Schmiede -vermutlich vermißt

Bisher hat keiner bewertet.

von Korporal Tricia McMillan (RUM)
Online seit 20. 10. 2001
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Schmiedehammer ist gestern noch zu einem Tatort gerufen worden.

Dafür vergebene Note: 11

"Was ist denn jetzt schon wieder los?" ärgerlich öffnete Lewton das Fenster in seinem Büro, nachdem eine Taube mit voller Wucht dagegen geprallt war und jetzt benommen auf der äußeren Fensterbank saß.
"Gurr?" verwirrt schüttelte die Taube den Kopf und versuchte die kleinen, um ihren Kopf schwirrenden Täubchen loszuwerden. Dann gurrte sie nochmal erschreckt auf, als Lewton sie wenig zart packte und nachdrücklich auf seinem Schreibtisch absetzte. Vom plötzlichen Ortswechsel überrascht erleichterte sie erstmal ihren Darm auf den herumliegenden Papieren (sehr zur Freude des R.U.M.-Abteilungsleiters) und ließ sich dann mehr oder weniger bereitwillig die kleine Schriftrolle am Bein abnehmen.
"Das ist ja seltsam?", verwirrt drehte Lewton das Stückchen Papier hin und her. "Wieso ist denn da keine Nachricht drauf?" Wenig sanft rief er Tricia und Granit zu sich.
Murrend versammelten sich die Wächter in seinem Büro.
"Was ist denn jetzt am Freitagnachmittag noch so dringend?", maulte Tricia vorlaut.
"Jetzt hört mir mal alle gut zu", polterte Lewton ungehalten los. Allmählich gingen ihm seine faulen Untergebenen richtig auf die Nerven. "Wer hat Schmiede das letzte Mal gesehen und wo war er da?"
"Puh" ... "äh" .... "schon länger her" ... "mal beim Mittagessen?", verzweifelt kramten die Wächter in ihrer Erinnerung.
"Soll das heißen, dass keiner weiß, wo unser stellvertretender Abteilungsleiter gerade ist? Was ist das denn für ein Saustall? Was sollen die anderen Abteilungen von uns denken?", donnerte Lewton. "Gerade ist seine Taube mit einem Zettel ohne Nachricht gekommen, ihr werdet euch sofort auf den Weg machen und rausfinden was da passiert ist. Ihr seid bis auf weiteres von allen anderen Fällen freigestellt, das hat absolute Priorität!", mit einem unwilligen Handschütteln machte er den Wächtern klar, dass sie s
ein Büro nun verlassen konnten.
"Was sein ein Pieh ... ein Brieho ... ein Prihoriteet?", nachdenklich kratzte sich Granit am Kopf.
"Das heißt, dass das jetzt das allerwichtigste ist", Tricia schob ihren Kollegen so schnell wie möglich aus der Tür.

"Also, wo wir sollen anfangen?", Granit war ganz Feuer und Flamme für die neue Aufgabe.
"Gehen wir doch erstmal in sein Büro und sehen nach, ob wir da eine Spur finden können", schlug Tricia vor.
Vor Schmiedes Tür standen sie schon vor dem ersten Problem.
"Abgeschlossen", genervt schaute Tricia den Türknauf an, der sich keinen Millimeter bewegte. "Wieso mußte er es denn ausgerechnet jetzt mal so ernst mit den Vorschriften nehmen".
"Ich sollen aufmachen Tür?", fragte Granit nach. Vorsichtig drückte er probehalber gegen die Bürotür. Noch bevor Tricia etwas erwidern konnte, hing die Tür nur noch in ihren Angeln.
"Ähm ... naja, was soll's Hauptsache wir finden was", resigniert zuckte Tricia mit den Schultern.
Drinnen untersuchten sie Schreibtisch und Wand. Plötzlich fand Tricia eine alte, verknitterte Meldung.
"Anzeige: Diebstahl etc. in Rue de les Morts 34, Bearbeitung läuft"
"Na, ob das uns nicht weiterhelfen könnte?", überlegte Tricia. "Wir sollten mal da nachgucken", beschloß sie.

