Merry Hogswatch Kolumbini oder: Shadow of the past

Bisher hat keiner bewertet.

von Wächter Kolumbini (GRUND)
Online seit 27. 11. 2002
PDF-Version

Für Rekruten (zweite Mission):
Ein Rekrut ist heute morgen nicht zum Apell erschienen.
Finde durch Zeugenbefragung heraus, wo er abgeblieben ist.

Dafür vergebene Note: 12

Merry Hogswatch Kolumbini oder: Der Schatten der Vergangenheit


Frostblumen zeigten sich auf einem Fenster einer Schneiderei in Sto Lat. Es war der 31. Dezember und die Straßen waren wie ausgestorben, da sämtliche Leute in ihren Häusern saßen, um mit der Familie die Silvesternacht zu feiern. Selbst diejenige, die keine Familie hatten blieben im behaglichen Heim oder gingen in eine Kneipe um ihre Einsamkeit in Alkohol zu ertränken.
Das Holzschild über der Tür des Ladens zeigte die Aufschrift "Kolumbinis Schneiderei" und quietschte wie ein alter Schaukelstuhl1[1] im leichten Wind. Einige Schneeflocken flogen durch die Luft und blieben an den vereinzelten Hindernissen hängen. Väterchen Frost war bereits den ganzen Abend unterwegs gewesen, um die Scheiben der gesamten Scheibe mit Frostblumen zu verzieren. Er sah durch das Fenster der Schneiderei. Offenbar gab es noch einen Hinterraum und er war sich sicher, dort noch an keinem Fenster seine Verzierungen angebracht zu haben. Eine kurze Zeit später blickte Väterchen Frost durch das Fenster an der Rückwand des Gebäudes in einen von Kaminfeuer erhellten Raum, in dem eine bucklige, vernarbte Gestalt und ein kleiner Mann in einem Ledermantel in jeweils einem Sessel saßen. Sie schienen ein sehr wichtiges Gespräch zu führen. Frost lauschte ihnen.
"Du willft alfo Fto Lat verlaffen, Herr?" fragte der Bucklige.
"Ja, Igor. Ich habe lange darüber nachgedacht und glaube, dass es das Beste wäre, wenn wir nach Ankh-Morpork fahren. Vielleicht werden wir ja dort Geborgenheit finden. Ich hoffe es zumindest", antwortete der Kleine, von dem Väterchen Frost vermutete, dass es der Schneider war.
Es folgte Stille und Frost wandte sich wieder seinen Blumen zu. Er hörte das leise Knistern des Kamins, das der gesamten Szenerie eine eher bedrückende und traurige Atmosphäre verlieh, bis der Schneider sagte:
"Vielen Dank noch mal für dein Geschenk, Igor. Ich bin sicher, dass ich ein zweites Glasauge einmal gebrauchen kann."
"Keine Urfache, Herr. Vielen Dank auch für daf Nähfet. Haben wir überhaupt genug Geld für eine Reife nach Ankh-Morpork, Herr?" sagte der Bucklige Namens Igor.
"Oh ja. Ich habe immer ein wenig Geld beiseite gelegt und außerdem ist der Erlös unseres Schlossverkaufs noch lange nicht aufgebraucht. Ich dürfte über 10.000 Ankh-Morpork-Dollar haben. Außerdem sagen die Leute hier, dass man in der großen Stadt schnell Geld machen könne, da es dort genug davon gäbe."
"Nun wenn die Gerüchte, die ich über die Gerüche der Ftadt gehört habe ftimmen und daf Fprichwort "Geld ftinkt" auch nur ein Körnchen Wahrheit enthält, fo muff Ankh-Morpork fehr reich fein."
"Also stimmen wir überein, Igor? Wir fahren in die große Stadt?"
Igor überlegte einen Moment. Vor einigen Jahren, als sie noch in Überwald gewohnt hatten, hatte er Sto Lat für eine glitzernde Metropole gehalten. Ankh-Morpork:
Er hatte viele Geschichten über diese Stadt gehört. Angeblich waren in ihr viele Kulturen zu Hause und das Spektrum umfasste nicht nur Spezies, die atmeten und Blut in ihren Adern und Venen transportierten. Inzwischen schätzte man, dass in der Stadt mehr als eine Millionen Bürgerinnen und Bürger lebten. Es wäre sicher eine interessante Erfahrung, in einer solchen Stadt zu leben.
"Ja, Herr. Lafft unf gleich morgen aufbrechen."
Frost glaubte nun alles gehört zu haben, was ihn interessieren sollte. Er setzte nur noch schnell einige Frostblumen ans Fenster und ging. Wäre er ein wenig länger geblieben, so hätte er eine in schwarz gekleidete Person bemerkt, die sich langsam ans Fenster heranschlich und dem weiteren Gespräch lauschte.
"So, so", sagte sie mit einer etwas kratzigen Stimme, "wir wollen also nach Ankh-Morpork, Cherr Kolumbini? Auch das wird diech nicht retten. Buchachachacha."
Das Lachen der Person war das Lachen, welches JEDER gemeine, hinterhältige und vor allem wahnsinnige Schurke oder Mörder besaß. Anscheinend gehörte es zu den ersten Dingen, die man als Bösewicht beherrschen musste.
Das Lachen hallte gespenstisch in den dunklen, leeren Gassen wider. Der Schneider Kolumbini und sein Diener Igor erschraken und sahen aus dem Fenster. Nichts war zu sehen... nur einige Schneeflocken flogen einsam durch die Luft und verschwanden schließlich in der Dunkelheit der Welt.

Es war nun der 29. Dezember exakt ein Jahr später. In ganz Ankh-Morpork bereiteten sich die Menschen auf Silvester vor. Familienväter und Mütter kauften die letzten Geschenke ein; Wirte sorgten dafür, dass mehr Alkohol im Hause war2 [2] Geschäftsleute rückten noch einmal ihre Dekoration, die schon seit mehreren Monaten im Schaufenster stand, zurecht, obwohl sie alle eigentlich keine weiteren Kunden anzulocken brauchten, da der Umsatz um Silvester rum immer enorm anstieg. Selbst die Waffen- und Gifthändler verzeichneten zu dieser Zeit ein enormes Umsatzplus3 [3] und alle anderen schmückten ihre Häuser mit Kleeblättern und rosa Schweinchen.
Die vermutlich einzige Kneipe in ganz Ankh-Morpork, die auf Dekoration verzichtete befand sich in der Quirmstraße. Sie hatte außer einigen Stammkunden sowieso keine Gäste, für die es sich gelohnt hätte zu dekorieren. Das hölzerne Schild über der Eingangstür zeigte einen Pferdekopf, der aus einem Pferch herauslugte, was ihr unter den Stammkunden den Namen "le equile stabule" (wörtlich ungefähr: "zum Stall der Pferde") eingebracht hatte.
Man traf fast nie mehr als fünf Personen in ihr an. Den Wirt, die Band und einen Gast. Doch seine Gäste tranken immer gut und vor allem viel, soviel wusste Ceneral Humbertolini. Von seinen Kunden schlicht und einfach "Humbert-das-Gleiche-noch-einmal" genannt. Er hatte diese Kneipe vor gut zwei Jahren eröffnet, in der Hoffnung, dass es noch mehr Gennuaner in Ankh-Morpork gäbe, die gerne in einer vertrauten Atmosphäre ihr Essen und Trinken zu sich nehmen wollten.
Humbert hatte sie spärlich eingerichtet und die wenigen Verziehrungen, die er angebracht hatte, deuteten eindeutig auf seine Herkunft hin. In der Mitte des Raums standen mehrere runde Tische, die derzeit alle leer waren. Weiterhin gab es einige Tische in den Ecken des Raums und in einer der dunkelsten Ecke hielt sich der momentan einzige Gast auf. Auf einer kleinen Bühne spielte die hauseigene Band BAM4[4] jeden Abend Lieder, die sich die Gäste wünschten. Derzeit herrschte vollkommene Stille. Der Kunde hatte ausdrücklich darauf hingewiesen, dass ihm heute Abend nicht nach Musik zumute sei. Humbert kannte ihn seit gut einem Jahr. Der Wirt wusste nicht welcher Herkunft der Gast war, schloss allerdings aus dessen Aussehen, dass er zumindest zur Hälfte Gennuaner sein musste. Oft kam er gut gelaunt hierher, um mit Humbert ein kleines Gespräch zu führen, allerdings wusste der Wirt, dass es nur gestellte Fröhlichkeit sein konnte.
Denn wesentlich häufiger kam der Gast mit gesenktem Kopf in die Kneipe, setzte sich in seine dunkle Stammecke, bat die Band ein wenig leise Musik zu spielen5[5] und bestellte ein Kutscherbier6[6] oder einen Tee, um damit den gesamten Abend in der Ecke zu sitzen, in die Leere zu blicken und ab und zu einen Schluck zu trinken. An seinen richtigen Namen erinnerte Humbert sich nicht mehr. Er nannte ihn einfach immer Fred, was dem Gast nichts auszumachen schien.
Ich glaube sein Nachname hatte etwas mit Eiern zu tun, erinnerte sich der Wirt.
Inspäctor "Fred" Kolumbini saß in seiner Lieblingsecke über ein Kutscherbier gebeugt und dachte über die Welt im Allgemeinen und sein miserables Leben im Besonderen nach.
Er sah wie Humbert auf ihn zutrat. Vermutlich würde er gleich fragen, ob etwas mit ihm nicht stimmte.
"Sag mal, Fred. Was ist denn momentan los? Seit du der Wache beigetreten bist kommst du nur noch selten vorbei. Und bisher warst du immer extrem gut gelaunt. Du hast neulich sogar eine Lokalrunde geschmissen. Wenn man etwas nicht von dir erwartet so dies. Und jetzt sitzt du hier und bläst Trübsal. Stimmt was nicht?" fragte der Wirt.
"Anfangs war ich ja auch noch froh der Wache beigetreten zu sein. Man hat mich gelobt, weißt du? Das war das erste Mal, dass jemand meine Arbeit gelobt hat. Aber ich finde dort einfach keine Freunde. Heute dekorieren sie das Wachhaus für Silvester. Igor freut sich ja immer darauf und deswegen hilft er ihnen, aber ich kann diesem Fest nichts abgewinnen. Zum Glück machst du kein Aufheben um diesen bescheuerten Mist", sagte Kolumbini.
"Und deswegen bist du unglücklich? Weil alle anderen sich auf das Fest freuen und frohlocken?"
"Nein, nicht ganz. Es ist nur, dass ich einfach niemanden habe, der mich wirklich versteht. Keinen richtigen Freund. Nun gut Igor, ja. Aber er ist eher ein Teil der Familie."
"Armer Fred. Aber du weißt doch, was ich immer sage, oder?"
"Ja, ja. Schau immer zur Sonnenseite des Lebens. Das rätst du mir immer. Es hilft auch. Manchmal jedenfalls."
Kolumbini stieß einen tiefen Seufzer aus, trank einen Schluck von seinem Kutscher und sagte dann zur Band:
"Spielt es doch noch einmal BAM."

Jemand klopfte stürmisch an die Tür des Büros von Kommandeur Rince.
"Herein", sagte er ohne von "Mount tedious form- filling" aufzusehen.
Fähnrich Irina Lanfear stürmte in den Raum und salutierte schlampig. Sie schien wegen etwas sehr erzürnt zu sein.
"Stimmt etwas nicht, Fähnrich?" fragte der Kommandeur.
"Allerdings. Einer meiner Rekruten ist heute morgen nicht zum Appell erschienen. Er hat sich erst gestern bei mir gemeldet" erklärte die erzürnte Frau.
"Bitte? Erklär mir das mal ganz in Ruhe, Fähnrich."
"Also, dieser neue Rekrut, sein Name ist Dimitri van Überwald, hat sich gestern bei mir gemeldet. Er ist wohl eine Art überwaldianischer Adeliger. Heute morgen ist er nicht zum Appell erschienen und ich ging zu seinem Haus im Bachlosen Weg um mir die Sache mal anzusehen. Nun wenn ich von Haus spreche meine ich eher Villa. Seine Haushälterin öffnete mir die Tür und ich fragte sie, wo ihr Herr sei. Allerdings sprach sie nur Überwaldianisch und so wusste sie nicht, was ich von ihr wollte. Ich habe nach einem Wächter rufen lassen, der diese Sprache beherrscht und somit konnten wir uns verständigen. Sie wollte uns auf keinen Fall ins Haus lassen. Sie meinte, wir sollten gefälligst jemanden von hohem Stand schicken, wenn wir mit dem Grafen sprechen wollten. Ich habe ihr erklärt, mit wem sie es zu tun hat, aber anscheinend sind sie noch nicht lange in der Stadt. Sie wollte mir meine Abstammung nicht glauben. Das ist eine Frechheit! Du musst jemanden hinschicken, Sir!"
"Wenn ich das richtig verstanden habe: Wir brauchen also jemanden, der Überwaldianisch beherrscht und Adelsstatus hat, oder etwas, das auf einen Adelsstand schließen lässt? Zum Beispiel einen Diener?"
"Ja. Und zwar SCHNELL!"
"Schon gut. Beruhige dich, Fähnrich. Sicher hat die Haushälterin ihre Gründe dafür. Hmm...jemand der Überwaldianisch beherrscht und einen Diener selber Herkunft hat..."
Der Kommandeur grinste schelmisch.
"Mir fällt da nur ein Name ein. Lass nach Inspäctor Kolumbini und seinem Igor rufen, ja?"
"Ihn? Du willst einen Rekruten hiermit beauftragen?"
"Ja. Warum denn nicht? Dieser van Überwald wird sowieso nur krank sein. Ich glaube kaum, dass es was Ernstes ist."
"Nun gut. Ich schicke ihn zu dir. Es ist schon spät. Ich werde danach nach Hause gehen. Es war ein anstrengender Tag. Sag ihnen, dass sie morgen bei mir vorbeischauen sollen. Und ich hoffe, du weißt, was du tust."
Der Kommandeur bedachte sie mit einem Blick.
"Sir", fügte der Fähnrich hinzu, bevor sie salutierte und den Raum verließ.
Rince salutierte ebenfalls.
Eine kurze Zeit später klopfte es erneut an die Tür.
"Ah, guten Abend, Kolum..." Rince unterbrach sich, als er bemerkte, dass nur Igor den Raum betreten hatte.
"Igor? Wo ist dein Herr?"
"Nun, Herr, du weift ficher noch, daff du ihm heute Abend freigegeben haft. Er ift in feine Ftammkneipe gegangen um einen über den Durft fu trinken."
"Ach, ja. Natürlich, jetzt erinnere ich mich wieder. Nun wie auch immer, geh zu ihm und sag ihm, dass ich einen Auftrag von höchster Wichtigkeit für euch Zwei habe. Kommt Beide hierher, dann erkläre ich es euch."
"Fehr wohl, Herr", sagte Igor und salutierte unglücklich, bevor er aus der Tür schlurfte.
Rince wandte sich wieder dem Papierkram zu und lächelte zu sich selbst.

