Spaziergang

Bisher hat keiner bewertet.

von Wächter Damien G. Bleicht (GRUND)
Online seit 02. 12. 2001
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Damien wird das erste mal allein auf Streife geschickt. Mal ehrlich, das kann doch nicht gut gehen!

Dafür vergebene Note: 13

Eine Geschichte erzählen...
Nun, am schwierigsten ist es, mit der Geschichte zu beginnen, den Leser in die Handlung zu führen. Dies ist der schwierigste Teil, die Einführung. Hat man diese Hürde erst einmal überwunden, sollte der Rest eigentlich ganz einfach sein...
Also gut, ich will es probieren:
Hmm... Wissen Sie, wenn ich ein Buch lese, stelle ich mir das ganze wie einen Film vor; Sie wissen schon, mit Kamerafahrten, Schnitt und orchestraler Filmmusik.
Das ist es, stellen Sie sich vor, sie sitzen vor dem Fernseher... Nein, besser noch im Kino! Ja, Sie sitzen im Kino, der Saal ist noch immer hell erleuchtet, das Publikum knistert erwartungsvoll mit Bonbonpapier und Popcorntüten. Nun geht das Licht aus...
Beginnt jetzt der Film? Nein, natürlich werden erst noch die obligatorischen Werbetrailer für die neuesten Kinoproduktionen gezeigt:
Der Sternenkrieg: Episode 495! Die Bedrohung ist noch dunkler, die Spezialeffekte sind noch bombastischer und natürlich ist die Handlung noch bedeutungsloser als je zuvor! Das dürfen Sie nicht verpassen!!!
Uff, die Propaganda ist vorbei, es geht los:
Zunächst erscheint das Logo der Produktionsfirma: "DRIEHMWÖRKSCH-PICTURES PRÄSENTIERT...", dann verdunkelt sich die Leinwand.
Die Projektionsfläche bleibt zwei oder drei Sekunden lang schwarz, dann erhellt sich das Bild wieder und das Auge des Zuschauers erblickt das Panorama einer mittelalterlich anmutenden Stadt. Es ist ein beeindruckendes, wenn auch nicht besonders freundliches Bild und nutzt das Breitbild-Format der Leinwand voll aus.
Am unteren Rand des Bildausschnittes erscheint ein kurzer Untertitel und verkündet: "Ankh-Morpork". Dann verschwindet der Schriftzug wieder und die Kamera setzt sich in Bewegung.
Die Fahrt geht durch ein Stadttor, an einem schlafenden Wachposten vorbei, hinein in das schmutzige Geflecht aus Straßen und Gassen, begleitet von einer opulenten Filmmusik, die sich aus Streichinstrumenten und Orgelmusik zusammensetzt, wodurch eine angenehm schaurige Athmosphäre erzeugt wird.
Während dieser Kamerafahrt werden die Namen des Filmteams* eingeblendet.
Der Zuschauer erblickt für Sekundenbruchteile Szenen des Straßenlebens von Ankh-Morpork: Ein flüchtender Dieb, ein Assassine bei der Arbeit, eine alte Frau, die einen Eimer Wasser über zwei Hunden ausgießt**... All dies scheint am Beobachter vorbei zu fließen und wird eins mit der düsteren Szenerie.
Jetzt biegt die Kamera um eine Ecke, man kann auf einem Straßenschild noch das Wort "Kröselstraße" entziffern, als die Fahrt plötzlich langsamer wird, bis das Bild schließlich vor einem Gebäude verharrt. Die Tür des Hauses öffnet sich und eine Gestalt, ein junger Mann, tritt auf die Straße.
Damien G. Bleicht hat seinen ersten Auftritt...

