an dem noch Blut war. Die Zeitung war über und über mit Blut befleckt.
"Danke Mama, du hast uns sehr geholfen."
Ja, ja ist gut, jetzt beeil dich, du hast gleich diese Hypnotosebehandlung. Wir sind da ja so gespannt drauf Anthony und ich.
"Was habt ihr vor?" wollte Carisa wissen.
Lass dich überraschen.
Ungläubig schauend verließ Carisa den Keller und brachte das Beweisstück zu ihrem Rucksack.
"So Carisa, entspannen sie sich. Schließen sie die Augen und hören sie auf meine Stimme. Sie werden jetzt müde werden. Sind sie müde?"
"Ja ich bin sehr müde. Sagen sie, sie können doch jetzt nicht einfach in meinem Gehirn herumkramen, oder?" machte diese sich langsam Sorgen. Wenn das der Fall wäre, könnte sie alles über ihre wahre Identität herausplaudern.
"Ja, das wird möglich sein, aber sie werden nur auf meine Fragen antworten, mehr kann ich nicht herausbekommen", versuchte Dr. Holzkopf sie zu beruhigen.
"Na sie haben leicht reden. Ich weiß ja jetzt nicht, was sie mich fragen werden", seufzte Carisa.
"Entspannen sie sich, das wird schon", meinte Holzkopf.
Ich mach mir Sorgen, was ist, wenn er alles rausbekommt? dachte Carisa.
Das lass mal unsere Sorge sein, verkündete Anthony, ausnahmsweise sehr freundlich. Heute Nacht hatte er Carisa einige Male sehr beschimpft, da sie darum gebeten hatte, dass die beiden in ihrem Kopf doch mit ihren Liebesspielen aufhören sollten.
"Eure Sorge? Na da bin ich ja mal gespannt."
Kind hör auf ihn, glaub mir, nachher wirst du dich viel besser fühlen, schaltete sich ihre Mutter ein. Leise sagte sie noch hinzu: Und wir auch. Aber das hörte Carisa nicht mehr. Sie war unter den hynotosischen Worten Holzkopfs weggeschlummert.
"Wie viele Personen wohnen in ihrem Kopf", wurde die Wächterin gefragt.
"Zwei", gab sie mit verschlafener Stimme zurück.
"Und wer sind diese Personen", fragte Holzkopf weiter.
"Das geht sie gar nichts an, hören sie auf meine Tochter zu quälen", fauchte Carisas Mutter.
"Ah, die Mutter also. Gut", sagte Holzkopf, wurde aber von einem Klopfen an der Tür unterbrochen. Dann öffnete sich eben diese und Nathanael, der Verrückte mit der Frau im Kopf, trat ein.
"Direktor, sie hatten mich gerufen?" fragte er mit weiblicher Stimme.
"Nein, nicht das ich wüsste", gab dieser genervt zurück. "Siehst du denn nicht, dass ich in einer wichtigen Behandlung bin?"
"Er ist notwendig für diese Behandlung, gehen sie aus dem Weg, Direktor", sprach Carisa mit Anthonys Stimme.
"Was soll das?" empörte sich Holzkopf.
"Wir wollen in seinen Kopf, also machen sie Platz", sagte Anthony mit so befehlendem Ton, dass der Direktor nur zur Seite treten konnte. Außerdem war Carisa aufgestanden und ging energisch auf Nathanael zu, der sich nicht von der Stelle rührte.
Die hynotosierte Carisa wurde langsam wieder wach. Sie merkte, wie sich eine der Personen aus ihrem Kopf entfernte. Gleichzeitig sah sie, wie Nathanael den Mund verzog.
So Tochter, wir werden in seinen Kopf rübergehen. Ihn stören wir nicht und wir werden auch von ihm oder anderen nicht gestört. Wenn du mal Sehnsucht nach mir hast, weißt du ja wo du mich findest.
Nach diesen Worten verließ auch Carisas Mutter deren Kopf.
Am späten Nachmittag kamen Vinni und Thymian zu "weiteren Ermittlungen" ins Sanatorium. Wie schon beim letzten Mal versuchten die beiden Wächter zunächst die Insassen zu befragen. Und genauso wie beim ersten Versuch von Romulus am Tag der ersten Tatortbegehung bekamen sie keine interessanten Informationen, so schien es zumindest zuerst.
Thymian hatte gerade das Vergnügen mit dem Heulenden Heinrich, als eine sichtbar erleichterte Carisa den Raum betrat. Die Gargoyle nickte dem Anwerber unmerklich zu.
"Ja und dann, dann...heul...schluchz...dann, dann hat er sie geküsst", meldete sich Heinrich heulend und ohne irgendeinen Zusammenhang zu Wort.
"Wer hat wen geküsst?" fragte Thymian verwirrt.
"Der Direktor die Köchin, die hübsche, nette Frau Spaghett...schnief. Wo ich sie doch so gern hab...heeeeul."
"Na, na, beruhige dich doch", versuchte Thymian möglichst einfühlsam zu beschwichtigen.
"Da...da...dabei kann der Direktor sie doch gar nicht ausstehen...schluchz", kam es von Heinrich, "später hat er sie wieder angeschrieen...schnäuz...das ist wie eine tooodtraurige, fürchterlich...heul...
Todessymphonie, wenn dieses wundervolle Wesen angeschrieen wird", noch einmal schnäuzte sich der weinende Mann vor Thymian. Der Wächter kam sich sehr hilflos vor. Heinrich wimmerte nun nur noch und Thymian legte ihm hilflos die Hand auf die Schulter.
