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Eine Zeugin ist unauffindbar. Irgendwer muss sie ja suchen...
Dafür vergebene Note: 10
Stell dir vor, du stehst in einer dunklen und gefährlichen Gasse, irgendwo in Ankh-Morpork. Stell dir ausserdem vor, es ist eine große, dunkle Gestalt anwesend, die dich in Stücke reißen möchte. Du findest das ansprechend? Dann bewirb dich bei der Wache, hier kannst du so was erleben...
"Ja, genau das sollte man mal als Werbespruch vorschlagen!" knurrte Ikari Gernetod, der diesen Spruch eben in seinem Kopf zusammengebastelt hatte. Das hatte Gründe. Er erlebte nämlich gerade genau diese Situation, und Not machte bekanntlich erfinderisch.
Ob diese Erfindung ihn jetzt retten konnte wagte er allerdings zu bezweifeln. Er wollte hier einen Spitzel treffen, um Informationen zu bekommen, und den Spitzel hatte er hier auch getroffen. Nur dumm, das der Spitzel den großen Berg vom Mann unerwähnt gelassen hatte, welcher ihn mit einem irren Grinsen ansah. Ikari stieß seinen grausamen Mundgeruch aus, dummerweise schien das diesen Hünen absolut nicht zu stören. Der lachte nur abwertend, und hob eine große Holzkeule...
Der geneigte Leser fragt sich nun sicher, wie Ikari Gernetod in diese Situation kommen konnte. Hierfür müssen wir die Uhr um einige Stunden zurückdrehen, zurück zur Mittagsstunde. Im SEALS Hauptquartier war alles ruhig. Cim las gerade in der Ankh-Morpork-Times, dass ein Bauer steif und fest behauptete, seine Kartoffeln hätten Ähnlichkeiten mit toten Königen! Atera fütterte Sir Henry. Dennis und Ikari erledigten Schreibkram, hin und wieder vernahm man leise Schnarchgeräusche hinter den Schreibtischen. Alles war ruhig und gesittet... bis ein Rohrpostbrief ankam.
5 Minuten später stand ein noch schlaftrunkener Zombie auf der Strasse. Cim hatte sehr effektive Methoden seine Mitarbeiter zu motivieren, Androhung von Tresendienst war noch das harmloseste.
"Also, wie war das noch mal...." sagte Ikari zu sich selbst, als er sich vom Wachhaus entfernte "Eine Zeugin finden! Hat einen Mord beobachtet! Muss aussagen! Hat den äußerst anspruchsvollen Namen Oktal, und niemand weiß wo sie sich aufhalten könnte. Vermutlich eine Bettlerin. Gut, wer braucht schon mehr Anhaltspunkte, hahaha."
Bis zu diesem Zeitpunkt hätte der SEALS-Wächter ohnedies nicht angenommen, dass jemand so heißen könnte. Er kannte Riten die waren oktal , Gegenstände die oktarin glänzten - aber welche Eltern waren grausam genug ihre Tochter so zu nennen?
Ikari seufzte, drehte sich eine Zigarette, und machte sich auf den Weg Richtung Schätzchengasse, wo sicher der ständig stinkende Stefan aufzufinden war, einer seiner Spitzel. Selbiger freute sich immer wenn Ikari kam, stank der Zombie doch fast genauso schlimm wie er selbst. Auch diesmal grinste er dem Lance Korporal freudig entgegen.
"Hallo Herr Gernetod! Hast du zufällig einen Sack voller Gold bei dir, den du mir geben könntest?"
"Zu dumm Stefan, hättest du mich nur 5 Minuten früher gefragt, da hatte ich noch einen!"
"Na ja, macht ja nichts! Bist du gekommen um mit mir zu plaudern?"
"Sehr scharfsinnig, Stefan! Kennst du ein Mädchen Namens Oktal?"
"Oktal? Klar, kenne ich, die bettelt immer zusammen mit der schlimm schmuddeligen Sara, unten an den Docks!"
"Ah, das ist doch mal etwas! Danke Stefan!"
"Gern geschehen, Herr Gernetod... ähm, weißt du, ich suche nach einer goldbeschlagenen Kutsche, um..."
"Tut mir leid Stefan, ich hab keine Kutsche!"
"Hätte ja sein können... dann Ade!"