Damien Gerald Bleicht war erst seit kurzem bei der Wache. Vor ungefähr drei Wochen hatte er sich im Wachhaus in der Kröselstraße bei Fähnrich Schmiedehammer gemeldet und sein Anliegen, Wächter zu werden, vorgetragen. Der Zwerg hatte gelächelt, ihm eine Uniform gegeben und gesagt, dass es schön sei, dass sich immer mehr Untote von ihrer "unrühmlichen Vergangenheit", wie er es ausgedrückt hatte, lösten, um im Dienste der Stadt gegen das Verbrechen vorzugehen.
Damit sprach er einen wunden Punkt in Damiens Seele an, der mit seinem äußeren Erscheinungsbild zu tun hatte:
Mittelgroß, dürr und hager, schwarze ordentlich gekämmte Haare... das alles war noch nicht sehr ungewöhnlich, doch Damiens Hautfarbe...
Nun, es gibt Leute, mit denen manch einer die Worte "leichenblass" oder "kreidebleich" in Verbindung bringen würde. Nun, dies traf auch auf Damien zu, allerdings beschränkten sich bei ihm diese Ausdrücke nicht nur auf eine Metapher***. Er war nicht einfach nur blass; wenn hier von weißer Haut gesprochen wird, ist auch wirklich weiß gemeint, nicht nur eine besonders helle Hautfarbe. Die einzige Farbe in Damiens Gesicht zeigte sich in den schwarzen Ringen unter seinen Augen, welche auf zuwenig Schlaf zurückzuführen waren.
Was ist denn daran so ungewöhnlich? würde sich vielleicht ein unbeteiligter Zuhörer fragen, Klingt doch nach einem ganz gewöhnlichen Untoten****. Nun, bei Damien lag der Fall ein wenig anders. Er mochte zwar einen etwas... nocturnen Eindruck erwecken, gehörte aber trotz allem zu den Lebenden, wie sie von einigen Leuten seltsamerweise genannt wurden - Damien fand den Ausdruck "verdammte Mistkerle" passender.
Er war nie wirklich damit zurechtgekommen, dass er von den Menschen nicht als Mitglied ihrer Spezies anerkannt wurde. Deswegen mied er die Vitalisten so gut er konnte und verkehrte hauptsächlich mit Untoten. Doch auch zu ihnen fühlte er sich nicht wirklich zugehörig, denn auch wenn er ihnen äußerlich ähnlich sehen mochte, so merkte er doch, dass auch sie zumindest ein leichtes Unbehagen spürten, wenn sie mit ihm sprachen. Einmal war er in der Untoten-Selbsthilfegruppe von Reg Schuh erschienen, doch als Reg auf der Gitarre Lieder wie "Wir halten zusammen im Grab" spielte, fühlte er sich nicht wirklich angesprochen, da er nun einmal nie so etwas wie ein Grab benötigt hatte. Außerdem erntete er auch hier leicht nervöse Blicke der Anwesenden. Deswegen hatte er den "Club des neuen Anfangs" bald aufgegeben.
Damiens Unterkunft befand sich in der Blass-Straße, einem der ärmsten Viertel von Ankh-Morpork außerhalb der Schatten. Hier bewohnte er ein kleines Zimmer in der kaum größeren Wohnung von Frau Fellgrau.
Frau Adele Fellgrau war eine zierliche alte Frau, die nicht sehr viel besaß, sich jedoch sehr um ihren jungen Untermieter sorgte. Sie erkundigte sich immer nach seinem Wohlbefinden, selbst wenn es ihr selbst nicht sehr gut ging, und war immer sehr besorgt um ihn, da sie wusste welche Wirkung er auf manche Leute haben konnte. Es sollte mehr Leute wie Frau Fellgrau geben, fand Damien.
Es ging ihnen wirklich nicht besonders gut; Frau Fellgrau hatte schon Schwierigkeiten genug, für sich selbst zu sorgen und Damien fand in Ankh-Morpork keine sichere Arbeit: Entweder lehnten die Leute es ab, ihn überhaupt zu beschäftigen, oder er wurde schon nach kurzer Zeit wieder entlassen - als Grund wurde oft angegeben, dass die Arbeitgeber ihr Blut gerne noch eine Weile behalten wollten, oder sie entschuldigten es mit der schwierigen Lage, die momentan am Arbeitsmarkt herrsche, was immer das heißen mochte. So bestand seine Beschäftigung meistens darin, durch die Straßen zu wandern, auf der Suche nach einem Job, nach Gnade in dieser ungerechten Welt...
Doch plötzlich, von einem Tag auf den anderen, erfuhr Damiens tristes Leben eine abrupte Wende:
Eines Abends ging er durch eine eher unscheinbare Gasse, da fiel ihm plötzlich ein Plakat auf, das an einer Mauer klebte. "WE WANT YOU" prangte dort in großen Blockbuchstaben und darunter etwas kleiner: "Melde dich noch heute bei der Stadtwache, Ankh-Morpork, Kröselstraße; WIR BRAUCHEN JEDE(N) MANN/FRAU!"
Damiens Blick klebte an dem Plakat. Arbeit, fuhr es ihm durch den Sinn, JEDEN! Sofort rannte er durch die dunklen Gassen Ankh-Morporks Richtung Kröselstraße, einer besseren Zukunft entgegen...
Man hatte Damien auf der Wache freundlicher empfangen, als er erwartet hatte. Er hatte befürchtet, dass es Probleme wegen seines Erscheinungsbildes geben würde, dass man ihn, wie schon so oft, abweisen würde, ihn zurückschickte in die kalte, abweisende Welt von Ankh-Morpork. Aber nein, der Fähnrich hatte ihm nur freundlich auf die Schulter geklopft und ihm dann eine Uniform gegeben.
Das Leben in der Wache war etwas völlig neues für Damien. Er hätte ohne weiteres zugegeben, etwas wunderlich zu sein, doch hier fiel er kaum auf, da es in der Wache wirklich niemanden gab, auf den die Bezeichnungen normal oder gewöhnlich gepasst hätten. Zum ersten Mal hatte Damien nicht das Gefühl, unerwünscht oder ausgestoßen zu sein.
Die nächsten Wochen verliefen recht gut. Damien meldete sich mit Vorliebe freiwillig zum Tresendienst, da er es auf diese Weise vermeiden konnte, auf die Straße gehen zu müssen. Manchmal ging er auch zusammen mit seinen Kollegen Cim und Larius auf Streife, doch meistens blieb er im Wachhaus, was ihm misstrauische Blicke seines Ausbilders Schmiedehammer einbrachte.
Merkwürdig, dachte der Zwerg, der Bursche ist verdammt eifrig, was den Tresendienst und das Auswendiglernen von Gesetzen und Verordnungen betrifft. Aber er vermeidet es tunlichst, nach draußen zu gehen. Gut, er war ein paar Mal mit Bürstenkinn und dem Irren, der sich dauernd durch Türen wirft, in der Stadt. Aber er ist noch nie alleine losgezogen... Schmiede beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen.
Die nächsten Tage beobachtete der Fähnrich den Rekruten aufmerksam. Damien saß die meiste Zeit über am Tresen und blätterte in den "Gesetzen und Verordnungen von Ankh-Morpork". Irgendwann wurde es dem Ausbilder zu bunt und er rief Damien in sein Büro.
"Ah, Rekrut Bleicht", begrüßte Schmiede den Rekruten gut gelaunt, als dieser das Zimmer betrat.
"Sör?" erwiderte Damien unsicher. Das breite Grinsen des Fähnrichs machte ihn nervös.
"Gut, dass du hier bist", fuhr Schmiede munter fort, "Ich habe zufällig beobachtet, wie du so eifrig die Tresenschicht geschoben hast und da dachte ich mir: Das ist doch kein Leben für einen jungen Rekruten, dauernd im stickigen Zimmer zu sitzen, kaum Abwechslung und dabei hat seine Wächterkarriere doch gerade erst begonnen. Zum Bürohengst kannst du auch später noch werden.", Schmiedes Grinsen wuchs in die Breite, er musste an Kommandeur Rince denken, als er das Wort "Bürohengst" aussprach. "Es wird Zeit, dass du an die frische Luft kommst. Das wird deinen Wangen bestimmt etwas Farbe geben", log er.
Damien blickte den Zwerg erschrocken aus schwarz umrandeten Augen an. "Sör, ich...", stammelte er.
"Deshalb werde ich jemand anderen zum Tresendienst beauftragen, damit du in aller Ruhe auf Streife gehen kannst", kam ihm Schmiede zuvor.
Der junge Rekrut atmete erleichtert auf. "Gut, ich hole schnell Cim und Larius und dann..."
"Cim und Larius haben heute ihre Grundausbildung beendet und wurden vor kurzem ins Wachhaus am Pseudopolisplatz versetzt. Für sie geht das Wächterleben jetzt erst richtig los, das heißt, dass jetzt eine Menge Pflichten auf sie zukommen. Du jedoch genießt immer noch das unbeschwerte Dasein eines Rekruten, weshalb du auch genügend Zeit hast, um einen kleinen Spaziergang durch die Stadt zu machen", verkündete der Fähnrich fröhlich. "Und zwar alleine", fügte er hinzu.
Damiens Gesichtsausdruck wurde immer verzweifelter. "Aber..."
"Ich habe dir gerade einen Befehl gegeben, Rekrut", sagte Schmiede jetzt in einem etwas schärferen Tonfall, "Jetzt schau mich nicht an, als hätte ich gerade dein Todesurteil verkündet. Es ist wichtig, dass ein Wächter auch allein zu recht kommt und außerdem ist es ja nur für ein paar Stunden."
Er hat keine Ahnung, dachte Damien als er vom Zwerg mit sanftem Nachdruck durch die Tür des Wachhauses geschoben wurde, Er weiß nicht Bescheid, sonst würde er mich auf keinen Fall gehen lassen...

