The First Encounter

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von Korporal Tricia McMillan (RUM)
Online seit 04. 10. 2001
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Eine seltsam zugerichtete Leiche wird gefunden. Natürlich ist mal wieder keine Quittung der Assassinen dabei. Handelt es sich um einen Ritualmord, dem noch mehr folgen werden oder war das eine einmalige Angelegenheit?

Dafür vergebene Note: 12

Sie saßen sich stumm gegenüber. Das Schweigen war so greifbar, man hätte es mit einem Messer schneiden können. Beide waren hochkonzentriert. Keiner konnte den Blick abwenden. Wer genauer hingesehen hätte, hätte vielleicht winzige Blitze aus purer Energie hin- und herzucken sehen. Für den oberflächlichen Betrachter sah es aber aus, als ob zwei Statuen sich gegenüber saßen. Keiner der beiden zuckte auch nur mit der Wimper, als plötzlich eine Fliege durchs Blickfeld schoß. Plötzlich schien s
ich etwas zu verändern. Man sah immer noch keine Bewegung, aber die Situation wurde noch angespannter. Plötzlich zuckte einer der beiden mit seiner, nun ja, wir müssen es wohl Vorderpfote nennen. Dann schüttelte er abrupt den Kopf und rannte weg.

Erschöpft ließ sich Tricia in ihren Stuhl zurücksinken. Wieder hatte es nicht geklappt. Sie war doch so nah dran gewesen. Sie hatte die Stelle sehen können, die sie hätte berühren müssen, um ihr Bewußtsein in dem der Maus zu verankern. Doch dann, der günstige Zeitpunkt war verstrichen und danach hatte sie die Kontrolle nicht mehr aufrechterhalten können. Die Maus, die noch eben vor ihr gesessen hatte, war in einem der zahlreichen Löcher in der Wand des Wachhauses verschwunden. Seufzend rollte Tricia zum h
undertsten Mal den Brief au, den ihr die Hexe Wetterwachs geschickt hatte. Sie solle ihre Fähigkeiten des Borgens trainieren, schrieb sie. "Das ist einfacher gesagt als getan", ärgerte sich Tricia. Bei ihrem ersten Ausflug in einen anderen Körper hatte sie schließlich hilfreiche Unterstützung gehabt*. Aber die Hexe war anscheinend überzeugt davon, dass sie ein Talent dafür hatte. Achselzuckend legte sie den Brief wieder beiseite. Mehr als jeden Tag einen Versuch zu starten konnte sie auch nicht tun. Sie h
atte schließlich noch anderes zu tun. Gerade als sie diesen Gedanken fertiggedacht hatte, rumpelte es schon hinter ihr in der Wand. Eine Nachricht plumpste ihr beinahe in den Schoß und sie las sie mit geringer Begeisterung. Seit einiger Zeit hatte Lewton das Rohrpostsystem neu entdeckt und beschlossen, die Dämonen dort drin nachdrüclich bei der Arbeit zu halten. "Wofür bezahlen wir die denn sonst", pflegte er zu betonen. Seitdem gab es kaum noch persönliche Ansprachen in seinem Büro, sondern die Wächter,
die selbst einen Raum hatten, durften sich über viele kleine Zettel ihres Vorgesetzten freuen. Mißmutig starrte sie auf die Nachricht herab.
"Mord in Juniwörsl -stop- übel zugerichtete Leiche ist noch am Ort -stop- sofortiger Abmarsch empfohlen -stop- gez. Lewton"
"Wer hat denn schon mal von Juniwörsl gehört?" ärgerlich kramte Tricia eine Landkarte hervor und machte sich auf die Suche nach dem Ort. "Ah, da schau an", nach einigem Herumirren mit dem Finger über der Scheibenwelt hatte sie das kleine Dorf endlich finden können. "Bei Holy Wood, wenn das mal nicht nach Ärger riecht", langsam faltete sie die Karte wieder zusammen und machte sich auf den Weg in ihre Wohnung.

