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Mehrere ehrenwerte und auch weniger ehrenwerte Bürger Ankh-Morporks verschwanden spurlos. Es gibt nur einen einzigen Hinweis, einen Zettel.
Dafür vergebene Note: 11
Es war ein wirklich herrlicher Tag in Ankh-Morpork. Sie Sonne versteckte sich hinter einer monströsen Wolkendecke, dichte Nebelschwaden sorgten für das dazugehörige Ambiente und leichter Nieselregen sowie zunehmender Wind kühlten die Stadt soweit ab, dass die Strassen fast ausgestorben waren, was aber auch einen anderen Grund haben könnte als die, schon mehrere Tage andauernde, Schönwetterfront*.
Ecatherina hatte etwas zu feiern. Erstens hatte sie endlich das Grundpraktikum abgeschlossen und war somit echtes Mitglied der Wache geworden, und zweitens bot sich ein für sie wundervoller Nachmittag zum Streifegehen an. Normalerweise verabscheute sie es am Tage nur einen einzigen Fuß vor die Tür zu setzen, doch heute war eine Ausnahme und die wollte sie nützen. Der Anblick der sich ihr bot war noch schöner, als der in der Nacht. Sie brauchte nicht in den Schatten zu gehen um nicht gesehen zu werden, denn es war ja niemand da und obwohl es hell war, konnte man doch fast die eigene Hand nicht vor dem Gesicht erkennen.
Und diese Stille, fast himmlisch (sie glaubte zwar nicht wirklich an Götter und über ein Leben nach dem Tod hatte sie noch nicht nachgedacht, doch hätte sie daran geglaubt, würde sie es sich so vorstellen). Sogar in den meisten Nächten war mehr los als heute.
Eigentlich war es untypisch für sie, dass sie nach dem gestrigen Tage so gut gelaunt war; vielleicht lag es ja daran, das beide Ausbilder sich so kollegial verhalten hatten oder vielleicht auch daran, das sie die ganze Nacht in der Bahre verbracht (und nicht wenig konsumiert hatte) und den ganzen Vormittag geschlafen hatte.
Zumindest war sie fröhlich und sie hatte vor, dass mit ihrer besten (und einzigen) Freundin Angie zu teilen und zu feiern. Ecatherina hatte sie beim gestrigen Einsatz verloren (es wurde angenommen, das sie Anderkawa unterwegs war), doch bis jetzt war sie noch nicht aufgetaucht und jetzt war sie losgegangen um Angie zu suchen.
Während sie so auf Streife war, bemerkte sie, das an mehreren Geschäften ein "Wir haben geschlossen" - Schild hang, und das obwohl gerade die Hauptgeschäftszeit war. Es wunderte sie zwar ein wenig, doch sie schob das einfach auf das schöne Wetter und ging weiter bis sie zur Angies Unterkunft kam. Sie betrat das Haus, was nicht schwer war, denn Angie sperrte nie ab, weil sie an das Gute im Menschen glaubte und auch, das niemand bei ihr einbrechen würde, doch nirgends war auch nur eine Menschenseele zu sehen. Erfreut stellte Ecatherina aber fest, das sie zumindest heute kurz hier gewesen sein musste, denn auf dem Tisch lag ein Zettel den sie gestern (als sie auf einen Sprung vorbeischauen wollte, bevor sie zu Bahre ging) noch nicht gesehen hatte. Sie nahm in zu Hand und las: "NEU'ELÖFFNUNG! Besuchen sie uns, wil haben immel geöffnet. Die HÖLLE."
Ecatherina konnte nicht wirklich was mit diesem, wie es schien, Werbezettel anfangen und wusste auch nicht, was es damit auf sich hatte (außer das sich vielleicht ein paar Dämonen einen schlechten Scherz einfallen ließen), doch sie wollte dieser Spur nachgehen; immerhin konnte es sein, das Angie diesen Zettel während des Auflaufes gestern erhalten hatte und sich nun auf den Weg gemacht hatte, um etwas herauszufinden und diesen Zettel als Hinweis liegen gelassen hatte.
Zuerst machte sie sich zu den geschlossen Geschäften auf und versuchte jemanden durch heftiges Klopfen dazu zu bringen, aufzumachen; es könnte ja sein, das auch diese Bürger gestern einen ähnlichen Zettel verpasst bekommen haben könnten. Doch es geschah nichts, deswegen ging sie zurück zur Wache und fragte sich dort durch (vor allem bei den SEALS), ob jemand die Angehörigen kannte, oder den Privatwohnsitz der Inhaber der betroffenen Geschäfte. Wie konnte es auch anders sein, wusste natürlich Kmdr. Rince die Antworten und war nett genug gewesen, ihr auch den Weg dahin zu erklären.