Nun stand er da, vor der geschlossenen Tür des Wachhauses und fühlte sich das erste Mal seit Wochen wieder einsam und verlassen. Er blickte sich um. Sonst befand sich niemand hier draußen. Es gab nur die gähnende Leere der vor ihm liegenden Straße.
Damien seufzte kummervoll. Er blickte an sich herunter. Eigentlich sah er kaum anders aus als sonst. Von seiner Uniform trug er nur den zerkratzten Brustharnisch und den verbeulten Helm. Auf das Kettenhemd hatte er verzichtet, da der schmächtige Damien sofort unter ihm zusammengebrochen wäre. Ansonsten trug er seine normale Kleidung: Ein faltiges schwarzes Hemd, eine zerknitterte schwarze Hose und außerdem ein langes Cape aus schwarzem Leder, das fast bis zum Boden reichte. Sieh dich nur an, dachte er, Ja, sieh dich doch nur mal an. Sieht so ein Wächter aus? Was hast du dir nur dabei gedacht, dich bei der Wache zu melden, hm? Du bist kein Held! Wie um Himmels Willen willst ausgerechnet Du die Bürger einer Millionenstadt vor dem Verbrechen schützen? Du kannst doch nicht einmal auf dich selbst aufpassen...
Damien schüttelte den Kopf. Es war zu spät, um in Selbstmitleid zu versinken. Er straffte seine Gestalt und setzte sich in Bewegung.

