The new guy

Bisher hat keiner bewertet.

von Wächter Ledamahn (GRUND)
Online seit 18. 01. 2003
PDF-Version

Für Rekruten (erste Mission):
Armbrusttraining steht heute auf dem Ausbildungsplan.
Haben sie die Scheibe mit Absicht so klein gemacht?
Na, wie viele Bolzen treffen?

Dafür vergebene Note: 11

Es war eine stürmische und besonders dunkle Nacht. Die Regentropfen prasselte auf das Dach, vereinten sich mit ihren Freunden, und sie alle gemeinsam schlossen sich der lustigen Rutschfahrt Richtung Regenrinne an. Ein oder zwei schüchterne Blitze zuckten halbherzig herunter und verschlafener Donner gähnte grollend. Eine junge, sehr hübsche Dame lag in ihrem Bett, bedeckt mit einem Hauch von einem Negligé. Offensichtlich schlief sie sehr gut, und ein kleines Lächeln umspielte ihre sinnlichen Lippen. Der Schein einiger Kerzen fiel auf ihr Gesicht und beleuchtete auch eine zweite Gestalt, die zu ihrer Rechten auf dem Rücken lag und die Arme verschränkt hatte. Ein weiterer Blitz zuckte vom Himmel und das Zimmer wurde von einer interessanten Mischung aus Weissblau und Rotgelb erfüllt. Die Kerzen flackerten. Der Regen wurde noch heftiger und die Gestalt stand auf. In aller Ruhe suchte sie ihre Kleidungsstücke zusammen und zog diese an. Das Geräusch von wollenem Unterwams und Rascheln von Leder war zu hören, kurz darauf das Reiben von Metall auf Metall. Offenbar wurde eine Gürtelschnalle geschlossen - oder ein Waffengurt. Erneut hatte ein Blitz das Bedürfnis sich zu entladen und erneut erschien das Zimmer in hellem Lichtspiel. Die Dame auf dem Bett seufzte, drehte sich auf die andere Seite, griff einen Polster, und kuschelte sich an ihn. Metall glänzte im Schein des Blitzes, als ein Breitschwert in eine gepolsterte Scheide geschoben wurde. Ein kleiner Dolch glitzerte unscheinbar auf, um auch etwas Aufmerksamkeit zu bekommen, als er ebenfalls in eine gepolsterte Scheide geschoben wurde. Diese befand sich allerdings auf der Rückseite des Waffengürtels, also knapp über dem Steißbein. Die Positionierung des Dolches und des Schwertes ließen darauf schließen, dass der Träger wohl Rechtshänder war - und der Einsatz der Waffen meistens simultan erfolgen sollte, was wiederum entweder auf einen alten Haudegen oder einen Abenteurer schließen ließ, der schon viele Kämpfe hinter sich hatte. Letztlich schnürte sich die Gestalt noch ihre dicken, matt-schwarzen Stiefel und zog einen ebenso massiven, schweren Ledermantel an. Dieses Mal waren die Blitze nicht mehr so schüchtern. Gleich zwei zuckten herab, dieses Mal hell, der Donner war erwacht, und schwoll zu einem tiefen, vollen Brummen an.
"Also, etwa 3 Sekunden" dachte die Gestalt, "und dann wird es wieder passieren". Ein letztes Mal wurde alles überprüft und zufrieden nickte sie. Leise hörte man Schritte vor der Schlafzimmertür, dann ging sie langsam auf. Ein Mann trat in das Zimmer, mit einem Kerzenleuchter, auf dem wohl zwölf Kerzen brannten. Alles wurde wesentlich heller. Dem Schatten zufolge ging er auf das Bett zu. Er schien etwa 1 Meter und 75 Zentimeter groß zu sein, untersetzt, und in teurer Kleidung. Protzige Ringe prahlten an seinen Fingern, welche den Kerzenleuchter hielten. Allerdings trug er nicht nur teure Ringe, sondern auch ein Schwert am Gürtel. Dieses schien in einer teuren Scheide zu stecken. Allerdings war sie nicht gepolstert, deswegen verursachte der Mann abseits all der anderen Geräusche ein metallisches, dumpfes Scheppern gefolgt von Schleifgeräuschen. Die Dame wurde wach, und setzte sich auf. "Leda?", sprach sie schlaftrunken. Gleichzeitig sah der Mann die dunkle Gestalt, die ruhig auf ein Fenster zuging und erstarrte für eine Sekunde. Dann ließ der Schreck nach, noch während die Frau plötzlich verstand und die Hände entsetzt vor den Mund schlug, ließ der beleibte Mann den Kerzenhalter fallen, und zog sein Schwert.

"Du verdammter Mistkerl! Mit meiner Frau! Was zum...!", schrie er und stürzte auf den anderen Mann, der anscheinend die halbe Nacht mit seiner Frau verbracht hatte, zu. "Pünktlich wie ein Uhrdämon", dachte dieser, während er das Fenster aufstieß. Dann, sehr flink, schwang er sich hinaus, und hangelte sich seitlich vorwärts, bis er einen tragenden Balken erreichte. An diesem kletterte er hinunter. Durch das geöffnete Fenster prasselte nun Regen in das Zimmer. Der Donner schien lauter zu Grollen, um alles zu übertönen, während der Mann wütend schrie. Da er nicht so gelenkig war, musste er hinunter laufen und den Weg durch die Haustür nehmen. Ledamahn, wie sich die dunkle Gestalt nannte, ging in der Dunkelheit auf ein paar Hecken zu und zog sich die Kapuze des Mantels über den Kopf. Der Regen hatte die Erde aufgeweicht, welche in wenigen Sekunden seine Stiefel bedeckte. Bis der beleibte, reiche, aber vor Wut bebende Ehemann einer wohl nicht sehr glücklichen, schönen Frau die Haustüre erreicht hatte und durch diese stürmte, war Ledamahn bereits durch die Hecken verschwunden. Lächelnd hörte er seine üblichen Namen - "Strolch! Unhold! Tagedieb! Verführer! Wenn ich dich erwische!". Wie immer war zum exakten Zeitpunkt der Ehemann einer unglücklichen Frau, die Ledamahn etwas glücklicher gemacht hatte, zu früh nach Hause gekommen. Wie immer floh er ein kurzes Stück, um dann im Schutz der Dunkelheit weiterzureisen. Während die wütende Stimme des betrogenen Ehemannes noch durch die Nacht hallte, war Leda schon wieder unterwegs, dieses mal Richtung Süden. Er zählte das Geld, das er so nebenbei im Anwesen 'gefunden' hatte, und lächelte. Das würde für die nächsten paar Tage reichen, ohne Probleme. Dem Gewitter war das alles herzlich egal, es machte nach Lust und Laune weiter, während Leda im prasselnden Regen, begleitet von einigen Blitzen und grollendem Donner, weiterwanderte.