Nach dem Abklappern der betreffenden Wohnsitze und Befragung der betreffenden Ehefrauen oder Angestellten kam sie zu dem Schluss, dass tatsächlich mehrere Leute den gleichen Zettel bekommen hatten und nun schon seit längerem abwesend waren.
Mehrere Zetteln konnte sie sogar sicherstellen, doch nirgends gab es einen Hinweis auf eine Adresse oder einen Ansprechpartner, das einzige was sie herausfinden konnte, war, dass ein kleiner, unauffälliger Mann die Zetteln gestern austeilte und Auskunft gab, wenn es erwünscht wurde. Also blieb ihr nur übrig, von Haus zu Haus zu pilgern (was schon schlimm genug war) und die Leute zu fragen, ob sie nicht auch zufällig etwas über die HÖLLE erfahren hatten und vielleicht sogar wussten, wo sich diese befand; diese Arbeit stellte sich als sehr mühselig und demütigend heraus, als die Leute anfingen, Scherze zu reißen, die sie für lustig hielten und dann über sie lachend die Tür wieder zuknallten, ohne das sie noch weiter fragen oder etwas erklären konnte. Nach ein paar Fehltritten hatte sie dann beschlossen, nur den Zettel zu zeigen und auf Reaktionen zu warten, um nach langer Zeit des Suchens dann endlich ans Ziel zu kommen. Jemand war gerade dabei, genau dort hin zu gehen, wo auch Ecatherina schon lange hin wollte, und obwohl dieser Mann stumm war, konnte er sie doch dort hin mitnehmen, als er ihren Zettel las.
Er brachte sie zu einem Haus, auf dessen Eingang, wie erwartet, das Wort HÖLLE stand. Von außen schien es ziemlich unauffällig zu sein, doch als sie eintrat, wurde sie von der Wucht mehrer tausend Kerzen getroffen.
Zuerst kam sie in einen größeren Saal, wo mehrere Sesseln und Tische standen, wobei alle aus Glas zu sein schienen, sogar der Boden, die Wände, das Inventar, einfach alles; und überall brannten Kerzen (wobei diese entweder in der Wand, im Boden oder im Möbelar angebracht wurden); hier war es fast so hell, als wenn es Tag wäre. In diesem Raum gab es dann zwei Pfeile; der eine zeigte nach links und hatte die Aufschrift "Lezeption" und der Rechte die Aufschrift "Läume". Da sie schon öfters mit Yamato unterwegs war, konnte sie in etwa erraten, was das zu heißen hatte und ging dann Richtung Räume weiter.
Gleich kam sie zu dem nächsten Raum, der ein Schild mit "Leselaum" an der Tür hatte. Als sie reinging konnte sie mehrere Leute sehn, die auf Glassesseln saßen und Bücher lasen. Hier war das Licht noch heller, ein durchschnittlicher Mensch hätte sogar gesagt, es war angenehm hell. Auch die Bücherregale und alles andere im Raum schien wieder aus Glas zu bestehen, nur die zahlreichen Bücher nicht, die Ecatherina zwar gerne gelesen hätte, aber da es ihr hier zu hell war, sie diese einfach ignorierte und sich zum nächsten Raum aufmachte, welcher die Aufschrift "Sonnenbad" trug.
"Sonnenbad? Ich kenne ein Bad mit Wasser, Schlamm, Schleim oder Säure - wobei man beim Ankh alles in einem haben könnte -, aber das man in der Sonne baden kann, ist mir neu", dachte sie während sie eintrat und sich umsah. Hier war es genau so hell wie im Leseraum, doch kam noch hinzu, das es hier ziemlich warm war, für ihren Geschmack sogar zu heiß. Am Boden lagen viele Tücher mit Menschen darauf, welche ziemlich knapp bekleidet waren und entweder schliefen, sich unterhielten oder sich gegenseitig mit irgendetwas Öligem einschmierten und an der gegenüberliegenden Wand hing ein Plakat: "Und del Schönheitsschlaf hilft doch."
Das nächste war der Solariumsraum, doch für Ecatherina war das schlicht weg die "Foltelkammel". Überdachte Liegen standen hier nebeneinander und daraus kam grelles Licht hervor. Nie zuvor hatte sie so intensives Licht gesehen und sie war davon überzeugt, das es magischer Herkunft sein musste; man brauchte nur wenige Sekunden hinschauen und man war schon fast blind. Wieder hing hier ein Plakat, aber diesmal war es eine Art Erklärung: "Intensitätsstufen: 2min - leichte Bläune, 5min - nolmale Bläune, 10min -
dunkle Bläune, 20min - Achtung Hautbland möglich, 30min und mehl - wil übelnehmen keine Haftung."