Ein Unbeteiligter hätte sich bestimmt gewundert, hätte er Damien auf seinem Streifgang beobachten können:
Zunächst ging er wie immer, langsam aber zielstrebig, aufrecht, darauf bedacht, das Gleichgewicht zu wahren; Doch als er an einer Seitenstraße vorbeikam, blieb er stehen, blickte sich vorsichtig nach allen Seiten um und verschwand in ihr. Nachdem er in die Straße eingebogen war, veränderte sich Damiens Gangart. Er hüpfte plötzlich, anstatt zu gehen, tänzelte die Straße entlang, drehte sich einmal schnell um die eigene Achse. Er sprang einmal schnell nach links, dann nach rechts, nach vorne. Dann erhöhte er sein Tempo auf einen kleinen Sprint, wurde nach einigen Sekunden plötzlich schlagartig langsamer und rollte sich ab. Dann tänzelte er wieder einige Zeit lang und wechselte schließlich wieder in seine gewohnte Gangart über.
Nicht schlecht, dachte er, aber du musst noch schneller werden. Sonst kriegen sie dich eines Tages noch. Er ging einige Zeit schweigsam weiter. Sie, dachte er. Drei Wochen war es ihm gelungen, ihnen aus dem Weg zu gehen. Doch früher oder später würden sie ihn finden und dann musste er vorbereitet sein. Es war ihm unbehaglich zumute. Jeden Moment, dachte er, jeden Moment könnten sie hinter dir stehen und jemand rufen...
"Bleib stehen, Blutsauger!"
Damien blieb stehen. Er kannte diese Stimme. Sie hatten ihn also tatsächlich gefunden.
"Dreh dich langsam um!", forderte die Stimme. Er kam der Aufforderung nach.
Die Straße wurde von ungefähr siebzig Leuten blockiert. Damien wusste wer sie waren; Einer seltsamen Laune des Schicksals***** hatte er es zu verdanken, dass direkt neben der Blass-Straße die Pöbelgasse lag. In der Pöbelgasse lebten überwiegend (menschliche) Emigranten aus Überwald. Damien vermutete, dass sie in ihrer Heimat unter dem Joch eines tyrannischen Vampirs oder gar eines Werwolfs gelebt hatten. Er wusste, dass es Vampire gab, die Menschen wie Vieh behandelten und Werwölfe genossen in Überwald einen alles andere als guten Ruf. Er konnte verstehen, was für ein unaussprechliches Leid diese Leute in ihrer Heimat ertragen haben mussten. Nur eines konnte er nicht verstehen: Wie sie einen einzigen Menschen für all das verantwortlich machen konnten.
Damien musterte die Menge. Es waren auch Überwald-Zwerge und sogar einige Trolle zugegen. Sie alle trugen Sicheln, Heugabeln und - ungeachtet der Tatsache, dass es noch heller Nachmittag war - Fackeln. Damien bemerkte die Entschlossenheit in ihren Gesichtern. Trolle, Zwerge, Menschen... Sie könnten uterschiedlicher nicht sein und es gibt oft Streitigkeiten zwischen ihnen, doch wenn es um ein gemeinsames Feindbild geht... dann halten sie plötzlich zusammen. Es ist einfach, zusammen zu halten, wenn es sich bei dem Feind um nur einen einzelnen handelt, dachte er. Ein Hauch von Bitterkeit regte sich in ihm. Niemand hält zu mir!
Er bemerkte den Mann, der ihn aufgefordert hatte stehen zu bleiben:
Groß, blond und muskelbepackt... sein Aussehen hätte einige Leute (besonders alte, alleinstehende Damen) dazu veranlasst, ihn als "stattlichen jungen Mann" zu bezeichnen. Es war nicht schwer, ihn als Anführer der Gruppe zu identifizieren. Damien seufzte. Er kannte diesen Mistkerl schon viel zu lange, fand er.
"Du bist Boris Crimsson, nicht wahr?", sagte Damien.
Boris ging nicht darauf ein. "Haben wir dich also endlich gefunden, Untoter?", rief er. "Hast wohl geglaubt, du könntest dich ewig vor uns verstecken, wie? Um wie viele Hälse hast du deine Klauen geschlossen, während wir dich suchten, hm? Wie viele Jungfrauen hast du inzwischen auf dem Gewissen?"
"Ich..."
"Schweig, Kreatur der Hölle!" Er bemerkte Damiens Uniform. "Sie haben dich in die Wache aufgenommen?"
"Es gibt viele Vampire in der Wache, womit ich nicht sagen will, dass ich...", abermals wurde Damien überhört.
"Versuchst du nun, unter dem Deckmantel des Gesetzes, ahnungslose Bürger Ankh-Morporks anzufallen und zu deinesgleichen zu machen?", schrie Boris inzwischen mit rotem Kopf. Im Hintergrund war empörtes Murmeln und Grummeln seiner Begleiter zu hören. "Nein, das lassen wir nicht zu!" Boris trat einen Schritt vor und blickte dem jungen Rekruten direkt in das bleiche Gesicht. "Wir werden diesem Wahnsinn ein Ende setzen.", flüsterte der blonde Hüne.
Bevor Damien noch etwas erwidern konnte, löste sich ein Mann aus der Menge, der eine Axt schwang. Er schrie, sprang auf Damien zu und schlug nach ihm. Damien warf sich zur Seite, rollte sich ab und vernahm ein splitterndes Geräusch, als sich die Axt in eine Haustür bohrte. Blitzschnell sprang er wieder auf die Beine, wirbelte herum und rannte los. Er hörte noch, wie Boris "Lasst ihn nicht entkommen!!" brüllte, bevor sich auch die wütende Menge in Bewegung setzte.
Damien bewegte sich jetzt wieder so, wie noch kurz bevor die Meute ihn aufgespürt hatte. Er rannte so schnell er konnte, wich manchmal nach links oder rechts aus, wenn die Menge einmal aufzuholen drohte, hüpfte, schlug Haken. Es waren keine besonders eleganten Bewegungen, wie die eines Akrobaten oder Langstreckenläufers. Doch sie erwiesen sich als schneller und wirkungsvoller als bei jedem Profisportler. Die Verfolger blieben ihm zwar immer dicht den Fersen, doch sie schafften es nie, genau auf eine Höhe mit ihm zu gelangen.
Du Narr!, rief eine Stimme in Damiens Kopf.
Wer ist da?, fragte Damien verwirrt.
Kennst du mich nicht?, fragte die Stimme, Würde mich gar nicht wundern! Ich wohne in der hintersten Ecke deines Bewusstseins. Mein Name ist Stolz!
Was willst du?, zischte Damien.
Du solltest dich schämen, einfach so weg zu laufen! sagte Stolz. Du bist jetzt ein Wächter! Du hast ein Schwert und so!
Und?
Stell dich dem Gegner!, befahl Stolz.
ICH SOLL EINER WILDGEWORDENEN MEUTE MIT EINEM ROSTIGEN KURZSCHWERT GEGENÜBERTRETEN?!!, rief Damien entgeistert. HAST DU DIR DIE KERLE SCHON MAL ANGESEHEN?!! Er drehte den Kopf, damit Stolz die Verfolger sehen konnte.
LAUF SCHNELLER, DU TROTTEL!!!, schrie Stolz.

Humbert Taschenklau verließ verbittert und zornig das Gebäude der Diebesgilde. Das können sie nicht mit mir machen!, dachte er.
Man hatte ihn aus der Gilde verstoßen! Einfach hinausgeworfen! Er hatte sich nie etwas zu Schulden kommen lassen, hatte nie sein Monatsbudget überschritten, immer eine Quittung hinterlassen und bei einem Überfall niemals härter zugeschlagen als es nötig gewesen wäre... Und nun das!
"Schlechter Stil", hatten sie gesagt, es sei nicht sehr elegant, sich von hinten an seine "Kunden" heran zu schleichen, sie nieder zu knüppeln und ihnen dann das Geld aus der Tasche zu ziehen. Ha! Als ob es auf so etwas ankäme! Humbert konnte sich gar keine andere Vorgehensweise vorstellen. Immerhin, auf welche Weise sollte man sonst an den Klienten überhaupt herankommen? Na schön, vielleicht gab es tatsächlich noch andere Möglichkeiten. Aber sie kamen nicht für Humbert in Frage! Einmal hatte er versucht, sich auf den Dächern Ankh-Morporks fortzubewegen, was in einem recht peinlichen Desaster geendet hatte. Nein, der Hinterhalt, das war sein Spezialgebiet. Doch in der Gilde wurde dies nicht gern gesehen, weshalb man sich schließlich entschlossen hatte, Humbert vom Dienst zu suspendieren.
Armleuchter! Ein Haufen von Stümpern und Taschendieben, das waren sie! Sie konnten es nicht ertragen, dass Humbert geschickter, schneller und womöglich auch noch klüger war als sie, und um sich des lästigen Problems zu entledigen hatten sie ihm seinen Gildenausweis abgenommen! Ja, Humbert war fest davon überzeugt! Ha, er kannte ihre armseligen Methoden; Sie sprangen von Dächern auf ihre Opfer hinab oder sie kamen zu zehnt auf einen ahnungslosen Passanten zugestürmt um ihn dann fröhlich auszurauben. Diese Barbaren! In theoretischer Hinsicht mochte Lord Vetinaris Konzept des lizenzierten Diebstahls ja durchaus funktionieren doch es war alles so chaotisch! In der Diebesgilde legte man einfach keinen Wert auf... Professionalität. Oh, sie hielten sich an Vetinaris Gesetze, zeigten immer ihre Gildengenehmigung und so. Doch in Humbert keimte der Verdacht, dass der Sinn des gesamten Systems gehörig verfehlt wurde. Die jungen Diebe verhielten sich wie unmündige Tölpel und die Gildenoberhäupter füllten ihre Häuser mit Prunk und Protz, schwelgten in Dekadenz. Humbert schüttelte sich, als er an ihre fetten, schwammig gewordenen Leiber dachte...
NEIN!!! So konnte es nicht weiter gehen!
Zornig stapfte der (ehemalige) Dieb über die Messingbrücke, während er hasserfüllten Gedanken nachging.