Als es dämmerte, war er bereits einige Kilometer weiter - es hatte zu regnen aufgehört. Die Wolken ließen die ersten Sonnenstrahlen passieren und letzte Tropfen fielen von Ledamahns Mantel. Ein milder Wind begann zu wehen, die Luft wurde wärmer. Ein paar Vögel zwitscherten und flatterten in den Bäumen neben der Straße, auf der sich Leda nun befand, herum. Einige Kilometer weiter fing das Gelände an, sich zu verändern und noch bevor es Mittag war, trottete Ledamahn über eine gepflasterte, viel breitere Strasse. Die Bäume waren Ebenen mit vielen Büschen gewichen, und ohne Probleme gelang es Leda, sich ein Kaninchen für das Mittagessen zu jagen. Er setze sich in den Schatten eines Baumes, und häutete es. Danach machte er sich daran, ein Feuer anzuzünden. Auf einem spitzen Ast wurde das magere Karnickel schnell gar, während Leda den Pelz behandelte, damit er diesen später verkaufen konnte. Mit der scharfen Klinge des Dolches schabte er jedes Gewebe, das faulen hätte können, von dem Pelz, und räucherte ihn kurz über dem Feuer, bevor er ihn schließlich auf der Innenseite mit feinem Sand abrieb. Als er dies getan hatte, war das Kaninchen auch schon gar. Er aß genüsslich und in aller Ruhe, bevor er schließlich sein Zeug packte, das Feuer löschte, seine Spuren verwischte und weiterging. Am Horizont sah er Nebel - aber eine ihm unbekannte Art. Dunkler, mehr wie Rauch eines Feuers, aber nicht dicht genug dafür. Vor allem war es viel zu groß. Praktisch der gesamte Horizont schien vernebelt zu sein. Leda zuckte mit den Schultern - er wanderte weiter. Nur zwei Stunden später wirkte die Luft schon dicker, es entwickelte ein spezielles Aroma. Neugierig ging Leda schneller, letztlich wurde ein Stadttor sichtbar, während die Luft dicker wurde.
"He, wer da?", rief eine Stimme, als Leda endlich vor dem Tor war. Die Sonne ging bereits unter, und der Himmel wirkte blutrot im Dampf der Stadt.
"Eh, ein ... Wanderer!", rief Leda.
"Freund oder Feind!", wurde ihm entgegnet. Leda hob eine Augenbraue.
"Nun, ein Feind würde wohl kaum mit euch reden, oder?"
"Freund oder Feind?", wurde er erneut gefragt.
"Sieh mal, wenn ich Böses vor hätte, würde ich wohl kaum mit euch da oben reden, oder? Ich meine -", sagte Leda, bevor er erneut unterbrochen wurde.
"Freund, oder Feind!", rief die Stimme nochmal, und dieses Mal nicht mehr so freundlich. Ledamahn seufzte.
"Freund!", rief er, und seufzte erneut. Während er noch auf eine Antwort wartete, öffnete sich das Tor. Knarrend, mehr als notwendig, öffnete es sich. Ledamahn trat durch, und plötzlich wirkte die Luft noch dicker.
"Willkommen in Ankh-Morpork, reisender Freund", sagte eine Stimme, während das Tor wieder zufiel.

"Ankh-Morpork, so-so!", sagte Leda mehr laut als leise zu sich selbst.
"Jawohl, Sör.", hörte er eine Stimme neben sich. Langsam drehte er sich zur Seite.
"Oh, hallo. Sag mal, ich habe gehört, das die Tore von Ankh-Morpork immer offen sind ...", murmelte Ledamahn, während er eine kleine Gestalt in Brustharnisch und Uniform betrachtete.
"Normalerweise schon, aber da ist eine Horde Barbaren in der Nähe, die leider weder auf Glückspiel, Frauen oder Schnappers Würstchen stehen."
"Soso. Nun, eh, ich werde dann mal, nun - weitergehen.",
"Wenn du einen Tip willst, Sör - halte dich von den Schatten fern. Und von Schnappers Würstchen.", sagte die Gestalt, bevor sie wieder davonging.
"Schatten", murmelte Ledamahn, "in denen bin ich doch zuhause ..."

So stand er nun, früh des Abends, in der Stadt Ankh-Morpork. Die Luft roch - verbraucht, und überall
sah er Häuser. Wenige Menschen gingen durch die Gegend. Schließlich überprüfte er nochmal sein Hab und Gut, und ging einfach der Nase nach. Er dachte an sein letztes Erlebnis. Leda konnte sich nicht mehr erinnern, wie oft es ihm passiert war, aber inzwischen wusste er genau, wann Ehemänner zu früh oder Strassenräuber zu plötzlich auftauchten. Es lag immer in der Luft, die Welt musste .. speziell klingen wenn solche Sachen geschahen. Außerdem kamen entweder Gewitter oder andere Sachen hinzu, aus denen man lesen konnte. Solange er sich erinnern konnte, war er auf einem Bauernhof gewesen. Nachdem es ihm zu langweilig geworden war, beschloss er, das er sicherlich nicht sein Leben als Bauer beenden wollte. Deshalb packte er früh, mit zwölf jungen Jahren, sein Bündel, um in die Welt zu ziehen. Seitdem war einige Zeit vergangen und er hatte sehr gut gelernt, sich zu behaupten. Er kannte die Kräuter des Waldes, und wie man sich eine Mahlzeit erjagte. Außerdem verhalf ihm sein gutes Aussehen und sein Charisma immer wieder dazu, junge Damen zu verführen, welche meistens schon in festen Händen waren. Mit dem Geld, das er in solchen Nächten in den Anwesen 'fand', konnte er immer wieder einige Zeit leben. Auch hatte er das Spielen gelernt - Würfel und Kartenspiele, wie man sie gewann, oder verlor - wie man Leute hereinlegte, um sie in Sicherheit zu wiegen, damit man im Endeffekt mit einem Gewinn weiterzog. Den Zusammenhang zwischen Gewittern, der allgemeinen Stimmung und dem Nachhausekommen von Ehemännern, die zu früh dran waren, hatte er ebenfalls schnell erkannt, wenn auch mehr unterbewusst als sonstetwas. Dieses neue Revier, eine offensichtlich große Stadt, brachte ihn zum Lächeln. Vermutlich fanden sich hier viele, viele Opfer die spielten, und noch mehr reiche Damen, deren Männer auf Geschäftsreise waren. In Überwald hatte er nur einmal das Vergnügen, musste aber schnell fliehen, als ihm viele spitze Zähne folgten. Während er in Lancre war, hatte er immerhin das Vergnügen gehabt, in einer Taverne einer älteren Dame zuzuhören, die das Igellied sang - und zwar in einer Weise, die sogar Barbaren dazu brachte, mit hochrotem Gesicht unter den Tischen zu verschwinden. Lächelnd ging er weiter, bis es schließlich dunkel wurde, und er Hunger und Durst verspürte. Heute würde er wohl kaum noch einen Händler finden, der ihm das Hasenfell abkaufte, also hielt er nach einer Taverne Ausschau.

