Dinge passieren einfach, und damit hat es sich.Didaktylos, Philosoph
Falls jemanden die Sache mit der Zeitung bekannt vorkommt: Ja, die Story ist geklaut. Grundlage hierfür war die Fernsehserie Early Edition oder mit dem deutschen Titel Allein gegen die Zukunft.Montag, den 21. November im Jahr der unaufmerksamen WachtelEs war ein trüber Herbstabend in Ankh-Morpork. Vereinzelt waberte Nebel durch Strassen und überzog Mensch, Tier und Gebäude mit einem unangenehmen Film aus Feuchtigkeit. Braune Blätter wurden vom Wind durch die Gassen getrieben und sammelten sich in den reichlich vorhandenen dunklen Ecken. Hier und da schlichen rau hustende Menschen über das Kopfsteinpflaster, nur um schnell wieder in einem festen Gebäude zu verschwinden.
Jeder war froh, wenn er sich an diesem Abend vor seinem Sessel am Kamin ausstrecken konnte. Die Beine in eine mollige Decke gehüllt, umsorgt von einer liebenden Frau oder Familie. Selbst die in Ankh-Morpork allgegenwärtigen Bettler versammelten sich unter den Brücken und zündeten ein wärmendes Feuer in einer Tonne an, um sich die Hände zu wären. Die Wasserspeier der Stadt scharten sich um die windgeschützten Stellen auf den Zinnen der Häuser zusammen, um dem nagenden Herbstwind zu entgehen. Der Winter stand unmittelbar vor den Toren der Stadt.
***
Die schwere Eichentüre des Wachhauses schwang auf und einige Rekruten betraten den Vorraum. Schnell schlossen sie die Tür um dem schneidenden Wind zu entgehen.
Es war ein anstrengender Ausbildungstag für Robin und die Anderen gewesen. Die Rekruten hatten den Auftrag, den Zustand der einzelnen Stadttore zu prüfen. Gleichzeitig sollten sie die Mauern der Stadt, entlang der Endlosen Strasse auf eventuelle Beschädigungen überprüfen und diese in einem Formblatt vermerken.
[1] Die Rekrutentruppe waren froh, dass sie diese Aufgabe vor Einbruch der Dämmerung hinter sich gebracht hatte und nun den Rest des Abends, sowie der anstehenden Nacht, im warmen Wachehaus, oder in einer der beliebten Tavernen zu verbringen.
Robin sehnte sich nur nach seiner Pritsche im Rekrutenschlafsaal. Ihm war heute nicht zum Zechen oder Feiern zumute. Er stellte sich vor, die Decke bis über seine Nasenspitze zu ziehen und die nächsten Stunden in einem süßen Traumland zu verbringen.
"Wächter Picardo!", zitierte Oberleutnant Daemon den Rekruten freundlich zu sich. In der Hand hielt er seine, schon obligatorische, Kaffeetasse. Der Duft des frischen, dämonengebrühten Kaffees stieg Robin verführerisch in die Nase.
"Ja Sir?"
"Ich finde es toll von dir, dass du trotz des anstrengenden Tages, heute Nacht so kurzfristig den Tresendienst übernimmst."
"Was?"
"Du hast dich doch gestern bei der Dienstverteilung selbst in die Liste eingetragen, oder?"
Dunkle Erinnerungsfetzen zogen vor Robins geistigem Auge vorüber.
"VERDAMMT! Das hab ich total vergessen,....oder verdrängt.", jammerte Robin. "Ich habe auch immer 'Glück' bei solchen Geschichten! Wochenlang normaler Ausbildungsdienst, und am anstrengensten Tag teile ich mich selbst zu einem Dienst ein. Na toll!"
"Ach, das kriegst du schon hin!", tröstete ihn der Ausbilder. "Jeder erwischt irgendwann einen unangenehmen Dienst."
Der Ausbilder klopfte dem Wächter aufmunternd - oder bedauernd - auf die Schulter und zog sich wieder in sein Büro im hinteren Teil des Wachhauses zurück (Nicht ohne sich noch einmal, die Tasse vom Kaffeedämonen füllen zulassen).
Langsam kehrte Ruhe in dem schwarzen Haus in der Kröselstraße ein.
Ein paar 'Furchtlose' der Tagschicht machten sich auf, noch ein bisschen Spaß in dem reichlich vorhandenen Nachtleben der Schatten zu finden und die Nachtschicht begann mit ihrem Routinedienst
[2].