Der nächste Raum war lichtmäßig so halbwegs erträglich. Hier gab es Nebel, doch dafür war es verdammt unangenehm heiß. Auf der Tür stand "Licht-Dampf-Bad", doch was sich darin befand, außer dem Dampf, konnte sie nicht sagen, denn sie schloss sofort wieder die Tür.
Auf der nächsten Tür stand "Lichtmassage". Vorsichtig öffnete sie diese und lugte hinein. Dort gab es auch Kerzen, doch schien mit denen etwas nicht zu stimmen. Die Helligkeit blieb nicht konstant, sondern änderte sich dauernd von fast angenehm dunkel bis auf fast unangenehm hell. Außer ein paar Stühlen mit Leuten drauf gab es hier nichts.
Endlich erreichte sie den letzten Raum. Er war wieder größer, so wie die Empfangshalle, doch war es genauso hell wie im Leseraum und es gab eine kleine Bar. Auch hier gab es viele Sesseln und Tische, und ein paar Menschen spielten hier Karten (was genau sie spielten, konnte sie nicht feststellen). Groß in der Mitte auf einem Schild stand "Gesellschaftslaum" und ein wenig abseits hing ein Pfeil mit "Umkleidekabinen" darauf.
Sie hatte genug, sie wollte nicht mehr suchen und deswegen ging sie jetzt weiter zur Rezeption, die gleich anschließend zu finden war. Hier war ein großes Loch in der Wand und es hingen oberhalb und auf beiden Seiten Plakate. Auf den oberen stand "Lezeption", auf dem linken die Preisliste "1$ / Tag / Laum, 4$ / Tag fül alle Läume, 18$ / Woche fül alle Läume, mehl auf Anflage" und auf der rechten die Namenserklärung "Hongs Öltliche Licht-Laum-Elholung".
Gerade als sie gehen wollte, kam aus dem Loch ein Mann hervor, und obwohl er noch immer ziemlich klein war, machte er den Eindruck, als ob er auf etwas stehen würde: "Willkommen zul unselel Schnuppelwoche! Will alle kennen das Gefühl des Lichtentzugs, wenn man albeiten muss, wählend die Sonne scheint und wenn man feltig ist, dann ist es tlüb und dunkel dlaussen und man ist deplimielt und matt. Doch das hat ein Ende. Mit unselel Spiegel-Licht-Magie ist es uns möglich, die Nacht zum Tag - odel den tlüben Tag zum elläuchteten - zu machen. Das ist so ungefähllich, dass sogal Vampile es nützen können. Eine Woche lang wild alles glatis sein, damit sie sich luhig entscheiden können, welches Angebot sie nützen wollen. Alle unselel Läume sind wilklich hochweltig und mit Stolz kann ich sagen, dass es bei uns nicht einmal einen Hauch von Schatten gibt...".
Ecatherina riss die Augen auf, drehte sich abrupt um und rannte zum Ausgang. Zur gleichen Zeit kam Angie wohl aus dem Folterraum (sie hatte braune Haut, helle Flecken um die Augen und Gurkenscheiben in der Hand), sah Ecatherina und wollte ihr etwas zuschreien, doch diese hatte es furchtbar eilig.
Schnaufend erreichte Ecatherina ihr Zimmer im Keller und dachte nach. Das war eindeutig zu viel gewesen. Zuerst dieser Tumult gestern, als sie mit Yamato und anfangs auch mit Angie gemeinsam ihre letzten Rekrutenhörner abstoß (wenn man bedachte, wie viele Augenpaare auf Ecatherina gerichtet waren und was passiert war, war sie anfangs wirklich zu gut gelaunt gewesen; obwohl man lobend erwähnen musste, das beide Ausbilder, sowohl Gonzo als auch Lavaelous, nachdem sie ihren Bericht in mehrmaliger Auflage gelesen hatten, trotz des Schlamassels, das sie angerichtet hatten, ruhig und nett blieben und sie trotzdem beförderten; das war das einzige beruhigende an der Geschichte), dann die vorherige Blamage beim Suchen und nun dass hier.
