Welche Ente?

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von Gefreite Rettich
Online seit 05. 07. 1999
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Du entdeckst, daß dem Entenmann die Ente fehlt.
Doch er selber weiß überhaupt nichts von einer Ente.
Ist sie gestohlen worden oder war nie eine da, wie der Entenmann behauptet?

Dafür vergebene Note: 12

Ich bin unschuldig (wie immer) durch die Schatten gegangen, als mir auffiel, daß die 3 stattbekannten Bettler Henry Husten, Arno Seitwärts und der Stinkende Alter Ron alle um den Entenmann versammelt waren. Neugierig näherte ich mich mit aller hygienischer Vorsicht dem Haufen. "Jahrtausendhand und Krevetten", fluchte Ron, angestachelt von einem kräftigen Hustenanfall seines Kumpels Henry. Wenn man einmal Henry Husten husten hört, wünscht man sich erstens an einem anderen Ort zu sein und zweitens ein Bad einzunehmen gefolgt von mehreren Schutzimpfzaubertränken. Mit meiner schon etwas in die Jahre gekommenen Axt hielt ich mir den schlimmsten Gestank vom Leibe, als mir plötzlich auffiel, daß die Ente vom Kopf des Entenmanns verschwunden war. Völlig perplex starrte ich auf das schmutzige Haupt des, ja man mußte es sagen, Ex-Entenmanns. "Wo ist deine Ente ?" fragte ich ihn als ich mich langsam aus dem Bann des grenzenlosen Erstaunens befreite. "Welche Ente?" kam die unausweichliche Antwort. Der Entenmann bestritt seit Jahren, daß sich eine Ente auf seinem Kopf eingenistet hatte. Hatte er etwa recht und alle Bewohner von Ankh-Morpork litten unter Maßenhalluzonation (bei dem Gestank des Ankh wäre es ja verständlich)? Nein, sagte ich zu mir selbst, das kann,darf, nicht wahr sein. Der Entenmann war mit seiner Ente schon so eine Art Anti-Denkmal der Stadt geworden, ohne sie hätte
Ankh-Morpork ein Stück Ruflosigkeit verloren, was der Kaufmannsgilde sicherlich nicht gefallen würde.
Pflichtbewußt setzte ich mir das Ziel die Ente zu finden, und wenn es mich das Leben kosten würde. Doch wo galt es anzufangen? Ich entschloß mich, zuerst die Gegend um den Entenmann zu untersuchen. Kommandeur Rince hatte immer betont, daß Spuren wichtig waren, erst recht wenn sie dem Täter gehörten. Und ich war mir sicher. Die Ente wurde gestohlen. Auf meiner Suche kam ich bei Gimlet vorbei, um mich mit einem zünftigen Rattenburger zu stärken. Doch zu meinem Erstaunen war weder ein Gast, noch Gimlet anwesend. Die Sache wurde immer mysteriöser, denn auf einmal vernahm ich ein leises, kaum hörbares Geräusch. Ich näherte mich und Hoffnung keimte ihn mir auf, es war unverkennbar ein Quaken. Und ja, da war sie, da war des Entemanns Ente.
Leise pirschte ich mich an sie heran. Nur noch wenige Meter
trennten sie, als ich plötzlich auf einem nicht bemerkten Stück Eselskot ausrutschte, wild mit den Armen ruderte, und der Läge...äh...Kürze nach auf die Nase fiel. Die Ente flatterte als ob sie mich verhöhnen wollte genau über meinem Kopf hinweg. Unaussprechliche Worte suchte ihren Weg ins Freie und fanden ihn auch. Doch so schnell gab ich nicht auf. Ich rappelte mich hoch, klopfte kurz den Schmutz des Schattens von mir ab, bevor er mir meine Rüstung verätzte und setzte zur Verfolgung an. Über Stock und Stein jagte ich das flatternde Geschöpf und drehte ihm dabei mehrmals in Gedanken den Hals um. Ich war froh, daß mich niemand dabei beobachtete, denn ich agierte nicht sonderlich erfolgreich und erst recht nicht geschickt. Schließlich jagte ich sie in eine Sackgasse. Nur ich und sie, sie und ich, allein vor der 3 Meter hohen Universitätsmauer. Ich grinste innerlich, denn es war Zeit abzurechen. Die Sonne flirrte und ein Wüstenbusch flog an mir vorbei. Ich wunderte mich woher der Busch kam. Automatisch hob ich meine Axt und blickte dem Gegner in die Augen. Die Ente erwiderte meinen Blick kaltblütig als ob sie ahnte, daß
hier und jetzt die Entscheidung fallen würde. Ich sprang...und flog gegen die Mauer. Die Ente war über die Mauer geflattert genau in dem Moment, als ich sie heldenmutig im Sprung packen wollte. Mir langte es. Ich machte Ernst. Mit einem Geschick, was ich mir selbst gar nicht zugetraut hätte, erklomm ich einen Baum. Der Rand der Mauer war 2 Meter entfernt doch ich mußte es schaffen. Das Schicksal der Scheibenwelt lag in meinen Händen.
Wie in Zeitlupe näherte ich mich dem Rand. Nur noch wenige Zentimeter..ich schaffe es... . Mit letzter Kraft hielte
ich mich fest und baumelte an der Mauer. Ich versuchte, mich hochzuziehen und während ich das tat, bemerkte ich das die Mauer nicht breit genug war. Ein fataler Fehler. Denn als ich mit einem Stiefel auf der Mauer stand, konnte ich das Gleichgewicht nicht mehr halten. Ich ruderte verzweifelt mit den Armen, will mein Gleichgewicht halten, doch es war vergeblich. Nach einigen benommen Minuten erwachte ich in wahrsten Sinne des Wortes bis zum Halse im Komposthaufen der Unsichtbaren Universität. Mein Helm war neben mich gefallen, trotzdem spürte ich eine beunruhigende Wärme auf meinem Kopf. Ich traute mich nicht hochzusehen, denn was man sich vom Kompost der UU erzählte, ließ mich erschaudern. Da plötzlich erschien das verhaßte Geschöpf. Seelenruhig watschelte es an mir vorbei, guckte mir schelmisch in die Augen und machte es sich in meinem Helm gemütlich.
Nach Stunden des Wartens erschien endlich Modo der mich aus meiner mißlichen Lage befreite. Die Ente hockte noch immer in meinem Helm und sie flog, allen Göttern sei Dank, nicht weg. Mit vielleicht etwas übertriebener Härte packte ich sie und schleppte sie zu ihren Besitzer, der gar nicht bemerkte, daß die Ente wieder da war. Ich hatte falsch spekuliert, die Ente war ein Opfer eines Täters namens Natur. Sie hatte in der Zwischenzeit ein Ei in meinem Helm gelegt, was auch ihr Verschwinden erklärte. Noch immer leide ich unter den Nachwirkungen des Sprung in den Komposthaufen, ich muß einmal in die Woche in die Universität um mich wegen eventueller Spätfolgen untersuchen zu lassen. Aber die Ente ist wieder da.



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