Trading with "arms"

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von Lance-Korporal Tricia McMillan (RUM)
Online seit 06. 09. 2001
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Gefreite McMillan kaufte auf einem Flohmarkt einen Mantel, in dem sich ein einzelner (menschlicher) Arm befand.
Ist das der Überrest eines unlizensierten Mordes oder hat der (möglicherweise untote) Vorbesitzer des Mantels nur beim Ausziehen nicht aufgepaßt?

Dafür vergebene Note: 10

Leise vor sich hin pfeifend stand Tricia in ihrer winzigen Küche und kochte sich eine Kanne Kaffee. Der Morgen war noch jung und vom Ankh stiegen kleine Nebelwölkchen auf. Verwirrte Touristen hätten das vermutlich als entzückend oder pittoresk bezeichnet. Es ist davon auszugehen, dass sie noch nie durch die konzentrierten Gestankschwaden einer solchen Nebelwolke geschlendert waren. Langsam schlürfte Tricia ihren Kaffee aus, nahm ihr Schwert und verließ die Wohnung. Gemütlich schlenderte sie durch die morgendlichen Gassen Ankh-Morporks und genoss die Ruhe vor dem hektischen Arbeitstag. Am Pseudopolisplatz marschierte sie schwungvoll ins Wachhaus und ließ sich, für einen Montagmorgen erstaunlich gut gelaunt, in ihren Sessel fallen. Zögernd griff sie nach dem Posteingangsfach.
"Hoffentlich hat Lewton nicht wieder einen neuen Fall entdeckt", betete sie stumm. Sie hatte Glück, das Fach war leer, bis auf einen kleinen Fetzen Papier, der geduldig schon einigen Wochen am Boden lag und auf seinen Entdeckung wartete. Unschlüssig hielt sie ihn in der Hand. Der Fall mit dem Mantel war ja nun schon so lange her, dass sie sich ernsthaft überlegte, ob sie ihn nicht guten Gewissens abegen konnte, unter "Sonstiges, ungelöst". Als sie noch am Überlegen war, hörte sie Lewton, der die R.U.M.-Mitglieder zur Morgenbesprechung aufrief. Gähnend steckte sie den Zettel ein und nahm sich vor ihn bald zu vergessen.

"Und daher habe ich mir gedacht, dass doch Tricia wieder in diesem Fall ermitteln könnte. Du hast doch jetzt Erfahrung mit so Dingen", aufmunternd sah Lewton Tricia an.
"Nein, ich mach nichts mehr in der Näherinnengilde, du spinnst wohl", empört wollte Tricia aus Lewtons Büro stürmen.
"Hey, mal langsam, Lance-Korporal. Was gedenkst du denn sonst den ganzen Tag zu tun?", Lewton rief sie energisch zurück.
"Ich ... aähm ... bin da grade an einem Fall dran. Hatte ich das noch nicht erwähnt?", glücklich grinsend zog sie den Zettel mit ihren Notizen zu dem Arm im Mantel aus der Hosentasche. "Da hab ich grade eine heiße Spur ... äh ... da muß ich dran bleiben", hastig machte sie sich aus dem Staub.
In ihrem Büro setzte sie sich aufatmend vors Fenster und überlegte, wie sie weiter vorgehen sollte. "Wo hab ich denn eigentlich den Mantel gekauft?", dachte sie nach.

***Einige Wochen vorher, auf einem Flohmarkt***

"Haben sie auch einen Mantel in meiner Größe?", Tricia stand vor einem kleinen Holzhäuschen auf Ankh-Morporks ältestem Flohmarkt. In großen Lettern stand auf einem abblätternden Schild "Sam Beckett - Goode and Cheappe".
"Nein, wir verkaufen nichts", knurrte der Besitzer.
"So ein Quatsch, dem Mann grade vorhin haben sie auch eine Jacke verkauft. Außerdem sehe ich da hinten genau so einen Mantel wie ich ihn will", Tricia stand empört vor Sam Beckett und versuchte, sich nicht zu sehr aufzuregen.
"Ja, das war eine Ausnahme", mürrisch versuchte er, Tricia aus dem Weg zu schieben.
Ein schlaksiger junger Mann kam auf den Stand zu. Vorsichtig beugte er sich über die Theke zu Sam Beckett und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
"Ah, natürlich, kein Problem", beflissen drehte sich Sam um, wühlte in einer Kiste und reichte dem Mann einen Pullover. Sorgfältig verstaut dieser ihn in seiner Tasche, legte eine horrende Summe Ankh-Morpork-Dollar auf den Tisch und verschwand.
"Hey, wieso darf der was kaufen und ich nicht?", wütend schrie Tricia Sam an.
"Stammkunde", warf der ihr lakonisch hin und drehte sich um.
"Hör mal, jetzt reichts mir aber langsam, ich will jetzt diesen Mantel kaufen", ärgerlich warf sie Sam einen Handvoll Dollar auf den Tisch, griff über die Theke ans Regal und nahm sich den Mantel einfach heraus. Noch bevor er etwas erwidern konnte, war sie schon in der Menge verschwunden, nur eine leises "Vielen Dank auch", hörte er noch.