Die Docks von Ankh-Morpork bedürfen wohl keiner größeren Beschreibung. In erster Linie waren sie schmutzig! In zweiter Linie waren sie gefährlich! Das hatten die Docks mit dem Rest der Stadt gemeinsam. Und es waren hier jede Menge Bettler zu finden, grosse Bettler, kleine Bettler, alte Bettler, junge Bettler, stinkende Bettler, sehr stinkende Bettler, wer Geld loswerden wollte war hier immer gern gesehen, sogar von den blinden Bettlern! Ikari fragte sich nach Oktal und der schlimm schmuddeligen Sara durch, was seine Geldbörse rasch leichter machte. Die schlimm schmuddelige Sara fand er letztendlich ganz woanders, sie stand etwas abseits vor einer Taverne. Auf den ersten Blick hätte man Sara als Lumpenberg abgetan, bis man sich daran erinnerte das ein Lumpenberg nicht nach prachtvollen Segelschiffen inklusive Besatzung fragt. Nach 10 Dollar allerdings vergaß Sara ihr Segelschiff, und wurde sehr gesprächig.
"Ja, Oktal... die ist nicht hier!"
"Das war so klar, wäre ja auch zu einfach gewesen! Hast du eine Ahnung wo ich sie finden könnte?"
"Leider nein... niemand weiß das... bis auf einen!"
Sara schluchzte. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
"Was soll das heißen?"
"Sie ist in Gefahr. Irgendjemand will sie wohl zum schweigen bringen. Als wenn das nötig wäre..."
"Wie? Wo? Wer? Was? Manchmal auch Warum?"
"Du kannst ihr helfen, nicht wahr? Du bist ein Wächter!"
"Wenn du mir mal erzählen würdest was los ist könnte ich das zumindest versuchen!"
"Nun gut! Sie wurde Zeugin eines Mordes, soweit ich weiß! Augenzeugin! Nun ja, und der ständig schnäuzende Simon hat erzählt das sie wohl entführt wurde..."
"Simon, der Schnupfer?"
"Ja, genau der... er hats beobachtet, war unterwegs um Schnupftabak zu erbetteln!"
"Was hat er beobachtet?"
"Den Mir-graut-vor-gar-nichts-Mann... als er Oktal weggetragen hat. Wahrscheinlich hat er sie für Geld entführt!"
Sara schluchzte nun. Ikari kramte in seinem Brustkorb, auf der Suche nach einem Taschentuch.
"Gut, gut... hier ist ein Taschentuch... nein danke, du kannst es behalten! Aber warum wäre es nicht nötig sie zum Schweigen zu bringen?"
"Weil Oktal stumm ist! Sie kann nicht sprechen!"
"Fraglich natürlich ob sie dann als Zeugin wirklich gefährdet ist... wir werden sehen! Ich spreche erst mal mit Simon!"
Der ständig schnäuzende Simon befand sich in einer Winterdepression. Schnupfer benutzen diesen Ausdruck wenn ihnen die "Rotzlawine" ausgeht, ein weißer Schnupftabak, welcher so billig ist und schmeckt das ihn eigentlicher jeder Schnupfer besitzt. Eine Winterdepression bei einem Süchtigen wie Simon war besonders schlimm, denn meistens bedeutete die das er gar keinen Schnupftabak mehr hatte. Ikari fand ihn zusammengekauert unter einem Torbogen in den Schatten.
"Hallo Simon! Die siehst so blass aus, geht's dir nicht gut?"
"Brauche Tabak... hast du Tabak?"
"Simon, du weißt doch das ich nicht schnupfe, sondern rauche!"
"Egal... gib mir Tabak...!"
Ikari seufzte, holte seinen Beutel mit Zigarettentabak hervor und reichte ihn Simon. Dieser zog sich den schwarzen Feinschnitt in die Nase.
"Weißt du Simon, es ist faszinierend... das war eben Zigarettentabak! Zum RAUCHEN!"
"Ich weiß. Schmeckt aber nicht schlecht, das Zeug!"
"Bist du sicher das dir das nicht schadet?"
Simon grinste den Lance Korporal zur Antwort nur äußerst dämlich an.
"Schon gut, vergiss die Frage! Erzähl mir lieber von Oktal!"
"Oktal? Was willst du von ihr?"