Einige wenige Pechvögel mussten in dieser herbstlichen Nacht Streifegehen und für Sicherheit der Bürger sorgen
[3].
Viele der Rekruten gingen schnell in den Schlafsaal, um genau das zu tun, was Robin sich für die Nacht vorgenommen hatte - nämlich schlafen.
Langsam setzte der Rekrut sich hinter den Alptraum aller neuen Wächter. Er betrachtete den langen hüfthohen Tisch und schmunzelte über einige der Inschriften, die Generationen von Wachenovizen in den langen Nächten, kunstvoll in den Tresen geritzt hatte
[4]'Dieser unsägliche Tresendienst!', und andere, hier besser unausgesprochene Gedanken, keimten in dem Wächter auf.
Wenn Robin an morgen früh dachte - Genauer gesagt an 07.05 Uhr - lief ihm ein eiskalter Schauer über den Rücken, der ihm zusätzlich noch die Nackenhaare aufstellte.
Eine weibliche Mumie kam mit einem kleinen Hund aus einem der vielen Büros.
Ordentlich bandagiert, wie es sich für eine Mumie gehört, und mit einem Mantel bekleidet, machte sie sich, wie die anderen die nicht in der Wache lebten und schliefen, auch auf den Heimweg.
'Mannomann! Sie muss eine ziemlich hübsche Frau gewesen sein, als sie noch lebte.', war einer der ersten Gedanken die Robin bei dem Anblick der Untoten in den Sinn kamen.
"Also Robs. Ich wünsche dir einen ruhigen Dienst heue Nacht.", sagte nefer.
"Ist nicht so schlimm!", der Rekrut spielte den harten Mann, aber innerlich zeriss es ihm das Herz, wenn er an seine weiche Pritsche mit der schönen warmen Wolldecke dachte.
"Also, gute Nacht!"
"Nacht, nef. Wir sehen uns morgen!"
"Klar!", entgegnete ihm die Mumie.
Gelangweilt begann er im Dienstbuch zu blättern. Schon nach kurzer Zeit begannen die kleinen Buchstaben langsam vor seine Augen zu verschwimmen........
"Hey du armer Tropf! Lass den Kopf doch nicht so hängen!", rief ihm Leopold von Leermach zu, "Sieh es von der guten Seite! Ich muss heute Nacht raus. Daemon meinte, ich müsste üben, mich in eine Fledermaus zu verwandeln. Er weiß doch, dass das nur funktioniert, wenn ich mich erschrecke. Da gibt’s nicht viel zu üben!", empörte sich der Vampir.
"W...Wassn?", entgegnete ihm Robin ein wenig irritiert. Das Bild seiner Augen wurde wieder scharf und er erkannte das freundliche Lächeln des Vampirs. "Ach du bist es! Ja, ich werde es wohl überleben! So eine Nacht am Tresen hat noch niemandem geschadet!", Robin imitierte dabei den Tonfall seines Ausbilders.
"Genau, meine Rede!", grinste der Blutsauger und wandte sich zum Gehen.
"Und pass auf dich auf!", rief Robin seinem Kameraden hinterher.
Der Rekrut blätterte weiter im Dienstbuch und begann die sauberen handschriftlichen Eintragungen zu lesen. Ab und zu wurden die Eintragungen von einem braunen Rand, den eine unachtsam abgestellte Kaffeetasse hinterlies, unterbrochen.
'07.05 Uhr: Frau Willichnicht beschwert sich über das Gedränge am Hier-gibt’s-alles-Platz!'
'07.35 Uhr: die heftige Diskussion mit Frau Willichnicht dauert an!
'08.00 Uhr: Frau Willichnicht.......'Der Kopf des Rekruten sank langsam auf den Tresen und wohltuende Schwere übermannte seinen ganzen Körper.
***
Wunderschön geformte, smaragdgrüne Augen erschienen hinter dem schlafenden Wächter. Das Augenpaar verharrte in der Luft, ein ebenso wundervoller Mund materialisierte sich, genau an der anatomisch richtigen Stelle und - lächelte.
Eine zusammengerollte Tageszeitung vergegenständlichte sich neben dem schlafenden Haupt des Rekruten. Der Mund und die Augen verblassten langsam.
Ein liebliches Flüstern war kurz zu vernehmen, bevor die Stille wieder die Oberhand gewann:
'Viel Glück! .......'
***
"Hey!!! Aufwachen!!", und eine Hand rüttelte unsanft an Robins Schulter.