Kurz darauf erschallte Musik aus einer Tür, und auch sonstiger Lärm, der nur aus einem Gebäude stammen konnte, in dem eine Taverne beheimatet war. Leda sah auf, und betrachtete das Schild.
"Trommel?", murmelte er, und sein Magen knurrte - also trat er ein.

Das sich ihm bietende Szenario ließ sich in etwa so beschreiben - In der Sekunde, in der er die Tür geöffnet hatte, schlug eine Axt direkt neben ihm in die Wand ein, und blieb stecken. Ein Schwert verfehlte ihn um Haaresbreite und traf einen Zwerg auf den Helm, der wiederum mit der Flachseite der Axt jemand anderem auf die Kniescheiben drosch. Währenddessen versuchten einige Leute auf allen vieren (oder bereits unter Tischen verbarrikadiert), in Ruhe zu trinken - Was in diesem Lokal bedeutete, das man keine Axt in den Rücken bekam. Viele rauchten, und die Luft war noch dicker als draußen. Unter Umständen hätte man sie wohl in Scheiben schneiden und raustragen können, damit frische Luft wieder Platz hätte. Aber auf frische Luft legte das Publikum offensichtlich keinen Wert. Der Geruch von Äpfeln - oder von etwas, das mit Äpfeln zu tun hatte - lag in der Luft. Die Einrichtung musste hier wohl täglich erneuert werden, den angesichts der frühen Stunde und des bereits entstandenen Schadens war nichts anderes denkbar. Lediglich der Wirt, der hinter der Bar stand, war außer Gefahr. Leute, die trinken wollten, legten besonderen Wert auf das wohlbefinden des Mannes, der sie mit diversen Flüssigkeiten versorgte.

Leda kämpfte sich zur Bar durch, und hievte sich auf einen Stuhl. Der Barkeeper hörte auf, Dreck auf einem Glas gleichmässig zu verteilen, und sah ihn an. "Na, Jungchen? Was willst du."
"Einen doppelten Jim's Knieweich", sagte Ledamahn ohne eine Miene zu verziehen. Schlagartig ging die Temperatur herunter, und Waffenlärm verklang. Einige Schläger hielten inne, und sahen den Neuankömmling prüfend an. Leda hörte einige Leute flüstern, und hob eine Augenbraue.
"Na, was ist? Kriege ich jetzt mein Knieweich?".
Einige Sekunden später stellte der Wirt ein besonders dickes Glas auf den Tresen, in dem eine leicht dampfende Flüssigkeit war. Ohne zu zögern nahm Leda das Gefäß, und leerte es in einem Zug. Seine Zähne würde er heute wohl nicht putzen müssen - alles, das nicht aus Zahnschmelz bestand, war blitzschnell desintegriert. Seine Mundschleimhaut versuchte sich zusammenzuziehen, und die Speicheldrüsen schütteten aus voller Kraft Spucke aus, um das ätzende Gebräu zu verdünnen - um nicht selbst verdünnt zu werden. Aber da war es auch schon unterwegs zum Magen. Die Magensäure wunderte sich, das etwas im Begriff war, sie aufzulösen, was sich durch ein leichtes Zucken der rechten Wange von Leda äußerte. Einige der Zwerge, Barbaren und andere Gäste hielten den Atem an. Es war so leise, das sich ein Floh entschuldigte, weil man hätte hören können, das ihm ein Darmwind ausgekommen war. Schließlich öffnete Leda den Mund, und während sein linker Augenwinkel zuckte, sagte er: "DAS ist KEIN Jim's Knieweich!"
Fragend sahen einige Gäste ihre Gläser an, und man hörte die ersten knurren. Einige schwächere Leute brachten sich in Sicherheit, als Barbaren, Menschen und Zwerge sich erhoben und die Lautstärke der allgemeinen schlechten Laune gemächlich auf 200 Dezibel zuging.

Leda saß hinter der Bar, trank aus diversen Flaschen und grinste breit. Der Wirt hatte sich schon in Sicherheit gebracht, und vor der Bar schlug nun die wütende Kundschaft einfach nach allem, das in Reichweite war. In dem Glauben, sie seien um ihr hart erkämpftes/erstohlenes/erarbeitetes geprellt worden, machten sie auch aus der Einrichtung Kleinholz. Zumindest aus dem, das vorher noch nicht komplett zerstört worden war. Und sie machten besonderst kleines Kleinholz. Einige Holzstücke fielen hinter die Bar, und vielen zwischen Leda's Füsse.
"Hm, dasch eine schieht ausch wie ein kleineisch Hündsche", murmelte er, bevor er die nächste Flasche begutachtete.

Langsam ebbte der Lärm ab, den auch bei der größten Massenschlägerei bleibt am Ende maximal einer stehen. Und der war so betrunken, das er seinen Sieg nur wenige Sekunden auskosten konnte, bevor sein Gehirn eine Notabschaltung durchführte - was in Folge zu einem Sturz auf einen Tisch führte, der unter dem Gewicht nachgab. Als es seltsam still war, beschloss Leda, das er diese Taverne mochte. Aber wie bei den meisten Gaststätten, die er mochte, würde er kaum ein zweites Mal herkommen können. Ledamahn hievte sich auf die Beine, und klopfte etwas Staub von seinem Mantel. Als dies nichts half, nahm er einen Lappen von der Bar, befeuchtete ihn, und wischte seine lederne Kleidung damit sauber. Dann schüttelte er sein Haar aus, und band es wieder zusammen. Schließlich wankte er zum Ausgang, prüfte ein oder zwei Geldbeutel auf ihr Gewicht, und trat wieder auf die Straße. Er sah sich kurz um, und entschied sich für die Richtung, aus der keine acht Stadtwächter sich gemeinsam mit dem Wirt vorsichtig der Taverne näherten.