"Simon, ich frage, du antwortest, und schnupfst meinen Tabakbeutel leer, ist das ok?"
"Klingt fair!" Simon nahm noch eine Priese. "Also, Oktal, ja! Die wurde wohl entführt!"
"Soweit bin ich selber schon, ich weiß auch von wem! Nur, wer ist dieser Kerl, und wo finde ich ihn?"
"Der Mir-graut-vor-garnichts-Mann? Der wird nicht gefunden... er findet dich!"
"Simon, ich nehme dir gleich den Tabakbeutel weg!"
"Schon gut, schon gut! Er erledigt Aufträge für alle möglichen Leute, solange er dafür bezahlt wird! Ist sehr groß! Sehr stark! Hat mal einem Nashorn das Horn abgerissen, weißt du?"
"Scheint ein harter Bursche zu sein, hm?"
"Oh ja! Ist aber ein netter Kerl! Schenkt mir immer Schnupftabak wenn er gut gelaunt ist!"
"Dann scheint er zu deinem engeren Freundeskreis zu gehören!"
"Wie kommst du darauf?"
"Du bezeichnest jeden Menschen als Freund, der dir Tabak geben könnte... und nicht nur jeden Menschen!"
"Nun ja..."
"WO finde ich ihn?"
"Ich weiß es nicht!"
"Ich glaube ich bekomme Lust auf eine Zigarette..."
"Ich weiß es wirklich nicht! Aber ich kann versuchen ein Treffen zu arrangieren, in Ordnung?"
"Hm, in Ordnung! Wann und wo?"
"Komm Mitternacht ins "Hydrophober"! Kennst du sicher, diese Kellerkneipe am Ende der Schätzchengasse!"
"Es ist faszinierend wie viele Kneipen es in der Schätzchengasse gibt! Aber gut, ich werde dort sein!"
"Gut, wir sehen uns dann... ach, hast zu zufällig ein Taschentuch? Ich muss nies... HATSCHI!"
"Gesundheit!"
"Danke!"
"Simon?"
"Lance Korporal?"
"Du hast mich vollgerotzt!"
"Oh... tut mir sehr leid, wirklich!"
"Ziemlich ledrig deine Rotze... was ist da drin?"
"Ich bin sicher das willst du gar nicht wissen!"
"Ich glaube das ist wahr! Nun gut, bis Mitternacht!"
Mitternacht kam, Ikari kam, Simon kam... allerdings kam keiner von ihnen bis in die Kneipe, denn vorher war Ikari in die Falle getappt, und stand nun einen Hünen gegenüber, der Anstalten machte ihn mit einer großer Holzkeule wortwörtlich platt zu machen.
Ikari suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Mit dem Suchen hatte er noch nie Probleme gehabt, Schwierigkeiten ergaben sich nur immer dann wenn es ans finden ging.
"Das ist aber eine schöne Keule! Selbst gemacht?"
Der Hüne stutzte. "Äh... ja! Hab den Baum selbst gefällt!"
"Ah ja, selbst ist der Mann, richtig so! Man spürt förmlich wie viel Liebe und Arbeit du in diese Keule rein gesteckt hast!"
"Nun, dann freut es dich sicher zu hören das du sie gleich noch viel intensiver spürst!"
"Oh, weißt du... WARTE DOCH MAL... ich möchte wenigstens den Mann von den Namen... ähm, umgekehrt... wissen, der mich gleich ins Pflaster schlägt!"
"Dein gutes Recht! Ich bin der Mir-graut-vor-garnichts-Mann! Und tschüss!"
"Was? Hey, Moment, dich brauche ich!"
Der Hüne war verwirrt! Entweder war dieser Wächter unglaublich mutig, oder ein unglaublicher Idiot.
"Das weiß ich, deshalb schlag ich dich doch jetzt platt!"
"Aber das ist doch unlogisch!"
"Warum?"
"Weil wir dann nicht mehr miteinander sprechen können!"
"Äh... aber das ist doch der Sinn der Sache!"
"Was denn, willst du etwa nicht mit mir sprechen?"
"Nein!"
"Warum nicht?"
"Nun... weil man mir gesagt hat das ich nicht mit dir sprechen will!"
"Wer hat dir das gesagt?"
"Oktal!"
"Ach so ist das? Ich dachte Oktal wäre stumm?"
