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Ecatherina wird zwischen einer Freundin, einem Irren und der Wache hin und her gerissen. Sie muss sich entscheiden und wählt ihr Überleben.
Dafür vergebene Note: 13
Der Mond warf sein mattes Licht auf ein Waldstück. Leichter Wind ließ die Blätter rascheln und leises Summen erklang aus dem Inneren. In der Mitte des Waldes war eine kleine Lichtung zu sehen. Zwölf Gestalten mit schwarzen Umhängen standen im Kreis versammelt, starrten sich blicklos an. Eine halbe Stunde standen sie nun schon da und taten nichts, außer diese fremde Melodie zu summen. Das Mondlicht wurde heller und von fern konnte man Glockenschläge hören. Als der zwölfte Schlag ertönte, verstummte die Gruppe; es wart Mitternacht. Das Licht bündelte sich und traf die Gestalt, die auf einem sehr alten Steintisch inmitten der Gruppe lag. Sie hatte langes schwarzes Haar. Ihr Augen waren geschlossen, ihre Kleidung zerrissen. Ein fast noch heilgebliebener, schwarzer Umhang verdeckte ein paar der etlichen Kratz- und Bisswunden an ihrem Körper. Der am Kopfende stehende Verhüllte holte eine silberne Kette hervor, an der ein Anhänger befestigt war. Es zeigte ein sehr altes, bedeutungsvolles Symbol; ein Pentagramm, welches ein Auge in der Mitte zu haben schien, an jeder Ecke eine mystische Gravur und, was ziemlich seltsam aussah, eine Schlange, die versuchte, das ganze zu zerdrücken. Nur noch sehr wenige, noch lebende Kreaturen kannten dessen Bedeutung. Genau dieses Symbol trugen alle dreizehn Anwesenden am rechten Oberarm. Er ließ die Kette über ihrem Kopf kreisen und murmelte einige Worte in alter Sprache. Die Kette drehte sich, Mondlicht prallte davon ab, warf ihren Schatten in die Mitte des Kreises. Langsam bildete sich ein weißlicher Schimmer um den Anhänger, er vibrierte, summte einen einsamen Ton. Der Mann senkte seine Hand etwas, das Amulett berührte die Stirn und erstarrte. Ein kurzes Gleißen vermittelte Spannung. Die Gestalt ließ die noch freie Hand über dem Kopf schweben, murmelte ein paar Worte, griff dann in seinen Mantel und holte etwas Staub hervor. Alten Staub. Mächtigen Staub. Vampirasche, des ersten Gründers des Clans. Sein Blut floss in allen Adern der Mitglieder, sei es auch nur durch Blutsbruderschaft, welches dann immer wieder weitergegeben wurde. Oder, wie am heutigen Tage, auch wieder entfernt werden konnte. Ein paar Körner rieselten hinab, berührten die Kette samt Stirn. Der liegende Körper zitterte um dann wieder zu erstarren. Sorgfältig steckte er die restliche Asche wieder weg und gab das Zeichen. Der neben ihm stehende entblößte den rechten Oberarm der Liegenden. Er kniete sich nieder und führte seine Hand zu ihrem Symbol. Die anderen Zehn sanken ebenfalls auf die Knie. Nur der Erste blieb stehen und ließ die Kette nun wieder kreisen. Wieder erhallte leises Summen der Angehörigen, doch die Melodie klang diesmal etwas trauriger, schwerer. Der Jünger führte seinen spitzen Nagel genau über das Symbol auf ihrem Arm. Er ritzte das Pentagramm in der Haut nach. Blut floss. Ein Kreis umschloss das Fünfeck, wurde auch ins Innere gezeichnet. Zwei Ellipsen im Innenkreis bildeten daraus das Auge, doch dann, mit einem Mal, ritzte er es durch. Wie ein Schwertstreich durchtrennte es das Symbol. Dann setzte er in der oberen Ecke an und ritze ein kleines Schriftzeichen, ein anderes am linken unteren Rand, ein drittes am rechten. In diesen Ecken schien das Blut schneller zur rinnen, als überall sonst. Der Strich durch das Mal weitete sich. Der Zeichner nahm seine Hand weg und ritzte sich selber in den Arm, dort, wo bei normalen Menschen die Hauptschlagader vorbeiführte. Überlappend legte er die zwei Blutströme aufeinander. Das Summen hielt inne, das Kreisen hörte auf. Das Blut floss ab, die Mitgliedschaft wurde beendet. Es war vollbracht. Sie hatte nun das Mal des Geächteten. Solange würde es von ihrem Versagen Zeuge tragen, bis sie ihre Schuld gesühnt hatte. Solange würde sie keine Hilfe von den Mitgliedern erwarten können, solange durfte sie keine Jünger mehr rekrutieren. Solange war sie allein im Kampf gegen eine überwältigende Macht, die ihr schon einmal fast ihre untote Existenz gekostet hatte. Die Vermummten erhoben sich wieder und verbeugten sich in den Kreis hin. Rauch qualmte auf und kurze Zeit später flogen zwölf Fledermäuse Richtung Norden weg, gezeichnet von der Trauer ihres Verlustes. Nur der Tisch mit der Frau blieb da. Ein kurzes Seufzen schloss sich dem Geräusch des Wegflatterns an. Sie öffnete die Augen und eine einzelne Träne rann über ihre Wange, bereitete ihren Weg weiter über ihren Hals vorbei an ihrer Schulter, hinein in die nun erstillte Narbe, geschlossen von dem Krater in ihrem Herzen.
Rückblick:
Glas klirrte. Ecatherina fuhr erschrocken auf. Sie hatte sich gerade so gewöhnt, abends schlafen zu gehen und tagsüber zu arbeiten. Doch sie schlief bei Nacht einfach nicht besonders. Sie hatte einen sehr leichten Schlaf. Sogar eine Katze, die sich am Fenster eine zeitlang schmiegte, hatte sie gehört. Dieses Klirren war dagegen wie ein Schlag mit einem Hammer. Vielleicht weil es einfach gegen ihre innere Uhr ging? Vielleicht weil sie viel lieber jetzt unterwegs war, in der Bahre zum Beispiel? Oder vielleicht weil sie Angst hatte? Sie wusste es nicht, oder besser gesagt, sie wollte es gar nicht wissen. Sie sprang aus dem Bett und zog sich den Mantel über. Seit dieser Sache mit der Prüfung schlief sie nicht nur mit ihrer schwarzen Standardkleidung, sondern hatte ihren Mantel immer frisch befüllt. Damit war sie bereit für jeden Einsatz. Sie öffnete die Tür und lugte hinaus. Es war nichts zu sehen. Sie schloss die Augen und horchte. Nichts. Alles war ruhig, zu ruhig für ihren Geschmack. Leise schloss sie die Tür wieder. Sie eilte zu Humph, der fest schlief. Sie rüttelte, doch er war nicht wach zu kriegen. Nochmals rüttelte sie, er war einfach zu stur. Sie holte ein Fläschchen hervor, öffnete es und hielt es ihm vor die Nase. Schneller als sie schauen konnte, stand er plötzlich vor ihr.
"Sag einmal, geht’s dir noch gut?"
"Tut mir leid Humph, wirklich. Aber ich glaube, hier stimmt was nicht."
"Was? Hattest du wieder einen Alptraum? Lass die Scherze!"
"Wäre es ein Alptraum gewesen, hätte ich dich nicht erst wecken müssen. Weil du nämlich darin vorgekommen wärst."
"Danke, sehr lieb von dir."
"Gerne. Würdest du jetzt bitte nachsehen, ob da draußen wer ist?"
"Was? Kannst du nicht selber gehen? Was ist los mit dir und was war überhaupt?"
"Glas klirrte."
"Und deswegen machst du soviel Stress?"
"Wenn du willst, kannst du ja zu deiner Joschi ziehen. Aber bis dahin wohnst du noch hier, also tu was."
"Es gibt hier auch andere Bewohner, wer weiß, was das bloß war. Aber bitte, wenn es dir danach besser geht und du mich dann endlich schlafen lässt.", murrend und schlecht gelaunt zog er sich an. Immer wieder gab er gehässige Antworten, die wohl für seinen Kobold bestimmt waren. Er öffnete die Tür und ging hinaus. Eca lauschte. Sie konzentrierte sich auf seine Schritte. Er ging Richtung Stiegen, fand sie. Nach ein paar Schritten knirschte es. Es klang, als wenn er auf Glas ging. Ein kurzes, undefinierbares Geräusch erklang. Dann herrschte wieder vollkommene Ruhe. Ecatherina wurde nervös. Sie wusste, dass es egoistisch war, ihren Bruder zu schicken. Doch immerhin hatte er seinen Kobold. Der konnte ihn im Notfall heilen, sie hoffte es zumindest. Ein paar Minuten horchte sie noch, dann schloss sie wieder die Tür und schloss ab. Sicherheitshalber stemmte sie einen Sessel davor. Schnell holte sie noch ein paar Sachen, dann öffnete sie die Luke. Sie kroch in das Loch und wartete. Beinahe wäre sie eingeschlafen. Plötzlich wurde die Tür eingeschlagen. Die Einbrecher hatten wohl darauf gewartet, dass sie zu ihnen kommt. Wäre leiser und unauffälliger gewesen. Doch diesen Gefallen tat sie ihnen nicht. Sie hörte leise Schritte, sehr leise. Sie fragte sich, seit wann Vampire auch zu seinem Gefolge gehörten. Oder war es der Magier? Hatten die einen Zauber, der ihre Geräusche minderte? Wenn ja, dann war sie in großer Gefahr. Gegen Magie war sie machtlos. Vielleicht hatte er gerade deswegen ihn geschickt? Wollte er sie ängstigen bevor er sie tötet? Er wusste, dass sie Freunde unter den Vampiren hatte. Doch Magier waren ein eigenes Kapitel. Für Eca immer etwas, dass sich außerhalb der Bibliothek herumtrieb. Nicht existent, nicht real.