"Gnnn.."
"Aufwachen habe ich gesagt!", die bis jetzt noch gesichtslose und körperlose Hand lies von dem Rekruten ab.
"Gnnnaa.......Oh! Entschuldigung Sir!", erwiderte der noch immer schlaftrunkene Rekrut.
"Es ist noch nicht einmal 21.00 Uhr und Du nickst ein!. Normalerweise würde das dich noch einmal eine Nacht Tresendienst kosten. Das ist dir doch bewusst.", tadelte Daemon den Wächter.
"Sir, jawohl Sir!"
"Weil das heute für dich ein wirklich harter Tag war, sehe ich davon ab, wenn du ab jetzt den Dienst ordentlich versiehst:"
"Sir, danke Sir!"
"Lies die Zeitung um dich wach zuhalten!"
"Ähh, welche Zeitung, Sir?"
"Na die dort auf dem Tresen!", entgegnete der Ausbilder und begab sich wieder in Richtung seiner Stube.
[5]Robin rieb sich den Schlaf aus seinem Augenpaar.
'Das ist aber nett, dass er mir eine Zeitung zum Lesen da lässt', dachte Robin.
Der Rekrut griff sich die Zeitung und begann zu lesen.
'Ah, die Abendausgabe der Ankh-Morpork-Times.', dachte der Wächter zufrieden.
Das noch recht junge Zeitungsgewerbe fiel in Ankh-Morpork auf sehr fruchtbaren Boden. Die Leute ergötzten sich gerne an dem Leid anderer und waren auch sonst für jeden Klatsch und Tratsch zu haben. Es dauerte nicht lange und jeder, der etwas auf sich hielt, nahm die tägliche Ausgabe der Zeitung mit zur Arbeit und versüßte sich so seine Pausen.
Der Rekrut begann, wie fast jeder, damit den Leitartikel als erstes zu lesen.
Patrizier rügt den Gildenrat!
Bei der montäglichen Sitzung des Gildenrates hat der Patrizier die Mitglieder des Rates wegen in der Öffentlichkeit ausgetragener Streitigkeiten gerügt .......'Montäglichen! Das ist witzig! Heute ist doch Montag.', dachte Rob belustigt.
Sein Blick wanderte an den Seitenanfang der Zeitung. In der linken Ecke stand normalerweise das Datum. Seine Augen weiteten sich als er das Datum las. Dienstag, der 22. September, Jahr der unaufmerksamen Wachtel.
Sofort drehte sich der Wächter um, in der Erwartung, dass eine Gruppe lachender Wächter kichernd den Scherz auflöste, aber niemand war zu sehen.
Verduzt blätterte Robin in der Zeitung weiter
[6]Jackpot der Spielergilde wieder nicht geknackt!
Die Zahlen des Montagslottos 6 aus 57 lauteten: 2, 23, 27, 48, 52, 56. Zusatzzahl: 17
Keiner der Mitspieler hatte die richtigen Gewinnzahlen der wöchentlichen Lotterie. Der Jackpot beläuft sich mittlerweile auf 157 000 $ und erhöht sich diese Woche um weitere 50 000 $.Bilder eines großen Herrenhauses entstanden in Robins Fantasie. Bedienstete lasen ihm jeden Wunsch von seinen Augen ab. Morgens wurde ihm von einem blasierten Butler das Frühstück ans Bett gebracht. Serviert wurde das Ganze auf dem besten Porzellan, dass man sich für Geld kaufen konnte.
[7]Robin entschloss sich diesen Artikel zu markieren. Er nahm einen roten Stift und zog einen Kreis um diesen Artikel. Nach kurzem Überlegen setzte er noch drei Ausrufezeichen daneben.
Immer aufgeregter blätterte er weiter.
Überfall auf eine Dame
In der Nacht wurde eine ältere Frau auf ihrem alltäglichen Spaziergang entlang der Unbesonnenheitsstrasse überfallen.
Der Täter entriss ihr die Handtasche und flüchtete in tiefer in die Schatten. Das Opfer, Frau W. (Alter unbekannt), wurde nicht verletzt. Die Ermittler der Stadtwache und der Diebesgilde gehen von einem unlizenzierten Überfall aus. .......Plackerers Tresorraum geknackt
In der Nacht wurde der Tresor in den Räumen der Plackerers aufgebrochen.
