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Für Rekruten:
Lektion 1: "Der schlendernde Gang beim Streife gehen". Gar nicht einfach zu lernen,
vor allem, wenn man dauernd unterbrochen wird.
Dafür vergebene Note: 11
Humph war schlechter Laune. Manche hätten gesagt, daß sei seine normale Stimmung, doch diesmal war er es besonders. Hauptfeldwebel Gonzo hatte zu ihm gemeint, er solle endlich die erste Lektion machen, da er ja bisher seine Ausbildung vernachlässigt habe. Vernachlässigt! Pah! Als wären die Fälle, die er gelöst hatte nicht schon ziemlich lehrreich gewesen. Naja, was sollte es schon anderes tun, als gehorchen. Er hoffte nur, daß Hauptfeldwebel Gonzo endlich entlastet sein würde; seit er allein war, war er s
o gereizt.
„Liegt wahrscheinlich am Stress“, dachte Humph bei sich, „und wer muß nun hinhalten? Wir armen Rekruten! Hoffentlich kommt Feldwebel Lavaelous bald aus dem Urlaub zurück und die Bewerbungen werden angenommen. Mir ist Gonzo lieber, wenn er weniger im Stress ist.“
„´Der schlendernde Gang beim Streife gehen´. Das ist eine saublöde Lektion, wer kommt auf solche Sachen?“, fragte der Kobold jetzt.
„Wenn ich es richtig verstanden habe, dann kommen diese Lektionen direkt von oben.“
„Von Göttern?“
„Quatsch, von Kommandeur Rince natürlich!“
„Oh, naja, auf so eine Idee kann ja nur ein Mensch kommen.“
„Du bist ein Speziesist, weißt du das?“
„Wie kommst du darauf, ich zeige doch nur Tatsachen auf.“
Sie wurden in ihrem Zwiegespräch jäh unterbrochen, als plötzlich ein aufgeregter Mann den Wächter anfing zu schütteln.
„W-w-w-w-was d-d-d-d-denn? H-h-h-hören sie au-u-u-u-uf mich zu sch-sch-sch-schütteln!“
„Sie müssen mir helfen, meine kleine Tochter ist verschwunden!“
„Ja, ok, wo haben sie sie zum letzten Mal gesehen?“
„Gesehen? Wovon reden sie Mann! Meine Tochter ist unsichtbar!“
Verwirrt sah Humph den Mann an: „Ahja, und wie alt ist sie nun?“
„Ungefähr 12.“
„Hmmm“, machte Humph, als er einen Schatten an einer Hausecke sah, „sagen sie, ist sie das nicht dort drüben?“
„Was? Wo?“
„Kommen sie!“. Humph ging zu der Ecke, tat so als würde er eine Hand nehmen und sagte langsam zu der Luft : „Guck mal, da ist dein Vater der sucht dich schon länger.“
„Lassen sie das Kind los! Das ist nur ihre unsichtbare Freundin. Meine Tochter sitzt hier daneben.“
Humph sah den Mann an, blickte kurz auf die Tonne auf die der Mann zeigte, seufzte und ging dann los, um seine Lektion weiter zu führen.
„Und du beschwerst dich, was ich über Menschen sage? War das jetzt Antwort genug?“
Drei Männer rannten den Wächter entgegen. Einer hatte eine weiße Jacke in der Hand, die anderen beiden sahen aus, als hätten sie zu lange in diesen neumodischen Bodibilder-Laden gesteckt. Auf jeden Fall waren ihre Schultern fast doppelt so breit wie der restliche Körper, was Humph fast zum Prusten brachte.
„Haben sie einen Mann gesehen, der mit unsichtbaren Kindern spricht?“, fragte der mit der weißen Jacke.
