Wer ermittelt schon gerne wegen einem toten Magier? Bald zeigt sich, dass Rauchen auf Dauer wirklich ungesund ist.
Dafür vergebene Note: 12
"Also Havelock! Ich darf doch Havelock sagen, oder?"
Vetinari hatte beide Hände auf den Tisch gelegt, und saß aufrecht in seinem Stuhl wie ein braver Schuljunge. Er wurde von der fetten Frau umkreist, wie ein Planet mit einem zu groß geratenen, und noch dazu sehr unförmigen Mond.
Bewundernd verfolgte er jede Bewegung der etwa 180 Kilo schweren Frau, deren weiße Haare in fettigen Strähnen über das Gesicht fielen.
"Natürlich!", kam die einsilbige Antwort des Patriziers auf die rhetorische Frage.
"Du kannst mich Lady Camilla nennen, Havelock", sie stand nun hinter ihm, und tippte an ihrer Zigarette, damit die Asche auf ihn hinunterfiel. "Freust Du Dich, dass ich Dich als meinen persönlichen Diener erkoren habe?"
"Ja, Lady Camilla. Es wird mir eine große Ehre sein!".....
Aber halt! Dem geneigten Leser wird nicht entgangen sein, dass Havelock Vetinari, Patrizier von Ankh-Morpork üblicherweise nicht so devot gegenüber anderen Existenzen ist. Sollte er endlich sein bislang fehlendes Laster in Camilla gefunden haben? Gehen wir ein paar Tage zurück in der Zeit, und schauen wir was sich im Haus der Turales zugetragen hat.....
Angewidert sah Dario seiner Frau Antalie beim Putzen zu. Er suchte etwas von den Gefühlen die er einstmals für sie zu empfinden glaubte - damals vor 20 Jahren. Aber genau wie seine Frau, hatten sich diese stark gewandelt. Natürlich hatte er auch einen kleinen Bierbauch bekommen. Um ehrlich zu sein - dieser Bauch hinderte ihn daran im Stehen auf seine Zehen zu blicken, aber bei Männern war das ja wohl etwas anderes.
Tali, wie er sie seit einer Ewigkeit nannte, trotze ihrer Leibesfülle, und sauste mit dem Staubwedel im ganzen Haus herum, und summte dabei leise. Sie trug ein Kleid, das weit geschnitten war, allerdings relativ dünne Träger hatte. "Du solltest Dir was Ordentliches anziehen, bevor Du zu Deiner
Hausfrauenselbsthilfegruppe gehst! Was tust Du wenn diese Bindfaden reißen, die den Zeltstoff an Dir oben halten?"
Er liebte es sie zu beleidigen; einerseits hasste sie es, wenn er ihren "Club" als Selbsthilfegruppe bezeichnete, und andererseits.. nun sie war eben wesentlich schlanker gewesen, als er sie kennen gelernt hatte.
"Du kannst mich nicht kränken", flötete sie vom oberen Geschoss herunter, "Außerdem sind das keine Bindfaden sondern Träger. Ich hab auch ein Kleid, das nur aus Bindfaden besteht, ich denke aber, das wäre unpassend heute!"
Zwei Dinge machten das Leben von Dario lebenswert: Die Erbschaft, die sein Gehalt als Vorarbeiter eigentlich nebensächlich machte und die Tatsache, dass es die Näherinnen-Gilde gab. Da schwebte sie auch schon wieder die Treppen herunter: Grazil wie ein Nilpferd, die Wangen glänzend wie eine Würstchenwerbung von Schnapper. Er konnte das verächtliche Grunzen nicht unterdrücken, sagte aber nichts weiter.
"Bis später!", sie winkte ihm zum Abschied, und beide waren froh voneinander getrennt zu sein. Er wartete noch einige Minuten für den Fall, dass sie etwas vergessen hatte, dann holte er Geld aus seinem Geheimversteck und machte sich auf den Weg zur Boucherie.
Der Club der "Beherzten Frauen" traf sich wöchentlich im zugegebener Weise etwas verkommenen Salon des alten Hauses von Camilla Vollsbrök. Wenn Tali hierher kam, fühlte sie sich, als würden 50 Kilo von ihr abfallen, denn unter den anwesenden Frauen kam sie weit unter dem Gewichtsdurchschnitt weg. Inga, eine junge Frau, die ihr gewichtsmäßig am nächsten kam winkte ihr schon von weitem.
"Schick! Ist das Seide? Ich liebe
Spagettiträger!"
Nirgendwo konnte sie so gelöst und selbstbewusst sein wie in diesen vier Wänden. Freilich wich alles Selbstbewusste von ihr, wenn sie wieder auf die Strasse trat, umgeben von den magersüchtigen Durchschnittsfrauen, die ihr so verhasst waren, und den Blicken von Männern vorsichtshalber auswich.
"Liebe Freundinnen!" Camilla war auf die kleine, brüchige Bühne geklettert vor der Tische und Stühle aufgebaut waren. Offenbar hatte sie wieder ihre Schmuddel-Phase, denn sie trug eine fleckige, eng anliegende Hose, und einen Pullover aus dem gleichen, khakifarbenen Material. Beides zeichnete unvorteilhaft ihre Proportionen nach, bzw. jeden einzelnen der fünf Bauchringe die ihre Leibesmitte zierten. Die fettig herabhängenden Haare und der sehr ausgeprägte Damenbart rundeten das Bild im wahrsten Sinne des Wortes ab. Dennoch gab sie sich immer stolz, nicht von sozialen Zwängen belastet zu sein.
"Ich habe heute eine besondere Überraschung für Euch! Eine Sensation die unser aller Leben langfristig ändern wird! Meine Damen, darf ich vorstellen: Zardo, der Magier!"
Ein Mann trat hinter einem Vorhang hervor, der rein äußerlich leicht der Bruder der Club-Leiterin hätte sein können, denn vom Körperbau und von den sonstigen Hygienemaßnahmen, die offenbar in breitem Rahmen ignoriert wurden, sah er aus wie die Zaubererversion von Camilla. Er verbeugte sich überschwänglich und hob die Hände. Nervöse Unruhe machte sich im Auditorium breit. Was hatte ein Mann hier verloren?
"Werte Damen! Die Psyche eines Mannes ist stark mit seiner Libido verknüpft", begann der Magier mir großartigen Gesten zu schildern.
"Das erklärt einiges!" - "Wo nichts ist, kann man nichts verknüpfen!" - "Meinen Alten kann man nicht mal entmannen, den kann man maximal
entgnomen .Was heißt das für seine Psyche?" - "Wie sieht es denn mit Deiner Libido aus, Magier?"
Diese und weitere Zwischenrufe, sowie hysterisches Gelächter unterbrachen den Vortrag von Zardo bevor er noch richtig begonnen hatte. Als Camilla sich plötzlich von ihrem Stuhl erhob, zornig in den Saal blickte, und gefährlich schnaubend leise zu reden begann. "Wer nicht augenblicklich still ist, wird des Raumes und der Organisation verwiesen. Was seid Ihr? Ein Haufen schnatternder Gänse? Ich hätte keinen Mann hierher eingeladen, wenn es nicht wichtig wäre."
Schlagartig sank der Geräuschpegel auf null und einige der Frauen schluckten schwer, weil sie noch einen guten Gag auf Lager gehabt hätten, den sie nun für sich behalten mussten.
Ungerührt von den Unterbrechungen, hob Zardo eine Zigarette in die Höhe. "Was ihr hier seht, ist keine normale mit Tabak gefüllte Papierrolle, sondern eine Zardorette. Wenn ihr sie raucht, wird sich Euer Leben schlagartig ändern. Ich schlage eine Demonstration vor. Gibt es eine Freiwillige?". Zum ersten Mal in ihrem Leben spürte Antalie, dass es wirklich wichtig war, dass sie an einer Wegscheide in ihrem Leben stand, wo sich entscheiden würde ob es wie bisher oder anders verlaufen würde. Sie wusste, dass jede Änderung eine Besserung darstellen musste, nahm ihren ganzen Mut zusammen, und hob mit klopfendem Herzen die Hand.
