Taube Rekruten

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von Wächter Vico van Vermeer (GRUND)
Online seit 29. 08. 2002
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Für Rekruten (erste Mission):
Auf dem heutigen Ausbildungsplan steht "Das Versenden von Nachrichten per Brieftaube".
Klingt eigentlich nicht schwer! Was soll da schon schiefgehen?

Dafür vergebene Note: 12

Gedrückte Stille liegt im Raum. Mehrere Rekruten stehen im Kreis und starren auf die Decke. Ein wenig abseits steht der Kommandeur und isst gemütlich sein (nach Schätzung des Rekrut Vermeers ist es nun das vierte) Frühstücksbrot. Die Tatsache, dass sich Rince höchstpersönlich um die Ausbildung kümmert, schlägt sogar Vico auf das Gemüt. Er mag zwar den etwas zu dick geratenen Mann - schon deswegen, weil er harmloser ist als manch anderer Chef - doch von seinen kleinen, aufmerksamen Augen beobachtet zu werden, während man eine Übung bestreitet, da ist sogar ihm mulmig dabei.
"Ist der Trupp vollständig?", Pigeon öffnet die Tür zum G.R.U.N.D.-Gebäude, grüßt den Kommandeur, welcher freundlich zurücknickt und sieht sich wartend um.
"'sch 'ind'lle 'amlpff ", er blickt in die verständnislos dreinblickenden Gesichter, schluckt den Bissen, den er gerade im Mund hat, schnell hinunter und wiederholt seinen Satz aufs neue, "Ich meinte, es sind alle da. Können wir anfangen?", er packt den verbleibenden, armseligen Rest seines Brotes ein und steckt es in seine Hosentasche.
"Rogi sollte gleich hier sein. Immerhin ist sie neue Kommex bei Frog und wollte einen Teil übernehmen, während ich zuschaue."
"Die paar Minuten haben wir auch noch Zeit.", seine Hand fährt hinab zu der Stelle, wo sein Essen Zuflucht gefunden hat, als Vico nervös die Hand hebt. Für ihn ist der ideale Zeitpunkt gekommen, um zu fragen, was ihm schon lange am Herzen liegt.
"Ja? Du wolltest etwas fragen Rekrut?", seine Hand bleibt in der Bewegung stecken.
"Ich will ihre Taten nicht in Frage stellen, Herr Kommandeur. Ich schätze ihre Anwesenheit hier bei G.R.U.N.D., Herr Kommandeur. Ich bin zutiefst erfreut, Herr Kommandeur. Aber könnten Sie uns vielleicht mitteilen, warum wir hier sind und welchen Teil unserer Ausbildung Sie uns näher bringen wollen?", ein zustimmendes Raunzen geht durch die Gruppe, die seit zehn Minuten kein Wort mehr geredet hatte.
"Oh, hab ich etwa vergessen, das Rundschreiben abzuschicken?", verlegen tastet er seine Taschen ab und findet einen zerknüllten Zettel neben den Überresten seines gestrigen Abendmahls.
"Tja, anscheinend. Na gut, dann will ich mich kurz fassen. Anscheinend wird hier zu wenig auf eure richtige Ausbildung geachtet. Ihr werdet der Stolz der Stadt werden und deswegen braucht ihr auch die dementsprechende Ausbildung. Ich habe euch hier hergerufen, weil ihr mit euren Ausbildern schon auf Streife wart. Ihr habt einen oder mehrere Tage im Leben eines Wächters erlebt. Nun sollt ihr zu einem erzogen werden. Ich und eure Ausbildungsleiterin haben uns einen Ausbildungsplan zurecht gelegt. Das erste auf der Liste wird sein, euch den Umgang mit den Brieftauben näher zu bringen. Ihr könnt noch so gute Ermittlungsarbeit leisten, solltet ihr aber einmal in Bedrängnis geraten und nicht wissen, was ihr zu tun habt, um eure Kollegen um Hilfe zu rufen, war alles umsonst. Deswegen...", die Tür wird zum zweiten Male aufgerissen und ein Igor betritt verlegen den Raum.
"Entfuldigung, Herr Kommandeur. Ich fteckte im Ftau feft.", verlegen stellt sie sich hinter den Wasserspeier.
"Ah, dann kann es ja los gehen. Ich werde immer hinter euch stehen. Also tut alles, was euch die Wächter sagen und hört ihnen genau zu. Ihr werdet das früher oder später noch zu genüge brauchen.", mit einem leichten Grinsen auf den Lippen holt er, diesmal erfolgreich, sein restliches Brot heraus und lauscht schmatzend den Ausführungen der beiden Kommunikationsexperten.

"Für alle jene, dich mich noch nicht kennen. Ich bin Hauptgefreite Pigeon und bin Bulldoge bei D.O.G.. Bulldoge ist die Spezialbezeichnung bei uns für Kommex. Dies hier ist Gefreite Rogi von F.R.O.G.. Wir werden beide abwechselnd versuchen, euch die Grundkenntnisse der artgerechten Tierhaltung, Pflegung und Verwendung der Brieftauben zu vermitteln. Wenn ihr Fragen haben solltet, könnt ihr euch ruhig melden oder euch später genauer erkundigen. Nehmt Block und Stift mit, wenn ihr wollt. Hat jemand vielleicht eine
Taubenallergie oder sonstiges, von dem ich wissen müsste?", die Frage kommt wohl rein rhetorisch, umso verblüffter ist sie, als jemand die Hand hebt.