„Öhm, ja, der ist gerade da um die Ecke verschwunden.“
„Gut, er ist aus unserer Püschiatrischen Klinik ausgebrochen, jetzt versuchen wir ihn wieder einzufangen.“
„Brauchen sie meine Hilfe?“
„Nein, danke. Nichts für ungut, aber wir machen das lieber selbst. Schließlich bist du von der Wache, und wir wollen diesen Mann WIRKLICH zurückhaben.“
„Nur eine kurze Frage, warum nehmen sie nicht gleich Trolle statt diesen Typen da. Die sind sicher billiger und für den Job werden sie doch wohl nicht besonders intelligent sein müssen....“
Die beiden Männer sahen ihn an. Ihre Mienen verdunkelten sich und bevor sie sich noch bewegen konnten, rannte Humph so schnell er konnte. Hinter sich hörte er nur noch ein: „Laßt ihn, wir haben andere Sachen zu tun.“ Er hätte sich nicht provozieren lassen sollen, aber er konnte Beleidigungen nicht ausstehen.
„Gut gemacht! Ich bin fast stolz auf dich.“
„Ach, halt doch den Mund. Du siehst ja was ich damit erreicht habe. Eine Minute mehr dort und ich hätte von den Kollegen von S.U.S.I. identifiziert werden müssen. Wenn man mich überhaupt gefunden hätte.“
„Tja, übrigens dieser Vergleich mit Trollen. Wie war das nochmal mit ´Speziesist´?“
„Ich habe ja nix gegen sie. Ich hab nur gesagt, daß sie nicht besonders intelligent sind.“
„Ahja, man kann sich´s immer so richten wie man gerade will, nicht wahr?“
Humph seufzte. Er hasste diese Diskussionen!
Zehn Minuten später hatte er die drei Männer mit den armen Mann in der Jacke – sie schien ihm irgendwie verkehrt angezogen zu sein – wieder Richtung der Klinik gehen sehen, daher machte er mit seiner Lektion weiter, damit er den Tag und diese dumme Lektion endlich hinter sich haben konnte. Er schlenderte also weiter (*1) und philosophierte dabei, wozu eine Stadt eine Püschiatrische Klinik brauchte, die ja lauter Geisteskranke beherbergte. Er beschloß, daß dies wohl so eine Sache sein mußte, die man tat, u
m den Schein zu wahren. Aber wie sagte man so schön: Die Stadt funktioniert und nur das war wichtig.
Und wieder wurde er aus seinen Gedanken gerissen, als eine Frau schreiend aus der Tür eines Backsteinhauses kam. Als sie die Uniform Humphs sah, stürzte sie auf ihn zu und schrie ihn an: „Ein Ungeheuer! Da ist ein Ungeheuer in meiner Küche!! Es ist soooo groß und hat solche Zähne und es hat riiiiiesige Klauen und.... und..... und.... und es frißt meinen Kuchen auf!“ Sie gestikulierte wild herum, um die Ausmaße des Monsters zu demonstrieren. Humph riß das Schwert aus dem Gürtel und stürzte in das Haus.
„Solltest du in so einem Fall nicht eher Unterstützung anfordern?“, fragte der Kobold, um gleich darauf in schallendes Gelächter auszubrechen (*2).
Im Kuchen nagte eine vielleicht fußgroße Ratte, um an die Rosinen zu kommen. Ohne nachzudenken tötete er die Ratte mitten im Kuchen. Erst dann bemerkte er, daß er sie vielleicht nur aus dem Kuchen rausnehmen hätte können. „Tja, zu spät“, sagte er zu sich und hatte sofort eine zündende Idee.
„Entschuldigung, wie heißen sie?“, fragte er die Frau, als er aus dem Haus kam.