"So, da vorne ist doch dieser komische Berg, dann müßte das doch eigentlich gleich hinter der nächsten Quelle rechts der Weg sein", verwirrt saß Tricia auf dem gemieteten Pferd und sah auf die Karte. "Hab ich mich hier irgendwo verritten? Kann doch gar nicht sein?", ärgerlich suchte sie den Horizont ab. Seit fast vier Stunden war sie nun schon unterwegs, dabei hatte es doch so nah ausgesehen. Leise verfluchte sie die Kartenmacher und ihre Ungenauigkeit. Energisch zog sie am Zügel und setzte ihr Pferd wied
er in Bewegung. Sie ürde jetzt einfach so weiterreiten, wie sie sich das dachte, gepfiffen auf die blöde Karte.
Nochmal zwei Stunden später kam sie endlich an ein Ortsschild. "Juniwörsl grüßt seine Besucher", stand in großen Lettern darauf, eingerahmt von gemalten Enzian und Edelweiß. "Na also, geht doch", zufrieden wischte sich Tricia Schweiß und staub von der Stirn und trabte langsam ins Innere des Dorfes. Die Ortschaft schien nur aus ein paar wenigen Häusern zu bestehen, die alle entlang der Hauptstraße aufgebaut waren. Kleine Häuschen mit Holzbalkonen und niedrigen Dächern. Davor Stangen, um die Pferde anzubind
en udn die staubige Hauptstraße. "Die reinste Idylle", dachte Tricia grimmig. "Und trotzdem hat hier jemand mächtig Dreck am Stecken". Zuerst machte sie sich auf zum Büro des örtlichen Wächters.

"Hey, ich suche jemand, der hier was zu sagen hat. Sind sie der örtliche Gesetzeshüter?", vorsichtig schubste sie eine Mann an, der auf einer Veranda auf einem Schaukelstuhl saß. Den Hut tief ins Gesicht gezogen, die Stiefel auf der Brüstung saß er in dem Stuhl und rauchte eine stinkende Zigarette. Von Zeit zu Zeit spuckte er quer über die Straße.
"Hey, Schätzchen. Immer langsam. Ich bin Sheriff Jones. Was gibt es denn so Dringendes? Fremd hier, oder?", fügte er hinzu und musterte sie von oben bis unten.
Tricia kam sich langsam etwa veralbert vor. Die anderen Frauen, die sie bisher gesehen hatte trugen alle lange Kleider mit tiefen Dekolletes und bauschigen Röcken. Sie war hier in ihrer Wächteruniform so auffällig wie ein Tofuwürstchen in Schnappers Bauchladen.
"Ich bin Korporal der Stadt-Wache in Ankh-Morpork. Hier ist ein Mord geschehen, der noch in unsere Zuständigkeit fällt. Und ich hätte jetzt gerne die Leiche gesehen, SCHÄTZCHEN", wütend schnaubte sie den Mann an.
"Hey, hey, wer wird denn gleich in die Luft gehen", mit einem unverschämten Lachen sah Jones Tricia an. "Geh mal schön wieder heim und sag in der großen bösen Stadt, dass wir hier mit unseren Angelegenheiten prima selber zurechtkommen."
"Wollen sie mich verarschen?", in Tricia brodelte es gefährlich.
"Komm, Mädchen, geh du mal lieber heim zu deinem Mann, der wartet sicher schon aufs Mittagessen", abschätzig zog er sich den Hut wieder ins Gesicht und ignorierte sie.
Tricia war sprachlos. Was sich dieser Kerl erlaubte. Ein Hinterwaldsheriff redete so nicht mit ihr. Sie packte ihn am Hemdkragen und zog ihn zu sich hoch. Dann brachte sie ihr Gesicht ganz nah vor seins und hielt ihm ihr Schwert direkt an die Kehle. "So, mein Lieber, jetzt hörst du mir mal zu. Glaubst du ich komm den ganzen Weg hierher, damit ich mich von dir Landei blöd anmachen lassen? Du zeigst mir jetzt die Leiche oder du brauchst keine Nase mehr zum Atmen, weil du einen Öffnung dafür DIREKT IN DEINEM
HALS HAST."

"Na also, geht doch", bedankte sich Tricia mit einem hintergründigen Lächeln als der Sheriff ihr die Tür zu einem alten Lagerhaus aufhielt. "Ich mach das hier allein, vielen Dank", mit einem Wink machte sie ihm klar, dass er sie nun allein lassen könnte. Im Halbdunkel des Schuppens konnte sie in der Mitte einen alten Tisch ausmachen, auf dem die Leiche unter einem Tuch lag. Sie atmete nochmal tief ein und zog dann das Tuch weg. Die Leiche war tatsächlich nicht besonders schön anzuschauen. Mitten am Bauch
war eine dicke Naht, die nicht sonderlich professionell aussah. Jemand hatte sie schon aufgeschnitten und man konnte gut erkennen, dass da, wo eigentlich Darm und Magen sein sollte, ein Haufen Steine lag. Gut, dass sie von dem Bericht schon darauf vorbereitet gewesen war, denn der Anblick war nicht dazu geeignet ihre Stimmung zu heben. Vorsichtig untersuchte sie die Leiche weiter. Bis auf eine auffällige Behaarung an den Fingern und Ohren fiel ihr nichts weiter auf. Langsam deckte sie die Leiche wieder zu
und kehrte ins Büro des Sheriffs zurück.