Durch das ganze, zwar künstliche aber doch sehr intensive, Licht schmerzten ihre Augen und sie verkroch sich unter ihrer Decke. Durch den Vorfall mit Schnapper und Achmed hatte sie begriffen, das Ermittler (egal ob verdeckt oder nicht) doch nichts für sie in Frage kam, noch dazu, wo sie jetzt von der Hälfte der Stadt erkannt werden konnte, und der Vorfall heute hatte ihr klar gemacht, dass es einfach zu viele verrückte Sachen in der Stadt gab um normal auf Streife zu gehen. Unter Decke kam ein Seufzen hervor, gefolgt und einem hilflosen Aufschrei. Nach einer Zeit kroch sie wieder hervor und sah sich um, ob sie nicht etwas Aufheiterndes zu lesen fand, das ihre Stimmung verbesserte und so zum Nachdenken anregen konnte, was sie nun tun sollte. Beim näheren Durchstöbern ihrer kleinen Sammlung, wobei die meisten nicht ihr gehörte, fand sie ein vertrautes Buch. Sie hatte es einmal aus der Unsichtbaren Universität** mitgenommen, ohne das sie gefragt hatte und vergessen es wieder zurückzubringen. Doch bis jetzt hatte der Bibliothekar noch keine Anstalten gemacht, es wieder zurückzufordern und deswegen beschloss sie, es noch länger zu behalten (immerhin war ihr einmal ein Missgeschick geschehen und eine Seite wurde aus dem Buch getrennt, sodass der Bibliothekar ziemlich sauer sein würde, wenn er das erfahren würde). Sie nahm es in beide Hände und überlegte. Das Buch hatte den Titel "Blubbernde Substanzen und andere Gefährlichkeiten", geschrieben von einem ehemaligen und nun verstorbenen Mitglied der Alchimistengilde, und mehr als zwanzigmal von ihr gelesen.
Es faszinierte sie die Tatsache, das man Anhand des Blutes (und bei Mithilfe eines geschulten Vampirs) das Geschlecht des Opfers oder der vermisten Person herausfinden konnte (sollte es nicht schon bekannt sein) oder mit einem, von ihr selbst in Gedanken, modifizierten Test man Arsen in den Haaren nachweisen konnte. Ihre Stimmung verbesserte sich wieder, besser gesagt, sie war nun wieder fröhlich. Sie überlegte, bei welchen Beruf sie dieses Wissen anwenden konnte und stieß dann nach aufwendigen grübeln auf den Laboranten. Sie legte den Kopf zurück, presste das Buch an sich und verlor sich in Gedanken:
Sie sah sich in einem kleinen Zimmer, es war Nacht. Das Haus war fast vollkommen leer, immerhin schliefen die meisten Wächter um diese Zeit. Eine einzelne Kerze brannte, die sie benötigte, um die Flüssigkeiten, die in einem Kolben umherwirbelten, zu erhitzen. Die Flüssigkeiten lösten sich nicht ineinander auf sonder bildenden einzelne Phasen, welche durch die Wärme siedeten und sich tröpfchenweise so gut wie möglich mischten um eine Emulsion zu bilden. Langsam ließ sie ein mittelgroßes Haarbüschel in das
Gefäß fallen, schwenkte das Glas hin und her, ließ ein weißes Pulver reinrieseln und nach kurzem Blubbern und Schäumen färbten sich die Flüssigkeiten grün und dann schwarz.
Ja, das war es! Sie wusste zwar nicht, ob daraus etwas werden würde, ob sie für diesen Beruf geeignet war, oder ob sie überhaupt genommen werden würde, doch eines wusste sie ganz genau, sie würde es auf jeden Fall versuchen.
* es kommt halt immer auf den Betrachter an
** da Ecatherina vierzehn Jahre lang *** nichts anderes zu tun hatte als zu Lesen musste sie nach Nachschub Ausschau halten und da ist sie auf die Universität gestoßen. Sie war den Novizen einfach gefolgt, die des Nachts abgehaut waren und dann später wieder kamen und aufgrund der mangelnden Aktivität in der Bibliothek konnte man sich da solange vergnügen wie man wollte; wenn man auf den Bibliothekar aufpasste natürlich. Seitdem er sie einmal erwischt hatte, läuft zwischen den beiden eine stumme Übereinkunft; er lässt sie alle Bücher lesen die sie will, außer die gefährlichen natürlich, und sie schreibt ihm hin und wieder ein paar Bücher; darüber redet sie aber nicht gerne, weil sie keinen Konflikt mit den Magiern haben will
*** richtig erkannt, sie kann seit ihrem 4. Lebensjahr lesen, ab ihrem 6. fing sie an, die Bücher der UU zu lesen, ab ihrem 10. lernte sie Ausländisch und seit ca. 4 Jahren schreibt sie Übersetzungsbücher, die aber nur in der UU zu finden sind
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