Ledamahn ging noch einige Zeit durch die Gegend, und sah sich die Stadt im Dunkeln an. In einigen Fenstern brannte immer noch Licht, und es waren überraschend viele Leute unterwegs. Manche schienen jetzt zur Arbeit zu gehen, manche gerade erst nachhause zu kommen. Schichtdienst war etwas neues für Leda - auf Bauernhöfen gab es sowas nicht. Er wankte weiter durch die Gassen, und beobachtete einige Menschen. Meistens sah er doppelt soviele als tatsächlich da waren, aber sein Gehirn dividierte inzwischen das Gesehene durch 2,5.

"Gute Nacht, kann ich bitte deinen Geldbeutel haben?", sagte ein Mann zu Ledamahn.
"Wasch willscht du?", antwortete dieser verwirrt.
"Nun, eh, oder hast du Quittungen die belegen, dass du deine Jahresquote and Diebstählen schon hinter dir hast?", fragte der Mann. Er wirkte etwas unsicherer.
"Quetschung? Wasch? Nein."
"Nun", begann der lizenzierte Dieb und fing an eine Quittung zu schreiben, "dann bitte ich um deinen Geldbeutel". Der Mann kam näher an Leda heran, um ihm die Quittung zu geben. Dieser wankte vor und zurück.
"Wenn du bitte den Betrag, den du bei dir führst, hier angibst, und dann hier unterschreibst, herzlichen - ".
Er stockte mitten im Satz, verzog das Gesicht, und sah nach unten. Das Ganze wurde von einem herzlichen "Aaahhuuu" begleitet. Leda hatte versucht sein Schwert zu ziehen, war einen Schritt nach vorne gewankt, und hatte den Dieb mit dem Schwertknauf in die Familienjuwelen getroffen. Durch dieses unerwartete Hindernis konnte er zwar das Schwert nicht herausbekommen, aber der Dieb war beschäftigt. Verwundert riß Ledamahn nochmal an dem Schwertknauf, und unfähig sich schnell zu bewegen, traf er den Mann erneut.
"AAAArrrnnnghh", machte dieser, und versuchte sich zusammenzukrümmen, als Leda wieder versuchte, das Schwert aus der Scheide zu bekommen.
"AAAuuuuuuNNGHHH!", wiederholte der Dieb, und beschloss, das es vermutlich besser war, sich einfach nach hinten fallen zu lassen. Leda fragte sich verwundert, wo der Mann geblieben war, der ihn gerade berauben wollte, als er endlich das Schwert aus der Scheide bekam. Er zückte die Schultern, und ging fort. Dabei bemerkte er weder das der Mann flach - und leise stöhnend – vor ihm auf dem Boden lag, noch das kurz etwas Weiches unter seinem Stiefel war.
"AAAAAAAAAAAAAAAUUHNGHGHHH!" heulte der Dieb ein letztes Mal auf, und Leda fragte sich, warum man hier in der Stadt die Wölfe so laut heulen hörte.

Schließlich wurde er müde, und beschloss sich eine Unterkunft zu suchen. Auf die selbe Art, mit der er bis jetzt in jedem Dörfchen oder Städtchen eine Nächtigung umsonst bekam. Er wackelte herum, fragte ein- oder zweimal verwaschen nach einem Gebäude der Stadtwache, und wankte dort hinein. Wie immer wurde er nach einigen undeutlichen Sätzen in einer Ausnüchterungszelle untergebracht, und schlief ein. Es war noch nichtmal nötig, einen Wächter zu beleidigen.


"Aufwachen! Hey!", rief eine Stimme, und Ledamahn fühlte ein Stupsen in den Rippen. Offensichtlich versuchte jemand, ihn wach zu bekommen und hatte damit auch Erfolg. Der Stimme nach war es eine Frau. Leda drehte sich zur Seite.
"Jetzt wach schon auf , Mann!", rief sie leicht gereizt.
Gähnend beschloss Leda, das er bei dem Lärm sowieso nicht schlafen konnte. Er setzte sich auf, rieb sich die Augen, und machte eine Bestandsaufnahme der körperlichen Schäden. Ausser einem Kater schien er nichts abbekommen zu haben - solche Feststellungen nach nächtlicher Zecherei freuten ihn immer wieder.
"Du kommst noch zu spät zum Ausbildungsbeginn, Rekrut!", sagte die Frau zu ihm.

Verwirrt starrte er die Wächterin an. Sie trug ihre Uniform, die Haare hochgesteckt, und schien etwas gestresst zu sein.
"Erm, zur was komme ich zu spät?", fragte er verwundert.
"Hast du dich nicht freiwillig gemeldet, um Wächter zu werden?", wurde er gefragt.
"Nun, eh...", stammelte Leda, und versuchte sich an die Nacht zuvor zu erinnern.
"Vielleicht?", murmelte er dann.
"Na also, Rekrut! Dann raus aus den Federn, und nebenbei, Alkohol im Dienst ist nicht erlaubt." Sie drehte sich um und wollte davon gehen, als ihr noch etwas einfiel.
"Sag mal Rekrut, was machst du in der Ausnüchterungszelle?", fragte Irina schließlich.
"Ausnüchtern. Glaube ich.", war die Antwort.
"Naja. Weiss schon. Nochmal um die Häuser ziehen, bevor du Wächter wirst und so weiter. Schon klar. Und jetzt los! Dort drüben sind ein paar andere Rekruten. Geh zu denen, die wissen schon wohin ihr müsst", sprach sie, und drehte sich erneut um. Nach einigen Schritten blieb sie wieder stehen.
"Und geh dich waschen. Du riechst wie eine Apfelbrennerei. Soviel Zeit muss sein!", sagte sie zu ihm, bevor sie endgültig weiterging. Leda saß verdutzt da und hob die Achsel. Dann senkte er sie schnell wieder. Waschen war wohl eine gute Idee, nach der Wanderung im Regen auf der staubigen Straße, und dem Saufgelage, als er endlich in der Stadt war. Seine Kopfschmerzen waren erträglich, aber sein Hals war trocken, also sah er sich nach etwas zu trinken um. Schließlich erspähte er eine Wasserflasche, und trank gierig. Dann gesellte er sich zu den anderen Rekruten, und sah sich um. Das Gebäude war zwar nicht das neueste, aber gut in Schuss. Eine ganze Menge Wächter lief umher, beinahe alle Ränge waren vertreten. Und auch viele Rassen. Leda sah Zwergenwächter, die in Wacheuniform mit ihren Streitäxten und anderen Waffen herumliefen, und er meinte auch, das ein oder zwei Wächter komisch rochen und sehr blass waren. Eine Mumie stapfte vorbei, aber da Leda keine Mumien kannte hielt er sie für einen verletzen Wächter. Er klopfte ihr auf den Rücken, und wünschte gute Besserung - dann war er sehr verwirrt, weil er den Mumienwächter wohl verärgert hatte und dieser davonstapfte.