Damien öffnete die Augen und erblickte den Vollmond. Inzwischen war es dunkel geworden. Sein Rücken schmerzte und das nicht ohne Grund: Er lag auf dem Boden, im Schatten einer finsteren Gasse.
Was war passiert? Damien versuchte sich zu erinnern. Die Menge hatte ihn quer durch die Stadt gehetzt und ihm war kaum Zeit geblieben, auf seine Umgebung zu achten. Er wusste nur, dass er sich jetzt im Herz der Schatten befand. Ja, jetzt erinnerte er sich: Nach einer ziemlich langen Flucht hatte er, mit seinen Verfolgern im Schlepptau, die Schatten erreicht. Dort hatte die Verfolgung durch dunkle Straßen und Gassen noch eine ganze Weile angedauert bevor Damien eine verlockende und sehr versteckt liegende Seitengasse erblickte. Daraufhin hatte er mit einem Hechtsprung nach rechts in die Gasse schlüpfen können, während die wutschnaubende Meute geradeaus weiterraste******. Hier war er noch einige Zeit weiter gerannt, um auch wirklich sicher zu gehen, dass ihn die wütende Menge nicht mehr aufspüren konnte. Doch nach der langen panischen Flucht und Rennerei hatte Damiens Gleichgewichtssinn ganz schön nachgelassen und so schaffte er es nur einige Straßen weit, bevor er das Gleichgewicht verlor, hart auf dem Boden aufschlug und ihm schwarz vor Augen wurde.
Nachdem er nun also aus seiner Ohnmacht erwacht war, war es finsterste Nacht. Damien versuchte gar nicht erst, aufzustehen. Das Brummen seines Schädels und die Schmerzen am ganzen Körper sprachen dagegen. Er blieb auf dem Rücken in der Dunkelheit liegen und drehte den Kopf leicht zur Seite. Sonst befand sich niemand hier. Doch nicht weit entfernt konnte er schon die typischen Geräusche der Schatten vernehmen: Die Schreie gequälter Seelen, dem Jenseits inzwischen näher als dem Diesseits, die Geräusche von scharfem Metall, das in nacktes, wehrloses Fleisch gestoßen wurde...
Damien fragte sich, wie lange seine Lebenserwartung in diesem Viertel wohl von Dauer sein würde, wenn er sich möglichst ruhig verhielte. Er rückte ein wenig weiter in den Schatten einer nahen Mauer.
Ein alter Bekannter regte sich in ihm: Die Depression. Was machte er sich eigentlich vor? Sein Leben war... wertlos! Er war ein Versager, ein Nichtsnutz, ein schlechter Witz des Schöpfers... Was hatte er schon zustande gebracht in seinem Leben? Er konnte sich und Frau Fellgrau nicht aus der Armut heraus retten, hatte bisher jeden Job wieder verloren... und seinen neuen Arbeitsplatz würde er mit Sicherheit auch verlieren. Er wusste nicht, wie spät es war, doch mit Sicherheit hätte er inzwischen längst wieder im Wachhaus sein sollen. Wenn er morgen früh angetrottet käme, wäre der Fähnrich bestimmt außer sich vor Wut und würde Damiens Dienstmarke verlangen. Ha, wie konnte er sich nur einbilden, dass er als Wächter mehr Erfolg haben würde? In der Wache gab es zahlreiche schillernde Persönlichkeiten und viele von ihnen bekleideten hohe Ränge in der Wache. Damien hatte sogar von einem Vampir gehört, der sich vegetarisch ernährte! Und der Kommandeur... er würde es niemals wagen, sich mit einem Mann von solcher Größe******* zu messen. Nein, von solchen Heldentaten war er weit entfernt! Er...
Damien unterbrach seine Gedankengänge, als er das Geräusch von Schritten vernahm. Eine Person näherte sich langsam. Damien war froh, dass man ihn im Schatten der Mauer nicht sehen konnte, seine schwarze Kleidung und fehlende Beleuchtung der Straße verstärkten dies. Aus den Augenwinkeln beobachtete er die Gestalt: Ein kleiner Mann, der ein Hemd mit kurzen Ärmeln und knielange Shorts trug (und das bei dieser Jahreszeit!), seinen Kopf zierte ein Strohhut. Bei dem würfelförmigen Objekt unter seinem Arm handelte es sich wahrscheinlich um einen Ikonographen. Kein Zweifel, ein Tourist. Damien hatte schon einige Touristen in Ankg-Morpork gesehen; Vor allem aus dem Achatenen Reich kamen sie, um sich die "Sehenswüldigkeiten diesel übelaus kultulellen Stadt" anzusehen. Er mochte sie, die meisten von ihnen waren ungewohnt freundlich zu ihm gewesen. Einmal hatte ein Ehepaar vom Gegengewicht-Kontinent ihm ein Goldstück gegeben, nur um ihn dafür mit ihrem kleinen Sohn photographieren zu dürfen. Ja, bei Touristen war Damien sehr beliebt! Umso mehr bedauerte er es, dass sich dieser in die Schatten verirrt hatte.
Der Tourist war inzwischen auf einer Höhe mit Damien. Er blieb stehen und lauschte interessiert den Geräuschen dieses interessanten Viertels der Stadt Ankh-Morpork. Armer Tölpel, dachte Damien verdrießlich, Er weiß nicht einmal, wo er hier hineingeraten ist...
Entsetzt bemerkte Damien, dass sich dem Ahnungslosen auch schon ein weiterer Schemen von hinten näherte. Darauf bedacht keine Geräusche zu verursachen schlich die Gestalt heran, während der Tourist einen kleinen Käfig mit einem Salamander hervorholte - Zweifellos um einige Blitzlicht-Aufnahmen dieses "rustikalen" Stadtviertels anzufertigen. Doch der arme Kerl kam nicht mehr dazu; Der nun hinter ihm stehende Schemen holte einen Knüppel hervor und...
Der Tourist sank ohnmächtig zu Boden. Damien zitterte. Er war viel zu sehr gelähmt vor Entsetzen gewesen, als dass er etwas hätte unternehmen können. Er sah, wie sich die Gestalt über das nun reglos am Boden liegende Bündel beugte...

Humbert Taschenklau lächelte. Das wäre ja noch schöner, wenn er sich von den Gildentölpeln das Stehlen verbieten ließe. Er streckte die, in schwarzen Handschuhen steckenden, Hände aus und durchsuchte den bewusstlosen Touristen. Bingo! Humbert fragte sich, wie die Achatener an so viel Gold kamen. Na, ihm sollte es recht sein, so lange das Geld am Ende in seinen Taschen landete... Er verstaute die drei kleinen Beutel mit Goldmünzen in seinem Mantel.

Damien sah, wie der Dieb wieder aufstand und sich zum Gehen umwandte. Plötzlich regte sich Damiens vertrocknetes Selbstbewusstsein: Nein, dachte er, Ich kann ihn nicht einfach so gehen lassen. Ob Versager oder nicht, noch bin ich Wächter! Er streckte den Arm aus...

Als Humbert gehen wollte, spürte er plötzlich, wie sich etwas um sein Fußgelenk schloss, fest wie ein Schraubstock. Der Dieb verlor das Gleichgewicht und fiel der Länge nach auf das Pflaster. Die Goldmünzen rollten in alle Richtungen davon. Fluchend raffte sich Taschenklau wieder auf und begann, die Münzen wieder einzusammeln. Dabei ertasteten seine Finger etwas, das er vorher noch nicht bemerkt hatte. Humbert griff in den Schatten und zog den bleichen reglosen Körper eines Mannes daraus hervor. Ganz offensichtlich war der Bursche tot. Die Farbe seiner Haut legte dies nahe. Der Junge schien nicht einen einzigen Tropfen Blut mehr im Leibe zu haben. Der Kerl trug schwarze Kleidung, aber Humbert bemerkte auch einen Helm und einen rostigen Brustharnisch.
"Sieh an, ein toter Wächter.", brummte der unlizensierte Dieb. Wenn dieses Würstchen hier jemals etwas besessen hatte, so hatte man es ihm inzwischen bestimmt wieder abgenommen. Humbert durchsuchte trotzdem vorsichtshalber die Taschen des Leichnams, doch er fand, wie erwartet, nur eine angelaufene Dienstmarke.
"Tja, hättest dich halt nicht in die Schatten wagen dürfen, Bürschchen.", knurrte Taschenklau mit einem grimmigen Lächeln auf den Lippen, "Jeder sollte wissen, wo sein Platz ist. Auch ihr Wächter."
Jetzt, dachte Damien, JETZT!
Humbert traute seinen Augen kaum. Er wollte sich gerade zum Gehen umwenden, da bewegte sich der zuvor völlig reglose Körper plötzlich. Die Leiche stand auf und trat einige Schritte auf ihn zu. Staub rieselte von der Kleidung des vermeintlichen Toten. Starr vor Entsetzen blickte Humbert in zwei durchdringend starrend schwarz umrandete Augen. Die schreckliche Gestalt streckte eine völlig weiße Hand aus.
"Deine... Lizenz ... bitte, Herr...", krächzte sie.
Humbert schrie. Er wirbelte herum, wollte wegrennen, rutschte jedoch auf einer der noch immer auf dem Boden liegenden Münzen aus und schlug erneut auf dem Boden auf. Liegend sah Humbert, wie das Wächter-Wesen sich ihm näherte. Humbert wollte aufstehen und flüchten, doch bevor er dazu kam hatte die Kreatur auch schon die kalte knochige Hand ausgestreckt und ihn auf die Beine gezerrt.
"Dürfte ich bitte Ihre Gildenlizenz sehen, mein Herr?", fragte Damien und versuchte dabei so freundlich wie möglich zu klingen. Es fiel ihm nicht leicht. Er hatte gute Lust dem Mistkerl einfach die Faust ins Gesicht zu rammen. Wie konnte man nur einen harmlosen Touristen nieder knüppeln...
Humbert blinzelte verwirrt. Das ergab doch keinen Sinn! Er hatte damit gerechnet, dass ihm das Wesen scharfe Reißzähne in den Hals schlagen würde oder ihn zumindest ein wenig anknabbern würde, um sich einen kleinen Imbiss zu erlauben. Stattdessen... Natürlich! Er hätte es eigentlich wissen müssen. Es war nur ein Trick gewesen! Der Junge war ein gewöhnlicher Wächter und hatte sich hier auf die Lauer gelegt! War sehr geduldig und auch mutig, das musste man ihm lassen. Wie er das mit der bleichen Haut hingekriegt hatte, wusste er nicht. Schminke vielleicht, vielleicht war der Bursche auch nur nicht oft genug in der Sonne gewesen********. Doch das alles kümmerte ihn jetzt nicht mehr, Humbert spürte wie Zorn in ihm empor brodelte. Seine Gildenlizenz... Humberts Faust schoss nach vorne und traf den jungen Wächter im Gesicht.
"Meine Gildenlizenz?!!", heulte er, "Hat die Gilde dich geschickt?!! Spionierst du mir etwa nach??!!!"
Damien taumelte nach hinten. Er zog sein Schwert, doch Humbert schlug ihm mit seinem Knüppel so fest auf die Hand, dass es ihm sofort wieder entglitt.
"Sie suchen nach mir, nicht wahr?!!", brüllte Humbert, während er erneut auf Damien einschlug. "Haben sich vermutlich schon gedacht, dass ich mich von ihnen nicht von der Arbeit abhalten lassen würde, wie?!?!!"
Damien krümmte sich unter den Schlägen und Tritten zusammen.
"Aber nein, Ich werde nicht aufhören!!!", schrie Humbert, "ICH WERDE WIDERSTAND LEISTEN!!!! ICH WERDE DER TYRANNEI DER GILDE EIN ENDE SETZEN!!!!!" Bei seinen letzten Worten zog Humbert ein Messer aus dem Gürtel. "Und kein Freak wie du wird mich daran hindern...", flüsterte er und holte aus, um auf Damien einzustechen. Da erregte eine Stimme seine Aufmerksamkeit:
"Bitte Lächeln, die Hellen!" Humbert drehte sich um. Hinter ihnen stand der Tourist, der sich offensichtlich wieder erholt hatte, mit gezücktem Ikonographen, in den er nun den kleinen Salamander gesetzt hatte. Er drückte den Auslöser und schrie: "BUUUH!!" Dann ging alles sehr schnell:
Der Salamander bekam einen Schreck und reagierte darauf mit einem hellen Blitz. Damien, der die Situation rechtzeitig erfasst hatte, schirmte sich mit beiden Händen die Augen ab. Humbert, der nicht schnell genug reagiert hatte, blickte direkt in das weiße, grelle Licht. Er zuckte schmerzerfüllt zusammen und ließ Knüppel und Messer fallen. "AAAAARRRRHH!!!! ICH KANN NICHTS MEHR SEHEN!!!", kreischte er. Damien sprang vor, schnappte sich den Knüppel und versetzte Humbert einen wuchtigen Schlag auf den Kopf. Die Gesichtszüge des Diebes nahmen einen überraschten Ausdruck an, bevor er friedlich dem Boden entgegen sank und ins Reich der Träume entschwebte.