"Wie lange werdet ihr brauchen, um die Todesursache herauszufinden?"
Cim stand neben Larius, der den Tatort, eine der stillen namenlosen Sackgassen in den Schatten, gesichert hatte und sich gerade Notizen machte. Er war froh, dass er um diese Uhrzeit (immerhin war es vier Uhr morgens) noch einen Tatortsicherer aufgetrieben hatte, und verstaute seine Brieftaube wieder in ihrem Röhrenkäfig, den er beinahe immer im Umhang trug. Die Leiche lag mit dem Kopf gegen die Wand gedrückt, das Gesicht zeigte einen überraschten Ausdruck, so als wäre der Tod sehr plötzlich und unerwartet gekommen.
"Woher soll ich das wissen?", fragte der Korporal genervt. "Ich bin bei SUSI und nicht im lokalen Wahrsagerverein. Warum bist Du eigentlich alleine unterwegs? Euch findet man doch sonst auch nur im Duett."
"Damien hat sich krank gemeldet, und die Rekruten haben heute eine Nachtübung. Rina hat mich beinahe rausgeworfen, als ich gefragt habe, ob sie nicht einen abziehen könnte"
Er klappte den Block mit einer dramatischen Geste zu, und steckte ihn in die Brusttasche seiner Uniform.
"Verstehe ich. Die Ausbildung ist wichtiger, als mit Dir spazieren zu gehen. Wenn wir was wissen, melden wir uns bei Dir!"
Die Leiche wurde auf einen Eselskarren geladen und zum SUSI-Labor gebracht. Bald darauf war Cim alleine, mit einer Kreidezeichnung, die den feisten Körper des Ermordeten abbildete und er machte sich selbst Notizen.
-fülliger Mann um die 50, wie ein Magier gekleidet
-überraschter Gesichtsausdruck.
-Fundort = Tatort?
-Todesursache? Genick? keine sichtbaren Verletzungen.
Das und eine Ikonographie, der seltsam verrenkt daliegenden Leiche. Mehr hatte er derzeit noch nicht. Langsam macht er sich wieder auf den Weg um seine Streifenroute abzugehen. Die Universität konnte vorerst warten. Er hatte keine Lust den Dekan oder den Erzkanzler zu wecken.
Mit einem selbstgefälligen Grinsen lag der Mann im Bett und starrte zufrieden ins Nichts. Die Frau neben ihm fuhr mit dem Zeigefinger über seine verschwitzte Schulter, und leckte die
salzige Flüssigkeit ab.
Er war etwa 25, muskulös und sah aus wie sich jede Mutter ihren Schwiegersohn vorgestellt hätte. Alleine die knapp 40-jährige Frau neben ihm passte nicht so ganz ins Bild.
"Das war so richtig....", sie schmiegte sich auf seine Brust, "entspannend!"
Der Mann verschluckte sich am eigenen Speichel und richtete sich ruckartig und hustend auf.
Als er wieder Luft bekam, sah er der Blonden stirnrunzelnd in die Augen. Ihr Kopf lag nun auf seinem Schoß und sie kitzelte ihn verspielt mit ihren Locken.
"Was meinst du mit
entspannend? War es nicht gut?" Verunsicherung lag in seiner Stimme, keine Spur mehr von Selbstzufriedenheit.
"Doch, doch", beschwichtigte sie, "aber ich kann derzeit nicht so ganz aus mir herausgehen. Du weißt ja...."
"Fängst Du jetzt schon wieder damit an?", unsicher suchte er seine neben dem Bett liegende Kleidung zusammen.
"Nein, nein." Sie streichelte seinen muskulösen Bauch, und lächelte zu ihm hoch. "Vergiss es einfach. Es war doch sehr schön! Ich hätte das nicht sagen sollen."
"Was soll das?", langsam aber sicher, wurde er sauer. "Natürlich sollst Du was sagen, wenn Du nicht in Stimmung bist. Ich bin Dein Geliebter, nicht Dein Mann. DIES hier soll Dir gefallen, nicht irgendeine seltsame Pflicht erfüllen."
Sie setzte sich auf, und zündete sich eine Zigarette an. "Es war toll, Schatz! Wie immer. Unvergleichlich!"
Er lief nervös hin und her. Die Tatsache, dass er nackt war, störte den Eindruck der Ernsthaftigkeit, den er sonst ausstrahlte leider ein wenig.
"Du hast einen anderen!", beschuldigte er sie. Immerhin war das die einzige, vernünftige Lösung, die ihm einfiel.
"Hör doch auf, Geran! Es gibt keinen anderen außer Dir! Genau genommen bist Du der andere. Du weißt was mein Problem ist, und Du hast gesagt, dass Du mir nicht helfen kannst. Punkt. Da kann man nichts machen. Es fällt mir halt nicht ganz leicht den Club zu enttäuschen."
Er sah es regelrecht vor sich. Sie hatte ihn gebeten, er hatte sich geweigert. Sie suchte nach jemanden der ihr helfen konnte, und wahrscheinlich würde sie auch jemanden finden. Gefälligkeiten und Gegengefälligkeiten. Sie würde sich verkaufen, oder schlimmer noch, ihren Mann fragen und er war schuld.
"Ich tue es!", verkündete er, und in diesem Moment war ihm egal welche Konsequenzen dieser Schritt haben konnte.
"Aber Du hast doch gesagt, dass Du es nicht machen kannst! Ich wollte Dich jetzt nicht...."
Er unterbrach sie scharf. "Vergiss was ich einmal gesagt habe. Ich werde Dir das Zeug besorgen, koste es was es wolle. Ich möchte nicht.." Er wusste nicht wie er das sagen sollte. "Ich möchte Dich nicht im Regen stehen lassen. Morgen früh hast du das Zeug."
Sie stand auf, umarmte und küsste ihn leidenschaftlich. "Oh mein geliebter Geran, Du weißt gar nicht was das für mich bedeutet."
Mit einem sehnsüchtigen Blick verabschiedete sich der junge Mann, Atalie fiel zurück aufs Bett, das gefährlich quietschte. Zu schade, dass er all die Nettigkeiten nur tat, weil das Zeug wirkte. Sie hatte ihn schon oft auf der Strasse gesehen, aber nie gewagt ihn anzusprechen, Aussehen und Altersunterschied lagen zwischen ihnen; Nachteile, die nun wett gemacht waren. Als sie Camilla erzählt hatte, wo ihr Geliebter arbeitete, hatte sich ein Funkeln in die Augen der Club-Leiterin gestohlen, wenig später war das mit Zardo passiert, und Tali hatte den Auftrag erhalten. Ihre Gedanken kehrten kurz zu Geran zurück. Sie wagte gar nicht daran denken, wie es sein könnte, wenn sie ein paar Kilo weniger hätte und er sie aus eigenem Antrieb lieben würde, aber man konnte nun mal nicht alles haben. Abwesend rubbelte sie die abgestorbene Haut aus ihren Bauchfalten und dachte an Camillas Plan, der – so wahnsinnig er klang - nun wirklich Chance auf Realisierung hatte.
Eine Befragung in der Unsichtbaren Universität ergab wenig später, dass der Tote ein wenig beliebter Kollege mit dem Namen Zardo war. Keiner wusste, womit er sich eigentlich beschäftigt hatte. Das machte umso mehr Spaß, als damit der Täterkreis auch im Bereich der Magier liegen konnte. Cim hasste es, wenn die Verdächtigen einen jederzeit in eine Kröte verwandeln konnten. Auf jeden Fall wusste der Dekan seit zwei Tagen, dass Zardo tot war. "Magier wissen so was", hatte er nur kurz gesagt, man hatte sich aber nicht die Mühe gemacht nach dem Mörder oder der Leiche zu suchen.
Das Zimmer des toten Magiers war bereits geräumt worden und der Wächter notierte sich abwesend, den Namen des Nachfolgers, der froh war endlich in ein geräumiges Zimmer übersiedeln zu können. Der Nachlass des Verstorbenen stand verwaist in einer Kiste am Gang, und enthielt unspektakuläre Sachen, wie sehr, sehr schmutzige Socken, eine Ersatzrobe voller Essensreste und ähnliches Zeug.