Carisa hatte dies mit angeschaut und bewunderte Thymian, wie er versuchte den eigentlich doch immer nur weinenden Mann zu beruhigen. Scheinbar schien er dies auch zu schaffen. Der Heulende Heinrich hörte langsam auf zu weinen und schaute Thymian dann dankbar an.
"Entschuldigen sie, wir hätten da noch ein paar Fragen an sie", sagte Vinni plötzlich hinter Carisa und diese zuckte ein wenig zusammen, da sie so vertieft in den Anblick Thymians und des Heulenden Heinrichs vertieft war.
"Was, oh, natürlich Herr Wächter, was gibt es?" fragte sie zurück.
"Ich denke, dazu sollten wir in den Nebenraum gehen. Kommen sie doch bitte mit", bekam die Gargoyle zur Antwort. Langsam folgte sie Vinni.
Im Nebenraum setzte sich Vinni auf einen Stuhl und meinte:
"Nun Carisa, gibt es etwas Neues? Wir haben nämlich immer noch nichts raus. Thymian weiß nichts Interessantes von seinen Informanten zu berichten."
"Ja, Sir, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Also erst mal habe ich hier einen persönlichen Brief an den Schäff", mit diesen Worten reichte sie Vinni ein gefaltetes Papier, das dieser einsteckte, "tja und dann habe ich noch dies hier", sie legte das Messer auf den Tisch.
"Was ist denn das? Da ist ja Blut dran", fragte Vinni erstaunt.
Die Wasserspeierin berichtete, was sie alles mitgehört hatte, unten im Keller. Sie schloss mit dem, was Thymian eben vom Heulenden Heinrich erfahren hatte.
"Sie sehen also, Sir, hier haben wir es sowohl mit einer Gildenangelegenheit als auch mit Mord zu tun. Ich denke, wenn ich das so sagen darf, wir sollten Robs von DOG auf die Alchimistengilde ansetzen und jemand von ihnen sollte Herrn Isotop und Herrn Fluor genauer vernehmen. Die Blutspuren an dem Messer sind bestimmt von Fräulein Sorgummich."
"Da gebe ich dir recht, Gefreite. So wie es aussieht kannst du dann wohl schnell hier raus."
Dazu nickte Carisa nur. Sie wollte zumindest noch Humph Nathanael zeigen, damit er wusste wo sein Vater war. Spätestens heute Abend würde er die Nachricht ja bekommen und sich melden.
"Ich denke, ich werde noch eine Nacht bleiben, zumal ich noch etwas mit dem Direktor zu besprechen habe", sagte die Wasserspeierin, salutierte und verließ dann den Raum.
Noch an diesem Abend wurden die beiden mutmaßlichen Mörder von Hermeline Sorgummich direkt vom Verhör aus in Haft genommen, da sie sich in ihren Aussagen so sehr widersprachen, dass schließlich ihre einzige Möglichkeit war, zu gestehen.
Carisa wurde von Dr. Holzkopf bestätigt, dass sie geheilt sei, da sich nun ja keine anderen Personen mit ihr in ihrem Kopf mehr befanden. Im gleichen Gespräch klärte sie noch auf, dass sie als Verdeckte Ermittlerin im Sanatorium gearbeitete hatte und sie teilte ihm mit, dass die Mörder gefunden worden waren. Man konnte dem Direktor ansehen, dass es ihm sehr gut tat, zu wissen, dass der Mord nun aufgeklärt war. Er rief nach dem Gespräch mit Carisa alle Insassen des Sanatoriums zusammen und versuchte ihnen begreiflich zu machen, wer für den Mord an Hermine Sorgummich verantwortlich gewesen war. Die wenigsten der Irren verstanden zwar, wovon er redete, aber allen schien es später besser zu gehen.
Am nächsten Morgen stellte die Gargoyle Nathanael ihrem Schäff vor.
"Ah, zu dir hat sich also mein Vater verkrümelt?" fragte er.
"Ja, hierher habe ich mich abgesetzt mein Sohn, jetzt muss ich dich nicht mehr ertragen", gab Nathanael zurück.
Humph zuckte mit der Schulter. Wenigstens war er Anthony jetzt los.
"So Gefreite, hast du deine Sachen gepackt? Dann können wir nämlich zurück ins Wachhaus. Wir haben schon wieder einen neuen Fall, um den du dich morgen gleich kümmern musst."
Die Gargoyle nickte und freute sich darauf, wenigstens den Nachmittag frei zu haben und mit Kanndra gemütlich im Eimer zu sitzen.
Als Carisa das Sanatorium über das Dach verließ, begann der Smaragd in ihrer Brust zu glühen. Dies hatte er seitdem ihre Mutter den Kopf der Gargoyle verlassen hatte schon mehrere Male getan. Carisa konnte nicht verstehen, was die Ursache war und das beängstigte sie, aber die Möglichkeit den Smaragd herauszumeißeln, war einfach unvorstellbar.
[1] Diese Zeiteinheit entspricht etwa einer halben Stunde. Wasserspeier haben ein etwas anderes Zeitempfinden als Menschen, da sie normalerweise nur ruhig auf Dächern, also in großen Höhen, sitzen und insofern die Zeit für sie langsamer läuft als für Menschen. Es ist ihnen aber durchaus möglich die zwei Zeiteinheiten auseinander zu halten, nur manchmal kommt es zu Verwechslungen
[2] siehe Coop Nr. 43 Hirngespinste oder Die Klunker-Affäre
[3] Zum Beispiel schönen Fußschmuck, wie Fußkettchen
[4] Was sehr interessant aussah, da er das mit den Füßen machte
[5] siehe Multi 50, "Der Spuren Ende"
[6] Leiten einer Irrenanstalt
[7] Wir befinden uns im 2. Stock des Hauses, der Aufenthaltsraum befindet sich im Erdgeschoss
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