***Vor der Rue de les Morts 34***
Das Gebäude lag in einem gespentischen Halbdunkel. Ein riesiges Haus, schon fast ein Schloß mit einem großen Garten türmte sich vor Tricia und Granit auf. Energisch schritten die beiden durch ein geschmiedetes Eisentor, das beim Öffnen schrecklich quietschte. Über einen Weg, der mit alten Steinen gepflastert war, kamen die beiden an die Eingangstür. Die Klingel bestand aus einem metallenen Klopfer in Form eines Löwenkopfes. Tricia hob gerade die Hand, um zu klingeln, da wurde die Tür von innen aufgerissen
und zwei bleiche Gestalten schossen an ihr vorbei. Tricia konnte gerade noch zur Seite gehen, doch Granit reagierte zu spät. Mit einem erschrockenen Aufstöhnen rammten die beiden Gestalten den massiven Felsblock und gingen zu Boden.
"Hallo? Können sie mich hören?", Tricia versuchte die Aufmerksamkeit des Mannes zu gewinnen, der vor ihr lag.
"Wo ... was ... ach du meine Güte", benommen griff der Mann sich an den Kopf und sah sich um. "Wir sind ja immer noch hier, ich muß hier weg", er versuchte aufzustehen und fiel aber zurück.
"Hey, mal langsam, wer sind sie und wo wollen sie so schnell hin", Tricia spielte die gesamte Wächterautorität aus.
"Wir sind die Besitzer, Mr. und Mrs. Otis.", stockend berichtete der Mann. "Hier passieren seltsame Dinge, wir werden nicht mehr länger bleiben", er versuchte wieder aufzustehen und seine Frau mit sich zu ziehen.
Nach einiger Zeit hatte Tricia wenigstens so viel erfahren, dass wohl in dem Haus irgendwas nicht mit rechten Dingen zuging. Dinge verschwanden, tauchten an anderen Orten wieder auf, Nachts hörte man schreckliche Geräusche.
"War denn schon ein anderer Wächter hier?", versuchte Tricia dem Verschwinden des Kollegen auf die Spur zu kommen.
"Ja, der ist vorgestern hier angekommen. Aber seit gestern abend haben wir ihn nicht mehr gesehen.", erklärte die Frau zögernd.
Nach einigem Hin und Her einigten sie sich darauf, dass das Ehepaar in ein Gasthaus in der Nähe ziehen sollten, damit sie für weiter Fragen verfügbar wären.

***Im Haus***
"So, dann wollen wir uns doch mal auf die Suche nach unserem lieben Vorgesetzten machen. So groß kann ja dieses Haus nicht sein", Tricia machte sich auf den Weg ins Obergeschoß, während Granit sich im Erdgeschoß umsah. Nach einiger Zeit trafen sich die beiden wieder.
"Ich haben gefunden überhaupt nichts", bedauerte Granit.
"Mist, ich hab auch nichts entdeckt", ärgerlich sah sich Tricia in der Eingangshalle um. "Waren wir hier denn schon überall? Laß uns doch mal in die Bibliothel gehen und überlegen, wie wir weiter vorgehen"
In der Bibliothek wärmten sie sich erstmal am Kamin auf*.
"Guck mal hier. Da ist ja ein Fleck", neugierig deutete Tricia auf einen roten Fleck direkt vor dem Kamin. Sie bückte sich und rieb daran. "Der ist ja noch feucht?", vorsichtig roch sie an ihrem Finger. "Aber, das ist ja Farbe?", überrascht sah sie Granit an. "Was soll das denn?"
"Jemand gekleckert hat beim Wandstreichen", versuchte der die Entdeckung auf seine Art zu interpretieren.
"Naja, theoretisch könnte das schon sein, aber ich weiß nicht so recht?", Tricia war von der Erklärung nicht ganz überzeugt. Nach einigem Reiben an der Stelle war der Fleck ganz verschwunden und die beiden Wächter beschlossen, erstmal ins Bett zhu gehen. Granit wollte in der Eingangshalle schlafen, weil es da am kältesten war, während Tricia im ersten Stock ein Zimmer bezogen hatte.
Mitten in der Nacht, war ihr plötzlich, als ob sie ein Geräusch gehört hätte. Vorsichtig ging sie hinaus auf den Gang mit einem Kerzenständer in der Hand. Plötzlich kam ein Windhauch und die Kerze ging aus. Dann hörte sie einen Laut, der sich wie ein langgezogenes Jaulen oder Heulen anhörte, dann strich ihr etwas kaltes um den Nacken. Erschrocken rannte sie zurück in ihr Zimmer und warf die Tür hinter sich ins Schloß. Zitternd saß sie im Bett.

"Und du hast überhaupt nichts gehört?", Tricia konnte gar nicht glauben, dass ihr Kollege von der nächlichen Aktivität nicht das geringste mitbekommen hatte.
"Nix gehört haben", schüttelte Granit den Kopf.
"Ich bin mir sicher, da war jemand in dem Gang, ich hab ihn zwar nicht gesehen, aber ich hab ganz deultich was gespürt.", versuchte sie zu erklären.
"Vielleicht es gewesen eine Katze?", vermutete Granit.
"Nein, das war was anderes. Es war echt ziemlich unheimlich", Tricia schauderte kurz. "Und von Schmiede gibts immer noch keine Nachricht?"
"Nein", kurz und schmerzlos antwortete Granit.
Den Tag verbrachten die beiden damit, den ausgedehnten Garten abzusuchen.

Tricia ging gerade durch einen wunderschön angelegten Irrgarten, als sie wieder dieses komische Gefühl beschlich. Es wurde plötzlich eiskalt und ein leichter Wind begann zu wehen. Sie stand in einem kleinen freien Platz, in dessen Mitte eine Steinfigur stand. Neugierig ging sie darauf zu. Die Steinfigur stellte einen Engel dar. Mit gefalteten Händen wachte er über ein Buch, auf dem in der rechten Seite eine Inschrift stand. "Leonore de Ankh-Morpork, 1578"
"Sieht nach einer Grabinschrift aus?", vermutete Tricia halblaut. Nachdenlich schaute sie den Engel an, irgendwie kam er ihr bekannt vor.

Atemlos rannte sie in die Bibliothek.
"Natürlich, dass mir das nicht eher aufgefallen ist!", keuchend stand sie vor dem Kamin. Darüber war ein reichverziertes Steinbild, das unter anderem auch einen Engel zeigte. In der Hand hielt er, wie der Engel auf dem Grab ein Herz. Doch im Gegensatz zu dem am Grab, wo das Herz aus Stein in den Händen war, war hier eine Lücke. Suchend sah sich Tricia um.
"Es muß doch hier irgendwo was darüber geben, was es hier mit diesen Engeln auf sich hat"
Plötzlich fiel ihr Blick auf ein großes Buch, das direkt neben dem Kamin in einem Regal stand. Vorsichtig zog sie es heraus und schlug es auf. Es war eine Familiengeschichte der de Ankh-Morporks. Nachdenklich las sie in dem Buch und spielte gedankenverloren an dem Einband herum. Plötzlich löste sich vorne vom Umschlag etwas. Erschrocken schlug sie das Buch zu. Sie hatte ein kleines rotes Steinherz in der Hand. Überrascht sah sie es an. Plötzlich hatte sie eine Idee. Vorsichtig kletterte sie am Kamin hoch
und drückte das Herz in die Vertiefung über den Händen des Engels. Mit einem lauten Knarren öffnete sich eine Geheimtür in einer Bücherwand.

Mit nur einer Kerze in der Hand folgte Tricia nervös dem Geheimgang. Sie hatte zwar kurz nach Granit gerufen, doch als dieser nicht reagiert hatte, hatte sie beschlossen, der Sache selbst auf den Grund zu gehen. Angewidert schob sie mit der freien Hand die Unmengen von Spinnweben aus dem Weg, die quer über den Gang hingen. Nach einigen Minuten stand sie vor einer Tür. Vorsichtig hörte sie, ob irgendwelche Geräusche durch die Tür drangen. Sie konnte nichts hören. Zaghaft klopfte sie. Natürlich kam keine An
twort. Energisch trat sie mit dem Fuß gegen die Tür.

"Wer wagt es, hier meine Ruhe zu stören?" eine tiefe Stimme polterte los. Kaum hatte Tricia den Raum betreten, fühlte sie sich wie von einer zähen Mauer aufgehalten und nachdem die Stimme geendet hatte, fühlte sie sich plötzlich ziemlich schwach und einige Sekunden später fand sie sich in der Bibliothek wieder. Benommen rappelte sich auf und sah sich entsetzt um.
"Wie komme ich denn hierher?", fragte sie sich verwundert. "Was war das denn für ein Kerl?", nachdenklich versuchte sie sich an die Situation zu erinnern. Irgendwie war ihr der Mann bekannt vorgekommen. Sie wußte nur nicht mehr woher. Ärgerlich blätterte sie wieder in dem Buch weiter.

In der nächsten Nacht polterte es wieder vor Tricias Zimmer los. Diesmal war sie vorsichtiger und öffnete die Tür nur einen Spaltbreit. Was sie sah, ließ ihr den Mund offenstehen. Direkt vor ihr stand eine halbdurchsichtige Gestalt mit Ketten in der Hand. Die Gestalt jammerte und jaulte aufs Schrecklichste. Leise zog sie die Tür wieder zu. Das war eindeutig die Gestalt gewesen, die sie in dem Gang gesehen hatte. "Also ein Gespenst", überrascht saß Tricia auf ihrem Bett. Sie hatte immer angenommen, dass di
ese Form von Untoten in Ankh-Morpork völlig ausgestorben war. Aber anscheinend gab es zumindest noch dieses eine. "Dann muß Schmiede das auch gesehen haben", überlegte sie. Da sie ohnehin nicht mehr einschlafen konnte, beschloß sie, in der Familienchronik weiterzulesen, die sie vorsichtshalber schon aus der Bibliothek mit in ihr Zimmer genommen hatte.
"Und es geschah, dass der Lord Simon de Ankh-Morpork das Vertrauen in seine angetraute Eleonor verlor. Er beschuldigte sie der Untreue, die ihm ein angeblicher Freund eingestreut hatte. Er sperrte die Ärmste im Hause ein und erlaubte ihr keinen Kontakt mit anderen mehr. Alle Beteuerungen der treuen Eleonor konnte ihn nciht von dem Unglauben abbringen, in dem sein angeblicher Freund ihn bestärkte. Nach einigen Jahren wurde Eleonor wahnsinnig und nahm sich das Leben. Davon zeugt noch heute der Blutfleck vor
dem Kamin in der Bibliothek. Verflucht ist Lord Simon seit diesem Tag, an dem er sich auch selbst das Leben nahm" , damit endete der Eintrag über Simon und Eleonor de Ankh-Morpork.
"Na toll, also ein Gespenst, das nach Erlösung sucht", seufzend überlegte Tricia, was sie machen sollte.

Am nächsten Morgen machte sie sich wieder auf den Weg in die Bibliothek und drückte mit Granit im Rücken wieder den Knopf zur Geheimtür. Gemeinsam gingen sie den Gang entlang bis zur Tür.
"Aufmachen, hier ist die Stadtwache von Ankh-Morpork." Tricia wartete eine Sekunde, dann gab sie Granit das Zeichen die Tür einzutreten.
In einer großen Staubwolke platzten sie in den kleinen Raum. Das erste, was Tricia sah, war ein etwa Schmiedegroßes Päckchen, das gut verschnürt in einer Ecke lag und ab und zu unwillig grunzte. Schnell machte sie sich daran, seine Fesseln zu lösen. Nach einiger Zeit des Zeterns, hatte er ihnen erklärt, wie er in die mißliche Lage gekommen war**. Dann machten sich die Wächter auf die Suche nach dem Gespenst. Sie fanden Lord Simon schließlich am Grab von Lady Eleonor, wo er seufzend stand und auf das Grab
blickte.
"So, hier stecken sie also", Schmiede war auf seinen Entführer nicht gut zu sprechen.
"Jetzt lass ihn doch mal", versuchte Tricia zu vermitteln.
Das Gespenst sah die drei traurig an. Dann begann es mit hohler Stimme seine Leidensgeschichte zu erzählen.
"Seit mehreren Jahrhunderten muß ich hier ohne Ruhe wandeln. Ich bin müde, trage die Last von vielen Jahren. Was gäbe ich dafür schlafen zu können, neben meiner geliebten Eleonor", in diesem Ton ging es noch einige Zeit weiter. Tricia und Schmiede, die die Geschichte schon kannten, langweilten sich eher, aber Granit machte einen äußerst gerührten Eindruck. Plötzlich schluchzte er laut auf und einige kleine Steintränchen rollten sein gefurchtes Gesicht hinunter. Im gleichen Augenblick, in dem er zu weinen
begann, wurde des Geist immer durchsichtiger, bis er schließlich fast ganz verschwunden war.
"Was ... Es ist vollbracht ... Nie hätte ich gedacht, dass sich die Prophezeiung je erfüllen könnte ... Einen Stein zum Weinen bringen ... Endlich kann ich bei Eleonor ruhen", die Stimme wurde immer leiser und verstummte schließlich ganz.
Überrascht starrten sich die Wächter an.
"Das war jetzt aber eine rasche Auflösung", maulte Schmiede, der noch auf etwas Action gehofft hätte.
"Ach, sei doch froh, er ist glücklich, das Haus vom Gespenst befreit, dich haben wir auch gefunden, was will man eigentlich mehr?", Tricia war eigentlich ganz zufrieden mit dem Gang der Ereignisse.
Nur Granit war nach wie vor sehr ergriffen und kleine Kieseltränen rollten ihm die Wangen hinunter.
"Na, da bin ich ja gespannt, wie wir hier einen ordenltichn Bericht schreiben wollen", seufzend machten sich die drei auf den Weg ins Wachhaus.


* Granit natürlich in einem sicheren Abstand, um seine Denkfähigkeit nicht mehr als nötig zu behindern.
** Er hatte das Gespenst in gewohnt liebenswerter Art und Weise dazu gedrängt, das Spuken aufzugeben, bis es diesem zu bunt wurde und es Schmiede kurzerhand als Geisel nahm.



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