***Jetzt, Wachhaus Pseudopolisplatz***

Nachdenklich erinnerte sich Tricia daran, wie sie dann in dem Mantel den Arm gefunden hatte. "Am besten wird sein, wenn ich mal diesen Sam Beckett aufsuche", überlegte sie.
Rasch ging sie zum Flohmarkt und suchte Sams Stand. In einiger Entfernung blieb sie stehen und beobachtete den Stand. In den nächsten Stunden kamen nur wenige Kunden zu ihm. Vielleicht drei davon kauften ihm etwas ab, andere schienen ihm etwas zu verkaufen. Immer handelte es sich um Kleidungsstücke. Komisch war nur, dass die Sachen immer zu großen Bündeln geschnürt waren und Sam sie erstaunlich behutsam behandelte. Noch etwas war auffallend: Eigentlich alle, mit denen Sam Geschäfte zu machen schien, waren
Zombies.
"Ob das irgendwas damit zu tun hat?", dachte Tricia nach.
Gerade kam wieder ein Kunde, der etwas kaufen wollte. Vorsichtig schlich Tricia näher heran und versuchte etwas von dem Gespräch mitzubekommen.
"Ich brauche ein Bein", flüsterte der Käufer Sam zu.
"Ah, eine Hose wollen sie", streng sah Sam den Mann an.
"äh...ja, eine Hose, richtig", stotterte der.
Sam drehte sich um und fing an in seinen Kisten zu kramen.
"Na, was haben wir denn da", hörte sie ihn murmeln. "Ah, hier haben wirs ja auch, bitte", langsam schob er dem Mann ein Bündel über den Tisch.
Hastig bedankte sich der Mann und machte sich hastig auf den Weg. Kurz überlegte Tricia, dann hastete sie ihm hinterher. Der Mann hetzte quer durch die Straßen und machte erst in einer engen Gasse halt. Ängstlich sah er sich um, dann machte er sich daran, das Paket auszupacken. Gespannt stand Tricia hinter einem Stapel mit Kartons und sah aufmerksam zu.
Glücklich packte er ein Bein aus und machte sich daran, es anzunähen.
Plötzlich schoß Tricia aus dem Versteck auf ihn zu. "So, wie kommst du zu diesem Bein und was soll das hier?", fauchte sie den Zombie an.
Erschrocken wich der zurück und zitterte am ganzen Körper. "Ich hab nix getan, ich bin unschuldig", ängstlich drückte er sich an die Hauswand.
"Wo hast du das Bein her?", fragte Tricia grimmig.
"Ich ... das kann ich nicht sagen", flüsterte er.
"Gib doch einfach zu, dass du es von Sam Beckett hast", fauchte sie ihn an.
"Woher weißt du ... nein, ich hab nix gesagt", jammernd versuchte der Zombie noch weiter in die Wand zu kriechen.
"Erklär mir das Ganze doch bitte mal, vielleicht können wir ja ganz in Ruhe drüber reden", versuchte Tricia es auf die sanfte Tour.

***Zurück im Wachhaus***

"Sam Beckett ist ... naja ... war Ankh-Morporks inoffizieller, wie soll ich sagen, Extremitätenhändler. Auf dem Flohmarkt hat er Arme, Beine und sonstiges an Zombies verkauft, die ihre Arme, Beine und sonstiges irgendwie verloren haben. Dazu hat er ein Netz von Sammlern und Informanten, die ihm die Sachen bringen und er verkauft sie weiter", Tricia lieferte gerade ihren Bericht bei Lewton ab.
"Und jetzt? Hast du ihn verhaftet, oder was?", Lewton sah Tricia fragend an.
"Nein, das ist doch eigentlich eine gute Idee, eine Sammelstelle für verlorene Gliedmaßen einzurichten. Ich habe Beckett ins Gewissen gerichtet und ihn überzeugt, gegen einen monatlichen Sold ein offzielles Fund- und Tauschbüro für Zombies einzurichten", zufrieden grinste Tricia Lewton an. "Falls du das mal in der Wache irgendwie bekannt machen willst, wir haben ja auch mehrere Zombies, die Adresse ist Kurze Straße 215. Ach übrigens, Wächter bekommen einen Danke-Schön-Rabatt, hab ich mit ihm ausgehandelt"
"Ich glaub, ich spinne, eine offizielle Tausch- und Kaufbörse für Gliedmaßen!"; seufzend kratzte Lewton sich am Kopf, als Tricia als seinem Büro verschwunden war.



ENDE



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