"Hallo! Bist du auch ein neuer Rekrut?", fragte ihn jemand. Leda drehte sich um, rieb sich nochmal die Augen, und antwortete: "Ja, glaube schon. Und wer bist du?"
"Nenn mich Leo. Und das da ist Thymian.", sagte Leo - und ließ dabei ein paar längere Eckzähne sehen.
"Du bist ein Vampir?", fragte Leda.
Der Rekrut nickte.
"Wir sind doch auch nur Untote.", antwortete er.
Leda wusste nicht genau, was er von der ganzen Sache halten sollte. Hatte er sich tatsächlich freiwillig gemeldet, um an ein gratis Bett zu kommen? Er hielt das für eher unwahrscheinlich. Vielleicht hatte sich einer der diensthabenden Wächter in dieser Nacht einen Streich mit ihm erlaubt, und ihn als Rekrut angemeldet - und behauptet, er wäre mitten in der Nacht hereingekommen um sich zu bewerben. Dabei wusste Leda nichtmal, das heute die nächste Ausbildungsstaffel für Nachwuchswächter begann. Allerdings eröffnete dies neue Möglichkeiten, also beschloss er, bei dem ganzen mitzuspielen. Es versprach durchaus interessant und spaßig zu werden. Außerdem schien man hier jeden zu akzeptieren - er sah sogar Trolle in Brustharnischen. Vampire. Und jemandem fiel ein Arm ab, aber er montierte ihn schnell wieder - Leda hatte von ihnen gehört, musste wohl ein Zombie sein. Irgendwo blitze es thaumisch. Hier nahm man wohl auch ehemalige Studenten der Magie auf.
"Nun, eh, was machen wir jetzt?", fragte Leda schließlich.
"Wir sollen hier warten, ein Ausbilder kommt uns holen.", antwortete Thymian gelassen. Ledamahn schätzte ihn auf 17 oder 18 Jahre alt. Er war recht schlank, einen Kopf kleiner als Leo und wirkte sehr jung und unerfahren, als wäre er direkt aus Mutters Schoß zur Wache gekommen.
Aber Leda wusste, das Eindrücke oft sehr, sehr täuschen konnten.
"Und wie heisst du?", fragte Leo ihn schließlich.
"Oh. Ich? Ledamahn. Könnt mich Leda nennen.", murmelte Leda, während er seine Schläfen massierte, um das Kopfweh zu vertreiben. Dann standen sie dort und warteten. Die Reihen der Wächter lichteten sich, als jeder entweder auf Streife, zu einem Einsatz, oder in sein Büro verschwand. Eine zweite Gruppe Rekruten stand etwas abseits. Sie plauderten vor sich hin, während Leda sich weiter stumm umsah. Thymian und Leo tratschten auch so vor sich hin - sie fragten sich, wo der Ausbildner blieb.

"SO! Die Herren Rekruten! Dann lernen wir mal das Salutieren!", hörten sie plötzlich eine Stimme. Die Rekruten versuchten sich aufzustellen, und zu salutieren.
"Na, da müssen wir noch daran arbeiten ... du da, Brust raus, Bauch rein. Und du ... Beine zusammen. Hand weiter rauf. Oder so. Ja, genau. Na, geht doch. Rekrut - nicht die eigenen Augen auspieksen. Schon besser. Ich bin Oberleutnand Daemon. Dann sehen wir mal, was wir aus euch machen können!"

Daemon führte sie zuerst zur Ausrüstungsausgabe. Dort erhielten alle eine Uniform und einen Brustharnisch, außerdem noch Stiefel mit Pappsohle. Jene, die noch keine Waffen hatten, bekamen ein Schwert mit passendem Schwertgürtel, und den Hinweis, nicht damit herumzuspielen - schon gar nicht mit dem spitzen Ende. Außerdem bekamen sie ihre Dienstmarken, und dann ging es sofort weiter zur Waffenausbildung.
"So. Da ihr nun ein Schwert habt, solltet ihr zuerst wissen wie man damit umgeht, bevor ihr noch vor Abschluß der Ausbildung verletzt werdet", sagte Daemon. Dann war es still.
"Na, Rekruten, wie wäre es mit einem ‚Jawohl Sir!’, oder zumindest irgendwelchem Gebrumme? So ein stummer Haufen ist mir noch nicht untergekommen."
Die Rekruten antworteten mit den gewünschten Worten wie aus einem Mund. Manche salutierten nochmal verlegen.
"Na, geht doch. Also, zuallererst - Waffengewalt ist das allerletzte Mittel! Wir wollen keine Wächter die jeden Verdächtigen mit dem Schwert zerkleinern, und dann die Reste in einem Sack zur Wache schleifen. Das wirft kein gutes Licht auf uns. Aber manchmal ist es notwendig, sich zu verteidigen. Euer Harnisch gibt euch zwar ein bisschen mehr Schutz als Luft, aber eben nicht sehr viel mehr.", meinte Dae und klopfte auf einen der Harnische. Die Rekruten standen rund um Dae und lauschten aufmerksam. Leda spielte an seinem Schwertknauf und Leo hob eine Augenbraue und besah seinen Harnisch.
"Das Ding werde ich sowieso nicht tragen", flüsterte er schließlich.
"Ich weiss noch nicht. Warum nicht. So schwer sieht er nicht aus.", antwortete Leda leise.
"... und wenn die Herren Rekruten da drüben fertig sind mit tuscheln, können wir weitermachen. Herzlichen Dank. Also. Das ist euer Schwert. Achtet beim Ziehen darauf, niemanden zu verletzen, und auch beim Ausholen. Zieht nun euer Schwert. Das spitze Ende gehört nicht in die Hand!", sagte Dae und lächelte. Er machte einen durchaus sympathischen Eindruck. Er war größer als Leda, und vermutlich auch ein bisschen schwerer. Obwohl er ein bisschen mürrisch wirkte, schien er doch ganz nett.
"Gut. Dieses Ende hier", sagte er, und deutete auf die Spitze," gehört in den Bösewicht. Aber nur im Notfall. Manchmal reicht es auch ihm mit der breiten Seite des Schwertes auf dem Kopf zu treffen. Nur nicht zu fest, sonst kommen wir wieder zu Punkt 1 - wir wollen keine Massaker."
Gelangweilt hörte sich Leda die Vorträge über Schwerter und deren Umgang an. Mit Schwertern kannte er sich aus. Er wusste, welches Ende auf den Gegner gerichtet gehörte. Und er wusste auch, wie man es am besten in den Gegner bekam. Nach einiger Zeit und einigen kleineren Unfällen, bei denen eine Strohpuppe verletzt wurde, war der Grundkurs für Schwerter beendet.
"Na, das war doch gar nicht so schlecht. Sehen wir mal weiter.", sagte Dae, und holte einige andere Utensilien.
"Also, Rekruten, aufgepasst! Sollte einer eurer Kameraden, ein Verdächtiger, oder ein Opfer schwer verletzt sein, seid ihr verpflichtet, erste Hilfe zu leisten. Das bedeutet, ihr müsst alles tun damit er nicht vom Schnitter besucht wird". Dann hielt er einen Vortrag über Waffen und deren Wirkung, und wie man die Wunden am besten versorgte. Leda hatte auch hiervon Ahnung, aber später während des Vortrags konnte auch er noch jede Menge lernen. Er hatte noch nie gehört, wie man einem Troll, Vampir oder Werwolf hilft, wenn sie schwer verletzt, abgebröckelt oder Asche zerfallen waren. Dae zeigte an einem Modell, wie man einem Troll helfen konnte, indem man ein kleines Notpäckchen schnellhärtenden Zement auf die Wunde goss, und sie so verschloss. Trolle bluten zwar nicht, wenn sie verletzt werden, aber sie nässen, und werden spröde und porös. Vampire, sollten sie zu Asche zerfallen, konnten durch einige Tropfen Blut wiederbelebt werden. Allerdings wies Daemon darauf hin, das sie dann sehr durstig waren - und man entweder schon mehr Blut bereithielt, oder schnell verschwand, bis der Vampir sich beruhigt hatte. Leo grinste kurz. Bei Zwergen war erste Hilfe relativ einfach - sie waren im Großen - beziehungsweise Kleinen und Ganzen - genauso gebaut wie Menschen. Nur etwas zäher. Gnome hingegen waren schwerer zu behandeln, aber aufgrund ihrer magischen Natur heilten deren Wunden sowieso schnell. Werwölfe waren zwar auch beinahe unverwüstlich, aber eben nur beinahe. Deshalb gab es auch für diese den einen oder anderen Tip.
"Also, Rekruten. Jetzt wisst ihr wie man jemanden verletzt, und dann wieder zusammenflicken kann.
Und jetzt üben wir nochmal das salutieren!"