Die Täter, zwei Trolle, flüchteten. ........Auch diese Artikel kennzeichnete Robin, während heroische Szenen vor seinem geistigen Auge vorbeizogen, die mit dem Lob seiner Ausbilder und Vorgesetzten und neidischen Blicken seiner Mitrekruten endeten.
Mit zitternden Händen blätterte Robin weiter.
Was gab es noch alles in dieser Zeitung zu entdecken?
Bei den Ergebnissen der Hunde- und Pferderennen hielt er inne und markierte, mit einem schelmischen Grinsen, auch diese.
Lächelnd lehnte er sich auf seinem Stuhl zurück. Was für Möglichkeiten. Er konnte ein Held werden.
Er konnte reich werden, oder noch besser: Er konnte ein reicher Held werden.
Die Vorstellung, wie er vor seinem Herrenhaus stand, in der einen Hand einen Verbrecher am Schlafittchen haltend, in der anderen einen Sack voll Geld.
Wie üblich bei solchen Szenen, lies der Wind sein lockiges Haar wehen und seine Zähne blitzten bei dem verführerischen Heldenlächeln kurz auf
[7a]Prüfend untersuchte er abermals die Zeitung. Kein Zweifel, sie war echt!.
Sie unterschied sich nicht im Geringsten von den anderen, die er sicherheitshalber aus dem Altpapier geholt hatte, um sie mit seiner Ausgabe zu vergleichen. Haargenaue Übereinstimmung! Bis auf eine Kleinigkeit, dass Datum. Ein solche Fälschung müsste ein kleines Vermögen gekostet haben und niemand, der in der Wache Dienst tat, hatte genügend Geld, oder gab es für solche Späße aus. Nochmals blickte sich Robin im beinahe verwaisten Wachhaus um. Niemand stürzte aus einer dunklen Ecke hervor und bog sich vor Lachen.
Abermals huschten seine Augen über die verschiedenen Berichte.
Artikel für Artikel arbeitete er sich voran. Bis er im Lokalteil auf eine kleine Meldung stieß.
Wächter getötet
Heute morgen wurde im Hide-Park die Leiche des Wächterrekruten Leopold von Leermach gefunden. Alle Versuche den Vampir auf herkömmliche Weise wiederzubeleben scheiterten. Die Experten von S.U.S.I. gehen davon aus, dass der Mörder den Kopf des Opfers mitnahm.
Ohne den Kopf ist auch eine Wiederbelebung von Untoten ausgeschlossen. Die Stadtwache geht von unlizenziertem Mord aus. Hinweise werden am Wachehaus in der Kröselstraße dringend erbeten......"Waaaas?!", entfuhr es Robin.
Kein Zweifel! Mit diesem Bericht wurde sein Kamerad und Freund Leopold gemeint.
War die Stadtwache den Bewohnern nur so viel wert, dass ein Bericht über das Ableben eines ihrer Mitglieder auf Seite 4 mit gerade mal acht
[9] Sätzen bedacht wurde?
Schweiß rann von Robins Stirn herab und das in ihm ausgestoßene Adrenalin elektrisierte ihn. Mit schnell pochendem Herzen las er nochmals den Artikel. Es bestand kein Zweifel, der Artikel handelte von seinem Freund.
"Gut du bist noch wach.", sagte Daemon, der noch mal an den Tresen schaute um zu sehen, ob der Rekrut wieder eingenickt war.
"Sir, ich muss weg!", war die Antwort des Rekruten, der aufsprang, sich seinen Schlagstock griff und in Richtung des Ausganges rannte.
"Aber......", erwiderte der Oberleutnant verduzt und ergänzte etwas lauter "Das wird unangenehme Folgen für Sie nach sich ziehen, .....PICARDO!!"
Die Türe hinter Robin fiel mit dem obligatorischen Krachen ins Schloss. Der Wächter steckte die Zeitung in seine linke Gesäßtasche und begann zu rennen.
***
'Ich kann mich nur in eine Fledermaus verwandeln, wenn ich mich erschrecke! Ich habe es ihm hundertmal gesagt, ja gebettelt hab ich! Aber nein! Sie müssen das lernen Rekrut Leermach hat er gesagt.'Leopold von Leermach, der wohl schreckhafteste Vampir der Stadtwache von Ankh-Morpork wanderte alleine durch die dunklen Gassen der Schatten. Seine Schritte hallten von dem feuchten Kopfsteinpflaster und den Wänden wieder.