"Ja?"
"Ich will mich nicht etwa drücken, Madame Pigeon. Aber mein Arzt empfiehlt mir, lieber nicht in die Nähe dieser... Tiere zu gehen.", bei dem Wort Tier muss er sich regelrecht zusammen reißen.
"Warum daf denn?", die Gefreite zieht erstaunt eine Augenbraue nach oben.
"Es war vor ein paar Jahren. Wissen sie, ich habe früher öfters Urlaub zu Hause gemacht. Ich musste meiner Mutter immer die neuestens Gerüchte aus aller Welt mitteilen. Sie ist eine so furchtbar neugierige Person. Wenn ich.."
"Vico? Ich glaube, die Damen Vorgesetzten wollen deine Lebensgeschichte nicht hören."
"Oh, sie haben natürlich Recht, Herr Bregs. Also, ich war gerade auf dem Heimweg. Ich hatte neue, frisch genähte Kleidung an. Sie war entzückend, wissen sie. So weiße Rüschchen an den Ärmeln und auf dem Kragen der Seidenbluse. Darüber ein weinrotes Jackettchen. Mit einem kleinen Täschchen auf der linken Seite. Als Hut diente ein.."
"Vico..."
"Ach, bin ich schon wieder meiner Erzähllust verfallen? Nein, wie unartig von mir.", er wirft Araghast einen verschmitzten Blick zu.
"Nun, zumindest begab es sich, dass eine dieser scheußlichen Kreaturen mein - ziemlich teures, muss ich dazu sagen - Outfit zutiefst beschmutzte. Die Flecken gingen nie wieder richtig weg. Nach meinem, wohl gerechtfertigten, Anfall, meinte der Arzt unserer Familie, ich sollte diese... Tiere meiden.", der Rekrut holt ein orangenes Tüchlein aus seinem kleinen Rucksack - den er sich extra für die Wache anfertigen hat lassen, damit seine Handtäschchen nicht dreckig werden - und tupft sich nach Beendigung seiner Rede die Stirn.
"War das alles?", wirft Pigeon unbeeindruckt ein.
"Natürlich. Ich muss auf mein Herz achten, in meinem Alter.", er steckt das Tuch wieder weg und sieht seine Vorgesetzten unschlüssig an. Beide Kommex werfen sich amüsierte Blicke zu und richten dann das Wort an den Kommandeur.
"Wie findest du diesen Notfall, Rince?"
"'asch fmpfr n No'al?", diesmal ist es der letzte Bissen, den er eilig hinunter schluckt.
"Ach, das soll ein Notfall gewesen sein? Ich bin mir sicher, der Rekrut wird mit ein wenig Übung schon das richtige Gefühl für die Tauben entwickeln. Deswegen wird er gleich als Gehilfe beim Vortrag mit dabei sein, nicht wahr, Rekrut?", er klopft Vico kräftig auf die Schulter, wobei diesem für kurze Zeit die Luft weg bleibt. Soviel Härte ist er einfach nicht gewöhnt.
"Ja..", Hust, "..wohl, Sir.", er versucht sich wieder zu fangen, unterlässt es aber, den Ausbilder oder die anderen dabei anzusehen. Es genügt ihm das Gekicher, dass nun die Runde macht.
"Alfo, fangen wir an. Die Tauben warten. Allef mir nach.", die Kommex haben sich entschieden, dass Rogi den Anfang macht und mit der überaus wichtigen Einschulung beginnt. Die anderen Rekruten folgen gehorsam auf den Fuß, während Pigeon dem Rekrut van Vermeer ein wenig nachhelfen muss.

"Stellt euch bitte alle in einer Reihe auf. Der Kommandeur kann sich ruhig einstweilen auf den Stuhl hier setzen.", der Wasserspeier führt Vico neben die Käfige am Ende des Raumes. Der Boden ist von herausgefallenem Stroh übersät, die Käfige mit Taubendung bedeckt.
"Wie man sieht, wurden die Ställe ein wenig vernachlässigt. Das wird sich nun ändern. Wir werden hier wöchentlich Kurse abhalten, für alle jene Rekruten, die noch nicht in deren Genuss gekommen sind. Sollte es Rekruten geben, die sich hiermit gut auskennen, oder vorhaben, länger bei G.R.U.N.D. zu bleiben, können sich gerne freiwillig melden, und bei den Vorträgen helfen. Das wird die Aufnahme als Kommex bei anderen Abteilungen sicher beschleunigen. Sollte sich niemand melden, werden wir oder besser eure Ausbilder Rekruten bestimmen, die sich währenddessen um die Tiere kümmern werden. Deswegen passt hier gut auf. Es kann eine heimtückische Arbeit sein.", Vico wird bei Pigeons Vortrag immer kleiner und kleiner. Verzweifelt blickt er zu Rince, der ihm nur aufmunternd zunickt.
"Nach dem Vortrag werden wir hier gemeinsam ein wenig zusammenräumen, damit ihr Dinge wie Ausmisten und richtiges Saubermachen der Ställe lernt. Auch hier kann es zu unangenehmen Zusammenstößen kommen, wenn man die Tauben nicht vorher ein wenig beruhigt oder sich mit ihnen abgibt. Es sind sensible Tiere und können auch dementsprechend handeln.", gedankenverloren sieht sie zu ihren ehemaligen Artgenossen.
"So, genug geredet. Nun wird gehandelt. Vico? Nimm doch bitte eine Taube aus ihren Käfig und bring sie her. Rogi wird dir zuschauen und sagen, was du vielleicht falsch gemacht hast oder dir im Notfall ein wenig unter die Arme greifen."
"Ich will nicht getragen werden, Madame Pigeon. Ich will nur gerade eben in diesem Moment im Erdboden verschwinden. Der Fußboden würde es in diesem Fall auch tun.", bleich starrt er auf die zahlreichen Biester, nur zurückgehalten von eisernen Stäben. Just in diesem Moment entleert eine etwas dickere Taube ihren Darm auf eine unter ihr sitzende Kollegin. Beleidigtes Gurren ist die Folge. Vicos Hände werden feucht und Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn. Eine samtweiße Bluse kommt ihm ins Gedächtnis,
über und über mit Taubenkot verdreckt. Seine Lippen werden trocken und in Gedanken lässt er seine Hand schon zu dem kleinen Dolch im Strumpfband unter seiner Hose gleiten.
"Vico? Bift du bereit?", die Gefreite steht schon neben einem ausgewähltem Taubenschlag und wartet. Mehrere Augenpaare sind auf den Rekruten gerichtet. Das wäre kein Grund, um nervös zu werden. Er hat viel mehr Zuschauer hinter sich. Doch das hier ist kein Theaterstück. Die Tauben sind real, genauso wie seine gemischten Gefühle. Doch Pigeon ist so nett, Vico die Entscheidung, ob er sich nun in Bewegung setzen sollte oder nicht, abzunehmen. Ein kleiner Stups genügt, ihn gegen einen Käfig prallen zu lassen.
Die kleine Eisentür springt auf, mehrere Tauben geraten in Aufregung, flattern wirr umher, ergreifen die Flucht nach vorn und knallen gegen die wieder schleunigst zugemachte Tür.
"Daf follteft du unterlaffen, wenn du die Tierchen nachher nicht wieder einfammeln willft.", angestaute Luft verlässt Vicos Mund. Geschwächt greift er in seinen Rucksack und tupft seine Stirn mit dem eben geholten Seidentüchlein ab.
"Madame Pigeon, wenn ich einwenden dürfte, dass ich für diese Arbeit nicht geeignet.."
"Da musst du durch. Ob jetzt früher oder später macht da auch keinen Unterschied mehr. Und du weißt doch, was auf Befehlsverweigerung steht, oder?", während ihrer Rede richtet sie weiter ihre Sachen her.
"Nein.", ist die kurze, aber wahre Antwort.
"Du willft ef gar nicht wiffen, glaub mir.", Bilder von einem düsteren Vampir, der im Dunkeln an einer Ecke lauert, sich seine Nägel schärft und einem in den Weg springt, wenn man vorbeigeht und zur Zeit bei IA weilt, kommen dem Rekrut in den Sinn.
"Das könnte gut möglich sein, Madame Feinstich. Vielleicht sollte ich doch an die Arbeit gehen."
"Daf ift eine gute Idee.", mit verschränkten Händen steht sie daneben und beobachtet das Geschehen.
"Also gut, wie die Damen und Herren Vorgesetzten es wünschen. Ich mache das nicht aus freien Stücken, will ich hier noch mal anmerken. Wenn etwas passiert, bin ich nicht dafür.."
"Vico, jetzt mach doch schon.", kommt es aus dem Publikum.
"Bitte nicht hetzen, so etwas kann ins Auge gehen. Mit etwas mehr.."
"Vico!", diesmal meldet sich die Ausbildungsleiterin höchstpersönlich zu Wort. Auch sie will bei der Einführung einer neuen Methode dabei sein und hat die widerspenstigen Bemühungen ihres Rekruten mitbekommen.
"Schon gut, schon gut. Ich mach ja schon.", mit zitternder Hand greift er zum Gitter.
"Bevor du öffneft, befchäftig dich ein wenig mit ihnen. Red mit ihnen in einem ruhigen Ton und gib ihnen dann ein wenig Futter. Gewinn ihr Vertrauen."
"Oh, wie Sie meinen.", er nimmt ein paar Körner aus der Hand der Gefreiten und setzt ein gekünsteltes Lächeln auf.
"Seid lieb, blöde, blöde Viecher. Fliegt tot um, weiße, graue, bunte Biester.", behutsam öffnet er die Tür und streckt seine flache, mit Körnern belegte Hand in den Käfig. Ein paar Tauben kommen freudig gehüpft und fangen an, ihre Leckerein zu picken.
"So kann man es auch machen.", Rina steht lässig neben Rince und grinst.
"Jetzt führft du deine Hand langfam nach drauffen.", Vico tut, wie ihm geheißen. Ein paar Tauben verlieren das Interesse und fliegen weg. Nur zwei sind mutig genug - oder verfressen, so genau kann man das ja nicht sagen - und bleiben.
"Jetzt bewegft du deine andere Hand langfam in den Käfig. Behutfam drückft du eine der beiden weg und kraulft die andere. Wenn fie beruhigt gurrt, drehft du deine Hand fo, daff die Taube auf deinem Zeigefinger fitzen bleibt. Genau, fo. Jetzt nimmft du deine Hände langfam auf den Käfig und machft die Tür zu. Bravo! Du haft ef geschafft!", Vicos hervorstehende Äderchen zeugen von seiner ungebrochenen Anspannung, unter der er steht. Schritt für Schritt torkelt er zu Pigeon, bedacht, die Taube möglichst weit
weg von seiner Kleidung zu halten.
"Auch wenn ich mir sicher bin, dass es schneller gehen könnte, war das schon ein guter Anfang. Gibt es seitens der anderen Rekruten noch irgendwelche Fragen? Gut, dann können wir ja weitermachen.", sie holt ein kleines Halsband hervor und bindet es der Taube um den Hals.
"Ihr werdet als erste den Umgang mit den Tauben anhand geeigneter Übungen lernen. Im Wachealltag wird es üblich sein, immer das nächst beste Tier zu ergreifen und es dann richtig einzusetzen. Das wird hier nicht der Fall sein. Um besser in den Kontakt mit ihnen zu treten, werden wir Stammtauben benutzen. Jeder Rekrut wird bis zum Ende seiner Ausbildung seine eigene Taube besitzen. Gewöhnt euch aber nicht zu sehr an sie, sie wird euch nicht auf euren weiteren Weg begleiten. Damit sie aber auch eure Anweisungen befolgt und zum Wachhaus zurückfliegt, wie ihr es wünscht, müsst ihr sie gut behandeln. Tut ihr nichts, was euch auch nicht angetan werden soll. Gebt ihr einen Namen und zeigt ihr die Stadt. Gut, also weiter.", sie legt Vicos Taube das Halsbändchen um und sieht ihn fordernd an.
"Wie willst du deine Taube taufen?"
"Ich, nun ja. Also, meine?", er sieht das Tier zweifelnd an.
"Frühstück vielleicht?", man könnte sagen, die Taube möchte in ein paar Jahren noch groß werden. Zur Zeit ist sie noch sehr weit davon entfernt.
"Etwas Freundlicheres fällt dir bestimmt auch noch ein."
"Hm, wie wäre es mit Emilie?"
"Das ist doch ein sehr schöne Name."
"So heißt meine Mutter.", ein Kichern von seiner Ausbilderin deutet darauf hin, dass sie seine Mutter schon einmal persönlich kennen gelernt hat.
"Gut, dann gib deiner Emilie zur Begrüßung ein Küsschen auf den Schnabel.", Entsetzen spiegelt sich in Vicos Augen. Seine Lippen stülpen sich automatisch nach innen und sein Wimmern wird von dem Gelächter seiner Kameraden übertönt.
"OK, du musst es nicht machen. Ihr werdet schon noch richtige Freunde werden."
"Natürlich. Wenn möglich, dann mit viel Gemüse und wenig Butter.", ein böser Blick von Pigeon veranlasst Vico dazu, still zu stehen.
"Jetzt befestigen wir an dem kleinen Halsband diese dünne Kette. Rogi, wärst du so nett? Danke. Das soll euch am Anfang helfen, dass ihr eure Tauben nicht verliert. Wer glaubt, es nicht zu brauchen, lässt es einfach weg. Gut, und jetzt verbinden wir eure Taube mit eurer Schulter. Die Kette sollte so lang sein, dass das Tier auf dem Finger sitzen bleiben kann. Immerhin solltet ihr eine Nachricht am Bein befestigen können, bevor ihr es abkettet und losschickt. So, erledigt. Nun ist die Taube tragefertig. Ihr könnt sie auf eure Schulter setzen - wie du bitte vorzeigst, Vico - und mit ihr auf Streife gehen.", Vico sieht mit entsetztem Blick zu, wie Rogi das andere Ende der Kette an seiner Kleidung festmacht. Dazu bohrt sie eine Art Nadel durch seinen samtenen Stoff. Durch diesen Schock, den ihm die Wächterin bereitet, überhört er die Anfrage, die eigentlich ein Befehl ist.
"Vico?"
"Ja, Madame?"
"Führ deine Taube bitte zu deiner Schulter, damit sie darauf Platz nehmen kann."
"Auf meiner Schulter?"
"Ja, auf genau der."
"Auf meiner Samtschulter?"
"Aus welchem Stoff die ist, kann ich so nicht genau eruieren."
"Ich habe dieses exquisiten Outfit erst vor ein paar Tagen erstanden. Ich kann doch nicht einfach.."
"Vico, es wird nur für ein paar Minuten sein. Wärst du jetzt bitte so nett."
"Aber diese Tiere sind unberechenbar. Man sieht nur kurz weg und schon ist alles versaut. Es wird doch..."
"Vico! Jetzt nimm sie sofort rauf!"
"Es ist.."
"Vico!", die Lautstärke schwillt bei jedem Satz weiter an und erreicht nun ein Höchstmass. Bevor der Rekrut seinem Hörvermögen beraubt wird, entschließt er sich doch zu folgen. Murmelnd und widerwillig reicht er seinen Finger zu seiner Schulter und die Taube steigt auf. Gurrend sucht sie sich einen bequemen Sitzplatz. Keine Sekunde lässt Vico seinen Gast aus den Augen.
"Jetzt geh bitte ein wenig auf und ab.", Rogi geht neben dem Rekruten her, um zu verhindern, dass er irgendwo anläuft. Seine Konzentration ist zur Zeit auf andere Dinge gerichtet.
"Nun bleib stehen und geh ein wenig in die Knie.", er tut, wie ihm geheißen. Die Taube wackelt ein wenig hin und her, bleibt aber sitzen.
"So, jetzt beuge dich ein wenig nach vorne.", Vico stockt.
"Vico? Das wird doch nicht so schwer sein."
"Aber. Das Biest wird sicher seine Krallen in meinen armen, sensiblen Körper stoßen, um sich festzuhalten. Ich sehe es an ihrem irren Blick."
"Vico!", widerwillig beugt er sich der Redegewandtheit. Das Tier setzt sich prompt auf, fliegt ein wenig in die Höhe und setzt sich dann sanft auf den Rücken.
"So, jetzt steh schnell wieder auf.", erneut erhebt sich die Taube in die Lüfte und landet nach Beendigung der abrupten Bewegungen ihres Wirtes auf ihrem Platz.
"Wie ihr seht, müsst ihr auf eure Tauben nicht sonderlich Rücksicht nehmen. Sie wird sich den Gegebenheiten anpassen. Auch, wenn sie nicht angebunden ist. Das ist besonders dann vorteilhaft, wenn es heisst, schnell zu handeln. So, du kannst sie wieder auf den Finger nehmen.", erfreutes Seufzen erklingt.
"Jetzt lernen wir das Nachrichtenanbringen.", sie wechselt mit Rogi Platz.
"Wenn man die Nachricht zu Ende gefchrieben hat, wickelt man ef um den Fuff def Tieref. Genau fo. Nun nimmt man die Klammer vom anderen Fuff der Taube. Jedef Tier befitzt fo eine Klammer. Fie pafft fich genau dem Fuff an und fixiert den Zettel. Wenn man die Nachricht lefen will, gibt man die Klammer auf daf andere Bein und wickelt daf Papier ab. Ef geht ganz gefchwind und die Taube wird fich nicht wehren. Jedef Tier in unferen Kreifen ift abgerichtet. Daf macht daf Verfenden von wichtigen Nachrichten fchn
ell und einfach. Normalerweife kann man daff gleich auf der Fchulter machen, damit man beide Hände frei hat. Doch zum Vorzeigen ift ef auf der Hand beffer.", der Igor nimmt den Zettel wieder ab.
"Will ef jemand verfuchen?", ein paar Freiwillige melden sich zur Tat, während Vico bei jeder neuaufgezeigten Hand die Augen verdreht. Immerhin weilt die Taube noch immer auf seinem Finger.
"Wenn man die Taube nun Verfandfertig gemacht hat, follte man fie nun abfchicken. Eine gute Brieftaube wird den Weg zu ihrem Hort jeder Zeit wieder finden. Mann muff nur die Leine abkoppeln und die Hand, auf der daf Tier fitzt, fchnell nach oben bewegen. Die Taube wird fich in die Lüfte erheben und wenn fie merkt, daff fie erftenf nicht angebunden ift und fich zweitenf ihrer Ladung bewufft ift, wird fie an Höhe gewinnen und genau hier her zurück fliegen. Defwegen ift die Tür nach unten meiften offen. Ift
hier niemand, wird die Taube weiterfliegen. Immerhin will fie Futter und die Laft, die fie nun trägt, lof werden.", Rogi kettet Emilie los.
"Fo, zeig ef doch einmal vor, Vico.", der Rekrut stutzt.
"Aber, sie ist doch dann weg? Nicht, dass ich etwas dagegen hätte. Aber muss ich sie dann wieder einfangen?"
"Keine Angft, Vico. Mach einfach."
"Wie Sie meinen, Madame.", er bewegt die Hand nach oben. Leider zu sanft, das Tier bleibt unbeeindruckt sitzen.
"Diefmal vielleicht ein wenig energifcher.", er lässt das Handgelenk wippen. Die Taube schreckt zwar ein wenig hoch, bleibt aber auf ihrer Position verharren.
"Jetzt hau schon ab, du blödes Vieh.", als wenn er eine Biene verscheuchen möchte, schlägt er mit der Hand wild um sich. Ein paar Federn fliegen zu Boden und kurze Zeit später das ganze Tier.
"Nicht ganz fo energifch vielleicht.", verlegen lächelt er zu der böse dreinschauenden Hauptgefreiten in der Ecke.
"Du hebst die Taube nun behutsam auf und gibst ihr ein wenig zu fressen.", Pigeon löst Rogi von ihrer Arbeit wieder ab.
"Ich hoffe, ihr wisst nun alle, was man beim Abschicken einer Taubensendung nicht machen soll.", zustimmendes Gemurmel geht durch den Raum.
"Das war zwar nicht Sinn und Zweck der Sache, aber ich bin mir sicher, ihr werdet das besser hin kriegen. Jetzt werden sich alle am Zusammenräumen und am Ausmisten beteiligen. Danach sucht sich jeder eine Taube aus und wartet unten vor dem Eingangstor. Du, Vico, du, ja, du kümmerst dich einfach um deine Taube. Ich will, dass sie nachher genau so frisch und ungestresst wie am Anfang der Lektion ist.", Härte liegt in ihrer Stimme.
"Jawohl, Madame.", verlegen streichelt er das Tier und trägt sie, weit weg von sich gestreckt, zu einem kleinen Trog Wasser.
"Vico! Du sollst sie auch nicht ertränken!"
"Ich dachte doch nur, sie hätte vielleicht ein wenig Wasser nötig."
"Behandele sie einfach wie ein kleines Kind, verstanden? Pass auf, was du tust.", genervt schüttelt sie den Kopf und widmet sich den anderen, arbeitenden Rekruten.

"Gut. Der Anfang ist ja nicht mal so schlecht verlaufen. Nun widmen wir uns dem praktischen Teil der Übung. Ihr werdet euch nun in der ganzen Stadt verteilen. Ich will nicht sehen, dass zwei Rekruten an einem Fleck stehen. Ihr solltet wenn möglich eine halbe Stunde Fußmarsch vom Wachhaus entfernt sein. Mindestens. Dann sucht ihr euch in der Gasse, am Platz oder auf der Straße wo ihr seid eine markante Stelle. Also ein Lokal, ein herausstechendes Wohnhaus, einen Brunnen oder ähnliches und schreibt die Adresse mit eurem Namen auf einen Zettel. Diesen Zettel befestigt ihr wie gelernt an eurer Taube und schickt sie ab. Solltet ihr alles richtig gemacht haben, wird die Taube hierher zurückkommen. Ihr werdet euch nicht vorher von eurem Platz wegbegeben, bis ein anderer Rekrut euch von der Stelle abgeholt hat. Es wird eine andere Gruppe sein, die das Lesen von Brieftaubennachrichten üben wird. Egal was passiert, ihr wartet dort. Es werden keine Feiern in irgendwelchen Gaststätten durchgeführt oder einfach die Mission abgebrochen. Wer es bis zum Abend nicht geschafft hat, abgeholt zu werden, wird von einem Rekrutentrupp - deren Übung es sein wird, bei Dämmerung verloren gegangene Kameraden zu finden - gesucht werden. Deswegen markante Plätze. Habt ihr alles verstanden, oder gibt es noch Fragen?"
"Ja, Vico?", genervt schüttelt der Wasserspeier den Kopf.
"Was passiert, wenn man ohne Genehmigung zum Wachhaus zurückkehrt?"
"Dann macht man wegen Befehlsverweigerung Bekanntschaft mit IA. Alles klar?", Pigeon schaut zum Kommandeur, der nun das Wort ergreift.
"Gut, Rekruten. Dann schwärmt nun aus. Passt gut auf euch und eure Tauben auf. Wir werden uns bald in alter Frische wieder sehen. ABMARSCH.", wie vorher geübt zerstreut sich die kleine Gruppe und verschwindet im Alltag der Stadt.

Zwanzig Minuten schlendert Vico nun durch die Gassen. Bald, das weiß er, kommt der Augenblick, wo er sich von seiner Taube trennen muss. Er zählt die Sekunden. Bis jetzt ist alles gut gegangen. Er hat Block und Stift dabei. Weiß nun, oder sollte wissen, wie man die Nachricht befestigt. Hat gesehen, wie man die Taube am besten wegscheuchen kann. Jetzt muss er nur mehr darauf warten, bis der lang ersehnte Augenblick gekommen ist. Aus den Augenwinkeln betrachtet er das Tier. Es ist wirklich sehr klein und schmächtig. Es atmet sehr gleichmäßig und hat meist die Lider geschlossen. Hin und wieder gurrt es. Eigentlich hat es in der Nähe und Ruhe betrachtet den Biestcharakter verloren. Emilie ist eben ein wenig anders als die anderen. Um nicht zu sagen, Vico ist gerade dabei, sich an das Tier zu gewöhnen. Er hätte es auch getan, wäre nur dieser blöde Zwischenfall nicht gewesen. Der Zwischenfall, der ihn jetzt zur Weißglut treibt.
"Pflasch.", noch immer so ruhig und brav dasitzend entleert die Taube plötzlich ihren Darm. Der Rekrut würde es gar nicht mitbekommen, würde er nicht diese ungewohnte Wärme auf seinem Rücken spüren. Fragend neigt er seinen Kopf und.. beginnt zu kreischen.
"Du undankbares Ungeziefer du!", er schnappt die Taube, die noch immer an der Kette hängt.
"Du Bastard!", er umgreift es mit beiden Händen.
"Du Missgeburt einer Dreckschleuder!", energisch schüttelt er es hin und her.
"DU TAUBE DU!", automatisch drückt er ein wenig fester zu, schreit es an und hält plötzlich in der Bewegung inne.
"Emilie?", der schlaffe Körper der Taube liegt in Vicos Händen. Den Kopf regungslos nach unten hängend. Die Augen noch immer geschlossen. Die rhythmischen Bewegungen, die ihren Brustkorb krönten, verstummt.
"Täubchen?", versuchsweise und behutsam schüttelt er sie noch einmal. Keine Regung. Panisch legt er sie auf den Boden und drückt ein paar mal leicht auf ihren Brustkorb, so, wie er es einmal in einem Stück gesehen hatte.
"Huhu, Kleinvieh. Du kannst mich doch nicht bescheißen und dann einfach so wegsterben? Das geht doch nicht!", er öffnet und schließt ihren Schnabel ein paar mal.
"Oh, bei Offler. Was hab ich getan?", nervös kaut er an einem Nagel.
"Das wollte ich doch gar nicht. Was wird nun Madame Pigeon von mir halten? Oh Mutter, warum hast du mir nie ein Haustier gegönnt.", hektisch sieht er sich um.
"Ich werde einfach sagen, ich habe die Taube abgeschickt. Sie kann sich doch einfach verflogen haben? Oder gefressen worden sein? Es gibt sicher tausend Möglichkeiten, wie eine Taube verschwinden kann.", mit zitternden Händen reißt er an der Nadel, die auf seiner Schulter befestigt ist. Mit einem "Ratsch" trennt sich ein Fetzen vom Rest des Gewandes.
"Verflucht!", mit schmerzenden Herzen begutachtet er zuerst das Loch und dann den Kot weiter hinten.
"Ach, Emilie. Es hätte so gut mit uns laufen können. Und jetzt hast du alles vermasselt. Du bist genau so selbstgefällig wie meine Mutter.", wie aus Reflex und purer Wut hinaus umgreift er noch einmal den Körper der toten Taube und drückt fest zu. Dann entspannt er sich wieder und sieht mit feuchten Augen auf den toten Leib. Mit gesenktem Kopf sieht er die Straße entlang. Ein paar Meter entfernt zeichnet sich einen Kanaldeckel ab.
"Emilie, ich hoffe, du magst es dunkel.", bedrückt steht er auf und trippelt auf den Deckel zu. Er kniet sich wieder hin, legt die Taube neben sich und bohrt seine Finger in die Löcher. Mit aller Kraft zieht er daran.
"Puuuh. Ich glaube, es wäre dir sowie so viel zu dunkel gewesen.", schnell hebt er Emilie wieder hoch und sieht sich um. Er weiß nicht, wo genau die anderen Aufstellung genommen haben und will nicht plötzlich überrascht werden.
Eilig rennt er durch die Gassen. Die ersten Tauben sind schon im Wachhaus angekommen. Gehetzt steuert er auf eine Mülltonne zu, als er einen erfahrenen Wächter in der Nähe stehen sieht. Er scheint zu patrouillieren. Vico macht auf den Absätzen kehrt und schlägt eine andere Richtung ein. Er durchquert ein paar Straßen, rempelt diverse Passanten an und bleibt dann wieder abrupt stehen.
"Der Ankh. Genau. Hier hast du ein schönes, feuchtes Grab.", er trippelt zum Ufer und dreht sich öfters im Kreis. Niemand Bekanntes ist in der Nähe.
"So, nun flieg deinen letzten Flug, Täubchen.", reuig sieht er sie das letzte Mal an und wirft sie dann auf den Fluss. Wie in Zeitlupe schwebt sie durch die Luft, die Kette hinter ihr herziehend. Ein letzter Sturzflug und dann landet sie auf der Kruste des Ankhs und bleibt liegen.
"Nun sink doch endlich ein. Das kann doch nicht so schwer sein.", doch Emilie ist wohl nicht nach einem Bad zu mute. Sie ist zu leicht, als dass sie durch die zähflüssige Masse hindurch treiben würde.
"Verdammt noch mal, warum tust du mir das an?", er wagt sich bis zum Endes des Ufers vor, kniet sich hin und beugt sich über den Schlamm. Mit ausgestreckten Fingern versucht er, den Körper zurückzuholen, doch er schafft es nicht.
"Wenn ich dich erwische, na warte.", suchend blickt er sich um. Umständlich steht er auf, setzt ein freundliches Lächeln auf und geht zu einem Jungen, der unweit vor einem Haus spielt.
"Hallo, mein Kleiner. Wie heisst du den, Schnukelputz?", Vico kneift dem Siebenjährigen in die Wange.
"Hau ab, Alter."
"Nein, wie nett. Hat dir deine Mutter dieses Seil geschenkt?", der Sprössling übt sich in Seilspringen und macht zur Zeit ein wenig Pause.
"Die ist schon lange tot. Das hab ich gefunden."
"Gefunden? Na dann. Weißt du, ich bin Wächter. Ich bin mir sicher, der Besitzer dieses Seiles wird schon danach suchen. Am besten ich bringe es ihm, ja?", der Rekrut streckt die Hand aus, doch der Junge tritt ihm nur gegen das Bein und rennt weg.