Die letzten Akkorde des Liedes verklangen langsam und die Band wandte sich wieder ihren eigenen Getränken zu. Fred trank den letzten Schluck von seinem Kutscher. Es ging ihm inzwischen ein wenig besser. Wenn auch nicht viel. Humbert war hinter die Theke gegangen um zwei Biere zu zapfen. Es war das erste Mal, wenn sich Kolumbini richtig erinnerte, dass der Wirt ihm einen ausgab.
Mit einem Tablett in der Hand, auf dem zwei große Bierkrüge standen, kehrte der 1,60 Meter große, grauhaarige Mann zurück an den Tisch, stellte beide Krüge auf den Tisch und setzte sich Kolumbini gegenüber.
"So, Fred", sagte er. "Jetzt erzähl mir mal ganz genau, was eigentlich los ist. Du kannst mir wirklich alles sagen."
"Humbert, ich bin nicht dumm. Du willst, dass ich wieder fröhlich werde, weil ich dann mehr trinke. Die Geschichte mit dem guten Freund kaufe ich dir nicht ab. Du bist Geschäftsmann und deshalb respektiere ich diese Einstellung bei dir auch. Ich schätze wirklich, dass du mir immer zuhörst, aber das macht dich noch lange nicht zu meinem Freund", entgegnete Kolumbini verdrießlich.
Bevor Humbert antworten konnte kam Igor hereingestürmt und sagte keuchend:
"Schnell, Herr. Der Kommandeur läfft dich rufen. Ef ift ein Notfall. Irgendein wichtiger Auftrag wartet darauf von unf aufgeführt fu werden."
"Ah. Gut. Also, Humbert, ich muss gehen. Die Pflicht ruft. Bis bald. Danke nochmals für das Bier und das Gespräch."
"Äh. Tschüss, Fred. Tschüss, Herr Igor."
"Tschüff."
Kolumbini drehte sich um und winkte mit seiner Hand über die rechte Schulter, was er immer zum Abschied tat. Es sah aus, als würde er sie über die Schulter werfen. Humbert blickte auf den Bierkrug.
Er wandte sich an die Band:
"Von euch trinkt niemand Kutscher, oder? Oh entschuldige, Arthur, das war geschmacklos."

Kurze Zeit später betraten Fred Kolumbini und sein Igor das Büro des Kommandeurs.
"Ah, Kolumbini. Das ging aber wirklich schnell", sagte Rince, nachdem sie das übliche Begrüßungssalutieren hinter sich gebracht hatten.
"Igor sagte, es sei dringend, deswegen haben wir uns beeilt", antwortete der Rekrut.
"Ich habe eine wichtige Aufgabe für dich, die auf eine schnelle Ausführung wartet. Du sollst bei dem Rekruten Dimitri van Überwald im Bachlosen Weg 12 vorbeischauen. Fähnrich Lanfear kam vorhin zu mir und meldete, dass er heute Morgen nicht zum Dienst erschienen sei. Ich möchte dich bitten einmal bei Dimitri vorbeizuschauen um in Erfahrung zu bringen, was da genau los war. Ich glaube kaum, dass es was Ernstes ist. Erstatte mir morgen Abend um 19:00 Uhr, wenn ich wieder hier bin, Bericht über das, was du herausgefunden hast, in Ordnung?"
"Ja, Herr. Ich werde mich gleich damit befassen."
Fred zog seinen Notizblock aus der Manteltasche und fragte dann:
"Also, Herr, wie ist nochgleich der Name des Rekruten?"
"Wie gesagt Dimitri van Überwald."
"Gut und wo wohnt er?"
"Im Bachlosen Weg 12."
"Gibt es sonst noch etwas, das ich wissen sollte?"
"Nun ich kann dir nichts weiter sagen. Fähnrich Lanfear müsste da etwas mehr wissen. Aber sie ist schon nach Hause gegangen. Du wirst das schon hinkriegen. Ich wünsche euch Beiden viel Glück bei euren Ermittlungen."
"Danke fehr, Herr", sagte Igor.
"Danke, Herr."
Kolumbini und Igor salutierten und drehten sich zum gehen um.
"Ach und Kolumbini", fügte Rince hinzu.
"Ja, Herr?" fragte der Rekrut.
"Das du mir niemandem irgendwelche Körperteile verbrühst, klar?"6.1.[7]
"Ja, Herr" antwortete Fred kleinlaut und schloss die Tür hinter sich.

"Waf glaubft du, Herr?" fragte Igor, als sie zurück in ihrem Zimmer waren. "Will unf der Kommandeur wieder auf den Arm nehmen?"
"Ich glaube nicht, Igor", antwortete Kolumbini. "Er schien mir ein wenig zu ernst, als das es sich wieder um einen Test handeln könnte."
"Glaubft du, daff diefem Rekruten etwaf ernfthaft schlimmef paffiert fein könnte?"
"Mmh. Ich bin mir nicht sicher, aber ich habe ein ungutes Gefühl bei der ganzen Sache. Ein Rekrut, meldet sich nicht einfach, ohne eine Erklärung nicht beim Wachdienst. Wenn er krank gewesen wäre, hätte er bestimmt eine Nachricht geschickt. Aber lass uns keine voreiligen Schlüsse ziehen, bis wir nicht Fähnrich Lanfear befragt haben."
"Warum gehen wir nicht gleich fu ihr, Herr?"
"Hast du mal auf die Uhr gesehen, Igor? Weder möchte ich die Ausbildungsleiterin von G.R.U.N.D. verärgern, noch möchte ich zu diesen van Überwalds gehen. Jedenfalls nicht um 23: 00 Uhr Nachts. Wir werden morgen in aller Frühe aufbrechen, Igor. Gute Nacht."
"Gute Nacht, Herr."
Dann gingen sie beide zu Bett. Kolumbini stand nach einer Weile wieder auf und trat an sein Fenster, das ihm einen Blick über halb Ankh-Morpork offenbarte. Die Dächer der Stadt sahen aus, als hätte jemand Vollkornmehl über sie gestreut.7[7a] Viele der Dächer waren mit den typischen Schneevaterfiguren verziert. Fred deprimierte dieser Anblick und er wandte nach kurzer Zeit den Blick ab, um sich ins Bett zu legen. Und in einer kleinen Nebengasse der Kröselstrasse trat eine Gestalt aus den Schatten und betrachtete das Wachhaus für einige Zeit.
Ich chabe doch gesagt, dass du diech nicht verstecken kannst, Kolumbini , dachte sie.
Die Stunde meiner Rache ist nahe. Buchacha.
Leute, die ein irres Lachen denken, sollte man nie mit einer weiteren Person und einem Küchenmesser in einem Raum lassen. Die Gestalt drehte sich um und hastete in Richtung Schatten davon.


Fred und Igor fanden Fähnrich Lanfear am nächsten Tag beim Schießstand in Indeckung. Gerade zeigte sie einem ihrer Rekruten, wie man richtig mit einer Armbrust umgeht.
"Wer seid ihr?" fragte sie skeptisch, als die beiden auf sie zutraten.
"Guten Tag, Ma'am", sagte Kolumbini und salutierte. "Mein Name ist Kolumbini und dies ist mein treuer Diener Igor."
"Guten Tag, Ma'am", begrüßte Igor die Frau, nachdem er salutiert hatte.
"Guten Tag, Kolumbini. Guten Tag, Igor. Habe schon einiges von euch gehört."
Irina kannte zwar alle Rekruten aber den Großteil von ihnen nur sehr flüchtig. Dann wandte sie sich an den Übenden.
"Du kannst gehen. Mach dir einen schönen Morgen und komme heute Mittag in mein Büro. Und nun zu euch. Wart ihr schon im Bachlosen Weg?"
"Nein, Ma'am, noch nicht. Hat sich dieser van Überwald schon bei dir gemeldet?"
"Nein, sonst hätte ich das wohl schon gesagt. Wenn ihr in den Bachlosen Weg geht, macht euch auf etwas gefasst. Die Haushälterin ist eine Furie. Sie wollte nicht einmal mich einlassen, weil ich keine überwaldianische Abstammung und einen Adelstitel hätte."
"Ach deswegen hat der Kommandeur uns damit beauftragt. Nun, mein Igor dürfte ihr ja als Beweis genügen. Könntest du uns etwas von Dimitri van Überwald erzählen, Ma'am?"
"Er hatte sich vorgestern bei mir als Rekrut angemeldet. Gestern sollte sein erster Tag in der Ausbildung sein, aber wie ihr ja wisst kam er nicht. Er schien mir auf den ersten Blick recht verlässlich. Na ja, so kann man sich täuschen."
"Waf weift du denn über feine Lebenfumftände, Ma'am?" fragte Igor.
"Nun er hatte ziemlich feine Kleidung an und seine Villa im Bachlosen Weg ist eines der prachtvollsten Gebäude, die ich jemals gesehen habe. Und glaubt mir ich bin es gewohnt prachtvolle Gebäude zu sehen."
"Ein Lord aus Überwald, also?", überlegte Kolumbini laut.
"Mag sein. Aber warum sollte so jemand der Wache beitreten? Aus Geldsorgen sicherlich nicht."
"Allerdings. Das ist ein wenig merkwürdig. Nun, vielleicht hat er sich ein wenig gelangweilt. Kannst du ihn etwas genauer beschreiben, Ma'am?"
"Er trug einen feinen, schwarzen Anzug und hatte eine Brille auf, deren Gläser wohl aus einem Flaschencontainer stammen. Er sprach wie ein feiner Lord. Sehr geschwollen aber auch etwas herablassend. Außerdem ziemlich schnell. Er ist ein wenig bleich, hat Augenringe und rabenschwarzes Haar. Du solltest ihn erkennen, wenn du ihn siehst."
"Ich werde mich sogleich auf den Weg machen. Bis bald, Fähnrich."
"Bif bald, Ma'am."
"Bis bald, die Herren."
Fred und Igor salutierten und verließen den Schießstand, um sich auf den Weg in Richtung Bachloser Weg zu machen.
"Also, Rince weiß wirklich, was er tut", sagte Irina zu sich selbst als sie die zwei Schemen in der Ferne verschwinden sah.

