Morporkanische Fremdenführung

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von Gefreiter Daemon Llanddcairfyn
Online seit 22. 05. 2000
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An den Türen der Wachhäuser befinden sich seit letzter Nacht merkwürdige rote Markierungen.
Was haben sie nur zu bedeuten?

Dafür vergebene Note: 13

Die Sonne brannte seit Tagen auf die Stadt. Die Luft flimmerte vor den Augen. Riesige Trolle standen mit überhitzten Gehirnen auf den Straßen, manche von ihnen wurden von Zwergen zerschmettert, Zwerge wussten eine gute Chance zu nutzen. In einigen Bürgern keimte die Angst (bei manchen war es vielleicht auch eine Hoffnung), dass die anhaltende Hitze den Ankh "backen würde, so dass man, wie in den alten Zeiten, auch mit langsamen Schritten wieder von Ankh nach Morpork und zurück gehen könnte. Alles in allem war es also tierisch heiß und es zeigte sich keine Wolke am Himmel.
Gefreiter Daemon betrat das Wachhaus. Er hatte zwei Wochen Urlaub in Llamedos gemacht, dem einzigen Land auf der Scheibenwelt mit einer Regenwahrscheinlichkeit ÜBER 100%. Er hatte Berichte gehört, in denen es hieß, In A-M sei das Gegenteil einer Eiszeit ausgebrochen und selbst junge, hübsche Frauen fühlten sich dazu veranlasst, halbnackt durch die Straßen zu gehen. Er war so schnell wie möglich zurückgekehrt.
Draußen vor der Wache beruhigte sich das Gewitter langsam, die Blitze schienen es aufzugeben, in den Blitzableiter der Wache einzuschlagen. Später sagte man, es sei eines jener Jahrhundertgewitter gewesen, von denen man später Lieder sang, weil in ihren Fluten mehr Menschen ertranken, als von der Assassinengilde umgebracht wurden. Man sagte auch, es sei aus Richtung Llamedos gekommen.
Daemon wrang seinen Umhang aus. Zu seinen Füßen bildete sich eine schnell größer werdende Pfütze.
"Ist das nicht unglaublich?", Daemon kannte den Wächter nicht, der diese Worte an ihn richtete, aber die Zeichen an seiner Uniform brachten das Soldatenbewusstsein Daemon´s zu einem zackigem Salutieren, dem sich der Rest des Körpers beugte.
"Schlimm, das Wetter, nicht wahr?", fragte er vorsichtig.
"Das Wetter?", fragte der Vorgesetzte zurück, "Oh, ja. Natürlich. Es regnet, nicht wahr?"
Daemon war beeindruckt vom kühlen, analytischen Denken des Wächters. Die Pfütze zu seinen Füßen schwappte munter durch den Raum, ein gelegentlicher Blitzschlag ins Dach des Gebäudes ließ es erzittern und darauf folgten Donnerschläge, die das Ende der Welt einläuten zu wollen schienen.
Tatsächlich, es schien zu regnen.
"Ja, das tut es!", antwortete er.
"Hast Du es gesehen? Draußen an der Tür?", der Regen schien als Thema abgehakt worden zu sein, "Diese Schmierereien? Ist es nicht unglaublich, was sich diese Jugendbanden erdreisten?"
Daemon dachte einige Zeit darüber nach, dass er mit einem Mann sprach, der das Wort "erdreisten" zu benutzen scheint, wie andere Menschen Artikel. Er antwortete seiner Situation entsprechend.
"Nein, ich habe es nicht gesehen. Der Regen nahm mir die Sicht.", informierte er, "Unglaublich. Trotzdem.", fügte er hinzu.
Der Wächter vor ihm nickte.
"Ich habe Einen Auftrag Für Dich!", sagte er dann im bedeutungsvollem Ton, "Gefreiter... ", eine peinliche Stille folgte.
So lange war Daemon noch nicht dabei, Er kannte nicht einmal alle seine Vorgesetzten, wie sollten die Vorgesetzten dann ihn kennen. Mutig versuchte der Gefreite, die Lücke zu füllen.
"Ich soll versuchen, den Veantwortlichen zu fidnen, der die Schmiererei angebracht hat und ihn zur Rechenschaft ziehen!?", sagte er und war stolz auf sich selbst, dieses gefährliche kommunikative Riff umfahren zu haben. Der Vorgesetzte runzelte die Stirn.
"Nein!", weniger die Worte als der Ton machten den Befehl, "Dein Auftrag Hat Etwas Mit DIESEM Eimer Und DIESEM Lappen Zu Tun."