"Ist das so? Ist mir gar nicht aufgefallen!"
Der Hüne senkte seine Keule... er schien nachzudenken... er schien es zumindest zu versuchen.
"Nun, siehst du, ist doch ein ganz nettes Gespräch! Hast du noch ein anderen Namen?"
"Ja... manche Leute nennen mich BummBumm!"
"Ah, BummBumm, ein sehr hübscher Name, muss ich schon sagen!"
"Danke!" BummBumm lächelte glücklich.
"Nun, BummBumm, warum arbeitest du für Oktal? Und warum ist der ständig schnäuzende Simon plötzlich so schnell verschwunden?"
Ikari sah sich um - von Simon fehlte jede Spur. Nur noch ein großer Rotzklumpen deutete auf seine Anwesenheit hin.
"Nun, ich... Oktal hat gesagt... du machst Ärger!"
"Ich und Ärger? Aber nicht doch!"
"Ja, das hat sie gesagt... und sie will nicht aussagen!"
"Ah ja, das dachte ich mir schon! Aber warum hast du sie entführt, wenn du für sie arbeitest!"
"Das war Oktals Idee! Sie hat Angst vor den Assassinen. Sie glaubt jemand habe für ihren Tod bezahlt!"
"Damit sie nicht aussagen kann, leider weiß ich nicht um welchen Mordfall es sich handelt und gegen wen sie aussagen soll! Aber wenn derjenige reich ist... durchaus denkbar!"
"Ja! Deshalb fand sie es klüger zu verschwinden!"
"Aber... warum die Geschichte sie sei stumm?"
"Sie spricht nicht gerne mit anderen Leuten!"
"Aber mit dir schon, was?"
"Ja! Wir wollen zusammen... du weißt schon!"
"Ja, klar, ich verstehe! Nun, kannst du mich zu ihr bringen?"
"Nein! Sie will in Sicherheit bleiben!"
"BummBumm, ich verspreche dir das wir Wächter alles tun werden um sie zu beschützen!"
"Pah!"
"Wenn sie eine wichtige Zeugin ist, wird der Mörder vermutlich wieder freikommen, sollte Oktal nicht aussagen!"
"Oh..."
"Und dann ist sie wirklich in Gefahr!"
"Na gut! Aber wenn ihr doch etwas passiert...!" BummBumm hob drohend seine Keule.
"Ihr wird nichts passieren wenn die Wache sie beschützt! Jeder Anschlag ist dann so aussichtslos wie der Fluchtversuch eines Brathähnchens!"
"Brathähnchen?"
"Das war nur ein bildlicher Vergleich! Das ihr etwas passiert ist so unwahrscheinlich wie ein Vulkanausbruch in der Unsichtbaren Universität!"
"Gab es dort nicht mal..."
"Nicht so wichtig, hehe! Los, gehen wir!"
Nach einer langen und langweiligen Zeit des Wartens, die Zeit in der BummBumm mit Oktal sprach, um sie zu überzeugen doch auszusagen, war Ikari mitsamt Oktal wieder im Büro. Atera versprach der Bettlerin Schutz, anschließend trennten sich Gernetod und die Zeugin, die Aussage wurde jetzt wohl aufgenommen, und Ikari ging in Cims Büro um sich zurückzumelden.
"So Ikari, war doch mal entspannend, so ein harmloser kleiner Standardauftrag, nicht wahr?"
"Oh ja, sehr entspannend! Ich wurde ausgenommen, was Geld sowie Tabak betrifft, vollgerotzt, belogen, und fast zu Brei geschlagen!"
"Ach ja? Nun, an solchen Tagen ist man doch richtig froh ein Wächter zu sein, nicht wahr?"
"Oh ja Cim, froh ein Wächter zu sein! Glaubst du die Aussage von Oktal wird der Gerechtigkeit zum Sieg verhelfen?"
"Da bin ich überfragt! Aber es ist den Versuch wert!"
"Da strampelt man sich ab, jeden Tag, und weiß gar nicht ob es irgendwas bringt!"
"Nun, kleine gute Dinge passieren immer! Sie werden nur von den schlechten Dingen überschattet! Hast du nicht noch Schreibkram zu erledigen?"
"Ja, habe ich! Gute Nacht!"
ENDE
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