Die Villa van Überwald im Bachlosen Weg 12 war eines der prachtvollsten Gebäude, die Kolumbini je gesehen hatte. Er fragte sich immer wieder, weshalb jemand, der eine solche Villa besaß, der Wache beitrat. Fred und Igor läuteten an der Tür und nahmen die Haltung ein, die für sie am adligsten wirkte. Eine alte, kräftige Frau mit einer weißen Schürze und schwarzer Dienstmädchenkleidung öffnete die Tür. Sie bedachte die beiden Gestalten vor ihr mit einem zornigen Blick.
"Wir haben eine Pauschale an die Bettlergilde bezahlt, damit wir nicht belästigt werden also verschwinden sie gefälligst, oder ich rufe die Hunde", sagte sie auf Überwaldianisch7a[9] und in einem Tonfall, der Metall zersägt hätte.
"Meine werte Dame, ich bin von der Wache" antwortete Fred in perfektem Überwaldianisch und erntete dafür einen verwunderten Blick der Hausfrau. "Mein Name ist Kolumbini und dies ist mein treuer Diener Igor."
"Hallo, gnä' Frau", sagte Igor auf Überwaldianisch.
"Haben sich die Herren doch noch durchgerungen jemanden zu schicken, der von gehobenem Stand ist?", fragte sie mit einem unüberhörbaren skeptischen Tonfall in der Stimme.
"Nun ich habe einen Diener und mein Vater besaß ein Schloss, wenn sie das meinen."
"Gut. Sie sind also wegen Herrn Dimitri gekommen?"
"Ja, gnä' Frau", antwortete Fred.
"Dann kommen sie herein. Solch ein wichtiges Thema sollte man nicht zwischen Tür und Angel besprechen."
"Da haben sie Recht", bluffte Kolumbini ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.
"Folgen sie mir", sprach die Haushälterin und deutete den Beiden das Haus zu betreten.
Drinnen klappte Igor die Kinnlade herunter und auch Kolumbini staunte nicht schlecht, konnte sich jedoch beherrschen. Die Villa glich von innen stark einem Schloss in Überwald. Mehrere Nebenräume zweigten vom, mit steinernen Säulen gesäumten, Hauptkorridor ab. In den Ecken hingen Spinnweben und eine dicke Staubschicht lag auf allem. Selbst die Gemälde waren die klassischen Portraits der Ahnenlinie. Kolumbini war sich sicher, dass einige längst verstorbene Ahnen gerade ihre Augen bewegt hatten. Er trat auf eines der Gemälde zu und wollte gerade mit seinem Finger auf eines der Augen klopfen, als die Haushälterin rief:
"Was machen Sie da? Lassen sie gefälligst die Gemälde in Ruhe, Herr Kolumbini, oder Sie fliegen hier schneller raus, als Sie bis Zehn zählen können."
Fred drehte sich wieder zum Gemälde um und betrachtete die Augen noch einmal genau. Sie hatten aufgehört sich zu bewegen. Hinter der Mauer befand sich ein Hohlraum, von dem man durch sämtliche Augen der Verstorbenen sehen konnte. Derzeit hielten sich zwei Schemen darin auf, die man in der Dunkelheit nicht erkennen konnte.
"Bist du bescheuert, Dimitri?" schimpfte die Stimme, die etwas kratzig klang und wohl dem von Beiden gehörte, der das Sagen hatte.
"Entschuldigt, Herr" erwiderte eine monoton klingende Stimme, die jemandem gehören musste, der von Zeit zu Zeit meinte, man müsse Zeit sparen und alle Wörter in einem Atemzug aussprechen.
"Er chätte diech fast bemerkt du Trottel. Ich bin zu nahe an meinem Ziel um mich von einem Trottel wie dir aufchalten zu lassen. Pass gefälligst auf, oder du bist die längste Zeit in meinen Diensten gewesen."
"Ja, Herr. Aberich verstehe immernochnicht ganz, warum wir nichtjetzt zuschlagen."
"Ach du chast wirklich das Gehirn einer Weinbergschnecke, Dimitri. Ich chabe dir schon chundert mal gesagt, dass, wenn wir jetzt zuschlagen wierden, die Wache nicht lange ieberlegen miesste wer dachinter steckt. Will das denn nicht in deinen Schädel reingehen?"
"Ah, genau, Herr. Jetzt erinnere ichmichwieder."
"Ich bin ganz nahe dran. Dieser Kolumbini wird die Schwarze Viper nicht noch einmal aufs Kreuz legen. Buchacha."
"Dunkelpurpurn."
"Was?"
"Die Schlange aufeuremBanner ist eher Dunkelpurpurn als Schwarz, Herr."
"Chalt die Klappe!"
Die Gestalten verschwanden aus dem Mittelraum zwischen den Mauern und gingen in die oberen Stockwerke des Hauses.
Inzwischen waren Kolumbini und Igor in den Hauptsaal, von dem einige Wendeltreppen in die obere Etage führten, gebracht worden und wurden von der Haushälterin gebeten am Sofa vor dem großen Kamin Platz zu nehmen.
"Ich werde schnell einen Tee aufsetzen", sagte sie.
"Nicht nötig, gnä' Frau. Holen sie einfach drei Tassen", warf Kolumbini ein und holte Teekanne, Milchpott und Honigtopf aus der Innentasche seines MANTELS.
Die Haushälterin staunte nicht schlecht und verschwand dann in der Küche.
"Welch ein prachtvollef Heim, Herr", meinte Igor, das laute Prasseln des Kamins übertönend.
"Ja, Igor, allerdings", erwiderte Fred nachdenklich.
Er schaute auf das Banner über dem Kamin. Es zeigte eine schwarze oder vielleicht eher dunkelpurpurne Schlange auf rotem Grund. Kolumbini klopfte sich auf sein Glasauge. Er wurde das Gefühl nicht los dieses Banner schon einmal irgendwo gesehen zu haben.
In diesem Moment kehrte die Haushälterin zurück.
"Um Gottes Willen! Was tun sie denn da?" schrie sie.
"Was? Oh das. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie erschreckt habe, gnä' Frau. Ich kann es mir einfach nicht abgewöhnen. Wie mit dem Rauchen. Aber nun zu Ihrem Dienstherrn. Wo hält er sich momentan auf?"
"Ich dachte, Sie seien gekommen um mir das zu sagen. Er war seit gestern nicht mehr hier."
Sie stellte die Tassen auf den Ebenholztisch und goss in jede etwas von dem Tee, den der Wächter herbeigezaubert hatte. Danach setzte sie sich.
"Wir wissen nicht, wo sich Ihr Dienstherr derzeit aufhält. Deswegen sind wir auch hierher gekommen. Wir haben den Auftrag herauszufinden, weshalb er gestern nicht zur Ausbildung erschien. Sagen Sie mir bitte alles, was Sie von gestern wissen."
Auf der einen Seite der Wand hing ein großes Portrait des derzeitigen Hausbesitzers. Unter dem Bild, das einen ungepflegten, bleichen Mann mittleren Alters zeigte, war in goldenen Lettern "Dimitri van Überwald der erste" geschrieben. Irgendwie fühlte Igor sich bei dem Anblick des Grafen an einen Schimpansen erinnert.
Auch hinter diesem Gemälde befand sich ein Hohlraum und die beiden Gestalten lauschten aufmerksam, was die Haushälterin Kolumbini erzählte.
"Perfekt", sagte die Befehlstimme. "Die Rache ist unser. Buchacha."
"Was war das?" fragte Kolumbini.
"Was war was?" entgegnete die Frau.
"Mir war so, als hätte ich etwas gehört."
"Da müssen sie sich getäuscht haben. Außer mir ist heute niemand hier. Normalerweise ist die Trollzofe Emma noch da, aber die hat heute ihren freien Tag."
"Wissen Sie wo sich diese Emma derzeit aufhält?"
"Nein, tut mir leid, Herr Kolumbini."
"Hm. Also, damit ich das richtig stelle, und wir überprüfen können ob wir auch alles haben, will ich noch einmal alles durchgehen, wie Sie es mir erzählt haben. Ihr Dienstherr Dimitri van Überwald verließ um 8:30 Uhr am gestrigen Tage das Haus um rechtzeitig um 9:00 Uhr in der Kröselstrasse anzukommen. Sie vermuten, dass er den gleichen Weg wie sonst gegangen ist. Vom Reitweg auf die Königsstraße. Von dort aus auf die Götterinsel und schließlich über die Hauptstraßen zum Wachhaus. Womit er große Straßen meinte. Soweit richtig?"
"Ja, Herr Kolumbini."
"Ihr Herr sagte Ihnen, er wolle nach dem Wachdienst noch einmal in seiner Stammkneipe vorbeischauen. Ein wenig ungewöhnlich für einen Graf, dass muss ich schon sagen."
"Nun, wenn ich von Stammkneipe spreche, so meine ich die Bar des Kasinos Saturnalien."
"Aha. Sagen sie, woher wissen Sie das alles so genau?"
"Herr Dimitri hat mir immer von seinem Tag erzählt. Und zwar mindestens drei Stunden. Er war sehr gesprächig. Jede einzelne Straße hat er mir aufgezählt."
"Aha. Nun der Adel ist eben ein wenig exzentrisch."
Die Haushälterin betrachtete Kolumbini, der für einen Moment vergessen hatte, dass sie ihn ja auch für einen Adeligen hielt.
"Ja. Allerdings."
"Ich glaube, dass wäre dann alles. Bis bald. Wir lassen von uns hören, sobald wir etwas über ihren Herrn herausgefunden haben."
"Bif bald, gnä' Frau."
"Bis bald, die Herren."
Die alte Frau führte sie an die Tür. Fred klopfte sich an die Stirn und sagte:
"Ach. Ich hätte da noch eine Frage, gnä' Frau."
"Ja, bitte?"
"Wieso ist Ihr Herr eigentlich nicht mit der Kutsche gefahren? Ist doch höchst ungewöhnlich, oder?"
"Wie kommen sie darauf, dass er nicht mit ihr gefahren ist?"
"Sagen sie mir bitte welche Kutsche eine halbe Stunde von hier bis zur Kröselstrasse braucht."
"Der Herr ging immer zu Fuß. Die Kutsche wurde noch nie benutzt."
Die Frau musterte Kolumbini skeptisch.
Also habe ich das Wappen noch nicht auf der Straße gesehen, während die Kutsche an mir vorbeigefahren ist, dachte Fred.
"Komm, Igor. Lass uns gehen."
"Fehr wohl, Herr."
"Vielen Dank noch einmal für ihre Aussage, gnä' Frau. Sie waren uns eine große Hilfe."
"Auf Wiederfehen."
"Auf Wiedersehen, die Herren."
Die Haushälterin schloss die Tür und drehte sich um. Vor ihr stand eine, in eine Kutte gehüllte Gestalt.
"Gut gemacht", sagte die Robe.
Die Frau zog ihre Haare, die eine Perücke gewesen waren, ab und entfaltete ihr langes, blondes Haar.
"Danke sehr, Herr Viper."
"Chier sind ihre fienfzig Ankh-Morpork Dollar. Wie versprochen. Ich lege sogar noch zwanzig oben drauf für ihre gute Darstellung."
"Sie sind zu großzügig."
"Jetzt gehen sie."
"Gut. Wiedersehen."
"Wiedersehen."
Die junge Frau wischte sich noch schnell die Schminke aus dem Gesicht zog sich rasch um und verließ das Haus schließlich durch die Hintertür.
Vor dem Haus stopfte sich Kolumbini gerade seine Pfeife, zog danach ein Streichholz und entzündete sie. Er blies einige Rauchringe in die Luft.
"Ein höchft merkwürdiger Fall, daff muff ich schon fagen, Herr."
"Ja, allerdings, Igor. Dieser Graf scheint in der Tat etwas merkwürdig zu sein. Also, wir sollten den gesamten Weg von hier bis zur Kröselstrasse überprüfen und außerdem diesem Kasino einen Besuch abstatten. Rince will um 19:00 Uhr seinen Bericht haben."
"Daf schaffen wir nicht, Herr."
"Ich weiß, Igor. Deswegen werden wir uns auch aufteilen. Du überprüfst den Weg und ich statte dem Kasino einen Besuch ab. Du musst den Weg des Grafen nur ab der Götterinsel verfolgen, da das Kasino ja in der Myrtenstraße liegt und ich deshalb den Reitweg und die Königsstraße selbst überprüfen kann. Wir treffen uns dann um halb sieben in unserem Zimmer im Wachhaus. Bis später und viel Erfolg bei deinen Ermittlungen."
"Bif fpäter, Herr. Und danke ebenfo."
Igor schlurfte in Richtung Götterinsel davon und nach einer Weile beschloss auch Fred, sich auf den Weg zu machen. Die Wolken am Himmel kündigten an, dass bald wieder Schnee fallen würde. Plötzlich öffnete sich die Hintertür der Villa van Überwald noch einmal und zwei, in Kutten gehüllte Gestalten kamen heraus. Sie teilten sich auf und folgten zielstrebig den Spuren von Fred und Igor, die sich im matschigen Schnee deutlich abzeichneten. Eine der Gestalten trat in die Schatten zwischen zwei Häusern und legte dort die Robe ab. Es machte Puff und die Person war verschwunden. An ihrer Stelle erhob sich eine kleine, schwarze Fledermaus in die Lüfte.

Eine Stunde verging und Fred hatte den ganzen Weg von der Villa van Überwald bis zum Kasino Saturnalien nichts bemerkt, obwohl er sein Auge offen gehalten hatte. Das Kasino befand sich in der Myrtenstraße und war ein beeindruckendes Gebäude. Der Eingang wurde von weißen Marmorsäulen gesäumt und über ihm hing eine Konstruktion aus Glasröhren, in der magisches Gas ein Leuchten erzeugte. "Kasino Saturnalien" verkündete die Leuchtschrift. Das Haus selbst war früher einmal Blütenweiß gewesen, wurde aber nach einigen Regentagen typisch Ankh-Morpork grau. Ein Troll in einem schwarzen Anzug fungierte als Türsteher.
"Du nicht kommen hier rein", grollte er, als Kolumbini die Eingangstür öffnen wollte.
"Warum nicht?" fragte der Rekrut.
"Mir dein Gesicht nicht gefallen. Außerdem Bettler nicht sein erlaubt hier drinnen. Chef nicht wollen, euch sehen belästigen Gäste unsere."
"Du verwechselst da etwas", sagte Kolumbini und hielt dem Troll seine Dienstmarke hin.
"Oh, du sein von Wache. Nun das ändern Dinge", grollte der Türsteher und öffnete die Eingangstür.
"Ich viel Spaß wünschen in Etablissement unserem, Herr Wächter. Und ich bitten vielmals um Entschuldigung."
Das der Troll solch ein kompliziertes Wort wie "Etablissement" aussprechen konnte verdankte er der Eiseskälte in der Stadt.
"Kein Problem. Vielen Dank und auf Wiedersehen. Ach Moment, warte. Vielleicht kannst du mir ja weiterhelfen. Kennst du den Grafen Dimitri van Überwald? Mittelgroß, Augenringe, schwarzer Anzug, Brille, etwas blass."
"Ich ihn gesehen, ja. Er kommen seit kurzem oft hierher."
"War er heute schon da?"
"Nein."
"Und gestern?"
"Nein, aber du besser fragen Leute dort drinnen."
Fred notierte die Aussage des Trolls sorgfältig für den Bericht, den er später Rince vorlegen musste.
"Wie verhielt er sich, wenn er hier war?"
"Ich nie habe viel mit ihm gesprochen. Ich einfach öffnen Tür und sagen "Guten Abend, Herr!", oder "Guten Abend, gnä' Frau!", oder "Du nicht hier reinkommen!". Ich nicht führen Gespräche lange mit Gästen."
"Aha. Vielen Dank, du hast mir sehr geholfen. Wiedersehen."
"Wiedersehen."
Kolumbini trat einen Schritt über die Schwelle und stand darauf in einem kleinen Flur, dessen Boden ein roter Teppich bedeckte und in dem weiße Marmorsäulen einen kleinen Gang bildeten. Er fühlte sich angesichts dieser leuchtenden Welt irgendwie schmutzig.
Dann trat er in den Spielsaal. Kolumbini hatte noch nie so viele Lichter und glitzernde Dinge gesehen. Derzeit herrschte wenig Betrieb und die einzelnen Spieltische waren bis auf einen, an dem ein älterer Mann in der Kasinobedienstetenkleidung und ein deprimiert wirkender, junger Zauberer standen, leer aber dennoch strahlten sie folgende Botschaft aus: "Spiel an mir und gewinne ein Vermögen!" Kolumbini wusste, dass diese Botschaft früher oder später in "Spiel an mir und lande in der Gosse, weil du auf die billigen Tricks der anderen Mitspieler hereingefallen bist und all deinen Besitz verloren hast" ausartete. Fred betrachtete den jungen Zauberer und wusste, dass dieser jenen Punkt schon vor einigen Stunden erreicht hatte. Er trat auf die beiden Personen zu.
"Guten Tag, die Herren", sagte er und fügte hinzu, "Was wird hier gespielt?"
"15 und 6, Herr", antwortete der alte Kasinobedienstete. "Mein Name ist Wirbel. Was kann ich für Sie tun?"
"Wie spielt man dieses Spiel?" fragte der Rekrut.
"Sie spielen gegen mich. Sie setzen ihren Einsatz fest und ziehen dann eine Karte. Das Ziel des Spiels ist es, möglichst viele Karten zu haben, die in ihrem Wert addiert 21 ergeben. Wenn Sie beim ziehen einer weiteren Karte über 21 kommen habe ich gewonnen. Wenn Sie genau auf 21 kommen, haben Sie gewonnen und möchten Sie, bevor sie die 21 Punkte erreicht haben keine Karten mehr ziehen, muss ich versuchen Sie zu schlagen."
"Das klingt interessant. Ich spiele ja eigentlich nicht, aber ich schätze ein Versuch kann nicht schaden. Ich setze einen Ankh-Morpork Dollar."
"Na gut", sagte Wirbel.
Der Zauberer schien aus einer Art Trance zu erwachen und sah Kolumbini an. Er erschrak und zitterte als er auf Kolumbini zeigend stotterte:
"Whua! W-w-w-w-wer b-b-bist d-d-du?"
"Kolumbini! Wächter Kolumbini!"
"D-d-d-der M-m-mantel!" stotterte der Zauberer.
Dann fiel sein Blick auf Freds Gesicht.
Kolumbini und Wirbel hörten wie die entsetzten Schreie des Mannes langsam in der Ferne verklangen.
"Wer war denn das, Herr Wirbel?" fragte der Rekrut.
"Der kommt ziemlich oft hierher. Finsterdohle war sein Name, oder so."
"Ich möchte wirklich gerne wissen, weshalb er wohl "D-d-das A-a-a-a-u-u-ge!" geschrieen hat, während er rausgerannt ist. Merkwürdiger Kerl. Herr Wirbel, die erste Karte bitte."
Wirbel reichte ihm eine Karte und deckte sie vor ihm auf. Es war das Herz-Ass.
"Hier liegt eine Sonderregel vor, Herr Kolumbini. Das Ass können sie als 1 oder 11 Werten lassen."
"Elf. Und die nächste Karte, Herr Wirbel."
Es war die Karo neun.
"Wollen sie aufhören?"
"Nein. Ich nehme noch eine Karte. Was habe ich schon zu verlieren?"
"Einen Dollar, Herr Kolumbini."
"Ja. Also, geben sie mir bitte die nächste Karte, Herr Wirbel."
Wirbel legte die Karte auf den Tisch.
"Nun das nenne ich einen Zufall, Herr Wirbel. Das Pik-Ass. Wie viel gewinne ich denn?"
"Fünfzig Dollar. Der Jackpot war durch diesen Zauberer ziemlich hoch", murmelte der alte Mann.
"Gut, gut. Da wird sich Igor sicher freuen. Nun können wir doch noch ins Theater gehen."
Kolumbini setzte ein breites Grinsen auf, wurde dann schlagartig ernst und wandte sich an den Bediensteten:
"So, Herr Wirbel. Ich bin nicht hier hergekommen um zu spielen. Ich bin von der Stadtwache und habe den Auftrag jemanden zu finden. Einen ihrer Kunden. Kennen Sie einen gewissen Dimitri van Überwald? Mittelgroß, schwarzer Anzug, recht dürr, bla..."
"Ach ihn. Ja, den kenne ich. Er kommt seit einer Woche täglich hierher. Spielt ein wenig, verliert immer und setzt sich dann an die Bar. Der Barkeeper ist heute leider nicht da. Ich bin mit dem Chef der einzige, der sich über Silvester keinen Urlaub nimmt. Bei uns ist erst einen Tag nach dem Fest viel los, wenn die Leute hier herkommen, um ihr gerade bekommenes Geld zu verspielen."
"War dieser Dimitri gestern da?"
"Nein."
Kolumbini hob seine Hand zum Gesicht und klopfte mehrmals auf sein Glasauge. Wirbel zuckte nicht einmal mit der Wimper. Er hatte schon wesentlich merkwürdigere Leute erlebt.
In seiner Geheimschrift schrieb Fred "Entführung?" auf seinen Notizblock.
Er war wirklich darauf gespannt, was Igor herausfinden würde.

Es war nun 17:47 und Igor fror wie ein Schneider. Er hatte sämtliche Wege von der Götterinsel bis zur Kröselstrasse, die über große Straßen führten, überprüft bis auf einen und die Tatsache, dass es inzwischen wieder angefangen hatte zu schneien verbesserte seine Laune nicht gerade. Er hatte sich eine Laterne besorgen müssen um in dem Schneegestöber und der heraufziehenden Dunkelheit überhaupt irgend etwas erkennen zu können. Bisher hatte er kaum etwas herausgefunden. Zum Glück hatte er von einem der Händler am Pseudopolisplatz erfahren, dass Dimitri van Überwald gestern morgen zumindest auf der Götterinsel gewesen war. Wohin der Kerl danach gegangen war wusste der Verkäufer nicht, doch er konnte Igor die genaue Uhrzeit sagen. 8:16 war es gewesen, als Dimitri van Überwald am Stand des Händlers vorbeigekommen war.
Igor überprüfte gerade den letzten Weg, der über die Glatte Gasse, über die Sirupminenstraße und über die Ulmenstraße schließlich zum Wachhaus führte.
Ef ift gerade mal einen Tag vor Filvefter. Und waf mache ich? , dachte er. Ich latsche hier in diefer Scheifkälte herum und frier mir allef ab. Auferdem ift ef verflucht gla...
Den Rest des Gedanken konnte Igor nicht zu Ende führen, da er auf einer gefrorenen Pfütze ausrutschte und unsanft auf dem Boden landete. Die Laterne flog ihm aus der Hand und landete in einigen Metern Entfernung. Zum Glück hatte Igor die bruchsichere Variante gekauft, die auch bei den heftigsten Winden nicht ausging. Er rappelte sich wieder auf, doch der Zufall wollte es, dass er noch ein-, zweimal hinflog, bis er endlich zur Lampe gehen konnte. Er hob sie auf und rutschte erneut aus. Diesmal war es mehr Glück im Unglück. Er bemerkte etwas kleines schwarzes, das aus einer Schneewehe hervorragte. Er kroch langsam durch den gefrorenen9[10] Schlamm und fegte den Schnee weg um das zu sehen, was darunter lag. Es war ein Brillengestell mit extrem dicken Gläsern.
Igor hätte nicht geglaubt, dass Gläser solcher Dicke brechen könnten aber bei diesen war es tatsächlich der Fall. Das Gestell an sich war auch ziemlich mitgenommen. Es war verbogen und durchbrochen. An einer Stelle hatte sich früher wohl eine Gravur in goldenen Lettern befunden, doch genau dieser Teil war zerbrochen und so ergab sich nur ein unvollständiges Wort. "va...wald" war das, was sich aus den zwei Teilen, die Igor in der Hand hielt ergab.
Van Überwald, ergänzte er in Gedanken.
Er stand diesmal ohne Probleme auf und betrachtete das Gestellt für einige Zeit.
Dann bekam er einen sehr harten Schlag auf den Hinterkopf.

Kolumbini saß an der Theke des Kasinos Saturnalien und rauchte Pfeife. Er überlegte, warum dieser van Überwald wohl ein solch merkwürdiger Graf war. Ein Graf, der seine Kutsche nie benutzte und der Wache beitrat. Er konnte ganz gewiss nicht aus einer Überwaldianischen Adelsfamilie mit großen Traditionen stammen. Natürlich gab es Ausnahmen im System aber kein Mann von hohem Stand konnte sich bürgerliche Eigenarten leisten, ohne dafür aus der Adelsgesellschaft verstoßen zu werden. Und das nahm keiner so einfach in Kauf.
Irgend etwas stimmte da nicht.
Wo war der Kerl?, fragte sich der Rekrut. War er entführt worden? Und wenn ja, wem sollte daran gelegen sein einen exzentrischen Adligen zu entführen?
Wenn er diese Fragen nicht bald beantworten konnte, würde er vom Kommandeur sicher einiges zu hören bekommen. Fred holte seine Taschenuhr, die ein Erbstück seiner Mutter war, aus dem MANTEL und blickte auf das Ziffernblatt.
Die Zeiger deuteten darauf hin, dass es 18:00 Uhr war.
Kolumbini beschloss sich auf den Weg zu machen und die ganze Sache mit Igor zu besprechen.
Hoffentlich hat er was brauchbares herausgefunden.
Der kürzeste Weg von der Myrtenstraße zur Kröselstrasse führte über die Schlechte Brücke. Inzwischen schneite es wieder heftig. Fred blickte sich auf der Brücke um, die bis auf eine kleine Promenadenmischung, die an der Brüstung stand, vollkommen leer war. Sie wirkte irgendwie verloren und einsam.
"Na, Kleiner?" sagte der Rekrut, machte Anstallten den Hund hinterm Ohr zu kraulen, bemerkte dessen Fell und zog die Hand schlagartig zurück.
"Bell", sagte der Hund.
Hat er das gerade gesagt? , fragte sich Fred.
Er beschloss weiterzugehen. Er blickte gerade aus in das Schneegestöber doch die Richtung änderte sich schlagartig. Der Boden raste ihm entgegen und dann verlor er das Bewusstsein.

Obergefreiter Damien Gerald Bleicht blickte sich im Aufenthaltsraum des Wachhauses am Pseudopolisplatz um. Vor einigen Minuten hatte er noch ruhig in einer Ecke gesessen und über sein Leben nachgedacht. Er wusste nicht, wo er hätte hingehen können und blieb deshalb im Aufenthaltsraum, der um diese Zeit sowieso leer war. Immerhin war dieser im Gegensatz zum mehr als kalten Heimweg beheizt.
Es hatten sich nur einige andere Wächter im Raum befunden. Er kannte keinen einzigen von ihnen. Jedenfalls nicht persönlich. Daran hatte sich in den letzten fünf Minuten einiges geändert. Eine junge Frau mit rotem Haar, die sich ihm als Charlotta vorstellte und wie Damien an ihren Abzeichen erkannte Korporal war, hatte ihn gefragt, ob er nicht Lust habe, mit ihnen eine Runde Leg-Herrn-Zwiebel-Rein zu spielen.
Er hatte geantwortet, er halte nichts von Kartenspielen.
"Ach komm schon", hatte Charlotta gesagt. "Wir brauchen nur einen Geber."
"Ich kenne die Regeln ja nicht einmal", versuchte der Gefreite sich rauszuwinden.
"Die sind ganz einfach. Du musst uns einfach so viele Karten geben wie wir wollen. Bitte!"
Der Tonfall der jungen Frau lies Damien eines wissen:
"Komm schon ich bitte ganz liieeeb. Und wenn du uns nicht hilfst, so werde ich mal ein ernstes Wort mit deiner Abteilungsleiterin reden."
"Na, gut", sagte er. "Wenn ich nicht wirklich mitspielen muss."
"Danke."
Damien trat aus seiner dunklen Ecke heraus und blinzelte im Schein der Lampe, die die Wächter auf dem Tisch aufgestellt hatten.
"Hallo", begrüßte er die anderen drei Anwesenden.
"Hallo", grüßten sie zurück.
Damiens Augen gewöhnten sich an das grelle Licht und er konnte die einzelnen Personen endlich genau erkennen. Der erste in der Reihe war ein junger Vampir.
"Hallo, ich bin Kamikhan", stellte sich dieser vor.
Der zweite in der Reihe war ein Mann mit langem grauem Bart. Trotzdem strahlte er etwas aus, dass ihn jung erscheinen lies.
"Sillybos mein Name, hallo."
Der Mann mit dem Bart zeigte auf die dritte und letzte Person in der Reihe. Nun Person war eher eine Vermutung von Damien. Man konnte das Etwas eher mit einem Wollknäuel vergleichen.
"Und dies ist mein treuer Sklave Hegelkant."
"Mballo", sagte das Knäuel aus Kleidungsstücken undeutlich.
Es war auch so schon ziemlich warm im Aufenthaltsraum und allein der Gedanke, dass jemand so viel Kleidung tragen konnte, brachte Damien ins Schwitzen, obwohl er eigentlich nicht sehr Hitzeempfindlich war.
"Hallo, ich bin Damien Bleicht", stellte sich der bleiche, junge Mann vor.
"Habe dich vorher gar nicht gesehen, Genosse" sagte der Vampir.
"Genosse?" fragte Damien. "Ich bin kein Untoter!"
"Oh. Das tut mir Leid, ich dach..."
"Jaja. Das denken alle die mich zum ersten Mal sehen."
Der Wächter senkte den Kopf.
Der Vampir klopfte ihm auf die Schulter.
"Tut mir leid, Damien. Setz dich doch."
Sie setzten sich und Charlotta, die bisher nichts von sich gegeben hatte, außer einem leichten Kichern als Kamikhan das kleine Malör passiert war, holte eine Schachtel mit Spielkarten aus dem Schrank, der an der mittwärtigen Seite des Raumes stand. Damien blickte zu ihr auf und wunderte sich warum sie selbst in diesem Raum eine Brille mit stark getönten Gläsern trug, wodurch ihre Augen nicht zu erkennen waren. Die Antwort auf seinen Blick bestand in einer kleinen Holzschachtel, die sie ihm vor die Nase warf.
"Hier", sagte sie.
"Äh, was soll ich denn eigentlich tun?"
"Mischen", antwortete die junge Frau.
"Oh."
Nach einer Viertelstunde hatte es Damien endlich fertig gebracht die Karten zu mischen ohne sie dabei unter den Tisch zu schmeißen. Die anderen Wächter nutzten die Gelegenheit ihm zu erklären, was seine Aufgabe als Geber war.
"So denn" sagte Sillybos. "Lasst uns beginnen."
Damien verteilte die Karten und wartete bis Charlotta den nächsten Schritt einleitete: Das Tauschen der Karten.
"Wie viele Karten bekommst du Kamikhan?" fragte er den Vampir genervt.
"Vier, bitte."
Gerald schob ihm die Karten wortlos zu und kassierte die zu tauschenden Vier ein.
"Und du?" wandte er sich an den Bärtigen.
"Zwei."
Wieder folgte ein stilles Auswechseln.
"Wie viele bekommst du?" fragte er Hegelkant.
"Mbei", erwiderte das Knäuel.
"Wie viele?"
"Mbei."
"Er meint wohl zwei."
"Bist du sicher? Nach meiner Meinung klang es nach drei."
Hegelkant löste zumindest eine Kleidungsschicht um seinen Mund und sagte:
"Drei, bitte."
Wieder flogen wortlos Karten hin und her.
"Und nun noch zu dir, Charlotta."
"Ich möchte gar keine", sagte die junge Frau.
"Um so besser. Herr Hegelkant, könntest du mir vielleicht erklären, warum du so viele Kleidung trägst?"
"Herr Bleicht, die Erklärung ist ganz einfach. Ich trage so viele Kleidung, weil ich aus Ephebe stamme und dort ist der Winter bei weitem nicht so hart wie hierzulande. Irgendwie muss ich mich ja schützen."
"Aha. Es war nur so eine Frage. So, wie geht es jetzt weiter?"
"Wir legen nacheinander die Kartenkombinationen auf den Tisch, Damien", erklärte Charlotta.
Kamikhan grinste breit.
"Na dann könnt ihr schon mal einpacken. Hier bitte eine große Zwiebel."
Er legte die Karten auf den Tisch und grinste noch breiter.
Sillybos und Hegelkant schmissen fluchend ihre Karten auf den Tisch.
Kamikhan griff nach dem gesetzten Geld, doch Charlottas Hand hinderte ihn daran es zu sich rüberzuziehen.
"Nicht so schnell, mein Freund. Hast du nicht jemanden vergessen."
"Ach ja stimmt. Du musst ja noch passen."
"Da wäre ich mir nicht so sicher."
Sie legte die Karten auf den Tisch und grinste dabei fies. Damien war der einzige, der bemerkte, dass ihr Anhänger während des gesamten Spiels seltsam grün gefunkelt hatte. Kamikhans Mund klappte nach unten.
"Ein Hereinleger! Wie hast du es geschafft ohne Karten zu tauschen einen Hereinleger zu bekommen. So viel Glück kann einer allein gar nicht haben!"
"Du siehst es doch."
Sie strich den Gewinn ein und verstaute ihn in ihrer Handtasche.
"Noch eine Runde?" fragte sie hämisch grinsend.
"Sicher nicht mit dir", murmelte Kamikhan.
"Nein, danke Charlotta. Wir haben kaum noch Geld übrig", sprach Sillybos für sich und seinen Sklaven.
"Mich brauchst du erst gar nicht so anzusehen", wehrte Damien ab.
"Verfluchte Werwölfe", murmelte Kamikhan.
Genau in diesem Moment knallte die Tür auf und schwang mehrmals im Wind hin und her. Die Wächter blickten nach draußen in das Schneegestöber. Die Kälte kroch herein wie ein Gletscher, der sich langsam ins Tal schob und gerade als Damien aufstehen und die Tür schließen wollte kam eine bucklige, vernarbte Gestalt hereingestolpert. Sie kam einige Meter weit bis sie vornüber auf den Boden fiel und dort ohnmächtig liegen blieb.
Charlotta war als erstes bei dem Bewusstlosen und brachte ihn sogleich in eine stabile Seitenlage. Sie kannte sich zwar nicht gut mit erster Hilfe aus, aber die Grundregeln konnte fast jeder in der Wache.
"Sillybos geh bitte schnell..." sie unterbrach sich selbst, als sie sich daran erinnerte mit wem sie sprach. Sillybos war Philosoph und hielt Hektik immer für etwas, das anderen Leuten zustieß.
"Kamikhan geh zu F.R.O.G. und sage Rogi bescheid, dass sie so schnell wie möglich hier herkommen soll. Und beeil dich. Wer weiß wie lange der arme Kerl hier noch durchhält. Rogi wird schon wissen, wie man einen Igor verarztet."
"Jawohl, Korporal!"
Kamikhan rannte in die Richtung der F.R.O.G.-Räumlichkeiten. Damien saß immer noch am Tisch. Er hatte bemerkt wie etwas Kleines aus der Brusttasche des Buckligen gerutscht und unter den Tisch gekommen war, als dieser hingeflogen war. Damien betastete das Ding mit seinem Fuß und bückte sich dann um es aufzuheben. Er betrachtete die Dienstmarke des Buckligen.
"Er ist Rekrut", sagte der Obergefreite zu den anderen.
"Woher...?"
Damien unterbrach sie indem er ihr die Dienstmarke unter die Nase hielt.
"Oh", sagte die junge Frau.
"Allerdings", erwiderte Gerald.
"Wir sollten Rince bescheid geben", schlug der Philosoph vor. "Und meiner Meinung nach sollte das der ranghöchste Wächter von uns machen."
Er grinste breit. Charlotta versuchte sich irgendwie herauszureden, was nicht gerade leicht ist, wenn man ihr Selbstbewusstsein hatte.
"Ich muss hier bleiben bis Rogi und Kamikhan wieder eintreffen."
"Oh keine Angst, Korporal. Hegelkant und ich haben auch ein wenig Erfahrung in erster Hilfe und können auf unseren Freund hier aufpassen."
Das Grinsen des Philosophen wuchs in die Breite. Charlotta gab auf.
"In Ordnung, ich sage dem Kommandeur bescheid. Aber das kann ich leider nicht allein übernehmen. Ich meine solch eine wichtige Aufgabe und ich bin nur ein Korporal. Obergefreiter Bleicht, du wirst mich begleiten!"
Damien wusste nicht was er ihr entgegenhalten sollte.
"Na gut, Ma'am."
Er würde ihr noch heimzahlen, dass sie ihn um seinen Feierabend gebracht hatte.
"Der Kommandeur dürfte sich gerade in der Kröselstrasse befinden", meinte der Philosoph.
Ich weiß schon, warum ich keine Kartenspiele mag , dachte Damien.


Igor schlug die Augen auf. Sein Kopf schmerzte, als wenn Io mit einem Donnerhammer darauf herumhämmern würde.
Wo war er? War er tot?
Er schloss diese Möglichkeit aus. In Überwald war man der festen Überzeugung, dass das Leben nach dem Tod weder Schmerz, noch Leid noch sonst irgend etwas unangenehmes beinhaltete.
Was war geschehen?
Die Erinnerung kroch langsam zurück in seinen Kopf.
Er war angegriffen worden.
Hat der Kerl mich erwischt? , fragte sich der Diener. Nein.
Igor hatte dem Angreifer seinen Ellenbogen in die Magengegend gerammt und war weggelaufen. Wohin?
Er wusste es nicht mehr. Er wollte nur weg von seinem Angreifer. Auf die Richtung hatte Igor nicht geachtet. Und im Schneegestöber hatte er nicht erkennen können welche Tür er aufgestoßen hatte. Es musste auf jeden Fall die Tür eines freundlichen Menschen gewesen sein, denn Igor bemerkte, dass er auf einer Pritsche lag. Die Decke über ihm war weiß gestrichen.
"Ah, du bift wach", sagte eine Stimme, die etwas Vertrautes hatte.
Igor richtete sich schlagartig auf und bekam sogleich die Rechnung dafür. Sein Kopf schmerzte fürchterlich aber kein Schmerz der Welt konnte seine momentane Überraschung besiegen. Er blickte in etwas, dass er seit über einem halben Jahrzehnt nicht mehr gesehen hatte. In das Gesicht eines anderen Igors. Der Umstand, dass dieser weiblichen Geschlechts war störte ihn nur wenig.
"Hallo. Mein Name ift Rogi Feinftich. Wie geht ef dir?" fragte der unbekannte Igor.
"Hallo. Wie foll ef mir schon gehen. Ich habe einen fiemlich harten Schlag auf den Kopf bekommen ef wird mir wohl kaum hervorragend gehen. Ich wuffte nicht, daff ef in Ankh-Morpork noch mehr Igorf gibt."
Dann bemerkte er die Uniform von Rogi.
"Und ich wuffte erft recht nicht, daff ef in der Wache noch weitere Igorf gibt. Mein Name ift Igor. Erfreut dich kennen fulernen. Wo bin ich?"
Er streckte ihr die Hand entgegen und sie schüttelte sie.
"Die Freude ift ganz meinerfeitf. Du bift im Wachhauf am Pfeudopolifplatz. Ich wuffte auch nicht, daff wir noch einen Igor in der Wache haben."
"Ich bin ja auch nicht alleine. Ich affiftiere nur meinem Meifter. Kolumbini ift fein Name. Haft du schon einmal von ihm gehört?"
"Kolumbini? Nein. Hat daf waf mit Eiern fu tun?"
"Äh. Nein. Daf hat nichtf mit Eiern fu tun. Du meinft ficher den Fegler Kolumbufini. Er hat den Eierbecher erfunden. Die Leute verwechfeln ef andauernd."
"Aha. Nun du follteft beffer noch etwaf aufruhen. Der Schlag ift dir nicht fonderlich gut bekommen."
Dann schlug die Erkenntnis zu, wie eine Erinnerung nach einer durchzechten Nacht.
"Wo ift mein Herr?" fragte Igor.
"Äh. Daf wiffen wir nicht. Er ift doch ficher in der Kröfelftrafe, oder?"
"Ich muff fofort fu ihm. Vielleicht wurde er auch angegriffen."
"Woher willft du daf wiffen?"
"Laff mich gehen."
"Du bleibft schön im Bett, mein Lieber. Du bift noch nicht ganf gefund."
"Du bift ein Igor, Frau Feinftich."
"Rogi."
"Na gut du bift ein Igor, Rogi. Und du weift, daff unf fo schnell nichtf auf der Bahn wirft. Laff mich gehen."
"Vergiff ef. Felbft ein Igor kommt bei einem folch harten Schlag nicht ohne Schaden davon."
Igor stand auf und stieß die Sanitäterin von sich weg. Er stürmte aus der Tür und stieß gegen einen bleichen, jungen Mann, der die Uniform der Wache trug.
"Auf dem Weg", sagte Igor schroff.
Der Bleiche starrte ihn an.
"Bist du Igor?"
"Wie kommft du darauf, Junge? Ich ein Igor alfo wirklich. Ich bin doch kein Igor. Ich habe mir auf Fpaf fo viele Nähte, einen Buckel und diefen Fprachfehler zugelegt und nicht auf beruflichen Gründen und Tradition."
"Also bist du es. Ich muss dich bitten mit in das Büro von Venezia Knurblich zu kommen. Es geht um deinen Herrn."
"Waf ift mit meinem Herrn?"
"Das soll dir Korporal Charlotta erklären. Sie hat mich geschickt. Los komm mit."
Damien zeigte eine wächserne Miene, doch in ihm fing es langsam an zu kochen. Warum geschahen immer ihm solche Dinge? Er hätte schon längst daheim bei Frau Fellgrau sitzen und gemütlich einen Tee trinken können. Das nächste mal würde er es sich zweimal überlegen bevor er sich zu einer Runde Leg-Herrn-Zwiebel-rein überreden ließ. Er führte die bucklige Gestalt in das Büro von Venezia und beschloss zu gehen.
"Hier ist der Herr", sagte er zu Charlotta und Venezia, die sich im Büro aufhielten.
"Kann ich jetzt gehen, Frau Vorgesetzte?"
"Ja kannst du Obergefreiter Bleicht", sagte Venezia.
Irgendwie kam sich Damien albern vor einen Gnom als Vorgesetzten zu bezeichnen.
Er salutierte und trat aus dem Büro heraus. Als er die Treppe heruntertrat hörte er noch wie Charlotta ihm hinterher rief:
"Vielen Dank noch mal, Damien."
Vielen Dank. Pah. Ich hätte schon vor mehr als einer Stunde Feierabend haben sollen , dachte er.
Wütend verließ er das Wachhaus und steuerte seine Schritte durch das Schneegestöber in Richtung seines momentanen Wohnsitzes.
"So und nun zu dir, Herr Igor", sagte Venezia.
"Ja, Frau äh..."
"Leutnant Venezia Knurblich."
"Wefhalb liefen fie mich rufen?"
"Es geht um deinen Herrn."
"Waf ift mit ihm?"
"Er ist verschwunden, Igor. Er hat sich heute Abend nicht bei Rince gemeldet. Wir haben ihn jetzt schon den ganzen Abend gesucht, aber ohne Erfolg."
"Haben fie schon in feiner Ftammkneipe nachgefragt?"
"Du meinst den "Pferdestall", nicht wahr?"
"Ja."
"Ja. Wir haben den Wirt gefragt. Aber er sagte, dass Kolumbini den ganzen Tag nicht da war."
"Er hat feine Ermittlungen im Kafino Faturnalien durchgeführt."
"Ja das wissen wir. Gut, dass du im Schlaf redest, Igor." Die Gnomin grinste. "Der Türsteher meinte, dass Kolumbini sie um 18:00 Uhr verlassen hätte."
"Und ef gibt keine Anhaltfpunkte, wo er fein könnte?"
"Nein. Er ist Spurlos verschwunden. Und bei dem Wetter da draußen können wir ihn nicht wirklich suchen. Der Kommandeur hat uns F.R.O.G.s damit beauftragt deinen Herrn zu finden. Korporal Charlotta wird ihn mit Sicherheit aufspüren können."
Der Diener sah die junge Frau an, die während dem ganzen Gespräch nichts gesagt hatte. Igor erkannte einen Werwolf, wenn er einen sah.
"Bift du ficher, Frau Leutnant? Bif morgen könnte die Fährte bereitf verwischt fein."
Die junge Frau meldete sich zum ersten Mal zu Wort:
"Das wissen wir, Igor. Aber draußen herrscht das reinste Unwetter. Wir glauben, dass das Verschwinden deines Herrn und das dieses Dimitri van Überwald irgendwie zusammen- hängen."
"Wir glauben, dass sie vom selben Mann entführt wurden", ergänzte Venezia.
"Keine Angst. Wir finden Kolumbini das ist ganz sicher", versuchte Charlotta den Diener aufzuheitern, der nur still dasaß und nichts mehr sagte.
Igor blickte in die Leere. Was sollte er nur ohne seinen Herrn tun? Es wäre für ihn das Ende. Was hatte er, außer seinem Herrn? Keine Freunde, keine Verwandtschaft. Ein Igor ohne Herr war wie ein Fisch ohne Wasser. Charlotta und Venezia tauschten Blicke aus, als Igor das Büro mit gesenktem Kopf verließ.
"Das scheint ihn hart getroffen zu haben", meinte der Korporal.
"Wir werden seinen Herrn schon finden", sagte der Leutnant entschlossen.
"Das stelle ich auch gar nicht in Frage, Venezia. Ich frage mich nur, ob sein Herr dann noch in der Lage sein wird sich darüber zu freuen."

Kolumbini erwachte. Sein Kopf schmerzte wie noch nie zuvor in seinem Leben. Was hatte er gestern nur getrunken?
Dann kroch die Erinnerung langsam in sein Gedächtnis zurück. Er bemerkte, dass es nicht sein Bett war, in dem er sich befand. Kolumbini blickte sich in dem Raum um. Das Zimmer schien schon mehrere Epochen erlebt zu haben. Auf der drehwärtigen Seite stand ein Aktenschrank und auch die restliche Einrichtung lies vermuten, dass er sich in einem öffentlichen Gebäude befand. Bis auf die Tür, die der einer alten Gefängniszelle glich. Irgendwie passte sie aber dennoch in die allgemeine Atmosphäre, fand Kolumbini.
Wo war er? Was war passiert?
Zumindest war er sich sicher, nicht tot zu sein. Dafür waren seine Schmerzen einfach zu stark. Die Erinnerung näherte sich immer mehr und schlug schließlich mit der Wucht eines Eisenhammers zu.
Ich war auf der Schlechten Brücke und wurde niedergeschlagen , erinnerte sich Fred.
"Hallo?" rief er.
"Ah. Unser Cherr Kolumbini ist aufgewacht", sagte eine kratzige Stimme, die ihm irgendwie vertraut vorkam.
"Endlich! Jetzt ises soweit, nicht wahr, Herr? Jetzthacken wirihm endlich den Kopfab?" rief eine weitere Stimme, die ständig zwischen einer monotonen und einer sehr schnellen Tonlage wechselte.
"Noch nicht ganz. Wir werden noch bis zum neuen Jahr warten, Dimitri. Danach werden wir uns endlich rächen. Buchacha."
"Wer zum Teufel sind sie? Und weshalb halten sie mich hier gefangen?" schrie der Rekrut.
"Mein guter Cherr Kolumbini, ich werde Ihnen meine Griende, weshalb ich sie chier festchalte, sicher nicht auf die Nase binden."
"Mein Herr, wenn sie mich am Silvesterabend sowieso umbringen, können sie mir auch ihren Plan verraten."
"Dahat er Recht, Herr."
"Sei ja still! Du Trottel kannst froh sein, dass ich dich nicht aus meinen Diensten entlasse. Du chast diesen Igor entkommen lassen. Nun, Cherr Kolumbini, lassen sie mich soviel sagen: Niemand betriegt die Schwarze Viper und jeder, der es versucht chat, chat es bereut."
"Dunkelpurpurn. Nicht schwar..."
"Chalt die Klappe! Es wird dir noch Leid tun, Kolumbini, mich betriegt chaben zu wollen. Genieße diesen Tag, es wird dein letzter sein. Und versuche nicht zu schreien. Dies war bis vor kurzer Zeit ein Bauamt. Man ist daran gewöhnt verzweifelte Chilferufe aus diesem Gebäude zu chören. Ein fröhliches Silvester, Kolumbini. Buchacha."
Dann hörte Fred leise Schritte in der Ferne verklingen.
Wer war dieser Kerl? Schwarze Viper? Und warum Dunkelpurpurn? Ein Bauamt?
Aber ich habe noch eine Chance , dachte Kolumbini. Igor ist immer noch auf freiem Fuß. Und... Er ging diesen Gedanken noch einmal genauer durch. Und er würde seinen Hintern nicht einmal mit beiden Händen finden.
Die Zelle hatte keine Fenster. Nur das Gitter an der Tür diente als Sauerstoffzufuhr. Fred versuchte aufzustehen, doch sein Kopf protestierte heftig dagegen.
Wie sollte er nur hier herauskommen?
Er wusste sicher, dass niemand versuchen würde, ihn zu befreien. Wer sollte das auch sein?
Igor? Er war dazu nicht in der Lage. Humbert? Der war in seiner Kneipe und würde Kolumbinis Fehlen nur an dem geringeren Umsatz bemerken. Die Wächter? Die würden es vermutlich gar nicht bemerken.
Und das war sein Leben. Niemand sonst kannte ihn. Es war also zu Ende. Er blickte auf die Taschenuhr seiner Mutter. In der Innenseite der Klappe waren Bilder von Kolumbinis Eltern eingefügt worden und die Außenklappe schmückte eine Gravur, die verkündete: "Siehe immer zum Licht." Die Gravur war magisch und oftmals veränderte sie sich und zeigte einen anderen Spruch. Fred blickte auf das Ziffernblatt. Es war 7:00 Uhr morgens am 31. Dezember. Sein letzter Tag in dieser Welt. Es würde ihm niemand helfen. Tränen rannen seine rechte Wange herunter.

Tränen rannen Igors Wangen herunter, als er in ihrem Zimmer im Wachhaus durch das Fenster auf Ankh-Morpork blickte.
Wie sollte es nur ohne seinen Herrn weitergehen?
Kolumbini war für Igor so etwas wie eine Familie und ohne ihn war er nur ein halber Mensch. Igor war seit 132 Jahren in den Diensten der van Drachensteins und Kolumbini war sein bisher angenehmster Herr gewesen. All die anderen waren etwas exzentrisch10[11] gewesen, aber Kolumbini war...nun auch exzentrisch aber auf eine etwas andere Weise. Er war sogar ab und zu freundlich zu Igor gewesen. Fred war mehr ein Freund für ihn. Sein bester und einziger Freund.
Wo war er nur?
Diese Frage ging Igor den ganzen Abend durch den Kopf. Er versuchte mehrmals zu schlafen, aber es gelang ihm nicht. Er machte sich einfach zu große Sorgen. Den Blick starr an die Decke gerichtet lag Igor in seinem Bett und dachte darüber nach, wo sein Herr nur sein konnte. Mitten in der Nacht stand er wieder auf und trat erneut ans Fenster. Igor hatte aufgehört zu weinen, aber es war nur eine Frage der Zeit, bis die Tränen wiederkommen würden. Er blickte über das nächtliche Ankh-Morpork. In der Betrug - und - Schwindel Straße bemerkte er ein großes Gebäude, in dem noch immer Licht brannte. Igor hatte dem Haus vorher nie Beachtung geschenkt. Es war recht groß und ein kleiner Turm ragte aus dem Dach heraus. Der Diener wandte den Blick nach einer Zeit ab.
Wo bift du, Herr?
Nach einer Weile schlief er schließlich doch ein. Igor träumte von der Vergangenheit. Vom Schloss und von Überwald. Von der Schneiderei und Sto Lat und nicht zu letzt von den Eltern seines Herrn. Ein Laborunfall. Es war nicht die ganze Wahrheit gewesen, aber warum sollte man den armen Jungen mit solchen Sachen belasten? Er hätte sowieso nur versucht etwas daran zu ändern, was unmöglich war. Vielleicht. Eines Tages, wenn die Zeit reif war. Ja. Wenn die Zeit reif war, würde er es seinem Herrn sagen.
Blitfe...die halbe Wahrheit...wenn die Feit reif ift. Ja, wenn die Feit reif ift.
Igor erwachte um 14:00 Uhr am nächsten Tag. Er beschloss in den "Pferdestall" zu gehen, um ein wenig zu trinken.
"Ah, guten Tag, Herr Igor", begrüßte ihn Humbert. Aus irgendeinem Grund nannte der Wirt ihn immer "Herr Igor".
"Hallo, Humbert", grüßte der Diener zurück.
"Was verschafft mir denn die Ehre?"
"Ich würde gerne etwaf trinken, Humbert. Etwaf ftarkef, bitte."
"Etwas Starkes? Vielleicht Brandy?"
"Oh, daf wäre fehr gut. Vielen Dank."
"Ein Brandy. Kommt sofort."
Der Wirt verschwand hinter der Theke und Igor blickte sich zum ersten Mal in der Kneipe um. Ein Mann mit grauen Haaren und einem grauen Anzug saß zwei Tische weiter. Obwohl er bereits über zehn gelehrte Biergläser vor sich stehen hatte, saß er stocksteif da.
Igor erkannte einen Beamten, wenn er einen sah. In Überwald hatte es oft Probleme mit ihnen gegeben. Und er kannte auch die spezielle Sorte von Beamten, die dort an dem Tisch saß. Egal in welchem Land sie lebten, sie waren immer gleich. Ihr Nachname lautete immer Krause, ihre Anzüge waren immer grau oder beige und sie waren überall die gleichen Korinthenkacker.
"Guten Tag", begrüßte Igor den Beamten.
"Tach", sagte dieser in einem trockenen, miesgelaunten Tonfall.
"Darf ich mich vorftellen?"
"Sie lassen sich bestimmt nicht dran hindern, oder?"
"Mein Name ift Igor. Und fie find?"
"Krause. Jochen Krause. Wollen sie irgend etwas spezielles?"
"Ich wollte nur ein kleinef Gefpräch beginnen. Wefhalb find fie denn fo verbittert, Herr Kraufe?"
"Ich bin so mies gelaunt, weil ich gerade meinen Arbeitsplatz verloren habe, Herr wieauchimmer."
"Igor, Herr. Erfählen fie doch einmal. In welchem Amt haben fie denn gearbeitet?"
Herrn Krause schien das nicht zu überraschen.
"In der Betrug - und - Schwindel Straße. Das Bauamt für die Schatten. Kein besonders spannender Beruf. Er ist stinklangweilig, um genau zu sein. Aber wenigstens bekommt man ne gescheite Rente."
Der Alkohol schien doch seine Spuren bei Herrn Krause hinterlassen zu haben. Igor glaubte, dass Herr Krause sicher kein Mensch war, der unter normalen Umständen so sprach.
"Gestern hat man noch einen anständigen Beruf. Und am nächsten tag: Puff! Kommt irgend so ein bescheuerter überwaldianischer Adelsfuzzi und kauft dem alten Kümmel das Bauamt ab, um es als Wohnhaus zu verwenden. Kümmel dieser verfluchte Arschkriecher. Kriecht dem Chef von morgens bis mittags so weit in den Hintern, bis man die Beiden nicht mehr auseinander halten kann. Der Chef macht ne Woche Urlaub, aber ist er so nett mir für meine harte Arbeit die Leitung zu übertragen? Nein. Er überträgt die Leitung diesem Arschkriecher. Und dann dieser Adlige. Ich hasse Überwaldianer."
Die Erkenntnis traf Igor wie ein Schlag.
"Überwaldianer, fagen fie?"
"Ja. Ein überwaldianischer Adliger."
Humbert brachte den Brandy.
"So, Herr Igor. Dein Brandy. Was ist denn eigentlich los? Wo ist Fred?"
"Er wurde entführt, Humbert."
"Entführt?"
"Wer denn eigentlich?" fragte Hagen Krause interessiert.
"Mein Dienftherr. Kolumbini ift fein Name."
"Hört sich nach was mit Eiern an."
"Also, Herr Igor. Was ist denn nun mit Fred passiert?"
"Er wurde von jemandem entführt. Ich glaube aber, daff ich ef jetft weif, wer ef war."
"Ich helfe dir natürlich! Ich kann doch nicht zusehen, wie einer meiner besten Kunden und Freunde gefangen gehalten wird."
Die Band hatte das Gespräch bisher belauscht.
"Wir kommen natürlich auch mit", riefen sie wie aus einem Mund.
"Daf ift fehr nett, aber..."
"Keine Widerrede! Wir kommen mit", sprach der Wirt für die Anwesenden.
Die Band, der Wirt und der Diener warfen Herrn Krause einige Blicke zu.
"Mich braucht ihr nicht so anzugucken! Ich habe mit diesem Herrn Kolumbini noch nie etwas zu tun gehabt", wehrte sich der Beamte.
"Fie würden ihr Amt retten. Daf würde ihnen ficherlich eine Feder an ihrem Hut einbringen."
"Nun. Da ist sicherlich was dran. Außerdem bekomme ich jetzt nicht einmal eine Rente. Einfach arbeitslos. Also gut ich helfe euch."
"Fehr schön. Wir brauchen auf jeden Fall Waffen. Und auch etwaf um ein Ablenkungfmanöver fu ftarten."
Gut, daff der Alkohol bei Herrn Kraufe doch noch feine Wirkung feigt , dachte Igor.
"Ich habe noch einige Waffen im Keller", erklärte Humbert.
"Bevor ich der Band beigetreten bin war ich Alchimist. Ich könnte sicherlich einige Stoffe besorgen, die wir zur Stiftung von Verwirrung einsetzen könnten", bot sich Bertollini an.
"Daf ift eine gute Idee. Mit Ekfplofionen kennen wir Igorf unf auf. Fuerft müffen wir aber noch meinen Verdacht überprüfen. Wir müffen in den Bachlofen Weg."
"Also", sagte Herr Krause. "Worauf warten wir noch? Lasst uns in einige Adligenärsche treten!"

Kolumbini starrte an die Decke seines Gefängnisses. Inzwischen konnte er wieder einigermaßen klar denken. Sein Entführer hatte ganz klar einen Überwaldianischen Akzent und da er einen Diener hatte musste es wohl jemand aus gehobenem Stand sein. Dunkelpurpurn...Fred hatte sich schon die ganze Zeit gewundert, weshalb ihm das so bekannt vorkam. Es war das Wappen Dimitri van Überwalds gewesen. Allerdings schien Dimitri nur der Diener von Kolumbinis Entführer zu sein. Die Schwarze Viper. Nur vollkommen Irre gaben sich solche Namen.
Anscheinend war Dimitri von seinem Herrn in die Wache eingeschleust geworden, um Fred in eine Falle zu locken.
Aber wie konnten sie sicher sein, dass ich mit dem Fall beauftragt werde? , fragte sich der Rekrut.
Die Antwort war ganz einfach: Mittels einer sehr kratzbürstigen Haushälterin, gegen die ein Kampf gegen einen Drachen das reinste Picknick gewesen wäre. Deswegen lies die Frau ihn auch einfach so herein. Sie wusste, dass er derjenige war, auf den sie gewartet hatten.
Es passte alles zusammen. Fred hoffte, dass die Wächter ähnliche logische Schlussfolgerungen ziehen würden.
Etwas bewegte sich in einer Ecke des Raums. Der Rekrut setzte sich erschrocken auf und blickte sich um.
"Hallo?" fragte er. "Ist da wer?"
Keine Antwort.
"Komm aus deinem Versteck, wer immer du auch bist!"
Dann sah Fred, wie sich etwas auf ihn zu bewegte. Es war eine kleine Gestalt in einem Kapuzenmantel. Nicht mehr als 15 cm groß.
Ein Gnom?, dachte Kolumbini.
Das kleine Wesen kroch weiter auf das Bett zu und sprang ihm schließlich auf die Brust.
Kolumbini blickte in die zwei, bis auf kleine blau glühende Punkte, lehren Augenhöhlen eines Rattenschädels.

"Öffnen fie die Tür!" schrie Igor. "Im Namen der Ftadtwache! Öffnen fie die Tür!"
Die Tür blieb verschlossen. Der bucklige Diener drehte sich zu seinen Mitstreitern um.
Gleich hinter ihm hatte sich Humbert aufgestellt. Der Wirt trug eine große Keule, aus der ein rostiger Dorn ragte. Es war die Art von Keule, die einfach jeder Wirt in Ankh-Morpork besitzen musste, wenn er länger als eine Woche im Geschäft bleiben wollte. Arthur trug keine Waffe, was er als Vampir auch nicht nötig gehabt hatte. Marcello hatte ein Kurzschwert gewählt und Igor trug einen Schlagstock bei sich. Bertollini war bereits zur Alchimistengilde unterwegs, um seine Kontakte spielen zu lassen und ein wenig Pulver Nummer eins oder ein ähnliches Material zu besorgen.
Herr Krause wirkte vollkommen deplaziert. Er wollte keine Waffe haben. Anscheinend hatte die kurzzeitige Ermutigung durch den Alkohol nachgelassen, denn er wirkte sehr nervös und insgeheim fragte er sich, was er hier überhaupt machte. Aber ein Krause brach keine Versprechen. Jedenfalls nicht häufig.
Die Tür öffnete sich nicht. Im gesamten Haus regte sich nichts.
"Verfuchen wir ef an der Hintertür", schlug Igor vor.
"Nein", sagte Arthur. "Ich erledige das mal schnell."
Der Vampir trat gegen die Tür, die in einem Splitterregen zerbarst.
"So. Bitte."
"Gut. Lafft unf reingehen. Und feid vorfichtig."
Igor blieb stehen als er einige Schritte getan und im Flur des Hauses stand. Die Einrichtung war vollkommen verschwunden. Das Haus selbst war von innen nicht einmal das von gestern gewesen.
"Daf gibt ef doch nicht. Geftern war dief noch ein ganz anderef Hauf. Ef gab keine Empfangfhalle fondern nur einen Flur."
Der Diener hastete von Zimmer zu Zimmer. Nichts war so wie vor einem Tag.
"Hier geht etwaf nicht mit rechten Dingen fu. Ich glaube, daff dief für eine Beftätigung meinef Verdachtf genügt."
"Welcher Verdacht, Herr Igor?" fragte Humbert interessiert.
"Mein Herr wird ficherlich in der Betrug - und - Schwindel Ftrafe feftgehalten. Ich erkläre euch allef auf dem Weg. Ef ift etwaf komplifiert. Lafft unf aber erft auf Bertollini warten. Ich glaube, daff wir fein Material doch noch brauchen werden."

Kolumbini hatte sich langsam wieder von seinem Schrecken erholt.
"Wer oder was bist du?" fragte er die kleine Gestalt vor sich.
QUIEK, sagte der Rattentod.
Die Worte erschienen direkt in Freds Kopf und was er noch seltsamer fand war, dass sie irgendwie Sinn ergaben.
"Ach und was ist das genau?"
QUIEK.
"Willst du damit sagen, dass Ratten ihren eigenen Schnitter haben?"
Der Rattentod nickte.
"Du töt..."
QUIEK, protestierte der Rattentod.
"Du geleitest also ihre Seelen ins Jenseits?"
Wieder folgte ein Nicken.
"Und warum kann ich dich dann sehen? Ich bin weder eine Ratte noch tot."
QUIEK.
"Was willst du damit sagen: "Ich weißt es nicht."?"
QUIEK.
"Ja das ist mir auch klar. Kannst du mir sagen, ob ich morgen sterbe."
QUIEK.
"Wie bei Ärzten?"
Ein Nicken folgte.
Kolumbini hatte ja schon viele merkwürdige Sachen erlebt, aber ein Gespräch mit einem 15 cm großen Rattenskelett gehörte sicherlich zu den ersten drei merkwürdigsten. Er war allerdings auch schon einige Zeit lang gefangen und außerdem dachte er die ganze Zeit daran, dass er morgen sterben würde.
Unter solchen Umständen fand er Halluzinationen vollkommen normal. Er beschloss mit der Gestalt zu reden. Was hätte er auch sonst tun sollen?
"Dein Beruf ist sicherlich interessant."
Der Rattentod schüttelte den Kopf.
"Aber du lernst doch sicher eine Menge Leute kennen."
QUIEK.
"Oh. Das stimmt allerdings. Für lange nicht. Nun es scheint, dass jeder Beruf, der anfangs gut erscheint sich am Ende als langweilig rausstellt. Ich bin Wächter und bisher ist es wirklich nicht sehr interessant. Keine Freunde. Nur ein Diener. Sonst niemand."
QUIEK.
"Was bei dir auch? Dann sind wir sozusagen Leidensgenossen, nicht wahr?"
Nicken.
"Wie heißt du?"
QUIEK.
"Hm. Hast du auch einen kürzeren Namen als "Der Rattentod"? Wir wäre es mit Ratti?"
QUIEK!
"Schon gut, schon gut. Ich habe das nein verstanden. Wie sieht's mit Kleiner aus?"
QUIEK.
"Also gut, Kleiner. Weißt du, ich glaube, dies könnte der Beginn einer wunderbaren Freundschaft sein."

Eine Fledermaus flog durch die winterliche Luft. Sie zitterte ein wenig, bevor sie schließlich auf einem Dach eines Gebäudes in der Betrug - und - Schwindel Straße landete. Sie kroch langsam über den Boden und hinter einen Schornstein.
Als sie wieder hervorkam, hatte sie sich in einen jungen Mann verwandelt, der schwarze und dunkelblaue Kleidung trug. Arthur blickte sich auf dem Dach um.
"Die Luft ist rein", sagte er schließlich.
Die anderen Mitglieder der selbsternannten Kolumbini-Rettungsgemeinschaft tauchten aus ihren Verstecken auf.
"Und? Waf haft du heraufgefunden?" fragte Igor, den alle als Leiter der Truppe anerkannt hatten.
"Es gibt einen Haupteingang und drei Nebeneingänge. Sie sind alle abgeschlossen und verbarrikadiert. Ich kam jedoch sehr nahe an ein Fenster heran und konnte somit einem Gespräch lauschen, dass im Gebäude gehalten wurde. Es waren zwei Männer und sie scheinen Fred wirklich entführt zu haben. Einer von ihnen hat einen überwaldianischen Akzent und der andere spricht ziemlich schnell. Sehen konnte ich sie leider nicht."
"Daf befte wäre wohl, wenn wir unf eine gute Taktik überlegen. Wir brauchen auf jeden Fall ein Ablenkungfmanöver. Bertollini, haft du die Materialien bekommen?"
"Ja. Aber es war mit einigen Schwierigkeiten verbunden. Sie haben mir etwas Pulver Nummer eins überlassen", antwortete das Bandmitglied.
"Fehr gut. Vielen Dank. Gib ef mir bitte. Wir follten fuerft eine kleine Ekfplofion erfeugen, um unf einen Eingang inf Gebäude und genug Verwirrung fu schaffen. Daf übernehme ich..."
Herr Krause öffnete seit langem wieder seinen Mund.
"Entschuldigen sie, Herr Igor, aber wäre es nicht klüger dies Herrn Bertollini zu überlassen? Er war immerhin bei der Alchimistengilde und hat ziemlich viel Erfahrung, schätze ich", warf er ein.
"Nun...", wollte Bertollini entgegnen.
"Sehen sie. Er ist schon ganz versessen darauf. Lassen wir den Alchimisten da ran."
"Nun gut. Vielleicht haben fie Recht, Herr Kraufe. Ef wäre ficherlich etwaf klüger diefe Aufgabe jemandem fu übertragen, der etwaf Erfahrung im Umgang mit Pulver Nummer einf hat."
"Äh. Wie soll ich das Pulver eigentlich entzünden?" fragte der ehemalige Alchimist. "Ich habe keinen Zeitzünder, oder etwas in der Art. Ich war schon froh, dass die Alchimisten mir etwas von dem Zeug überlassen haben."
"Wie wäre es mit einem Brandpfeil? Arthur warst du nicht gut im Umgang mit Bögen?" schlug Marcello vor.
"Äh, nun, ja ich habe mal einen Schützenwettbewerb gewonnen. Aber wo sollen wir bitte einen Bogen herbekommen?"
Igor zeigte auf das große Schild auf dem Dach des Gebäudes.
Es war vergilbt und die Schrift darauf war kaum mehr zu erkennen. Doch wenn man genau hinsah, konnte man immer noch folgende Botschaft erkennen:
"H. G. Leichtfuß Bögän und mähr!"

Kurze Zeit später lag im Schnee vor dem Bauamt in der Betrug - und - Schwindel Straße eine kleine Schüssel, die ein schwarzes Pulver enthielt. Bertollini hatte es nach gut Glück abgemessen, da er keine Waage dabei hatte. Außerdem kannte er sich mit Pulver Nummer eins auch nicht so gut aus. Er hoffte, dass es nicht zu viel war.
Arthur stand oben auf dem Dach der Bogenfabrik und hielt seinen Bogen bereit. Er zündete den Pfeil an und zielte. Es war einige Zeit her gewesen seit er das letzte mal einen Bogen in der Hand gehalten hatte.
Igor und die anderen hatten sich hinter die nächste Straßenecke verzogen und würden dort warten, bis sie den Knall hörten.
Arthur zielte noch einmal und ließ dann den Pfeil von der Sehne schnellen.

"Hm. Bist du sicher?" fragte Kolumbini seinen neuen Freund.
QUIEK, sagte der Rattentod.
"Aber ich sehe hier rein gar nichts, mit dem man auf eine Freundschaft anstoßen könnte. Du etwa?"
In seiner Hand erschien ein Krug, der mit einer fruchtig duftenden Flüssigkeit gefüllt war. Der Rattentod hielt einen Fingerhut in der Hand.
QUIEK, sagte er und stieß mit Kolumbini an.
"Prost. Auf unsere Freundschaft", sagte der Rekrut und trank einen kleinen Schluck.
Nachdem Fred aufgehört hatte zu prusten, fragte er:
"Was ist das denn für ein Zeug?"
QUIEK.
"Und aus was wird dieses Knieweich hergestellt?"
QUIEK.
"Größtenteils?"
Nicken.
Kolumbini verschüttete etwas von dem seltsamen Getränk. Als es den Boden erreichte zischte und blubberte es. Das Gestein hatte an der Stelle auf einmal ein Loch. Eine Idee wuchs in Kolumbinis Kopf.
Er blickte auf den Krug. Dann auf die Tür und vor allem auf das Schloss und die Eisenverstärkungen. Er blickte wieder auf den Krug und dann noch einmal auf das Schloss.
Dann umspielte ein Lächeln seine Lippen.

Der Pfeil raste immer weiter auf die kleine Schüssel mit dem Pulver Nummer eins zu. Zentimeter für Zentimeter.
Arthur hatte sich geduckt und die anderen Einsatzmitglieder hielten sich bereits seit einer ganzen Weile die Ohren zu. Schließlich war der Pfeil nur noch einen Zentimeter von der Schüssel entfernt.
Er verfehlte sie um einen Zentimeter und prallte von der Steinwand des Gebäudes ab. Der Pfeil flog senkrecht in die Lüfte bevor er nach unten fiel. Er landete genau in der Schüssel und entzündete das schwarze Pulver.

Kolumbini hatte das Bett umgedreht. Er hatte den Rattentod gebeten ihm ein Reagenzglas mit Knieweich zu geben.
QUIEK?
"Was ich vor habe? Ich will das Schloss dieser verdammten Tür zerstören. Ich werfe jetzt das Glas! In Deckung!"
Das Glas flog durch die Luft.
Zentimeter für Zentimeter.
Es traf auf das Schloss und zerbrach.
Dann explodierte die Welt.

Igor rappelte sich als erstes wieder auf und half den anderen auf die Beine.
"Laffen wir den Alchimiften ran", äffte er Herrn Krause nach.
Der Beamte war seltsamerweise der einzigste, den keine Rußschicht bedeckte.
"Nun ich gebe zu, dass es ein kleiner Fehler war dies anzunehmen", sagte er. Der Alkohol schien nun endgültig seine Wirkung verloren zu haben und Herr Krause sprach wieder in seinem gewohnten Tonfall.
"Aber normalerweise kann man auch davon ausgehen, dass ein Mitglied der Alchimistengilde, selbst wenn es schon seit einiger Zeit nicht mehr dort war, ohne Probleme in der Lage sein sollte die Ladung für einen kleinen Sprengsatz richtig zu dosieren", fügte der Beamte hinzu.
"Es tut mir ja leid. Ich wollte ja darauf hinweisen, dass ich mit Pulver Nummer eins kaum Erfahrung habe, doch sie haben mich andauernd unterbrochen. Außerdem hatte ich gar nicht das richtige Werkzeug für eine Abmessung der richtigen Dosis dabei", versuchte sich Bertollini zu verteidigen.
"Das sagen sie im Nachhinein immer", behauptete Herr Krause.
"Fein fie gefälligft ftill, Herr Kraufe. Fie find immerhin daran Schuld, daff wir jetft mehr Aufmerkfamkeit geniefen, alf eine Kröte in einem Garten voller Ringelnattern. Wenigftenf werden unfere Entführer jetft gehörig verwirrt fein. Wir müffen unf beeilen. Wo ift Arthur?"
Der Vampir erschien hinter Igor. Er hatte von allen am meisten Ruß abbekommen.
"Hier", brachte Arthur unter Husten hervor. Er betrachtete Bertollini mit einem finsteren Blick.
Die kleine Truppe blickte um die Ecke.
Die Explosion hatte die gesamte Mauer an der Straße und einen Teil des inneren Gebäudes weggesprengt. Gelegentlich flogen einige Brocken ab. Die Gefährten starrten eine Zeit lang auf die Szenerie. Die Häuser, die um das Amt herum standen, hatten alle eine Kohlrabenschwarze Fassade.
"Nun ja", sagte Igor, "wenigftenf müffen wir unf jetft keine Gedanken mehr darüber machen, wie wir inf Gebäude kommen."

Kolumbini rappelte sich auf. Die Tür war aus den Angeln gerissen worden. Sie lag nun in der Zelle.
"Wow!" ließ sich der Rekrut vernehmen. "Solch eine heftige Reaktion habe ich wirklich nicht erwartet. Bist du noch da, Kleiner?"
QUIEK, sagte der Rattentod etwas gedämpft.
Kolumbini holte ihn unter einigen Trümmern hervor.
"Lass uns gehen."
Nicken.
Sie verließen den Raum und bemerkten, dass das gesamte Gebäude von einer ziemlich heftigen Explosion erschüttert worden war.
"Also dieser Knieweich hat es wirklich in sich."
QUIEK.
"Und was war es dann deiner Meinung nach?"
QUIEK.
"Bist du sicher? Ich bezweifle das."
Sie gingen den Gang entlang und kamen schließlich an eine Treppe, die sie hinaufgingen. Hinter der Treppe erstreckte sich ein ehemaliges Beamtenbüro. Es war ziemlich groß. Es stand nur noch ein Tisch. Die restlichen waren vom herabfallenden Schutt zerschlagen oder gar selbst herabgefallen. Denn die auffälligste Verränderung bestand darin, dass die Hälfte des Saals weggesprengt worden war. Die Treppe hatte Kolumbini und seinen neuen Freund in den dritten Stock des Gebäudes geführt. Er blickte in den tiefen Abgrund und auf die verkohlte Straße, die sich unter ihm zeigte. Einige der Pflastersteine waren geschmolzen.
"Ich glaube langsam wirklich, dass du damit Recht hast, dass hier etwas anderes als die zerstörerische Wirkung von Alkohol im Spiel ist."
QUIEK.
"Mit wem reden wir denn, Cherr Kolumbini?" fragte eine Stimme.
Fred erkannte sie sofort als die seines Entführers. Der Rattentod sprang von der Hand des Rekruten.
QUIEK, sagte er.
"Mit niemandem", antwortete Kolumbini.
Zwei Personen traten auf ihn zu. Sie trugen beide lange schwarze Kapuzenmäntel und man konnte ihre Gesichter unter den Kapuzen nicht erkennen.
"Aha. Chaben wir einen schönen Aufentchalt in unserem Gefängnis gechabt?"
"Das würde ich nicht unbedingt sagen, Herr Dunkelpurpurn."
Ein Lächeln umspielte Freds Lippen.
"Schwarz! Es cheißt Schwarze Viper! Niecht Dunkelpurpurn!"
"Dawäre ichmir nicht..."
Der Mann Namens Dimitri wurde von einem Ellenbogen unterbrochen.
"Ich werde dafier sorgen, dass du wieder in deine Zelle wanderst und diesmal für immer!"
"Da wäre ich mir nicht fo ficher", sagte eine Stimme, die vom anderen Ende des Raumes kam. Viper drehte sich um und erblickte eine kleine Truppe von verrußten Leuten. Der Sprecher hatte einen Buckel und hatte einen Schlagstock in der Hand. Hinter ihm stand ein Mann mit einer Schürze und hielt eine große Keule, in der ein Nagel steckte in der Hand.
Der Mann, der am Ende der Reihe stand, und einen grauen Anzug trug wirkte irgendwie deplaziert. In Wirklichkeit gehörte er an diesen Ort, wie ein Fisch ins Wasser.
"Ich warne fie. Wenn fie nicht ftehen bleiben, find wir gefwungen fu draftischen Mitteln fu greifen. Bald werden ficher auch einige Wächter hier eintreffen. Geben fie alfo lieber auf und ftellen fie fich."
"Ich wierde mich nicht darauf verlassen, dass eure Wächter die Explosion bemerkt chaben. Immerhin chaben sie auch nicht bemerkt, dass sich ein Spitzel in ihren Reihen befindet. Buchacha. Ich bin die Schwarze Viper und ich ergebe mich nicht kampflos!" schrie eine der Roben, bevor sie nach unten sprang, unversehrt auf dem Pflaster landete und in eine Richtung rannte, die Fred nicht erkennen konnte.
"Er ist weg", sagte der Rekrut. "Aber einen haben wir ja noch. Wie ist dein richtiger Name, Dimitri?"
"Ichheiße nicht Dimitri. Understrecht nicht Dimitri Balderski. Ihrwerdetmich nicht kriegen."
Die Gestalt in der Robe wollte gerade losrennen, da trat der Mann im Anzug einige Schritte nach vorne, griff nach einem Stempel, der auf dem Schreibtisch lag, tauchte ihn pflichtbewusst in ein Stempelkissen und rammte dem Flüchtenden den Stempel an die Stirn.
Dimitri Balderski gab noch ein würgendes Geräusch von sich, bevor er ohnmächtig umfiel.
"Herr Kraufe und Arthur. Ihr bleibt hier und bewacht den Gefangenen, bif die Wache eintrifft. Vielen Dank, Herr Kraufe."
"Ja, vielen Dank, Herr Krause", ergänzte Kolumbini. Er war momentan noch nicht ganz bei sich. "Dann lasst uns mal den anderen Kerl jagen, Freunde."
Die anderen verließen den Raum.
"Und sie waren immer Beamter?", fragte Arthur Herrn Krause.

Unten angekommen rannte Fred gegen eine Steinmauer.
Er blickte noch einmal genauer hin und bemerkte, dass die Mauer eine Uniform der Wache trug und, dass sie ein Troll war. Der Troll hielt eine riesige Armbrust in der Hand.
"Hallo", grollte er. "Ich sein Malachit."
"Äh, hallo, Malachit. Hast du gesehen woh...?"
"Ja; wir haben gesehen, wie eine Gestalt in einer schwarzen Robe von diesem Gebäude sprang und in das gegenüberliegende Gebäude gerannt ist. Keine Angst die kommt da nicht raus. Es gibt nur diesen einen Eingang und den bewachen wir", sagte eine Stimme, die aus Bodennähe zu kommen schien.
Kolumbini blickte sich um. Unten auf dem Boden stand ein Gnom. Eine Gnomin korrigierte sich Fred. Sie trug die Uniform der F.R.O.G.-Abteilung.
Jetzt bemerkte der Rekrut, dass sich auch einige andere Wächter hier befanden. Ein junger Vampir stand links vom Troll und rechts von ihm stand eine junge Frau mit roten Haaren. Trotz dem momentanen Winter trug sie eine Sonnenbrille, was Fred etwas verwunderte.
"Mein Name ist Venezia Knurblich. Leutnant Venezia Knurblich", stellte sich die Gnomin vor und fuhr dann fort. "Und dies sind Korporal Charlotta", sie zeigte auf die junge Frau, "und Obergefreiter Kamikhan", sie zeigte auf den Vampir.
"Wir haben dich bereits den ganzen Tag gesucht, doch hatten keinen Erfolg. Aber als wir diese Explosion gesehen hatten, dachten wir: "Hey, wenn das mal nicht was mit Kolumbini zu tun hat." Wir kommen anscheinend gerade rechtzeitig, wie?"
"Äh, nun, ja. Ihr habt mich gesucht?" fragte der Rekrut verwundert.
"Natürlich. Wir lassen doch keine Wächter im Stich. Du bist immerhin einer von uns."
"Wirklich?" Fred fasste sich wieder. "Nun oben liegt ein Gefangener. Er heißt Dimitri Balderski und ist ein Spitzel. Ich erkläre euch das alles später einmal genau. Jetzt müssen wir zuerst den anderen fassen. Er steckt hinter all dem."
"Also gut. Obergefreiter? Du gehst nach oben und sorgst dafür, dass der Gefangene nicht entkommt. Charlotta und Malachit? Ihr kommt mit mir."
Die inzwischen größere Truppe betrat den Raum.
Venezia ging voran. Ihr folgten Fred, Igor und Humbert. Bertollini und Marcello gingen nebeneinander und das Schlusslicht bildeten Charlotta und Malachit.
Kolumbini trennte sich von der Truppe und ging einige Schritte, bevor er sich den Raum betrachtete. Das Lagerhaus von H. G. Leichtfuß war groß und vor allem dunkel.
Die Fabrik war ein Überbleibsel aus der Zeit, als Ankh-Morpork noch in mehr oder minder regelmäßigen Abständen Kriege geführt hatte. Die Belegschaft hatte fast nur aus Rentnern bestanden, die sich eine Kleinigkeit dazuverdienen wollten. Der Bedarf an Bögen nahm nach dieser Ära jedoch rapide ab. Herr Leichtfuß hatte bei der Schließung der Fabrik folgende Worte gesagt: "Es gibt in dieser grausamen Welt eben keinen Platz für alte Männer, die Bögen herstellten." Den Umstand, dass später mit diesen Bögen Dutzende von Menschen erschossen werden würden hatte er nicht erwähnt.
Die Dunkelheit war förmlich zu spüren. Freds Schritte wurden von der WIRKLICHEN Stille, die in alten Lagerhäusern einen besonders intensiven Charakter entfaltet, gedämpft11[12].
"Ergib dich, Viper!" schrie der Rekrut in die Dunkelheit.
"Buchacha. Niemals werde ich das tun."
Viper wollte sich gerade umdrehen und wegrennen, doch Kolumbini hatte sich ihm in den Weg gestellt. Der Wächter hielt eine gespannte Armbrust in der rechten Hand.
"Nicht so schnell", sagte er.
"Du glaubst wirklich, dass du mich aufchalten kannst? Ausgerechnet du?"
"Nein. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass Malachit dies kann. Kommt raus!"
Die anderen Mitglieder des kleinen Rettungstrupps traten aus den Schatten und bildeten einen Kreis um die Robe.
"Ihr werdet mich nicht fassen", schrie die Gestalt.
"Du bist alleine und wir sind zu acht. Deine Chancen stehen nicht gerade gut. Außerdem sind wir bewaffnet", sagte Kolumbini in ruhigem Tonfall.
"Ich bin die Schwarze Viper! Ich bin unbesiegbar!!!! Buchacha!!!!!!"
Dann geschahen die Dinge so schnell, dass Kolumbini glaubte, er träumte.
Malachit sagte: "Ich das nicht glauben" und hobt die M.U.T..
Die Schwarze Viper verschwand und an ihrer Stelle flatterte eine kleine, schwarze Fledermaus in der Luft, die rasch an Höhe gewann und dem Dachgebälk entgegenflog.
Malachit hob die Armbrust und betätigte den Abzug.
"Nein! Nicht hier drinn...!", schrie Venezia, doch sie unterbrach sich selbst, als sie merkte, dass es bereits zu spät war. "In Deckung!"
Der riesige Bolzen löste sich aus der M.U.T. und raste dem Dachgebälk entgegen.
Danach verdunkelte sich die Welt.