"Wer war denn der Mann?", fragte Tricia den Sheriff.
"Hm, der war noch nicht lange hier, der lebte im Saloon von Grandma Sally. War da als Barmann angestellt", seitdem Tricia ihm Gewalt angedroht hatte, war der Sheriff zahm wie ein Lamm und äußerst auskunftsfreudig. "Sein Name war Sam Stone, aber alle nannten ihn nur Serious Sam, weil er immer so wenig geredet hat.", erzählte er weiter. "Seit seinem Tod sucht Grandma Sally jetzt schon nach einem neuen Barkeeper, aber hier kommen nicht viele Fremde vorbei, also ist es schwer jemand zu finden."
Die Worte hallten noch in Tricias Gehirn nach, als sie schon auf dem Weg zum örtlichen Schneider war. Als sie sein Haus verließ, hätten sie ihre Kollegen von der Wache kaum wieder erkannt. Ihre Haare waren sogfältig in Locken gelegt und hochgesteckt. Sie trug ein burgunderrotes Kleid mit Unmengen schwarzer Spitze und dem obligatorischen tiefen Dekolteh. In der Hand hielt sie ihre Tasche in der sie ihre Uniform und das Schwer verstaut hatte. Beschwingten Schrittes hielt sie auf Grandma Sally´s Saloon zu.

"Ich habe gehört hier ist eine Stelle freigeworden?", Tricia mußte schreien, um den Lärm der Prügelei zu übertönen.
"So, wer sagt das?", Grandma Sally schaute sie mißtrauisch an.
"Oh, man erfährt so einiges, wenn man viel rumkommt", Tricia versuchte sich aus der Affäre zu ziehen.
"Naja, was solls", seufzte Sally. "Kannst du Whisky von Bier unterscheiden?"
"Klar", schnaubte Tricia entrüstet. Als ob das nicht jeder anständige Wächter konnte.
"Na dann, oben im ersten Stock kannst du dir ein Zimmer nehmen. Deine Schicht fängt um acht abends an", mit einem Kopfnicken machte sich Grandma Sally wieder auf den Weg,
"Hm, wer hätte gedacht, dass das so reibungslos funktioniert", freute sich Tricia und ging die Treppe in den ersten Stock hinauf, um sich ein Zimmer zu suchen. Dann legte sie sich erstmal hin und ruhte sich nach dem anstrengenden Tag etwas aus.

Der erste Abend war gut gelaufen. Die Gäste waren anspruchlos und die Bestellungen kannten nur Bier und Whisky. Tricia hatte jede Menge Zeit sich die Anwesenden in Ruhe anzusehen und nach einem potentiellen Mörder Ausschau zu halten. Am Nachmittag sprach sie mit einem der Mädchen, die im Saloon bedienten.
"Hi. Ich bin die Neue hier. Ich hab da ganz schlimme Sachen über meinen Vorgänger gehört? Weißt du das was drüber?", Tricia versuchte mit einer der Bedienungen ein Gespräch zu beginnen.
"Oh, darüber kann ich nicht sprechen. Das ist zu gefährlich", ängstlich sah sie sich um.
"Wieso denn? Weißt du etwas über den Mord?", fragte Tricia nach.
"Ich ... ich weiß wer´s war", platzte es aus der Kellnerin heraus. Schnell legte sie sich die Hand auf den Mund und sah Tricia entsetzt an. "Das war natürlich Quatsch, ich hab keine Ahnung", schob sie schnell hinterher und rannte gehetzt auf ihr Zimmer.
"Aber, hey, bleib doch hier", rief Tricia ihr vergeblich hinterher.
"Bleib doch hier", krächzte es da plötzlich hinter ihr. Erschrocken fuhr Tricia herum. Schnell beruhigte sie sich aber wieder, als sie sah, dass hinter ihr ein Papagei in einem Käfig saß. "Na du, bist wohl die ganze Zeit immer hier?", redete sie gedankenverloren mit ihm.
"Die ganze Zeit immer hier", wiederholte der Papagei.
"Die ganze Zeit immer hier ... das ist es", schrie Tricia plötzlich auf. sie schnappte sich den Käfig mit dem Papagei und rannte in ihr Zimmer.