An diesem Tag erfuhren die Rekruten noch mehr, lernten das Exerzieren, Observieren, das Recht in Ankh-Morpork in viel Theorie und waffenlosen Kampf. Wie durch ein Wunder kam es bei keiner Übung zu Verletzungen oder Patzern, und der Tag war relativ schnell um. Diesmal führten Leo und Thymian Leda zu den Rekrutenunterkünften, wo er ein Bett in Beschlag nahm.
"Sag mal, Leda, hast du Geld?", fragte Thymian schließlich.
"Ja, ein bisschen.", antwortete Leda, während er sich wusch. Er kämmte sich seit langer Zeit wieder, und putzte auch seine lederne Kleidung und seine Stiefel.
"Dann könnten wir ja ein bisschen in den Eimer, bevor wir pennen gehen. Morgen kommt noch mehr Wachetraining, und wer weiss welchen Ausbildner wir morgen haben. Was hältst du von Daemon?", meinte Thymian.
"Ach, ganz in Ordnung. Scheint ein bisschen mürrisch zu sein, aber er hat uns viel beigebracht.", sagte Leda.
"Naja, mit dem Schwert kannst du ja schon umgehen, hm? Was hast du vorher eigentlich gemacht, Leda?", wollte Thymian wissen, der gerade seinen Brustharnisch polierte.
"Ach, dieses und jenes ... bin viel herumgereist". Ledamahn putzte nun ebenfalls seinen Harnisch.
"Und wie bist du zur Wache gekommen?", wollte Leo wissen.
"Das war einen ... eh, spontane Entscheidung. Glaube ich.", sagte Leda, und lächelte.
"Tja, dann werfen wir uns mal in Schale!", meinte Thymian, und grinste.

Kurz darauf waren die Wächter in ihren Uniformen, ausser Leda, der seine Lederkleidung bevorzugte. Er hatte jedoch den Brustharnisch unter dem Mantel angelegt. Sie waren auf dem Weg zum Eimer, und Leda wunderte sich wieder über das Stadteigene Aroma der Luft. Heute war es etwas nebelig, aber es regnete nicht.
"Kennst du dich eigentlich schon aus in der Stadt?", fragte Thymian.
"Keinen blassen Schimmer. Ich war nur in einer Taverne, bis jetzt.", meinte Ledamahn, und zuckte mit den Schultern.
"Tja, dann werden wir dir vorher noch ein bisschen was zeigen. Was meinst du, Leo?"
"Klar, warum nicht..."

So lernte Leda nicht nur die ersten Kniffe und Tricks der Wacheausbildung, sondern auch Schnappers Würstchen kennen. Außerdem die besten Plätze, um Schnappers Würstchen wieder loszuwerden. Thymian und Leo zeigten ihm auch noch einige Gildenhäuser, und die Unsichtbare Universität. Dann bekam er noch einen wertvollen Tip - er sollte besser niemals den Bibliothekar, der ein Affe war, mit dem T-Wort konfrontieren. Schließlich prägte sich Leda alle größeren Straßen ein, um zumindest zu den verschiedenen Hauptquartieren der Wache zu finden, die ihm seine Rekrutenkollegen auch zeigten. Aber bis er alle Seitenstraßen, Gassen, kleine Wege und andere Abkürzungen in Ankh Morpork kannte, würde sicherlich einige Zeit vergehen. Die Stadt, auch wenn sie komisch roch, gefiel ihm. Und dieses ganze Wache-Ding, in das er hineingeraten war, eröffnete völlig neue Möglichkeiten. Schließlich brachten sie ihn nach der Führung zum "Eimer". Es war die Stammkneipe aller Wächter, und anscheinend eine sehr ruhige. Sie traten ein, und setzen sich an einen der Tische, an dem noch andere Rekruten und auch höherrangie Wachemitglieder saßen.
"Hallo Leute! Das ist Leda. Noch ein neuer.", sagte Leo, als er sich setzte. Ledamahn wurde von allen begrüßt.
"Hallo Leda. Wie gehtf dir?", meinte eine der Wächterinnen.
"Danke, ganz gut ... und du bist?"
"Rogi. Rogi Feinftich.", bekam er als Antwort.
"Rogi Feinftich, soso.", sagte Leda.
"Nein, FeinFtich.", sagte Rogi und lächelte. Leda sah sich verwirrt um.
"Sagte ich das nicht eben?"
"Nein, du fagteft Feinftich. Ich heiffe aber FeinFtich, fo wie fterne oder fuppe."
Ledamahn überlegte einen Augenblick. Er erinnerte sich dunkel an die Zeit in Überwald - dort war er aufgrund einiger zu spitzer Zähne und zuviel Fell schnell wieder verschwunden.
"Du bist ein Igor, nicht?", fragte er schließlich.
"Ja, haft du gut erkannt."
Während die Wächter sich unterhielten und tranken lernte Leda noch einige andere Wächter kennen. Schließlich brachen sie aber wieder zu den Rekrutenquartieren auf, um für die morgigen Lektionen fit zu sein. Leda war noch von dem Umtrunk am Vortag geschafft, und so schlief er schnell ein, nachdem er sich umgezogen hatte.