Der Fähnrich blickte von Damiens Bericht auf. "Gut gemacht, Rekrut.", sagte er. "Ich gebe zu, ich war anfangs sehr verärgert als du fast zehn Stunden lang nicht mehr aufgetaucht bist, dachte du hättest dich aus dem Staub gemacht, um in aller Ruhe einen zu heben. Wärst nicht der erste Rekrut, der sich so was geleistet hätte, das kannst du mir glauben!"
Damien schluckte. "Sör.", sagte er steif.
"Aber du hast ja bewiesen, dass ein wahrer Wächter in dir steckt", fuhr Schmiede munter fort. "Aber du hättest vorsichtiger sein müssen. Mit unlizenziertem Diebstahl ist nicht zu spaßen."
"Sör?"
"Aber es ist ja alles noch mal gut gegangen.", sagte Schmiede fröhlich.
"Sör."
"Gut. Du kannst jetzt gehen."
Als Damien gerade die Tür hinter sich geschlossen hatte wurde er noch einmal vom Fähnrich hereingerufen, "Ach, Damien?"
Damien trat erneut ein. "Ja, Sör?"
"Gestatte mir eine Frage..."
"Sör?"
"Warum warst du eigentlich so lange weg?", Schmiede lächelte, "Nur so als Frage."
"Nun, Herr..."
"Ja?"
"Da sind... Leute."
Schmiede stutzte verdutzt. "Leute?"
Damien erzählte ihm von Boris und seinen Kumpanen.
Der Fähnrich schlug sich lachend auf die Schenkel. "Ist ja' n Ding! Und sie denken du... ??"
"Ja."
Dem Fähnrich tränten die Augen vor Lachen. "Tut mir leid!", prustete er, "Ich weine aus purer Anteilnahme, glaub mir!"
Dann sprang der Zwerg plötzlich von seinem Stuhl, sein Gesicht war jetzt wieder ernst. "Komm mit!", brummte er und zog Damien aus dem Raum.
"Was hast du vor, Herr?", fragte Damien verwirrt.
"Wart' s ab. Wo finden wir deine... ,Freunde'?"
"Oh, sie dürften nicht weit sein...", stotterte Damien.
"Dann los!", knurrte Schmiede und verließ mit dem Rekruten das Wachhaus.

Boris stand mit ungefähr zwanzig Kumpanen vor dem Wachhaus.
"Ah, da bist du ja!", rief er Damien entgegen, "Wir haben schon auf dich gewartet! Was willst du mit dem Knirps dort?!" Die Männer brachen in schallendes Gelächter aus.
"Warte hier", brummte Schmiede.
"Herr, du...", stotterte Damien.
"Sei unbesorgt", der Fähnrich zwinkerte, "Lass mich nur machen." Dann wandte er sich Boris zu: "N' Abend die Herren!", rief er, "Was können wir für euch tun?"
"Du?", höhnte Boris, "Du kannst gar nichts tun! Außer uns Platz machen, damit wir diesen Knilch da bearbeiten können!" Abermals brachen die Boris und sein Spießgesellen in Gelächter aus.
"So..." murmelte Schmiede nachdenklich, "wenn das so ist..." Er wandte sich noch einmal Damien zu "Bin gleich wieder da."
Dann zog der Zwerg eine große Streitaxt und rannte auf die Männer zu.
Damien wandte den Blick ab. Er konnte einfach nicht hinsehen!
Damien bekam einige ziemlich grässlich klingende Geräusche mit, sowie gebrüllte Wortfetzen:
"AAARGH!"
"IHR MISTKERLE, ICH WERDE..."
"UURRRGH!!"
"ICH SCHNEID DIR DEN SCHW..."
Nach einigen sehr aufschlussreichen Minuten war alles vorbei. Damien öffnete die Augen.
Boris und seine Mannen lagen stöhnend auf einem Haufen, oben drauf thronte der grinsende Zwerg.
"Ich hoffe, das war dir ein Beispiel!", rief er Damien zu. "Und bitte, geh nie wieder allein auf Streife, ohne dir vorher eine Axt von mir ausgeliehen zu haben, klar?"



*Regie: Timm Börten, Musik von Danny Zwölfmann, etc...
**Niemand weiß, warum alte Frauen so etwas machen; Es scheint einfach eine Art Tradition zu sein, dass betagte Mütterchen am Fenster stehen und üble Scherze mit ahnungslosen Tieren treiben.
***Obwohl... eigentlich waren sie doch Metaphern: Es gab kaum Kreide, die so weiß war wie Damiens Haut und viele Leichen schafften es, gesünder auszusehen als Damien.
****Hierbei handelt es sich um einen weit verbreiteten Irrglauben, was Untote betrifft: Die Hautfarbe von Zombies wandelt sich bald von weiß zu einem grünlich- braunen Farbton - manche von ihnen sind auch grau - wie dem auch sei, sie beschränkt sich nie auf Blässe;
Was Vampire betrifft: Viele von ihnen sind tatsächlich recht blass, doch erstens könnte sich nicht einmal der kränklichste Vampir mit Damiens Bleiche messen und zweitens gibt es auch sehr viele Vampire denen man ihre "Veranlagung" nur anhand ihrer Eckzähne ansieht, nicht aber an der Farbe ihrer Haut oder ihrer Kleidung.
*****Wie alle Götter verfügt auch Schicksal über eine ganz besondere Art von Humor, welche bei weitem nicht für alle Beteiligten lustig ist.
******Große Menschenmassen können durchaus beachtliche Geschwindigkeiten erreichen; Das eigentliche Problem ist es, wieder anzuhalten, da es einige Zeit dauert, bis die Leute in den hinteren Reihen gemerkt haben, dass sie Personen an der Front nicht mehr weiter laufen wollen, wodurch sie ihre Begleiter erst eine ganze Weile vor sich her schieben bevor es schließlich zum Stillstand der Menge (und einigen Knochenbrüchen) kommt. Selbst wenn Damiens Verfolger also sein Entkommen in den Seitenweg schnell genug bemerkt hätten, wäre es ihnen nicht möglich gewesen noch rechtzeitig zu reagieren.
*******Im wahrsten Sinne des Wortes!
********Wie naiv manche Leute doch sind! Damien kam sehr oft in die Sonne, mochte sie sogar fast so sehr wie die Dunkelheit! Doch selbst zwei Wochen in der heißesten Sonne hätten Damien nicht einmal einen leichten Sonnenbrand beschert



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