Sie lebte nur zwischen ihren Büchern. Hatte keine Erziehung, als Freund nur den Bibliothekar. Und den versuchte sie auch oft zu umgehen. Erst seit sie bei der Wache war, kannte sie die anderen Seiten des Lebens. Doch mit Gefahr, richtig gefährlicher Gefahr wurde sie noch nicht konfrontiert. Doch, da war dieser Fürst, Daran mit Namen. Er spielte sein Spiel mit ihnen, doch abgesehen hatte er es eigentlich nur auf Ras. Und sie war nicht allein gewesen. Nun wurde sie gejagt. Gejagt von einem übermächtigen Feind, hunderte von Jahren alt. Einflussreich, hinterlistig, gefährlich. Ja, sehr sogar. Sie hatte gesehen, was er vollbringen konnte. In seinem Labor, weit unterhalb jeder Stadt. Er hatte sie auch schon einmal gefunden. Alleine, trotzdem konnte sie seine Macht spüren, seinen Zorn. Ihre Freunde konnten ihr helfe, Venezia ihn sogar vertreiben, doch er würde sich rächen. Mehr als jemals zuvor, das wusste sie. Ihr wurde schon eiskalt, wenn sie nur daran dachte. Ihr hatte nie jemand Mut beigebracht, nie Durchhaltevermögen, nie Respekt. Ein paar dieser Dinge lernte sie in der Wache, doch wenn man dem Tod gegenüberstand, zählte nur mehr das eigene Leben. Es tat ihr leid, dass sie andere in Gefahr brachte, aber das war's auch schon.
Durch die Ritzen im Holz der Luke sah sie, wie der Raum auf einmal hell erleuchtet wurde. Jede noch so kleine dunkle Stelle verschwand. Dann war es wieder finster. Für kurze Zeit. Ein Blitz huschte durchs Zimmer. Eca hielt den Atem an. Was war das? Was machte er da oben? War dass das Ende? Noch nicht, wie es schien. Der Blitz zündete das Bett von Humph an, welches ziemlich schnell lichterloh brannte. Dann war es kurz still, außer den lodernden Geräuschen der alles verzerrenden Flammen. Der Rauch durchströmte den Raum und Eca musste sich zurückhalten, um nicht zu husten. Es knarrte wieder und dann war ein dumpfes Holzgeräusch zu hören. Eca lugte durch eine der Ritzen, konnte aber nichts außer Rauch erkennen. Es wurde stickig und Ecatherina bekam langsam keine Luft mehr. Sie stieß die Luke beiseite. Der Mann war fort. Doch bevor er gegangen war, hatte er die Tür verriegelt. Eca bekam Panik. Sie schmiss sich gegen die Tür. Sie bewegte sich, ein Stück. Noch mal nahm sie Anlauf. Die Tür vibrierte, blieb aber stehen. Dahinter musste ein Tisch oder etwas Ähnliches stehen. Sie konnte sie keinen einzigen Zentimeter weiter aufbringen. Eca sah zurück. Die Flammen hatten sich schnell ausgebreitet. Hitze schlug ihr entgegen. Tödliche Hitze. Die Luft wurde knapp. Ein Hustenanfall jagte den nächsten. Schwärze kam in ihr auf, verdrängte das grelle Licht. Sie rief um Hilfe. Immer lauter und immer wieder. Sie schrie nach ihrem Bruder, hoffte das Humph noch da war. Das er kam und ihr helfen konnte. In den Flammen zeichneten sich Konturen ab. Entsprungen der Fantasie, doch wohl vertraut. Ein letzter Schrei entrang ihrer Kehle, sehr verzweifelt, sehr laut. Er galt Les. Dann war es finster um sie.
Eca spürte warme Lippen auf den ihren. Hauch wurde ihr in die Lunge geblasen. Jemand anderer drückte immer wieder auf ihren Brustkorb. Die Lippen entfernten sich, Eca hustete. Ein Freudenschrei wurde laut, direkt über ihr. Sie machte die Augen auf und direkt über ihr sah sie einen Kopf. Er gehörte..... Humph.
"AAAAAAAAAAAAAAAAH!", mit einem Schrei stieß Eca ihren Bruder weg und stand auf. Sie war zwar noch immer benommen, doch der Schock half ihr, sich aufzurempeln.
"Schön, dass es dir wieder gut geht.", Humph tätschelte ihren Rücken.
"Lass die Pfoten von mir, du Perversling.", Eca stieß seine Hand weg und schaute ihn erstarrt an.
"He, was willst du. Ich wollte dir nur helfen. Ich bin Sanitäter, schon vergessen?", Pismire stand gleich daneben und grinste breit. Eca sah geschockt zwischen den zweien hin und her.
"Na wenn dann alle so weit in Ordnung sind, ich habe noch Arbeit.", Pismire verabschiedete sich und ging von dannen. Eca war froh, dass er nicht mehr mitbekam, wie sie rot im ganzen Gesicht wurde.
"Na gut. Was war eigentlich los?", fragte sie im unschuldigen Klein-Mädchen Ton, als sie sich wieder beruhigt hatte.
"Oh ja. Du hattest recht. Ich habe ein eingeschlagenes Kellerfenster gefunden, danach sah ich nur mehr Sterne."
"Dann trink weniger."
"Man sieht, dass es dir besser geht. Ich würde dir ja gerne sagen, geh heim und ruh dich aus. Leider muss der Keller vorher etwas renoviert werden."
"Oh, schon wieder."
"Japp. Das Haus steht zwar noch, aber Frau Kuchen meinte, sie würde die Miete bei uns ein wenig höher setzen.", Eca sah sich um. Sie befanden sich in der Nähe des Hauses. Sie hatten sie auf eine Bahre platziert gehabt und mit ein paar Bandagen versehen. Bei Frau Kuchen hingegen war die Hölle los. Es stapelten sich dort die Leute. Immerhin beherbergte die Pension gut ein Viertel aller Wächter, welche den Anschlag ziemlich persönlich nahmen. Bei dem Anblick kam ihr Kobra wieder in den Sinn. Sie wollte weg, sich verstecken. Humph packte sie beim Arm. Er wollte, dass sie sich ausruhen sollte. Im Notfall bei Rina oder Angie. Doch sie riss sich los und rannte. Egal wohin, nur weg von alledem. Sie hatte Angst.
Ihr fiel das Haus ihrer Eltern ein. Nicht weit weg zu Fuß, doch genug außerhalb der Stadt, um sicher zu sein. Er hatte ihre Spur aufgenommen und machte Jagd auf sie, doch dort konnte er sie nicht finden; dafür betete sie. Sie schlich eine ruhige Seitengasse entlang, als sie etwas Rascheln hörte hinter sich. Eca wurde schneller. Beschleunigte zum Lauf. Ein kurzer Blick zurück brachte keine Hinweise, ob da jemand war oder nicht. Plötzlich spürte sie eine Hand auf ihrer Schulter, welche sie abrupt zum Stehen brachte. Vor ihr war jemand. Entsetzt drehte sie den Kopf zurück. Sie blickte in zwei braune Augen. Sie waren freundlich und strahlten Wärme aus.
"LES!", erleichtert fiel sie ihr in die Arme. Dragon, wie Lestra oft genannt wurde, war zu spät gekommen, um den Magier abzufangen, doch sie kam gerade rechtzeitig, um Eca vor den Flammen zu retten. Sie machte die Tür frei, legte Eca auf den Flur und weckte ihren Bruder sanft, damit dieser den Rest erledigen konnte. Danach verschwand Les vorerst, bis sie ihren Schützling wieder alleine antreffen konnte.
"Tut mir leid, dass sich nicht früher kommen konnte, doch Kobra plante einen Vergeltungsschlag. Er hat mehr Verbündete, als ich erwartet hatte."
"Wie konntest du mich nur im Stich lassen. Ich bin nur wegen dir in Gefahr.", sie seufzte und schloss die Augen, doch sie sah nur zerrende Flammen; sie schauderte.
"Ich habe deinem Bruder geholfen, dich rauszubringen, mehr konnte ich leider nicht tun."
"Du solltest ständig auf mich aufpassen, nicht nur, wenn du grad Zeit hast. Ich stehe Todesängste aus und das nur wegen dir.", sie löste sich los und blickte ihren "Schutzengel" böse an.
"Ich weiß, und ich habe dich ausgesucht, weil ich dachte, du wärst stark genug, dich gegen Kobra zur Wehr zu setzen. Vielleicht habe ich mich auch geirrt."
"Ha, jetzt bin ich Schuld, oder wie? Wie kann ich bitte gegen Magie ankämpfen?"
"Es gibt immer eine Möglichkeit. Aber lassen wir das. Ich hatte einen guten Grund, dich rekrutieren zu wollen. Du stammst aus einer Kämpferfamilie, verstehst dich damit, mit der Dunkelheit zu verbinden und bist auch ziemlich klug. Gemeinsam könnten wir Kobra zu Fall bringen. Ich werde auf dich aufpassen, doch dafür musst du was tun."
"Ach, was denn?"
"Du musst mir versprechen, dass du Kobra tötest, wenn du eine Gelegenheit dazu bekommst; und das wirst du, keine Angst."
"Aber, ich kann doch nicht.."
"Doch, du kannst. Er jagt jetzt nicht nur mich, sondern auch dich. Es wäre also reine Notwehr. Als Wächter kannst du das verkraften."
"Aber..."
"Denk an den Vorfall gerade eben, oder an die Seitengasse. Besser du ihn, als er dich. Er hat deinen Vater und Djuke auf dem Gewissen, vergiss das nicht."
"....."
"Versprich es mir, Kleine Eca. Dann wird alles wieder gut."
"Ich... ich... eh... ok... ich verspreche es.", sie musste sich sehr überwinden, etwas zu versprechen, dass sie womöglich nicht halten konnte. Kobra war ein übermächtiger Gegner, wie konnte Les nur denken, das gerade sie ihn zur Strecke bringen konnte.
"Du weißt gar nicht, wie mich das freut.", Les nahm Ecatherina wieder in die Arme, doch Eca war gar nicht wohl dabei.