„Sybille Schreckhaft, wieso? Und was machen sie mit meinem Kuchenblech?“
„Nun, ich denke nur, das die Zwerge in der Zwergenbar gegenüber gern wissen wollen, wem sie den köstlichen Rosinen-Ratten-Kuchen verdanken.“
„Sie haben das Ungeheuer da rein getan?“
„Nun, es war ein Unfall....“
„Verschwinden sie sofort von hier und kommen sie nie wieder! Das Kuchenblech können sie den Zwergen überlassen. Sowas, benutzt das schöne Kuchenblech als Sarg für dieses Monster und glaubt auch noch witzig sein zu dürfen, ich wird mich beschweren.“ Die Tür knallte hinter ihr zu und Humph meinte zu sich: „Undankbare Welt, verdammte, da tötet man ein ´Ungeheuer´ und dann bedankt sich niemand dafür.“
Der Zwergenwirt freute sich über den Kuchen, auch wenn er meinte, wozu diese ekelhaften Rosinen drinnen wären und warum er nicht das Rattenblut ausschöpfen hatte können. Humph hatte darauf nur geseufzt und war so schnell wie möglich aus der Bar gegangen, um sich nicht noch mehr Ratten-Rezepte anhören zu müssen. Und so machte er weiter mit seiner ersten Lektionen, jetzt noch gereizter als am Anfang. Nun philosophierte er über die Ungerechtigkeiten dieser Welt, über Ungeheuer und was als solches gesehen wer
den sollte, über Ratten und Rattenrezepte und über den schlechten Geschmack von Zwergen, wenn es um Essen ging.
Und wieder wurde er aus seinen Gedanken gerissen, diesmal von einem Kind, daß an seinem Mantel zu zupfen anfing.
„WAS?“, schrie er und das Kind fing an zu weinen.
Jetzt tat es Humph leid und er beugte sich hinunter zu dem Kind: „Hör auf zu weinen, ich hab mit mir selbst geschrien. Was ist denn los, Kleines?“
Das kleine Mädchen sah ihn an und zeigte auf ein Haus: „Die hauen meinen Bruder!“
Er blickte zum Haus: „Wer schlägt deinen Bruder?“
„Die!“
„Ok“, er bewegte sich langsam zum Haus und lugte durch den Türschlitz. Dort dah er drei Jugendliche, die über einen anderen gebeugt waren und hintraten.
„Was geht hier vor?!“, schrie er hinein und die Jugendlichen starrten ihn an.
„Was willst du, Wächter?“, fragte der, der der Anführer zu sein schien, wobei er das Wort Wächter verächtlich ausspie.
„Nun, es würde mich interessieren, warum ihr den Jungen am Boden die ganze Zeit tretet.“
„Er ist ein Werwolf“, meinte der eine beiläufig und trat wieder hin.
„Und warum verwandelt er sich dann nicht einfach und zerfleischt euch?“
„Jeder weiß doch, daß sich Werwölfe nur in der Nacht verwandeln können und da auch nur, wenn Vollmond ist.“
„Das ist nur Aberglaube, es gibt auch genug, die sich verwandeln können, wann sie wollen. Sowas nennt man wohl Invormattions-Däfiziet.“
„Pah, und wir sollen wirklich einen Wächter glauben?“
„Hast du irgendein Problem mit Wä...“
Humph brach ab, als plötzlich hinter ihm ein junges Wölfchen anfing zu knurren und die Zähne zu fletschen. Als der Anführer lachte, sprang der Wolf und verbiß sich kräftig in dessen Wade. Der Junge schrie auf und die anderen Jungen wollten fliehen. Nur dumm, daß Humph noch imn der Tür stand. „Halt! Stehenbleiben! Ihr seid verhaftet.“ Mehr schlecht als recht überwältigte er die beiden.
Eine Stunde später trat er wieder aus dem Wachehaus, um seine Lektion weiter zu lernen. Er hatte die drei Jugendlichen verhaftet und eingesperrt. Doch bevor er endlich hinausgehen konnte war ihm Irina Lanfear begegnet. Sie hatte ihm eine geschlagene dreiviertel Stunde geschildert, wie sie ihre erste Mission bewältigt hatte. Stolz hatte sie ihre Idee mit der Katze geschildert. Humph bezweifelte stark, daß das arme Tier das so begeistert über diesen Vorfall gewesen war, wie Irina es augenscheinlich war. Er
seufzte und philosophierte über die unflätige Jugend von heute, über nervende, reiche Mitrekruten, über kleine Mädchen, die plötzlich zu Wölfen werden und über fliegende Katzen, die wohl nicht sehr über das Prädikat ´fliegend´ glücklich waren.