Kolumbini erwachte und blickte in das Gesicht von Igor, der gerade Anstallten machte, seinem Herrn eine Mund - zu - Mund - Beatmung zu verpassen. Allein der Gedanke an eine solche Vorstellung konnte einen von der Schwelle des Todes zurückholen.
Dennoch freute sich Fred Igor endlich wiederzusehen. Bisher war er einfach zu aufgeregt gewesen, um sich zu freuen, doch jetzt war es vorbei.
Er umarmte seinen Diener. Igor gab ein verlegenes und überraschtes Husten von sich.
"Igor. Welch eine Freude dich wiederzusehen."
"Danke, Herr. Die Freude ift ganf meinerfeitf. Ich bin froh, dich gefund wiederfufehen."
Kolumbini richtete sich auf und blickte zu den anderen Anwesenden.
"Humbert, Arthur, Marcello, Bertollini. Was macht ihr denn hier?"
"Falls du dich erinnerst, Fred", erklärte der Wirt. "Wir haben dich befreit."
"Ach ja. Ich erinnere mich wieder. Und es waren doch auch einige Wächter da, nicht wahr?"
"Wir!", kam es von einer Stimme vom Boden.
Jetzt erblickte der Rekrut auch die anderen Anwesenden. Sein Erinnerungsvermögen kehrte mit einem Schlag zurück.
"Ja. Jetzt erinnere ich mich wieder."
Venezia meldete sich wieder zu Wort. "Und jetzt möchte ich wissen, wie ihr Kolumbini gefunden habt und was hier eigentlich genau los ist."
"Daf ift dann ja wohl meine Aufgabe", sagte Igor.
"Der Entführer meinef Herrn heift Schwarfe Viper. Er ift ein Adliger auf Überwald. Er wollte fich auf irgendeinem Grund an meinem Herrn rächen. Er schleufte feinen Diener Dimitri Balderfki unter falschem Namen in die Wache ein, um meinem Herrn eine Falle fu ftellen. Dimitri van Überwald, wie ihr ja ficher wifft. Er täuschte die Entführung von ihm vor, um meinen Herrn auf dem Wachhauf fu locken und ficher fu gehen, daff er ohne feinen Aufbilder unterwegf ift. Aber wie konnte er ficher gehen, daff mein Herr mit diefem Fall beauftragt wird, werden fie fich jetft ficher fragen. Ganf einfach: Er engagierte eine kratfbürftige Haufhälterin, die niemanden in ihr Hauf laffen wollte aufer einen überwaldianischen Adligen. Da man nicht den Verftand einef Trollf in einem Schneefturm bräuchte um ihnen auf die Schliche fu kommen, wenn fie daf Opfer gleich in ihrem Hauf überfielen, taten fie dief auf offener Ftrafe. Alf Gefängnif wählten fie ein Gebäude auf, um daf fich niemand kümmerte. Daf Bauamt für die Schatten in der Betrug - und - Schwindel Ftrafe. Fum Glück traf ich Herrn Kraufe in einer Kneipe an und fomit konnte ich den Aufenthaltfort meinef Herren beftimmen. Die Herren hier haben mir bei der Befreiung von ihm geholfen."
Pling, ertönte es. Die Anwesenden drehten sich zu Kolumbini um, der sich gerade nachdenklich auf sein Auge klopfte.
"Oh, entschuldigt. Ich habe nur über etwas nachgedacht."
Irgendwo habe ich das Wappen von dieser Viper schon einmal gesehen , dachte er.
Venezia blickte zuerst auf ihn und dann auf Igor.
Mit den beiden werde ich irgendwann noch mal viel Arbeit haben, dachte sie.
Und in einigen Metern Entfernung geleitete der Rattentod gerade die Seelen der verstorbenen Ratten aus dem Lagerhaus ins Jenseits. Als er fertig war blickte er seinem neuen Freund nach, der langsam in der Ferne verschwand.

"Herein!" sagte Kommandeur Rince, als er in seinem Büro saß und ein wenig Kaffee trank. Selbst ein Kommandeur brauchte immerhin ab und zu eine Pause.
Die F.R.O.G.- Einsatztruppe trat zusammen mit Igor und Kolumbini in den Raum.
Sie salutierten.
"Ah! Hallo, Kolumbini! Welch eine Freude dich wieder zu sehen. Ich wusste doch, dass dich diese hervorragende Truppe retten wird. Ach vorhin habe ich einen ziemlich großen Knall gehört. Gefolgt von einer starken Erschütterung. Du hattest nichts damit zu tun, oder Korporal Charlotta?"
"Äh, nein, Sir. Ich..."
Igor trat vor und unterbrach sie damit.
"Wenn du geftatteft, Herr, würde ich diefe Fache gerne erklären."
"Nur zu, Igor. Nur zu."
"Also..." Und Igor erklärte ihm alles. Was es mit Dimitri van Überwald auf sich hatte, warum die Haushälterin so komisch war, wie er seinen Herrn aufgespürt und schließlich auch wie er ihn mit der Hilfe von Humbert, Arthur, Marcello, Bertollini und Herrn Krause befreit hatte. Den Umstand, dass Fred sich eigentlich selbst befreit hatte erwähnte er nicht, da er gar nichts davon wusste. Kolumbini hatte es für besser gehalten, sein Gespräch mit dem Rattentod und seine daraus resultierende Befreiung für sich zu behalten.
"Fo, Herr", sagte Igor, als er seinen Bericht beendet hatte. "Jetft weift du allef Wiffenfwerte."
Der Kommandeur klatschte in die Hände.
"Hervorragend, Igor. Du hast großen Einsatz erwiesen und gezeigt, dass du nicht von gestern bist, indem du deinen Herrn aufgespürt hast. Ich werde ein Auge auf die Karriere deines Herren und dir haben. Richte auch deinen Freunden schöne Grüße und besten Dank von mir aus, Kolumbini."
"Das werde ich, Herr, das werde ich, keine Angst."
"Igor für deine Taten solltest du einen weiteren Hut an deiner Feder bekommen."
"Äh. Ich verftehe nicht ganf, waf du meinft, Herr."
"Es ist nur ein Metapher. Du bekommst für deinen heutigen Einsatz ein kleines Abzeichen. Ihr könnt nun abtreten. Bringt den Gefangenen in die Zellen. Die Anklage lautet auf Vortäuschung falscher Tatsachen und Körperverletzung an einem Wächter. Die anderen Anklagen kommen noch später hinzu. Sorgt dafür, dass er kein Fenster hat."
"Jawohl, Sir", ließ sich Venezia Knurblich vernehmen.
"Und schickt einen Aufräumtrupp in die Betrug - und - Schwindel Straße. Ich hoffe, dass Vetinari diese Sache gelassen sieht, wenn ich sie ihm erkläre. Abgetreten!"
Sie salutierten und traten aus der Tür.
Rince trank einen Schluck von seinem Kaffee und blickte dann schließlich auf den Stapel von Papierkram. Er versuchte sich an die Zeit zurück zu erinnern, als er noch ein einfacher Polizist gewesen war. Ohne diesen verfluchten Papierkram. Er konnte sich irgendwie nicht mehr daran erinnern. Er trank einen Schluck Kaffe und machte sich auf zur nächsten Besteigung von "Mount tedious form-filling".

Kolumbini blickte aus seinem Fenster über Ankh-Morpork. Er freute sich, dass er diesen Abend noch miterleben konnte.
Er gehörte dazu. Das hatte der Leutnant selbst gesagt. Igor war bereits unten bei den anderen, um Silvester zu feiern. Zwar hasste Kolumbini dieses Fest, doch er beschloss wenigstens kurz nach unten zu gehen.
Er hatte vorhin ein kurzes Gespräch mit Igor geführt.
"Ich danke dir vielmals, Igor", hatte er gesagt.
"Keine Urfache, Herr. Ef ift mir eine Ehre, dir fu dienen. Du bift von allen Herren, denen ich bifher gedient habe der angenehmfte."
"Du weißt woher ich dieses Wappen kenne, nicht wahr, Igor?"
"Äh, nun..."
"Woher, Igor?"
"Ich weif ef nicht, Herr." Doch insgeheim dachte er: Die Feit ift noch nicht reif.
"Naja. Morgen gehen wir zu Humbert. Ich muss mich bei ihm bedanken."
"Daf ftimmt allerdingf, Herr."
"Ich bin mir sicher, dass ich das Wappen aus der Zeit kenne, als wir noch in Überwald gewohnt haben, aber es will mir einfach nicht einfallen, woher."
"Wie gefagt, Herr. Ich weif ef auch nicht."
"Glaubst du, dass die Schwarze Viper den Schuss überlebt hat?"
"Ich bin mir nicht ficher, Herr."
"Ich meine Malachit hat ihn genau getroffen. Die Chancen, dass jemand dies überlebt stehen selbst für einen Vampir um die eins zu einer Million."
"Daf ift ef, waf ich befürchte, Herr."
Danach war Igor zu den anderen gegangen.
Fred blickte über das nächtliche Ankh Morpork. Überall herrschte Silvesterstimmung. Er sah einige Kinder, die von Tür zu Tür gingen und "We wish you a merry Hogswatch" sangen. Es war eines der populärsten Silvesterlieder, obgleich es in einer anderen Sprache geschrieben war. Das einzige Ankh-Morporkianische Silvesterlied, das bei den Runden der Kindern gesungen wurde war "Der Schneevater kommt". Doch es war bei weitem nicht so melodisch wie die ausländischen Lieder was für so ziemlich alle Lieder aus Ankh-Morpork galt.
Kolumbini machte sich nun auch zum Gehen fertig. Plötzlich bemerkte er den Rattentod auf seinem Bett.
"Hallo, Kleiner", begrüßte er ihn.
QUIEK, sagte das Rattenskelett.
"Danke ebenso! Viel zu tun, diese Tage?"
Nicken.
"Der Beruf, der Beruf. Schau doch mal vorbei, wenn du mehr Zeit hast. Ich würde mich über einen Gesprächspartner freuen."
QUIEK.
"Keine Ursache. Ich danke dir, dass du mir bei meiner Befreiung geholfen hast. Ich stehe in deiner Schuld. Ich lade dich mal ein."
QUIEK.
"Wenn du meinst. Also dann, auf Wiedersehen."
QUIEK, sagte der Rattentod und verschwand langsam.
Kolumbini öffnete die Tür.
"Gute Nacht, kleiner Freund", sagte er zur Dunkelheit. "Was immer du auch bist."

[1]  1Sie wissen schon jene Stühle, in denen Großmütter immer bei Familienfesten sitzen, um für die Enkelkinder Pullover zu stricken, die im Endeffekt immer einige Nummern zu groß sein werden.

[2] 2 ; Zur Silvesterzeit gingen viele Leute, die keine Lust auf Familienfeiern oder keine Familie zum feiern hatten, in eine der vielen Kneipen um dort in Gemeinschaft anderer armer Tropfe zu feiern oder sich in Einsamkeit zu besaufen.

[3] 3 Eigentlich war Silvester in Ankh-Morpork wie Silvester in Sto Lat bis auf die Tatsache, dass die Selbstmordrate in Ankh-Morpork zu Silvester ihren Höhepunkt erreichte.

[4] 4 Ihr Name setzte sich aus den Vornamen der drei Musiker zusammen: Bertollini, Arthur und Marcello. Sie waren bis auf Arthur, den Humbert vor einem Jahr engagiert hatte und der ein Vampir war, Gennuaner.

[5] 5 Meist war es das Lied "Schau immer zur Sonnenseite des Lebens".

[6] 6Ein Biergemisch aus Pils, Ale und Zitronenlimonade.

[7] 6.1.Siehe Singlemission "Der Rattenkäfig oder: Tote trinken keinen Tee" von Wächter Kolumbini. Anmerkung des Autors.

[7a] 7 In Ankh-Morpork passte der übliche Vergleich von Schnee mit Puderzucker nur so lange, wie derselbe sich in der Luft befand, denn schon einige Minuten auf Ankh-Morporks Boden oder Dächern ließen den Schnee graubraun werden.

[9] 7a Der Text ist hier auf Ankh-Morporkianisch wiedergegeben, um dem Leser das Lesen dieser Geschichte zu vereinfachen. Außerdem ist der Autor nicht tollkühn genug um eigene Sprachen zu erfinden.

[10] 9 Seltsamerweise gab es nur in Morpork häufig Glatteis. Das lag daran, dass es sich die Bewohner von Ankh leisten konnten genug Streugut für den Winter zu kaufen. Die Alchimisten hatten einen neuen Stoff erfunden, der, wenn man ihn rechtzeitig auf die Straßen streute, dafür sorgte, dass sich kein Eis bildete. Doch leider kostete das Kilo 27 Ankh-Morpork Dollar und das war den armen Bürgern Morporks zu teuer. Wenn man die Unfall- und Arztkosten, die sie dem Glatteis zu verdanken hatten berücksichtigte wären sie mit dem Streugut noch wesentlich billiger weggekommen.

[11] 10 Ein Igor würde seinen Herrn nie als "verrückt" bezeichnen. Igors hielten es für vollkommen normal, wenn ihre Dienstherren verrückt kicherten und mehrere tausend Volt durch den Körper einer Person jagten.

[12] 11 Das beständige Hintergrundgeräusch im Lagerhaus war das Kratzen der Ratten in den Wänden. In richtigen Lagerhäusern findet man ganze Rattenstädte in den Wänden. Gelegentlich verließ eine Ratte ihr Zuhause, um nach dem Land wo Milch und Käse fließen, oder einfach nur nach den Verwandten zu suchen.




Für die Inhalte dieses Textes ist/sind alleine der/die Autor/en verantwortlich. Webmaster und Co-Webmaster behalten sich das Recht vor, inhaltlich fragwürdige Texte ersatzlos von der Homepage zu entfernen.

Feedback:

Die Stadtwache von Ankh-Morpork ist eine nicht-kommerzielle Fan-Aktivität. Technische Realisierung: Stadtwache.net 1999-2024 Impressum | Nutzungsbedingugnen | Datenschutzerklärung