Mit seinem Schicksal hadernd hielt er von Zeit zu Zeit inne und versuchte halbherzig die Verwandlung zustande zu bekommen. Vor Anstrengung wurde sein Kopf rot und nach einer Weile lies er mit einem hörbaren Geräusch die Luft entweichen, um sofort wieder einzuatmen, bevor er sein Bewusstsein verlor.
'Es klappt nicht! Es klappt nicht! Ich kann es einfach nicht!', dachte der Vampir.
Leo wanderte weiter entlang der Docks, bis er zum Ende der Schatten gelangte und die Ankh-Brücke überquerte. Am Galgen vor dem südöstlichen Zipfel des Hide-Parks verharrte er und betrachtete das Mordinstrument. Dieses Ding wurde nicht mehr allzu oft benutzt. Mann könnte an dieser Stelle sagen: Den Göttern sei Dank, aber heutzutage wurden die Bestrafungen oftmals den Gilden überlassen, wenn die Vergehen ihre Bereiche betrafen.
Leo dachte angewidert an den 'Wetterhahn' der Diebesgilde und erzitterte innerlich, als ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief.
'
Ich sollte nefer besuchen.', dachte der Blutsauger, der jede Gelegenheit nutzen wollte, nicht 'verwandeln' üben zu müssen.
Geräusche von Schritten, die nicht seine eigenen waren, erregten Leopolds Aufmerksamkeit. Der Vampir drehte sich um und
"Was.......AAAAAAAAIIIIIIIIIIIIIIIIIEEEEEEEH."
***
Sein Atmen ging schnell und stoßweise. Die Muskeln in seinen Oberschenkel fingen an, sich schmerzhaft bemerkbar zu machen. Sein Puls raste.
Das glitschige Kopfsteinpflaster trug einen Gutteil dazu bei, sein Vorankommen zu verzögern. Ein kleine rundliche Dame mit geblümten Kleid und Regenschirm kreuzte seinen Weg.
"Guten Abend Herr Wächter", sagte die Frau.
Robin hielt inne.
"Guten....Abend........Frau ...........Willichnicht.", keuchte Robin.
"Also ich muss ihnen sagen..."
"Frau Willichnicht!", unterbrach Robin die Dame "Ich habe keine Zeit, aber ein guter Rat! Gehen Sie nicht diese Strasse entlang!", schnaufte Robin und sprintete weiter.
"Ich gehe hier jeden Abend entlang und das werde ich auch heute tun!", rief ihm Frau Willichnicht hinterher und fügte mit dem Regenschirm drohend hinzu "Ich werde mich Morgen über Sie beschweren!"
Ein dunkler Schatten löste sich aus einer dunklen Seitengasse und ging langsam auf Frau Willichnicht zu.
***
Plop.
Der Blutsauger verwandelte sich in eine Fledermaus.
Flatternd versuchte er zu flüchten. Eine massive, behaarte Hand fuhr in die Luft und packte den Vampir.
"Was haben wir denn da?", sagte eine dunkle Stimme.
Das kleine Tier wand sich zwischen den fleischigen Fingern der Pratze und versuchte zu entkommen. Der kleine Körper zitterte unmerklich.
Der Druck der Hand erhöhte sich langsam aber stetig und der Körper der kleinen Fledermaus begann zu erschlaffen.
Plop.
***
Robin schlitterte um die Ecke, als er in Strasse, die zu den Docks führte einbog.
Aus dem Augenwinkel erkannte er einen kleinen Jungen, der gerade dabei war Lotteriescheine an Passanten zu verteilen.
'Mist!' Vielleicht habe ich später noch Zeit., schoss es Robin durch den Kopf während er weiterrannte.
Kurz nachdem der Wächter den Lotteriejungen passiert hatte, packte dieser seine sieben Sachen zusammen und verkündete den offiziellen Annahmeschluss.
Robin sprintete weiter.
Schweiß durchtränkte inzwischen sein Uniformhemd und zu den Schmerzen in seinen Beinen gesellte sich ein pochender Schmerz.
Der Geruch, der aus Harga's Rippenstube drang, lenkte ihn für einen kurzen Moment ab. Man konnte nicht behaupten, dass der Geruch in ihm ein Hungergefühl weckte, sondern eher das Gegenteil war der Fall. Der kurze Augenblick der Unaufmerksamkeit reichte aus, dass der Wächter zwei maskierte Trolle, die seinen Weg kreuzten, übersah. Mit voller Wucht prallte er gegen den Ersten, tropfte von ihm ab, wie Schmutz auf einem Lotusblatt.
Die dunklen Gassen vor seinen Augen wurden schlagartig noch dunkler. Das Schwarz mischte sich mit weisen Punkten und ein hochtoniges Geräusch piepte zwischen seinen Ohren.
Sein Schlagstock fiel mit dem dazugehörigen lauten Klappern zu Boden und rutschte weiter in die Dunkelheit. Robin schlug hart auf dem Boden auf, kam aber durch seine eigenen Bewegungsenergie nicht sofort zum Stillstand. Auf der Seite liegend glitt er bis zu einer Hauswand, die seiner Reise jäh ein Ende setzte. Der Aufprall presste den letzten verbliebenen Rest von Atemluft aus seinen Lungen und die süße Schwärze umschloss den Wächter abermals; diesmal jedoch vollständig.
"Was das war?", brummte einer der maskierten Trolle.
"Nicht wichtig sein! Wir verschwinden müssen!" entgegnete der Andere.
***
"Ich bin Wächter der Stadtwache von Ankh-Morpork und Sie täten besser daran, wenn Sie mich jetzt loslassen würden. Sofooort!!", sagte Leopold von Leermach.
"Habe ich es schon erwähnt, ich hasse Vampire!. Ihr Blutsauger lebt nur auf Kosten anderer und ich werde jetzt ein Exempel statuieren!", entgegnete die riesenhafte Gestalt.
Die Hand, die vorher noch die Fledermaus hielt befand sich jetzt an dem Hals des Blutsauger.
Aus mit Angst erfüllten Augen betrachtet der Vampir seinen Peiniger. Es war ein hünenhafter Mann mittleren Alters. Er besaß langes lockiges Haar, dass ihm in Wilden Strähnen ins Gesicht fiel. Ein Großteil des Gesichtes war von einem wildwucherndem Vollbart bedeckt. Nur das irre Glitzern in den Augen des Verrückter brachte Helligkeit in das dunkle Gesicht. Die Gestalt trug wuchtige Lederstiefel und einen schweren Mantel, der zweifelsohne auch schon bessere Tage gesehen hatte.
"Sir, ich weise sie nochmals darauf hin, dass Sie ein Mitglied der Stadtwache angreifen und .......... urghss."
Wie vorher erhöhte die Hand den Druck, nur jetzt befand sich die Hand am Hals des Rekruten.
***
Das pfeifende Geräusch verschwand und Robins Lungen füllten wieder mit Sauerstoff. Der Rekrut erlangte langsam sein Bewusstsein wieder; jede Zelle seines Körpers lechzte nach dem lebensspendenden Sauerstoff. Ein spitzer Schmerz an seiner Flanke wies ihn darauf hin, dass er sich wohl eine Rippe bei dem Sturz angeknackst hatte. Von dem vermeintlichen 'Hindernis' war nichts mehr zu sehen.
Robin rappelte sich auf. Mit den Händen auf die Knie gestützt holte er ein paar mal Luft, besser gesagt, er versuchte es.
Die angebrochene Rippe verschaffte sich schmerzhaft Gehör. Die Hand fest an seine Seite gepresst und so flach wie möglich atmend wankte der Rekrut, auf der Suche nach seinem Schlagstock, an der Hauswand entlang. Nach kurzem Herumschauen fand er ihn und machte sich wieder auf seinen Weg.
Jeder Schritt bewegte leider Muskeln und Fettgewebe
[10] in seinen Körper; dass versetzten nun wiederum seine Rippe in eine sehr unangenehme Vibration. Erheblich langsamer joggte er nun weiter in Richtung der Ankh-Brücke und der Nebel verdichtete sich.
***
"Ihr seid der Abschaum! Ausgeburten der Hölle! Meine Mission besteht darin, euch alle zu vernichten!", raunte der Wahnsinnige und näherte sich bei jedem Wort Leos Gesicht.
Übelriechender Atem und kleine Tropfen von Speichel schlugen ihm entgegen und trafen ihn auch. Der Mund des Angreifer formte sich zu einem grotesken Lachen und entblößte dabei von Zahnfäule geplagte Zähne.
"Sir, ich bitte Sie!", wimmerte der Vampir "Ich ernähre mich beispielsweise nur von Hasen!"
"Das ist mir egal.", erwiderte der Verrückte und Leo vernahm das unangenehme Geräusch einer Klinge, die aus ihrer Scheide befreit wurde.
Die Wolken und der Nebel gaben dem Mond für kurze Zeit den Blick auf diese Szene frei und die Klinge blitze bedrohlich in seinem Licht.
Langsam näherte sich die Schneide dem Hals des Vampirs. Zentimeter für Zentimeter schwand der Abstand zwischen Fleisch und Metall.
"Ich bitte sie........!", schluchzte der verzweifelte Hasensauger.
***
Verzweiflung keimte in Robin auf. Er musste schneller vorankommen um seinen Freund zu retten. Die Schmerzen steigerten sich zu einer Kakophonie, die in seinem Innersten ein Exklusivkonzert zu geben schienen. Immer wieder stoben blaue und rote Punkte über seine Netzhaut und zwangen ihn dazu, seinen Kopf schütteln um wieder klar sehen zu können. Das Kopfschütteln half nicht viel gegen die 'fliegenden Punkte', aber gab ihm wenigstens das Gefühl etwas dagegen getan zu haben.
Der Galgen vor dem Hide-Park schob sich langsam in sein Blickfeld.
Jetzt kann es nicht mehr weit sein', dachte Robin und zog noch einmal die geheimnisvolle Zeitung hervor.
Ja! Hide-Park, eindeutig' und der Rekrut steckte die Zeitung wieder zurück in seine Tasche.
"AAAAAAAAAAIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEEEHHHHHHHHHHHH!"
Panik übermannte Robin und er startete zu einem letzten Sprint.
***
"Weißt du was ich mit deinem Kopf machen werde kleiner Vampir?"
"N....Nein?", antwortete Leopold verängstigt.
"Ich werde ihn in einen Sack stecken! An dem Sack werde ich dann Steine befestigen. Danach mache ich eine kleine Wanderung und VERSENKE DEINEN VERFLUCHTEN SCHÄDEL IM ANKH!!!!!! Selbst die besten Ärzte und Sanitäter werden Dir dann nicht mehr helfen können! WUAHAHAHAHA
[11]!", und ein irres Lachen erfüllte die neblige Nacht.
"AAAAAAAAAAIIIIIIIIIIEEEEEEEEEEEEEHHHHHHHHHHHH!"
Die Klinge leuchtete silbern im Licht des Mondes auf, als der Hüne zum tödlichen Hieb weit ausholte. Am Scheitelpunkt der Bewegung stoppte die Messer kurz, um in Richtung des Halses von Leopold, seine Reise wieder aufzunehmen.
Die Augen des Blutsauger weiteten sich immer angstvoller.
Die Schneide teilte unerbärmlich die Luft die zwischen ihr und ihrem Ziel stand. Sie lechzte danach, in weiches Fleisch zu schneiden.
Kurz bevor sie ihr Ziel erreichte änderte sich jedoch plötzlich die Richtung.
Durch den Körper des Kolosses fuhr ein schwerer Schlag.
Robin hatte sich mit aller Macht mit seiner Schulter gegen den Giganten geworfen und brachte ihn so aus dem Gleichgewicht.
Das Gesetz der Trägheit der Masse kam zu seiner vollen Wirkung. Picardos Schlüsselbein protestierte mit einem nur für ihn hörbarem Geräusch. In einem Knäuel aus Körper, Armen und Beinen rollten der Wächter und der Angreifer, nach kurzer Verzögerung über das Gras im Hide-Park.
Robin löste sich von seinem Gegner und erwartete den nächsten Angriff des Riesen.
Aber .......... nichts geschah.
Der Rekrut wandte seinen Blick kurz von dem Angreifer ab und rief Leopold zu:
"Leo, alles in Ordnung? Hat er dich erwischt?"
"Ähhm, nein! Ich glaube es ist noch alles dort wo es sein soll!", antwortete der Vampir, noch sichtlich geschockt.
Robin zog seinen Schlagstock und ging vorsichtig auf den auf der Seite liegenden Wahnsinnigen zu. Er bewegte sich nicht mehr.
Der Rekrut stupste den Hünen kräftig zwei mal mit seinem Stock an. Es erfolgte keine Reaktion.
Langsam dreht er den Mann auf den Rücken und erkannte den Grund, warum er sich nicht mehr bewegte.
Das lange Messer hatte sich bei ihrem Sturz tief in die Brust des Giganten gebohrt. Die offenen Augen blickte leblos und scheinbar traurig zum scheinenden Mond empor.
"Leo! .... Ich glaube er ist tot!", rief Rob seinem Kameraden zu, der sich inzwischen wieder aufgerappelt hatte.
"Ehrlich? A... Aber du hast ihn doch nur umgeworfen?"