"AU! So ein Lausejunge. Dir sollte man einmal eine Pracht Prügel erteilen!", schmerzend hält er sich den Fuß und versucht hüpfend, auf nur einem Bein stehen zu bleiben und nicht umzukippen.
"Wie soll ich denn jetzt... oh, Madame. Soll ich ihnen helfen?", eine schon ziemlich betagte, auf einem Stock stützende, Frau kommt ihm in diesem Moment entgegen.
"I kon scho alla weita geh.", Vico versucht, der Frau stützend unter die Arme zu greifen, doch sie ist dagegen.
"Aber werte Madame. In ihrem Alter sollte man nicht mehr allein durch die Stadt gehen. Ich könnte Sie..."
"Wonst net boad weg gehst, kriagst ane mit dem Stock", sie hebt ihren Gehstock und droht damit. Vico, von dieser Geste nicht sehr beeindruckt, schnappt sich das ihm zugewandte Ende und zieht daran. Doch anstatt, dass die Frau loslässt, wird sie von den Füßen gerissen und landet auf den Rücken.
"Oh, das tut mir aber fürchterlich leid, Madame. Ich werde ihnen gleich aufhelfen. Nur muss ich kurz eine Taube in Not retten. Bleiben Sie ruhig liegen, ich komme gleich wieder.", den Hilferufen keine Beachtung schenkend läuft er zum Fluss, schwingt den Stock und schiebt die Leiche somit wieder ans Ufer. Schnell trippelt er zurück, hilft der Dame auf, überreicht ihr den Stock wieder und flüchtet vor ihren Attacken. Gehetzt holt er sein Seidentüchlein aus seinem Rücksäckchen, wickelt die verschmutzte Taube ein und rennt weiter.
"Siehst du, Emilie. Jetzt weißt du wie es ist, versaut zu werden."

Langsam verschwindet die Sonne vom Horizont. Das Treiben auf den Straßen lässt stetig nach. Ein paar streunende Katzen tummeln sich auf einen Hinterhof bei einer größeren Anzahl von Mülltonnen. Mitten drin Vico, der gerade eine ausgeleert hat und sie nun versucht, aufs neue zu befüllen.
"So, Emilie. Jetzt haben wir's gleich geschafft. Du wirst hier sicher nicht einsam sein. Die Katzen werden dir öfters ein Liedchen vorschnurren und die stinkenden, grauslichen und undefinierbaren Überreste hier werden dich gut zu decken. Du kannst dich also nicht beschweren. Vielleicht komm ich dich sogar einmal besuchen. Das kann ich dir aber nicht versprechen.", mit letzter Kraft knallt er den Deckel auf das Blech.
"So, ich muss jetzt gehen. Soll ich deine Freunde von dir grüßen? Ja? Ich werde sehen, was sich machen lässt. Auf nimmer Wiedersehen, du Unglückbringer!", mit einem Blick nach Links und nach Rechts verschwindet er aus der Gasse.
"Jetzt noch ein markanter Ort.", bald würde die Suchtruppe ausgeschickt werden. Dann wird sich auch zeigen, ob er der einzige ist, der es nicht geschafft hat, abgeholt zu werden.
Ein wenig gelassener trippelt er zur Messingbrücke. Was könnte markanter sein als dieses Bauwerk. Er will sich gerade gegen das Geländer lehnen und etwas verschnaufen, als ihm jemand auf den Rücken klopft.
"Hallo, Vi.. Oh, was ist das denn? Iiiih, dass ist doch Taubenscheiße."
"Das haben sie gut erkannt, Herr Johnson.", ein müdes Lächeln ruht auf seinen Lippen.
"Benutzt du dein Make up jetzt schon auf anderen Stellen? Und dieses.. Aroma. Hast du deine Duftnote gewechselt.", ein hämische Grinsen lacht ihm entgegen.
"Ich finde das nicht komisch, Herr Johnson. Sie gehören wohl dem Suchtrupp an, ja?"
"Korrekt. Ich dachte, ich gehe mal den offensichtlichen Weg."
"Sind noch viele unterwegs?"
"Eigentlich nur mehr zwei. Immerhin bist du der einzige, den wir suchen müssen."
"Das dacht ich mir schon.", mit gesenktem Kopf geht er voran.
"Kopf hoch Vico, die anderen wer.. iiih, du solltest es wirklich wegmachen. Man greift so schnell da rein. Echt unappetitlich.", der Rekrut wischt sich seine Hand am Rucksack seines Kollegen ab, welcher mit hochrotem Kopf und leise grummelnd Richtung Wachhaus torkelt.
"Zumindest meinte Pigeon, sie hätte nichts anderes erwartet. Scheinst du dich also nicht rechtfertigen zu müssen.", lachend sieht er in eine Seitengasse, wo ihm gerade ein ziemlich zerzauster und ungepflegter Hund entgegenkommt. Im Maul einen toten Vogel, eingewickelt in einem Seidentuch, tragend und neben sich eine Kette mitschleifend. Hin und wieder glaubt er ein dumpfes Kichern zu vernehmen, obwohl sonst niemand in der Nähe ist.



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