"Raus aus den Federn! Ein neuer Tag für unsere Rekruten!", war das erste, das Leda am nächsten Tag hörte. Er wälzte sich ein bisschen hin und her und streckte sich dann genüsslich.
"Also, Jungs! Ihr habt genau eine halbe Stunde um euch zu waschen, zu adjustieren, etwas zu frühstücken und dann anzutreten! Hopp! Hopp! Wer zu spät kommt, muss sich um Frau Willichnicht kümmern!"
Blitzartig war der Großteil der Rekruten, zumindest jene die schon von besagter Dame gehört hatten, aus den Federn. Thymian und Leo rüttelten Leda wach, und resignierend erhob er sich schließlich, um sich zu waschen.
Dann hüpfte er in seine Kleidung, legte den Harnisch an und zog den Mantel darüber. Hunger hatte er keinen, also wartete er bis Thymian fertig war. Auch Leo frühstückte nichts - Vampire mochten nicht unbedingt Marmeladenbrötchen (Obwohl es immer Ausnahmen gibt). Schließlich traten sie alle an, und wurden von Irina begrüßt.

"So, wir sind gerade knapp mit Ausbildnern, deswegen hab ich euch heute am Hals. Wir fangen mal an mit Armbrustschiessen, zum Aufwärmen. Dann bringe ich euch bei wie man Verdächtige verfolgt, und dann sehen wir mal". Diesmal hatten alle salutiert, und auch mit "Jawohl, Ma’am" geantwortet.
"So, dort drüben ist die Zielscheibe. Nur der, der gerade schießt, steht hier", Rina zeigte auf einen Punkt am Boden, "alle anderen stehen dort". Nun zeigte sie auf einen Bereich, der weit ausserhalb jeder Schusslinie war.
"Das hier ist eine Standardarmbrust. Hier könnt ihr sie spannen, dort legt ihr den Pfeil ein, und hier ist der Abzug. Zielt niemals auf etwas Lebendiges,", sagte Rina und sag dann Leo an, "und auch nicht auf Untotes, solange ihr nicht sehr gut mit euren Armbrüsten umgehen könnt. Wie ihr sicher schon gehört habt benutzen wir Waffen nur zur Verteidigung, oder in Notfällen. Also, wildes herumschießen endet schnell in einer Anklage, und dann seht ihr euch in Rascaals Büro wieder. Ihr nehmt euch jetzt eine Armbrust, aber gespannt und eingelegt wird erst wenn ihr hier steht, und die anderen dort. Und geschossen wird nur auf mein Kommando."
"Jawohl!", antworteten die Rekruten.
"Gut. Leopold! Vortreten!"
"Jawohl!", sagte Leo, und trat vor.
"Du als erster. Stell dich hierher.", sagte Rina, und zeigte auf den roten Punkt. Dann begab sie sich in Sicherheit.
"Jawohl!"
"Also, rechts von dir sind die Bolzen. Nimm einen". Leo tat, wie ihm geheissen.
"Sehr gut.", gurrte Rina, "Jetzt – spann die Armbrust".
Auch dies erledigte Leo mit geringen Problemen. Schließlich forderte Rina ihn auf, den Bolzen einzulegen. Dann sollte er zielen, und abdrücken. Leo zog den Abzug durch, nachdem er auf die Zielscheibe gezielt hatte, und der Bolzen traf.
"Sehr gut, Rekrut. Keiner Spannt, keiner schießt!", sagte Rina, als sie sich auf die Scheibe zubewegte, um zu überprüfen wo der Bolzen eingeschlagen war.
"Nun, Rekrut Leopold! Auf diese Entfernung hättest du einen gepanzerten Oberschenkel glatt erwischt. Diese Zielscheibe würde wohl kaum noch Widerstand leisten! Der nächste .... Thymian!", sprach Rina, und zog sich wieder in den sicheren Bereich zurück. Jemand kicherte.
Thymian bezog Aufstellung, fand einen Dollar, den jemand auf dem Schießstand verloren hatte, und warf ihn Leo zu. Der fing ihn grinsend, da er Thymians Problem schon kannte. Wie befohlen trat Thymian Pech vor, und spannte die Armbrust.
"Bolzen einlegen, Rekrut!", befahl Rina. Leo antwortete mit einem "Jawohl", und lud den Bolzen.
"Und .... SCHUSS!"
Thymian zog den Abzug durch, und der Bolzen sauste mit einem SCHA-WING der Sehne los. Er durchbrach kurz die Schallmauer, und eine Nanosekunde später bohrte er sich in die Zielscheibe.
"Nun, dann sehen wir mal! Keiner lädt, keine schießt!", sagte Rina, und ging wieder zur Zielscheibe.
"Soso, Wächter Thymian! Den wolltest du wohl nicht mehr verhören! Glatt durch den Hals. Du hättest den Kehlkopf glatt erwischt! Guter Schuss, aber wir wollen niemanden töten, wenn es anders geht."
"Entschuldigung, Ma’am!", sagte Thymian.
"Nein, das war kein Vorwurf – aber wenn du schon so gut triffst, dann einen Körperteil, der das Ziel nicht sofort tötet", antwortete Rina lächelnd.
"Jawohl, Ma’am!", erwiderte Thymian, und ging wieder in die Reihe.
"Mit von ohne zu Ledamahn! Jetzt du!"
Leda war verwirrt. Er hatte nie mehr als seinen Spitznamen angegeben, und wusste nicht, was ‚mit von ohne zu’ bedeutete. Schließlich stieß Leo ihn in die Rippen, damit er sich bewegte, und flüsterte "Du hast wohl keinen vollen Namen angegeben!". Leda trat vor.
"Jawohl, eh, Ma’am, und so!", sagte er.
"Soso, ganz ein witziger. Warst du nicht der, den ich - ", sagte Rina, als Leda sie unterbrach.
"Genau der, Ma’am."
"Man unterbricht keinen Vorgesetzten, Rekrut! Merk dir das!", bellte Rina.
"Jawohl!", anwortete Leda, und hob eine Augenbraue.
"Das habe ich gesehen! Wird’s bald, Armbrust nehmen!"
Leda nahm die Armbrust, stellte sich in den Schussbereich, und zog sie auf.
"Na also. Laden!", sagte Rina, und Leda lud einen Bolzen. Dann richtete er die Armbrust auf die Zielscheibe.
"Na, los!", rief Rina, und Leda zog den Abzug.