"Es muß einfach klappen", wiederholte sie immer wieder. Konzentriert starrte sie dem Vogel in die Augen. Langsam ließ sie ihren Geist auf Wanderschaft gehen, bis sie vor dem Ich des Vogels stand. Sie streckte eine virtuelle Hand aus und klopfte sozusagen ans Bewußtsein des Papagei. Wie in Zeitlupe schwang eine imaginäre Tür auf und lud Tricia gleichsam ein, das Innere des Vogels zu betreten.

Grandma Sally stand in ihrem Saloon und unterhielt sich mit Sheriff Jones. Plötzlich zog er sie zu sich heran und küßte sie leidenschaftlich. Sally machte keine Anstalten das zu verhindern, sondern schien das Ganze sehr zu genießen. Dann kam Sam Stone die Treppe herunter. Als er die beiden eng umschlungen sah, schrie er auf.
"Du betrügst mich mit diesem Sheriff, ich wußte es", rasend vor Wut stürmte er auf die beiden zu.
"Nein, Sam, es ist nicht so, wie du denkst", beschwichtigend redete Sally auf ihn ein.
Sam ignorierte sie und stürzte sich auf den Sheriff. Er würgte ihn und hob ihn in die Luft. Der Sheriff war Sam hilflos ausgeliefert. Der Barkeeper wog mindestens doppelt so viel wie er und war wesentlich muskulöser. Plötzlich ging er zu Boden. Sally hatte ihm einen Stuhl über den Rücken gezogen.
"Oh Gott, er ist tot", schrie sie entsetzt auf.
Plötzlich begann er sich zu verändern. Haare wuchsen und er wurde kleiner. Nach und nach verwandelte er sich.
"Oh mein Gott, ein Werwolf", ängstlich drückte sich Sally an die Wand.
Sheriff Jones sprang auf ihn zu und versuchte ihn zu würgen. Fast beiläufig schüttelte er ihn ab und sprang Richtung Ausgang. Doch noch bevor er die Tür erreichte, lief ihm Sally hinterher und rammte ihm ein silbernes Messer direkt in den Rücken. Mit einem qualvollen Jaulen drehte er sich um und sah sie an.
"Aber ich wäre doch gegangen. Ich hätte doch niemand was getan?", mit einem fragenden Blick sah er sie an.
"Ja, aber du hast noch den Schlüssel zu deinem Schließfach um den Hals", mit einem grausamen Lachen schnitt Sally ihm das Band mit dem Schlüssel ab. "Du weißt doch, dass ich das Geld brauche, nur deshalb hab ich mich mit dir eingelassen, wenn du es mir nicht freiwillig gibst, muß ich es mir halt auf anderem Weg holen", sie lachte ihm ins Gesicht.
Der Werwolf holte mit einem letzten rasselnden Atemzug Luft und starb. Im Tode verwandelte er sich wieder in die Leiche zurück, die Tricia im Lagerhaus gesehen hatte. Danach vollendete Sally ihr grausames Werk und versuchte den Mord wie ein Ritualopfer aussehen zu lassen, um den Verdacht von ihr abzulenken. Sheriff Jones lag inzwischen immer noch bewußtlos am Boden.
Tricia zog sich aus dem Bewußtsein des Vogels zurück. Was sie gesehen hatte, genügte ihr vollkommen.

"Und nachdem die betreffende Person dann auch ein Geständnis abgelegt hatte, war´s ja eh kein Problem mehr. Mit weiteren Morden ist nicht zu rechnen. gez. Korporal McMillan", aufatmend leget Tricia den Stift aus der Hand und klappte den Bericht zu.
Sie schob ihren Stuhl zurück und machte sich auf den Weg in den Eimer. Da konnten ihr diese seltsamen Saloons gestohlen bleiben, im Eimer wurde niemand ermordet. Naja und wenn, dann mußte man wenigstens nicht soweit reiten.

*siehe SMission "Ein Fünkchen Hoffnung"


*** Ende ***



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