"Ja, aber er scheint in sein eigenes Messer gefallen zu sein!"
"Wir sollten unverzüglich zurück in die Kröselstraße und Bericht erstatten!", sagte Leermach vernünftig.
"Und jemand sollte sich um die Leiche kümmern. Lass uns gehen!"
"Eine Frage hätte ich noch! Woher wusstest du, dass ich hier in Schwierigkeiten bin?"
"Ich will es mal so ausdrücken: Ich studiere aufmerksam die Nachrichten!"
Leopold verstand die Antwort seines Kameraden nicht, belies es jedoch dabei. Zu viele Dinge gingen noch in seinem Kopf herum und so gab er sich damit zufrieden.
"Danke Robs!", sagte der Vampir.
"Gern geschehen Leo, dass nächste Mal rettest du mich. Einverstanden?"
"Einverstanden Robin. Einverstanden!"
Wieder an der Ankh-Brücke angekommen zog Robin die Zeitung aus seiner hinter Hosentasche. Er blätterte zu Seite vier und betrachte nochmals den Artikel.
Die Buchstaben formierten sich vor seinen Augen zu neuen Wörtern und bildeten andere Sätze.
Mordanschlag auf Wächter vereitelt
In der Nacht wurde ein Anschlag auf einen Wächter der Stadtwache durch einen Anderen verhindert. Das Angreifer stürzte so unglücklich in sein eigenes Messer, dass er auf der Stelle tot war. ......Robin rollte die Zeitung zusammen. Die Lotterieverkäufer waren inzwischen heimgegangen, Frau Willichnicht überfallen und der Tresorraum bereits geknackt. Die Fantasiebilder zerplatzen wie Seifenblasen.
Der Wächter holte aus und warf die Zeitung in den Ankh.
"Danke!, murmelte Robin vor sich hin und fügte in Gedanken hinzu
'Ohne Freunde wäre das Ganze sowieso nichts wert gewesen'Der Wächter haderte nicht mit seinem Schicksal, er war froh, dass Leopold und er relativ heil und unbeschadet aus dieser Geschichte gekommen sind.
Mit einem leisen Platsch landete die Zeitung auf der zähen Oberfläche des Flusses und ging langsam unter.
"Bei wem hast du dich gerade bedankt?", fragte Leopold.
"Bei niemand Bestimmten.", war die Antwort seines Kameraden.
Nachdenklich setzten Beide ihren Weg zum Wachhaus fort, bis Robin plötzlich innehielt.
"Verdammt! Ich habe die Hunde- und Pferderennen vergessen!"
[1] Was sich als unglaublich schwierige Aufgabe erwies, denn einige Stadtbewohner nutzten die Stadtmauer offensichtlich als ihren persönlichen Baustoffhof
[2] Bei einigen Wächtern bedeutete dies, sich in ihrem Büro einzuschließen und zu hoffen, das jede Aufgabe hoffentlich an ihnen vorüberging
[12][3] Wobei viele Wächter sich selbstverständlich selbst als Bürger bezeichneten und ihre persönliche Sicherheit in den Vordergrund stellten. Den Rest der Nacht verbrachten sie, in alter Wachetradition, rauchend an einer wind- und wettergeschützten, möglichst auch blicksicheren, Stelle
[4] Die meisten der Sprüche bezogen sich jedoch auf Frau Willichnicht, oder zumindest deren Geisteszustand
[5] Nicht ohne sich noch mal umzudrehen, um zu schauen, ob der Rekrut sich sofort wieder ans Schlafen macht
[6] Immer noch erwartend, dass seine Kameraden hinter einer Ecke hervorsprangen und etwas in der Art wie, April April, riefen.
[7] Er lag auch mit mehreren Mädchen im Bett die ihn anhimmelten; darauf will der Autor aber hier nicht näher eingehen
[7a] Er war ein wenig durchtrainierter und ein Stück größer, aber dies war schließlich eine Vorstellung in
seiner Fantasie
[9] Tschuldigung 7+1
[10] Robin nahm sich fest vor, den Anteil zu Muskeln und Fett in seinem Körper, in ein annehmbares Verhältnis zu bringen
[11] Das obligatorische Gelächter des wahnsinnigen Mörders darf an dieser Stelle natürlich nicht fehlen
[12] Möglichst sollte die Aufgabe bis zur Tagschicht weitergehen und die 'Nachtwächter unbehelligt lassen. Die 'Tagwächter' taten wiederum das Gleiche
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