Nachdem zwei Sekunden lang nichts passiert war, nahm Leda die Waffe in Augenschein. Es schien alles normal, die Sehne war gespannt, der Bolzen geladen. Da er keine wie auch immer geartete Erfahrung mit Armbrüsten hatte, richtete er dann den Bolzen auf sich selbst, als er versuchte herauszufinden, warum sie nicht funktionierte.
"REKRUT!", schrie Rina. Leda zuckte zusammen, riss die Armbrust herum, und der Bolzen löste sich. Gerade noch hörte er das Rina ‚DECKUNG!’ schrie, als er sich zu Boden fallen lies. Einige der anderen waren nicht so schnell. Der Bolzen raste Richtung Decke, prallte an einem Kronleuchter ab, und verfolgte einen neuen Kurs. Nun war er auf dem Weg zu einer Wand, wo er an einem Schild, das dort hing, abprallte, und dann wiederum die Richtung änderte. Ein Wächter duckte sich gerade rechtzeitig, ein anderer hatte plötzlich ein Loch im Gewand, war aber nicht verletzt. Dann erschreckte der Bolzen noch einen Wächter, als er dicht vor seine Augen vorbeizischte, einen weiteren Wächter streifte, und dann an Wächter Gropack – einem Troll, der gerade hereinkam – erneut abprallte. Schließlich traf der Bolzen eine Wand – und zwar genau einen Millimeter vor Leo’s Gesicht, der plötzlich sehr geschockt wirkte.

"AAAAAAAAIIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEEE!", schrie Leo plötzlich, und Leda glaubte schon, das der Bolzen ihn getroffen hatte. Dann, mit einem PLOP, wurde der Vampir zu einer Fledermaus, und flatterte umher.
"Rekruten! REKRUTEN! Jemand soll die Fledermaus fangen, aber VORSICHTIG! Beruhigt in! MARSCH!", rief Rina, und sah Leda mit stechendem Blick an.

"Tut mir leid, echt", sagte Leda, als Leo wieder in Menschengestalt war.
"Kannst ja nicht viel dafür, ich hab mich nur erschrocken.", antwortete der Vampir, immer noch bleicher als sonst.
"Oh, dann verwandelst du dich in eine Fledermaus?", fragte Ledamahn verwundert, und spielte nervös an seinem Mantel herum.
"Ja", erwiderte Leo zerknirscht.
"So, Rekruten! DAS passiert, wenn ihr nicht mit euren Waffen umgehen könnt! LEDAMAHN!", rief Rina. Leda sprang auf.
"Jawohl?", fragte er halblaut.
"Was hast du dir dabei gedacht! Die Armbrust war gespannt und geladen! Warum zum octat hast du auf dich selbst gezielt?"
"Ma’am, wollte nur überprüfen, was nicht funktioniert!"
"Die richtige Vorgehensweise wäre gewesen, mir zu melden, das die VERDAMMTE Armbrust nicht ordnungsgemäß funktioniert, REKRUT!", schrie Rina.
"JAWOHL! Woher soll ich das denn wissen, wenn ich noch nie eine Armbrust in der Hand hatte!", rief Leda zurück.
"REKRUT LEDAMAHN! Es steht dir nicht frei, mich anzuschreien!"
"TUE ICH DOCH NICHT!"
"TUST DU DOCH!"
Schließlich boxte Thymian Leda in den Magen, um ihn zum schweigen zu bringen. Rina regte sich schnell wieder ab, und sah die Rekruten an.
"Ihr habt das alle überlebt. Zum Glück. Sonst müsste ich wieder jede Menge Papierkram erledigen, um zu erklären, warum einer von euch so BLÖD war", Rina hielt inne, um Leda anzustarren, "eine geladene Armbrust ‚näher’ in Augenschein zu nehmen! Sowas soll bei euch nie wieder vorkommen.
"Verstanden, Ma’am!", bellten die Rekruten.
"Verstanden.", maulte Leda hinterher.
"Und DU, Rekrut Ledamahn...", keifte Rina, "Hast wohl das Zeug zu einem Offizier, mit deiner großen Schnauze. Aber nimm dich in Acht, noch mal so was, und du kannst Schnappers Würstchen verkaufen!"
"Ja, kl.... Jawohl, Ma’am, verstanden, Ma’am!", gab Leda kleinlaut zurück. Er war es nicht gewohnt, sich unterzuordnen, geschweige denn Befehle zu empfangen. Irgendwie gab es ihm einen Kick, von einer Frau herumkommandiert zu werden. Leda zog seinen Dolch aus der Rückenscheide, und schoß damit auf die Zielscheibe. Der Dolch blieb mit einem TOCK genau in der Mitte des Kopfes der Zielscheibe stecken. Die anderen Wächter hoben eine Augenbraue, und begannen zu murmeln.
"Rekrut. Lass solche Sachen, oder du bist schneller wieder auf den Straßen Ankh-Morporks, als dir lieb ist!"
Leda ging stumm zu der Zielscheibe, zog seinen Dolch heraus, und steckte ihn wieder in die Rückenscheide. Dann ging er zurück in die Reihe.
"Ma’am, ich denke, ich bin nicht für Armbrüste geeignet. Aber ich kann mit meinem Schwert und meinem Dolch umgehen!". Dann lächelte er, und Rina sah für eine Sekunde verdutzt drein.
"Rekrut. Wenn dich Ras oder ein anderer Offizier so hören, bekommst du Probleme. Und wenn ich dich noch mal so höre, dann bekommst du auch Probleme. Geh jetzt, du bist zum Tresendienst abkommandiert. Lös einen der anderen dort ab. Um dich", Rina grinste jetzt, "kümmern wir uns noch später."




Nachwort:

Es tut mir leid wenn ich irgendjemand zu knapp dargestellt habe, den Char verfehlt habe oder sonst irgendwas mit irgendeinem Chara angestellt habe. Die Zeit hat nicht mehr für detailierte Charastudien ausgereicht.

Außerdem, bitte nehmt diesen Schund nicht ernst. Nach der zweiten Seite ist es nur noch husch-husch-ruck-zuck arbeit, da ich sonst aus der Wache rausgeflogen wäre. Und ich will den verrückten Haufen ja nicht verlieren!

Also, in diesem Sinne, seit milde mit eurem Urteil.

Euer Leda



Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung