Anatomische Studien

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von Feldwebel Ptracy
Online seit 21. 01. 2000
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Tief in der Nacht wird vor dem Wachgebäude eine Leiche aufgehängt Eine Drohung?

Dafür vergebene Note: 12

Es war kurz nach Mitternacht als Feldwebel Ptracy von einem schrecklichen Geräusch aufgeweckt wurde, es schien von draußen zu kommen. Sie entschied sich dafür nachzusehen, was überhaupt los war und tastete sich im Dunkel ihres Schlafzimmers zum Fenster vor. Als sie einen Blick nach draußen in ihren Garten warf, konnte sie zwei Katzen erkennen die im Kampf ineinander verbissen zu sein schienen. Vielleicht machten sie auch etwas anderes, das war auf die große Entfernung nicht zu erkennen.
"Diese blöden Mistviehscher!", schimpfte Ptracy vor sich hin.
Eigentlich war sie ja eine ausgesprochene Tierfreundin, aber Katzen waren ihr doch etwas suspekt. Wohl vor allem darum, weil in ihrer Heimat so viel Aufsehen um diese angeblich heiligen Tiere gemacht wurde. Konnte ein Tier heilig sein, daß unschuldige kleine Mäuse fraß und deren sterbliche Überreste morgens auf der Fußmatte zurückließ? Wohl kaum!
Sie selbst zog Hunde vor, die knallten ihren Wohltätern wenigstens nicht ohne Vorwarnung eine vor den Latz. Auf dem Weg zurück ins Bett stolperte Ptracy über etwas großes und haariges und knallte rücklings auf den harten Boden, wütend rieb sie sich ihren schmerzenden Po.
"Dios! Du blöder Köter, mußt Du ausgerechnet hier rumliegen?!", machte sie ihrer Wut Luft, soviel also zu Hunden. "Ach komm schon her, war ja nicht Deine Schuld."
Als Ptracy Dios besänftigend am Kopf kraulte, grübelte sie darüber nach, was sie jetzt machen sollte, so hellwach wie sie war. Die anderen Wächter waren um diese Zeit alle schon bis oben hin mit Alkohol abgefüllt, mit denen ließ sich kein vernünftiges Gespräch mehr führen, es bestand also kein wesentlicher Unterschied zum normalen Zustand.
Sie dachte daran ob sie Lavaelous aus den Federn schmeißen sollte, überlegte es sich aber doch anders, seine Laune ließ in diesen Fällen doch sehr zu wünschen übrig. Na ja, kam auf den Grund der Störung an, aber dafür war sie jetzt kaum in Stimmung.
Sie beschloß Kommandeur Tod einen kleinen Besuch abzustatten, da der diese Nacht als einziger Dienst schob. Auf ihrem Weg zur Wache begegnete sie niemandem, jedenfalls wagte es keiner mehr sie zu überfallen. Der Letzte der dies versucht hatte, sprach jetzt einige Oktaven höher.
Kurze Zeit später betrat sie Tods Büro, der gerade mit dem angefallenem Papierberg kämpfte und das nicht nur im übertragenen Sinn.
"SCHÖN DICH ZU SEHEN", begrüßte er sie. "DU DARFST MIR GERNE HELFEN, WENN DU DESHALB GEKOMMEN BIST."
"Später vielleicht, aber darf ich Dich mal etwas fragen?", begann Ptracy etwas verwirrt und durcheinander. "Wußtest Du, daß an einem Dachbalken des Wachhauses eine Leiche baumelt?"
Natürlich hatte Tod dies bisher nicht gewußt und so kam es, daß die beiden Wächter mitten in der Nacht auf dem Dach der Wache rumkletterten.
"Sieht nach einem Mord aus", schlußfolgerte Ptracy.
"KÖNNTE ABER AUCH SELBSTMORD GEWESEN SEIN", kommentierte der Kommandeur.
"Das halte ich für sehr unwahrscheinlich", stellte Ptracy fest. "Welcher vernünftige Mensch wählt schon das Wachhaus für einen Selbstmord aus?", wobei Ptracy vergaß, das jemand der noch einigermaßen vernünftig war nicht gerade diese grauenhafte Art wählte um aus dem Leben zu scheiden.
Genaueres ließ sich im Dunklen aber eh nicht erkennen, also wurde beschlossen, die Leiche erst mal vom Balken loszumachen. Ptracy holte ihr Messer hervor und schnitt das Seil durch.
"Schei...benkleister, sie ist mir weggerutscht", rief Ptracy, aber es war schon zu spät, laut polternd sauste die Leiche nach unten.
"Au!", kam ein Stöhnen von der Straße unter ihnen. "Wasse für eine Idiot wirfet hier mit L...mit Lei...mit Toten um sich?!"
"Oje", Ptracy hatte die Stimme als die von Lavaelous erkannt und beeilte sich nach unten zu kommen, um zu sehen ob es ihm gut ging und/oder ob sie mit ihm streiten konnte (was sie selbst ja als diskutieren bezeichnete).
Dieser war gerade mit fünf andren Wächtern von einer Sauftour zurückgekehrt und hatte das große Glück gehabt, zur falschen Zeit am falschen Ort zu sein, was bei ihm der Normalzustand war.
"Aslo, dafüer sollte sie Dich wirkl...äh....echt bei sich aufnehem", meinte der betrunkene VaaBii.
"Jenau! Un isch ziehe auch gleisch mit ein", grölte Zaubberer zustimmend.
"Ich zieh m-m-morgen ein, muß nu nosch paken", gab Lavaelous, mit ein paar Sprachproblemen bekannt.
Nach diesen Worten zog die Truppe taumelnd weiter, um die nächste Kneipe zu "kontrollieren".
Ptracy sah den Kommandeur ratlos an, bekam aber nur ein Schulterzucken. Er war ein wenig enttäuscht, er hatte sich eine interessante Diskussion zwischen den beiden Wächtern erhofft. Im Gegensatz zu Rince, dem das ständige Gezanke gehörig auf die Ei....meinte Nerven ging, war er gegenüber menschlichen Verhaltensweisen immer sehr aufgeschlossen, auch wenn er sie nie ganz verstand.
Egal, dafür war später noch Zeit, jetzt sollten sie sich um den (Selbst)Mord kümmern.
Kurz darauf lag der Tote im Wachhaus auf einem Tisch, nicht sehr hygienisch zugegeben, aber so ließ er sich besser untersuchen.
"Der Mann hat anscheinend seine besten Klamotten zum besonderen Anlaß seines Dahinscheidens angezogen", meinte Ptracy mit Blick auf den edlen schwarzen Anzug mit Krawatte.
"Und geschminkt scheint er auch zu sein, sieh mal hier der viele Puder."
"VIELLEICHT WOLLTE ER DEN TOTENGRÄBERN DIE ARBEIT ERSPAREN", spekulierte der Kommandeur, der die verschiedenen Totenrituale immer noch zu verstehen versuchte.
Ptracy suchte vergeblich in seinen Zügen eine Spur von Sarkasmus, sie seufzte leise auf:
"Wirklich sehr rücksichtsvoll von ihm", meinte sie ironisch.
Die beiden hatten Glück, der Mann hatte vorsorglich seine Adresse in sein Jackett eingenäht. Die Gasse war ganz in der Nähe, so daß die Wächter nicht lange brauchten um hinzukommen.
Tod klopfte an die Tür, als nach mehreren Minuten keiner öffnete, griff er durch sie hindurch und drückte die Klinke von innen nach unten.
"Also das hab ich gesehen", ließ Ptracy ihn wissen.
"ICH WEISS GAR NICHT WAS DU HAST, IMMERHIN IST JETZT OFFEN", verteidigte sich der Kommandeur.
Sie traten in einen dunklen Hausflur und begannen die Zimmer zu durchsuchen, wobei Ptracy das Erdgeschoß übernahm und Tod den ersten Stock. Kurz darauf ertönte ein schriller Schrei, Ptracy zog ihr Schwert und rannte nach oben.
"Zu Hilfe!", kreischte eine alte Frau, die Tod wohl im Schlaf überrascht hatte. "Überfall! Mörder! Diebe!"
Tod versuchte gerade sie zu beruhigen als Ptracy dazukam, machte die ganze Sache aber nur noch schlimmer (war ja auch nicht anders zu erwarten gewesen oder wären sie über ein 2 Meter großes Skelett in ihrem Schlafzimmer begeistert?).
Schließlich gelang es Ptracy mit vorzeigen ihren Dienstmarke die Frau zu überzeugen, daß alles seine Richtigkeit hatte, mehr oder weniger.
Es stellte sich heraus, daß es sich um die Haushälterin des Mannes, der Johann Gehweg geheißen hatte, handelte und Herr Gehweg angeblich schon vor 2 Tagen durch einen Unfall umgekommen sei. Eigentlich sei er schon beerdigt worden, schwor die Haushälterin bei ihrem eignen Leben. Zur Sicherheit ließen die Wächter sie die Leiche identifizieren, eindeutig Herr Gehweg.
"Hm, na das ist ja was", meinte Ptracy.
"Und nun? Zumindest war es kein Mord."
"WIR SOLLTEN UNS MAL EINGEHEND MIT DEM TOTENGRÄBER UNTERHALTEN", meinte Tod.
Gesagt getan, der Totengräber Herne Grabgut, sah sich mitten in der Nacht mit den unangenehmen Fragen zweier Wächter konfrontiert, von denen einer ziemlich übelgelaunt zu sein schien.
"Jetzt komm mir nicht damit. Das kannst Du Deiner Großmutter erzählen", schnauzte Ptracy ihn an.
"Die lebt nicht mehr", entgegnete Grabgut.
"WIE AUCH IMMER, WARUM WURDE HERR GEHWEG NICHT ORDNUNGSGEMÄSS BESTATTET?"
"Ich hab doch schon gesagt, daß das nicht stimmt", verteidigte sich der Totengräber.
Da Ptracy jedoch sehr überzeugend sein konnte, wenn sie übermüdet war und ihm drohend ihr Messer an die Kehle hielt, während sie ihr Du-bist-so-gut-wie-tot-Lächeln aufsetzte, gab er schließlich alles zu:
"Ist ja gut, aber nimm bitte das Messer weg, Ich dachte, he Herne die Geschäfte laufen echt mies im Moment, keine Seuchen mehr und so, da könntest Du Dir doch was dazu verdienen und dann kam so ein Verrückter der mir 10 Ankh-Morpork Dollar für die Leiche gab. Ich hab auch seine Adresse, er wollte noch öfters "Ware" haben..."
Nun ging alles schnell, der Totengräber landete in einer Zelle und sie stellten den Käufer zur Rede, er wirkte sehr verwirrt, nein das stimmte nicht ganz...ah ja...zerstreut paßte besser:
"Ach? Wirklich? Da ist er also", begann er und kratzte sich am Kinn. "Habe doch gewußt, daß ich ihn irgendwo liegen gelassen habe."
"Du hast also eine Leiche auf unsrem Dach "verloren"", wollte Ptracy wissen. "Was hattest Du überhaupt mit ihr vor? Und warum warst Du überhaupt auf dem Dach der Wache?"
"Oh, nur einige anatomische Studien, wie der Körper auf Blitzschlag reagiert und was in der Art. Du würdest gar nicht glauben, was sich alles mit der Lunge eines Menschen anstellen läßt, zum Beispiel kann man damit lustige..."
"ICH DENKE DAS GENÜGT FÜRS ERSTE", unterbrach Tod ihn, der den Verdächtigen lebend in eine Zelle bringen wollte. Wäre es nach Ptracy gegangen...aber lassen wir das jetzt, vielleicht sind Kinder in der Nähe.
"ES IST JEDENFALLS VERBOTEN. IM NAMEN DER WACHE DU BIST HIERMIT VERHAFTET."
Es war früher morgen als Ptracy endlich wieder zu Hause ankam, sie freute sich schon darauf ungestört ausschlafen zu können, sie hatte an diesem Tag endlich mal frei.
Aber da war doch irgendwas, sie hatte auf einmal das Gefühl etwas wichtiges vergessen zu haben.
"Ach egal, so wichtig kann es nicht gewesen sein", murmelte sie als sie ins Bett kroch.
Keine fünf Minuten später riß sie ein klingeln an der Tür aus ihrem wohlverdienten Schlaf, müde taumelte sie nach unten um zu öffnen.
"Guten Morgen!", begrüßte sie ein etwas verkaterter Lavaelous.
"Du bist ja noch nicht mal angezogen. Beeil Dich lieber, der Leihkarren kostet mich einen halben Ankh-Morpork Dollar die Stunde! Oder hattest Du etwa vor den Wagen zu bezahlen?"
"Was?", fragte Ptracy ungläubig und starrte auf den Eselskarren mit den Umzugskartons vor ihrem Haus.
"Na ich wollte doch heute bei Dir einziehen, oder etwa nicht?", wunderte sich Lavaelous über Ptracys verwirrten Gesichtsausdruck. Dabei war das Thema wirklich schon mal zur Sprache gekommen, allerdings vor der letzten großen "Diskussion", die damals die ganze Wache amüsiert hatte.
"Ich wußte doch das da noch was war..."



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