Angie hörte von dem Brand in Frau Kuchens Haus und beschloss, sich das Ganze mal aus der Nähe anzusehen. Immerhin wohnten einige Freunde dort und ihre Sitzungen fanden da ja auch statt. Sie schlug sich ihren Mantel drüber, es war noch immer düster und sehr kalt. Wieder nahm sie die verborgenen Seitenstraßen, wie sie es gewöhnt war. Sie bog gerade in die nächstgelegene ein, welche nicht mehr weit vom Haus entfernt war, als sie Eca da plötzlich stehen sah, in den Armen einer Frau. Sie hielt inne, stellte sich in einen Hauseingang und lugte hervor. Die Frau hatte einen Umhang an, dadurch konnte Angie sie nicht genau erkennen, doch die schönen schwarzen Haare belegten ihr Geschlecht. Die Unbekannte küsste Eca auf die Stirn und verschwand in der Dunkelheit, schneller als Angie das bei ihrer Freundin je gesehen hatte. Sie hörte Eca laut seufzen und wollte näher treten, um zu fragen, wer das gerade war, als sie etwas rascheln hörte. Angie versteckte sich so gut wie möglich wieder und sah dann drei Männer kommen, einer davon trug eine Magierkutte. Doch das Geräusch schien nicht von denen zu stammen. Sie bewegten sich irgendwie lautlos, fand Angie. Gleich darauf sah sie etwas wegfliegen, etwas schwarzes und großes. Die Männer warteten, bis Eca sich weiterbewegte, dann hob der Magier seine Hand. Angie wollte sie warnen, doch sie wusste nicht wie. Ihre Flügel bewegten sich und sie versuchte, ihr etwas auf telepatischem Wege zukommen zu lassen. Doch auf einem Male blitze es und Eca taumelte. Kurz darauf waren die Männer, samt Ecatherina verschwunden und Angie eilte zum Wachhaus, um Alarm zu schlagen.
Eca hatte furchtbare Kopfschmerzen. Sie fühlte sich irgendwie sehr matt. Das kalte Gefühl an ihren Händen und Füßen, sowie der Stein, der an ihren Rücken grenzte, ließen die Vermutung zu, dass sie angekettet war. Sie öffnete die Augen und sah... Kobra mitsamt seinem Gefolge.
"AU!", der Magier schlug ihr noch einen Blitz entgegen, und ihr Kopf drohte zu zerspringen, so weh tat er.
"Du hast meinen Sohn getötet, mein Labor verwüstet, mich von diesen Pseudo-Wergnom überrumpeln lassen, dafür wirst du bezahlen Mensch."
"Ich hab nichts getan.", Kobra holte zwei kleine Messer hervor, sie hatten gezackte Klingen auf beiden Seiten. Zielstrebig ging er auf sie zu. Für kurze Zeit blieb Ecas Herz stehen und überlegte sich, ob es sich überhaupt noch lohnte, noch weiterzuschlagen. Schwungvoll rammte der Werwolf beide Messer in je eine ihrer Handflächen und wie von Selbst löste sich ein qualvoller Schrei aus ihrer Kehle. Doch glücklicherweise, auch wenn sie nicht darauf achtete, musste ihr Schock und ihre Angst ihre Schmerzen mildern. So wurden ihre Hände nur kalt und sie hatte mühe, sie überhaupt noch zu spüren.
"Damit du nicht wieder weglaufen kannst, bevor ich mit dir fertig bin.", hasserfüllter Atem schlug ihr entgegen und ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
"Ich... ich.. ich kann nichts dafür. Es war nicht meine Schuld.", Ecatherina brach in Tränen aus. Verächtlich holte er eine Peitsche hervor, schlug zu und traf Eca am Bauch.
"Du brauchst nicht zu lügen, ich hab dich gesehen. Dich und diese todessüchtige Vampirplage.", nochmals holte er aus und traf sie am Bein.
"AAAAH! Ich.. ich kann nichts dafür, sie hat mich gezwungen.", Eca zitterte vor Angst. In den Augen des alten Werwolfs blitze der Hass.
"So nah wie ihr euch steht, hat sie dich wohl nicht lange überzeugen müssen.", der nächste Peitschenschlag traf Ecas linke Wange und riss eine tiefe Wunde.
"AAUU! Sie.. sie hat mir mit dem Tod gedroht. Ich.. ich konnte nicht anders. Ich.. ich würde nie.. nie würde ich gegen dich antreten.", langsam verschmierte das runtertropfende Blut Ecas Haare, welche nicht mehr durch eine Mütze geschützt waren.
"Mit dem Tod? Ich kenne den Bann. Sie dürfen keine Unschuldigen töten. Du lügst!", der Magier schoss ihr nochmals einen seiner Geistesblitze entgegen, und bevor sie aufstöhnen konnte, traf sie die Peitsche an einer empfindlicher Stelle.
"AAAAH!.... Das wusste ich doch vorher noch nicht..... sie.. sie hat mir das mit dem Bann erst nachher erzählt.... im Wald.... ich kannte sie vorher noch nicht einmal.... sie war doch nur ein Schatten, der mir gedroht hat.... ich hatte Angst... fürchterliche Angst.... ich wollte doch nie mit so was zu tun haben.... sie ließ mich einfach nicht in Ruhe.... und die Wache.... ich musste der Spur nachgehen im Haus.... der Alchemist der verschwand.... sie machten Druck.... da ich ja dabei war.... ich musste ermitteln.... sie zwangen mich dazu.... ich wollte dort doch gar nicht hin.... ich wollte es nicht.", Kobra hielt inne und gab auch dem Magier ein Zeichen, der gerade noch mal angreifen wollte.
"Hm, deine Worte klingen glaubhaft, auch wenn es deine Taten nicht rechtfertigt. Ich kenne ihre Methoden, mit denen sie versucht, Jünger zu rekrutieren. Also hast du ihr nicht freiwillig geholfen?", seine Stimme bebte noch immer vor Zorn, doch er versuchte sich zu beherrschen.
"Nein... natürlich nicht. Ich bin Wächter... da tötet man nicht einfach so... Lebewesen.... man ermittelt gegen sie, sperrt sie vielleicht ein....nicht töten... das hab ich ihr gesagt.... sie soll nicht töten.... doch sie hörte nicht auf mich.... sie benutzte mich nur.... um hineinzukommen... ich wollte es doch gar nicht.", Eca seufzte innerlich auf, obwohl sie noch immer in Tränen aufgelöst war und am ganzen Körper zitterte. Es schien, als wenn sich Kobra beruhigen würde.
"Sie vertraut dir doch, oder?", seine Stimme nahm nun einen sehr geheimnisvollen Ton an, gekoppelt mit Verschlagenheit und Intelligenz.
"Eh.... ja.... ich glaube schon.... wegen meines Vaters.... und eines Freundes.... sie waren alle ihre Jünger.... doch ich wollte doch nie...", Schmerzen krochen durch ihren Körper, erfüllten jeden Zentimeter davon, doch sie versuchte sie zu ignorieren.
"Gut.", Ernest Götterspiel, der wahre Name des Mannes, setzte sich auf den hinter ihm stehenden Tisch und strich sich über das Kinn. Dabei betrachtete er Eca, sein Blick hatte nun keinen Anzeichen mehr von Hass, doch sehr viel von Rache.
"Warum bist du überhaupt ins Labyrinth vorgedrungen. Was war der genaue Anlass?"
"Ich.. habe den Mord an drei Männern durch Zufall miterlebt... als Wächter war ich verpflichtet, dieser Sache nachzugehen... Mir wurde befohlen, mich in dem Haus noch mal umzusehen, zu ermitteln... ich war Zeuge in einem Mordfall... ich war vorher betrunken... ich hatte nicht eingreifen können... das wurde mir zur Last gelegt... ich musste weitersuchen... sonst hätte ich Probleme bekommen... da fand ich den Eingang."
"Verstehe. Und du bist nicht auf der Seite des Todes?"
"Nein... natürlich nicht. Ich achte das Leben zu sehr dafür... ich liebe das Leben."
"So wie ich. Es gäbe eine Möglichkeit, wie wir diese Sache friedlich beenden könnten. Auch mir widerstrebt das Töten, auch wenn es in deinem Falle gerechtfertigt gewesen wäre. Würde Dragon endlich aufhören mich zu jagen, müsste ich es auch nicht mehr tun. Wenn du mir hilfst, lass ich dich gehen und keiner kommt mehr zu Schaden. Joseph lag mir sehr am Herzen, ich will nicht, dass weiteres Blut unnötig vergeudet wird, verstehst du das?"
"Ja.", es war mehr ein Hauchen als eine Antwort.
"Sehr gut. Du wirst ein Treffen ausmachen, zwischen ihr und mir. Dann werden wir den Krieg für allemal beenden, so oder so. Ich bin zu alt für solche Spiele. Diese Kämpfe schaden meinem Geschäft. Und sie wird den Tod Joseph' büßen, er war ein guter Sohn."
"Er war...", sie versuchte sich zu beherrschen und auf andere Gedanken zu kommen. Diese Schmerzen, obwohl sie noch unter Schock litt, sie nagten an ihr.
"Er war meine Schöpfung, ja. Doch floss auch mein Blut in seinen Adern. Sein Wille der meinige, sein Gehorsam gewiss. Wirst du mir helfen?"
"Ja.. das werde ich...", versuchte Eca sich rauszureden.
"Gut, ich werde dir Ort und Zeit bekannt geben. Bis dahin verhalte dich unauffällig. Wie gesagt, ich möchte weiteres Blutvergießen vermeiden.", er deutete einem Mann und kurz darauf wurde Eca losgekettet. Doch das Vergnügen, seine Messer selber rauszuziehen, ließ er sich nicht entgehen. Mit Leidenschaft und betont langsam, um seinen Worten Druck zu verleihen zog er die gezackten Klingen aus den blutenden Wunden.
"Kale wird dich ins Bad bringen, damit du dich noch frisch machen kannst. Danach verlässt du uns und verlierst kein Wort darüber, was hier vorgefallen ist. Verstehen wir uns, Wächterin?"
"Ja.", Ernest nickte, dann würde Eca eine schwarze Binde über die Augen gelegt und über Stufen und langen Gänge zu einer Tür geführt. Der Mann nahm ihr die Binde wieder ab, schmiss frische, schwarze Kleidung sowie Verbandszeugs auf einen Stuhl und ließ sie dann im Zimmer kurz allein. Ecatherina sah in den vor ihr befindlichen Spiegel und betrachtete das Stück Elend, das ihr entgegen sah. Ob sie einer Wächterin überhaupt würdig war? Ob sie hätte Stärke beweisen müssen? Ob sie Les hätte treu sein sollen, wo sie doch eindeutig auf der guten Seite stand, wenn man sie mit Kobra verglich? Ob sie überhaupt ihr Wort halten sollte, anstatt sich irgendwie aus dieser Sache lebend rauszubringen, egal mit welchen Opfern? Ja, das letzte erfüllte sie mit wohliger Wärme, mit ergriffener Sicherheit. Schnell wusch sie sich Hände, Haare, Gesicht und Körper von dem schon leicht trockenen Blut rein. Verarztete ihre Wunden mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln bestmöglich, und legte dann die Binden an. Nochmals warf sie einen kurzen Blick in den Spiegel, musste aber gleich wieder wegsehen, sie hatte ein so verdammt mulmiges Gefühl in der Bauchgegend, was nicht mit der Peitschwunde zu tun hatte.
Man setzte sie in den Schatten, in der Nähe Frau Kuchens, wieder aus. Eca hätte zwar mit etwas Mühe und gutem Gedächtnis den Weg zu dem Haus, in welchem sich Kobra gerade aufhielt, rekonstruieren können, dachte aber gar nicht daran, sich dort wieder freiwillig hin zu begeben. Der erste Gedanke galt dem Schlafen, der zweite dem Wachhaus, in welchem sie zur Zeit wohl am sichersten war. In Gedanken verloren, welche aber nicht sehr erfreulich waren, und noch immer sehr ängstlich und niedergeschlagen betrat sie die Wache. Angie, die gerade dabei war, mit Ras und ein paar Wächtern energisch zu diskutieren, bemerkte sie als erste und fiel ihr um den Hals.
"Ist alles in Ordnung mit dir, geht’s dir gut?"
"Ja, warum fragst du?", Eca versuchte Angie sanft wegzudrücken, immer darauf bedacht, dass sie ihren Wunden nicht zu nahe kam.
"Na die Männer, haben sie dir was getan?"
"Welche Männer denn? Wovon redest du bitte?", Eca versuchte möglichst unschuldig zu wirken, dabei fiel ihr immer die letzte Drohung von Kobra ein.
"Na heute früh, nachdem diese fremde Frau weg war. Sie haben dich doch gekidnappt, ich hab's mit eigenen Augen gesehen."
"Welche Frau denn und welche Entführung? Ich bin nach dem Brand nur in der Stadt umhergeirrt, damit ich meine Gedanken sammeln konnte. Bist du dir sicher, dass du was gesehen hast, Angie?", Ras kam hinzu und mustere die Unterhaltung gespannt. Eca benutzte einen ernsten und sicheren Ton. Ihr Abteilungsleiter dürfte ihr deswegen geglaubt haben, obwohl er nichts sagte.
"Und was ist mit deiner Wange passiert, und deine Hände, sie bluten ja?", Angie versuchte ihre linke Wange zu betasten, doch Eca wich instinktiv zurück.
"Na, wenn man benommen durch die Stadt irrt, kann schon mal was passieren. Und das mit den Händen, das stammt vom Brand. Die Brandblasen mussten wohl aufgeplatzt sein und haben Blut nach außen gebracht. Aber keine Angst, ist nichts schlimmes. Danke für deine Fürsorge. Wenn jetzt niemand was dagegen hat, geh ich in den Bereitschaftsraum und ruh mich aus. Ich hatte einen schweren Tag heute."
"Natürlich.", Angie sah ihr verblufft nach, dann wartete sie bis fast alle weg waren.
"Zad?"
"Ja, Angie?"
"Würdest du mir einen Gefallen tun bitte?"
"Dir doch immer, das weißt du ja."
"Danke. Würdest du so nett sein und Eca ein wenig beschatten? Nur zu ihrem Schutz. Ich weiß nicht was da los ist, aber hier geht etwas nicht mit rechten Dingen zu."
"Lässt du wieder die Agentin raus?"
"Unter anderem. Ich mach mir Sorgen. Ich hoffe Eca ist nicht in dunkle Geschäfte verwickelt. Sie ist schon seit längerem ein wenig.. seltsam."
"Hm, ich glaube ein Teil meiner Zeit kann ich dafür opfern."
"Danke, ganz lieb von dir.", sie drückte ihm ein Küsschen auf die Wange und ging dann weg. Zad seufzte, Liebe war etwas sehr schönes, konnte aber auch sehr weh tun.
Eca schlief ein paar Stunden. Die Erschöpfung hatte sie tief und fest schlafen lassen, nur die Aufregungen der letzten paar Tage, vor allem des heutigen, ließen sie öfters schweißgebadet aufschrecken. Sie sah sich um, keiner da. Die Wache schien heut ziemlich leer zu sein. Immerhin hatte es gebrannt und ein paar Wächter dürften frei bekommen haben. Ecatherina brauchte Gesellschaft. Sie überlegte und beschloss dann in die Bahre zu gehen. Es war ihre Heimat, nur dort konnte sie richtig relaxen, das wusste sie. Und sicher wäre sie dort auch garantiert. Zögernd betrat sie die Bar. Es war nicht sehr viel los, nur einzelne Gestalten saßen verstreut an Tischen. Das reichte ihr schon. Sie setzte sich an ihren Stammplatz, bestellte sich etwas zu trinken, legte die Arme auf den Tisch, sowie ihren Kopf darauf und schlief wieder ein.
Die Tür ging auf und ein leichter Windhauch durchstreifte die Bahre. Eine verhüllte Gestalt sah sich im Raum um, erblickte etwas und setzte sich an einen Tisch. Eca spürte, wie ihr Tisch vibrierte und sah auf. Vis-a-vis saß Les und starrte sie böse an.
"Was ist denn los?"
"Ich hörte aus verlässlichen Quellen, dass du Kobra besucht hast."
"Was hab ich?"
"Tu nicht so unschuldig. Warst du heut so zornig auf mich, dass du gleich zum Feind überlaufen musstest? Vergiss nicht, er war es, der dich töten wollte."
"Was? Soll das ein Scherz sein? Ich würde doch nie mit jemanden kooperieren, der solche Kreaturen erschafft und sie für kämpferische Zwecke einsetzt."
"Ach ja, und warum warst du dann bei Kobra und lebst noch, bzw. er?"
"Ich.. also wir hatten einen Einsatz. Einen verdeckten. Wir ermittelten wegen dem Mord des Alchimisten. Und dann war das Feuer. Es gab Zeugen und irgendwie hab ich mich ohne zu wollen neben Kobra vorgefunden. Glaub mir doch, ich wäre doch nie freiwillig zu ihm gegangen. Er hätte mich doch getötet.", etwas wahres war da schon dran.
"Ach, und warum hast du ihn nicht getötet?"
"Was? Während eines Einsatzes? Bei Anwesenheit von Kollegen? Ich hätte Schwierigkeiten bekommen."
"Und warum habt ihr ihn nicht eingesperrt?"
"Weil... er ist entkommen. Wir fanden nur ein leeres Haus. Noch dazu fehlen die Beweise, richtige Beweise. Aber keine Angst, wir haben schon den Anhalt für seinen jetzigen vermutlichen Unterschlupf.", Les starrte sie mit einer ausdruckslosen Miene an.
"Ich werde beim nächsten Einsatz versuchen, ihm mehr zu schaden, ok? Ich kann doch nicht zaubern. Die Wache hält mich zwar hin und wieder auf, meinen Dienst auszuführen, doch sie kann auch helfen."
"Wie du meinst."
"Morgen um diese Zeit kann ich dir mehr sagen. Wie wäre es, wenn wir uns hier treffen und ich sag dir, was wir rausgefunden haben, oder vielleicht konnte ich ihn schon töten?"
"Nein, du brauchst nicht auf mich zu warten. Ich werde dich finden. Aber pass auf dich auf. Ich werde zwar versuchen, dich zu beschützen, doch wenn andere zugegen sind, wird es schwer für mich, mich zu zeigen."
"Verstehe. Aber keine Angst, wir schaffen das schon.", Les schenkte ihr noch ein kurzes Lächeln, und dann verschwand sie wieder. Eca wusste zwar nicht, ob sie ihr glaubte, doch das Vertrauen zur ihr war eindeutig angeknackst. Der Einsatz musste also wirklich stattfinden.
"Wann ist der Brief eingegangen?"
"Heute morgen, Sir.", die FROG - Belegschaft hatte sich bei Hauptmann Ohnedurst eingefunden, um eine Lagebesprechung durchzuführen. Ein anonymer Brief wurde von einem Jungen abgegeben, in dem stand, dass ein Alchemist entführt wurde. Darin stand auch, dass dieser womöglich bald sterben würde, wenn man nicht eingriff. Auch eine Wegbeschreibung, wo man dieses Haus finden konnte, wurde netterweise aufgeführt.
"Konnte man seinen Ursprung zurückverfolgen?"
"Nein, Sir. Der Junge hat den Brief und ein paar Münzen gefunden, sowie einen Zettel, auf dem stand, dass er diesen so schnell wie möglich der Wache überbringen soll."
"Was sagt die Alchimistengilde dazu?"
"Die Gilde bestätigt die Aussage. Seit zwei Wochen soll ein Alchemist vermisst werden. Es gibt aber keine Anhaltspunkte, was mit ihm passiert sein könnte."
"Das ganze ist etwas merkwürdig. Schreibt sogar eine Wegbeschreibung, doch ohne Angaben von Gassen.", Ras ließ seinen Blick gleiten und Eca versuchte, diesem nicht unterzukommen.
"Gut, Gonzo. Erstelle einen Einsatzplan. In einer halben Stunde will ich einsatzbereit sein."
"Jawohl, Sir."
"Die anderen machen ihre Ausrüstung klar. In einer viertel Stunde seit ihr wieder hier, um alles durchzugehen."
"Ja, Sir.", die Mannschaft salutierte und trat weg. Nur Eca zögerte. Sie überlegte, ob sie ihrem Vorgesetzten nicht erzählen sollte, was sie dort erwarten würde. Von den kleinen Biestern, die man Unsterbliche nannte, und die Vampire und Werwölfe töten konnten, und auch nur von diesen getötet werden konnten. Von Kobra und seinen Männern. Doch sie entschloss sich dagegen und machte sich bereit auf einen möglichen Kampf. Würden sie heute siegen, wäre alles auf einmal vorbei. Wenn nicht, konnte sie sich noch immer auf die Wache ausreden, die wegen dem Alchimisten ermittelt hatte.
Die FROGs stürmten das Haus. Es erwies sich als sehr groß und verwinkelt. Es hatte genau zwei Stockwerke, und drei Kelleretagen. Das Gebäude war fast leer, nur am Eingang hielten zwei Trolle Wache, die man schnell ausschalten konnte, Dank der guten Überzeugungskraft Malachits, und in den unteren Etage liefen öfters ein paar Helfer umher, doch nur die wenigsten waren bewaffnet, und auch keine, zur Erleichterung Ecatherinas, Unsterblichen ließen sich blicken. Ein eindeutiges Zeichen, dass Kobra wohl grad nicht zuhause war. So gesehen konnte sie es gar nicht besser haben. Es wäre sowieso sehr schwer gewesen, ihn vor den Augen der Kollegen zu töten, und einfach so hätte Kobra sie eh nicht mehr gehen lassen. Die Wächter schwärmten aus, um den gesuchten Alchemisten zu finden, und Eca, um etwas handfestes gegen Kobra oder für Dragon zu finden. Dabei achtete sie stets, immer allein zu sein, damit sie keine dummen Fragen beantworten musste. Nach einiger Zeit fand sie Kobras vermeintliches Büro. Einige alte Schriften, Akten über verschiedene Spezies, Verkaufsdaten von Unsterblichen, ärztliche Befunde, und andere Sachen stapelten sich in diesem Raum. Schnell überflog sie das meiste, als sie rein zufällig eine kleine Schublade, die eher als Geheimfach gedacht war, unter der Schreibplatte entdeckte. Sie versuchte sich dran, mit Dietrichen oder bloßer Hand, doch sie war nicht aufzubekommen. Dann suchte sie nach einem versteckten Öffnungsmechanismus, doch nach einiger Zeit wurde es ihr einfach zu blöd. Sie holte ein Fläschchen hervor, dessen Inhalt sie schon mal verwendete, um den Geheimgang in dem anderen Haus zu finden, und leerte es über die Schreibfläche des Tisches. Die Säure ätzte sich in das Holz und legte die darunter befindliche Lade samt Inhalt in kürzester Zeit einfach frei. Es kam eine kleine Mappe zum Vorschein, welches altes Papier mit noch älterem Text darauf beherbergte. Eca blätterte etwas darin. Es war eine alte Schrift, welche sie nicht lesen konnte, verschiedene, wohl magische Symbole befanden sich vereinzelt dazwischen. Hin und wieder wurde eine Zeichnung sichtbar und Eca wurde mit einem Male bewusst, dass sie so eben die Erweckungszeremonienschrift entdeckt hatte. Nach diesem Text erweckte Kobra seine Kreaturen, und genau mit diesem Text müsste es Dragon und ihrem Clan möglich sein, diese wieder zu vernichten. Von draußen vernahm sie Schritte, schnell steckte sie die Mappe unter ihren Mantel, eilte zur Tür, machte diese von außen zu und stellte sich möglichst unauffällig in den nächsten Schatten. Gold Moon mit Sidney als Nachhut kamen den Korridor entlang, machten vor der geschlossen Tür, welche sie noch nicht kannten halt, lauschten kurz und stürmten dann etwas umständlich den darin befindlichen Raum. Kurz sah Eca ihnen zu, bevor sie sich wieder daran machte, dieses, ihr sehr unangenehm in Erinnerung gebliebene, Haus zu verlassen, nur gefolgt von dem fragenden Blick Zaddams, welcher als einzige nicht suchte, sondern nur beobachtete.
Angespannt setzte sich Eca wieder an ihren Tisch in der Bahre, doch diesmal dachte sie nicht einmal an Schlaf. Nervös griff sie unter ihren Mantel, ob die wertvolle Ware eh noch an ihrem Platz war. Erst jetzt wurde ihr richtig klar, dass sie mit diesem Diebstahl der Dokumente eigentlich gleich ihr Todesgesuch unterschreiben hätte können. Ob sie neben ihrer Mutter in den Bergen begraben werden wollte oder doch lieber hier in Ankh-Morpork? Oder in Lancre, dem Geburtsort ihrer Mutter? Wäre sicher eine schöne Abwechslung gewesen. Sollte ziemlich schön sein dort zu dieser Jahreszeit. Doch sie war sich nicht einmal sicher, ob von ihr noch genug übrig bleiben würde, um beerdigt zu werden, würde sie Kobra in die Finger bekommen. Nervös klopfte sie auf die Tischplatte, kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. Eigentlich müsste dieser Platz der erste Ort sein, wo Kobra zu suchen beginnen müsste. Ob es gescheit war, hier auf Les zu warten, die vielleicht noch gar nicht mal wusste, dass sie das tat? Aber in eine dunkle Seitengasse wagte sie sich einfach nicht mehr zur Zeit, nicht jetzt, nicht ohne Armee. Ein Sessel wurde nach hinten gestoßen. Eca sah auf und erblickte einen Mann der seinen Sitzplatz verließ. Nach dem Erscheinungsbild dürfte er ein Werwolf sein. Langsam drehte er sich um, schaute Eca kurz in die Augen. Eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. Ob es auch ein Gefolgsmann war? In Zeitlupe kam er näher. Seine Hand verschwand in der Jackentasche, wühlte kurz in ihr, ergriff das Gesuchte. Langsam zog er sie wieder hinaus. Nur noch wenige Schritte trennten ihn von Ecas Tisch. Noch mal sah er sie an, lächelte kurz freundlich, führte die Hand zum Mund und.. zündete sich eine Zigarette an, bevor er gemächlich das Lokal verließ.
Erleichtert ließ sie sich wieder in den Sessel fallen. Ob sie jetzt auch noch eine Paranoia bekommen würde? Na ja, so undenkbar war das ja auch gar nicht. Nach dem sie den ersten Schock überwinden konnte, bestellte sie etwas zu trinken. Ihr Lippen waren schon fast so trocken, dass sie Gefahr lief, sie nicht mehr auseinander zu bringen. Wie lange musste sie denn noch warten? Wenn sie nicht von Kobra erwischt werden würde, würde sie hier dann vor Angst sterben. Obwohl, das wäre dann wenigstens kein so schmerzvoller Tod. Ob es wirklich ein Leben nach dem Tod gab? Ob man als Geist zurückkommen könnte? Ob es wirklich Götter gab? Es wäre zwar an der Zeit für sie gewesen, endlich gläubig zu werden, doch um ernsthaft darüber nachzudenken, da müsste schon Kobra selbst vor ihr stehen, was sowieso so viel wie ihr letzte Sekunde hat geschlagen, bedeuten würde. Wieder glitten ihre Finger unter ihren Mantel. Ob es ihr nur so vorkam, oder wurden die Papiere doch immer heißer? Langsam konnte sie es als Bauchwärmer verwenden, wenn sie Lust hätte. Zumindest konnte sie sich sicher sein, dass sie noch da waren. Kurz grübelte sie über dieses Phänomen nach, als die Tür sanft aufgemacht wurde. Automatisch fiel ihr Blick in diese Richtung und erfreut entdeckte sie dort Lestra.
"Na endlich!"
"Ach, hast du mich erwartet?"
"Frag nicht so unschuldig, immerhin setze ich mein Leben für dich aufs Spiel."
"Ah, nach deiner Gereiztheit zu urteilen, hast du etwas gefunden. Zeig her.", gelassen setzte sich Les vis-a-vis von ihr und legte erwartend die Hände auf den Tisch.
"Hm, hier. Das habe ich in einem Geheimfach von Kobras Schreibtisch gefunden. Wenn es mich nicht sehr täuscht, ist es sehr alt und wertvoll.", kurz blickte sie sich forschend um, ob sie eh nicht beobachtet wurden und holte dann zaghaft die Dokumente hervor. Les griff danach, wurde aber kurz durch die davon ausgehende Wärme abgeschreckt. Irritiert sah sie Eca kurz an, nahm aber dann neugierig die Papiere und blätterte interessiert darin. Ihr Miene erhellte sich Blatt für Blatt.
"Diese Schriften sind mehr als alt. Und sehr bedeutungsvoll. Ich kann nur ein paar Wörter entziffern. Diese Zeichen...", respektvoll strich sich darüber, "... ich kenne ihre Bedeutung, doch, ihr Zusammenhang. Ich werde nicht schlau daraus. Es ist eindeutig die Erweckungszeremonie. Wenn ich den genauen Sinn erkennen könnte, könnte ich einen Gegenspruch kreieren... lassen. Dann wäre Kobra so gut wie erledigt. Seine Marionetten würden zerfallen, wie Vampire im Sonnenlicht.", in ihren Augen funkelte es. Langsam kühlte sich das Papier wieder ab, die Zeichen veränderten sich. Les strich mit der Hand über eine Zeile, die Reihenfolge des Satzes wurde neu ausgewürfelt. Überrascht fuhr ihr Finger an den unteren Rand. Alle berührten Symbole ordneten sich neu, schimmerten hin und wieder oder verschwanden dann ganz.
"Das ist sehr komisch. Es muss einen Entzifferungsschlüssel geben, den ich zugegebenermaßen nicht kenne. Vielleicht muss man eine genau bestimmte Abfolge von Berührungen durchführen, um die Schrift lesen zu können. Das erkläre dann, warum ich die Symbole, doch aber den Zusammenhang nicht verstehe.", nachdenklich starrte sie darauf. Gespannt sah ihr Eca zu. Noch nie hatte sie sich mit Magie beschäftigt, doch das Neuland schien ihr Interesse zu verdienen. Das Wirrwarr der Zeichen beeindruckte sie. Noch nie war Geschriebenes so lebendig für Ecatherina gewesen. Komisch, dass ihr das vorher nicht aufgefallen war. Ob sie zu nervös dafür gewesen war? Von ungezügelter Neugier gepackt führte Eca ihre Hand auf das Papier und in diesem Moment änderten sich die Schriftzeichen gewaltig und das Papier wurde wieder wärmer. Hätte sie ihre Hand nicht erstaunt weggenommen, hätte sie mitansehen können, das sich dort, wo ihre Hand das Papier berührt hatte, mit der Zeit braune Brandflecken gebildet hätten. Überrascht sahen sich die zwei Frauen an.
"Es muss so eine Art Schutzmechanismus sein.", stellte Les die Hypothese auf.
"Vielleicht können nur Untote diese Schriftstücke benutzen. Am besten, du überlässt sie mir und ich zeige sie dem Rat. Die können garantiert was damit anfangen.", sie klappte die Mappe zu und machte gerade Anstalten, diese unter ihrem Umhang verschwinden zu lassen, als Eca geistesgegenwärtig ihre Hände hervorschnellen ließ und Les' Bewegung stoppte.
"Ne ne, vergiss es. Erstens ist das mein Fund und zweitens weiß die Wache davon. Wenn die merken, dass es weg ist, werden die zu aller erst zu mir kommen. Immerhin hab ich es seit der Bergung nicht mehr hergegeben. Die haben dort unsanfte Verhörmethoden, und du willst doch nicht, dass sie was von dir und dem Kampf erfahren, oder?", der Gedanke, dass Les die Schriften mitnehmen könnte, behagte Eca ganz und gar nicht. Da protestierte ihr Überlebenswille einfach zu stark dagegen. Immerhin wäre sie Kobra ausgeliefert, wenn sie sagen müsste, sie hätte die Mappe verloren oder gar Lestra gegeben. Sie wollte gar nicht wissen, was dieser dann mit ihr tat. Die vorher in ihr gekeimte Faszination verwandelte sich nun wieder abrupt in Furcht.
"Hm.", Les sah ihr tief in die Augen, die Angst dürfte ihr wohl nicht verborgen geblieben sein.
"Na gut. Wie du meinst.", sie nahm die Finger wieder von der Mappe und setzte einen ernsten Blick auf.
"Aber dieser Inhalt ist zu wertvoll, als dass ich mir ihn entgehen lassen werde. Der Rat tagt morgen, ich werde die Schriften zur Sprache bringen. Wenn jemand den Code kennt, und weiß wie man es lesen musst, komme ich mit ihm wieder und zu zeigst sie ihm, abgemacht?", tiefstes Unwohlsein kam in ihr auf.
"Na ja, ich weiß ja nicht, ob die Wache mir die Schriften länger überlassen wird.", ein Ratsmitglied, dachte Eca. Das wäre sehr gefährlich, für ihn selbst. Wenn Kobra das erfährt, und das würde er, wenn er Ecatherina das nächste mal erwischen würde, gäbe es Komplikationen und sie wollte Les doch nicht wirklich weh tun.
"Es gibt keine andere Lösung, das weißt du so gut wie ich. Wenn wir Kobra stoppen können, werden keine weiteren Unschuldigen sterben müssen und auch die Kreaturen hören auf ihr Dasein zu fristen, das sie eigentlich gar nicht sollten. Dieser Werwolf hat das Gleichgewicht gestört, er hat verschwörerische Pläne. Sogar dein Vater und deine Jugendfreunde hat er auf dem Gewissen, wer weiß, wer als nächstes kommt. Du willst doch nicht, dass das so weiter geht oder?"
"Natürlich nicht.", mehr schlecht als recht kamen die Worte über ihre Lippen.
"Gut, dann treffen wir uns morgen. Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann. Du hast ein gutes Herz, kleine Eca. Um zehn Uhr sei beim kleinen Hinterhof bei den Lagerräumen der Drogisten. Sei pünktlich. Der Rat ist sehr ungeduldig in einem fremden Revier."
"Verstehe."
"Das darfst du aber unter keinen Umständen weitererzählen, verstehst du mich?", Les Blick strahlte Kälte aus, die sich noch bei keinem anderen gesehen hatte.
"Wenn Kobra Wind davon bekommt, ist alles aus. Ein Angriff auf ein Ratsmitglied, welcher vielleicht sogar zu dessen Tod führt, wird sehr schlimm geahndet im Clan. Wenn ich seine Hilfe brauche, bin ich gleichzeitig für ihn verantwortlich. Passiert ihm was, bin ich Schuld. Ich würde dann geächtet, und aus dem Clan geschmissen werden. Wäre dann auf mich allein gestellt. Jeder Vampir, der etwas mit dem Clan zu tun hat, oder nur weiß, was dieses Mal dann auf meiner Schulter zu bedeuten hat, dürfte nicht mehr in meine Nähe kommen, schon gar nicht mit mir reden. Ich dürfte niemanden mehr rekrutieren, gar Hilfe von Menschen annehmen. Ich wäre auf mich allein gestellt und ich müsste Kobra töten, ganz alleine. Doch nicht mit eigener Hand, verstehst du wie schwer das ist?", Les Körpersprache machte Eca Angst, sie wusste nun nicht mehr, wer gefährlicher war, Kobra oder sie.
"Ich dürfte mich nie wieder in Überwald oder dort, wo der Clan verbreitet ist aufhalten. Sollte ich gegen die Regeln verstoßen, würde ich dann auch noch gejagt werden. Zum Tode geweiht, doch nicht zum wahren Tod. Sie würden mich fangen, zu Asche verwandeln, und mich jedes Jahr zu Neujahr erwecken, um mir mein Versagen vorzuhalten. Dann würde ich wieder ein Jahr im nichts verschwinden. Bis die Zeit für eine Bewährung reif wäre. Doch sollte ein Ratsmitglied durch meine Schuld verstorben sein, wäre sie das nie.", Eca fröstelte wieder.
"Nun steck die Mappe wieder weg, achte aber darauf, dass du sie nicht zu oft berührst. Wir wollen doch morgen noch was lesen können.", automatisch tat Eca wie ihr geheißen, doch ihr mulmiges Gefühl in der Magengegend wurde immer stärker. Sie mochte Les, sehr sogar.
"Die Wache soll nicht auf falsche Gedanken kommen, die ihr nur schaden könnte. Also mach dich auf den Weg zurück, bevor sie Verdacht schöpfen. Achte aber, dass du weißt, wo sie die Akte verstauen, wir brauchen sie immerhin noch."
"Das mach ich. Bis später.", Les druckte ihr noch einen kleinen Abschiedskuss auf die Wange, bevor Eca die Bahre verließ. Die Wächterin war sich nicht sicher, ob sie ihr folgen würde, deswegen machte sie sich wieder auf zum Wachhaus. Sie wollte keinen falschen Verdacht in ihr schüren, jetzt, wo sie wohl wieder Vertrauen geschöpft hatte.
Gedankenverloren, aber schnellen und sicheren Schrittes legte sie den Weg zum Wachhaus fort. Nur mehr zwei Häuserblocks trennten sie vor der sicheren Zuflucht, als sie wiederum mal Schritte hinter sich hörte. In Ankh-Morpork ja nichts neues, doch irgendwie bekam ihr das heute nicht gut. Sie beschleunigte, drehte sich aus einem Reflex kurz um und taumelte schlagartig zurück, im wahrsten Sinne des Wortes. Eine Faust schnellte wie aus dem Nichts und rammte sich in Ecas Magen. Metall zierte die Hand, machte den Schlag noch qualvoller. Schmerzerfüllt sank sie auf die Knie, Blut tropfte ihr aus dem Mund. Aus den Augenwinkeln sah sie etwas schnell näher kommen, wollte ausweichen, wurde aber kurz darauf von einem Fuß in die Seite getroffen. Kurz bäumte sie sich auf, fiel dann aber schlaff zusammen, röchelte leicht und versuchte nicht an dem Blut zu ersticken, das ihr immer und immer wieder in den Mund stieg.
"Du verdammtes Miststück!", ein weiterer Fußtritt erwischte ihren rechten Arm, er fühlte sich kurze Zeit taub an.
"Ich hätte dich gleich kaltmachen sollen. Hätte mir viel Arbeit und Ärger erspart. Du wolltest dich rächen für deine Familie? Keine Angst, dein Bruder wird dir bald Gesellschaft leisten, im Reich der Schmerzen.", der nächste Tritt traf Ecas Kopf, ihre Lippe platze, ein Zahn wurde ausgeschlagen.
"Warte....", sie spuckte das Blut aus um reden zu können.
"Ich.... hab die Akte hier.... ich.... brauchte sie.... für das Treffen....", sie hauchte die Worte, musste aber verstanden worden sein, da Kobra sie packte und sie gegen die Wand drückte.
"Was für ein Treffen? Und erzähl mir keine Märchen, das könntest du fürchterlich bereuen."
"Ich.. ich.. konnte ein Treffen... zwischen mir, Les.... und einem Ratsmitglied organisieren.... Der Angriff auf dein Haus... war nur eine Ablenkung für die Wache... sie haben Verdacht geschöpft.. haben mich beschattet... und meine Entführung mitangesehen... als ich dann meinte, es war nichts... haben sie mich verhört... sie haben geschulte Leute... haben mir zugesetzt... da meinte ich, dass ich den Mörder des Alchemisten gefunden hätte... aber ich noch gerade... mit dem Leben davon kam... ich aber nichts sagen dürfte, weil mir gedroht wurde... danach gab es den Einsatz...", sie keuchte schwer, ihre Wörter klangen gequält.
"Und das ist die Wahrheit?", nochmals warf er sie gegen die Wand.
"Ja.", gezielt langsam übergab sie ihm die Schriften, wurde danach wieder losgelassen.
"Wann soll das Treffen sein?"
"Morgen.. zehn Uhr.. im kleinen Hinterhof bei den Lagerräumen der Drogisten.. sie kommt alleine.. nur der Ratsangehörige ist dabei.. sie wollen sich die Schriften ansehen.. weil sie meinte, man bräuchte einen Entschlüsslungscode.. ich hab ihr aber die Akte nicht überlassen.. deswegen treffen wir uns morgen.", das Gesicht von Kobra erhellte sich schlagartig.
"Das ist ja fabelhaft. Sie und ein Mitglied des Rates. Besser konnte es gar nicht kommen. Morgen kommt die Entscheidung. Dann ist Schluss mit dem Kampf. Du wirst wie erwartet dort auftauchen, ich schicke dir aber ein paar Freunde zur Verstärkung. Dragon darf keinen Verdacht schöpfen, ist das klar?", seine Augen funkelten, Eca wusste aber nicht, ob aus Vorfreude oder als Drohung.
"Natürlich.", sie wusste nicht, wie oft sie das Wort jetzt schon einfach nur so verwendet hatte. Wieder hatte sie ein schlechtes Gefühl in der Bauchgegend, doch diesmal war es heftiger und schmerzvoller. Geschwächt hielt sie die Arme schützend davor. Ihre Kleidung war Blutverschmiert, ihr Lippe offen. Blaue Flecken überwucherten ihren Körper. Der Verband auf ihrer Hand färbte sich wieder rötlich.
"Die Wache bleibt aus dem Spiel."