"Irgendwie fehlt mir alles Magische an seinem Nachlass. Ich hätte Zauberbücher, Rezepte und magische Ingredienzien erwartet."
Der Dekan der Universität lachte. "Du wirst doch nicht glauben, dass wir die Reste von diversen magischen Versuchen einfach hier herumliegen lassen? Das wird alles gesondert aufbewahrt, damit niemand mit Sachen herumspielt, die keiner kennt. Sonst würde dieses Haus hier längst nicht mehr stehen. Die Zwischenergebnisse der Magischen Forschung sind immer am gefährlichsten."
"Wo finde ich das Zeug jetzt?"
"Es gibt eine
Magieendlagerstätte hinter der Universität. Es passt jemand auf dort; wenn Du dich als Wächter ausweist, solltest Du keine Schwierigkeiten haben rein zu kommen. Der Mann weiß Bescheid wo Du die Sachen von Zardo findest. Aber ich würde Dir empfehlen acht zu geben. Dort liegt einiges an gefährlichem Kram rum."
Leise vor sich hinfluchend, und nach allem tretend was ihm vor die Schuhe kam, machte sich Cim auf den Weg.
Ein oktarin blinkender Totenkopf zierte den Eingang zu dem Lager, das durch einen Wassergraben, einigen durchaus üblichen rostigen Metallspitzen und ein stabiles Tor abgesichert war. Hinter dem Tor war ein kleines Wärterhäuschen, an dessen Tür ein Schild baumelte:
Bin auv RuhndgankDahinter ragte eine riesige Halle aus dunklem Stein auf, die schon bedrohlich wirken musste, auch wenn man nicht wusste, dass sie mit Zauberer-Schrott gefüllt war.
Es war windstill heute und die Tatsache, dass das Schild sich noch bewegte, sagte Cim, dass er sich nun entweder auf eine lange Wartezeit gefasst machen musste, oder die Zeit sinnvoll nutzen konnte. Ohne viel nachzudenken, kletterte er am Tor empor und stach sich prompt an den auch dort angebrachten Metallspitzen.
Fluchend wischte er sich die blutende Hand an der Uniform ab, aber immerhin war er nun im Gelände, und zog versuchsweise an dem schwarzen Metalltor des massiven Gebäudes.
Überrascht stellte er fest, dass es nicht verschlossen war.
"Ist da jemand?", rief er hinein. Doch anstelle einer Antwort, kam seine Frage als zigfaches Echo wieder zurück.
IST DA, IST DA, IST DA JEMAND, MAND?, ertönte es in unglaublicher Lautstärke, irgendwo klirrte zerbrochenes Glas.
"Hey", flüsterte jemand aus dem dunklen Raum, "wollen Sie uns umbringen? Schreien Sie hier nicht herum! Was tun Sie überhaupt hier? Das ist Privatgelände der Universität!"
Der Mann trat nun aus dem Schatten eines Regals und wurde vom durch die Tür dringenden Licht der zähflüssigen Morgendämmerung in einen rötlichen Schein gehüllt.
Cim zog seine Dienstmarke hervor. "Ich bin auf der Suche nach dem Nachlass des Magiers Zardo. Ich habe die Genehmigung des Dekans. Können Sie mir helfen?"
Misstrauisch nahm der Mann, der in einer wesentlich mehr nach Wächter aussehenden Uniform steckte als Cim, die Marke in Augenschein, und nickte dann.
Er streckte seine Hand aus, und sagte: "Mein Name ist Geran, ich bin für die dritte Schicht zuständig."
"Cim Bürstenkinn", antwortet der Wächter, "Ich bin für die Stadt zuständig!"
"Na, dann komm mal mit, Stadtzuständiger! Das Zeug von Zardo ist erst gestern nachmittag hierher gekommen." Er schloss die Tür und nach ein paar Sekunden bemerkte Cim, dass es nicht völlig dunkel hier war, sondern ein diffuses Licht ohne bestimmbare Quelle die Konturen der Regale sichtbar machte.
"Das ganze Zeug hier strahlt laufend oktarines Licht ab", erklärte Geran, "Wenn Du nicht plötzlich feststellen möchtest, dass Dir ein zweiter Kopf wächst, solltest Du nicht allzu oft hierher kommen."
Nichts lag Cim ferner und unbewusst suchte er an dem Wächter sofort nach weiteren Gliedmassen.
Vorbei an wabbernden, pulsierenden und beunruhigend lebendigen Regalinhalten, Objekten deren Verwendungszweck nicht sichtbar war, und einer
Taucherausrüstung, die eindeutige Brandspuren am Helm aufwies, kamen sie nach ein paar Minuten zu einem erstaunlich unspektakulären Lagerplatz, in dem eine Holzkiste mit ein paar Büchern stand. Darüber hing ein kleiner Spiegel, der neben den kargen Lichtreflexionen des Lagers noch ein paar zusätzliche Sachen zeigen wollte. Cim ignorierte das Ding vorsichtshalber.
Vorsichtig öffnete er die Kiste, und fand beruhigender Weise nur ein paar Pergamentrollen, und eine große Tabaksdose. Er öffnete sie, und stellte erfreut fest, dass sie voller, bereits fertig vorbereiteter Zigaretten war. Er steckte sich eine in die Brusttasche und nahm die Dose schließlich unter den Arm.
"Könnte schlimmer sein", dachte er für sich, als eine plötzliche Änderung im Spiegel nun doch seine Aufmerksamkeit auf sich zog.
Er sah, seltsam klar, als würde er in einem voll erhellten Raum stehen, dass Geran sein Schwert langsam aus der Scheide zog und auf ihn einschlug. Cim fuhr herum, und sah, dass Geran die Waffe gerade halb herausgezogen hatte.
"Und was hast Du jetzt vor?", fragte er den Universitätswächter, der seine Waffe nun blank gezogen, und auch schon an der Kehle von Cim hatte. Die Dose fiel auf den Boden und verteilte ihren Inhalt dort.
"Du kannst nichts dafür", erklärte er, "aber ich kann nicht zulassen, dass Du diese Sachen mitnimmst. Ich brauche sie selbst!"
"Mach keinen Quatsch, Mann! Die Wache weiß Bescheid wo ich bin!", versuchte er sein Glück auch wenn es nicht so war. Doch Geran lachte nur.
"Hast Du vergessen wo Du hier bist? Alles Mögliche kann mit jemand passieren, der ohne zu wissen welche Gefahren hier lauern, dieses Lager betritt. Und es gibt ideale Möglichkeiten Leichen zu entsorgen!"
Da sah Cim, dass sich hinter Geran etwas bewegte. Offenbar hatte das Echo seines Ruf von vorhin, irgendeine Phiole zerbrechen lassen und das Ergebnis war ein recht schnell wachsender etwas deplaziert wirkender Baum, der kein Verständnis dafür hatte, dass Regale dort stehen wollten, wo er sich entwickelte.
"Das Regal hinter Dir!", sagte Cim, doch Geran lachte.
"Versuch keine Tricks bei mir. Ich weiß genauso gut wie Du, dass hier niemand ist."
Mit einem letzten Entwicklungsschub wuchs der Stammdurchmesser schlagartig von 10 auf 30 Zentimeter an, und warf damit das bereits schief stehende Regal um. Geran schreckte herum und Cim trat ihm in die Weichteile. Das Schwert polterte auf den Steinboden und während sich der Mann noch vor Schmerz krümmte, krochen Flüssigkeiten, die verschüttet über den Steinboden rannen aufeinander zu, vermischten sich und bildeten einen glühenden Ball, der sich vom Boden hob, und auf einer Höhe von einem Meter in der Luft hängen blieb, und zitterte.
"Das sieht nicht gut aus", murmelte Cim und besann sich wieder seines Auftrages. Hastig stopfte er Bücher und Pergamente in seinen Rucksack.
"Komm mit", flüsterte er dem am Boden sitzenden und gebannt auf den glühenden Ball starrenden Geran zu, "wir sollten hier schleunigst verschwinden, solange wir noch.. oh oh!"