Es war endlich Abend geworden und Humph benutzte seinen neu gelernten (*3) schlendernden Gang nun, um zur Wache zurückzukehren, als er wieder aufgehalten wurde, diesmal von einen Vampir-Mann. Mittlerweile verfluchte er seine Uniform. Man merkte viel zu leicht, daß man ein Wächter war und schon hatte man Schwierigkeiten.
„Bitte, Herr Wächter, ich habe eine Anzeige vorzubringen. Es geht um ´Erregung öffentlichen Ärgernisses´.“
„Um was geht´s denn, Herr...“
„Benito Blutschlabber ist mein Name.“
„Herr Blutschlabber. Ok, was wollen sie?“
„Da rennt ein Vampir herum, der ißt Rote-Bete! Mitten in der Öffentlichkeit! Das ist entgegen der Vampir-Ehre!“
„Seit wann gibt es sowas wie Vampir-Ehre?“, dachte Humph bei sich und laut sagte er dann: „Ach das, das ist Hauptmann Rascaal Ohnedurst von der Wache, nehme ich an.“
„Ah, dann könnten sie ihm bitte mitteilen, das zu unterlassen. Das Zeug stinkt und zerstört das Vampir-Imätsch.“
„Ich denke nicht, daß man das als Verbrechen sehen kann. Und wenn sie sich darüber beschweren wollen, dann bitte beim Hauptmann selbst. Am Pseudopolisplatz, Abteilung F.R.O.G., Hauptmann Rascaal Ohnedurst. Danke, sehr nett von ihnen. Ich muß los, mein Dienst endet gleich.“
Er ließ den sichtlich empörten Vampir zurück und eilte zum Wachehaus auf der Kröselstrasse.
Im Zimmer des Hauptfeldwebel Gonzo angekommen, erwartete dieser ihn bereits.
„Ah, Rekrut MeckDwarf, hattest du einen schönen Tag?“
„Wie man´s nimmt, Sir!“
„Verstehe, ich habe da eine Beschwerde über dich von einer sehr erregten Dame und drei Gefangene, die fast einen Herzinfarkt bekommen haben, als Hauptmann Lewton kurz im Wolfskostüm vorbeigekommen war, um mit mir zu reden.“ Der Hauptfeldwebel schmunzelte.
„Die Beschwerde kann ich erklären, Sir!“
„Nicht notwendig, Rekrut, die Dame ist uns ziemlich bekannt. Die Beschwerde nehm ich nicht ernst, ich find eher den Gedanken an Rosinen-Ratten-Kuchen extrem amüsant. Und was die Gefangenen angeht, die haben sich das selbst zuzuschreiben. Man sollte den Bruder einer Werwölfin nun mal nicht verprügeln.“ Jetzt strahlte Gonzo bereits. „Um ehrlich zu sein, haben deine Aktionen mir den Tag gerettet. Danke und gut gemacht, Rekrut MeckDwarf!“
Humph salutierte und ging aus dem Zimmer. Hinter ihm ertönte nun ein schallendes Gelächter. Gonzo hatte sich anscheinend nicht mehr halten können. So beschloß Humph seinen Dienst zu beenden und wieder einmal der Bahre einen Besuch abzustatten. Der Kobold sollte ruhig gestellt werden.
*1: Natürlich weg von der Püschiatrischen Klinik.
*2: So ein Lachen verursacht ganz schön Kopfweh für den armen Humph.
*3: Eigentlich hatte er ihn ja schon gekannt.
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