Hingebungsvoll fluchend stolperte Daemon mit dem Eimer in der Hand durch etwas, das herauskam, wenn man einen starken Orkan mit ein bis zwei Meeren und einer Meteorlogie mit einem großen Hang zur Wolkenbildung kombinierte. Schließlich erreichte er das zweite Wachhaus. Hah. Das war ja gar nicht so weit. Nur einmal durch die ganze Stadt. Im Regen. Durch Pfützen, die nur so genannt wurden, weil es in Städten keine Ozeane gab. Er war sich nicht sicher, aber er glaubte, der eine Blitz war für ihn bestimmt gewesen. Zum Glück war er gestolpert und der Länge nach in den Matsch gefallen, sonst wäre er nur noch ein Häufchen Asche auf den Wassern. Er bedauerte die Katze, aber es konnte ja nicht jeder so viel Glück haben, wie er. Langsam wurde der Matsch vom "Regen" abgespült. Kurz, nachdem er die Wache verlassen hatte, war er auf die Idee gekommen, den Eimer als Regenschutz zu benutzen, indem er ihn auf den Kopf setzte (Sein Helm war nach drei Wochen in der Wache - merkwürdig, es hatte immer geregnet - verrostet von seinem Kopf gefallen.) Nach einigen Schritten kam er zu der Entscheidung, diesen Versuch zu unterlassen. Sein Kopf würde noch lange etwas von dieser Erfahrung haben. Er bedauerte leise alle Schnecken, die während des Regens ihre Häuser nicht einfach absetzen konnten. Er nahm sich vor, auf jede Schnecke, die er sah, kräftig drauf zu treten, um ihr das zu ersparen, sicher würden sie ihm dankbar sein.
Erstaunlicher Weise hatte sich auch hier die Schmiererei an der Tür halten können. Daemon hatte ein ausländisches Wort aufgeschnappt, dass es für solche Machwerke pubertierenden Vandalismusses gab: Graf-Itti. Er fragte sich noch immer, was ein Adliger mit diesem Gekritzel zu tun hatte. Der Gefreite zuckte mit den Schultern und begann, das Graf-Itti wegzureiben. Wenn er sich beeilte, würde er es diesmal in weniger als vier Stunden schaffen, das Gröbste zu entfernen.
"SAGEN SIE, GEFREITER, WAS TUN SIE DA?"
Der Klang der Stimme veranlasste Daemon, die Putzarbeiten zu unterbrechen.
"Ähh.", sagte er.
"MIR SCHEINT, SIE ENTFERNEN DIE SCHRIFTZEICHEN, DIE ICH ZUR ORIENTIERUNG DER AUSLÄNDISCHEN BESUCHER DER STADT AN DIE TÜR DES WACHHAUSES ANBRINGEN LIESS."
"Öh.", sagte Daemon.
Ein Geräusch ertönte neben ihm. Es hätte ein Seufzen sein können, aber es schien auch gleichzeitig das Knarren der Angeln eines ungeölten Universums zu sein. Und das Explodieren eines Sterns im luftleeren Raum. Und in den höheren Tonresonanzen das Schnurren eines Kätzchens. Aber es konnte auch nur Einbildung sein.
"IST IHNEN KLAR, DAS DER KLATSCHIANISCHE LACKIERER DIE GANZE NACHT DARAN GEARBEITET HAT?"
"*stöhn*", sagte Daemon.
"ICH DENKE, ICH GEBE IHNEN DIE MÖGLICHKEIT GEBEN, SICH ZU RECHFERTIGEN. GLAUBEN SIE MIR, DIESE CHANCE ERHALTEN NICHT VIELE PERSONEN VON MIR."
"Es... es war dieser... Wächter...", Daemon überdachte seine Situation, "Er... hat mir befohlen, die Schriftzeichen zu entfernen, weil er dachte, es seien..."
"UND WER WAR DIESER WÄCHTER?", die Stimme schien drohend. Irgendwo schien das Geräusch zu ertönen, das entsteht, wenn eine Klinge mit Seide geschärft wird.
"...", machte Daemon.
"SO SO."
Vor Daemon erschien eine Sanduhr aus dem Nichts. Sie wurde von einer Hand gehalten, die nicht so direkt beschrieben werden kann, nun, sie war... dünn. Die Sanduhr schien nur langsam in ihrer Arbeit voran zu kommen, der Sand war irgendwie mit Wasser in Berührung gekommen und bildete nun eine Matsche, die nur schwer in die untere Hälfte der Uhr gelangen konnte. Viel wichtiger schien Daemon jedoch die Erkenntnis, dass sich in der oberen Hälfte noch eine ganze Menge der Masse zu befinden schien.
"NUN GUT, ICH WERDE NICHT SO SEIN.", die Sanduhr verschwand, "ICH WERDE DIR DIE WIEDERANBRINGUNG DER ZEICHEN VOM LOHN ABZIEHEN, WÄCHTER."
Daemon seufzte erleichtert, er schien gerade dem Tod entkommen zu sein.
"SIE HABEN NUR GLÜCK, DASS ICH SIE GESEHEN HABE, BEVOR SIE WIRKLICHEN SCHADEN ANRICHTEN KONNTEN. VIELLEICHT KANN EINER UNSERER WÄCHTER DIE ZEICHEN EINFACH VON DER TÜR DES ZWEITEN WACHHAUSES ABZEICHNEN UND DIESES HIER RESTAURIEREN..."



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