Der Ball begann sich zu verändern, Gliedmassen und einen Kopf zu formen, in dem eine grinsende Fratze sichtbar wurde. "Bitte sprich jetzt nicht!", dachte Cim sich noch als...
"AAAAAH. Endlich frei. Dieser verdammte Belgar hatte mich gefangen und separiert. Welch herrliches Gefühl wieder zu existieren." Er sah sich um, ließ den gerade entstandenen Baum in Flammen aufgehen und wandte seine Aufmerksamkeit nun den beiden Männern zu.
Cim zog den nach wie vor am Boden Sitzenden hoch und suchte nach einer Möglichkeit zu entkommen. Auch wenn der brennende Baum ihn hierbei wenig zuversichtlich stimmte.
"Ich nehme an, ihr habt mich unabsichtlich befreit. Deshalb bin ich Euch auch nicht zu Dank verpflichtet. Nehmt nun Abschied von der Welt!". Schon streckte das Flammenwesen seine Hände aus, als es die am Boden liegenden Zigaretten sah.
"Ohh. Tabak! Es muss Jahrhunderte her sein, dass ich die sanften Teerinhaltsstoffe in meiner Glut verdampfen habe lassen." Blitzschnell leckten kleine Flammenzungen über den Boden und die Dose, und verwandelten Papier und Tabak in kleine Häufchen Asche.
"Welch ein Genuss! ", hörten sie noch, als das Wesen begann anzuschwellen, und plötzlich mit einem grellen Blitz in tausend kleine Flämmchen zerbarst.
"Man sollte Warnhinweise anbringen, die Feuermonster belehren, dass Rauchen ihre Gesundheit gefährden kann!", sagte Cim dessen Herz gerade wieder von der Hose nach oben wanderte. Geran und er hatten Glück gehabt, aber ansonsten brannte so ziemlich das ganze Lager.
"Raus hier!", er stieß Geran Richtung Ausgang. Sie rannten vorbei an Regalen voller brennender Pergemantrollen, die sich in den Flammen wie lebende Wesen wanden. Hinter ihnen hörte er ein Grollen, das immer lauter zu werden schien. Er hatte das Gefühl als würde etwas seine Krallen nach ihm ausstrecken, und jeden Moment erreicht haben. Endlich sah er die rettende Tür vor sich, als eine gewaltige Explosion sie gemeinsam mit der Tür, wie Geschosse durch den Türrahmen katapultierte und neben dem ebenfalls ramponierten Wächterhäuschen benommen liegen ließ. Nach ein paar Minuten stellte Cim fest, dass er immer noch am Leben war und wenn er dem Ächzen neben sich glauben durfte, auch Geran. Erleichtert zündete er sich die gerettete Zigarette mit einem Streichholz an, und lehnte sich gegen die schiefe Wand der Hütte.
"Haarscharf würde ich sagen. Ich verspreche, dass ich nie wieder laut in einem Magielager reden werde!"
Geran hatte sich aufgesetzt, und hatte plötzlich einen verträumten Gesichtsausdruck. Lächelnd sah er Cim an und sagte: "Tut mir leid das mit dem Schwert. Ich wollte Dich nicht wirklich verletzen. Dafür liegt mir viel zu viel an Dir!"
"...", sagte Cim nicht. Sicher hatte er sich verhört oder Geran sich versprochen. Er beschloss es zu ignorieren.
"Nun sag mir mal, warum Du Zardos Nachlass so dringend haben wolltest. Unabhängig davon, was Du vielleicht wolltest, hast Du mir immerhin eine Klinge an die Kehle gesetzt und das auch nur, weil Du sie mir nicht in den Rücken bohren konntest!" Cim sah ihn ernst an und Geran fing zu schluchzen an.
"Es tut mir soo leid, aber ich musste die Unterlagen für Tali besorgen! Sie braucht sie so dringend!"
Er nahm Cims Hand und drückte sie. "Bitte, sei mir nicht böse. Ich tue alles, damit Du mir verzeihst."
Verwirrt versuchte der Wächter seine Hand zu befreien, doch Geran hing daran wie eine Klette.
"Ist ja schon... lass los... gut. Wer ist Tali?" Doch bevor Geran zu einer Antwort ansetzen konnte, wurde die Frage schon von jemand anderem beantwortet.
"Tali ist ein aufrechtes Mitglied der "Beherzten Frauen" und steht hier neben mir!", die voluminöse Alt-Stimme kam von einer Frau mit weißen auftoupierten Haaren, die völlig in schwarzes Leder gekleidet war, "Darüber hinaus zielt sie gerade mit einer Armbrust auf Dich!" Cim hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht gewusst, dass es soviel schwarzes Leder in Ankh-Morpork gab. Neben ihr standen drei Frauen, ähnlich aber in braun gekleidet. Alle vier hatten jeweils eine Einhand-Armbrust auf die beiden Männer gerichtet. Die Tatsache, dass sie außerhalb des Zaunes standen bot nur wenig Trost.
"Mach auf, Geran, damit wir uns besser unterhalten können!", befahl eine der braun gekleideten Damen, die nicht ganz so dick war wie die anderen und offenbar "Tali" war.
Der Angesprochene sprang hoch und sperrte auf so schnell er konnte. Es schien ihm ein großes Bedürfnis zu sein, dem Wunsch der Frau zu entsprechen.
"Ich bin Camilla, Eure Herrin! Gebt die Unterlagen her!", verkündete die Dame in Schwarz, und die Dickste von allen.
Sofort begann Geran an Cims Rucksack herumzuarbeiten. Der Wächter widerstand dem Reflex ihn wegzustoßen, denn irgendwas war seltsam hier. Er hörte auch die "Stimme neben der Stimme". Es war als ob neben den akustischen Worten, die Sätze in seinem Kopf nachgemurmelt wurden, und auch wenn das nichts Zwingendes war, hatte er doch das ganz leicht Bedürfnis zu tun, was sie sagte. Die Bemühungen zu gehorchen, die Geran an den Tag legte, ließen darauf schließen, dass seine innere Stimme ihn regelrecht anbrüllte.
Das Rätsel löste sich, als Camilla sich eine Zigarette anzündete, die exakt der ähnelte die Cim aus der Tabakdose entnommen hatte. Unterdessen hatte der Universitätswächter Camilla alle Unterlagen aus Cims Rucksack gegeben, sogar den Dienstplan der SEALS, den er an diesem Tag bei sich trug. Die innere Stimme war nun lauter, als Camilla sagte: "Ihr setzt Euch vor die Hütte und bleibt bis Sonnenuntergang hier. Wenn jemand kommt, sagt ihr nichts zu ihm und werdet Euch auch dagegen wehren von hier fortgebracht zu werden. Wenn es sein muss mit Eurem Leben! Ist das klar?"
Cim ertappte sich dabei wie er sich automatisch hinsetzte und entschlossen war den Auftrag auszuführen. Scheinbar schützte ihn das Kraut noch davor völlig den Willen zu verlieren. Aber genau dieser Schutz wurde bereits wieder schwächer.
"Und wir gehen jetzt zu Vetinari. Die Zeit ist reif für einen höheren Frauenanteil in der Führungsebene der Stadt. Einen 100% - Anteil!", lachend verließen sie die beiden Männer. Als sie nicht mehr zu sehen waren, zwang Cim sich dazu aufzustehen. Ihn schwindelte etwas und seine am Zaun verletzte Hand brannte wie Feuer. In roten Bahnen zeichneten sich seine Venen ab, doch er hatte jetzt keine Zeit sich darum Sorgen zu machen.
"Also Geran, ich will jetzt alles hören. Seit wann kennst du diese Tali?"
Selbstbewusst marschierten die Frauen vom Club der beherzten Frauen auf den Patrizierpalast zu. Die Palastwachen wollten soeben ihre Piken kreuzen, um ihnen den Weg zu versperren, als Camillas Befehl ertönte.
"Lasst uns durch, vergesst uns und versperrt allen anderen Besuchern heute den Durchgang!"
Die Wachen taten wie ihnen geheißen worden war und im Gebäude schnappten sie sich einen Diener, der ihnen den Weg zeigen musste.
Ohne anzuklopfen, riss sie die Tür zum rechteckigen Büro von Vetinari auf und ließ ihre Erscheinung auf ihn wirken.
Der Patrizier saß soeben mit seinem Sekretär zusammen und studierte ein Dokument, als Camilla hereinkam - hinter ihr eine Horde in braunes Leder gekleideter Frauen.
"Ja?", fragte Vetinari einfach
[1].
"Ich bin gekommen", begann Camilla sehr leise, "um die Macht in Ankh-Morpork zu übernehmen. Ich hoffe, Du hast nichts dagegen?"
"TU DAS NICHT!" Über Ateras Schreibtisch kreiste eine Brieftaube, eindeutig Cims Vogel und schien noch nach einem geeigneten Ziel zu suchen. Die SEALS-Schäffin war kurz versucht das Tier mit ihrem Haken aus der Luft zu fischen, bevor es ihre Einrichtung ruinierte, aber da war es schon passiert. Mitten auf einem Bericht für Rince, an dem sie zwei Stunden gearbeitet hatte, landete ein Batzen Taubenkot, und verteilte sich nebenbei auf Schreibtisch, Sessel und Atera selbst. Endlich ließ sich die Taube auf einer sauberen Ecke des Tisches nieder und wartete geduldig, dass ihr die Nachricht abgenommen wurde.
Mit dem Gefühl eine empfindliche Niederlage erlitten zu haben, tat Atera genau das, und malte sich nebenbei aus, wie sie Cim dafür danken konnte.
"Wahrscheinlich ist es nur wieder irgendeine Lappalie, die Cim..", zeterte sie, als sie bei den ersten Worten auf dem Zettel stockte. Sie gab sich noch eine Minute das Gelesene zu verarbeiten und brüllte endlich in das Rohrpost-System "REGGIIIIIE, sofort!", wischte das beschmutzte Papier und den Unrat auf dem Tisch zur Seite und schrieb einen völlig anderen Bericht.
"..erkläre ich hiermit, dass Lady Camilla Vollsbrök als meine Stellvertreterin eingesetzt wird. Sie hat volle Befugnisse alle Entscheidungen zu treffen und ich erwarte mir von den Bürgern und Lords dieser Stadt, dass sie eingehalten werden, als wären sie direkt von mir gekommen. Gez. Vetinari. Hast Du das Drummknott?"
Der Sekretär nickte eifrig, und übergab ihr die Urkunde. Was für eine wundervolle Frau, dachte er sich. Typisch, dass sie Vetinari als ihren persönlichen Diener wählte und nicht ihn. Eifersüchtig funkelte er den Patrizier an, der eifrig seine Unterschrift unter den Text setzte und auf weitere Anweisungen wartete.
"Nun erzähl mir von diesem Leonardo da Quirm, den Du vorher erwähnt hattest. Glaubst Du er kann den Tabak herstellen?"
Da wurde die Tür aufgerissen und herein strömten etwa 30 weibliche Wächter (zwei waren beim Eingang stehen geblieben, um die überwältigen Palastwächter in Schach zu halten).
"Sir", begann Atera zu erklären, "es besteht begründeter Verdacht, dass Du unter dem Einfluss dieser Frau stehst, vielmehr unter dem Einfluss einer Magie derer sich Frau Camilla bemächtigt hat."
Vetinari sprang zornig auf, und richtete zornig seinen Zeigefinger auf Atera. "Stabsspieß! Nur aufgrund Deiner langjährigen Verdienste für die Stadt landest Du für diesen Überfall nicht sofort im Kerker. Trotzdem empfehle ich dieses Guthaben nicht zu überziehen und dich schleunigst wenngleich leise wieder aus dem Palast zu entfernen. Geh und sorge Dich um die Sicherheit der Stadt wo Du es vermagst! Guten Tag!"
Ateras Blick wanderte zwischen der spöttisch lächelnden Camilla und Vetinari hin und her. Schließlich neigte sie kurz den Kopf und rief "Wir gehen!". Es war offensichtlich, dass der Patrizier nicht er selbst war. Niemals hätte er geduldet, dass ein Besucher hinter ihm stand. Doch was konnten sie jetzt noch dagegen tun? Mit einem "Nichts für ungut" ließen sie die beiden gerade wieder aufwachenden Palastwächter verdutzt zurück und gingen zum Pseudopolisplatz.
Cim hatte Geran einfach nur befehlen müssen mitzukommen. Offenbar hatte der Mann ein Faible für ihn entwickelt, dass ihm nicht besonders behagte, aber in dieser Situation hilfreich war. Er kannte nun die ganze Geschichte, als er jedoch die Wächterinnen vom Palast mit hängenden Schultern zurückkommen sah, wusste er dass etwas schief gelaufen war.
Als Atera ihn sah, sagte sie: "Wenn dies hier alles vorbei ist, darfst Du den Bericht an Rince neu schreiben, den Deine Taube versaut hat. Und wir waren zu spät. Vetinari steht ganz eindeutig unter dem Einfluss dieser Walküre."
"Und was machen wir jetzt?" Cim fühlte sich nicht wohl bei der Idee einer Camilla-dominierten Stadt.
"Wir treffen uns in einer Stunde in der Kantine. Nimm Geran mit, vielleicht ist er hilfreich.", Tery ging in ihr Büro, um sich auf das Treffen vorzubereiten.
Cim nutzte die Stunde, um seinen verletzten Arm ansehen zu lassen, der mittlerweile heftig pochte. Dir roten Striemen waren deutlicher geworden und reichten mittlerweile bis zur Achsel.
MeckHumph sah sich den Arm kurz an und schüttelte dann den Kopf.
"Leute, ihr müsst vorsichtiger sein. Das ist eine ausgewachsene Blutvergiftung. In ein paar Stunden hätten wir nur mehr den Arm amputieren können. Ich nehme an, es interessiert Dich wie üblich nicht, dass Du jetzt besser zwei Tage im Bett bleiben solltest?"
"Mach ich gleich wenn das hier vorüber ist, MC! Danke fürs Zusammenflicken!"
Als er zurück in sein Büro kam, hatte sich auch das Gefühlsleben des Lagerwächters ein wenig geklärt und Cim fühlte sich wieder etwas wohler in seiner Gegenwart.
Verlegen saß Geran auf dem Besucherstuhl und hielt sich an einer Tasse Kaffee fest.
"Weißt Du, das seltsame ist, dass ich sie wirklich liebe. Tali ist dick, viel älter als ich und ihr Versuch mich zu beeinflussen war nicht gerade sehr nett, aber andererseits hätten wir uns sonst wohl nie kennen gelernt."
Cim nickte. "Es sind schon seltsamere Dinge passiert. Jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass es eine Rolle spielt."
Da kratzte etwas an seinem Bewusstsein, wie ein aus dem Haus gesperrter Hund an der Eingangstür. Konnte das eine Chance sein?
"Glaubst Du, dass Du Tali auch etwas bedeutest? Oder bist Du einfach nur eine austauschbare Marionette für sie gewesen?"
Geran schluckte. Diese Frage hatte er sich offenbar schon selbst gestellt.
"Ich glaube, dass niemand außer ihr diese Frage beantworten kann, aber unserer gemeinsame Zeit eingedenk, glaube ich, dass sie mich liebt."
Erleichtert nickte Cim. "Gut. Dann haben wir immerhin eine Chance!" Gemeinsam gingen sie zur Wächterbesprechung, die Atera einberufen hatte.
"Kannst Du Dir vorstellen, dass sich der Erzkanzler persönlich bei Rince über mich beschwert hat? Ich meine was kann denn ich dafür, wenn sie mitten in der Stadt ein Arsenal an Furchtbarkeiten aufbewahren und nicht ordentlich absichern. Irgendwann wäre das ohnedies hoch gegangen. Das soll jetzt nichts gegen Dich sein, Geran!" Cim lag in seiner Deckung unweit des Patrizierpalastes und las die Beschwerde immer und immer wieder durch. Geran gab ihm keine Antwort und erst jetzt sah er, dass dieser bereits die Wachskugeln in die Ohren gesteckt hatte.