"Ich werde nichts sagen."
"Gut, und ich werde mich darum kümmern, dass niemand auf den Gedanken kommt, dir zu folgen. Keine Angst, ich weiß was ich tue.", ein hämisches Grinsen legte sich in seinem Gesicht breit.
"Aber..."
"Wenn du alles zu meiner Zufriedenheit tust, wird niemand mehr gröber verletzt. Es hängt alles nur mehr an dir, vergiss das nicht. Und dein Bruder kommt auch bald wieder auf die Beine."
"Was?.. Er hat doch..."
"Nur so, als kleine Erinnerung. Ich will kein Risiko mehr eingehen mit dir. Und jetzt verschwinde, dieses Vampirbiest soll uns nicht gemeinsam sehen.", mit diesen Worten verschwand Kobra wieder, doch Eca musste sich erst mal auf den Boden setzten um wieder etwas zu Kraft zu kommen. Knapp über ihr auf dem Dach saß ein Vampir, der besorgt hinuntersah und sich schon auf eine Konfrontation bereit gemacht hatte. Zad hatte zwar kein einziges Wort verstanden, doch die Übergabe konnte er mitansehen. Er hatte Angie einiges zu berichten.
Nach einer halben Stunde machte sich Eca als erstes auf in den Waschraum. Grob wusch sie sich das Blut von ihrer Haut, desinfizierte die offenen Wunden so gut wie möglich und wechselte die Kleidung. Sie hatte vor längerer Zeit in ihrem Spind eine Zweitgarnitur hinterlegt, für den Notfall. Diese konnte sie heute gut gebrauchen. Langsam zog sie sich um, ihr Körper schmerzte überall und sie fühlte sich, als wenn ihr Körper glühen würde. Noch eine weitere halbe Stunde ließ sie verstreichen, nichts tuend außer am Boden zu hocken. Sie fragte sich, wie sie das morgen Les erklären sollte, dass sie die Schriften nicht mehr hatte. Oder ob sie den morgigen Tag überhaupt überlebten. Sie könnte sie warnen gehen, doch würde Kobra wissen, dass sie das getan hatte. Er würde sie weiter verfolgen. So konnten sich die beiden das wenigstens unter sich ausmachen, doch ob Kobra auch persönlich kommen würde? Oder einfach seine Unsterblichen schicken und Les so vernichten wollen? Ihr Gewissen regte sich, noch dazu wollte sie wissen, wie es Humph ging. Umständlich stand sie auf und ging in den Bereitschaftsraum, wo sie auch schon erwartet wurde.
"Eca! Auf dich hab ich gewartet, wie siehst du denn schon wieder aus? Und sag nicht, du hast dich irgendwo beim Spazieren gehen verletzt. Das glaubt dir eh keiner mehr.", Angie stand mit beiden Händen in der Hüfte gestemmt da und starrte sie böse an.
"Ich..."
"Zad hat dich gesehen, wie du im Haus etwas mitgehen hast lassen. Und wie du dieses dann dem Mann gegeben hast, der dich verprügelt hat. Was geht hier verdammt noch mal vor Eca?", ihr Blick war ziemlich giftig, doch nicht so gefährlich, wie diese, welche sie heute schon mal gesehen hatte.
"Eigentlich kann ich dir das nicht sagen."
"Und wie du das kannst. Ich hab Ras schon eine Mitteilung geschickt, der wird sich über deine Erklärung sehr freuen. Und wenn du keine Anzeige am Hals haben willst, wegen Verkehr mit dunklen Gestalten, sowie Verwicklung in dunkle Machenschaften, rück raus mit der Sprache."
"Angie, es ist gefährlich."
"Ach, und da glaubst du, es alleine machen zu müssen oder wie?"
"Ich.. na gut. Mir geht’s heut nicht so besonders, deswegen will ich nicht streiten. Den Alchimisten den wir gesucht haben in dem Haus, der ist tot. Der Eigentümer hat ihn getötet. Er ist sehr gefährlich. Ich hab mich da auf Andakawa eingeschlichen. Bin draufgekommen, dass es ein irrer Arzt ist, der so verbotene Experimente macht. Die Akte wollt ich mitgehen lassen, um Beweise gegen ihn zu sammeln. Ich konnte das ja nicht offen sagen, wer weiß, wo der überall seine Spitzel hat. Leider hat er mich heut erwischt und ich musste ihm die Schriften wieder zurück geben. Habe mich aber darauf ausgeredet, dass ich sie nur studieren wollte, weil ich ja sehr verlesen bin und so. Hab ihm ein paar Verbesserungen genannt, die er einbauen könnte, und dadurch hat er mir wieder geglaubt. Wenn ich Glück habe, krieg ich ihn bald, aber bitte halt dich da raus."
"Du legst dich ganz allein mit einem Irren an? Geht’s dir noch gut? Für was haben wir hier die Wache und Thiemwork. Wir werden jetzt zu Ras gehen und du erklärst ihm die ganze Sache, der findet sicher einen Weg, wie wir ihn unbeschadet schnappen können."
"Angie, du verstehst das nicht. Er ist sehr misstrauisch..."
"Ach komm, zweifelst du an Ras' und deinen Kollegens Fähigkeiten? Lass diese Heimlichtuerei lieber und komm mit.", sie packte Eca am Arm, welche sich heute durch etwaige Verletzungen nicht wirklich wehren konnte und machte sich auf, zu Ras' Büro, als die Tür zum Wachhaus aufgestoßen wurde und ein schwerstverletzter Humph von ein paar Männern in den Flur geworfen wurde, bevor sie wieder verschwanden.
"Humph!", Eca schrie erschrocken auf und Angie eilte sogleich zu ihm.
"Er atmet noch, aber sehr schwer.", hysterisch betastete sie den vor ihr liegenden Körper. Er war über und über von Blut bedeckt. Auf seiner Stirn hatte er eine riesige, offene Wunde, welche noch immer unaufhörlich blutete.
"Sein Kobold macht das schon.", hörte sie Eca sagen, doch Zweifel häuften sich darin. Mehrere Kollegen stürmten zu ihnen, und Pismire wurde geholt. Dieser Anblick erinnerte sie an Kobras Worte, Tränen rannen ihr über die Wange. Sie wollte doch nicht, dass er wegen ihr verletzt wurde oder gar getötet. Sie hoffte, dass sein Kobold dass wieder zu Recht bog, doch so wie er jetzt aussah, war sie sich eben nicht ganz sicher. Sein schlaffer und regungsloser Körper wurde sachte zu SUSI getragen, immer darauf bedacht, ihn nicht zu sehr zu erschüttern. Tränen wurden vergossen, Flüche ausgestoßen und ein paar Wächter schwärmten aus, um die Schuldigen zu finden. Langsam rutschte Eca die Wand hinunter, legte ihren Hände auf die Knie, ihren Kopf dazu und weinte. Wo war sie da nur hineingeraten.
Zad legte behutsam seine Hand auf Ecas Schulter. Leicht zuckte sie zusammen und schrak auf. Sie musste eingeschlafen sein. Draußen war es schon dunkel und es konnte nicht mehr lang dauern, dann würde der nächste Tag anbrechen.
"Komm, Ras will mit dir reden.", schnell wischte sie sich die letzten, noch feuchten Tränen aus dem Gesicht und nickte seufzend.
"Weiß er davon?"
"Angie hat ihm alles erzählt. Jetzt will er noch ein paar Einzelheiten wissen."
"Ok."
"Wegen Humph brauchst du dir auch keine Sorgen zu machen. Ich war vor kurzen bei ihm. Pis meinte, er käme durch. Wird sich auch bald erholen, wenn sein Kobold mit der Heilung anfängt. Angie und Rina sind noch immer abwechselnd bei ihm und Joschi kommt morgen wieder. Er ist also in guten Händen."
"Danke."
"Wie geht’s dir?"
"Es geht schon wieder."
"Glaubst du, dass es der gleiche Mann war, der auch dich erwischt hat?"
"Ich bin mir nicht sicher."
"Verstehe. Na gut, dann komm. Lassen wir den Chef lieber nicht warten.", mit Leichtigkeit half er Eca auf die Beine und führte sie stützend in Rascaals Büro.
"Da seid ihr ja endlich. Alles in Ordnung Eca?"
"Ja, danke Sir."
"Gut. Ich hörte von dem Anschlang auf Humph, hat dieser Verrückte auch etwas damit zu tun?"
"Ich bin mir nicht sicher, aber ich denke nicht, Sir."
"Verstehe. Die SEALS und Leute von RUM werden der Sache nachgehen. Was mich mehr interessiert, jetzt wo klar ist, dass Humph durch kommt, ist dein Fall. Du hast also schon gewusst, dass der Alchimist tot ist, bevor wir das Haus gestürmt haben?"
"Eh, ja, Sir. Als ich den Mord an drei Männern beobachtet habe, den ich in meinem vorigen Bericht schon erwähnt habe, habe ich auch mitgekriegt, wie sie von einer neuerlichen Entführung sprachen."
"Wer sind sie?"
"Der Arzt und sein Gefolge. Jemand hat seinen früheren Alchimisten umgebracht und brauchte deswegen einen neuen. Er dürfte aber nicht kooperiert haben, deswegen haben sie ihn getötet. Als ich das zufälligerweise erfuhr, hab ich mich angeboten. Ich bin zwar kein Alchimist, aber ich kenne mich schon etwas drin aus. Als ich mein Fachwissen bewiesen habe, wurde ich aufgenommen."
"Und dann? Was sollte das mit dem Haus und warum hat du kein Wort gesagt?"
"Ich bin noch immer nicht bis zu seinem Labor vorgedrungen, Sir. Er ist sehr vorsichtig. Deswegen habe ich noch keine Beweise gegen ihn. Ich dachte, wenn wir das Haus stürmen, könnte ich etwas ergattern; so war es auch. Die Akte hätte vieles bewiesen. Leider hat er mich vorher erwischt, bevor ich es in der Wache abliefern konnte."
"Warum bist du nicht gleich gekommen?"
"Ich wollte eine Abschrift machen und es dann zurückbringen. Damit es nicht auffällt. Deswegen bin ich auch gleich wieder aus dem Haus verschwunden, er hätte mich nicht sehen sollen, sonst wäre ja meine Deckung aufgeflogen. Also bin ich in die Bahre und habe das abgeschrieben. Leider hat mich einer seiner Männer gesehen. Ich konnte mich dann aber beim schmerzvollen Zusammentreffen rausreden, dass ich nur die Schriften studiert habe, ich sie deswegen mitgenommen habe und als die Wache reinkam einfach abgehauen bin. Als ich ihm ein paar verbessernde Vorschläge unterbreitete konnte ich ihn milde stimmen."
"Ist ein weiteres Treffen geplant?", sie überlegte kurz. Kobras und auch Les' Anweisungen waren unmissverständlich gewesen.
"Eh, nein, Sir. Nicht in nächster Zeit."
"Das kann ich dir irgendwie nicht glauben, Oberfeldwebel. Lass diese Spielchen endlich. Wir wissen genug, um ihn hinter Gittern zu bringen, also sag mir einfach alles, was du weißt, ok?", Eca sah in zweifelnd an. Sie wusste, dass die FROGs die Elite waren. Doch wären sie Kobras Leuten gewachsen? Es könnte sein, und so könnte sie Les wenigstens beschützen. Ein wenig, immerhin wollte sie nicht noch einen verlieren, der ihr am Herzen lag, und Les tat das zweifellos, auch wenn es ihr schwer tat, dass zuzugeben.
"Morgen, 10 Uhr in einem kleinen Hinterhof bei den Lagerhöfen der Drogisten...", in diesem Moment flatterte ein Schatten bei Ras' Fenster vorbei. Ob Les davon wusste? Sie würde garantiert das Wachhaus beobachten, wenn dann alle ausschwärmen würden, sie würde nicht kommen.
"Na bitte, geht doch. Wie viel Leute haben wir zu erwarten und werden wir auf viel Widerstand stoßen?", wenn sie ihm erzählen würde, dass dort etliche kleine Biester umherschwirren werden, welche Vampire und Werwölfe töten könnten, würde er sicher das ganze Wachhaus mobilisieren. Das würde zuviel auffallen, auch wenn es nicht Les war vorhin, aber Kobra würde es garantiert merken.
"Hm, nein, Sir. Es werden maximal zwei Männer kommen. Der Arzt zieht nicht sehr gern Aufmerksamkeit auf sich. Eh, ja, deswegen könnte ich ja auch alleine hin gehen, dass schaff ich schon."
"Man sieht, im welchen Zustand du bist. Ich werde dir vier FROGs mitgeben. Gonzo, Malachit, Sidney und Gold Moon. Damit seit ihr für den Notfall gewappnet und habt kein Problem, ihn zu schnappen…", ja, Notfall, dachte Eca. Der würde garantiert eintreten. Sie hoffte, dass ihnen nichts passieren würde. Sie würde sich sehr schuldig fühlen wenn, es reichte schon, wenn Humph wegen ihr litt. Auf die letzten Worte ihres Vorgesetzten hörte sie nicht mehr richtig. Nur mehr Fetzen wie, Zad und Veni müssten im Grund bleiben, weil ja Humph ausfiel. Sollten sie aber Verstärkung brauchen, sollten sie eine Taube oder eines dieser kleinen Dämonen schicken. Das war's auch schon, dann versank Eca ganz in ihren Gedanken und fürchtete sich vor morgen.
Die Sonne stand schon ziemlich hoch und warf ihre Strahlen in das Getümmel von Leuten. Nervös stand Eca in der Seitengasse. Sie war ohne die anderen losgegangen. In der vor ihr liegenden Straße herrschte volles Leben, doch bei ihr und in dem kleinen Hof in der Nähe war alles ruhig. Sie hatte einige Kisten dort aufgestellt und etwas daraufgelegt, so, dass es aussah, als wenn sie sich dort versteckte. Sie wollte nicht gesehen werden, wollte aber auch nicht, dass sie nicht kamen, weil man glaubte, sie wäre nicht da. Obwohl, ihr wäre es viel lieber gewesen, wenn das heutige Treffen abgesagt wurde, wegen Schlechtwetter oder so. Leider machte ihr niemand diesen Gefallen. Am anderen Ende des Platzes - Eca hatte sich natürlich so hingestellt, dass sie nicht gesehen wurde, aber alles überblicken konnte - tat sich was im Schatten. Es war nun Punkt zehn, nach der Sonne zu urteilen, und Les und ihr Begleiter waren wohl pünktlich. Langsam kamen sie näher, Richtung Kisten, und ihre Umrisse zeichneten sich im Dunkeln ab. Nun tat sich auch etwas in der anderen Gasse, die hier herführte. Anscheinend glaubten die Wächter, dass die zwei die Schurken waren und wollten schon mit der Verhaftung anfangen. Etwas zu früh, für Ecas Geschmack. Les und der andere hatten ihre Umhänge an, und die Kapuze über dem Kopf geschlagen. Lestra lugte hinter die Kisten, während ihr Begleiter sich umdrehte. Anscheinend hatte er etwas gehört, oder auch gefühlt. In diesem Moment sprangen etliche kleine Wesen von den Dächern auf den Platz hinunter. Sechs, der wies aussah 13 Geschöpfe, stürzten sich auf den Ratsangehörigen, der ächzend versuchte, sich zu wehren, es doch nicht wirklich schaffte. Les versuchte ihm zur Hilfe zu eilen, wurde aber von drei anderen kleinen Biestern aufgehalten. Die restlichen vier Kreaturen nahmen sich die Wächter vor, die gerade herbeieilten. Ein kurzer Schrei erhallte, dann verbreitete sich dort, wo noch zuvor der Vampir gestanden hatte, Asche, die sich, anstatt zu Boden zu fallen, in der Luft verteilte und verschwand. Mit entsetzten Blick musste Les das mitansehen, schrie schmerzerfüllt auf und riss zwei, der vier Angreifer in Stückchen. Die sechs Biester verteilten sich gleichmäßig. Zweimal, das konnte Eca sehen, versetzte eines der Kreaturen Les einen ziemlich bösen Hieb. Genau in diesem Moment hörte sie noch einen Schrei, diesmal von der anderen Seite. Schnell wand sie den Kopf und erblickte Sid, der sich schmerzerfüllt krümmte. Gleich war Mala zur Stelle gewesen, der eigentlich nicht so viele Probleme mit den Kleinen hatte, außer, dass egal was er machte, die nicht tot zu kriegen waren. Doch er konnte sie zumindest so lang in Schach halten, bis Gonzo oder Sid einen tödlichen Treffer landete. Aber jetzt musste er mehr Sid verteidigen, als selber angreifen.
Traurig stellte sich Eca an die Wand. Das wollte sie alles nicht. Sie konnte ja auch nichts tun.
"Es tut mir leid.", hauchte sie in die nun immer stärker werdende Stille. Immer mehr der Unsterblichen wurden dahin gemetzelt, aber gab es auch Verluste auf der Gegenseite, auch wenn der Ratsvampir der einzige war, der getötet wurde. Eine Träne rann ihr über das Gesicht, gesellte sich bald zu den anderen. Langsam hob sie den Kopf, und sah dunklen, dichten Rauch aufsteigen. Man konnte ihn fast von der ganzen Stadt aus sehen. Und er kam aus der Richtung des Wachhauses.
Sie schloss die Augen und fand sich in ihrem kleinem Zimmer im Keller wieder. Die Flammen leckten an dem holzigen Inventar, vernichteten ihre Bücher und alles, was ihnen in die Quere kam. Wieder wurde sie sich ihres Entsetzens bewusst, welches in ihr aufkam, als sie bemerkte, dass sie den Raum nicht verlassen konnte. Panik kam damals in ihr auf und ließ sie gegen die Tür springen, welche hartnäckig zu blieb. Schnell öffnete sie die Augen und weilte wieder in der Realität. Innig hoffte sie, dass ihre nichtsahnenden Kollegen im Wachhaus nicht das Gleiche durchmachen mussten. Sie konnten doch alle nichts dafür. Eigentlich konnte nicht einmal Eca was dafür, wurde von Les einfach so in den Kampf integriert. Obwohl sie doch gar keine Kämpfernatur war. Hätte Lestra das nicht sehen können? Hätte sie nicht lieber Humph, der doch immerhin stärker und mutiger war als sie, nehmen können? Schmerzensschreie aus dem Hof holten sie aus den Gedanken zurück. Wieder musste Les etwas abbekommen haben, doch bald müsste es vorbei sein, dachte Ecatherina; oder hoffte sie es nur? Verschloss sie langsam die Augen vor dem Geschehen, weil sie tief in ihrem Inneren wusste, hätte sie anders gehandelt, wäre nicht so feig gewesen, wäre Kobra nun hinter Gittern oder tot und niemand anderes wäre zu Schaden gekommen? Warum musste Les ihr auch vertrauen. Warum taten es eigentlich auch andere. Sie wollte doch nur in Ruhe gelassen werden, war das so schlimm? Ihre Tränen hatten sich nun zu einem Fluss vereinigt und stürzten gemeinsam in die Tiefe. Langsam drehte sie sich wieder dem Kampf zu. Ein Unsterblicher saß auf Les Schulter und prügelte auf sie ein, während Mala versuchte ihn wegzuziehen. Sid konnte sie nirgends mehr sehen, auch Gold Moon dürfte vor längerem schon verschwunden sein. Zu ihrem Glück, dachte Eca. Es handelte sich nur mehr um drei Gegner, doch diese erwiesen sich wohl als sehr zäh und hartnäckig. Ihr Kampfgeschick war unglaublich, doch der Stärke eines Trolles konnten nicht einmal sie etwas Entgegensetzen. Widerwillig beugten sie sich, einer der Kreaturen konnte sogar fliehen. Würde aber nicht weit kommen, dachte Eca bei sich, als sie sah, wie Les Gonzo energisch wegstieß, der ihr helfen wollte und sich dann zornig zur Verfolgung aufmachte. Kurz konnte sie ihr Gesicht sehen, es war schmerzerfüllt und müde. Doch statt Zorn und Hass, wie Eca es erwartet hatte, konnte sie Trauer und Verzweiflung in ihren Augen sehen, sowie Enttäuschung.
"Es wird alles wieder gut, Les. Alles wird wieder gut, ich verspreche es. Ich habe einen Fehler begangen, ich weiß. Doch ich lass dich nicht im Stich, ich werde dir helfen, ich schwöre es. Diesmal werde ich dir helfen."
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