Cim stieß ihn an und deutete auf die Ohren. "Ich glaube es ist etwas verfrüht sie jetzt schon zu tragen, findest Du nicht?"
Der SEALS-Wächter versuchte sich zu erinnern, wie oft er schon in irgendeinem schmutzigen Versteck gelegen und darauf gewartet hatte, dass irgendein Kerl oder Wesen irgendwoher kam oder hinging. Es musste an die hundertmal gewesen sein. Und es wurde von mal zu mal nicht gerade bequemer. Doch nach nur drei Stunden Wartezeit hatten sie Glück. Tali kam mit einer weiteren von den überschweren Frauen die Stufen herunter und ging Richtung "Hier-gibt's-alles-Platz".
Er gab den versteckten Wächterinnen ein Zeichen und die Aktion wurde gestartet. Von weitem sahen sie wie Charlotta und Ecatherina plötzlich der dickeren der beiden Frauen einen Sack über den Kopf stülpten, während Ombia und Will Tali mit einem Schwert in eine stillere Seitengasse drängten und sie mit einem Tuch knebelten. Cim und Geran hetzten los. Im Lauf überprüfte Cim noch mal den Sitz der Wachskugeln, aber alleine die Tatsache, dass er nichts vom Lärm rund um ihn herum mitbekam, war beruhigend. Eca nickte Cim kurz zu. Sie stand am Eingang der kleinen Strasse und sorgte dafür, dass sich niemand hineinverirrte, bis die Sache erledigt war.
Ombia und Will hielten Tali fest, während die zweite Frau verdächtig still in ihrem Sack am Boden lag. Claudette hatte es sich auf ihr bequem gemacht und aß gemütlich einen Apfel.
Atera stand still beobachtend etwas abseits. Wie vereinbart sicherte Charlie das andere Ende der Gasse. Sie würden wohl ungestört bleiben.
Geran und Tali sahen sich eine lange Zeit in die Augen. Schließlich war es die Frau, die den Blick zu Boden senkte.
"Ich habe Dir etwas zu sagen Tali und ich weiß, dass es der denkbar schlechteste Zeitpunkt ist und wirklich miserable Umstände dafür herrschen." Er räusperte sich, und fuhr fort.
"Bei Offler klingt meine Stimme mit diesen Wachsdingern bescheuert. Antalie! Ich weiß, dass Du mich mit diesem magischen Kraut beeinflusst hast. Es war nicht sehr nett, dass Du mich zum willenlosen Sklaven gemacht hast, aber ich glaube ich verstehe es. Was Du nicht wissen konntest, war die Tatsache, dass es nicht nötig gewesen wäre. Ich habe Dich schon öfters auf der Strasse gesehen, jedoch warst Du immer so schnell wieder weg, dass ich nie Gelegenheit hatte Dich anzusprechen. Die Tatsache, dass Du nicht ganz zu den schlanksten Wesen auf der Welt gehörst, stört mich nicht. Im ..im Gegenteil. Was ich Dir sagen will: Du hast es nicht nötig mich zu einem willenlosen Sklaven zu machen, den mein tiefster Wunsch, und was ich wirklich will, bist Du! Freiwillig, aus ganzem Herzen und ohne wenn und aber. Wenn Dir das nicht genügt, dann verwandle mit diesen furchtbaren Weibern Ankh-Morpork in eine Diktatur – es wird mir egal sein, denn nichts zählt mehr ohne Dich!"
Während den letzten Worten hatte er bereits die Wachskugeln aus den Ohren genommen, trat nun auf die Geknebelte zu und löste das Tuch, das sie am Sprechen hinderte. Cim hielt kurzzeitig den Atem an, denn das war in der Tat nicht ausgemacht gewesen. Doch keine Silbe kam über ihre Lippen. Was sehr wahrscheinlich mit der Tatsache zusammenhing, dass Gerans Lippen fest daran klebten.
Die beiden Seals-Wächterinnen hatten sie längst losgelassen und plötzlich spielte alles rundherum keine wirkliche Rolle mehr. Die Zeit war bedeutungslos, auch wenn dieser Zustand nur kurz andauern sollte. Die beiden waren endlich gleichberechtigte Partner einer Beziehung.
Atera war es, die genug Verstand hatte, um ihr eigentliches Ziel nicht ganz aus den Augen zu verlieren.
"Ich störe Euch wirklich nur ungern, aber der Patrizier, und damit die ganze Stadt, ist in den Händen dieses Monstrums. Tali, Du weißt, dass alles was Euer Verein da abzieht höchst illegal und darüber hinaus noch gefährlich ist. Camilla benutzt Euch nur. Es geht ihr nicht darum irgendwelchen Frauen mehr Bedeutung zu verschaffen, sondern darum, ihre Position zu verbessern. Wirst Du uns helfen, das zu beenden? Bitte beschränk Dich darauf zu nicken, oder den Kopf zu schütteln. Wir wollen doch die Meinung von Geran und Cim unbeeinträchtigt wissen."
Nach einer ewig scheinenden Minute nickte Tali, und lächelte ihren Geliebten aus tiefstem Herzen an.
"Gut dann!", sagte die SEALS-Schäffin. "Wie viele von den Zigaretten trägst Du bei Dir?"
Drei Finger wurden gehoben.
"Wie viele hat die andere Frau dabei?"
Die Schultern wurden gehoben. Abwechselnd wurden zwei und vier Finger gehoben. Eine rasche Durchsuchung der Bewusstlosen förderte ebenfalls 3 Zigaretten ans Tageslicht.
Schnell hatten sich Geran und Cim eine angesteckt und konnten nun ungefährdet offen mit der Frau reden.
"Mit welchem Auftrag warst Du unterwegs?", fragte Atera Tali, die sich immer noch wie eine Ertrinkende an Geran klammerte.
"Wir sind mit Vollmachten des Patriziers unterwegs und sollen die Gildenoberhäupter persönlich zu ihm bringen. Lotte und Inga sind auf dem Weg zur Alchimisten- und Händlergilde. Wir hatten die Diebes- und Meuchlergilde auf dem Programm."
"Wer hat Zardo getötet, und warum?", fragte Cim, der letztendlich immer noch einen Mordfall zu klären hatte.
Tali sah traurig zu Boden. "Anfangs war alles so toll. Wir bekamen die Zardoretten, hatten Einfluss auf Männer." Sie musste kichern, "Ich glaube mein Mann putzt die Küche immer noch! Aber dann wollte Zardo plötzlich Geld, jedes Mal mehr Geld, bis wir auch unsere Männer ausquetschten und ihnen alles abnahmen was wir in die Hände kriegen konnten. Bei einem unserer Treffen endlich war der Punkt erreicht, dass Zardo uns anbot in seine Dienste zu treten, und gemeinsam die Macht in Ankh-Morpork zu übernehmen. Ohne ein weiteres Wort zog ihm Camilla einen Stuhl über den Kopf und ließ sich dann auf ihn fallen. Er war sofort tot."
Nach einer betretenen Minute des Schweigens erklärte Cim den Mordfall für aufgeklärt.
"Gut dann", begann er ihr zu erklären, "hier ist der Plan!"
Tali schlenderte wie beiläufig die Treppen nach oben. Die beiden Palastwächter hatten klare Anweisungen und verlangten keine weitere Kontrolle. Ihr Herz schlug wie wild. Sie war es nicht gewohnt jemand zu verraten, und sie hatte immer noch größte Hochachtung vor Camilla.
Dennoch blieb sie stehen und erweiterte den Befehl der Torwächter um den: "Die Stadtwache darf jederzeit passieren! Keine Meldung ist notwendig, wenn sie kommen."
Sie ging weiter durch die Gänge, in denen nun dicke Frauen in Leder herumlungerten und selbstbewusst plauderten. War es wirklich so, dass Camilla nicht an die Rechte der Frauen dachte, sondern nur an sich? War es wirklich so, dass Geran sie liebte oder war das alles nur ein abgekartetes Spiel, um Camilla zu beseitigen? Da stand sie auch schon vor der Tür des Patriziers. Sie musste eine Entscheidung treffen. Sie musste sie jetzt treffen. Da wurde die Tür aufgerissen.
"....habe das Sagen hier und ich sage, dass Du einen der Torwächter ablöst. Ich vertraue den Kerlen nicht. Los jetzt!" Herta kam an ihr mit roten Wangen vorbeigestürmt und fluchte auf das Derbste.
Das war nicht gut, dachte sich Tali. Niemand hatte damit gerechnet, dass eine aus dem Club beim Eingang stehen würde.
"Ah, Tali! Wo sind die restlichen Gildenhäuptlinge? Lotte und Inga sind längst mit ihren zurück.", neugierig blickten zwei ältere Herren zur Tür. Tali vermutete, dass es die Oberhäupter der Alchimisten und Händler waren.
"Sie werden so schnell wie möglich kommen", log sie und spürte wie sie leicht rot wurde, "Lisel wartet vor der Diebesgilde auf sie."
"Nun gut", etwas verwirrte Camilla an der relativ schlanken Tali. War sie der Aufgabe vielleicht nicht gewachsen? Gab es Gründe ihr zu misstrauen?
"Auf jeden Fall müssen wir den
Tourismus fördern, Lady Camilla", sagte Herr Spottbillig, "Das wird der Stadt zu weiteren Einnahmen und Größe verhelfen!"
Genervt sah sie das Gildenoberhaupt an. "Wenn ich an Deiner Meinung interessiert bin frage ich Dich danach", fuhr sie ihn an. Thomas Silberfisch, Oberhaupt der Alchimistengilde, schluckte seine Fragen nach mehr Geldern für die chemische Forschung runter, als er sah dass die Herrin böse wurde.
"Bevor wir über irgendwelche Forderungen von eurer Seite reden, müssen wir mal den maroden Staatshaushalt konsolidieren. Per sofort werdet ihr den zehnten Teil eurer Umsätze als Führungsumlage im Palast abliefern. Und zwar monatlich!"
Eifrig nickend, notierten die beiden, was ihnen aufgetragen wurde. Natürlich gab es keine Widerstände.
"Mit diesem Geld", führte sie weiter aus, "wird es mir möglich sein, die weitgreifenden Reformen zu finanzieren. Damit euch diese Aufgabe leichter fällt werdet ihr eine Stellvertreterin von mir zur Seite gestellt bekommen, die euch komplexe Entscheidungen weitestgehend abnehmen wird. Dadurch werdet ihr mehr Zeit für euch selber haben und euren Frauen den Haushalt abnehmen können."
Leonardo da Quirm hob die Hand. "Ich hätte eine Frage bezüglich dieses Krautes, dass ihr produziert haben wollt."
Verwirrt sah ihn Camilla an. Der Forscher schien weitestgehend unbetroffen von der Wirkung der Zadorette. Sollte das so bleiben, würde man sich etwas für ihn überlegen müssen.
"Ja?", fragte sie mit einem Ton, den sie von Vetinari abgeschaut hatte. Die mitschwingende Drohung verfehlte bei da Quirm allerdings ihr Ziel.
"Um ehrlich zu sein, habe ich keine Lust etwas nachzubauen. Zardo hat so detaillierte Angaben gemacht, dass es überhaupt keinen Spaß mehr macht. Außerdem ist da jede Menge Magie im Spiel. Eigentlich mogle ich nicht bei dem was ich mache. Ich glaube, Du suchst Dir besser jemand anderen und lässt mir meine Zeit für sinnvollere Sachen!"
Camilla wurde hochrot im Gesicht, schaffte es aber ruhig zu bleiben. Wie beiläufig zündete sie sich eine Zigarette an, und fragte so zuckersüß es ihrer Stimme möglich war "Und wenn ich Dich ganz lieb darum bitte?" Die beiden Gildenführer wurden sofort nervös, wie gerne hätten sie der Herrin diesen Wunsch erfüllt. Wusste er eigentlich welches Glück ihm zuteil wurde, dass sie ihn um etwas "bat"? Andererseits verstanden sie seine Argumente und wollten ihm helfen, seinen wichtigeren Forschungen nachzugehen.
Da Quirm blieb stur. "Tut mir leid Lady Camilla. Ich bin mir sicher, jeder zweitklassige Magier kann Dir das Zeug anbauen. Außerdem habe ich es versucht. In Wirklichkeit schmeckt es miserabel und ist für eine Pfeife nicht zu gebrauchen!"
"Vielleicht könnten ja wir..", begann Silberfisch zu vermitteln, doch Camilla zischte sofort "SCHWEIG!" und er zog sich so weit es ging in seinen Stuhl zurück.
Er hatte das Kraut geraucht, noch dazu in einer Pfeife. Er war nicht empfänglich dafür. Das war das Geheimnis des geldgierigen Magiers. Das Kraut macht immun gegen die Wirkung des Krautes.
Camilla sprang auf und zeigte auf da Quirm.
"Packt ihn und werft ihn sofort in eine Skorpiongrube!"
Silberfisch und Spottbillig wollten der Herrin zwar den Wunsch erfüllen, aber andererseits dem sympathischen Kerl nichts tun. Vorsichtshalber hielten sie ihn vorerst einmal fest.
Vetinari war dem ganzen Schauspiel mit ernster Miene gefolgt und richtete sich jetzt langsam auf.
"Was ist, wenn sie versagt?"
Ateras Frage schwebte über ihnen und vertrieb die hellen Bilder von Optimismus und Liebe, die in der vergangenen halben Stunde entstanden waren.
Cim wollte schon antworten: "Besser ein Plan, als kein Plan." Oder: "Wenn man eine Entscheidung getroffen hat, muss man auch dazu stehen." Leider waren das alles keine Antworten auf die Frage der Schäffin.
"Die Wache wird aufgelöst, wir werden in Skorpiongruben geworfen und Camilla beginnt ihre Herrschaft in Ankh-Morpork", gab Cim die einzige Antwort, die es auf diese Frage gab.
Atera nickte. "Ich denke, wir sollten schleunigst etwas machen, um unsere Chancen zu verbessern!"
Kurze Zeit später gingen Will, Atera und Ecatherina auf den Palast zu, während die anderen mit bangem Herzen hinterher sahen. Alle drei Frauen, sogar Atera die üblicher Weise Feuer und Glut soweit wie möglich aus dem Weg ging, hatten eine von Zardos Zigaretten geraucht und sollten in der Lage sein dem Patrizier eindeutige Befehle zu geben.
"Warum schleichen wir uns nicht einfach wieder rein, wie damals?", fragte Eca die Seals-Schäffin. Aber Atera schüttelte den Kopf. "Du vergisst wohl, was damals alles notwendig gewesen war, damit dies möglich wurde. Rina wäre Dir sicher dankb...."
Sie sprach den Satz nicht mehr zu Ende. Sie waren bereits auf der Mitte der Stufen angekommen, als bei den Palastwächtern ein Wechsel ablief. Links stand ein riesiger Bursche mit einer etwas tief liegenden Stirn, der gebaut war wie ein Bär. Doch rechts neben ihm stand nun eine vollschlanke Frau, die in braunes Leder gekleidet war.
"Was sollen wir jetzt tun?", flüsterte Will Atera zu, doch sie hob nur beschwichtigend die Hand.
"Du hast doch auch eine von Zardos Dingern geraucht, oder?", flüsterte sie der Omnierin zu.
Will schaute zwar etwas konsterniert, sagte aber nichts mehr.
Etwa fünf Stufen vor dem Eingangsplateau hob die Frau ihre rundliche Hand, und sagte "Halt! Was wollt ihr hier schon wieder?"
Atera schaltete Ihre Stimme auf zuckersüß und sagte "Och, wir haben letztes mal noch was vergessen." Sie richtete ihren Blick auf den Wächter neben der Frau.
"Wärst Du so nett, und schlägst die Dame in Leder bewusstlos?" Die letzte Silbe war noch nicht ausgeklungen, da war das stumpfe Ende der Pike bereits herum geschwungen und hatte die Frau auf der Stirn getroffen. Die Augen nach innen verdreht, als wolle sie die getroffene Stelle genauer unter Augenschein nehmen fiel sie nach vorne wie ein Stück Holz und blieb liegen.
"Und nun..", wollte Atera auch dem Wächter Anweisungen geben, aber Will legte ihr eine Hand auf die Schulter und sagte stattdessen "..gehst Du zu einem Priester Oms und lässt Dich taufen, änderst Dein Leben und wirst ein treues Mitglied der Gemeinde!"
Die kurze Lanze knallte auf den Boden und der Wächter ging davon.
Atera sah Will streng an. "Tschuldigung, es hat so schön gepasst!", sagte sie mit einem Schulterzucken.
Schmunzelnd gab Atera den anderen das Zeichen näher zu kommen und durchsuchte die am Boden Liegende nach den magischen Zigaretten.
Jetzt oder nie, dachte sie, als die Truppe, sieben Wächter und Geran, vollständig waren, und sie stürmten in den Palast.
Vetinari war aufgestanden. "Ich glaube das reicht jetzt, Camilla! Lasst sofort Leonardo los, ihr beiden Hohlköpfe!"
Er hoffte, dass die Wächter rechtzeitig hier sein würden. Eigentlich hatte er längst mit ihnen gerechnet. Zuversichtlich, dass er sich in dem Haufen noch selten getäuscht hatte sah er die schwarz gekleidete Frau ruhig lächelnd an.
Beide Männer waren froh, dem süßen da Quirm nichts tun zu müssen und nahmen ihre Hände von ihm.
Camilla sah Vetinari an, als hätte er eine Schlange auf der Nase sitzen.
"Tja, ich war bei da Quirm, um zu überprüfen wie es mit dem Kraut voranging, wie Du mir befohlen hast. Er rauchte es gerade in der Pfeife und ich hab wohl eine gehörige Portion davon abbekommen. Mir wurde schlagartig einiges klar.", erklärte der Patrizier freundlich.
Seine "Stellvertreterin" wurde plötzlich noch röter im Gesicht und schrie "Dir ist hoffentlich klar, dass Du diesen Raum nicht mehr lebend verlassen wirst!", als die Tür aufgestoßen wurde und sich der Raum mit Wächtern füllte.
Cim und Geran stürzten sich auf die völlig überraschten Gildenoberhäupter, warfen sie von ihren Stühlen und hielten sie am Boden fest. Charly und Ecatherina warfen sich auf Camilla und hatten sich damit im wahrsten Sinne des Wortes den "schwersten" Gegner ausgesucht. Wie die Walküre, der sie glich, schlug sie wild um sich und nur Charlotta mit ihrer Werwolfkonstitution schaffte es letztendlich die Oberhand zu gewinnen. Tali war endlich aus ihrer Starre erwacht, als sie sah, dass Lotte auf dem Weg war um der umgeworfenen Camilla zu helfen und schlug sie mit einem der Stühle nieder. Claudette hatte ohne viel Aufheben zu machen ihr Schwert gezogen und es Inga an die Kehle gehalten. Will sah sich ohne Gegner und ging schließlich, dem ärgsten Tumult ausweichend zu dem ruhig in seinem Sessel sitzenden Leonardo und zog ihren Dolch, ohne ihn damit direkt zu bedrohen. Atera und Ombia schließlich sprangen über den Schreibtisch von Vetinari, warfen ihn auf den Boden und hielten seinen Kiefer fest.
"chh bn ncht mr btrfffen!", lallte er vergeblich, während Atera sich eine Zigarette anzündete und dem Patrizier in den Mund steckte. Erst als er augenscheinlich einige Züge davon genommen hatte ließen sie ihn los. Die ganze Aktion war in knapp zwei Minuten erledigt und die Wächter zwinkerten sich erfreut zu.
Silberfisch und Spottbillig hatten ein ähnliches Schicksal erlitten und sahen sehr verwirrt aus. Als ihnen bewusst wurde, welche Erniedrigung sie erleiden hatten müssen, wurden sie wütend und begannen auf Camilla einzuschimpfen.
Der Patrizier hatte sich mittlerweile aufgerichtet und rieb sich seinen Kiefer.
"RUHE!", rief er und sofort war sich jeder bewusst, dass er der Alte war.
"Verzeiht die rüde Behandlung, Herr, aber..", begann Atera zu erklären, wurde von einem Blick des Patriziers gestoppt.
"Zum ersten. Als ich
chh bn ncht mr btrfffen gesagt habe, meinte ich damit: Ich bin nicht mehr betroffen. d.h. Eure zärtliche Zuwendung war gut gemeint, aber unnötig. Außerdem rauche ich nicht gerne Zigarette, schon gar nicht dieses, wie Leonardo vorhin kurz festgestellt hat, dieses stinkende Kraut.
Zweitens:
Lady Camilla! Ich hoffe ihr seid Euch bewusst, dass Euer Verrat an unserer Stadt genau die Bestrafung nach sich ziehen wird, die ihr für Herrn da Quirm vorgesehen habt.
Drittens: Ich werde aus Sicherheitsgründen prüfen ob es nicht klug wäre bei der Palastwache auf gemischte Geschlechter zurückzugreifen.
Viertens: Stabsspieß Atera, ich wäre Euch dankbar, wenn ihr Euch an die Ergreifung der restlichen Mitglieder dieses seltsamen Vereins machen könntet. Wer weiß welchen Schaden die noch verursachen. Wenn ich richtig verstanden habe, was gerade passiert ist, wird Eure Freundin hier", er sah Tali an, "gerne bereit sein, eine komplette Liste der Teilnehmer an dieser Revolte zu liefern. Ich werde ihre Mithilfe beim Urteil natürlich berücksichtigen.
Fünftens: Wäre es nett, wenn ihr jetzt alle gehen und Drummknott wieder reinschicken würdet. Es ist einiges an Arbeit liegen geblieben in den letzten Stunden."
Wortlos zogen sich die Wächter mit ihren Gefangenen, als auch die Gildenoberhäupter zurück.
Auf dem Weg zum Ausgang, sammelten sie die Frauen ein, die sie vorhin einfach umgerannt hatten.
"Glaubst Du er hat gewusst, dass wir kommen?", fragte Cim seine Vorgesetzte.
Atera sah ihn nur genervt an. "Wahrscheinlich. Glaubst Du, dass er das zugeben würde?"
Cim zuckte mit den Schultern "Ich frage mich nur, was er sagt, wenn er mitbekommt, dass seine Palastwächter gesammelt dem Om-Glauben beigetreten sind."
An diesem Tag waren die Zellen der Stadtwache wirklich voll. Atalie wurde das Versprechen abgenommen sich nicht aus der Stadt zu entfernen, was sehr leicht war, weil sie ihre Zeit mit Geran verbringen wollte. Die anderen "Beherzten Frauen" bekamen Sozialdienst als Strafe, und mussten bei Androhung der Skorpiongrube schwören nie wieder zu rauchen.
Über Camilla wurde nichts näheres mehr bekannt, aber Vetinari neigte dazu seine Drohungen wahr zu machen, was jedem als Erklärung genügte.
Am Abend dieses Tages trafen sich die Wächter im Eimer und tranken wie üblich auf ihren Erfolg.
"Habt ihr eine Ahnung was Vetinari mit der Rezeptur des Krautes machen wird?", fragte Ombia niemanden bestimmten.
"Keine Ahnung", antwortete Atera, "aber ich nehme an, dass er bei kritischen Besprechungen künftig Rauchpausen geben wird."
Was mit den restlichen "Zardoretten" passiert ist, weiß niemand. Aber wer würde daran zweifeln, dass die Wächter diese ordnungsgemäß entsorgt haben....
Das dicke ENDE
[1] Und drückte damit aus "Ich werde die Skorpiongruben erweitern müssen, um euch dort alle unterzubringen, wenn ihr nicht einen sehr guten Grund dafür habt mich zu stören." Der Patrizier war nun mal ein Mann von sehr ausdrucksvollen Worten.
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